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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013 SpruchZ 2013 Seite 1 Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting, Organverträgen und Fusionen Nr. 1/2013 vom 16. Januar 2013 ISSN 2195-7274 Inhaltsübersicht Vorschlag „Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der Aktienrechtsnovelle 2012“: Stellungnahme des VFA Verein zur Förderung der Aktionärsdemokratie: Die geplanten Änderungen aktienrechtlicher Entschädigungsregelungen als Unterminierung des Minderheitenschutzes, S. 3 Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Dreier Riedel, S. 9 Standpunkt: SdK kritisiert den zunehmenden Trend, Nachbesserungsansprüche von Aktionären nicht auszuzahlen, S. 25 Entscheidungen zu Spruchverfahren: Squeeze-out bei Keramag AG: LG Düsseldorf lehnt Erhöhung der Barabfindung ab, S. 27 Anstehende und laufende Spruchverfahren: Ergebnisabführungsvertrag mit der Firma hotel.de AG, S. 28 Barabfindungsangebot an die außenstehenden Aktionäre der Tognum AG, S. 28 Ankündigungen von Strukturmaßnahmen: DOUGLAS HOLDING AG, S. 31 itelligence AG, S. 32 Spruchverfahren aktuell

Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

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Page 1: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 1

Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting,

Organverträgen und Fusionen

Nr. 1/2013 vom 16. Januar 2013 ISSN 2195-7274

Inhaltsübersicht

Vorschlag „Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der

Aktienrechtsnovelle 2012“:

Stellungnahme des VFA – Verein zur Förderung der Aktionärsdemokratie: Die

geplanten Änderungen aktienrechtlicher Entschädigungsregelungen als

Unterminierung des Minderheitenschutzes, S. 3

Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Dreier Riedel, S. 9

Standpunkt:

SdK kritisiert den zunehmenden Trend, Nachbesserungsansprüche von Aktionären

nicht auszuzahlen, S. 25

Entscheidungen zu Spruchverfahren:

Squeeze-out bei Keramag AG: LG Düsseldorf lehnt Erhöhung der Barabfindung ab, S.

27

Anstehende und laufende Spruchverfahren:

Ergebnisabführungsvertrag mit der Firma hotel.de AG, S. 28

Barabfindungsangebot an die außenstehenden Aktionäre der Tognum AG, S. 28

Ankündigungen von Strukturmaßnahmen:

DOUGLAS HOLDING AG, S. 31

itelligence AG, S. 32

Spruchverfahren aktuell

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

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Vorwort

Liebe Leser,

zunächst wünschen wir Ihnen ein gutes und erfolgreiches Neues Jahr! Zu dem in der letzen Ausgabe dargestellten Gesetzesvorschlag (Rundschreiben des BMJ) haben uns mehrere Stellungnahmen erreicht, für die wir uns herzlich bedanken und die wir nachfolgend dokumentieren. Entgegen einem heutigen Bericht in der FAZ (S. 19) ist der Gesetzesvorschlag noch nicht beraten (und damit auch noch lange nicht beschlossen) worden. Auch ist klarzustellen, dass das Bundesministerium der Justiz die in der letzten Ausgabe dargestellten Vorschläge nicht selber verfasst, sondern sie auf Bitten der Rechtspolitiker lediglich - als neutraler "Bote" - an die Verbände verschickt hat. Über die weitere Entwicklung werden wir Sie informieren. Die Redaktion

Die Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt und

online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ). Sie erscheint

jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen

wenden Sie sich bitte an den Herausgeber: [email protected]

Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie

kann eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 3

Stellungnahme des VFA – Vereins zur Förderung der

Aktionärsdemokratie

Die geplanten Änderungen aktienrechtlicher

Entschädigungsregelungen als Unterminierung des

Minderheitenschutzes

von Jochen Knoesel, Leonhard Knoll, Ulrich Ronge

Verein zur Förderung der Aktionärsdemokratie, Würzburg

1. Einleitung

Mit Datum vom 30.11.2012 wurde „an die am Gesellschaftsrecht interessierten

Verbände“ ein Schreiben des Bundesministeriums der Justiz (Referat III A1; Bearbeiter

MR Dr. Neye, Unterzeichner Dr. Weiß) versandt, in dem um Kenntnis- und

gegebenenfalls Stellungnahme bis zum 15.1.2013 zu einem anliegenden Entwurf

hinsichtlich Änderungen im Umwandlungs- und Aktienrecht gebeten wurde.

Da der Verein zur Förderung der Aktionärsdemokratie ein wesentliches

wissenschaftliches Interesse an den gesetzlichen Rahmenbedingungen für den

Eigentumsschutz und die Anlagebedingungen von Minderheitsaktionären hat,

möchten wir nachfolgend auf diesen Entwurf und die zugehörige Begründung von

Prof. Dr. Hoffmann-Becking eingehen. Wir möchten uns dabei aus den folgenden

Gründen sehr kurz fassen:

Es ist eine Vielzahl von Stellungnahmen zu erwarten, die uns teilweise bekannt

sind. Natürlich teilen wir nicht alle dort vorgetragenen Ansichten, aber es wäre

eine sinnlose Aufblähung von Akten, an dieser Stelle bereits anderweitig

vorgetragene Argumente zu wiederholen.

Der bedeutendste Teil der Gesetzesinitiative betrifft die Einschränkung der

Spruchverfahren auf eine Instanz – eine Bestrebung, die derart unverfroren ist,

dass man sie eigentlich gar nicht kommentieren muss: Man stelle sich einmal

vor, was man an hehren Kommentaren aus Deutschland hören würde, wenn

ein anderer Staat, in dem der Schutz des Eigentums Verfassungsrang genießt,

sich entsprechend verändern wollte. Höchst vorsorglich sei hier nur auf den

Kurzkommentar von Dreier in SpruchZ 2012, 33 f. verwiesen.

Die Besorgnis erregende Situation des aktienrechtlichen Minderheitenschutzes

in Deutschland wurde von einem von uns jüngst bereits in einem

wissenschaftlichen Blog kommentiert; vgl.

http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=11032#more-11032.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 4

Daher wollen wir uns kurz auf die beabsichtigten Änderungen hinsichtlich

Konzernausgliederungen sowie die Ersetzung der baren Zuzahlung durch Gewährung

zusätzlicher Aktien bei Verschmelzungen beschränken und auch dort jeweils nur

Punkte skizzieren, die vermutlich nicht bzw. nur partiell von anderen Kommentatoren

angesprochen werden.

2. Konzernausgliederungen

Die vergleichsweise kurze Neuregelung einer kompletten Strukturmaßnahme in §

144a UmwG-E mag für unkundige Betrachter eine gewisse Plausibilität aufweisen,

zumal der Abbau von bürokratischen Hemmnissen und Kosten allenthalben eine Art

Generalzustimmung genießt. Leider liegen die Dinge nicht so einfach und leider

betreffen die von einer Installation der beabsichtigten Änderungen ausgehenden

Gefahren wiederum diejenigen, welche sich im Rahmen anderer gesetzlicher

Regelungen und insbesondere deren Veränderungen in den letzten Jahren de facto

nicht wehren können: Minderheitsaktionäre.

Konkret geht es bei Ausgliederungen insbesondere um die Gefahr, dass

übertragende Gesellschaften mittelbar oder unmittelbar wirtschaftlich entkernt

werden, indem wertvolle Teile aus ihrem Vermögensbestand ausscheiden, ohne dass

hinreichende Prüfungen hinsichtlich des aufgegebenen Werts und seiner

Kompensation stattfinden.

Die in der bisherigen Formulierung getroffenen Einschränkungen hinsichtlich des

Buchwertanteils der zu übertragenden Aktiva an der Schlussbilanz der

übertragenden Gesellschaft und der Anrechnung vorhergehender Ausgliederungen

binnen zwölf Monaten sind völlig unzureichend. Der wirtschaftliche Wert von

Vermögensgegenständen und ihr Buchwert können leicht um eine Zehnerpotenz

differieren und liegen sogar beliebig weit auseinander, wenn es um nicht

aktivierungsfähige Werte geht, die in manchen Branchen gerade den

ökonomischen Kern einer Bilanz ausmachen. Folglich ist es nach den

vorgeschlagenen Regelungen möglich, bereits durch eine Ausgliederung das

Vermögen der übertragenden Gesellschaft gravierend zu verändern und diese

Entkernung im Modus einer Salamitaktik Jahr für Jahr weiter fortzusetzen.

3. Ersetzung der baren Zuzahlung durch Gewährung zusätzlicher Aktien

3.1 Nochmalige Einschränkung der Stellungnahme

Die hinsichtlich der betroffenen Gesetzesänderungen als auch ihrer Begründung

umfangreichste Änderung betrifft die Einräumung des Rechts für aufnehmende

Gesellschaften, eine bare Zuzahlung durch Gewährung weiterer Aktien zu

substituieren.

Bereits in den Begründungen für die beabsichtigten Änderungen finden sich eine

Reihe von selbst angesprochenen Problemen, die freilich vom Verfasser des

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Regelungsvorschlags Prof. Dr. Hoffmann-Becking – wenig überraschend – als

befriedigend gelöst erachtet werden. Dass dies an manchen Stellen geradezu bizarr

erscheint, sei hier nur mit dem Beispiel belegt: Im Falle einer baren Zuzahlungspflicht

wegen einer geringeren Bewertung der aufnehmenden Gesellschaft müsste bei

dieser durch die empfohlene Sacheinlage für die neu zu gewährenden Aktien eine

Vermögensmehrung eintreten, denn da die Passivseite der Bilanz eine

entsprechende Verlängerung erfährt, muss c.p. auch die Aktivseite wachsen! Da zu

derartigen Aspekten aber umfassende Stellungnahmen von anderen Stellen zu

erwarten sind, wollen wir uns wie eingangs erwähnt auf Aspekte beschränken, die

anderweitig eventuell nicht in der gebotenen Deutlichkeit angesprochen werden.

3.2 Normzweck

Bei der Beurteilung der vorgeschlagenen Änderungen muss man grundsätzlich

immer den Zweck der in Frage stehenden Regelung betrachten: Er besteht (darin

werden uns auch die Protagonisten der hier kritisierten Initiative nicht widersprechen

können) vorliegend darin, dass Minderheitsaktionäre einer übertragenden

Gesellschaft zumindest hinsichtlich des wirtschaftlichen Werts ihres bisherigen

Eigentums geschützt sind, nachdem sie die Veränderung von dessen Verkörperung

durch die Verschmelzung selbst mangels hinreichendem Quorum nicht verhindern

können. Umgekehrt ist es regelmäßig die aufnehmende und später gegebenenfalls

ausgleichsverpflichtete Gesellschaft, welche durch ihre Stimmenmehrheit in der

Beschluss fassenden Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft die

Verschmelzung erzwingt.

War nun das ermittelte Umtauschverhältnis korrekt, so konnten die

Minderheitsaktionäre der übertragenden Gesellschaft sich nach Durchführung der

Verschmelzung von den ihnen zugeteilten Aktien der übertragenden Gesellschaft

trennen, was wirtschaftlich und rechtlich mit einer vollen Entschädigung im Sinne der

gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts korrespondiert. Das

Instrument der baren Zuzahlung setzt nun genau an der Stelle an, wo im Rahmen

eines Spruchverfahren festgestellt wurde, dass das Umtauschverhältnis zulasten der in

die Verschmelzung gezwungenen Minderheitsaktionäre der übertragenden

Gesellschaft verzerrt war. Für diesen Fall stellt die bare Zuzahlung sicher, dass diese

Minderheitsaktionäre durch Gewährung einer baren Zuzahlung für die Wertdifferenz

und die seither aufgelaufene Verzinsung so gestellt werden, als wenn sie die nur

zwangsweise erworbenen Aktien der aufnehmenden Gesellschaft sofort nach der

Verschmelzung veräußert hätten. Anders formuliert: Die bislang bestehende

Regelung stellt zumindest grundsätzlich sicher, dass es gegenüber einer korrekten

Bestimmung des Umtauschverhältnisses zu keiner wertmäßigen Eigentumsschädigung

der Minderheitsaktionäre kommt. Selbst die jetzt vorgeschlagenen Änderungen

bemängeln mit keiner Silbe, dass die Höhe der in vielen Spruch- bzw. früher

Spruchstellenverfahren festgestellten Kompensation systematisch (!) falsch

ausgerichtet ist.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

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3.3 Äquivalente Kompensationsalternativen?

