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AMnOg: Auswirkungen Auf den generikA- MArkT in deuTsChlAnd Das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) soll hochpreisige patentgeschützte Arzneimittel regulieren. Es hat jedoch auch Auswirkungen auf die Generikaunternehmen und den Generikamarkt in Deutschland. 2. Ausgabe 2012 | newsletter von Pro generika inTerview: Auswirkungen AMnOg Auf generikA Fragen an Hans-Holger Bleß exkurs PrAxisbesOnderheiTen der ersTe AMnOg-fAll: TiCAgrelOr POliTik Muss Auswirkungen Auf generikAMArkT iM Auge hAben

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AMNOG: Auswirkungen auf den Generikamarkt in Deutschland

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AMnOg: Auswirkungen Auf den generikA-MArkT in deuTsChlAndDas Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) soll hochpreisige patentgeschützte Arzneimittel regulieren. Es hat jedoch auch Auswirkungen auf die Generikaunternehmen und den Generikamarkt in Deutschland.

2. Ausgabe 2012 | newsletter von Pro generika

inTerview: Auswirkungen AMnOg Auf generikAFragen an Hans-Holger Bleß

exkurs PrAxisbesOnderheiTen

der ersTe AMnOg-fAll: TiCAgrelOr

POliTik Muss Auswirkungen Auf generikAMArkT iM Auge hAben

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Auswirkungen des AMnOg Auf generikAInterview mit Hans-Holger Bleß

Bereichsleiter Versorgungsforschung, iges institut

interview

Eine Reihe neuer, patentgeschützter Arzneimittel hat bereits das AMNOG-Verfahren der frühen Nutzenbewertung und die Verhand-lung des Erstattungsbetrags durchlaufen. Hat das AMNOG aus Ihrer Sicht seine erste Bewährungsprobe bestanden? sowohl auf seiten der selbstverwaltung wie auch seitens der pharmazeutischen unternehmen ist die Bereitschaft zu erken-nen, das Verfahren konstruktiv zu begleiten. Das ist auch not-wendig, denn die Bildung eines erstattungsbetrages aus nut-zenkategorien wie „gering“, „beträchtlich“ bzw. „erheblich“ lässt sich nicht methodisch legitimieren, sondern allenfalls pragmatisch. soll das Verfahren zu einem erfolg führen, muss der interessenausgleich zwischen hersteller und Kostenträger gelingen. Das wurde auf der ebene der nutzenbewertung selbst noch nicht erreicht, zu weit klaffen selbsteinschätzung und nut-zenbewertung zumeist auseinander. Die ersten erfolg reichen Preisverhandlungen zeigen, dass es grundsätzlich möglich ist, an dieser stelle des Verfahrens einen interessenausgleich herzustellen, die ersten Marktrücknahmen („opt-outs“) zeigen allerdings auch auf, das dies eben nicht immer gelingt.

Wo sehen Sie Berührungspunkte mit Generika innerhalb des AMNOG-Verfahrens? Die Komparatoren in der nutzenbewertung sind zumeist gene-risch verfügbar, da bei der Auswahl der zweckmäßigen Ver-gleichstherapie auch deren Preise berücksichtigt werden. Damit wird der nutzen von generika automatisch mitbewertet, obwohl sie selbst nicht der eigentliche gegenstand des Verfahrens sind. generika können so trotz ihres „Alters“ ihre stärken in der evi-denz – z. B. durch Vorliegen von langzeitdaten – aufzeigen. ins-gesamt sehe ich generika künftig stärker als zuvor mit patent-geschützten Arzneimitteln im Wettbewerb um den nutzen für die Patienten.

