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Unterrichtsgestaltung undGesundheitsförderung
Prof. Dr. Tina Hascher
18. Bundeskonferenz für Schulpsychologie, 24.-26. September 2008, Stuttgart
Struktur
1. Gesundheit
2. Risikofaktor Unterricht?
3. Gesundheitsförderung (im Unterricht)
4. Guter Unterricht
1. Definition Gesundheit
Die Gesundheit (von Lehrpersonen) ist eine lebensgeschichtlich verankerte und täglich immer wieder neu und aktiv herzustellende Balance
• Gesundheit ist nicht als Zustand (statisch), sondern als Prozess (dynamisch) zu verstehen.
• Gesundheit ≠ Abwesenheit von Krankheit=> Salutogenese
• Neben körperlichen Komponenten spielen auch psycho-soziale Aspekte eine wesentliche Rolle.
• Wege zur Gesundheit eines Menschen werden ebenso von seinen Fähigkeiten als auch von den Rahmenbedingungen wie Lebensumstän-den und Arbeitsbedingungen bestimmt.
1
Balancierenmit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen (Verhalten)
und
den jeweils gegebe-nen beruflichen An-forderungen und Rahmenbedingungen (Verhältnisse)
Verhältnis zwischen
Belastungen
und
Ressourcen
Vereinfachtes Belastungs-Ressourcen-Modell (Udris, 2006, S.10)
(Physikalische, biologische, chemische, organisationale, soziale)
Belastungen
Soziale Ressourcen
(Soziale Unterstützung,
sozialer Rückhalt)
Personale Ressourcen
(Kohärenzgefühl, Selbstwirksamkeit,
Widerstandsfähigkeit)
Organisationale Ressourcen
(Aufgabeninhalt, Tätigkeits-, Kon-
trollspielraum, Partizipation)
(Biopsychosoziale)
Gesundheit
1
2. RisikofaktorenPersönlichkeit Unterricht
• Verausgabungs-bereitschaft
• Perfektionsstreben
• Überhöhte Ansprüche
• „Helfer-Syndrom“
• Resignation
(Hillert, 2004)
• Romantisierung des lernenden Kindes
• Idealisierung des lernen-den Kindes
• Stigmatisierung der Lehr-person als Kontrollinstanz schulischen Lernens
• Die Dogmatisierung best. Unterrichtsmethoden
(Weinert, 1998)
Schüler/in
MedienaußerfamilialeUmwelt Schul-
leistungen
schulisches Verhalten
Familie Schule
Motivation
Intelligenz emotionale Intell. kognitive Stile
Einstellungen
Erziehungsstile Anregungsbedingungen allgem. Beding. Gestaltung LP
SCH-SCH-Beziehung
Schüler/in
MedienaußerfamilialeUmwelt Schul-
leistungen
schulisches Verhalten
Familie Schule
Motivation
Intelligenz emotionale Intell. kognitive Stile
Einstellungen
Erziehungsstile Anregungsbedingungen allgem. Beding. Gestaltung LP
SCH-SCH-Beziehung
Komplexitätdes Berufsfelds und der Tätigkeit
3.1 Ansatzpunkt: Verhalten
Gesundheitsverhalten impliziert
die Fähigkeit zu entwickeln, „sich aktiv Bedingungen zu schaffen, welche Wohlbefinden ermöglichen.“
die Fähigkeit zu entwickeln, „jene Bedingungen zu erkennenund zu verändern, welche das Wohlbefinden gefährden.“
(Interkantonale Lehrmittelzentrale, 1996, S. 50)
3.1.1 Schutzfaktoren
• Distanzierungsfähigkeit• Erholungsfähigkeit• Berufliche Ziele• Bedeutsamkeit der Arbeit• Problembewältigungskompetenzen• Innere Ruhe und Ausgeglichenheit• Erfolgserleben• Zufriedenheit• Soziale Unterstützung• Berufliche Kompetenzen
(Hillert, 2004)
3.1.2 Ressourcen
a. Handlungs- und Kontrollspielraum vs. Nicht-Durchschaubarkeit, Nicht-Vorhersehbarkeit, Nicht-Beeinflussbarkeit
b. Soziale Unterstützung, einerseits als Bestandteil der Arbeitsorganisation, andererseits als innere Ressource, die erlernt/verlernt werden kann
c. Persönlichkeitsfördernde Wirkung von Arbeit durch den Aufbau fachlicher und sozialer Kompetenzen
(Mohr & Udris, 1997)
a. Handlungs- und Kontrollspielraum
• Unterricht als fast typisches Arrangement für das Erleben von Hilflosigkeit (Freitag, 1998):Klärung der eigenen Wirksamkeit – Abstimmung von Anforderungen und Leistungsfähigkeit – optimistische Erwartungen in eigene Kompetenzen
• Klassengröße als Belastungsfaktor: Die virtuelle oder auch psychologische Reduzierung der Klassengröße(Dollase, 1995) zur Reduktion der Komplexität
• Heterogenität der Schülerschaft als Belastung: Lern-vereinbarungen treffen - Prinzip des „Contractings“
• Fehlende Anerkennung: Erfolge sichtbar machen
b. Soziale Unterstützung
Einige Kernfragen hinsichtlich des Lehrberufs:
• Wie lässt sich die „Autonomie-Paritätsschwelle“ überwinden?(Altrichter & Eder, 2004)
• Welche Erwartungen werden an die Unterstützung gestellt? Existieren dysfunktionale Denk- und Bewertungsmuster?
c. Aufbau von Kompetenzen
fachlich -- sozial -- emotional
z.B.
