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pädiatrische praxis 2016 Band 86 / 3 1 Vaskulitis – Kawasaki-Syndrom – Purpura Schönlein-Henoch – Immunkomplex pädiatrische praxis 86, 1–13 (2016) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Vaskulitiden im Kindesalter – Teil 2: »Seltene« primäre Vaskulitiden A. Schnabel, C. M. Hedrich Pädiatrische Rheumatologie und Immunologie, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden Einleitung Bei den primären Vaskulitiden des Kindesalters handelt es sich um seltene entzündliche Multi- systemerkrankungen, welche teilweise mit einer erheblichen Morbidität und Mortalität einherge- hen können. Die Vaskulitis ist als Entzündung der Gefäßwand definiert, wobei das klinische Bild und der Schweregrad der Vaskulitis durch die Kalibergröße, den Ort der betroffenen Gefä- ße, das Ausmaß der Gefäßentzündung sowie die zugrunde liegende Pathologie bestimmt wird. Die Einteilung der pädiatrischen Vaskulitiden basiert auf den Konsenuskriterien der International Cha- pel Hill Consenus Conference. Für Kinder wurden erstmals 2008 in Ankara im Rahmen der EULAR PReS-Konsensuskriterien für die häufigsten Vas- kulitiden im Kindesalter entwickelt (Abb. 1) [1]. Im Allgemeinen unterscheidet man primäre Vaskulitiden, welche als eigenständiges Krank- heitsbild auftreten, von sekundären Formen der Gefäßentzündung, die in Folge einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung entstehen. Auf- Abkürzungsverzeichnis ANCA Antineutrophile zytoplas- matische Antikörper cANCA ANCA mit zytoplasmatischem Fluoreszenzmuster cPAN Kutane Panarteriitis nodosa CSS Churg-Strauss-Syndrom GPA Granulomatose mit Polyangiitis MESNA 2-Mercaptoethansulfonat-Natrium MMF Mycophenolat-Mofetil MPA Mikroskopische Polyangiitis MPO Myeloperoxidase PAN Panarteriitis nodosa pANCA ANCA mit perinukleärem Muster PR3 Proteinase 3 TA Takayasu-Arteriitis TNF Tumornekrosefaktor CME c m e. m g o -f ac h v erl a g e . d e

03 pp 86-3 Schnabel CME · Form der PAN in 10–30% mit einer Hepatitis B Infektion [4], seltener auch mit Hepatitis C und Kryoglobulinämie [5, 6] assoziiert ist, besteht diese Verbindung

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pädiatrische praxis 2016 Band 86 / 3 1

Vaskulitis – Kawasaki-Syndrom – Purpura Schönlein-Henoch – Immunkomplex

pädiatrische praxis 86, 1–13 (2016) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG

Vaskulitiden im Kindesalter – Teil 2:

»Seltene« primäre Vaskulitiden

A. Schnabel, C. M. Hedrich

Pädiatrische Rheumatologie und Immunologie, Klinik und Poliklinik für Kinder-

und Jugend medizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus,

Technische Universität Dresden

� Einleitung

Bei den primären Vaskulitiden des Kindesalters handelt es sich um seltene entzündliche Multi-systemerkrankungen, welche teilweise mit einer erheblichen Morbidität und Mortalität einherge-hen können. Die Vaskulitis ist als Entzündung der Gefäßwand definiert, wobei das klinische Bild und der Schweregrad der Vaskulitis durch die Kalibergröße, den Ort der betroffenen Gefä-ße, das Ausmaß der Gefäßentzündung sowie die zugrunde liegende Pathologie bestimmt wird. Die Einteilung der pädiatrischen Vaskulitiden basiert auf den Konsenuskriterien der International Cha-pel Hill Consenus Conference. Für Kinder wurden erstmals 2008 in Ankara im Rahmen der EULAR PReS-Konsensuskriterien für die häufigsten Vas-kulitiden im Kindesalter entwickelt (Abb. 1) [1].

