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Sportwettenrecht aktuell Nr. 128

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Glücksspielstaatvertrag, Konzessionierung, Internetwerbeverbot, Vorlage EuGH, Glücksspielautomaten

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Sportwettenrecht aktuell - Nr. 128

ISSN 1613-4222 Seite 1

Newsletter zum Recht der Sportwetten, Glücksspiele

und Gewinnspiele

Nr. 128 vom 31. August 2012

Sportwetten-Konzessionierungsverfahren in Deutschland: Teilnahmefrist

verlängert, S. 2

Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zum österreichischen

Glücksspielautomatenrecht, S. 3

Landgericht Berlin legt Frage der Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit

dem Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vor, S. 6

Fünf weitere Sportwettengenehmigungen in Schleswig-Holstein, S. 11

Bayerischer Verwaltungsgerichthof: Internetwerbeverbot für Glücksspiel

rechtswidrig, S. 12

Der Newsletter „Sportwettenrecht aktuell“ wird per E-mail verteilt. Er erscheint jeweils

nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden

Sie sich bitte an die Redaktion.

Der Newsletter dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Er

kann eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen.

Sportwettenrecht aktuell

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Sportwettenrecht aktuell - Nr. 128

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Update:

Europaweite Ausschreibung von 20

Sportwettenkonzessionen

Sportwetten-Konzessionierungsverfahren in Deutschland:

Teilnahmefrist verlängert

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Der zum 1. Juli 2012 in 14 deutschen Ländern (außer Schleswig-Holstein und

Nordrhein-Westfalen) in Kraft getretene neue Glücksspielstaatsvertrag 2012 sieht im

Rahmen einer sog. "Experimentierklausel" die Vergabe von 20 Konzessionen auch für

private Sportwettenanbieter vor. Eine entsprechende Ausschreibung wurde - wie in

der letzten Ausgabe gemeldet - am 8. August 2012 im Amtsblatt der Europäischen

Union veröffentlicht. In diesem laufenden Verfahren zur Vergabe der Sportwetten-

Konzessionen wurde die insbesondere angesichts der Ferienzeit und der

einzuholenden Unterlagen (etwa eine Bestätigung des zuständigen Finanzamtes)

extrem kurze Frist etwas verlängert. Statt bis zum 4. September 2012 sind

Bewerbungen nunmehr bis zum

12. September 2012, 10.00 Uhr (?),

einzureichen. Die Einreichung hat bei der Kanzlei CBH in Köln zu erfolgen (die u.a. die

Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Toto-Blocks vertritt).

Fragen zu dem Verfahren können noch bis zum 4. September 2012 gestellt werden.

Angesichts der Unklarheiten bei der Ausschreibung gibt es bislang schon eine Liste

mit 185 Fragen und fast ebenso vielen Antworten (allerdings häufig mit Verweisen).

Die Bewerber, die diese erste Stufe überstehen, können dann in einer zweiten Stufe

einen vollständigen Antrag stellen und ihre Konzepte anschließend persönlich

vorstellen.

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Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zum

österreichischen Glücksspielautomatenrecht

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Der EuGH erhält durch eine Vorlage aus Österreich die Gelegenheit, noch einmal

grundsätzlich zur Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Einschränkung der

Grundfreiheiten im Glücksspielbereich Stellung zu nehmen und die Darlegungslast

des betreffenden Mitgliedstaats hinsichtlich der von ihm vorgebrachten Recht-

fertigungsgründe (Spielsucht- und Kriminalitätsbekämpfung) zu konkretisieren.

Nach dem Engelmann-Urteil (Urteil vom 9. September 2010, C-64/08) und dem

Dickinger/Ömer-Urteil (Urteil vom 15. September 2011, C-347/09) gibt es ein weitere

Vorlage zum österreichischen Glücksspielrecht an den Gerichthof der Europäischen

Union (EuGH). Den insgesamt fünf Ausgangsverfahren zu dieser Vorlage liegen

Beschlagnahmen und Strafverfahren bezüglich Glücksspielautomaten zugrunde. Der

Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) in Oberösterreich hat hinsichtlich der

Regulierung von Glücksspielautomaten massive europarechtliche Bedenken gegen

das österreichische Glücksspielrecht geäußert und deswegen dem EuGH mehrere

Vorlagefragen zur Auslegung der einschlägigen europarechtlichen Regelungen

gestellt.