Hans-Holger Bleß, IGES Institut

Die Politik hat sich mit dem AMNOG vor allem das Ziel gesetzt, das Preisniveau patentgeschützter Arzneimittel zu senken. Wie wird sich ein sinkendes Preisniveau bei patentgeschützten Arzneimitteln zukünf-tig auf den Generikamarkt auswirken?Die Preisdifferenz zwischen patentgeschützten Arzneimitteln und generika ist ein bedeutsames Wettbewerbselement, das natürlich betroffen ist, wenn die Preise patentgeschützter Pro-dukte sinken. Zugleich existiert allerdings aus Perspektive der Verordner ein hohes Maß an Preisintransparenz, die u.a. aus der Durchdringung von rabatt- und anderen selektivverträgen resultiert. es ist daher nicht zu erwarten, dass das Verordnungs-verhalten allein als folge der rabatte, die im nachgang einer

»Insgesamt sehe ich Generika künftig stärker als zuvor mit patentgeschützten Arzneimitteln im Wettbewerb um den Nutzen für die Patienten.«

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nutzenbewertung zu vereinbaren sind, massiv beeinfl usst wird. Die offi zielle Anerkennung eines Zusatznutzens sowie die Aner-kennung als Praxisbesonderheit werden hier einen stärkeren einfl uss ausüben. Die theoretisch denkbare Konstellation, dass ein neues Produkt keinen Zusatznutzen belegen kann und auf generischem Preisniveau in direkte Preiskonkurrenz zu generika geht, halte ich für wenig realistisch. erste herstellerreaktionen zeigen, dass in diesen fällen betroffene Produkte in Deutsch-land eher vom Markt genommen bzw. gar nicht erst eingeführt werden, als dass die hersteller einen solchen Preisverfall akzep-tieren würden.

Führt das AMNOG bei Präparaten mit nachgewiesenem Zusatznut-zen zu einer schnelleren Verdrängung etablierter generischer Standard-therapien?Davon ist auszugehen. ein „amtliches gütesiegel“ verbunden mit einer einigung über einen erstattungsbetrag signalisiert schließlich das einverständnis der Kostenträger, einen Wechsel im therapiestandard einzuleiten. Zudem wird den Ärzten durch die Anerkennung patentgeschützter Produkte mit einem Zusatz-nutzen als Praxisbesonderheit der oft geäußerte Wunsch erfüllt, ausschließlich für die therapieentscheidung geradezustehen, nicht aber für die Morbidität ihrer Patienten und somit für die Menge der Verordnungen. Das Ausmaß der Verdrängung von generika wird allerdings dadurch limitiert, dass zumeist ein Zusatznutzen nur für subpopulationen anerkannt wird und nicht über das gesamte Zulassungsgebiet.

Beobachten Sie bereits relevante Auswirkungen des AMNOG, die Generikahersteller bei ihrer strategischen Planung berücksichtigen sollten?Derzeit ist aus Perspektive der generikahersteller noch keine einheitliche tendenz abzuleiten. Die Auswirkungen auf die Wett-bewerbslage für generika wird im einzelfall vom konkreten Aus-

gang der nutzenbewertung, der gewählten Vergleichs therapie und letztlich von den Verhandlungen zum erstattungsbetrag abhängen. hersteller müssen die entwicklungen daher genau und zeitnah beobachten. es gilt, das jeweilige Produktport folio daraufhin zu analysieren, welche Produkte im Wettbewerb mit für die Bewertung anstehenden Produkten sind bzw. sogar als direkte Vergleichstherapie in frage kommen. nur so können unternehmen die eigene Planungssicherheit erhöhen.

Wir danken Herrn Bleß für das Interview.

»Erste Herstellerreaktionen zeigen, dass in diesen Fällen betroffene Produkte in Deutschland eher vom Markt genommen bzw. gar nicht erst eingeführt werden, als dass die Hersteller einen solchen Preisverfall akzeptieren würden.«

IGESDas iges-institut wurde 1980 als unabhängiges institut gegründet. seither wurde in über 1.200 Projekten zu fragen des Zugangs zur Versorgung, ihrer Qualität, der finanzierung sowie der gestaltung des Wettbewerbs im Bereich der gesundheit gearbeitet.