Im Allgemeinen unterscheidet man primäre Vaskulitiden, welche als eigenständiges Krank-heitsbild auftreten, von sekundären Formen der Gefäßentzündung, die in Folge einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung entstehen. Auf-

Abkürzungsverzeichnis

ANCA Antineutrophile zytoplas-matische Antikörper

cANCA ANCA mit zytoplasmatischem Fluoreszenzmuster

cPAN Kutane Panarteriitis nodosa

CSS Churg-Strauss-Syndrom

GPA Granulomatose mit Polyangiitis

MESNA 2-Mercaptoethansulfonat-Natrium

MMF Mycophenolat-Mofetil

MPA Mikroskopische Polyangiitis

MPO Myeloperoxidase

PAN Panarteriitis nodosa

pANCA ANCA mit perinukleärem Muster

PR3 Proteinase 3

TA Takayasu-Arteriitis

TNF Tumornekrosefaktor

CMEcm

e.mgo-fachv erlag

e .de

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2016 Band 86 / 3 pädiatrische praxis 2

Arteriolenkleine

Arteriengroße,mittelgroße

Arterien

VenolenVenen

Kapillaren

Vaskulitis der mittelgroßen Gefäße Panarteriitis nodosa (PAN)

Kawasaki-Syndrom (KS)

Vaskulitis der großen Gefäße Takayasu-Arteriitis (TA)

ANCA-assoziierte Vaskulitis der kleinen GefäßeGranulomatose mit Polyangiitis (GPA)

Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)Mikroskopische Polyangiitis (MPA)

Immunkomplexvermittelte Vaskulitis der kleinen GefäßePurpura Schönlein-Henoch (PSH)Kryoglobulinämische Vaskulitis

Hypokomplementäre urtikarielle Vaskulitis

Aorta

Abb. 1 | Einteilung der primären Vaskulitiden (modifiziert nach der Revision der Internationalen Chapel Hill Konsensus Konferenz Nomenklatur der Vaskulitiden von 2012) [1]

grund der Vielfältigkeit der Organbeteiligung, ist auch das klinische Bild der Vaskulitis sehr variabel, was die Diagnosestellung zu einer He-rausforderung der behandelnden Ärzte werden lässt. Zu den häufigen Vaskulitiden des Kin-desalters zählen die Purpura Schönlein-Henoch und das Kawasaki-Syndrom. Diese lassen sich im Wesentlichen aufgrund typischer vaskulitischer Hauterscheinungen und Begleitsymptome kli-nisch diagnostizieren. Deutlich seltener finden sich im Kindesalter die Panarteriitis nodosa, Takayasu-Arteriitis und ANCA-assoziierte (ANCA = antineutrophile zytoplasmatische Antikörper) Vaskulitiden. Dabei ist zur Diagnosestellung ne-ben angiografischen Auffälligkeiten oftmals eine Biopsie erforderlich (mit oder ohne Nachweis von Granulomen). In diesem 2. Teil beschäftigen wir uns mit den seltenen Formen der primären Vaskulitiden im Kindes- und Jugendalter.

� Systemische Panarteriitis nodosa

Die Panarteriitis nodosa (PAN) ist eine nekroti-sierende, systemische Vaskulitis der mittelgroßen

Gefäße [2] (Abb. 1). Sie ist nach dem Kawasa-ki-Syndrom und der Purpura Schönlein-Henoch weltweit die dritthäufigste Vaskulitis im Kin-desalter und hat einen Erkrankungsgipfel um das neunte Lebensjahr [3]. Während die adulte Form der PAN in 10–30 % mit einer Hepatitis B Infektion [4], seltener auch mit Hepatitis C und Kryoglobulinämie [5, 6] assoziiert ist, besteht diese Verbindung im Kindesalter nur selten. Die PAN findet sich jedoch gehäuft bei Kindern mit familiärem Mittelmeerfieber, dem in Deutschland häufigsten eriditären autoinflammatorischen Fiebersyndrom [3]. Durch bisher unbekannte Auslöser kommt es zunächst zu einer schweren transmuralen Gefäßentzündung, welche narbig abheilt und makroskopisch zu knotigen Gefäß-veränderungen (Namensgebung P. »nodosa«) und Aneurysmen führt [7].

Klinik und Diagnose

Prinzipiell kann bei der PAN jedes Organsystem betroffen sein, wobei typischerweise die Lunge

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oder Hodenschmerzen [3]. Neben der Histologie sind ebenfalls angiografische Auffälligkeiten wie Aneurysmem oder Gefäßverschlüsse in der MR-Angiografie für die Diagnosestellung weg-weisend.