Der UVS bittet mit den gestaffelt gestellten Fragen den EuGH um eine Auslegung von

Vorschriften des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

insbesondere zu der in Art. 56 AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit, und zur

Europäischen Grundrechtscharta (EGRC) im Hinblick auf das österreichische

Glücksspielgesetz (GSpG). Der UVS hat dem EuGH folgende vier, aufeinander

aufbauende Vorlagefragen gestellt:

1. Steht das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck

kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den in

den Ausgangsverfahren maßgeblichen Bestimmungen der §§ 3 bis 5 sowie §§

14 und 21 GSpG, die die Durchführung von Glücksspielen mittels Automaten

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nur unter der – sowohl strafsanktionierten als auch unmittelbar sach-

eingriffsbedrohten – Voraussetzung der Erteilung einer vorangehenden,

jedoch nur in begrenzter Anzahl verfügbaren Erlaubnis ermöglicht, obwohl

bislang – soweit ersichtlich – von staatlicher Seite in keinem einzigen

gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren nachgewiesen wurde,

dass eine damit verbundene Kriminalität und/oder Spielsucht tatsächlich ein

erhebliches Problem, dem nicht durch eine kontrollierte Expansion von

zugelassenen Spieltätigkeiten auf viele Einzelanbieter, sondern nur durch eine

kontrollierte, mit bloß maßvoller Werbung verbundene Expansion eines

Monopolisten (bzw. sehr weniger Oligopolisten) abgeholfen werden kann,

darstellen, entgegen?

2. Für den Fall, dass diese erste Frage zu verneinen ist: Steht das in Art. 56 AEUV

und in den Art. 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende

Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54

GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, durch die im Wege unbestimmter

Gesetzesbegriffe im Ergebnis eine nahezu lückenlose Strafbarkeit auch

vielfältiger Formen von nur sehr entfernt beteiligten (u.U. in anderen

Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen) Personen (wie bloßen

Vertreibern, Verpächtern oder Vermietern von Glücksspielautomaten) eintritt,

entgegen?

3. Für den Fall, dass auch die zweite Frage zu verneinen ist: Stehen die

demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen, wie diese offenkundig dem

Art. 16 EGRC zu Grunde liegen, und/oder das Fairness- und Effizienzgebot des

Art. 47 EGRC und/oder das Transparenzgebot des Art. 56 AEUV und/oder das

Doppelverfolgungs- und -bestrafungsverbot des Art. 50 EGRC einer nationalen

Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, deren

wechselseitige Abgrenzung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung für

einen Bürger ex ante kaum vorhersehbar und berechenbar, sondern im

konkreten Einzelfall jeweils erst im Wege eines aufwändigen förmlichen

Verfahrens klärbar ist, an die sich jedoch weitreichende Unterschiede

hinsichtlich der Zuständigkeiten (Verwaltungsbehörde oder Gericht), der

Eingriffsbefugnisse, der damit jeweils verbundenen Stigmatisierung und der

prozessualen Stellung (z.B. Beweislastumkehr) knüpfen, entgegen?

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4. Für den Fall, dass eine dieser drei ersten Fragen zu bejahen ist: Steht Art. 56

AEUV und/oder Art. 15 bis 17 EGRC und/oder Art. 50 EGRC einer Bestrafung

von Personen, die in einer der in § 2 Abs. 1 Z. 1 und § 2 Abs. 2 GSpG

genannten Nahebeziehung zu einem Glücksspielautomaten steht, und/oder

einer Beschlagnahme bzw. Einziehung dieser Geräte und/oder einer

Schließung des gesamten Unternehmens solcher Personen entgegen?

