Elektronische Akte, elektronisches Archiv, Cloud? Chancen ... Symposium... · Chancen und Risiken...

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Elektronische Akte, elektronisches

Archiv, Cloud?

Chancen und Risiken

Rechtsanwalt Christoph Sandkühler

christoph.sandkuehler@westfaelische-notarkammer.de

Frankfurt, 20. September 2013

Grundsätze I

Stellungnahme des DAV 2011 zur „Cloud-Initiative“ der EU-Kommission: Cloud Computing mit Dienstleistern außerhalb der EU

/ des EWR ist der Anwaltschaft derzeit nicht erlaubt

§ 4b Abs. 2 BDSG

Wegen der strengen deutschen Regeln zur Auftragsdatenverarbeitung ist Cloud Computing in der Regel selbst dann unzulässig, wenn die Datenverarbeitung in solchen nicht EU-Ländern stattfindet, die nach Ansicht der EU ein geeignetes Datenschutzniveau aufweisen

Schweiz, Israel etc.

Grundsätze II

Die Nutzung einer europäischen public cloud wäre dann zulässig, wenn der Dienstleister nicht mit einem amerikanischen

(China, Russland pp.) Unternehmen verwandt ist

überprüfbar sichergestellt wäre, dass auch die Subunternehmen, deren sich der Dienstleister bedient, den strengen Regeln des deutschen Datenschutzrechts unterliegen

die RA‘in / der RA die Herrschaft über die gespeicherten Daten behält

physikalische Identifizierbarkeit auf dem Speichermedium

derzeit wohl praktisch ausgeschlossen

Grundsätze II

die Regeln zur Auftragsdatenverarbeitung

eingehalten werden

incl. Vertragsabschluss

die Pflicht zur Verschwiegenheit gewahrt wird

Kryptographie

Grundsätze III

Die Auslagerung jeglicher Dienstleistungen kann die anwaltliche Kernpflicht zur Verschwiegenheit wie auch das Datenschutzrecht betreffen Inanspruchnahme von Büroservices

Factoring der anwaltlichen Gebührenforderung an anwaltliche Verrechnungsstellen § 49b Abs. 4 BRAO

BDSG?

Digitalisierung von Akten durch Scan-Unternehmen Auftragsdatenverarbeitung gem. § 11 BDSG

NJW 2013, 1570

Fernwartung der Fachsoftware

Auslagerung sonstiger IT-Dienstleistungen Betrieb eines Rechenzentrums

Schlussfolgerung

Die Diskrepanz zwischen Anspruch und

Wirklichkeit in der anwaltlichen

Berufsausübung ist

evident und

gravierend, nicht zuletzt wegen der

Strafandrohung in § 203 StGB

Es besteht Regelungsbedarf

auf nationaler Ebene

auf europäischer Ebene

Warum Outsourcing?

Effizienz der Aufgabenerledigung Fokussierung auf das Kerngeschäft

Auslagerung sogar von Rechtsdienstleistungen durch amerikanische law firms

Effizienzsteigerung und Gewinnung von Expertise

Kostenersparnis

große IT-Netze lassen sich billiger betreiben als kleine Netze

Vereinfachung des Markteintritts für junge Kolleginnen und Kollegen

Bequemlichkeit

Visionen

vollständige Digitalisierung der anwaltlichen Arbeit

vollständige Mobilität der anwaltlichen Arbeit

vollständig digitale Aktenführung

ausschließlich digitale Kommunikation mit der Justiz

Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten

mit den Mandanten

mit sonstigen Dritten

Radikale Alternative?

Die Globalisierung frisst ihre Kinder

Modern, weil sicher, ist nicht die

Digitalisierung der Welt, sonder die

Rückbesinnung auf die „Urkunde“, also das

Papierdokument

Das digitale „Höher, Schneller, Weiter“ hat

ausgedient

EDV-Outsourcing in der Praxis

Serviceorientierte

Softwarearchitektur (SOA)

