View
1.534
Download
1
Category
Preview:
DESCRIPTION
Vortrag bei Konferenz "Mit der Welt vernetzt", 10.10.2008, Berlin
Citation preview
Persönliche Öffentlichkeiten im Social Web
Dr. Jan Schmidt
Senior Researcher für digitale interaktive Medien und politische Kommunikation
Berlin, 10.10.2008
Social Web - Berlin Seite 2 von 18
Was wäre, wenn es kein Internet gäbe?
[Zitate aus Gruppendiskussionen mit Jugendlichen in Hamburg und im Emsland]
• „Ich glaube, man würde damit klar kommen. Aber wenn man wüsste, dass es das mal gab und dann abgeschafft wird, ich glaub, dann würde ich durchdrehen. [- Warum? -] Ich müsste dann auf Youtube-Videos und so verzichten, und die sind schon witzig. Oder Chat und so.“ [Mädchen, 14 Jahre]
• „Bei mir ist es, ich nutze halt das Internet einerseits sehr viel zur Kommunikation – Messenger läuft bei mir fast 24 Stunden am Tag, SchülerVZ ist natürlich auch hoch frequentiert. Aber zum Zweiten nutze ich das auch sehr viel, um mir halt Informationen zu beschaffen, die ich brauche.“ [Junge, 17 Jahre]
• „Es geht auch ohne Internet, man kann ja auch was machen, was man nicht im Internet macht. Man kann zum Beispiel Playstation spielen, oder Nintendo DS, es gibt alles mögliche. Man muss nicht immer in Internet rennen, sonst is man n Internet-Freak.“ (Mädchen, 13 Jahre)
Social Web - Berlin Seite 3 von 18
Worüber ich heute spreche
1. Was verstehe ich unter „Social Web“?
2. Persönliche Öffentlichkeiten auf Netzwerkplattformen
3. Was bedeutet dies für unser Verständnis von Privatsphäre?
Social Web - Berlin Seite 4 von 18
Was passiert im Social Web?
Im Social Web sinken die Hürden für aktives onlinegestütztes…
www.flickr.com/photos/44029537@N00/12760664/
– Identitätsmanagement (Darstellung individueller Interessen, Erlebnisse, Meinungen, Kompetenzen, etc.) z.B. Weblogs, YouTube
http://flickr.com/photos/mylesdgrant/495698908/
– Beziehungsmanagement (Pflege von bestehenden und Knüpfen von neuen Beziehungen) z.B. MySpace, StudiVZ
http://www.flickr.com/photos/axels_bilder/1267008046/
– Informationsmanagement (Selektion und Weiterverbreitung von relevanten Daten, Informationen, Wissen- und Kulturgütern) z.B. Wikipedia, Tagging
Social Web - Berlin Seite 5 von 18
Junge Nutzer
• Anwendungen des Social Web werden unterschiedlich stark genutzt – allerdings jeweils deutlich überproportional von jungen Personen, insbesondere von Teenagern
0102030405060708090
100
BeruflicheNetzwerkplattformen (6%)
Private Netzwerkplattformen(25%)
Videoportale (51%) Wikipedia (60%)
14-19 20-29 30-39 40-49
50-59 60+
Abb. 3: Nutzung von Social Web-Anwendungen nach Alter (mindestens selten; in %)
Quelle: ARD/ZDF Onlinestudie 2008
Social Web - Berlin Seite 6 von 18
Protoypische Social-Web-Anwendung: Netzwerkplattformen
36%
64%
mindestens eine Mitgliedschaftkeine Mitgliedschaft
14%
8%2% 2%
43%
30%
1 2 3 4 5 6 bis 10
Quelle: Social Network Barometer 2008; N=1.978
• Etwa zwei Drittel der Befragten einer aktuellen Studie sind Mitglied in mindestens einer Netzwerk-Plattform
• Von diesen Nutzern sind mehr als 70% nur in einer oder zwei Plattformen angemeldet
Social Web - Berlin Seite 7 von 18
Motive für Nutzung
69
64
41
37
34
0 10 20 30 40 50 60 70 80
Ich möchte in Kontakt mit Freunden/Bekannten bleiben
Ich möchte alte Freunde wiederfinden
Ich möchte neue Leute kennenlernen
Ich möchte mich mit anderen Nutzern über verschiedene Themenaustauschen
Ich möchte mir meine Langeweile vertreiben
Ausgewählte Motive für Nutzung von Online-Community (in %; Mehrfachnenn. möglich)
Quelle: Social Network Barometer 2008; N=1.068
• Es dominieren die Motive, bereits existierende soziale Beziehungen zu pflegen bzw. wieder aufzufrischen
Social Web - Berlin Seite 8 von 18
Entstehen persönlicher Öffentlichkeiten
• Nutzer von Netzwerkplattformen artikulieren, pflegen und erweitern ihre sozialen Beziehungen aus dem „echten Leben“
• Treten dabei überwiegend mit ihrer „echten Identität“ auf, um auffindbar zu sein und Selbst-präsentation, ggfs. auch Reputation an eigene Person zu koppeln
Social Web ermöglicht es dem Einzelnen, eigene „persönliche Öffentlichkeiten“ zu schaffen
Social Web - Berlin Seite 9 von 18
Beispiel Netzwerkplattform
Social Web - Berlin Seite 10 von 18
Persönliche Öffentlichkeiten in Facebook
Social Web - Berlin Seite 11 von 18
„Reale Welt“: Kontextabhängige Selbstpräsentation
http://www.colinupton.com/illus/images/cyberillo1.jpg
Social Web - Berlin Seite 12 von 18
„Virtuelle Welt“: Kollabierende Kontexte
• Spezifische Eigenschaften der Öffentlichkeiten im Social Web erschweren es, die Grenzen zwischen sozialen Kontexten zu ziehen (vgl. Boyd 2007):
1. Persistenz