Wie bereits den Fragen zu entnehmen, hat der UVS in seinem Vorlagebeschluss vom

10. August 2012 zu den fünf Ausgangsverfahren (Az. VwSen-740121/2/Gf/Rt u.a.)

massive Zweifel daran geäußert, dass die Regelungen des österreichischen GSpG zu

Glücksspielautomaten eine (noch) verhältnismäßige Einschränkung darstellen und

mit Europarecht vereinbar sind. Es geht dabei um die Kernfrage, ob diese

Beschränkungen im Glücksspielsektor erlaubt sind oder als unzulässige Einschränkung

der Dienstleistungsfreiheit anzusehen ist.

Die EU-Mitgliedstaaten dürfen nach Europarecht zwar Einschränkungen vornehmen –

allerdings nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses. Eine Einschränkung

kann etwa dann erfolgen, wenn (Quasi-)Monopolregelungen tatsächlich der

Kriminalitätsbekämpfung und dem Spielerschutz dienen und nicht nur auf eine

Erhöhung der Staatseinnahmen abzielen (wofür der einschränkende Mitgliedstaat

allerdings darlegungs- und nachweispflichtig ist). Dass diese Voraussetzungen in

Österreich gegeben sind, bezweifelt der UVS in dem Vorlagebeschluss. Die Behörden

hätten bisher in keinem Verfahren “auch nur ansatzweise versucht“, nachzuweisen,

“dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht … tatsächlich ein erhebliches Problem

darstellte“. Ebenso unklar sei, ob es dem Staat nicht nur um eine “Maximierung oder

massive Erhöhung der Staatseinnahmen” gehe. Daher sei davon auszugehen, dass

die “konkret normierte Ausgestaltung des Glücksspielmonopols” nicht mit der

Dienstleistungsfreiheit “vereinbar ist“. Ein hoher Verbraucherschutz sei auch durch

“weniger einschneidende Maßnahmen” möglich. Die gesetzliche Regelung

erscheine daher als “überschießend” und “inadäquat“. Für den UVS stellt sich daher

“die Frage, ob die dem österreichischen Glücksspielgesetz zu Grunde liegende

Systematik der lückenlos strafsanktionierten (Quasi-)Monopolregelung generell bzw.

hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung mit den Grundsätzen des Unionsrechts

vereinbar ist.“

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Für problematisch hält der UVS des Weiteren, dass die Abgrenzung zwischen dem

gerichtlich strafbaren Tatbestand und dem Verwaltungsstraftatbestand nicht

unmittelbar im Gesetz erfolge. Diesbezüglich zweifelt der UVS daran, dass dies den

“demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen” genüge. Der UVS verweist in

diesem Zusammenhang auf die “(grundsätzlich) doppelte, nämlich sowohl

gerichtliche als auch verwaltungsbehördliche Strafbarkeit samt den entsprechenden

(vorläufigen und dauerhaften) Sicherungsbefugnissen sowie den damit bereits

verbundenen negativen Folgewirkungen (wie insbesondere Stigmatisierung [vgl. den

Ausgangsfall A] und “Beweislastumkehr” i.S. einer Verpflichtung zur Führung eines

Entlastungsbeweises“. Theoretisch könnten bereits Betriebsschließungen angeordnet

werden, wenn noch gar nicht geklärt ist, ob eine Verwaltungsstraftat vorliege. Daher

wird bezweifelt, dass die “demokratischen und rechtsstaatlichen Anforderungen”

sowie das “Fairness- und Effektivitätsgebot” erfüllt werden.