Therapie

Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung liegen weder evidenzbasierte Richtlinien zur Therapie noch Langzeitbeobachtungen zum klinischen Verlauf der PAN vor. Das Therapieregime stützt sich daher vornehmlich auf klinische Erfahrun-gen, Einzelfallberichte im Kindesalter [10] und Studien an Erwachsenen [11]. Zur Induktions-therapie kommen hoch dosierte Glukokortikoi-de (Prednisolon 1–2 mg/kg KG/d, ggf. Methyl-prednisolonpulse) zum Einsatz, die mittelfristig

ausgespart bleibt. Organischämien durch Gefä-ßentzündungen treten bei der PAN häufig an Haut, muskuloskeletalem System, Niere und/oder Magen-Darm-Trakt auf (Tab. 1). Eine Be-teiligung von Herz, peripherem und zentralem Nervensystem sind hingegen selten. Kinder zei-gen zunächst unspezifische Allgemeinsymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Gedeihstörungen, Myalgien und Arthralgien [8].

Prinzipiell richtet sich das klinische Bild nach der Schwere der Gefäßentzündung und dem vom be-troffenen Gefäß abhängigen Versorgungsgebiet. Symptome, welche an eine PAN denken lassen sollten, sind die genannten Allgemeinsympto-me in Kombination mit in Tab. 1 aufgeführten vaskulitischen Hauterscheinungen, arterieller Hypertonie, peripherer Neuropathie, ZNS-Symp-tomen, Nierenbeteiligung, Arthritis (40 %) und/

EULAR/PRINTO/PRes-Kriterien der sPAN Häufigkeit [7]

Hauptkriterien (obligat)

Histologie ODER nekrotisierende Vaskulitis (kleine/mittlere Gefäße)

Angiografische Auffälligkeiten

Aneurysmen, Gefäßverschlüsse(Ausschluss Arteriosklerose, fibromuskuläre Dysplasie)

Nebenkritieren

1. Haut Livedo reticularis, subkutane schmerzhafte Knoten, Hautinfarkte, digitale Gangräne

70 – 90 %

2. Myalgien Muskelschmerzen/-verhärtungen 40 – 70 %

3. Hypertension 95. Perzentile 20 – 35 %

4. Periphere Neuropathie

Mononeuritis multiplex, Polyneuropathie 20 %

5. Nieren Proteinurie, Hämaturie, eingeschränkte Nierenfunktion 20 %

Tab. 1 | EULAR/PRINTO/PRes-Klassifikationskriterien der systemischen Panarteriitis nodosa (sPAN) im Kindesalter. Für die Diagnosestellung bedarf es einem Hauptkriterium und 1 von 5 Nebenkriterien [2, 9]

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Sonderform: Kutane Panarteriitis nodosa (cPAN)

Für die cPAN liegen im Kindesalter keine Klas-sifikationskriterien vor. Sie ist auf kutane und muskuloskeletale Symptome wie subkutane schmerzhafte Knoten, Purpura, Livedo reticula-ris, Myalgien, Arthralgien bzw. nicht-desktrukti-ve Arthritis begrenzt [8]. Eine Assoziation mit Streptokokkeninfektion wurde beschrieben [15]. Bei der cPAN kann die Therapie mit NSAR ausrei-chend sein, in der Regel werden Glucocorticoide notwendig. Der Übergang einer cPAN in eine systemische Form ist selten, aber möglich [16].

� Takayasu-Arteriitis

Die Takayasu-Arteriitis (TA) ist eine chronisch verlaufende, granulomatöse Vaskulitis, wel-che vornehmlich die Aorta, deren proximalen Gefäßabgänge sowie gelegentlich die Pulmo-nalarterien und Koronarien betrifft. Die Erkran-kung manifestiert sich in der Regel im dritten Lebensjahrzehnt, die jährliche Gesamtinzidenz für Großbritannien betrug 0,8 in 1 Million [17],

mit steroidsparenden, immunsuppressiven Me-dikamenten kombiniert werden. Bei besonders schweren Verläufen hat sich für die Remissions-induktion die Therapie mit Cyclophosphamid be-währt (2 mg/kg KG/d p.o. über mehrere Monate (Fauci-Schema) oder 750 mg/m2 KOF/Monat i. v. in 3–4 Zyklen (Schema der adulten Form der GPA)), wobei die Blasentoxizität durch eine er-höhte Flüssigkeitszufuhr und MESNA-Prophylaxe reduziert werden kann [12].

