Upload
frank-edelkraut
View
192
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
© Mentus 2016 www.mentus.de [email protected]
Agile Transformation
1. Was ist eigentlich eine Agile Transformation?
Agile Transformation? Zumindest im Vergleich zur großen Schwester, der Digitalen Transformation,
fristet die Agile Transformation fast schon ein Schattendasein. Allerdings scheint sie sich dort ganz
wohl zu fühlen, denn trotz der großen Relevanz für Unternehmen sind viel weniger Evangelisten un-
terwegs, um die Wirtschaftswelt von der Notwendigkeit, sich mit Agilem Arbeiten und Agiler Organi-
sation auseinanderzusetzen, zu überzeugen. Oder die Digital-Evangelisten sind einfach „lauter“, weil
digitaler. ;-)
Wieso ist das Thema Agilität wichtig? Die Agilen Methoden haben sich in den letzten Jahren sehr
stark verbreitet, weil der damit verbundene Wandel in der Betrachtung von Arbeitsabläufen und
Projekten zu einer schnelleren, qualitativ hochwertigeren und kundennäheren Entwicklung von Pro-
dukten geführt hat. Diese Effizienzsteigerung ist auch nötig, da sich die Wirtschaft insgesamt stark
beschleunigt (u.a. durch die Digitalisierung, Industrie 4.0, IoT, AI, usw.) und einzelne Personen und
Unternehmen kaum noch in der Lage sind, diese Veränderungsgeschwindigkeit mitzugehen. Neue
Entwicklungen zu erkennen oder gar zu treiben, sinnvoll zu reagieren und die eigenen Organisation
adäquat zu befähigen, fällt also immer schwerer. Der Handlungsdruck steigt, auf der anderen Seite
fehlt es gerade in schnelllebigen Umfeldern zunehmend an Handlungsfähigkeit. Agiles Arbeiten ist
eine Möglichkeit mit diesem Dilemma umzugehen und ein wenig Entlastung oder besser, einen
Wettbewerbsvorteil, zu erreichen
Schauen wir nochmals, was an agilem Arbeiten so besonders ist. Dies wird klar, wenn man sich das
Agile Manifest ansieht, in dem formuliert wurde:
Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans
Es handelt sich also primär um eine Verschiebung von Werten, hin zu einer flexibleren und ergebnis-
bzw. kundenorientierten Lösung. Wichtig erscheint hier darauf hinzuweisen, dass es nicht um ein
„entweder oder“ sondern ein „mehr als“ geht!
Wenn ein Unternehmen agiles Arbeiten einführen will, muss neben der Methodik unbedingt auch
diese Veränderung im Wertesystem und den davon betroffenen Prozessen etc. berücksichtigt wer-
den. Von agiler Transformation sprechen wir daher, wenn ein Unternehmen in signifikantem Umfang
(nicht unbedingt überall) agile Methoden einsetzt und die dazu notwendigen organisatorischen Ver-
© Mentus 2016 www.mentus.de [email protected]
änderungen vornimmt. Diese nachhaltige Veränderung der Organisation ist die eigentliche Transfor-
mation. Wenn nur agiles Arbeiten eingeführt wird, spricht man allgemein von Agiler Adoption.
Wie wichtig die ganzheitliche Sicht der Agilen Transformation ist, zeigt ein kurzes Gedankenexperi-
ment (und leider auch Erfahrung in Unternehmen) zu agilem Arbeiten. Wenn nur in einem isolierten
Funktionsbereich agil gearbeitet wird, werden sich die bekannten Erfolge einstellen. Die selbstorga-
nisierten Teams erstellen effizienter bessere Produkte und sind höher motiviert. So weit so gut. Ar-
beitet die umgebende Organisation jedoch in klassischer Manier weiter, wird die größere Leistung
der einen Abteilung keinen Positiveffekt auf die Gesamtorganisation haben, da diese die Mehrleis-
tung gar nicht verarbeiten kann. Das Unternehmen hat nichts davon. Mittelfristig wird sich aber die
Stimmung im agil arbeitenden Bereich verschlechtern, denn die größere Leistung wird nicht positiv
bewertet und der Sinn automatisch in Frage gestellt. Eine funktionierende Agile Transformation be-
deutet, dass nach und nach das Organisationsdesign so gestaltet wird, dass die gesamte Organisation
leistungsfähiger wird.