___________________

Landgericht Berlin legt Frage der Vereinbarkeit des

Sportwettenmonopols mit dem Grundgesetz dem

Bundesverfassungsgericht vor von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

In einem Strafverfahren gegen einen Sportwettenvermittler hat das Landgericht (LG)

Berlin grundlegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des staatlichen

Sportwettenmonopols geäußert und die Frage der Vereinbarkeit dieses bislang von

den Ländern beanspruchten Monopols mit dem Grundgesetz (GG) dem

Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt. Das LG Berlin bittet

damit das Bundesverfassungsgericht um eine Entscheidung, ob Art. 10 Abs. 2 des

Glücksspielstaatsvertrags in Verbindung mit dem dazu ergangenen Berliner

Ausführungsgesetz mit Art 2 Abs. 1 GG „unvereinbar ist, als Sportwetten im Sinne von

§ 21 des Berliner Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag im Land Berlin nur

von diesem veranstaltet werden dürfen“ (Beschluss vom 19. Januar 2012, Az. 526 Qs

8/11).

Nach Überzeugung des Landgerichts ist das Sportwettenmonopol verfassungswidrig.

Eine Strafbarkeit nach § 284 StGB (unerlaubtes Glücksspiel) komme deswegen nicht

in Betracht. Bei einer Verfassungswidrigkeit des Monopols entfalle der staatliche

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Strafanspruch aus § 284 StGB und zwar auch dann, wenn keine Erlaubnis beantragt

worden bzw. diese rechtswidrig abgelehnt worden sei (Rn. 12):

„Ein Verstoß gegen § 284 Abs. 1 StGB liegt dann vor, wenn ein öffentliches

Glücksspiel ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet wird. Allerdings kann die

Frage der Strafbarkeit nach § 284 StGB nicht losgelöst von der

verfassungsrechtlichen Beurteilung der landesrechtlichen Gesamtregelung

des Sportwettenrechts beantwortet werden; dies folgt aus der

verwaltungsakzessorischen Natur des § 284 StGB (…). Das bedeutet, dass

derjenige Anbieter von Sportwetten, der nicht zunächst den

Verwaltungsrechtsweg beschritten hat, um eine behördliche Erlaubnis i.S.v. §

284 StGB zu beantragen, dann nicht nach dieser Vorschrift strafbar ist, wenn

die fehlende Erlaubnis auf einem Rechtszustand beruht, der seinerseits die

Rechte des Betreibers von Glücksspielen in verfassungswidriger Weise verletzt

(vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2007, 4 StR 62/07, Rn. 22 – juris). Das ist dann

der Fall, wenn überhaupt nicht die Möglichkeit bestand, eine derartige

Erlaubnis zu erhalten und wenn dieser Ausschluss in Widerspruch zu

höherrangigem Recht steht (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 08. Juli 2008,

11 MC 71/08 m.w.N. – juris) bzw. wenn die zuständige Behörde es unter

Verletzung geltenden Rechts abgelehnt hatte, die Erlaubnis zu erteilen (vgl.

EuGH, Urteil vom 06. März 2007, C-338/04 u.a. (Placania u.a.), NJW 2007, 1515,

1519). Dagegen ist der Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB nicht bloßer

verwaltungsaktsakzessorischer Natur (so aber BGH, Urteil vom 14. März 2002, I

ZR 279/99 – juris, NJW 2002, 2175, 2176; Dehne-Niemann wistra 2008, 361, 362).

Würde auf das schlichte Fehlen einer behördlichen Erlaubnis – gleich aus

welchem Grund – abgestellt werden, so würde bloßer Verwaltungs-

ungehorsam bestraft werden. Darin besteht jedoch nicht der Strafzweck des §

284 StGB. (…)

Das verwaltungsaktsakzessorische Verständnis des Tatbestandes würde im

Übrigen – konsequent zu Ende gedacht – dazu führen, dass es für die

Strafbarkeit nach § 284 Abs. 1 StGB gleichgültig wäre, ob und inwieweit die

landesrechtlichen Regelungen der Sportwette überhaupt eine Erlaubnispflicht

enthalten und ob Privatpersonen überhaupt eine Erlaubnis erteilt werden kann

(…). Das ist jedoch nicht der Fall, wie eine (einstimmige) Entscheidung des

Bundesverfassungsgerichts über Verfassungsbeschwerden gegen die

Anordnung der Durchsuchung von Geschäftsräumen wegen des Verdachts

der unerlaubten Veranstaltung von Glücksspielen zeigt (Beschluss vom 15.