Für die anschließende Remissionserhaltung sollten wenn auch weniger potente, dennoch besser langzeitverträgliche Immunsuppressiva eingesetzt werden [13]. Hierfür wird nach den EULAR-Empfehlungen die Kombinationstherapie aus einem niedrig dosierten Glukokortikoid und Azathioprin, Leflunomid oder Methotrexat über mindestens 18 Monate empfohlen [14]. Mildere PAN-Verläufe sprechen gut auf intravenöse Im-munglobulingaben an. In Abhängigkeit der an-giografischen Befunde muss ggf. zusätzlich über eine Antikoagulation oder bei Nierenbeteiligung über die Gabe von ACE-Hemmern entschieden werden [14].

EULAR/PRINTO/PRes-Kriterien der TA

Angiografische Auffällig-keiten (obligat)

Aorta oder deren Hauptäste/Pulmonalarterien: fokal-segmentale, okkludierene, dilatierende Veränderung; Ausschluss: Arterio-sklerose, fibromuskuläre Dysplasie

1. Pulsdefizit Claudicatio abgeschwächte Pulse A. radialis +/- A. ulnarisMuskelschmerz nach körperlicher Aktivität

2. Blutdruckdifferenz 10 mmHg (systolisch) der Arme

3. Strömungsgeräusch (70 %) A. subclavia, A. carotis, Aorta abdominalis

4. Hypertension 95. Perzentile

5. systemische Entzündung BSG 20 mm/h, CRP erhöht

Tab. 2 | EULAR/PRINTO/PRes-Klassifikationskriterien der TA im Kindesalter. Für die Diagnosestellung bedarf es angio-grafischer Veränderungen und 1 von 5 weiteren Kriterien [2, 9]

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wobei schätzungsweise 10–20 % der Betroffenen Kinder sind. In asiatischen Kohorten tritt die Er-krankung häufiger auf (2 in 1 Million) [18]. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung liegt im Kin-des- und Jugendalter bei ca. 13 Jahren. Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen (3:1) [19].

Ätiologie und Pathogenese

Die molekulare Pathogenese der TA ist unklar. Genetische Faktoren, autoimmunologische Phä-nomene (Antikörper gegen Endothelin, Aorta, Cardiolipin; T-Zell-vermittelte Immunreaktion mit Granulombildung) sowie Infektionen werden diskutiert [20]. Die entzündlich veränderten Ge-fäßwände werden langfristig narbig umgebaut und führen zu stenotischen Veränderungen an großen Gefäßen.

Klinik und Diagnose

Die klinische Präsentation der TA ist variabel. Sie reicht vom nahezu asymptomatischen Patienten mit zufällig entdeckten abgeschwächten Pulsen bis hin zum schwerkranken, herzinsuffizienten Kind. Im frühen Krankheitsstadium dominieren unspezifische Symptome wie Kopf- oder Bauch-schmerzen, Ermüdbarkeit, Arthralgien, Myalgi-en, Hautläsionen (Erythema nodosum, Ulzera), Fieber und/oder Gewichtsverlust. Im weiteren Krankheitsverlauf hängt das klinische Erschei-nungsbild von bereits eingetretenen Organ-schäden ab. Die Beteiligung der Aorta und ihrer Hauptäste führt zu Claudicatio, Pulsdefizit und Blutdruckdifferenz der Arme, sowie zerebralen Symptomen wie Sehstörungen, Apoplex, Paräs-thesien und/oder Krampfanfällen. Im Kindesalter manifestiert die TA am häufigsten durch Hyper-tension (90 %), Strömungsgeräusche (70 %), Herzinsuffizienz (reduzierte Pumpfunktion, Aor-ten- oder Mitralinsuffizienz), Palpitationen und/oder Claudicatio (Tab. 2) [19].

