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Medienrecht Kommunikation bestimmt unser Leben. Und zunehmend geht es um Teilhabe in den digitalen Medien: Vereinfacht durch Smartphones und Tablets werden Videos, Bilder und Nachrichten einfach und kostengünstig im Netz veröffent- licht und verbreitet. Sei es, um seine Produkte zu bewerben oder Informa- tionen weiterzugeben. Und genau hier beginnen die juristischen Untiefen für das Marketing sowie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Unkenntnis schützt vor Strafe nicht und besonders für Unternehmen ist es wichtig, die eigene Kommunikation auf Konformität mit dem Medienrecht zu prüfen. Denn medienrechtliche Verstöße können Unterlassungs- und sogar Schadensersatzansprüche nach sich ziehen – und damit auch negative PR. Keine einfache Aufgabe, denn das Medienrecht ist ein Querschnitt durch ver- schiedene Rechtsgebiete und vielen stellt sich meist das Problem der „un- fassbaren Weite“. Im Seminar der Chemieverbände Rheinland-Pfalz wurde ein Überblick gegeben. Eine Auswahl davon lesen Sie hier. Tobias Göpel | Chemieverbände Rheinland-Pfalz Das Medienrecht ist für viele Kommunikatoren oft eine „unfassbare Weite“ INHALT Abwägung von Rechten und Einzelinteressen Bildrechte & Stockarchive Eine Marke anmelden Unlauterer Wettbewerb und Irreführung festgehalten Die Veranstaltungen der Chemieverbände Rheinland-Pfalz 11 | 2016

Medienrecht für Unternehmen - festgehalten der Chemie Rheinland-Pfalz

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MedienrechtKommunikation bestimmt unser Leben. Und zunehmend geht es um Teilhabe in den digitalen Medien: Vereinfacht durch Smartphones und Tablets werden Videos, Bilder und Nachrichten einfach und kostengünstig im Netz veröffent-licht und verbreitet. Sei es, um seine Produkte zu bewerben oder Informa-tionen weiterzugeben. Und genau hier beginnen die juristischen Untiefen für das Marketing sowie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Unkenntnis schützt vor Strafe nicht und besonders für Unternehmen ist es wichtig, die eigene Kommunikation auf Konformität mit dem Medienrecht zu prüfen. Denn medienrechtliche Verstöße können Unterlassungs- und sogar Schadensersatzansprüche nach sich ziehen – und damit auch negative PR. Keine einfache Aufgabe, denn das Medienrecht ist ein Querschnitt durch ver-schiedene Rechtsgebiete und vielen stellt sich meist das Problem der „un-fassbaren Weite“. Im Seminar der Chemieverbände Rheinland-Pfalz wurde ein Überblick gegeben. Eine Auswahl davon lesen Sie hier.

Tobias Göpel | Chemieverbände Rheinland-PfalzDas Medienrecht ist für viele Kommunikatoren oft eine „unfassbare Weite“

INHALTAbwägung von Rechten und Einzelinteressen

Bildrechte & Stockarchive

Eine Marke anmelden

Unlauterer Wettbewerb und Irreführung

festgehaltenDie Veranstaltungen der Chemieverbände Rheinland­Pfalz

11 | 2016

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Medienrecht | Mainz

Abwägung von Rechten und EinzelinteressenWas muss ich bei Bildern beachten, die bei Veranstaltungen im Unternehmen erstellt werden? Wem gehören die Rechte an den Texten in der Image bro-schüre? Muss ich alle Journalisten auf meiner Pressekonferenz zulassen? Die Mitarbeiter aus PR und Marketing haben einen unterschiedlichen Fokus auf das Medienrecht. Doch bei beiden ist die einleitende Antwort immer gleich: „Es kommt auf das Ergebnis an, nach Abwägung aller Interessen und unter Berücksichtigung des Einzelfalles“, so Rechtsanwalt Dr. Lutz Lehmler.

So bei einer der eingangs gestellten Fragen, ob jeder Journalist an einer Pressekonferenz teilnehmen darf. Im Grundsatz hat jeder Journalist bei Behörden und öffentlichen Einrichtungen dieses Recht – und bei Unterneh-men? Hier spielt zunächst das Hausrecht des Unternehmens eine Rolle. Ein eventuell erforderlicher Auswahlprozess sollte aber transparent sein und nach objektiven und nachvollziehbaren Kriterien erfolgen. Wie die Berichterstattung eines nicht berücksichtigten Journalisten dann ausfällt, steht auf einem anderen Blatt. Strenge Anforderungen an die Gleichbe-handlung der Presse können zudem gelten, wenn das Unternehmen in sei-nem Bereich eine Monopolstellung einnimmt und das Thema von einem besonderen öffentlichen Interesse ist.