April 2009, 2 BvR 1496/05, Rn. 33 f. – juris, BVerfGK 15, 330).“

Zur Verfassungswidrigkeit des staatlichen Monopols und des mit ihm einhergehenden

Ausschlusses gewerblicher Wettveranstaltung durch private Wettunternehmen sowie

des Ausschlusses der Vermittlung von Wetten, die nicht vom Land Berlin bzw. von der

DKLB veranstaltet werden, hält das LG Berlin fest:

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„Nach Auffassung der Kammer ist das in § 10 Abs. 2 GlüStV in Verbindung mit

§ 5 Satz 1 AG GlüStV geregelte staatliche Sportwettenmonopol mit Art. 2 Abs.

1 GG nicht vereinbar.

Das staatliche Sportwettenmonopol ist ein nicht gerechtfertigter und damit

unverhältnismäßiger Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte

allgemeine Handlungsfreiheit des Angeschuldigten. (…)

Die fehlende Erlaubnisfähigkeit für die Veranstaltung und Vermittlung von

Sportwetten durch Privatpersonen stellt einen Eingriff in die allgemeine

Handlungsfreiheit des Angeschuldigten als privatem Sportwettenvermittler dar.

Mit der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 5 AG GlüStV

wird ein staatliches Monopol für die Veranstaltung von Glücksspielen

geschaffen, da die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die

Veranstaltung von Glücksspielen nur den Ländern oder juristischen Personen

des öffentlichen Rechts oder privatrechtlichen Gesellschaften, an denen

juristische Personen des öffentlichen Rechts maßgeblich beteiligt sind, erteilt

werden kann (§ 10 Abs. 2 GlüStV). Im Land Berlin dürfen öffentliche

Glücksspiele nur vom Land Berlin selbst veranstaltet werden (§ 5 Satz 1 AG

GlüStV), das sich zur Durchführung der Deutschen Klassenlotterie Berlin (DKLB)

bedient (§ 5 Satz 2 AG GlüStV), einer Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Satz 1

DKLBG). (…)

Zwar besteht für die Vermittlung von staatlichen Glücksspielen kein staatliches

Monopol (…), da die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für

die Vermittlung von Glücksspielen auch an andere nicht dem Land Berlin

zuzuordnende Stellen erteilt werden kann (Umkehrschluss aus § 10 Abs. 2

GlüStV i.V.m. § 5 Satz 1 und Satz 2 AG GlüStV, sowie die Begriffsbestimmung in

§ 3 Abs. 6 GlüStV und die Regelungen in § 19 GlüStV i.V.m. §§ 13 f. AG GlüStV).

Das Erlaubnisverfahren nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ist aber nur für die

Vermittler staatlicher Wettangebote geschaffen worden; die Erteilung einer

solchen Erlaubnis an Vermittler privater Sportwettangebote ist nach § 4 Abs. 2

Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 5 und Abs. 2 GlüStV dagegen ausgeschlossen: Nach § 4

Abs. 2 Satz 2 GlüStV darf eine Erlaubnis für das Vermitteln öffentlicher

Glücksspiele nur für solche Glücksspiele erteilt werden, deren Veranstaltung

nach dem Glücksspielstaatsvertrag erlaubt ist, d.h. wegen der Regelung in § 4

Abs. 1 AG GlüStV i.V.m. § 10 Abs. 5 und Abs. 2 GlüStV nur für vom Land Berlin

veranstaltete Glücksspiele. (Gewerblichen) Vermittlern von Glücksspielen, die

nicht (auch) vom Land Berlin bzw. von der DKLB veranstaltet werden (vgl. § 19

GlüStV, §§ 6, 13 f. AG GlüStV), wird die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV

erforderliche Erlaubnis nicht erteilt. (…)

Dieses somit im Land Berlin bestehende sog. staatliche Wettmonopol stellt

wegen des mit ihm einhergehenden Ausschlusses gewerblicher Wett-

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veranstaltung durch private Wettunternehmen sowie des Ausschlusses der