Wie die klinische Präsentation ist auch der Ver-lauf und die Prognose der TA variabel. Bei 20 % der Patienten verläuft die Erkrankung monopha-sisch und selbstlimitierend. Bei den meisten Pa-

tienten kommt es jedoch zu progressiven, rezi-divierenden Verläufen mit der Notwendigkeit der dauerhaften immunsuppressiven Therapie [21].

In der Diagnosestellung der TA hat die nicht-in-vasive MR-Angiografie die konventionelle An-giografie im Kindesalter abgelöst (Abb. 2). Neben der Vermeidung des Punktionsrisikos und der Strahlenbelastung können mittels MR-Angio-grafie bereits frühe entzündliche Veränderungen der Gefäßwände (Wanddicke, Ödeme, Kontrast-mittelaufnahme) detektiert werden [22]. Bei kli-nischen Unsicherheiten dient der histologische Nachweis einer granulomatösen Entzündung der Gefäßwand mit Riesenzellbildung als diagnosti-scher Beweis [23].

Abb. 2 | MR-Angiografie (3D-Darstellung von dorsal) einer 18-jährigen Patientin mit Takayasu-Arteriitis. Fast vollständiger Verschluss der rechten Arteria pulmonalis. Versorgung der rechten Lunge über Kollateralen

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Gabriele Hahn, Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik Bereich Kinderradiologie, Universitätsklinikum Dresden

L R

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dauertherapie nicht unwesentlich, weswegen bereits frühzeitig steroidsparende Medikamente eingesetzt werden. Dazu zählen Methotrexat, Azathioprin, Cyclopsorin A oder Mycopheno-lat-Mofetil (MMF) [24]. TNF-Blocker (Infliximab, Etanercept oder Adalimumab), IL-6-Inhibitoren (Tocilizumab) oder B-Zelldepletion (Rituximab) sind wirksam, jedoch therapierefraktären Verläu-fen vorbehalten [25]. Cyclophosphamid sollte aufgrund des Nebenwirkungsprofils nur bei le-bensbedrohlichen und organschädigenden Ver-läufen der TA eingesetzt werden.

In mehreren Patientenserien sind mittlerweile Verläufe von ca. 120 adulten Patienten mit thera-pierefraktärer TA zusammengefasst, die mit Anti-TNF-α-Blockern, vornehmlich mit Infliximab oder

Therapie

Der variable Verlauf der TA spiegelt sich in der in-dividuellen Therapie wider. Bei der Therapieent-scheidung kommt erschwerend das subklinische Fortschreiten der TA hinzu. So zeigten Kerr et al. [21], dass Patienten in klinischer Remission neue Gefäßläsionen in der Verlaufsangiografie aufwie-sen. Wegen des guten Ansprechens der entzünd-lichen Veränderungen und häufig vorkommender monophasischer Verläufe, sind Glukokortikoide die Therapie der ersten Wahl. Bei 75 % der Pati-enten kann mit Glukokortikoiden eine komplette Remission erreicht werden, jedoch kommt es bei der Hälfte dieser Patienten während der Aus-schleichphase zu einem Rezidiv [21]. Im Kin-desalter sind die Nebenwirkungen der Steroid-

EULAR/PRINTO/PRes-Kriterien der GPA Häufigkeit [2, 7]

1. Histopathologie • granulomatöse Entzündung kleiner Gefäße

2. HNO-Trakt • chronische Rhinitis/Sinusitis mit blutig-borkigem Schnupfen

• orale, nasale Ulzera• Nasenseptumperforation mit Sattelnase• Mastoiditis, Hörverlust, rezidivierende Epistaxis

80 %

3. Laryngo- tracheo-bronchial

• subglottische, tracheale, bronchiale Stenose 40 %

4. Lunge • Husten, Dyspnoe, Obstruktion• Lungenblutung• Granulome, Kavernen, Infiltrate im Röntgen des

Thorax oder CT

80 %

5. Niere • Proteinurie > 0,3 g/24 h oder• Albumin/Kreatinin-Ratio > 30 mmol/mg• Mikrohämaturie• nekrotisierende Glomerulonephritis