Die Stoßrichtung dieser Änderungswünsche liegt auch gar nicht in der Höhe, sondern

vielmehr im Medium der Erfüllung etwaiger Kompensationsverpflichtungen.

Paradigmatisch ist insofern die Formulierung aus Abschnitt II.1. des

Gesetzgebungsvorschlags:

„Mit dem Ausgleich durch Aktien wird das vom Gesetz verfolgte Ziel, die

wirtschaftlichen Folgen eines unangemessenen Umtauschverhältnisses

nachträglich wirtschaftlich zu kompensieren, ebenso erreicht wie durch die

bare Zuzahlung.“

Bezeichnenderweise wird die ökonomische Logik dieser Aussage erst einige Seiten

später in Abschnitt II.7.3 ohne Bezug auf die soeben zitierte Passage nachgereicht:

„Die Methode (ii) [auf die sogleich zurückzukommen sein wird; JK, LK und UR]

ist aber in jedem Fall für den Ausgleichsberechtigten eine im Vergleich mit

dem Barausgleich nach § 15 UmwG gleichwertige und zumutbare Lösung, da

er die als Ausgleich erhaltenen Aktien über die Börse veräußern kann.“

Diese Logik erweist sich indessen hinsichtlich der selbst benannten Gründe für die

gewünschte Änderung als unzureichend: Sind die neuen Aktien in der Welt, können

sie grundsätzlich von jedem an den Mann oder die Frau gebracht werden, sei es die

emittierende Gesellschaft selbst oder die mit ihnen nachträglich kompensierten

Minderheitsaktionäre der längst untergegangenen Gesellschaft. Hätte die

aufnehmende Gesellschaft also ein Liquiditätsproblem, könnte sie dieses c.p. just

durch eine entsprechende „normale“ Kapitalerhöhung lösen. Gibt es indessen ein

„Veräußerungsproblem“ mit den jungen Aktien, wird es nach dem aktuellen

Vorschlag gerade denjenigen aufgebürdet, die von Gesetzes wegen gegen

Eigentumsschäden geschützt werden sollen, während die aufnehmende

Gesellschaft korrespondierend entlastet wird, obwohl es regelmäßig gerade sie war,

die mit einer Stimmenmehrheit in der entscheidenden Hauptversammlung der

übertragenden Gesellschaft ehemals die streitgegenständliche Verschmelzung

durchgesetzt hatte!

Das Problem ist insofern also entweder nicht gegeben, was jeden behaupteten

Anlass einer Änderung des gesetzlichen Status quo ad absurdum führen würde, oder

es besteht in einer Weise, der die konkret vorgeschlagene Änderung völlig

unakzeptabel macht, weil eine äquivalente Kompensation im unbestrittenen Sinne

der bisherigen Regelung nicht mehr stattfinden würde.

3.4 Was man dem Einen gibt, …

Diese für die vorgeschlagene Änderung bereits vernichtende Zwickmühle gilt

allgemein, wenn man der übernehmenden Gesellschaft ein Wahlrecht im Sinne des

vorgeschlagenen § 72a Abs. 1 UmwG einräumt, also unabhängig von den beiden in

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Kapitel II.7. vorgeschlagenen Methoden (i) und (ii) für die Ermittlung der Zahl der zu

gewährenden Aktien, deren Wert bei (i) nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der

Verschmelzung und bei (ii) nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der nachträglichen

Kompensation zum Ansatz kommt.

Bei der im letzten Zitat nicht angesprochenen Alternative (i) ergibt sich indessen ein

weiterer Defekt, der relativ kurz dargestellt werden kann. Wenn auf das im

Verschmelzungszeitpunkt richtige Umtauschverhältnis und die hierfür nötige Zahl

zusätzlich zu gewährender Aktien der aufnehmenden Gesellschaft zum damaligen

Wert rekurriert wird, bleibt die Wertentwicklung der Aktien seither außer Betracht. In

Abschnitt II.7.1 wird zwar auf einige Probleme gesellschafts- und

finanzierungstechnischer Struktur hingewiesen und als Lösung eine bare

Kompensation der gesetzlichen Verzinsung vorgeschlagen, doch bleiben „normale“

Wertänderungen seit dem Verschmelzungsstichtag außer Betracht. Durch das

beabsichtigte Wahlrecht der aufnehmenden Gesellschaft wird diese ihre

Ausgleichsverpflichtung natürlich in Form zusätzlicher Aktien leisten, wenn der

Aktienkurs in der Zwischenzeit gefallen ist, und bei gestiegenem Kurs in bar.

Umgekehrt erhalten die Minderheitsaktionäre nur im letzteren Fall die dem

Normzweck entsprechende Kompensation und werden durch das Ausnutzen des

geplanten Wahlrechts bei gefallenen Kursen eben nicht „voll entschädigt“.

Aus finanzierungstheoretischer Sicht ist dies keineswegs überraschend: Die

Einräumung dieser Alternative ist nichts anderes als die Gewährung einer Option an

die übertragende Gesellschaft, bei der die abzufindende Minderheit als Stillhalter

fungiert, ohne eine bei frei vereinbarten Optionsgeschäften vereinbarte Prämie zu

erhalten. Entspricht nun die ermittelte bare Zuzahlung im bisherigen Sinne einer vollen

Entschädigung, muss eine Abfindung in Aktien zwangsläufig geringer sein, weil der

Wert der Option von der baren Zuzahlung abzuziehen ist.

Damit verstößt Methode (i) sogar doppelt gegen das verfassungsmäßige Gebot der

vollen Entschädigung.

3.5 Umkehrung der jüngerer Entwicklungen

Ergänzend zu diesen schon für sich schlagenden Befunden sei noch angemerkt, dass

das Verlangen einer Kompensation in Aktien jüngeren Entwicklungen zuwider läuft.

So wurde das (von uns keineswegs befürwortete) Institut der §§ 327a AktG, das seit

2002 die weit überwiegende Zahl aller Spruchverfahren betrifft, unter anderem mit

dem Argument eingeführt, dass eine Barkompensation aus verschiedenen Gründen

gegenüber einer Kompensation in Aktien vorzuziehen sei. Zwar betrifft dies die

Maßnahme selbst, doch wird nicht einmal im vorliegenden Gesetzesvorschlag

jenseits von umwandlungsrechtlichen Strukturmaßnahmen eine Nachbesserung von

Abfindungen in Form von Aktien propagiert. Insoweit steht aber umgekehrt zu

befürchten, dass bei einem Erfolg der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen schon

bald auch für andere Strukturmaßnahmen Veränderungen der Kompensationsform

vorgeschlagen werden.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

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Was die Erhöhung der finanziellen Belastung durch die Verzinsung der baren

Zuzahlung angeht, übersieht der Vorschlag, dass diese erst durch das ARUG in der

heutigen Höhe fixiert und die vormals geringere Verzinsung (unseres Erachtens zu

Recht) entsprechend erhöht wurde. Das Beklagen dieser Zinslast und die

vorgeschlagene Form ihrer Kompensation bei Methode (ii) haben somit den schalen

Beigeschmack, dass man den Konsequenzen der damals überfälligen Reform nun

über einen Umweg entkommen will.

4. Fazit

Nach Maßgabe der vorgetragenen Argumente lehnen wir den Gesetzesvorschlag

sowohl persönlich als auch für den von uns vertretenen Verein zur Förderung der

Aktionärsdemokratie ab.

Ein Problem sehen wir in der Realität allenfalls dann, wenn keine Dominanzbeziehung

bei einer Verschmelzung vorliegt („Merger of Equals“) und bei der übernehmenden

oder aufnehmenden Gesellschaft durch die Nachzahlungsverpflichtung ein

existenzielles Problem entsteht. Dieser seltenen Konstellation ist indessen nicht durch

ein generelles Wahlrecht hinsichtlich der Kompensationsform zu begegnen, sondern

durch die Möglichkeit, dass das erkennende Spruchgericht ausnahmsweise eine

andere Erfüllungsform als die Barzahlung für den konkreten Fall festlegt und dabei

umfassenden Begründungspflichten genügt.

Eine darüber hinaus gehende Gesetzesnovelle lässt sich jedenfalls mit den im

vorliegenden Vorschlag gegebenen Argumenten nicht begründen und wirft eher

Fragen nach den Motiven der Initiatoren der beabsichtigten Änderungen auf.

Sollte dem Gesetzgebungsvorschlag in der vorliegenden Formulierung dennoch

gefolgt werden, so ist schon heute abzusehen, dass sich diese Änderungen schon

bald einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht ausgesetzt sehen.

Würzburg, 15.1.2013

gezeichnet

Jochen Knoesel Prof. Dr. Leonhard Knoll Dr. Ulrich Ronge

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Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Dreier Riedel

von Rechtsanwalt Dr. Peter Dreier und Rechtsanwalt Toni Riedel

Wir raten dringend davon ab, die vorgeschlagenen gesetzlichen Änderungen

umzusetzen. Unsere Ablehnung ist grundsätzlicher Natur, da eine weitere Absenkung des

Minderheitenschutzes nicht angezeigt ist und die Vorschläge inhaltlich erhebliche

Probleme schaffen.

Die unterbreiteten Vorschläge liegen allein im Interesse der Aktiengesellschaften und

deren Vorständen und missachten die Balance der verschiedenen Interessenpositionen

des Gesellschaftsrechts, welche das vorhandene Rechtsschutzsystem ausgleichen soll.

Die vorgeschlagene Ersetzungsbefugnis schützt den für die Boni der Vorstände

relevanten Bilanzgewinn und überträgt das Risiko zwischenzeitlicher Wertveränderungen

der zu liefernden Aktien auf die Ausgleichsberechtigten. Die vorgeschlagene Änderung

des SpruchG ist aus diesseitiger Sicht verfassungswidrig, auch wenn es keine

verfassungsmäßige Gewähr eines Instanzenzugs gibt. Der wegen der erheblichen

Einschränkung der Anfechtungsklage noch verbleibende Rechtsschutz im Spruch-

verfahren würde angesichts der verfassungsmäßig geschützten Vermögensposition der

berechtigten Minderheitsaktionäre in nicht gerechtfertigter Weise verringert. In jedem

zivilrechtlichen Streit ist eine Prüfung der erstinstanzlichen Entscheidung eröffnet!

Jedenfalls stellt der Vorschlag einen nicht nachvollziehbaren Bruch sowie eine

offensichtliche Diskontinuität im Rechtsschutzsystem dar, da erst 2009 über § 70 FamFG

die Rechtsbeschwerde eröffnet wurde, welche zur Herstellung der Einheitlichkeit der

Rechtsprechung wegen erheblich differenzierender Rechtsprechung der Oberlandes-

gerichte (OLGs) auch dringend notwendig war.

Versteckter Zweck der vorgeschlagenen Änderung des Spruchverfahrens ist die

sukzessive Entwertung und letztlich die Abschaffung des für alle gesetzlichen

Abfindungsmaßnahmen sowie das nicht geregelte Delisting geltenden Spruchverfahrens.

Endziel der Verfasser des Gesetzesentwurfs ist eine reine Abfindungspflicht auf Basis des

Börsenkurses entsprechend dem WpÜG, welche jegliche Unternehmensbewertung

überflüssig machen würde. Anscheinend möchte man, obwohl das ARUG im Hinblick auf

die Eindämmung von Anfechtungsklagen offensichtlich unmittelbar Erfolg gezeigt hat,

jetzt noch den „Schwung” der alten Problemlage nutzen, um den Minderheitenschutz

ohne große Diskussion noch schnell in dieser Legislaturperiode vollends auszuhöhlen.