2. Durchsuchbarkeit
3. Replizierbarkeit
4. Unsichtbares Publikum
Identitäts- und Beziehungsmanagement umfasst auch Strategien, die Grenzen der eigenen Privatsphäre zu kontrollieren
Social Web - Berlin Seite 13 von 18
Differenziertes Identitäts- und Beziehungsmanagement (I)
Social Web - Berlin Seite 14 von 18
Differenziertes Identitäts- und Beziehungsmanagement (II)
Social Web - Berlin Seite 15 von 18
Differenziertes Identitäts- & Beziehungsmanagement (III)
Social Web - Berlin Seite 16 von 18
Fazit und Ausblick
1. Ein Reiz des Social Web – nicht nur für Jugendliche und junge Erwachsene – besteht darin, sich mit den eigenen Interessen, Hobbies, Erlebnissen o.ä. zu präsentieren und so bereits bestehende soziale Beziehungen über einen weiteren Kanal zu pflegen
2. Dieses Identitäts- und Beziehungsmanagement geschieht in und führt zu persönlichen Öffentlichkeiten, in denen ein tendenziell kleines Publikum mit Informationen von persönlicher Relevanz adressiert wird
3. Die strukturellen Merkmale der onlinebasierten Öffentlichkeiten erzwingen aber Techniken des ‚privacy management‘, um Grenzen zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit zu ziehen
Wir befinden uns mitten in einem Prozess der gesellschaftlichen Aushandlung von Routinen, Konventionen und Erwartungen über den Umgang mit persönlichen Öffentlichkeiten, der unterschiedliche Fragen aufwirft:
- Werden persönliche Daten bewusst oder unbewusst, von mir selbst oder Dritten veröffentlicht? - Sind persönliche Öffentlichkeiten flüchtig oder persistent?- Inwiefern reguliert Software, inwiefern wird Software reguliert?
Social Web - Berlin Seite 17 von 18
Das Ende der Privatsphäre?
http://www.colinupton.com/illus/images/cyberillo1.jpg
http://www.flickr.com/photos/mrlerone/2360572263/
Social Web - Berlin Seite 18 von 18
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Dr. Jan Schmidt
Hans-Bredow-Institut
Warburgstr. 8-10, 20354 Hamburg
j.schmidt@hans-bredow-institut.de
www.hans-bredow-institut.de/webzweinull
www.schmidtmitdete.de
Social Web - Berlin Seite 19 von 18
Kontinuität und Koexistenz#19 von 17
Diskussionen um das Web 2.0 betonen (vermeintlich revolutionäre) Brüche der Internet-Entwicklung, doch tatsächlich finden sich zahlreiche Kontinuitäten in der Nutzung des Internet, das sich in den vergangenen zehn Jahren als Medium für Kommunikation, Information, Unterhaltung und Transaktionen etabliert hat
WeblogsSNS beruflich
SNS privat VideoportaleWikipedia Foren/Chats
Homebanking
0102030405060708090
100Nutzung ausgewählter Internetanwendungen (mindestens wöchentlich; in %)
Quelle: ARD/ZDF Onlinestudie 2008; SNS = „Social Network Sites“ - Netzwerkplattform (z.B. studiVZ)
Social Web - Berlin Seite 20 von 18
Passiv vs. Aktiv#20 von 17
Mehrzahl der Nutzer von Web 2.0-Anwendungen bleibt passiv-rezipierend; nur eine Minderheit trägt mit eigenen Inhalten bei
Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage der ARD/ZDF Onlinestudie 2008
70
30
Aktiv Passiv
Fotoportale (23%)
6
94
Aktiv Passiv
Videoportale (51%)
95
5
Aktiv Passiv
Wikipedia (60%)
Social Web - Berlin Seite 21 von 18
Weiterführende Literatur
– ARD/ZDF-Onlinestudie 2008– Van Eimeren, Birgit/Frees, Beate (2008): Internetverbreitung: Größter Zuwachs bei Silver-Surfern. Ergebnisse der
ARD/ZDF-Onlinestudie 2008. In: Media-Perspektiven, 7/2008. Online: http://www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/Eimeren_I.pdf
– Fisch, Martin/Gscheidle, Christoph (2008): Mitmachnetz Web 2.0: Rege Beteiligung nur in Communitys. In: Media-Perspektiven, 7/2008. Online: http://www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/Fisch_II.pdf
– Boyd, Danah/ Nicole Ellison (2007). Social network sites: Definition, history, and scholarship. Journal of Computer-Mediated Communication, 13(1), article 11.http://jcmc.indiana.edu/vol13/issue1/boyd.ellison.html
– Boyd, Danah (2007): Incantations for Muggles: The role of ubiquitious Web 2.0 technologies in everyday life. Vortrag bei der O‘Reilly Emerging Technology Conference, San Diego, 28.3.2007. Online: http://www.danah.org/papers/Etech2007.html
– Geißler, Holger/Thomas, Carolin (2008): SNB – Social Network Barometer. Köln. Studie soll Mitte Oktober online verfügbar sein.
– Schmidt, Jan: Was ist neu am Social Web? Soziologische und kommunikationswissenschaftliche Grundlagen. In: Zerfaß, Ansgar; Martin Welker; Jan Schmidt (Hrsg.) (2008): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Zwei Bände. Köln: Van Halem Verlag
– Schmidt, Jan (in Vorb.): Das neue Netz. Merkmale, Praktiken und Konsequenzen des Web 2.0. Konstanz: UVK. Erscheint voraussichtlich Mai 2009.
Recommended