Unterrichts-fach
Klassen-management
z.B.
Team-Teaching
Elternarbeit
z.B.
Umgang mitStress
Umgang mitneg. Emotionen
3.2 Ansatzpunkt: Verhältnissea. Beispiel: Schulleitbilder
„Wir schaffen zusammen eine Atmosphäre, in der wir uns wohl fühlen und produktiv sind.“
„Die Schule wird von einer Atmosphäre getragen, in der sich alle geborgen, sicher und wohl fühlen.“
„Wir wollen versuchen, in unserer Schule eine Atmosphäre zuschaffen, in der Lernende und Lehrende sich wohl fühlen ...“
(Hascher, 2004a, S. 14)
b. Kohärenzgefühl
Das Kohärenzgefühl ist eine individuelle, psychologische Größe, in der sich kognitive und affektiv-motivationaleGrundhaltungen gegenüber der Welt und dem Leben widerspiegeln:
ein „feeling of confidence that one‘s internal and externalenvironments are predictable and that there is a highprobability that things will work out as well as can reasonablybe expected“
(Antonovsky, 1979, S. 10)
Sinnhaftigkeit der Arbeit als Lebensbereich
AbwechslungsreichtumAnforderungsvielfaltLernmöglichkeitenEntwicklungsperspek-tiven
Bewältigbarkeit von Arbeitsanforderungen
Partizipationsmöglich-keitenSpielräume in der Arbeit(Entscheidungs- und Ge-staltungsmöglichkeiten)Rückmeldung (Feedback)Zeitliche SpielräumeKooperationsmöglich-keitenSoziale Unterstützung
Verstehbarkeit von Arbeitsbedingungen
TransparenzInformations- und Kommunikations-möglichkeitenGanzheitlichkeit derAufgaben
Drei Einflussfaktoren / Komponenten
(Hascher & Baillod, 2008, S. 90)
LiteraturAltrichter, H. & Eder, F. (2004). Das 'Autonomie-Paritäts-Muster' als Innovationsbarriere?
journal für schulentwicklung, 8, 60-69.Antonovsky, A. (1979). Health, Stress and Coping. San Francisco: Jossey Bass. Dollase, R. (1995). Die virtuelle oder psychologische Reduzierung der Schulklassengröße. Ein
neue Interpretation der schulischen Komplexitätsreduktion. Bildung und Erziehung, 48 (2), 131-145.
Freitag, M. (1998). Was ist eine gesunde Schule? Einflüsse des Schulklimas auf Schüler- und Lehrergesundheit. Weinheim/München: Juventa.
Hascher, T. (2004). Wohlbefinden in der Schule. Münster: Waxmann.Hascher, T., & Baillod, J. (2008). Gesundheitsmanagement in der Schule. In R. Voss (Hrsg.),
Innovatives Schulmanagement (S. 85-101). Gernsbach: Deutscher Betriebswirte-Verlag.Hillert, A. (2004). Psychosomatisch erkrankte Lehrkräfte: vom praktischen Problem zu wissen-
schaftlichen Konzepten und therapeutischen Konsequenzen. In A. Hillert, E. Schmitz (Hrsg.), Psychosomatische Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern (S. 10-20). Stutt-gart: Schattauer.
Interkantonale Lehrmittelzentrale (Luzern) (1996). ‚Bisch Zwäg‘: Gesundheitsförderung in der Schule - Materialien für den Unterricht. Buchs: Lehrmittelzentrale des Kt. Aargau (Hrsg.).
Lehr, D. (2004). Psychosomatisch erkrankte und „gesunde“ Lehrkräfte: auf der Suche nach den entscheidenden Unterschieden. In A. Hillert, E. Schmitz (Hrsg.), Psychosomatische Erkran-kungen bei Lehrerinnen und Lehrern (S. 120-140). Stuttgart: Schattauer.
Mohr, G., Udris, I. (1997). Gesundheit und Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt. In R. Schwarzer (Hrsg.), Gesundheitspsychologie – ein Lehrbuch (S. 553-573). Göttingen: Hogrefe.
Udris, I. (2006). Salutogenese in der Arbeit – ein Paradigmenwechsel? In Wirtschaftspsycho-logie, 2/3, 4-13.
Weinert, F.E. (1998). Guter Unterricht ist ein Unterricht, in dem mehr gelernt als gelehrt wird. In J. Freund, H. Gruber & W. Weidinger (Hrsg.), Guter Unterricht – Was ist das? Aspekte von Unterrichtsqualität (S. 7-18). Wien: Pädagogischer Verlag.
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