Dabei möchte man die derzeitige teilweise obergerichtliche Tendenz, insbesondere der

aus unserer Sicht minderheitsaktionärsfeindlichen Rechtsprechung des OLG Stuttgart, hin

zu einer reinen Vertretbarkeits- und Missbrauchskontrolle von Unternehmensbewertungen

in Spruchverfahren nutzen. Dem liegt mutmaßlich der Wunsch zu Grunde, dass sich bei

Verlagerung der erstinstanzlichen Zuständigkeit auf das OLG, die über 40 Jahre

gewachsene Rechtspraxis der Überprüfung von gesellschaftsrechtlichen Abfindungen

brechen lässt, indem die Oberlandesgerichte – auch wegen begrenzter Ressourcen - auf

die Rechtsprechung des OLG Stuttgart einschwenken.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

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In Zeiten, in welchen Korruption, Selbstbedienung und Inkompetenz eines Teils der

Organe der Aktiengesellschaften verstärkt zu Tage treten (siehe Siemens, ThyssenKrupp,

Ergo, Deutsche Bank etc.), wäre es ein fatales Signal an die Vorstände, den

verbleibenden Rest des Minderheitenschutzes weiter auszudünnen. Vor diesem

Hintergrund, ist die weiter fortschreitende Reduzierung von Aktionärsrechten und damit

Kontrollrechten wenig nachvollziehbar. Statt die Kontrollmöglichkeiten zu stärken, sollen

sie schrittweise abgeschafft werden. Dieser Weg ist falsch.

§ 246a AktG ist auch nach wesentlichen Literaturstimmen über das Ziel

hinausgeschossen. Die Minderheit kann naturgemäß nicht über das Stimmrecht, sondern

nur über Rechtsmittel Interessen durchsetzen. Dieser legitime „Lästigkeitswert“ ist kein,

etwa nur räuberischen Aktionären zuzuschreibender negativer Begriff, sondern –

bezogen auf gesellschaftsrechtliche Abfindungen – die einzige Möglichkeit der

Kompensation der fehlenden Verhandlungssituation unter Bestimmung des jeweiligen

wirtschaftlichen Grenznutzens. Insoweit wird auch das Spruchverfahren als lästig

betrachtet.

Wir geben zu bedenken, dass die öffentlichen Rentenversicherungsträger, Ver-

sorgungswerke u.a. ebenfalls Anleger oder Aktionäre sind. Auch diese sind von Squeeze

Outs, Unternehmensverträgen, Verschmelzungen und anderen Abfindungsmaßnahmen

und dort anzutreffenden Fehlbewertungen betroffen. Insoweit sind die meisten Bürger,

wenn auch zum Teil nur mittelbar, vom effektiven vermögensrechtlichen Rechtsschutz im

Gesellschaftsrecht betroffen. Dabei gilt heute mit Blick auf § 62 Abs. 5 UmwG bereits eine

Minderheit von 10% des Grundkapitals als unwesentlich, d.h. diese kann gegen ihre

Zustimmung nach Belieben der Mehrheit aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.

Die Mehrheit bestimmt Zeitpunkt und Höhe der Abfindung. Rege nutzen die

Hauptaktionäre bereits die Möglichkeit dieses Squeeze Outs.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Hoheit des IDW über Bewertungsfragen seit

langem das Einfallstor der Industrie ist, gesellschaftsrechtliche Abfindungen auf

Ertragswertbasis durch Änderung der Bewertungsstandards systematisch zu verringern.

Es stellt zudem einen Widerspruch dar, im Bereich der Anlageberatung den sekundären

Rechtsschutz stetig zu verbessern, den primären Rechtsschutz der Anleger als Aktionäre,

der angeblichen „Effizienz“ der Unternehmen zu opfern. Hier ist bereits eine Flucht aus

dem regulierten Markt in die qualifizierten Freiverkehrssegmente zu beobachten, mit

welcher immer mehr börsennotierte Unternehmen den Anlegerschutz über WpHG,

WpÜG und sonstige Vorschriften abfindungsfrei aushebeln. Hier bestünde

Handlungsbedarf!

I. Vorschlag zur Verkürzung des Instanzenzuges im Spruchverfahren, § 11 SpruchG-E

Der nicht bzw. falsch begründete Vorschlag zur Verkürzung des Instanzenzuges von

derzeit drei auf nur noch eine Instanz ist aus folgenden Gründen abzulehnen:

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 11

- Eine angemessene wirtschaftliche Kompensation ist Teil des Vermögensrechtes der

Aktie und von Art. 14 GG erfasst. Insoweit werden Grundrechte tangiert (so

grundlegende Entscheidungen des BVerfG in Sachen Dat/Altana, Moto-Meter und

Feldmühle). Bereits bei Bagatellfällen in anderen Situationen ist ein Instanzenzug

gewährt. Gerade hier, wo Eingriffe in grundrechtlich geschützte Positionen geprüft

werden, ist Prüfbarkeit der Entscheidung durch Instanzen erforderlich.

- In der Moto-Meter-Entscheidung des BVerfG wird explizit ausgeführt: "Es muss

Sicherungen dafür geben, dass ein zum Ausscheiden gezwungener Aktionär erhält,

was seine gesellschaftliche Beteiligung an dem arbeitendem Unternehmen Wert ist"

(BVerfG, DB 2000, 1905, 1906) und es führt aus: "Entscheidend ist, dass die

Rechtsordnung hinreichende Schutzvorkehrungen für die Minderheit bereithält. Die

gerichtliche Kontrolle kann auch im Rahmen einer Anfechtungsklage erfolgen"

(BVerfG, DB 2000, 1905, 1907). Dies unterstreicht zum einen den Verfassungsrang. Zum

anderen untermauert es die Wichtigkeit gerichtlicher Kontrollmöglichkeiten.

Hinreichende Schutzvorkehrungen bestehen nur dann, wenn bei diesem wichtigen

Gut von Verfassungsrang Prüfungsmöglichkeiten der gerichtlichen Entscheidungen

existieren. Eine Instanz ist hier sicherlich nicht hinreichend.

- Durch eine Verlagerung auf die OLGs tritt keine wesentliche Verkürzung der

Spruchverfahren ein, denn die zweite Instanz dauert nach eigener Beobachtung

mangels Einholung von Gutachten in der Regel kaum länger als 2 Jahre. Eine

Beschleunigung der erstinstanzlichen Verfahren mit den bereits zur Verfügung

stehenden rechtlichen Mitteln reicht daher aus.

- Überwiegend verzögern zudem Gutachter sowie die Hauptaktionäre bzw.

Antragsgegner selbst im Rahmen der erforderlichen Vorlage von Unterlagen die

Verfahren.

- Ein Verweis auf das aktienrechtliche Freigabeverfahren geht mangels

Vergleichbarkeit dieses beschleunigten Spezialverfahrens, welches ein weiteres

Hauptsacheverfahren voraussetzt, völlig fehl, insbesondere auch weil das

Spruchverfahren keine Maßnahme blockiert. Darüber hinaus besteht keine

Eilbedürftigkeit. Ebenfalls läuft im Eilverfahren das Hauptverfahren weiter parallel, so

dass Rechtsbeeinträchtigungen weiterhin im Instanzenzug verfolgt werden können.

- Die Umsetzung des Vorschlags würde zu einer offensichtlichen Diskontinuität der

Gesetzgebungstätigkeit führen, da erst 2009 über § 70 FamFG die Rechtsbeschwerde

zum BGH eingeführt wurde und diese wegen der uneinheitlichen OLG-

Rechtsprechung auch dringend notwendig ist! Nunmehr entgegen des

ausdrücklichen Willens des Gesetzgebers statt auf drei nur auf eine Instanz abzustellen

ist widersprüchlich, nicht begründbar und unterläuft den seinerzeit geäußerten

ausdrücklichen Willen.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 12

- Einschränkungen von Aktionärsrechten sind bereits durch dass ARUG massiv. Weitere

Beschneidung auch noch der vermögensrechtlichen Komponente würde über das

Ziel hinausschießen. Geboten wäre es umfangreichere Kontrollmöglichkeiten zu

etablieren, statt Rechte weiter zu kürzen.

- Eine Konzentration auf die OLGs ist wegen des Umfanges der Sachverhaltsaufklärung

unpraktikabel. Hier wird wichtige Vorarbeit durch die LGs geleistet

(Anhörung Angemessenheitsprüfer, Auseinandersetzung mit den komplizierten

Bewertungsrügen etc.). OLGs sind weder personell noch vor dem Hintergrund der

enormen zeitlichen und damit finanziellen Aufwendungen (Kosten Senate/ Besetzung

mit drei Richtern R3) in der Lage diese „Vorarbeit“ in einem angemessenen

Aufwand/Ertragsverhältnis zu leisten.

Die Vorschläge in Bezug auf das eininstanzliche Verfahren sind nicht neu und wurden

bereits in der Vergangenheit zu Recht abgelehnt. Mit der Fahne des Kampfes gegen

Berufsopponenten soll nach Beerdigung, jedenfalls wesentlicher Entwertung des

Anfechtungsrechts für Minderheitsaktionäre über § 246a AktG nunmehr auch das

„lästige“ Spruchverfahren eingedämmt werden. Wer jedoch stellt die Frage nach

„räuberischen“ Vorständen, welche die Gesellschaften und deren Anteilseigner

ausnehmen, in extremem Umfang externe Berater zur Erbringung der ihrerseits

geschuldeten Managementleistung und zur Vermeidung jeglicher Haftung für eigene

Entscheidungen anstellen und überwiegend am eigenen monetären Erfolg orientiert sind

statt am Unternehmens- und Aktionärsinteresse? Wer ergreift Partei für die Minderheiten

gegen „räuberische“ Hauptaktionäre, die sich billig der Aktien der Minderheit

bemächtigen wollen?

Um nicht falsch verstanden zu werden: An der grundsätzlichen Interessenlage eines

abfindungsverpflichteten Hauptaktionärs wenig an die Minderheit bezahlen zu müssen,

und dem Interesse letzterer, eine hohe Abfindung zu erzielen, ist moralisch nichts

Verwerfliches. Mangels Verhandlungssituation zwischen Mehrheit und Minderheit ist

jedoch der den einseitigen Entzug ihrer Rechtspositionen duldenden Minderheit in

erhöhtem Maße Schutz zu gewähren. Dies beinhaltet auch eine Überprüfbarkeit einer

erstinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung.

Die großen und mittleren Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind überwiegend die

Berater der Unternehmen und Vorstände. Insoweit ist auch das IDW traditionell nicht am

Ausgleich von Mehrheits- und Minderheitsinteressen orientiert, sondern von den

Interessen der Mehrheitseigner bzw. Unternehmensorgane dominiert, welche auch das

IDW bezahlen. In 2012 gab es quasi drei Empfehlungen des IDW zur für die Bewertung in

hohem Umfang relevanten allgemeinen Marktrisikoprämie: 4,5%, 5% und 5,5%. Alle

Empfehlungen erfolgten ohne besondere Sachaufklärung und statistische

wissenschaftliche Erhebungen oder sonst wissenschaftlich nachvollziehbare Analysen,

sondern in völlig intransparenter Weise auf Betreiben der beteiligten großen

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Ursächlich waren beispielsweise die Klagen der

abfindungspflichtigen Unternehmen, dass wegen des niedrigen Basiszinssatzes höhere

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 13

Unternehmenswerte errechnet werden müssten. Dabei hat seit dem Jahre 2000 die

sukzessive Veränderung der Bewertungsstandards des IDW bereits zu einer

systematischen Abfindungsreduktion von mindestens 30% geführt.

Die Angemessenheits- bzw. Vertrags- oder Verschmelzungsprüfung hat sich nicht

bewährt. Zugegeben sind die Prüferberichte zwischenzeitlich besser und transparenter

geworden. Kein Angemessenheitsprüfer hat nach Kenntnis des Unterzeichners aus über

100 Spruchverfahren im Rahmen von Anhörungen im Verfahren jemals seine eigenen

Einschätzungen zur vorher testierten Angemessenheit korrigiert.