Orientierung an Geschäftsprozessen

Höhere Flexibilität und Geschwindigkeit

Skalierbarkeit und Wiederverwendbarkeit

Die Hauptlast der Anwendungen läuft nicht

mehr beim Benutzer sondern

„in der Cloud / im Internet“

Elektronische Akte

In der Kanzlei

Dokumentenmanagement-Systeme

Externes Scannen ist Auftragsdatenverarbeitung

Bereitstellung auf dem Server

für die lokale Nutzung im Büro

unproblematisch

für die bürogebundene überörtliche Nutzung

problematisch, wenn nicht abgesichert

für die mobile Nutzung auf Tablet oder Smartphone

sehr problematisch, wenn nicht abgesichert

Elektronische Akte

Idee: einheitliche vernetzte (elektronische) Aktenstruktur auf Anwalts- und Gerichtsseite

Abteilung „Kosten“ auf Gerichtsseite durch RA einsehbar

Gericht prüft terminliche Verfügbarkeit auf Anwaltsseite

Berufungsakte kann „online“ gelesen werden

Akte kann in einem digitalen „Datenraum“ zur Verfügung stehen

Wollen wir das wirklich??

Elektronische Akte

Voraussetzung: Justiz führt elektronische Akten als führende Akte

Ersetzung der (führenden) Papierakte durch die elektronische Akte

tut sie aber nicht und wird sie auch in Zukunft nicht verbindlich führen müssen

vielleicht mit Ausnahme der Strafjustiz

„Change Management“

in der Justiz

in der Anwaltschaft

was machen die Kolleginnen und Kollegen, die über keine Fachsoftware verfügen

e-Akte in Strafsachen

Referentenentwurf eines Gesetzes zur

Einführung der elektronischen Akte in

Strafsachen

Kernsatz in § 32 Abs. 1 StPO-E:

„Die Akten werden elektronisch geführt“

Das bedeutet, dass auch die Schriftsätze pp.

elektronisch eingereicht werden müssen

Wie wird dem Untersuchungshäftling

Akteneinsicht gewährt?

Cloud Computing

Suche bei Google verzeichnet 194.000

Ergebnisse

Definition

Cloud Computing

Viele Server.

Zuverlässige Betriebsbedingungen

• zuverlässige Stromversorgung

• zuverlässige und breitbandige Internetanbindung • Klimatisierung

• Brandschutzmaßnahmen

• strikte Zutrittsbeschränkungen

Verfügbarkeit…

…auch unter extremen Bedingungen.

N+1 Redundanz • unabhängige Stromkreise • redundante Upstreams • redundante Netzwerkhardware • pro Brandabschnitt

Und die Server-­­Hardware?

N+1 Redundanz als Lösung

• Redundante Hardware (z.B. 2 Netzteile, RAID-­­Mirror)

• Ersatzteillager zum schnellen Austausch defekter Komponenten

• …und direkt noch ein paar Server auf Reserve gegen Leistungsengpässe (Hot Stand-­­By)

Kosten

• Standardserver: 2000,-­­ € Anschaffungskosten

• ca. 35,-­­ € / Server / Monat technische Betriebskosten (Strom, Basisinfrastruktur & Co.) • 150 Projekte = 600 Server • insgesamt 1.200.000,00 € Anschaffungskosten • insgesamt 21.000,00 € / Monat Betriebskosten

Outsourcing

• 59,-­­ € / Monat / Server

• Rundum sorglos (Infrastruktur, Hardware, Organisation)

• 24 / 7 / 365 Support (keine Hotline, sondern direkter Kontakt ins Rechenzentrum)

Cloud Computing

Public Cloud bietet Zugang zu abstrahierten IT-Infrastrukturen für die

breite Öffentlichkeit über das Internet.

Public-Cloud-Diensteanbieter erlauben ihren Kunden, IT-Infrastruktur zu mieten auf einer flexiblen Basis des Bezahlens für den tatsächlichen Nutzungsgrad bzw. Verbrauch (pay-as-you-go), ohne Kapital in Rechner- und Datenzentrumsinfrastruktur investieren zu müssen.

folgt dem Lauf der Sonne: Rechenzentren stehen auf allen Kontinenten

Private Cloud bietet Zugang zu abstrahierten IT-Infrastrukturen innerhalb

der eigenen Organisation (Behörde, Firma, Verein) „Intranet“ der Sozietät

Cloud Computing

Hybrid Cloud bietet kombinierten Zugang zu abstrahierten IT-

Infrastrukturen aus den Bereichen von "Public Clouds" und "Private Clouds", nach den Bedürfnissen ihrer Nutzer.