Wie kann ein erfolgversprechendes Vorgehen in einer Agilen Transformation aussehen?
1. Der erste Schritt ist, trotz des gerade diskutierten Negativszenarios, in einem Pilotbereich mit
agilem Arbeiten zu beginnen. So werden erste Erfahrungen gesammelt und aufbereitet und eine
Entscheidungsgrundlage zu den nächsten Schritten geschaffen.
2. Im zweiten Schritt Wird das bestehende Organisationsdesign dahingehend überprüft, wo es an
agiles Arbeiten angepasst werden muss. Dieser Schritt wird übrigens vielfach zu halbherzig ge-
gangen! Übrigens werden hier das Organisationsdesign und die Kultur als voneinander abhängige
Elemente betrachtet und gemeinsam entwickelt.
3. Der dritte Schritt ist die Einführung agilen Arbeitens und der agil-tauglichen Organisation in den
Bereichen (nicht in allen Bereichen ist agil sinnvoll), die davon profitieren können.
2. Worauf kommt es an, damit Agile Transformation gelingt?
Im ersten Abschnitt haben wir gesehen, was agiles Arbeiten ausmacht und was die Bestandteile einer
Agilen Transformation sind. In der betrieblichen Praxis stellt sich nun die Herausforderung, dass zwar
sehr viele Beteiligte den Sinn und die Notwendigkeit einer Agilen Transformation verstehen, es aber
nur wenige Personen gibt, die bereits agile Erfahrung besitzen. Der Start in eine Agile Transformation
ist somit erschwert.
Die üblichen (und berechtigten) Fragen in einer solchen Situation sind:
Was hat das alles mit uns zu tun?
Wo sollen wir anfangen?
Die erste Frage kommt häufig daher, dass die Diskussionen um agiles Arbeiten sehr IT-lastig geführt
werden und die etablierten agilen Methoden zumeist in der Softwareentwicklung beheimatet sind.
© Mentus 2016 www.mentus.de [email protected]
Daher hier ein Versuch, die Werte des Agilen Manifestes für alle Bereiche nutzbar zu machen:
Arbeitsvorrat und Arbeitsfortschritt werden visualisiert und damit transparent
Teams arbeiten selbstorganisiert diesen Arbeitsvorrat ab
Teams passen die Geschwindigkeit ihrer Arbeit ihrer tatsächlichen Kapazität an
Dinge werden erst fertig gestellt, bevor Neues in Arbeit genommen wird
Fehler und Probleme werden gemeinsam und unmittelbar behoben
Diese Auflistung sollte klarer machen, worauf agiles Arbeiten beruht. Für den Start einer Agilen
Transformation mag diese Liste aber noch immer zu abstrakt sein. Daher hier noch ein paar (subjek-
tive) Hinweise zu einer gelungenen Agilen Transformation, die wir aus unserer Praxis abgeleitet ha-
ben.
Machen: Eine Agile Transformation enthält das Wort agil und das heißt unter anderem, dass nicht
lange geplant und rumdiskutiert wird, sondern nutzbare Erfahrungen gesammelt werden. Dies
geht nur durch Machen. Übrigens wird der gewünschte zeitliche Vorsprung gegenüber dem Wett-
bewerb aus einem schnellen Handeln resultieren. Also: Freiwillige sammeln, ein Agiles Lab (ge-
schützter Bereich) einrichten und loslegen.
Verständnis der agilen Prinzipien: Nutzerorientierung, das selbstorganisierte Team als Grundein-
heit, iteratives und inkrementelles Arbeiten usw. verinnerlichen, üben und anwenden
Verknüpfung mit dem Geschäftszweck: Agil ist kein Wert an sich, es müssen ein erkennbarer Nut-
zen für den Geschäftszweck und eine starke Verknüpfung mit der Unternehmensstrategie vor-
handen sein. Hier bestehen übrigens viele Schnittmengen zu den anderen aktuell diskutierten
Themen wie Digitalisierung, Artifical IntelligenceI, SaaS, usw.