Nach eigener Aussage der Prüfer fühlen diese sich vollumfänglich an die IDW

Empfehlungen gebunden, nicht jedoch, soweit sie als gerichtliche Sachverständige

bestellt wurden. In diesem Falle fühlen sie sich freier, auch im Bezug auf das Korsett des

IDW.

Durch die Änderungen im Rahmen des FamFG wurden auch für Spruchverfahren die

Rechtsbeschwerde zum BGH eingeführt, § 70 FamFG. Dies ist auch dringend notwendig

gewesen, um die Einheitlichkeit der Rechtsordnung zu gewähren. Der Bewertungsfragen

sind Rechtsfragen und diese werden mittlerweile durch die verschiedenen OLGs sehr

unterschiedlich beurteilt. Jedoch kann es kaum sein, dass ein und dasselbe Unternehmen

in Stuttgart weniger wert ist, als wenn es in München sitzen würde. Mittlerweile sind zum

Beispiel nach diesseitiger Erfahrung in 99,9% der Spruchverfahren in Stuttgart keine

Abfindungserhöhungen festzustellen. Dabei setzte die Verschärfung der Rechtsprechung

abrupt ein. Andere OLGs urteilen ausgewogen bzw. weiterhin am Interessenausgleich

orientiert, wenngleich Hamburg und Frankfurt nach entsprechenden Richterwechseln

entsprechend dem OLG Stuttgart ihre Rechtsprechung zu Lasten der Minderheit

erheblich verschärft haben. Ohne die Rechtsbeschwerde bestünde keine Aussicht, diese

unterschiedlichen Rechtspositionen höchstrichterlich prüfen zu lassen, obwohl es um

verfassungsrechtlich garantierte Rechtspositionen geht.

Bei den meisten Abfindungsmaßnahmen, insbesondere beim Squeeze Out, bestimmt der

Hauptaktionär die Abfindung, § 327 b Abs. 1 AktG. Auch bei in Konzernverhältnissen

üblichen Unternehmensverträgen gibt es keine echte Verhandlungssituation, ebenso

wenig bei Konzernverschmelzungen. Ohne gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit des

Zwecks des Ausschlusses der Minderheit, ja selbst im Falle der bewusst temporären

Herbeiführung der formellen Voraussetzungen (z.B. 95% Anteilsbesitz) über Zwischen-

lösungen wie Wertpapierdarlehen können die Minderheitsaktionäre ausgeschlossen

werden, nunmehr bereits mit 90% Hauptaktionärsanteil. Selbst wenn die

Angemessenheitsprüfung zur Unangemessenheit der angebotenen Abfindung führt oder

diese Prüfung gänzlich unterbleibt, ist dies gesellschaftsrechtlich mit der

Anfechtungsklage nicht angreifbar. Bewertungsfragen berechtigen nicht zur

Beschlussanfechtung, § 243 Abs. 4 Satz 2, § 327f Satz 1 AktG. Die Minderheit ist im Sinne

eines „dulde und liquidiere“ auf eine nachträgliche Durchsetzung ihrer

vermögensrechtlichen Positionen verwiesen. Die zivilrechtliche einseitige Leistungs-

bestimmung gemäß § 315 BGB wie auch sonst jeder zivilrechtliche vermögensrechtliche

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 14

Angelegenheit ist im Rahmen von mehreren Instanzen (bei einer Beschwer in Höhe von

600 Euro) voll überprüfbar. Bei der Entschädigung im Rahmen der Enteignung unter

Privaten soll dies nach Ansicht der Verfasser des Gesetzgebungsvorschlags nicht mehr

gelten. Gerade die tatsächliche Aufklärung der komplexen Unternehmensbewertung

und ihrer Prämissen, also der Unternehmensplanungen, welche für die Minderheit, etwa

auch aus oft vorgebrachten Gründen des Geheimnis- und Wettbewerbsschutzes nicht

detailliert offen gelegt werden, bedürfen einer vollen gerichtlichen Überprüfung

einschließlich einer Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidung der ersten

Tatsacheninstanz. Gerade weil auch trotz gesetzlich vorgeschriebenen Übertragungs-

oder Vertragsberichts die Bewertung für die Minderheit als „Blackbox“ stattfindet, indem

Gutachter, Vorstände, deren Rechtsberater mit den Prüfer zusammensitzen und

entsprechenden Einfluss ausüben, der Vorstand die Planungen im Wesentlichen vorgibt

oder der Gutachter die Planzahlen berechnet, die Minderheit jedoch am ganzen Prozess

nicht beteiligt ist, erfolgt erstmals im Spruchverfahren eine Überprüfung, insbesondere

auch der Bewertungstatsachen.

Der im Gesetzesvorschlag anklingende Vergleich, oder besser Verweis auf das

aktienrechtliche Freigabeverfahren mit seit dem ARUG nur noch einer OLG-Instanz ist in

mehrfacher Hinsicht völlig verfehlt. Voraussetzung des Freigabeverfahrens ist ein an-

hängiges Hauptsacheverfahren in Form einer Anfechtungs- und/oder Nichtigkeitsklage,

in welchem auch nach Freigabe eine Entscheidung ergeht und drei Instanzen eröffnet

sind. Das Freigabeverfahren stellt insoweit nur einen einstweiligen besonderen

Rechtschutz dar, wenn auch wegen der Bestandskraft der auf die Freigabe gestützten

Eintragung mit teilweise endgültiger Vorwegnahme der Hauptsache. Dabei sollen

überwiegende Interessen des Unternehmens den Ausschlag dafür geben, selbst bei

nichtigen Hauptversammlungsbeschlüssen Maßnahmen umzusetzen.

Im Spruchverfahren, welches weder das Unternehmen noch den Hauptaktionär

blockiert, sondern in welchem allein vermögensrechtliche Ansprüche auf Nach-

besserung gegenständlich sind, besteht eine gänzlich andere, nicht vergleichbare

Situation. Wenn Anfechtungsklage und Spruchverfahren im Zusammenspiel den

notwendigen Minderheitenschutz darstellen, so ist nach faktischem Ausschluss der

Anfechtungsklage für Aktionäre mit einer Beteiligung von 1.000 Euro nominal, was bei

einem Aktienkurs von 100 Euro und anteiligem Betrag von 1 Euro je Aktie einen Wert von

100.000 Euro ausmacht, allein das Spruchverfahren der noch relevante Rechtsbehelf.

Hinzu tritt, dass man bei Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit auch die vor dem

Spruchverfahren stattfindende Auswahl der gesetzlichen Angemessenheits-, Vertrags-

und Verschmelzungsprüfer beim OLG ansiedeln müsste, anderenfalls der land-

gerichtliche KfH-Vorsitzende den Prüfer auswählen und diesem Prüfungsvorgaben

erteilen würde, er dann jedoch nicht mehr mit dem eigentlichen Verfahren befasst wäre.

Zudem ist die fehlende Prüfungskontrolle einer richterlichen Entscheidung mit

rechtsstaatlichen Grundsätzen schlichtweg unvereinbar. Es muss Möglichkeiten geben,

richterliche Entscheidungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüfen zu lassen.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 15

Dies gilt insbesondere auch für die Spruchverfahren, die mit Blick auf die

vermögensrechtliche Kompensation in Abfindungsfällen die einzige Prüfungsmöglichkeit

bieten. Früher ebenfalls mögliche Anfechtungsrügen, die im Hauptverfahren auch im

Instanzenzug (s.o.) verfolgt werden können, greifen hier wegen der ausschließlichen

Anwendbarkeit des Spruchverfahrens nicht.

Ebenfalls ist die Konzentration auf die ohnehin überlasteten Oberlandesgerichte

unpraktikabel; in tatsächlicher Hinsicht wohl auch undurchführbar, da die zeitlichen

Ressourcen, die für die Bearbeitung derart umfangreicher Fälle erforderlich ist,

schlichtweg fehlen. Es steht dann zu befürchten, dass die mit der Angelegenheit

ausschließlich beschäftigten Oberlandesgerichte aus bloßen Vereinfachungsründen -

soweit irgendwie noch begründbar - allein auf den Börsenkurs abstellen, um

umfangreiche und oftmals zeitintensive Auseinandersetzungen mit den einschlägigen

Bewertungsverfahren zu vermeiden. Die wirtschaftlich volle Entschädigung der Aktionäre

dürfte dann oftmals auf der Strecke bleiben.

II. Vorschlag einseitige Ersetzungsbefugnis hinsichtlich Nachteilsausgleich, § 72a UmwG

Die vorgeschlagene Ersetzungsbefugnis der abfindungsverpflichteten Gesellschaft ist aus

zahlreichen Gründen abzulehnen:

- Die Notwendigkeit einer solchen Regelung ist weder ersichtlich noch begründet.

Der Barausgleich ist ein probates Mittel.

- Mit der angeblichen Existenzbedrohung wird eine falsche Fiktion ohne jegliche

Auswertung historischer Daten unterstellt. Die Ausgleiche sind, selbst im wohl

bekanntesten Fall, nämlich Verschmelzung der T-Online auf die Deutsche

Telekom, tatsächlich eher äußerst überschaubar, so dass nur minimale

Belastungen drohen.

- Das Eigenkapital wird auch nicht unnötig belastet. Auch bei der

Sachkapitalerhöhung entsteht eine gleichwertige Belastung des Eigenkapitals.

Wenn keine Liquidität vorhanden sein sollte kann gleichfalls auch von § 186 Abs. 3

Satz 4 AktG (vereinfachter Bezugsrechtsausschluss bei Barkapitalerhöhung)

Gebrauch gemacht werden.

- Auch die Zahlung mit Aktien mindert die Möglichkeit der Kapitalaufnahme, so

dass dies kein Argument sein kann.

- Die inter omnes Wirkung kann nicht als Argument für hohe Zahlungspflicht

herhalten, da jeder Aktionär wirtschaftlich voll zu entschädigen ist.

- Die Regelung ist nicht interessengerecht, da sie allein ausgleichberechtigte

Aktionäre benachteiligt.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

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- Eine wesentliche Verlängerung des Spruchverfahrens wäre die Folge, jedenfalls

der Erhalt der Nachbesserung würde erheblich verzögert, insbesondere bei noch

notwendiger Kapitalerhöhung.

- Wertmäßig ist der Vorschlag unangemessen, weil der Börsenkurs der zu

gewährenden Aktien nicht deren wahren, dem Barausgleich nominal

entsprechenden Wert repräsentiert und weder einen Bezug zum

Bewertungsstichtag noch zum Tag der Fälligkeit der Nachbesserung aufweist.

Zudem ändert sich der Börsenkurs ständig, was bei sinkendem Kurs zu erheblichen

Nachteilen allein der Abfindungsberechtigten führt.

- Bei nichtbörsennotierten Aktien ist gänzlich offen, wie die Jahre nach dem

Bewertungsstichtag zu gewährenden Aktien bewertet werden. Eine Abgeltung

der Dividenden und Bezugsrechte allein durch Zinsen ist nicht sachgerecht.

- Bei nichtbörsennotierten Gesellschaften: Ausgleich in Aktien auf Basis des

Bewertungsstichtages führt zur Gefahr, dass massiv in Rechte der Aktionäre

eingegriffen wird, da sich durch Zeitablauf der Wert der zu zahlenden

Gegenleistung (Aktien der Mutter) anders als bei derzeitigem Barbetrag massiv

zum Nachteil der Minderheitsaktionäre verschlechtern kann. Für diesen Wertverlust

würde keine Kompensation gezahlt. Insoweit ist Lösung schlichtweg

undurchführbar. Minderheitsaktionäre können „Glück oder Pech“ haben. Wie sich

neue Gesellschaft aber entwickelt hängt maßgeblich von anderen Umständen

ab, als diejenigen, welche die Geschicke der alten Gesellschaft bestimmten.