75 %

6. ANCA • ANCA-Nachweis (Immunfloreszenz, ELISA) 90 %

Tab. 3 | EULAR/PRINTO/PRes-Klassifikationskriterien der systemischen Panarteriitis nodosa (sPAN) im Kindesalter. Für die Diagnosestellung bedarf es einem Hauptkriterium und 1 von 5 Nebenkriterien [2, 9]

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Granulomatose mit Polyangiitis (GPA)

Bei Kindern liegt die geschätzte Inzidenz der GPA bei ungefähr eins in 1 Million. Das mittlere Erkrankungsalter ist 14 Jahre [13]. Die Diagnose einer GPA (Tab. 3) stützt sich auf die typische Trias mit Beteiligung (I) des oberen Atemwegs-systems (Abb. 3), (II) der Lunge (Abb. 4, 5) und (III) der Nieren sowie dem histologischen Nachweis einer Vaskulitis, Granulomen und Ne-krosen (Abb. 6). Allgemeinsymptome wie Fie-ber, Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust sind bei 90 % der Kinder zum Zeitpunkt der Diagnose-stellung vorhanden. Neben den in Tab. 3 auf-geführten Organmanifestationen können zentra-le und periphere Nervenlähmungen, Arthralgien, Arthritis, Erytheme und Ulzerationen auftreten.

Etanercept, behandelt wurden [26]. Hoffman et al. [27] konnten in einer prospektiven Pilotstudie an 15 Patienten mit aktiver Erkrankung oder Rezi-div der TA bei 60 % der Patienten eine Remission (mit Beendigung der Prednisolontherapie) und bei weiteren 28 % eine Teilremission mit Pred-nisolon-Erhaltungsdosis unter 10 mg/d erreichen. Bei vier Patienten mit initial stabiler Remission kam es zu einem Rezidiv der Grunderkrankung, wobei zwei Patienten zu diesem Zeitpunkt die Anti-TNF-α-Therapie pausierten [27]. Als schwe-re Nebenwirkungen wurden bei zwei Patienten opportunistische Infektionen registriert [27].

Eine retrospektive Datenerhebung einer ameri-kanisch-brasilianischen Kohorte pädiatrischer TA-Patienten zeigte, dass, obwohl Cyclophospha-mid oft als initiale Therapie verwendet wird, In-fliximab ebenso wirksam ist und dabei deutlich weniger Nebenwirkungen auftraten [28]. Damit stellt Infliximab eine Therapiealternative bei schweren Verläufen im Kindesalter dar. Bei hä-modynamisch wirksamen Gefäßstenosen können interventionelle (perkutane transluminale Ballo-nangioplastie mit oder ohne Stent bei kurzstrecki-gen Läsionen) oder chirurgische Eingriffe (Bypass des stenosierten Segments, Endarteriektomie, Resesktion des stenosierten Gefäßabschnittes mit orthotopem Gefäßersatz) indiziert sein [7].

� ANCA-assoziierte Vaskulitiden

Zu der Gruppe der ANCA-assoziierten Vaskulitiden zählen (I) die Granulomatose mit Polyangititis (GPA, früher Wegener Granulomatose), (II) die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (CSS, Churg-Strauss-Syndrom) und (III) die mikroskopi-sche Polyangiitis (MPA). Diese Vaskulitiden sind durch eine destruktive Gefäßentzündung der klei-nen und mittleren Gefäße sowie dem Nachweis antineutrophiler zytoplasmatischer Antikörper (ANCA) (bei den meisten Patienten) gekennzeich-net. Sie gehen mit einer Multiorganbeteiligung einher und sind aufgrund häufiger krankheits- und therapiebedingter Komplikationen poten-ziell lebensbedrohlich. Unbehandelt liegt die Mortalität bei nahezu 100 % mit einem mittle-ren Gesamtüberleben von fünf Monaten [13].