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Thema

exkurs PrAxisbesOnderheiTenHans-Holger Bleß

Bereichsleiter Versorgungsforschung, iges institut

Mit dem instrument der Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 sgB V wird das Arzneimittel-Verordnungsverhalten von Ärzten überprüft. hierzu werden entsprechende Vereinbarungen auf landesebene von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und den Krankenkassen festgelegt. Bei den richtgrößen handelt es sich um durchschnitt-liche für Arzneimittel zur Verfügung stehende Beträge für jeden Behandlungsfall, die spezifisch für einzelne ärztliche fachgrup-pen zwischen KVen und Krankenkassen vereinbart werden Überschreitet ein Arzt sein richtgrößenvolumen (= richt-größe x Patientenfallzahl), wird eine Wirtschaftlichkeitsprüfung in gang gesetzt. um die Überschreitung seines richtgrößenvo-lumens zu erklären und damit einem regress zu entgehen, kann der Arzt sogenannte Praxisbesonderheiten geltend machen. Mit den Praxisbesonderheiten sollen für eine durchschnittliche Arzt-gruppe atypische umstände, die kausal zu höheren Verord-nungskosten führen, berücksichtigt werden, wie zum Beispiel besondere indikationsschwerpunkte, Behandlungsmethoden oder einzugsgebiete. neben einer nachträglichen geltendmachung von Praxis-besonderheiten gibt es auch eine Vorab-Anerkennung von Pra-xisbesonderheiten. hierbei werden bestimmte Arzneimittel von vornherein aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung herausgenom-men, z. B. insuline, Zytostatika oder bestimmte hochpreisige spezial-Medikamente. im AMnog ist vorgesehen, dass Arzneimittel bei Verord-nung für diejenigen Patienten, für deren indikation der g-BA einen Zusatznutzen festgestellt hat, als Praxisbesonderheit anzu-erkennen sind. in dieser regelung wird zum Ausdruck gebracht, dass die Wirtschaftlichkeit eines bewerteten Arzneimittels durch den verhandelten erstattungsbetrag gewährleistet ist. Dem Arzt sollen keine sanktionen aufgrund Verordnungen drohen, die einer positiven nutzenbewertung folgen. eine Prüfung der indi-kationsgerecht verordneten Menge findet allerdings nicht statt. sowohl der Aspekt der Wirtschaftlichkeit als solcher als auch das Bemühen der Ärzte, einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu entgehen, waren bisher bedeutsame Wettbewerbselemente für generika. Durch die Verordnung preisgünstiger generika konnte der Arzt sein richtgrößenvolumen entlasten. Konkurriert nun ein patentgeschütztes, positiv bewertetes Arz-neimittel mit Anerkennung als Praxisbesonderheit mit einer generischen Vergleichstherapie – wie es zumeist der fall sein

wird – kann der Arzt dieses patentgeschützte Arzneimittel ver-ordnen, ohne sein begrenztes richtgrößenvolumen zu belasten. hingegen würde die Verordnung des generikums die richtgrö-ßenausschöpfung erhöhen. Aus Perspektive des Arztes besteht daher der Anreiz, zur Vermeidung von Wirtschaftlichkeitsprü-fungen das patentgeschützte Präparat anstelle des generikums zu verordnen. Diese Verdrängung der generischen Vergleichstherapie wird natürlich insbesondere auch durch das Wissen um den Zusatznutzen in gang gesetzt, zumal dieser durch das Bewer-tungsverfahren offiziell bestätigt ist. Künftig ist davon auszu-gehen, dass diese entwicklung beschleunigt stattfinden wird. Bereits der rechtfertigungszwang, dem ein Arzt im Verlauf einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgesetzt ist, war bislang ein bedeutsames hemmnis für die Marktdurchdringung neuer patentgeschützter Arzneimittel, das nun durch die geltung als Praxisbesonderheit entfällt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Anerkennung als Praxisbesonderheit auf diejenigen Patientenpopulationen beschränkt ist, für deren indikation vom g-BA ein Zusatznut-zen auch attestiert wurde. Diese Patientenanzahl kann deutlich geringer sein, als von der Zulassung abgedeckt. Patientenpo-pulationen, für die das neue Arzneimittel keinen Zusatznutzen nachweisen konnte, würden weiter mit der generischen Ver-gleichstherapie behandelt. hieraus kann bei eher kleinen nutznießenden Popula-tionen eine limitation des Verdrängungseffektes resultieren. Die Marktdurchdringung mit dem patentgeschützten Arzneimittel schreitet dann langsamer voran, als dies vor dem AMnog der fall war. in fällen aber, bei denen für große Patientenpopula-tionen ein Zusatznutzen anerkannt wird, ist von einer zügigen Verdrängung der generischen Vergleichstherapie auszugehen. es bleibt mithin genau zu beobachten, ob und wie sich die vom g-BA gebildeten kleinteiligen subpopulationen in der Ver-ordnungspraxis der Vertragsärzte und somit in der Mengenent-wicklung abbilden werden.