- Bei börsennotierten Gesellschaften: Abstellen auf Börsenkurs scheidet bereits

wegen Verstoßes gegen das Stichtagsprinzip aus. Ebenfalls stellt sich hier Frage

nach der korrekten Wertermittlung: Dieses Ergebnis müsste dann selbst wieder in

einem Spruchverfahren prüfbar sein, da andernfalls die inzident neu

durchgeführte Bewertung zwecks Bestimmung des Ausgleichs in Aktien nicht

prüfbar wäre. Ebenfalls fehlen hier Grundlagen, was als notwendige Daten zwecks

Ermittlung einzureichen ist. Tatsächlich müsste neues Gutachten erstellt werden,

neue Planungen müssten vorgelegt werden und diese müssten von einem

unabhängigen Prüfer kontrolliert werden. Der Ablauf und die Anforderungen sind

unklar.

- Bei börsennotierten Gesellschaften: Das ausschließliche Abstellen auf den

Börsenkurs ist untauglich, da keine vollwertige wirtschaftliche Entschädigung

gewährt wird. Bei voller wirtschaftlicher Entschädigung ergeben sich die Probleme

siehe vorangegangener Absatz. Der Verweis auf die Leistungsklage ist ebenfalls

völlig untunlich, da dann die Probleme der Feststellung der Entschädigung aus

dem Spruchverfahren (originäre Ort) herausgelagert werden und individuell auf

die Leistungsklage abgewälzt werden. Dies ist gerade nicht Sinn und Zweck der

Spruchverfahren.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

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- Als einseitiges Recht ausgestaltet ist die Ersetzungsbefugnis unangemessen, weil

diese im Zweifel nur zu Lasten der abfindungsberechtigten Aktionäre ausgeübt

wird, welche allein das Risiko einer nachteiligen Wertentwicklung der zu

gewährenden Aktien tragen.

- Im Zweifel nützt die Ersetzungsbefugnis nur den Organen und deren Interesse an

einem höheren Unternehmensgewinn, an welchen in der Regel deren Boni

gekoppelt sind.

- Im Falle der Insolvenz würde den abfindungsberechtigten, welche keinerlei

Garantie für die Nachbesserung gewährt erhalten, auch noch die

Insolvenzforderung genommen, wenn der Barausgleich in Aktien umgewandelt

werden könnte.

- Die Wertermittlung ist völlig inkonsistent. Bei Börsennotiz soll (unabhängig vom

tatsächlichen Wert) Börsenkurs gelten und es wird mit Blick auf die Wertermittlung

auf den Stichtag der Entscheidung des Gerichts abgestellt, der

Bewertungsstichtag also in die Zukunft verlagert. Bei nichtbörsennotierter

Gesellschaft ist der Bewertungsstichtag nach wie vor der Tag der HV. Der konkrete

Bewertungsstichtag soll demzufolge von Börsennotiz abhängig sein. Dies kein

tauglicher Differenzierungsgrund mit Blick auf die Anforderung „volle

wirtschaftliche Entschädigung“.

- Tendenziös: Das Abstellen auf den Börsenkurs soll im Gesetz normiert werden. Es

existiert kein ausreichender Vermögensschutz, wenn Unternehmen fundamental

wesentlich mehr Wert ist. Dieser gesetzgeberische Fingerzeig ist auf jedem Fall zu

vermeiden, da die tatsächlichen Werte bei Abstellen auf Börsenkurs nicht

gehoben werden können. Es wird der Versuch unternommen, dass sich der

Gesetzgeber für eine Bewertungsmethodik (Börsenkurs) ausspricht. Das

Unternehmen kann dann entscheiden, ob dann der Börsenkurs im Zeitpunkt

günstiger ist oder nicht. Übervorteilung der Gesellschaften. Abkehr vom

Minderheitenschutz.

- Der Vorschlag führt zu weiteren massiven Überlastungen der Gerichte.

Die einseitig im Interesse der Vorstände der Gesellschaft an einem für ihre Vergütung

relevanten hohen Bilanzgewinn liegenden Vorschläge, schaffen den völlig falschen

Anreiz, nämlich dass bei Verschmelzungen, etwa im Konzern bei einer faktisch

beherrschten Gesellschaft, die angebotene Abfindung bzw. die entsprechende

Verschmelzungsrelation gar kein Risiko mehr darstellt. Anstatt hohe Barausgleichs-

forderungen von Anfang durch ausgewogene angemessene Bewertung zu vermeiden,

werden die Unternehmensorgane wieder geneigt sein, eine möglichst niedrige

Bewertung durchzusetzen. Denn das Risiko einer späteren für die Ersetzung notwendigen

Kapitalerhöhung tragen im Zweifel allein die Anteilseigner. Dies wäre ein Rückschritt!

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SpruchZ 2013 Seite 18

Gerade bei der geringfügigen Anhebung der gesetzlichen Zinsen auf Verzugsniveau

wurde diskutiert, dass dies doch Anreiz für eine sorgfältigere Bewertung sowie eine

Beschleunigung des Spruchverfahrens sein sollte.

Aus der Praxis kann man berichten, dass in den neueren Spruchverfahren die

Verzögerungen im Verfahren zu einem großen Teil durch die Antragsgegnerinnen selbst

verursacht werden, indem vom gerichtlichen Gutachter angeforderte Unterlagen nicht

vorgelegt werden, man gegen den Gutachter und dessen Gebühren vorgeht, man

Schriftsätze im Umfang von mehr als 600 Seiten einreicht, man im Falle ausländischer

Antragsgegner die Zuständigkeit rügt und entsprechende Rechtsmittel ausnutzt etc.

Erstaunlicherweise erbringen die im Zusammenhang mit den Strukturmaßnahmen

beauftragten Gutachter und Verschmelzungsprüfer ihre Leistungen in der Regel

innerhalb von 3 Monaten, als gerichtlich bestellte Sachverständige benötigen sie jedoch

teilweise Jahre. Hier bietet das Gesetz wie auch die Möglichkeit der Auswahl der

Gerichtsgutachter durch den zuständigen Richter bereits genügend Handhabe der

Beschleunigung, welche derzeit in noch zu geringem Maße genutzt wird. So kann das

Gericht Fristen vorgeben bzw. den Gutachter nach einer entsprechenden vorherigen

Fristenzusage auswählen. Allerdings beseitigt dies nicht die fehlende Mitarbeit der auf

der Antragsgegnerseite beteiligten Unternehmen und deren Gutachter im Hinblick auf

die rechtzeitige Vorlage von Bewertungsunterlagen.

Zudem werden in einer Vielzahl der Verfahren überhaupt keine gerichtlichen Gutachter

mehr bestellt, sondern nur noch die sich selbst bestätigenden Vertrags- und

Angemessenheitsprüfer zu den Bewertungsrügen der Antragsteller angehört. Insoweit ist

jedenfalls die angeblich unzumutbare Dauer der Spruchverfahren in der vorgetragenen

Pauschalität falsch und kein Grund für eine weitere Beschneidung von Minder-

heitsrechten.

Die weitere Begründung des Vorschlages wird ebenfalls behauptet, nicht aber

nachgewiesen. Es ist hier kein Fall der Existenzgefährdung durch eine Entscheidung zum

Barausgleich bekannt. Da Entscheidungen in Spruchverfahren nicht vom Himmel fallen,

sondern Gerichte typischerweise auch in mündlichen Verhandlungen Hinweise geben

und oft auch Bewertungsgutachten im Verfahren eingeholt werden, haben alle Parteien

in der Regel noch während des Verfahrens die Möglichkeit, sich auf die Größenordnung

des zu erwartenden Barausgleichs einzustellen; die gutachterlich beratenen Ge-

sellschaften noch mehr als die antragstellenden privaten Aktionäre. Bei einem Vergleich

versteht sich dies von selbst. Wenn die Nachteilsausgleichsberechtigten nach

gewonnenem Spruchverfahren erst noch eine Kapitalerhöhung abwarten sollen, dann

fragt sich doch, warum zwecks Zahlung des Barausgleichs nicht eine entsprechende

Kapitalerhöhung bei der Gesellschaft durchgeführt werden kann. Die Vermeidung von

berechtigten Steuerzahlungen ist ebenfalls nicht als Grund für die Notwendigkeit einer

Änderung einleuchtend.

Die Einseitigkeit der Ersetzungsbefugnis ist abzulehnen. Entweder beide Parteien erhalten

ein solches Wahlrecht oder keine. Eher müsste man die Ersetzungsbefugnis (aber nicht

auf Basis eines Börsendurchschnittskurses!) auf Seiten der Abfindungsberechtigten sehen,

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 19

welche doch so zu stellen sind, als hätten sie von Anfang an mehr Aktien erhalten. Auch

der vorgeschlagene Zeitpunkt nach Abschluss des Verfahrens und damit nach der

Entscheidung bedeutet, dass die Gesellschaft zum Schaden der Berechtigten dann

„ersetzen“ kann, wenn ihr dies rechnerisch einen Vorteil bietet. Hält der Vorstand der

Aktienkurs für zu hoch oder teilweise überbewertet, wird er eher die Ersetzungsbefugnis

ausüben, als wenn der Aktienkurs besonders niedrig ist. Deshalb erscheint der

Durchschnittskurs auch insgesamt ungeeignet. Nicht ersichtlich ist, weshalb – bis auf

Spitzen – auch noch eine teilweise Ersetzungsbefugnis sachgerecht sein soll.

Auch der Zeitpunkt der Ausübung binnen eines Monats ab Rechtskraft der Entscheidung

gemäß § 72a Abs.10 ist viel zu spät und das Verfahren verzögernd. Bei einer

erstinstanzlichen Entscheidung hängt dies von der letzten Zustellung der Entscheidung

und damit vom Ablauf der letzten Rechtsmittelfrist ab. Insoweit können gut 2 Monate

vergehen. Wenn man dann noch gemäß Abs.11 mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss bis

zur nächsten ordentlichen HV warten kann (z.B. Entscheidung im April, ordentliche HV

Mai, also warten bis zur nächsten ordentlichen HV, welche im nächsten Jahr bis 31.08.

stattfinden dürfte, im Ergebnis 16 Monate!) und die Bestandskraft des

Kapitalerhöhungsbeschlusses wegen dagegen gerichteter Klagen nochmals 6 Monate

auf sich warten lässt, lägen zwischen Spruchverfahrensentscheidung und der spätestens

3 Monate nach Bestandskraft zu gewährenden Aktien 27 Monate.

Selbst wenn man nur mit 4 Monaten zwischen Rechtskraft und Gewährung der Aktien

rechnen würde, so kann der Aktienkurs in diesem Zeitraum – auch aufgrund externen

Faktoren - bereits 90% gefallen sein. Insgesamt verlängert der Gesetzesvorschlag also

unnötig der Spruchverfahren bzw. den Zeitraum bis zum tatsächlichen Erhalt der

Nachbesserung, und alles ohne jeglichen Schutz der Abfindungsberechtigten.

Was wäre, wenn die Gesellschaft in der Zwischenzeit nach Ausübung der

Ersetzungsbefugnis ein Delisting oder eine Strukturmaßnahme durchgeführt hat oder von

einem Dritten übernommen wurde? Was wäre im Falle der Insolvenz? Können die Aktien

im Rahmen der Insolvenz gewährt und dann mittels eines nach ESUG möglichen, im

Insolvenzplanverfahren durch die Gläubigermehrheit beschlossenen Herab-

setzungsbeschlusses auf Null mit anschließender bezugsrechtsfreier Kapitalerhöhung

genommen werden? Darf ein Insolvenzverwalter einer bereits im Spruchverfahren

insolventen Gesellschaft die Ersetzungsbefugnis ausüben und wertlose Aktien liefern?

Bei Namensaktien entstehen durch das unmittelbare Entstehen der neuen Aktien in der

Person der Anspruchsberechtigten Schwierigkeiten. Gemäß § 67 AktG gilt gegenüber

der AG nur als Aktionär, wer im Aktienregister eingetragen ist. Obwohl die Aktien in der

Person des Anspruchsberechtigten entstehen sollen, hat dieser mangels Eintragung im

Aktienregister keine Aktionärsrechte.