Fallbeispiele aus der Praxis

Beim Marketing spielen die Kreativen gerne – nicht nur mit den Farben: Abzuwägen waren die Rechte und Einzelinteressen bei der Werbung eines Herstellers von Zigaretten. Auf dem Plakat war eine zerdrückte Zigarettenschachtel zu sehen mit dem Titel „War das Ernst? Oder August?“ Anlass war eine körperliche Auseinandersetzung, an der Ernst August Prinz von Hannover beteiligt war. Dieser klagte wegen Verstoßes gegen das Persönlichkeitsrecht – und verlor. Denn er war damals eine Person von öffentlichem Interesse und es bestand auch aufgrund der Berichterstattung in den Medien ein aktuelles Interesse der Öffentlich-keit. Das Gericht urteilte, dass die freie Meinungsäußerung auch die Satirefreiheit umfasse. Beides habe auch im Rahmen von Wirtschafts-werbung seinen Platz und decke ein solch ironisch überspitztes Motiv. Wichtig bei der Beurteilung war, dass die Werbung in einem zeitlich nahen Bezug zu dem tatsächlichen Geschehen erfolgte. Eine Recht-sprechung übrigens, die sich auch ein bekannter Autovermieter immer wieder für seine Werbekampagnen zunutze macht.

„In vielen Fällen gibt es kein Plus und Minus, sondern im-mer eine Abwägung von Ein-zelinteressen, die den entschei-denden Ausschlag in die eine oder andere Richtung eben“ Dr. Lutz Lehmler

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UrheberrechtAm Anfang war die Idee. Daraus entstand ein reales Geschäft mit Pro-dukten und Dienstleistungen. Das Geschäft lief so gut, dass es bald Nach-ahmer gab und der Markt mit Plagiaten überschwemmt wurde. So oder so ähnlich beginnen meist die Rechtsfälle zum geistigen Eigentum. Diese werden überwiegend durch das Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, also etwa das Patent-, das Design- oder Markenrecht abgedeckt. Aber auch das Urheberrecht spielt etwa bei Texten, Bildern, einer äußeren Ge-staltung oder Werken der sogenannten angewandten Kunst eine immer wichtigere Rolle. Waren es früher eher Verlage und Künstler, die sich darum stritten, betrifft es in der heutigen Informationsgesellschaft immer mehr Menschen und Unternehmen. Im Grundsatz gilt, dass eine Idee selbst über das Urheberrecht nicht geschützt werden kann. Geschützt wird nur ein Werk, in dem sie einen konkreten Ausdruck gefunden hat. Auch bedarf es stets einer gewissen Schöpfungshöhe, um Urheberrechte an einem Werk geltend machen zu können.

Bei Texten gilt: längere Texte erreichen eher die notwendige Schöpfungs-höhe, als ein kurzer, nur auf die Wiedergabe weniger Tatsachen be-schränkter Text. Aber auch Zitate oder Tweets, die zum Beispiel über ein ungewöhnliches Wortspiel eine Aussage treffen, können unter das Urheberrecht fallen. Gelockert wurden jüngst die Anforderungen der Rechtsprechung an die Schöpfungshöhe, wenn es um den urheberrecht-lichen Schutz einer bestimmten Gestaltung eines Gegenstands oder Produktes geht. Auch wenn äußere Gestaltungen zunächst eher eine Frage des Schutzes nach dem Designgesetz sind, so kann hier ergänzend auch das Urheberrecht bzw. der Nachahmungsschutz nach dem UWG herangezogen werden. Als urheberrechtlich schutzfähig wurden etwa die Gestaltung einer Bundesligastecktabelle oder eines Geburtstagszugs für Kinder aus Holz angesehen.

Für die praktische Arbeit ist wichtig, dass bei Auftragsarbeiten mit der Agentur vorher die Verwertungsrechte geklärt sein müssen oder die ent-sprechenden Informationen aus dem Dienstleistungsvertrag hervorgehen. Besondere Bedeutung kommt noch der „Vorlagenausbeuterei“ zu: Wenn aus Agentur-Pitches gute Ideen aufgegriffen und ohne deren Beteiligung verwertet werden, birgt dies potentielle juristische Konflikte.