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Der thrombozytenaggregationshemmer ticagrelor (Brilique®, AstraZeneca) hat als erster Wirkstoff das Verfahren der frühen nutzenbewertung am 1. Januar 2011 begonnen und die erstat-tungsbetragsverhandlungen Mitte Juni 2012 abgeschlossen. Der g-BA hatte ticagrelor einen Zusatznutzen für 80 % der Patienten mit akutem Koronarsyndrom bescheinigt.

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ersTe Auswirkungen der frühen nuTZenbewerTung AM beisPiel TiCAgrelOr

AstraZeneca und der gKV-spitzenverband haben sich dar-aufhin in den Verhandlungen zum erstattungsbetrag auf einen rabatt in höhe von 0,48 € auf den listenpreis von 2,48 € geeinigt. Die Jahrestherapiekosten sinken somit von 905,20 € auf 730,00 €. Der 16%ige herstellerrabatt wurde abgelöst. Dies bedeutet eine effektive zusätzliche Kostenersparnis von 3,4 % für die gKV.

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monatlicher umsatz in Mio. euro (AVP) Verordnungen in Mio.

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1.Quartal2011

2.Quartal2011

3. Quartal2011

4. Quartal2011

1. Quartal2012

2. Quartal2012

3. Quartal2012

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UmsatzclopidogrelPrasugrelticagrelorclopidogrel + Acetylsalicylsäure

VerordnungenclopidogrelPrasugrelticagrelorclopidogrel + Acetylsalicylsäure

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Thema

Die Vertragslaufzeit beträgt drei Jahre, rückwirkend vom 1. Januar 2012. inwiefern eine Mengenvereinbarung getroffen wurde, ist nicht bekannt. Weiterhin haben die Vertragspartner die Anerkennung von ticagrelor als Praxisbesonderheit für die indikationen mit festgestelltem Zusatznutzen vereinbart. Der gKV-spitzenverband rechnet für die 3-jährige Vertragslaufzeit nach eigenen Aussagen mit einsparungen im „mindestens ein-stelligen Millionenbereich“. ein erster Blick auf die entwicklung der Verordnungszah-len von ticagrelor zeigt einen stetigen Anstieg der Verordnun-gen. Die einigung auf den erstattungsbetrag und die Anerken-nung als Praxisbesonderheit scheinen einen positiven einfl uss auf die Verordnungsentwicklung im Juli und August 2012 gehabt zu haben. es ist zu vermuten, dass sich diese tendenz in den fol-gemonaten fortsetzt.