Der Vorschlag sieht auch keine Rechtsschutzmöglichkeit gegen die Bestimmung bzw.

Berechnung der ersatzweise zu gewährenden Aktien vor! Auch die Entscheidung über

die Grundlagen der Berechnung der Ersetzungsbefugnis soll unanfechtbar sein.

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Berücksichtigt man, dass eine Entscheidung im Spruchverfahren keinen vollstreckbaren

Titel darstellt und gegebenenfalls noch Leistungsklage erhoben werden muss, falls die

Aktien nicht fristgerecht gewährt werden und der Barausgleich wieder auflebt, führen

die Vorschläge zu einer wesentlichen Verzögerung und Erschwerung der Durchsetzung

der Ansprüche der Barausgleichsberechtigten, ohne jegliche Einwirkungsmöglichkeit. Für

den Fall des Wiederauflebens des Barausgleichs müsste zudem eine

Schadenersatzpflicht geregelt werden, damit die Unternehmen nicht im Falle eines

Kursanstiegs nach Ersetzungsbefugnis den Barausgleich durch Fristversäumung wieder

aufleben lassen.

Wer ermittelt eigentlich den Börsendurchschnittskurs? Errechnet das Gericht diesen Wert

oder holt es eine Stellungnahme des BaFin ein? Ist es sachgerecht, den Handel der

börsennotierten Aktien im Freiverkehr unberücksichtigt zu lassen, auch wenn dort

erhebliche Umsätze getätigt werden und bei Einbeziehung ein entsprechend höherer

Durchschnittskurs ermittelt werden würde? In welcher Zeit soll das zuständige Gericht

nach Ausübung und Bekanntmachung der Ersetzungsbefugnis und Antrag gemäß § 10a

Abs.1 SpruchG-E über den Antrag entscheiden? Werden die Ausgleichsberechtigten im

Verfahren der Ersetzung nochmals angehört? Was ist, wenn sich das Gericht beim

Börsendurchschnittskurs verrechnet? Die Vorschläge werfen mehr Fragen auf, als sie

beantworten.

Der Vorschlag unterscheidet zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten

Gesellschaften. Das Umwandlungsgesetz enthält hierzu jedoch keine ausdrückliche

Definition. Lediglich in der vorgeschlagenen Änderung zum SpruchG wird auf § 3 Abs.2

verwiesen. Logisch wäre eine Vernormung des Verweises auf § 3 Abs.2 AktG im UmwG.

Die Verwendung des Börsendurchschnittskurses zur Ermittlung der im Rahmen der

Ersetzungsbefugnis bei börsennotierten Gesellschaften zu gewährenden Aktien gemäß §

72 a Abs. 7 UmwG ist unter keinen Umständen sachgerecht und benachteiligt die

Abfindungsberechtigten offensichtlich. Der Zeitraum 3 Monate vor der Ersetzungs-

entscheidung der übernehmenden Gesellschaft bedeutet, dass diese somit den Wert

durch Auswahl des Zeitpunkts zum Nachteil der Abfindungsberechtigten beeinflussen

kann, weil der Barausgleich bereits feststeht. Würde der Kurs der zu gewährenden Aktien

zwischenzeitlich erheblich steigen, könnte sich die Gesellschaft durch Nichteinhaltung

der Fristen wieder in den Barausgleich flüchten.

Man lässt die Aktionäre ein Spruchverfahren führen und ermittelt bzw. überprüft dabei

die Ertragswerte der beteiligten Unternehmen zum (zurückliegenden) Bewertungsstichtag

und anschließend soll die Zuzahlung ohne neuerliche Bewertung der Gesellschaft bzw.

Antragsgegnerin einfach in Aktien umgerechnet werden, ohne dass gewährleistet ist,

dass der Barausgleichberechtigte den berechneten Wert der Aktien auch tatsächlich,

etwa an der Börse, durch Verkauf realisieren kann. Dies kann nicht sachgerecht sein. Dies

ist verfassungswidrig, denn dem Barausgleichsberechtigten wird so ohne jede

Kompensation des vollen Wertes der gerichtlich festgestellte Barausgleichsanspruch

(teilweise) wieder genommen. Damit wird das ganze Spruchverfahren entwertet.

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SpruchZ 2013 Seite 21

Aktienkurse und damit Börsenwerte ändern sich ständig. Man denke an die

Kursturbulenzen im Rahmen der Finanzkrise und die seitdem erhöhte Volatilität. Dabei hat

der Kapitalmarkt gerade nicht die vollständige Information der Insider, insbesondere alle

Details der jeweils aktuellen Unternehmensplanung. Wenn man bedenkt, dass nach den

Vorschlägen bei einer durch Kapitalerhöhung noch zu beschaffenden Aktie zwischen

Ersetzungsbefugnis und tatsächlicher Lieferung der Aktien noch zahlreiche Monate

vergehen können, stellt sich die Frage, wie im Falle eines Kursverfalls verfahren werden

soll. Es ist nicht darstellbar, dass dieses Wertänderungsrisiko dem Ausgleichsberechtigten

vollständig überwälzt werden kann. Mit welcher Rechtfertigung? Weil die Vorstände die

Liquidität des Unternehmens schonen wollen?

Mit der Brechstange will man seitens der die Unternehmen beratenden Juristen den

Börsenkurs als alleinige Abfindung etablieren und versucht dies auch hier. Als nächster

Schritt kommt dann die analoge Anwendung des streitgegenständlichen Gesetz-

gebungsvorschlags, indem man den Gesetzgeberwillen dergestalt deutet, dass der

Börsendurchschnittskurs einer Aktie ein Wertäquivalent zu einem entsprechenden

Geldanspruch darstellt.

Der BGH hat im Hinblick auf den Referenzzeitraum zur Ermittlung des Börsenkurses als

Wertuntergrenze gesellschaftsrechtlicher Abfindungen festgestellt, dass bei über 7

Monaten zwischen Kursermittlung vor dem Stichtag der Bekanntgabe der Maßnahme

und dem Bewertungsstichtag jedenfalls eine Hochrechnung des Börsenkurses erfolgen

müsse, weil eine zeitliche Nähe zum Bewertungsstichtag zu verneinen ist. Diese Wertung

gilt hier erst Recht, denn es geht nicht um einen Mindestwert aufgrund hypothetischer

Veräußerungsmöglichkeit, sondern um einen gerichtlich festgestellten Euro-Betrag als

baren Nachteilsausgleich.

Der Ausgleich von entgangenen Dividenden, Bezugsrechten etc. kann nicht – wie

vorgeschlagen durch die gesetzlichen Zinsen als abgegolten angesehen werden.

Anderenfalls müssten diese wesentlich erhöht werden. Da zum Zeitpunkt der Ausübung

der Ersetzungsbefugnis feststeht, welche Dividenden seit dem Bewertungsstichtag

ausgeschüttet und welche Bezugsrechte entstanden wären, wäre es eigentlich

sachgerecht, zur Kompensation die genaue Berechnung vorzunehmen, soweit diese zu

einem höheren Wert als auf Basis der gesetzlichen Zinsen führt. Jedenfalls würde nur dies

die Abfindungsberechtigten so stellen, als hätten sie die ihnen zustehenden Aktien von

Anfang an erhalten. Zudem ist es der Gesellschaft quasi möglich zwischen Ausübung der

Ersetzungsbefugnis und Gewährung der Aktien, welche wie dargestellt Monate dauern

kann, noch Dividenden auszuschütten, in Kenntnis der Ersetzung eventuell sogar erhöhte

Sonderdividenden. Außerdem wird durch die zwischenzeitliche Ausschüttung von

regulären Dividenden der Wert der zu gewährenden Aktien zusätzlich gemindert.

Insgesamt ist daher vom Vorschlag abzuraten.

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III. Vorschlag einer beschlussfreien „Mini“-Ausgliederung § 144a UmwG

Zur Begründung der Notwendigkeit einer „Mini-Ausgliederung“ ohne

Ausgliederungsbeschluss wird auf den Aufsatz in der AG 2012, 324 verwiesen. Dieser

Aufsatz weist jedoch nicht die behaupteten Rechtstatsachen nach. Lediglich pauschal

wird angeführt, dass angeblich Gesellschaften mit größerem Aktionärskreis wegen des

Vorbereitungsaufwandes und der Anfechtungsmöglichkeiten Ausgliederungsbeschlüsse

scheuen würden. Im Kern soll es also darum gehen, dass die Unternehmensorgane ihren

Gesellschaftern nicht mehr Rechenschaft geben wollen, über die Verschiebung von

Vermögen aus der Gesellschaft heraus, für welche eine Übertragung im Wege der

Einzelrechtsnachfolge nicht möglich ist.

Dem kann nicht gefolgt werden. Mit gutem Grund sieht das Gesetz einen

entsprechenden Ausgliederungsbeschluss vor, ohne nach der Wesentlichkeit des

auszugliedernden Vermögens zu fragen, weil eine solche nur sehr schwer bestimmbar

wäre.

Dass die Veräußerung von Unternehmensvermögen bis zur Grenze der

Holzmüller/Gelantine-Rechtsprechung bzw. § 179a AktG als Geschäftsführungs-

maßnahme im Wege der Einzelrechtsnachfolge zustimmungsfrei ist, stellt keinen Grund

dar, die Regelungen des Umwandlungsrechts durch den Abbau von Aktionärsrechten

anzupassen. Vielmehr umgekehrt ist dies Beleg dafür, dass im Falle einer aus welchen

Gründen auch immer – wenn auch nur faktisch - ausgeschlossenen

Einzelrechtsübertragung ein Grund dafür vorliegen wird, welcher zugleich den Eingriff in

Aktionärsrechte bzw. deren Mediatisierung belegt. Meist ist nicht nur die Vertragslage

komplex (z.B. bei einer Vielzahl von Verträgen mit Dritten), sondern deshalb auch die

Bewertung der Vermögensgegenstände auf Basis des Buchwertes oder ähnlicher

Vereinfachungen nicht angemessen.

Der im Aufsatz behauptete angeblich besondere Aufwand einer a.o. Haupt-

versammlung kann vermieden werden, indem die Ausgliederung im Rahmen der

jährlichen ordentlichen Hauptversammlung beschlossen wird. Gerade wenn, wie im

Beispiel im Aufsatz auf eine 100%ige Tochter ausgegliedert wird, ist nicht erkennbar,

weshalb es einen Zeitdruck gibt, eine a.o. HV zu bemühen. Soweit dies aus finanziellen

Gründen notwendig oder vorteilhaft erscheint, ist wiederum nicht nachvollziehbar,

weshalb dann der Aufwand einer Gesellschafterversammlung unverhältnismäßig

erscheinen soll.

Falsch ist zudem, dass die vorgeschlagene Buchwertgrenze eine nennenswerte

Mediatisierung von Aktionärsrechten ausschließen könnte. Der bilanzielle Buchwert,

insbesondere nach HGB, ist nach diesseitiger Ansicht ungeeignet, eine Aussage über

den Wert des Vermögens für das gesamte Unternehmen zu gewährleisten. Zum einen ist

bei im Entstehen befindlichen bzw. selbst erstellten Wirtschaftsgütern, der Wert sozusagen

im Fluss, je nach Stand des Fertigstellungsprozesses bzw. der konkreten

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SpruchZ 2013 Seite 23

Unternehmensplanung. Meist sind die Ertragswertplanungen des Vorstands auf Basis der

Vermögensgegenstände mit deren Buchtwert nicht in Einklang zu bringen.