Lernen als zentraler Erfolgsfaktor: Agiles Arbeiten in selbstorganisierten Teams liefert viele neue
Erkenntnisse, die unbedingt erfasst, aufbereitet und in Unternehmen geteilt werden sollten. Da-
mit verändern sich aber automatisch die Verantwortlichkeit und die Organisation von Lernprozes-
sen. Die Mitarbeiter spielen eine größere Rolle und es werden auch andere Formate genutzt.
Sichtbarkeit der Management-Unterstützung: Die Bedeutung der Management-Unterstützung ist
ein Klassiker in Veränderungssituationen aber auch hier gilt, nur was als richtig, gut und gewollt
sichtbar ist, wird sich in der Organisation durchsetzen. Daher sollte über entsprechende Sichtbar-
keit dieser Unterstützung nachgedacht werden. Besuche im agilen Lab, Reverse Mentoring zu
agilem Arbeiten und „agil-kompatiblere“ Kommunikation (TED statt PowerPoint) können eine po-
sitive Wirkung zeigen.
Mittelmanagement einbeziehen: Dass Mittelmanagement schlägt die Brücke zwischen den strate-
gisch orientierten Top-Management und den operativen Einheiten. Hier wird agiles Arbeiten mit
die meisten Veränderungen nach sich ziehen und entsprechend sollten die Mittelmanager in der
Agilen Transformation eine wichtige Rolle spielen.
Exzellente Technik und relevante Ressourcen: Agiles Arbeiten basiert einerseits auf „bunten Zet-
teln“ (Kanban Board) und gemeinsam erarbeiteten Plakaten (Persona, User Stories etc.), anderer-
seits sind viele, häufig verteilte Teammitglieder und Schnittstellen in kurzen Abständen mit Erfah-
rung (Lernergebnissen) zu versorgen. Eine exzellente Digital- und Kommunikationstechnik hilft
dabei enorm.
© Mentus 2016 www.mentus.de [email protected]
Center of Excellence schaffen: Das Agile Arbeiten und der Transformationsprozess lassen sich
leichter bewältigen, wenn es einen Bereich gibt, der sich um Qualifikation, gemeinsames Lernen,
Bereitstellung und Weiterentwicklung von Instrumenten usw. kümmert. Der Betrieb des oben er-
wähnten Labs oder ein Enablement Program können ebenso dazu gehören.
Selber machen: Eine Agile Transformation ist ein unternehmensinterner Prozess, denn es gibt kei-
nen Benchmark oder sonstige Standards. Jedes Unternehmen muss für sich selbst herausfinden,
welcher Grad an Agilisierung passend ist und welche organisationalen Veränderungen dazu nötig
sind. Dies erarbeiten am besten Personen, die das Unternehmen in all seinen Details kennen. Eine
Agile Transformation ist definitiv kein externes Beratungsprojekt!
Bei der Betrachtung der Liste taucht wieder das bereits angesprochene Dilemma aus Handlungsnot-
wendigkeit/-wille und Handlungsfähigkeit auf, denn in den wenigsten Unternehmen sind ausreichend
viele, gut qualifizierte Mitarbeiter vorhanden, die eine Agile Transformation treiben können. Für
viele Unternehmen ist daher zu überlegen, wie der initiale Schritt aussehen kann. Eine Möglichkeit ist
das Train-the-Trainer-Programm „Agile Transformation“, in dem funktional gemischte Teams selbst-
organisiert an der (Weiter)Entwicklung individueller Kompetenzen arbeitet. Die “Lehrtrainer“ (ein
Begriff aus der veralteten Belehrungsdidaktik) stellen die Rahmenbedingungen zur Verfügung, kura-
tieren die Inhalte und die Projektarbeit und unterstützen die einzelnen Teilnehmer als
Coach/Mentor. Diese Ermöglichungsdidaktik und die praktische Anwendung agiler Methoden erlau-
ben einen schnellen Kompetenzaufbau, der dem Unternehmen einen beschleunigten Start in die
eigene Agile Transformation ermöglichen kann. Mehr Informationen LINK
Für Fragen und weiteren Austausch stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Viele Grüße
Kontakt:
Dr. Frank Edelkraut
Tel.: +49 (0)171 / 680689 3
Mail: [email protected]
Web: www.mentus.de