Community Cloud bietet Zugang zu abstrahierten IT-Infrastrukturen wie

bei der "Public Cloud" – jedoch für einen kleineren Nutzerkreis, der sich, meist örtlich verteilt, die Kosten teilt (z. B. mehrere städtische Behörden, Universitäten, Betriebe oder Firmen mit ähnlichen Interessen, Forschungsgemeinschaften) Beispiel: Notarnetz

Organisatorische Einordnung

Private

Public (Öffentlich)

Hybrid

Internet Firmennetz

Privat

e

Privat

e

Public Public

Hybrid Hybrid

Dropbox

Dropbox wurde 2007 gegründet und hat nach

eigenen Angaben 25 Millionen Benutzer mit

200 Millionen Dateien am Tag

Dropbox unterstützt auch eine Vielzahl von

Mobilen Endgeräten

Die starke Verbreitung von Dropbox hängt

mit der einfachen Installation und Nutzbarkeit

sowie mit dem großen Spektrum an

unterstützten Betriebssystemen zusammen

Cloud Computing

Das Speichern von Daten in externen Rechenzentren („Clouds“) ist extrem praktisch Verfügbarkeit an jedem Ort zu jeder Zeit unter der

Voraussetzung eines Netzzugangs für viele Geräte (Desktop, Laptop, Tablet, Smartphone)

oft kostenlos

sehr einfache Distributierbarkeit der Daten Freigabe von Ordnern und Dokumenten im Netz

Verringerung des Verlustrisikos kein Festplattencrash

kein Verlust von Datenträgern

leichte Auffindbarkeit von Dateien Bsp. Google Mail

Rechtliche Rahmenbedingungen

§ 203 StGB

Anregung der anwaltlichen Berufsverbände, externe (IT-)Dienstleister in den Anwendungsbereich der Norm aufzunehmen

§ 43a Abs. 2 BRAO

§ 18 BNotO

BDSG für die Anwaltschaft

insbes. § 11

Landesdatenschutzgesetze für das Notariat

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Berufsverschwiegenheit und das

Datenschutzrecht sind nur teilweise

deckungsgleich

Pflicht zur Verschwiegenheit erfasst nicht nur

personenbezogene Daten, sondern alle

Geheimnisse

Datenschutzrecht ist nicht auf den Schutz der

Daten des Mandanten beschränkt

die Einwilligung nur des Mandanten zur

Datenverarbeitung hilft also nicht weiter

Rechtliche Rahmenbedingungen

in Europa

Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie)

personenbezogene Daten aus EU-Mitgliedsstaaten

dürfen nicht in Staaten übertragen werden, die über

kein dem EU-Recht vergleichbares

Datenschutzniveau verfügen

Das trifft auf die USA zu

Hilft das Safe-Harbor-Verfahren weiter?

Nein!!!

Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden aus dem Jahr 2010

Patriots Act / NSA / PRISM

Reaktion z. B. von SAP

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die strengen Anforderungen des § 11 BDSG

ist selbst dann nicht trivial, wenn der

Datenexport in eine deutsche Cloud erfolgt

Rechtliche Rahmenbedingungen

Wer die Daten unverschlüsselt in einer public

cloud oder in einer hybrid cloud speichert,

verstößt gegen die Verpflichtung zur

Verschwiegenheit

Verschlüsselung

unpraktisch

ein Buch mit sieben Siegeln

www.truecrypt.org

www.boxcryptor.com

Schlussfolgerungen

Der Export von anwaltlichen oder notariellen Daten in virtuelle Speicher ist unzulässig das gilt auch für E-Mails im IMAP

der Verschwiegenheitspflicht unterfallende E-Mails sind zu verschlüsseln

Die Nutzung von private clouds (Intranet) ist zulässig wenn eine Zugriffschutz durch eine Firewall besteht

unzulässig ist wiederum der „ungeschützte“ Zugriff auf die private cloud mit Hilfe mobiler Geräte