Zum Beispiel können die aktivierten Herstellungskosten einer selbst erstellten Software

bilanziell gering sein, diese kann jedoch für das Unternehmen als neues Produkt

überlebenswichtig werden. Ähnlich kann es sich bei Patenten verhalten. Im

Pharmabereich, wo regelmäßig darauf abgezielt wird so genannte Blockbuster, also

Medikamente mit mehr als 1 Mrd. Euro Umsatz zu entwickeln, können die bilanziellen

Entwicklungskosten eines Medikaments unterhalb der 5%Grenze der Bilanzsumme liegen,

der daraus später möglicherweise resultierende Umsatz aber für die Gesellschaft mehr als

wesentlich sein. Selbst bei einer Ertragsbewertung eines noch nicht genehmigten

Medikaments werden üblicherweise nur geringe Umsatzwahrscheinlichkeiten angesetzt.

Wird die Genehmigung erteilt, werden jedoch 100% Umsatz erzielt. Vor Genehmigung

werden – je nach Stand der Klinischen Studien 10 – 60% im Planumsatz berücksichtigt. Im

Bereich der Online-Spiele-Publisher, insbesondere bei Multiplayer-Online-Rollenspielen,

kann das Beispiel genannt werden, dass im Rahmen eines erfolgreich laufenden Spiels

sogenannten „ingame items“, also den Spielstand oder die Wettbewerbsfähigkeit der

Spieler verbessernde virtuelle Utensilien wie fliegende Pferde, Waffen, welche als kleine

Softwareprogramme regelmäßig geringste Herstellungskosten und damit bilanzielle

Buchwerte aufweisen, verkauft und dadurch erhebliche Einnahmen erzielt werden.

Genannt sei ein öffentlich bekanntes Beispiel: Mit dem am 23.11.2004 gestarteten Abo-

Spiel World of Warcraft, mit welchem Vivendi mit 11,1 Mio. Abonnenten (Stand 08/2011)

mehr als 1 Mrd. Euro Umsatz jährlich erzielte (ca. 13 Euro Abopreis pro Monat), hat dieser

Publisher mit einem einzigen Item-Verkauf in kurzer Zeit 500 Millionen Euro erlöst.

IV. Gegenvorschläge zu wichtigeren Regelungen und dringlicheren Reformbestrebungen

1. Delistung/Downlisting

Verwiesen wird auf die umfangreiche Literatur in der Folge der Entscheidung des BVerfG

vom 11.07.2012 zum Delisting. Insoweit wäre es vordringlicher, dass der Gesetzgeber

entsprechend § 29 Abs. 1 UmwG, mit welchem er seine Übereinstimmung mit der

Macrotron-Rechtsprechung des BGH hat erkennen lassen, eine eindeutige Regelung zur

Abfindungspflicht beim Delisting, ebenso wie beim sogenannten Downlisting, dem

Wechsel in ein qualifiziertes Freiverkehrssegment regelt, denn die Schutzbedürftigkeit ist

die gleiche. Es ist eine Flucht der Unternehmen aus dem regulierten Markt zu

beobachten, um die damit verbundenen gesetzlichen, dem Anlegerschutz dienenden

Pflichten zu umgehen. Der Anlegerschutz läuft dadurch leer, insbesondere §§ 37 a, b

WpHG, welche nur für im regulierten Markt gelisteten Unternehmen gelten.

2. Einführung Anwaltszwang

Durch einen Anwaltszwang im Spruchverfahren könnte eine wesentliche „Filterung“ der

Anträge und damit Entlastung der Gerichte erreicht werden.

Page 24: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 24

3. Abschaffung der Streitwertgrenze

Eine Abschaffung der Streitwertgrenze im Spruchverfahren mit 7,5 Mio. Euro würde auch

die für die notwendige Ausstattung der Gerichte notwendigen Gerichtsgebühren

einbringen. Diese Grenze geht allein zu Lasten der Staatskasse und der Antrag-

stellerrechtsanwälte. Die Antragsgegnervertreter sind nicht betroffen, weil dort

ausschließlich Stundenvereinbarungen üblich sind. Es ist aber nicht ersichtlich, weshalb

die betroffenen Unternehmen in Fällen von über 7,5 Mio. Euro hinausgehenden

Nachbesserungen nicht aus diesem höheren Wert auch die Gerichtskosten zahlen sollen.

4. Erleichterung von Vergleichsmöglichkeiten

Vergleiche sollten bei einer Quote von 90% des im Spruchverfahren vertretenen Kapitals

und der Zustimmung des gemeinsamen Vertreters rechtsverbindlich geschlossen werden

können.

5. Stärkung der Rechtsposition des gemeinsamen Vertreters

Dem Gericht und dem gemeinsamen Vertreter sind obligatorisch die internen Planungen

und andere bewertungsrelevanten Dokumente vorzulegen, die auch dem Angemessen-

heitsprüfer vorlagen. Ebenfalls sind die Arbeitspapiere der Wirtschaftsprüfer dem Gericht

und dem gemeinsamen Vertreter vorzulegen. Dies kann auch im Rahmen der

Prüferbestellung vom LG angeordnet werden.

6. Auswahl des Angemessenheitsprüfers

Die LGs haben eigenständig ohne „Wunschliste“ des Hauptaktionärs bzw. der beteiligten

Gesellschaften und Anwälte einen Angemessenheitsprüfer zu bestellen. Der Prüfer hat

eine vollständige, eigenständige Bewertung durchzuführen und nicht nur die Ergebnisse

des Erstgutachters auf Plausibilität zu prüfen. Paralleprüfungen sind verboten.

Prüfungsgesellschaften, die vorab mit der Gesellschaft bzw. den beratenden Anwälten

Gespräche geführt haben sind per se auszuschließen. Ebenfalls wenn Sie in der

Vergangenheit für die Gesellschaft oder mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen

als Prüfer oder Berater tätig waren. Während der Prüfung herrscht ein strenges

strafbewährtes Kommunikationsverbot mit dem Erstgutachter. Angemessenheitsprüfer

dürfen innerhalb der nächsten 5 Jahre nach Prüferbestellung keine Prüfmandate und

Beratungstätigkeit für beteiligte Unternehmen durchführen.

Page 25: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 25

Standpunkt

SdK kritisiert den zunehmenden Trend,

Nachbesserungsansprüche von Aktionären nicht

auszuzahlen

Pressemitteilung der SdK vom 7. Januar 2013

Die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. weist auf einen verhängnis-

vollen Trend zum Nachteil von Anlegern bei Abfindungsvorgängen hin, die im

Rahmen von Spruchverfahren überprüft und zu Nachbesserungsansprüchen der

betroffenen Aktionäre führen.

Nicht nur, dass Großaktionäre bei Abfindungs- und Umtauschvorgängen die zu

leistende Abfindungszahlung bzw. das Umtauschverhältnis zum Nachteil des

Streubesitzes zu niedrig ansetzen - nun versuchen sie offenbar, die von den Gerichten

im Rahmen eines Spruchverfahrens festgelegte Nachbesserungszahlung an die

betroffenen Streubesitzaktionäre zu umgehen.

Abfindungsvorgänge (z.B. im Rahmen eines Squeeze outs) werden auf Antrag

betroffener Anleger, u.a. der SdK, regelmäßig vor Gericht im Rahmen eines

Spruchverfahrens überprüft. Kommt das zuständige Gericht zu dem Ergebnis, dass

die Abfindungszahlung zu gering ausgefallen ist, erlässt es einen Beschluss, wonach

der Hauptaktionär den betroffenen Aktionären eine zu verzinsende Nachzahlung auf

den ursprünglichen Abfindungspreis zu bezahlen hat. Üblicherweise ist zum Erhalt

dieser Nachzahlung kein Zutun der Aktionäre erforderlich. Der Beschluss wird samt

Abwicklungshinweisen zum Erhalt der Nachbesserung im Bundesanzeiger

(www.bundesanzeiger.de) veröffentlicht und der Hauptaktionär weist die Depot-

banken über die Clearingstelle an, die Nachbesserung direkt an die Aktionäre

auszubezahlen.

Offenbar setzen sich diesbezüglich zwei Vorgehensweisen der Großaktionäre als

Trend durch, die in ihrer Kombination für den Anleger verheerende Folgen haben.

Zum einen bringen die Großaktionäre den oben beschriebenen Automatismus über

die Clearingstelle nicht mehr in Gang und veröffentlichen zum anderen trotz

gesetzlicher Verpflichtung den Gerichtsbeschluss nicht mehr im Bundesanzeiger.

Anleger erhalten somit die Nachbesserungsansprüche nicht mehr automatisch

gutgeschrieben und erfahren mangels Veröffentlichung nicht von dem gerichtlich

festgesetzten Nachzahlungsanspruch, dem dann die Verjährung droht.

Page 26: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 26

Die SdK verurteilt diese Praxis, in der sich Großaktionäre auf Kosten der Anleger in

Form der nicht ausbezahlten Nachbesserungsansprüche bereichern. Gleichzeitig ruft

sie den Gesetzgeber auf, die Veröffentlichungspflicht auf die beschließenden

Spruchgerichte zu verlagern und eine gesetzliche Verpflichtung der Depotbanken

einzurichten, entsprechende Nachzahlungsansprüche ihrer Depotkunden (gegen

Kostenerstattung durch den Nachzahlungspflichtigen) bei den Nach-

zahlungspflichtigen automatisch einzufordern.

Aktuell ruft die SdK vom Squeeze out betroffene ehemalige Aktionäre der Mainzer

Aktien-Bierbrauerei AG und der HVB Real Estate Holding AG auf, die ganz oder

teilweise unter den oben beschriebenen Trend fallen, sich hinsichtlich bestehender

Nachzahlungsansprüche an die Hauptaktionäre der Gesellschaften zu wenden.

Gleiches gilt für ehemalige Aktionäre der HamaTech AG, die 2009 auf die Singulus

Technologies AG verschmolzen wurde. Auch hier besteht seit Juli 2012 ein Anspruch

auf Nachzahlung einer Barkomponente auf die verschmolzenen Aktien. SdK

Mitglieder können sich zum Erhalt weiterer Informationen zu diesen drei Fällen per E-

Mail an [email protected] wenden.

Anmerkung: Zu dem in der Pressemitteilung erwähnten Fall HamaTech AG siehe

SpruchZ 2012, S. 17 (und die dort zitierten Ausführungen des Bundesver-

fassungsgerichts).

Page 27: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 27

Entscheidungen zu Spruchverfahren

Squeeze-out bei Keramag AG: LG Düsseldorf lehnt Erhöhung der

Barabfindung ab

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

In dem Spruchverfahren zu dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre bei der

Keramag AG hat das Landgericht (LG) Düsseldorf eine Erhöhung der auf EUR 66,36

festgelegten Barabfindung abgelehnt und die Anträge der ausgeschlossenen

Minderheitsaktionäre zurückgewiesen (Az. 33 O 155/08 AktE). Nach Ansicht des LG

Düsseldorf lag der Ertragswert nicht über dem Börsenkurs. Das Landgericht hatte

hierzu den sachverständigen Prüfer Prof. Dr. Jonas befragt.

Die Antragsgegnerin, die Allia Holding GmbH, hatte bereits Ende 2005 einen

Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Gesellschaft abgeschlossen.

Aufgrund des "neues Geschäftsmodells" war die Gesellschaft nur noch als

Auftragsfertiger für die herrschende Gesellschaft tätig. In dem diesbezüglich

laufenden Spruchverfahren hatte das LG Düsseldorf kürzlich mit (nicht

rechtskräftigen) Beschluss vom 30. August 2012 (Az. 31 O 4/06 AktE) die

angemessene Barabfindung je Keramag-Aktie mit EUR 62,16 und den Ausgleich auf

EUR 4,15 festgesetzt.

Nach Ansicht des LG Düsseldorf in dem nunmehrigen Beschluss können die auf dem

"alten Geschäftsmodell" beruhenden Ertragszahlen "lediglich in sehr eingeschränkten

Umfang" herangezogen werden (d.h. praktisch nicht mehr). Mögliche Nachteile aus

der Umstellung des Geschäftsmodells (Warenabsatz nur noch zu festen

Verrechnungspreisen) könnten im Squeeze-out-Spruchverfahren nicht geprüft

werden, sondern seien Folge des Abschlusses des Beherrschungs- und Gewinn-

abführungsvertrags (S. 14).