Auswirkungen auf die Konkurrenzwirkstoffe clopidogrel, Prasugrel und Ass, die der g-BA als zweckmäßige Vergleichs-therapie herangezogen hatte, sind aktuell noch nicht zu beob-achten. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass diese Wirkstoffe zum teil auch in anderen indikationen verordnet werden. Die nächsten Monate werden zeigen, inwieweit sich die neue therapie gegenüber den kostengünstigeren generischen therapien durchsetzen wird. für die Verordnung von ticagrelor spricht der anerkannte Zusatznutzen und die geltung als Praxis-besonderheit. Diese entlässt den Arzt aus der fi nanziellen Ver-antwortung, was eine raschere Mengenausweitung von ticagre-lor zur folge haben dürfte, als dies ohne AMnog der fall gewe-sen wäre. somit ist davon auszugehen, dass ticagrelor bei den Patienten, für deren indikation ein Zusatznutzen aus sicht des g-BA vorliegt, etablierte generische therapien als therapiestan-dard ablösen wird.

Quelle: gKV-spitzenverband, eigene recherche stand: oktober 2012

ÜBersicht VerhAnDlungen Von erstAttungsBetrÄgen nAch § 130b sgB V

26 WirKstoffe in VerhAnDlungen

14 laufend9 abgeschlossen

ticagrelorPirfenidon

Abirateronattelaprevir

fingolimodcabazitaxel

eribulinregadenoson

Boceprevir

Schiedsstelle

Abgeschlossen: Bromfenac

4 Opt-out

linagliptinretigabin

collagenaseAliskiren

Sozialgericht

Bromfenac

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Die Politik verfolgte mit dem AMnog das Ziel, ein neues Para-digma für die Preis- und erstattungsfindung von patentge-schützten Arzneimitteln in Deutschland einzuführen. Wäh-rend der patentfreie Arzneimittelmarkt vor allem durch festbe-träge und rabattverträge aus sicht der Politik als „geregelt“ gilt, sollen mit dem AMnog hochpreisarzneimittel geregelt werden. generika sind damit nicht gegenstand des AMnog-Verfahrens. Das Kosten-nutzen-Profil von generika ist bereits heute für das deutsche gesundheitssystem positiv: generika decken rund 70 % des gesamten Arzneimittelbedarfs der gesetzlichen Kran-kenversicherung (gKV) und beanspruchen dafür weniger als ein fünftel des Arzneimittelumsatzes der gKV. eine aktuelle studie des iMs institutes für das niederlän-dische gesundheitsministerium 1 kommt zu dem ergebnis, dass Deutschland zusammen mit den niederlanden und großbritan-nien die niedrigsten generikapreise hat. Die gKV gibt übrigens heute schon weniger für generika aus als sie für den Vertrieb von und die Mehrwertsteuer auf generika aufwenden muss. Dabei sind die rabattverträge noch nicht einmal berücksichtigt, die generikaunternehmen zuneh-mend mit der frage konfrontieren, ob sie unter diesen Bedin-gungen bestimmte Arzneimittel in Deutschland noch wirtschaft-lich anbieten können. hat das AMnog damit keine relevanz für generika? Das gegenteil ist der fall. Mit jeder AMnog-Bewertung eines patentgeschützten Arzneimittels erfolgt über die sogenannte zweckmäßige Vergleichstherapie immer auch eine Bewertung etablierter therapiestandards – und damit auch generika. in den bisherigen AMnog-Verfahren spielten generika als zweck-mäßige Vergleichstherapie sogar eine dominante rolle. Kann ein patentgeschütztes Arzneimittel für eine bestimmte Patien-tengruppe einen Zusatznutzen nachweisen, so wird die generi-katherapie in dem vom g-BA definierten segment rascher ver-

AMnOg: POliTik und selbsTverwAlTung Müssen Auswirkungen Auf den generikAMArkT iM Auge hAbenBork Bretthauer