Vermittlung von Wetten, die nicht vom Land Berlin bzw. von der DKLB

veranstaltet werden, einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die

Berufsfreiheit der privaten Sportwettenveranstalter und -vermittler

(Sportwettenanbieter) dar (ebenso BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010,

1 BvL 3/07, Rn. 42 – juris, ZfWG 2011, 33; Janz, NJW 2003, 1964, 1698) und damit

erst recht einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die allgemeine

Handlungsfreiheit des Angeschuldigten.“

Darüber hinaus hält das Landgericht entsprechend der höchstrichterlichen

Rechtsprechung fest, dass fiskalische Interessen das Monopol nicht begründen

können, woran auch ein Verstecken dieses Ziels in § 10 Abs. 4 des

Glücksspielstaatsvertrags nicht ändere:

„Daher scheiden fiskalische Interessen des Staates zur Rechtfertigung eines

staatlichen Sportwettenmonopols aus (ebenso BVerfG, Beschluss vom 19. Juli

2000, 1 BvR 539/96, Rn. 73 – juris, BVerfGE 102, 197; BVerfG, Urteil vom 28. März

2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 107 – juris, BVerfGE 115, 276; siehe auch BVerfG,

Beschluss vom 26. März 2007, 1 BvR 2228/02, Rn. 37 - juris, BVerfGK 10, 525). Die

Absicht der Erzielung staatlicher Einnahmen und Gewinne stellt in keinem Fall

einen Gemeinschaftswert dar, der Eingriffe der vorliegenden Qualität in die

Berufswahlfreiheit rechtfertigen könnte. Aus diesem Grund wurde das zuvor

noch in § 1 Nr. 5 Lotteriestaatsvertrag festgelegte Ziel des damaligen

Staatsvertrages, „sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus

Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder steuerbegünstigter Zwecke im

Sinne der Abgabenordnung verwendet wird“, vom Bundesverfassungsgericht

beanstandet (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 108 –

juris, BVerfGE 115, 276). Nunmehr findet sich diese Zielsetzung zwar nicht in § 1

GlüStV („Ziele des Staatsvertrages“), sondern – systematisch unpassend – in §

10 GlüStV („Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots“). Der

dortige Abs. 4 lautet: „Es ist sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der

Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder gemeinnütziger,

kirchlicher oder mildtätiger Zwecke verwendet wird“.

Vorliegend kann nach Überzeugung der Kammer nicht davon ausgegangen

werden, dass die durch die Abgaben erzielten Fördermittel zur Finanzierung

sozialer Aktivitäten vom Landesgesetzgeber nur als bloße Begleitfolge des

staatlichen Wettmonopols anzusehen sind. Ganz im Gegenteil: Fiskalischen

Interessen stellen – jedenfalls – einen maßgeblichen Grund für die

Beibehaltung des staatlichen Wettmonopols dar. (- Schilderung des

Gesetzgebungsverfahrens - )

Vor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass der Landesgesetzgeber mit

der Beibehaltung des Staatsmonopols (auch) seine finanziellen Gestaltungs-

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möglichkeiten aufrecht erhalten wollte und deshalb gerade kein ernsthaftes

und nachhaltiges Interesse an einem merklichen Rückgang der Spielsucht

haben kann (ebenso VG Berlin, Urteil vom 04. November 2010, 35 K 88.09, Rn.

55 – juris).“

Nach Überzeugung des Gerichts ist das Monopol auch nicht geeignet. Insbesondere

„fehlen mangels ausreichender gesetzlicher Regelungsdichte strukturelle

Sicherungen, um die in § 1 GlüStV angegebenen Ziele zu erreichen und zum

Anderen ist es infolge der nach Auffassung der Kammer bestehenden

Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Wettmonopols nicht möglich, rechtlich

wirksame Untersagungsverfügungen gegenüber Unionsbürgern zu erlassen,

die Sportwetten vermitteln, was zur Folge hat, dass ein bloßes Einschreiten

gegenüber den in Berlin handelnden Drittstaatsangehörigen, wie etwa den

Angeschuldigten, nicht geeignet ist, die in § 1 GlüStV aufgestellten Ziele zu

erreichen.“

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Kurzmeldungen

Fünf weitere Sportwettengenehmigungen in Schleswig-Holstein

Obwohl die neue Regierungskoalition aus SPD, den Grünen und dem SSW (die sog.