Abhilfe schafft eine VPN-Verbindung

Was ist ein VPN

Virtuell

Das Netz verhält sich wie ein „Verlängerungskabel“

Die Kommunikation fließt durch das Internet, aber in einem geschlossenen Tunnel

Privat

Alle Daten sind verschlüsselt

Kein Zugriff von außen möglich

Netzwerk

Verhält sich wie das lokale Netzwerk

VPN

Internet

VPN Tunnel

Kanzlei Heimarbeitsplat

z

Smartphone

Firewall Firewall

Elektronische Archive

Am Beispiel eines zukünftigen

Urkundenarchivs des Notariats

• Einscannen der Papierurkunde

• PDF-/TIFF-Rendering

1. Fachliche Anforderungen

Zu verwahrende Dokumente -

Urschriften

2. Sicherheit und Berechtigung

Sicherheitsaspekte und Berechtigungsmanagement

Authentizität des Notars

Authentizität des Notars

Benutzer Authentifizierung

und Autorisierung

Benutzer Authentifizierung

und Autorisierung

Integrität der Daten

Integrität der Daten

Kommunikations-sicherheit

Kommunikations-sicherheit

Rechenzentrums-sicherheit

Rechenzentrums-sicherheit

Gebäudeschutz, Zertifizierung nach BSI Grundschutz, Kryptokonzept, Datensicherheit, Logging, u.v.m.

Notarnetz, DOI, SSL / HTTPS, kryptographisch abgesicherte Dokumente

Signatur mit PKI, Archivsignatur, Verschlüsselte Speicherung, Kein administrativer Zugriff auf Inhalte

Konsistente Notar- und Benutzerverwaltung NV, (Erst-)Identifikation über Notarkammer und BNotK Signaturkarte

Hierarchische Administration (techn., organisatorisch, notariell)Kopplung von Benutzer und Amt (Notar), SAFE und TD Justiz für Gerichte, Vier-Augen-Prinzip für Berechtigungserteilung

Technische Administration

BNotK

Organisatorische Administration

RNK

Notarielle Administration

Notar/Verwahrer

• Notar

• Notariatsverwalter

• Amtsnachfolger

• hilfsweise Notar- vertreter

Bundesnotarkammer bedient sich vom

Präsidenten zu bestellender (besonders

vertrauenswürdiger) Notare

Notarvertreter

• Mitarbeiter (Einstellen ins Archiv)

• Mitarbeiter (Abruf aus dem Archiv)

Mitarbeiter hilfsweise

Zugangsberechtigung

Hierarchie der Zugangsberechtigung

Vier- Augen- Prinzip

2. Sicherheit und Berechtigung

Welche Internetanbindung

brauche ich in Zukunft ?

95 % der privaten DSL Anschlüsse in

Deutschland sind asynchron

Bisher fand fast nur Konsum von Inhalten

statt

Internet

100 M/Bit

1000M/Bit

2–16 M/bit

0,1 – 0,5 M/bit

Welche Internetanbindung brauche

ich in Zukunft ?

Synchron

Immer mehr Daten werden ins Netz geschickt

Internet

100 M/Bit

1000M/Bit

2–20 M/bit

2–20 M/bit

Welche Internetanbindung

brauche ich in Zukunft ?

Eine Firewall ist Pflicht! Gemäß Anlage zu §

9 BDSG ist eine Zugriffskontrolle zu

gewährleisten.

Firewall

Internet

Wie wird es weitergehen

Regelungsbedarf ist erkannt

„IT-Outsourcing für die Justiz“ als ein Thema des

diesjährigen „Nationalen IT-Gipfels“

dabei soll auch das Thema „Benutzung von Clouds

bei Amts- und Berufsgeheimnisträgern“ erörtert

werden

Ausschuss der Satzungsversammlung

Verschwiegenheitspflicht und Datenschutz

Wie wird es weitergehen

Kompetenzzentrum „Trusted Cloud“ beim

BMWi

Arbeitsgruppe „Rechtsrahmen des Cloud-

Computing“

Thesenpapier zu datenschutzrechtlichen Lösungen

Wie wird es weitergehen

Strategiepapier der EU-Kommission

„Freisetzung des Cloud-Computing-Potentials in

Europa“

Harmonisierung technischer Normen

Zertifizierung vertrauenswürdiger Cloud-Anbieter

Entwicklung fairer und sicherer Muster-

Vertragsbedingungen

sog. Servic-Level-Agreements

race to the bottom?

Vielen Dank für Ihre Zeit!

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