geschÄftsfÜhrer Pro generiKA

drängt werden als dies ohne AMnog der fall war. entschei-dender Katalysator wird dabei der Mechanismus der Praxisbe-sonderheit sein. Dabei hängt viel davon ab, wie passgenau die zwischen Pharmaunternehmen und gKV-spitzenverband ver-einbarten Verordnungsmengen in den indikationen mit Zusatz-nutzen tatsächlich eingehalten werden. schließlich bestätigt der g-BA bei den Patientengruppen, bei denen das neue Arzneimit-tel keinen Zusatznutzen nachweisen konnte, die etablierten the-rapiestandards wie z. B. generika. Bereits daran erkennt man, dass das AMnog relevanz für generika in Deutschland hat. Pro generika ist daher mit gutem grund Vertragspartner der rahmenvereinbarung nach § 130b sgB V, die die Pharmaverbände mit dem gKV-spitzenverband verhandelt haben. Diese rahmenvereinbarung legt die spielre-geln fest, nach denen die Verhandlungen eines erstattungsbe-trags zwischen einem Pharmaunternehmen und dem Kassen-verband folgen. fazit: Vor allem in so hoch regulierten Märkten wie dem Arzneimittelmarkt kann man nicht an einer stellschraube drehen, ohne dass sich – wenn auch unbeabsichtigt – nicht auch an anderer stelle räder zu drehen beginnen. so wird das AMnog, das ausschließlich auf hochpreisige, patentgeschützte Arzneimittel gerichtet war, erhebliche Auswirkungen für die generikaunternehmen und den generikamarkt in Deutschland haben. generika in Deutschland waren in der Vergangenheit eine erfolgsgeschichte, um die uns viele europäische nachbar-länder beneiden, gerade in den aktuellen wirtschaftlichen Kri-senzeiten. Politik, Krankenkassen und g-BA sind daher aufgeru-fen, die Auswirkungen auf den patentfreien Arzneimittelmarkt genau im Auge zu haben.

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1 iMs-institute:„Advancing the responsible use of medicines“, Oktober 2012

»Das Kosten-Nutzen-Profil von Generika ist bereits heute für das deutsche Gesundheitssystem positiv: Generika decken rund 70 % des gesamten Arzneimittelbedarfs der GKV…«

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HerausgeberPro generika e.V. | unter den linden 32-34 | 10117 Berlintel. +49(0)30 - 81 61 60 9-0 | [email protected] | www.progenerika.de

Konzept und Gestaltungwww.tack-graphik.de

glossAr

AMNOGDas Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMnog) ist zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten.

G-BADer gemeinsame Bundesausschuss (g-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. GKV-SpitzenverbandDer gKV-spitzenverband ist die zentrale interessenvertretung aller gesetzlichen Krankenkassen.

Kassenärztliche Vereinigung (KV)Die Kassenärztlichen Vereinigungen vertreten die interessen der jeweiligen Vertragsärzte, Psychotherapeuten und ermächtigten Ärzte auf landesebene.

MorbiditätKrankheitshäufi gkeit bezogen auf eine bestimmte Bevölke-rungsgruppe.

Frühe NutzenbewertungMit dem AMnog ist die frühe nutzenbewertung eingeführt worden. Mit Markteintritt eines neuen Wirkstoffes muss dieses Verfahren der frühen nutzenbewertung beim g-BA durchlaufen.

Opt-outMarktrücknahme

Subpopulationuntergruppe einer gesamtpopulation

NutzenDer nutzen eines Arzneimittels gemäß nutzenbewertungs-verordnung ist der patientenrelevante therapeutische effekt insbesondere hinsichtlich einer Verbesserung des gesundheits-zustandes, der Verkürzung der Krankheitsdauer, der Verlänge-rung des Überlebens, der Verringerung von nebenwirkungen oder einer Verbesserung der lebensqualität.

Zusatznutzen (ZN)in der frühen nutzenbewertung werden 3 nutzenkategorien unterschieden: erheblicher Zusatznutzen, beträchtlicher Zn, geringer Zn.

Zweckmäßige VergleichstherapieDie therapie, mit der der neue Wirkstoff verglichen wird. Die zweckmäßige Vergleichstherapie muss eine nach dem allgemein anerkannten stand der medizinischen erkenntnisse zweck-mäßige therapie im Anwendungsgebiet sein. Bei mehreren therapiealternativen ist die wirtschaftlichste Alternative zu wählen, vorzugsweise mit festbetrag.

www.progenerika.de