„Dänen-Ampel“) eigentlich das Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein wieder

aufheben will, sind in dieser Woche fünf weitere Genehmigungen zum Anbieten von

Sportwetten an private Unternehmen erteilt worden. Einschließlich der bereits

erteilten sieben Lizenzen können nunmehr zwölf Firmen Sportwetten anbieten. Die

neuen Lizenznehmer sind Admiral Sportwetten (Rellingen), Admiral Sportwetten

(Gumpoldskirchen in Österreich), Cashpoint Malta Ltd. (Malta), Ladbrokes

International PLC, (Gibraltar) und 888 Germany (Gibraltar).

Die neuen Lizenzen gelten bis zum 26. August 2018. Das Innenministerium prüft derzeit

die Anträge von 22 weiteren Anbietern für den Betrieb von Sportwetten. Darüber

hinaus bemühen sich 22 Antragsteller um eine Lizenz für Online-Casinospiele sowie für

Poker (die in Schleswig-Holstein nach dem Glücksspielgesetz – anders als nach dem

neuen Glücksspielstaatsvertrag 2012 – ebenfalls zulässig sind).

Solange das Gesetz gelte, hätten Glücksspielanbieter einen Rechtsanspruch auf

Genehmigung, betonte Innenminister Andreas Breitner (SPD). "Die Anträge werden

weiterhin unverzüglich bearbeitet, die Entscheidungen fallen selbstverständlich nach

geltendem Recht und Gesetz", sagte der Minister. Er rechne damit, dass es bis zur

Aufhebung des Glücksspielgesetzes zu weiteren Lizenzvergaben komme. Bis dahin

halte man sich an die bestehenden Regeln.

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Bayerischer Verwaltungsgerichthof:

Internetwerbeverbot für Glücksspiele

rechtswidrig

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH)

hat in einem jetzt veröffentlichten Berufungsurteil

das in § 5 Abs. 3 GlüStV festgelegte

Internetwerbeverbot als rechtswidrig beurteilt und

eine Untersagungsverfügung des Freistaats Bayern

aufgehoben (Urteil vom 26. Juni 2012, Az. 10 BV

09.2259).

Der BayVGH weist darauf hin, dass es ein

gravierendes „strukturelles Vollzugsdefizit“ gebe.

Gehäufte oder gar systematische Verstöße gegen

das Internetwerbeverbot würden nicht

konsequent geahndet und unterbunden (S. 29).

So verstießen der Deutsche Lotto- und Totoblock

und sämtliche Landeslotteriegesellschaften

systematisch gegen den § 5 Abs. 3 GlüStV. Diese

Verstöße würden von den zuständigen

Aufsichtsbehörden nicht konsequent

unterbunden. § 5 Abs. 3 GlüStV sei deshalb mit

dem Kohärenzgebot unvereinbar. Im Übrigen sei

das Verbot auch unverhältnismäßig. Der Freistaat

Bayern benachteilige Private gegenüber der

Staatlichen Lotterieverwaltung, da er gegen

deren Internetwerbung nicht einschreite.

Impressum

______________________

Sportwettenrecht aktuell

ISSN 1613-4222

Herausgeber:

Rechtsanwaltskanzlei

ARENDTS ANWÄLTE,

Perlacher Str. 68,

D - 82031 Grünwald

(bei München)

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Tel. 089 / 64 91 11 - 75;

Fax. 089 / 64 91 11 - 76

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Redaktion: Rechtsanwalt Martin

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(martin.arendts@anlage

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(presserechtlich

verantwortlich),

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Schmautzer

c/o ARENDTS ANWÄLTE,

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