83 Antragsteller

gemeinsamer Vertreter: RA und StB Dr. Möller, Wuppertal

Antragsgegnerin: Allia Holding GmbH

Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin:

Rechtsanwälte Henegeler Mueller, Düsseldorf

Page 28: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 28

Anstehende und laufende Spruchverfahren

Spruchverfahren zum Ergebnisabführungsvertrag mit der Firma hotel.de AG

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L-HSG

Bezüglich des Ergebnisabführungsvertrags der Hotel Reservation Service Ragge

GmbH (HRS), Köln, als herrschender Gesellschaft mit der hotel.de AG, Nürnberg,

haben zahlreiche Minderheitsaktionäre eine gerichtliche Überprüfung des Ausgleichs

und der Abfindung verlangt. Das Spruchverfahren wird beim Landgericht Nürnberg-

Fürth unter dem Aktenzeichen 1 HK O 7833/12 geführt. Das Landgericht hat mit

Beschluss vom 17. Dezember 2012 Herrn Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Hahn, Nürnberg,

zum gemeinsamen Vertreter der nicht selbst antragstellenden hotel.de-

Minderheitsaktionäre bestimmt

* * *

Barabfindungsangebot an die außenstehenden Aktionäre der Tognum AG

Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 10. Januar 2013

Engine Holding GmbH

Friedrichshafen

Barabfindungsangebot an die außenstehenden Aktionäre der

Tognum AG

ISIN DE000A0N4P43 / WKN A0N 4P4

auf Grund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags

Die Tognum AG mit Sitz in Friedrichshafen als abhängige Gesellschaft und die Engine

Holding GmbH mit Sitz in Friedrichshafen als herrschendes Unternehmen haben am

25. September 2012 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ("Vertrag")

geschlossen, mit dem die Tognum AG die Leitung Ihrer Gesellschaft der Engine

Holding GmbH unterstellt und sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an die Engine

Holding GmbH abzuführen.

Diesem Vertrag haben die außerordentliche Hauptversammlung der Tognum AG am

15. November 2012 und die Gesellschafterversammlung der Engine Holding GmbH

am 25./27. September 2012 zugestimmt. Der Vertrag wurde am 19. Dezember 2012 in

das Handelsregister der Tognum AG eingetragen und ist damit wirksam geworden.

Die Bekanntmachung der Eintragung nach § 10 HGB erfolgte am 8. Januar 2013.

Page 29: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 29

Nach den Bestimmungen des Vertrags hat sich die Engine Holding GmbH

verpflichtet, auf Verlangen eines jeden außenstehenden Aktionärs der Tognum AG

dessen auf den Inhaber lautende Stückaktien der Tognum AG mit einem

rechnerischen Anteil am Grundkapital von jeweils EUR 1,00 ("Tognum-Aktie") gegen

eine Barabfindung in Höhe von

EUR 26,46 je Tognum-Aktie

zu erwerben.

Die Barabfindung wird gemäß § 305 Abs. 3 Satz 3 Aktiengesetz nach Ablauf des

Tages der Eintragung des Vertrags im Handelsregister, d.h. vom 20. Dezember 2012

an, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB

verzinst.

Für diejenigen außenstehenden Aktionäre der Tognum AG, die von diesem

Barabfindungsangebot keinen Gebrauch machen wollen, beträgt der Ausgleich für

jedes volle Geschäftsjahr der Tognum AG für jede Tognum-Aktie brutto EUR 1,85

abzüglich eines Betrags für Körperschaftsteuer sowie Solidaritätszuschlag auf den in

dem Bruttobetrag enthaltenen anteiligen Ausgleich von EUR 1,52 je Tognum-Aktie,

der nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus den mit

deutscher Körperschaftsteuer belasteten Gewinnen errechnet ist. Der

anzuwendende Steuersatz richtet sich nach dem jeweils für diese Steuern für das

jeweilige Geschäftsjahr geltenden Satz. Nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des

Vertragsschlusses ergibt sich ein Ausgleich in Höhe von insgesamt EUR 1,61 je

Tognum-Aktie für ein volles Geschäftsjahr der Tognum AG.

Der Ausgleich ist am ersten Bankarbeitstag nach der ordentlichen

Hauptversammlung der Tognum AG für das abgelaufene Geschäftsjahr, und

erstmals für das Geschäftsjahr 2012 der Tognum AG, fällig.

Falls der Vertrag während eines Geschäftsjahrs der Tognum AG endet oder die

Tognum AG während des Zeitraums, für den die Verpflichtung zur Gewinnabführung

besteht, ein Rumpfgeschäftsjahr bildet, vermindert sich der Ausgleich zeitanteilig.

Die Angemessenheit der Barabfindung und der Ausgleichszahlung wurde von der

Ebner Stolz Mönning & Bachem GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,

Steuerberatungsgesellschaft, Stuttgart, als für beide vertragsschließende

Unternehmen gerichtlich ausgewählter und bestellter Vertragsprüfer in ihrem

Prüfungsbericht bestätigt.

Diejenigen außenstehenden Aktionäre der Tognum AG, die von dem

Barabfindungsangebot Gebrauch machen wollen, bitten wir, ihre Tognum-Aktien

(ISIN DE000A0N4P43) zum Zwecke der Entgegennahme der Barabfindung in Höhe

von EUR 26,46 je Aktie ab sofort mittels Weisung bei ihrer depotführenden Bank zur

Weiterleitung an die UniCredit Bank AG während der üblichen Geschäftsstunden

einzureichen.

Page 30: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 30

Den Aktionären, die das Barabfindungsangebot angenommen haben, wird die

Abfindung in Höhe von EUR 26,46 zzgl. Zinsen je Tognum-Aktie Zug-um-Zug gegen

Einreichung ihrer Aktien zeitnah gutgeschrieben.

Die Veräußerung der Tognum-Aktien im Rahmen dieses Barabfindungsangebotes

erfolgt für die Aktionäre provisions- und spesenfrei.

Die Verpflichtung der Engine Holding GmbH zum Erwerb der Tognum-Aktien ist

befristet. Die Annahmefrist für das Barabfindungsangebot endet zwei Monate nach

dem Tag, an dem die Eintragung des Bestehens des Vertrags in das Handelsregister

des Sitzes der Tognum AG nach § 10 HGB bekannt gemacht worden ist. Demnach

endet die Annahmefrist am 11. März 2013.

Sollte ein Antrag auf Bestimmung des Ausgleichs oder der Abfindung durch das in § 2

des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht gestellt werden, endet die Frist

zwei Monate nach dem Tag, an dem die Entscheidung über den zuletzt

beschiedenen Antrag im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist.

Für die Wahrung der Frist ist es ausreichend, dass die Erklärung zur Annahme des

Barabfindungsangebots innerhalb der Frist der jeweiligen Depotbank zugeht.

Falls ein Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz eingeleitet wird und das

Gericht rechtskräftig eine höhere Abfindung festsetzt, können die außenstehenden

Aktionäre, auch wenn sie bereits abgefunden wurden, eine entsprechende

Ergänzung der Abfindung verlangen. Ebenso werden alle übrigen außenstehenden

Aktionäre gleichgestellt, wenn sich die Engine Holding GmbH gegenüber einem

außenstehenden Aktionär der Tognum AG in einem Vergleich zur Abwendung oder

Beendigung eines Verfahrens nach dem Spruchverfahrensgesetz zu einer höheren

Abfindung verpflichtet.

Die Depotbanken werden gebeten, sich wegen der Erstattung der Kundenprovision

mit der oben genannten Abwicklungsstelle in Verbindung zu setzen.

Friedrichshafen, im Januar 2013

Engine Holding GmbH

Die Geschäftsführung

Page 31: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 31

Ankündigungen von Strukturmaßnahmen

Squeeze-Out für DOUGLAS HOLDING AG eingeleitet

Frankfurt am Main, 15. Januar 2013 - Die Beauty Holding Three AG, eine

Holdinggesellschaft, die indirekt durch von Advent International beratene Fonds und

die Familie Kreke gehalten wird, hat heute den Ausschluss der Minderheitsaktionäre

gegen Gewährung einer Barabfindung (Squeeze-Out)eingeleitet, um sämtliche

Anteile an der DOUGLAS HOLDING AG zu erwerben.

Mit einem Anteil von über 95 Prozent verfügt die Beauty Holding Three AG über eine

Beteiligungshöhe an der DOUGLAS HOLDING AG, die ihr einen Squeeze-Out der

Minderheitsaktionäre und den damit verbundenen Rückzug der DOUGLAS HOLDING

AG von der Börse ermöglicht. Hierfür wurde der DOUGLAS HOLDING AG das

Verlangen der Beauty Holding Three AG mitgeteilt, auf der nächsten

Hauptversammlung die Übertragung aller Aktien der Minderheitsaktionäre auf die

Beauty Holding Three AG als Hauptaktionärin im Wege eines Squeeze-Out zu

beschließen. Die Höhe der Barabfindung wird zu einem späteren Zeitpunkt

festgelegt. Die nächste Hauptversammlung der DOUGLAS HOLDING AG wird

voraussichtlich im Mai 2013 stattfinden.

Am 31. Oktober 2012 hatte die Beauty Holding Three AG ein freiwilliges öffentliches

Übernahmeangebot publiziert, das deutliche Zustimmung bei den Aktionären

gefunden hat. Insgesamt hält die Beauty Holding Three AG aktuell 96,17 Prozent der

Anteile der DOUGLAS HOLDING AG. Aufgrund des Überschreitens der 95-Prozent-

Schwelle haben alle Aktionäre, die das Übernahmeangebot während der

Annahmefrist bzw. weiteren Annahmefrist noch nicht angenommen haben, in einer

weiteren Nachfrist die Möglichkeit, ihre Aktien bis zum 20. März 2013, 24 Uhr MEZ, zum

Preis von 38 Euro pro Aktie in bar anzudienen.

Ranjan Sen, Geschäftsführer der Advent International GmbH in Frankfurt: "Angesichts

der hohen Annahmequote von über 95 Prozent ist ein Squeeze-Out der nächste

logische Schritt für die Partnerschaft mit der DOUGLAS HOLDING und der Familie

Kreke. In ihrer neuen, stabilen Eigentümerstruktur wird die DOUGLAS-Gruppe durch

den Rückzug von der Börse sowie von einem reduzierten regulatorischen Aufwand

profitieren können."

Weitere Informationen zum öffentlichen Übernahmeangebot sind unter

www.douglas-offer.com verfügbar.

Page 32: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2013

Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013

SpruchZ 2013 Seite 32

itelligence AG: Einleitung Squeeze-out

Verfahren durch NTT DATA EUROPE

GmbH & Co. KG

Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG

Bielefeld, 28. Dezember 2012 - Die NTT DATA

EUROPE GmbH & Co. KG mit Sitz in

Düsseldorf hat dem Vorstand der itelligence

AG heute das förmliche Verlangen gemäß

§ 327a AktG übermittelt, die Haupt-

versammlung der Gesellschaft möge die

Übertragung der Aktien der übrigen

Aktionäre (Minderheitsaktionäre) auf die

NTT DATA EUROPE GmbH & Co. KG als

Hauptaktionärin gegen Gewährung einer

angemessenen Barabfindung beschließen

(Squeeze-out).

Nach Vollzug des öffentlichen Erwerbs-

angebots hält die NTT DATA EUROPE GmbH

& Co. KG unmittelbar mehr als 95%

des Grundkapitals der itelligence AG. Die

NTT DATA EUROPE GmbH & Co. KG ist damit

Hauptaktionärin im Sinne von § 327a Abs. 1

Satz 1 AktG. Der Beschluss der Haupt-

versammlung der itelligence AG über den

Squeeze-out wird voraussichtlich in der

nächsten ordentlichen Hauptversammlung

der itelligence AG gefasst werden, die

derzeit für den 23. Mai 2013 geplant ist.

Zeitschrift und Dokumente auf

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Herausgeber:

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Spruchverfahren (IG

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