Bildrechte & StockarchiveDie Kommunikation hat sich verändert – statt langer Beiträge gibt es kurze Infostrecken und viele ausdrucksvolle Bilder. Die kommen vom eigenen Foto-grafen oder als Stock-Material von diversen Plattformen. Und besonders hier gibt es viele Stolperfallen: Ähnlich wie bei den Agenturen sollte mit dem Fotografen eine Regelung zur Verwertung und gegebenenfalls zur nachträg-lichen Bearbeitung der Fotos getroffen werden. Bei Stockarchiven sind die Nutzungsrechte durch standardisierte Lizenzen geregelt. Hier lohnt sich ein genaues Durchlesen: So sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vieler

Social Media-Plattformen eine weitreichende Einräumung von Rechten vor, die durch die Nutzungsbedingungen der Stockarchive oft gar nicht abgedeckt werden, wie etwa das Recht zur Unterlizenzierung. Hier empfiehlt sich stets ein genauer Abgleich, bevor man ein Foto in den eigenen Social Media- Account einstellt. Ähnlich verhält es sich bei Produktfotos, die Unternehmen an ihre Händler ausgeben wollen, damit diese gegenüber dem Endkunden etwas zeigen können – klare Lizenzvereinbarungen mit dem Fotografen helfen, potentielle Streitigkeiten zu vermeiden.

Sonderfälle

Bei Bedienungsanleitungen und Pressemitteilungen kommt ebenfalls ein Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz in Betracht. Allerdings ist beim Versand einer Pressemit­teilung regelmäßig davon auszugehen, dass diese durch die Redaktionen frei verarbeitet werden darf, insoweit besteht meist ein zumindest konkludentes Einverständnis des Versenders. Zudem geraten Journalisten, die eine Pressemitteilung unbearbeitet abdrucken, leicht in den Verdacht unerlaubter Schleichwerbung.

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Medienrecht | Mainz

IMPRESSUM Herausgeber: Chemieverbände Rheinland-Pfalz – eine Dachmarke von Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e.V. und Verband der Chemischen Industrie e.V. Landesverband Rheinland-Pfalz e.V., Bahnhofstraße 48, 67059 Ludwigshafen, Telefon 06 21-520 56-0, Telefax 06 21-520 56-20, [email protected], www.chemie-rp.de, Redaktion: Tobias Göpel, Fotos: Marcel Hasübert, mh-foto.de, Titelfoto: fotogestoeber/fotolia.de, Gestaltung: [email protected], Köln, Druck: Chroma Druck & Verlag GmbH, Römerberg-Berghausen, Auflage: 400, Stand: November 2016. Die Veranstaltung fand am 30. September 2016 in Mainz statt.

Eine Marke anmeldenEin auffälliges Symbol oder ein guter Claim – starke Marken erhöhen den Wie-dererkennungswert des Produktes und des Unternehmens. Der Schutz der Marke ist meist der erste Schritt, bevor das Marketing startet. Um als Unter-nehmen richtig vorzugehen, sollte der Markenschutz vorausschauend erfolgen. Bei der Anmeldung der Marke sollte diese zunächst national angemeldet wer-den, um hierauf einen internationalen Schutz durch eine Erstreckung auf ande-re Länder aufzubauen (sog. IR-Marke). Parallel hierzu empfiehlt sich die Ein-tragung eines Zeichens als Unionsmarke, was einen Schutz in allen Mitglieds-ländern der europäischen Union vermittelt. Für Unsicherheiten sorgt derzeit hier der Brexit: Für den britischen Markt gilt derzeit noch die Unionsmarke. Welches Recht nach einem Austritt aus der EU gilt, ist noch unklar. Rechtlichen Konflikten könnte etwa durch eine frühzeitige Erstreckung des Markenschutzes über eine IR-Marke vorgebeugt werden.

Unlauterer Wettbewerb und IrreführungIn der Kommunikation verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen werb-lichen und redaktionellen Inhalten. Besonders in Kundenzeitschriften und auf Webseiten ist ein deutlicher Hinweis notwendig, um das Redaktionelle und das Werbliche zu trennen. Sollte es bei Webauftritten oder Online-Magazinen zur Verlinkung von redaktionellem Inhalt zur Produktwerbung kommen, muss dieser Link deutlich als zu Werbung führender Link gekennzeichnet werden.

Ein weites Feld ist das Gebiet der irreführenden Werbung. Irreführung setzt voraus, dass der Adressat einer Werbeaussage hiermit eine Fehlvorstellung über Tatsachen verbindet. Schnell schleichen sich in einen Presse- oder Wer-betext unzulässige Spitzenstellungsbehauptungen in Bezug auf ein Produkt oder das eigene Unternehmen ein. Solche Aussagen müssen belastbar sein, dass heißt eine behauptete Spitzenstellung muss tatsächlich bestehen und darf nicht nur vorübergehender Natur sein. Wer mit der Umweltfreundlichkeit eines Produktes wirbt, muss klarstellen, worauf sich diese konkret bezieht. Bei der Werbung mit Testergebnissen und Prüfsiegeln müssen regelmäßig Fundstellen für weitere Informationen angegeben werden.

„In der Online-Kommunikation gibt es doch den einen oder ande ren Stolperstein. Für Presse-verantwortliche ist es daher unum gänglich, die juristischen Rahmen bedingungen zu kennen.“Petra Diener