Abb. 3 | Schädel-MRT einer 14-jährigen Patientin mit Granulomatose mit Polyangiitis (TIRM: Turbo-Inversion Recovery-Magnitude). Ausgedehnte Schleimhautschwel-lung im Sinus maxillaris links (#) und der Conchae nasalis medialis beidseits (*)

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Gabriele Hahn, Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik Bereich Kinderradiologie, Universitätsklinikum Dresden

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Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss-Syndrom, CSS)

Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis ist eine nekrotisierende, granulomatöse Vas-kulitis, die durch eosinophile Infiltrate in den kleinen und mittleren Gefäßen gekennzeichnet ist. Das CSS ist eine außerordentlich seltene Er-krankung im Kindesalter. Epidemiologische Da-ten sowie pädiatrische Klassifikationskriterien des CSS liegen nicht vor, weswegen man sich an den ACR-Kriterien für Erwachsene orientiert (Tab. 4) [34]. 25–40% der Kinder mit CSS sind ANCA-positiv, wobei die Mehrzahl ein perinukleä-res Muster (pANCA: Myeloperoxidase-Antikörper, MPO) zeigen. Die Pathogenese der CSS weist mit einer überschießenden TH2-Immunantwort und verstärkter Zytokinproduktion (IL-4, IL-5 und IL-13) große Ähnlichkeit mit der Pathognese atopischer Erkrankungen auf. Der Erkrankungs-verlauf ist durch ein oftmals jahrelang andauern-des Prodromalstadium mit chronisch-allergischer Rhinitis, Allergien und einem schweren, korti-koidabhängigen Asthma (91 %) gekennzeichnet. Die darauf folgende vaskulitische Phase geht mit pulmonalen Infiltraten (85 %), Sinusitis (77 %),

Bei mehr als 80 % der Patienten sind anti-neut-rophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) im Blut nachweisbar, welche sich gegen körpereige-ne Leukozyten richten. Bei Patienten mit einer GPA sind bei 67 % cANCA und bei 26 % pANCA nachweisbar. ANCA mit zytoplasmatischem Flu-oreszenzmuster (cANCA) sind dabei meist gegen das Enzym Proteinase 3 (PR3) und ANCA mit perinukleärem Muster (pANCA) meist gegen die Myeloperoxidase (MPO) gerichtet. Dies trifft je-doch nicht immer zu [29].

In der Akutphase tragen pulmonale Hämorr-hagien, Lungenversagen, die rasch progressive Glomerulonephritis und das akute Nierenversa-gen zur Morbidität bei. Trotz Therapie treten bei 60 % der Patienten Rezidive im Krankheitsverlauf auf [30, 31]. Im Vergleich zur ANCA-assoziierten Vaskulitis des Erwachsenenalters zeigen sich im Kindes- und Jugendalter deutlich häufiger Mul-tiorgan-Manifestationen mit Nierenbeteiligung, subglottische Stenosen und Nasendeformitäten (Abb. 7) [32, 33].

ACR-Klassifikationskriterien des adulten Churg-Strauss-Syndroms

1. Asthma

2. Eosinophilie 10 %

3. Mono- oder Polyneuropathie

4. Pulmonale Infiltrate

5. Paranasale Sinusauffälligkeiten

6. Biopsie mit extravaskulären eosinophilen Infiltraten mit Hautbeteiligung

Tab. 4 | ACR-Klassifikationskriterien des adulten Churg-Strauss-Syndroms. Für die Diagnosestellung eines CSS bedarf es 4 von 6 Kriterien [34]

Abb. 4 | Röntgen-Thoraxaufnahme (p. a.) einer 14-jähri-gen Patientin mit Granulomatose mit Polyangiitis und Lun-genbeteiligung. Nachweis vergrößerter hilärer Lymphknoten (*) beidseits und intrapulmonaler Rundinfiltrate (#)

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Gabriele Hahn, Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik Bereich Kinderradiologie, Universitätsklinikum Dresden

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Kinder mit MPA zeigen eine Nierenbeteiligung mit Proteinurie, Hämaturie und/oder arterieller Hypertonie [36, 37]. Weitere Organsysteme wie der Magen-Darm-Trakt (Peritonitis, Darmischä-mie), das ZNS (Neuropathien), die Haut, Mus-keln, Gelenke und Augen (Episkleritis, Uveitis) können beteiligt sein. Klassifikationskriterien für die MPA im Kindesalter liegen nicht vor. Die Diagnose ist daher im Wesentlichen eine Aus-schlussdiagnose, wobei der immunserologische Nachweis von ANCA wegweisend ist. Bei 50 % der adulten MPA-Patienten sind pANCA (MPO-po-sitiv) und 40 % cANCA (PR3-positiv) nachweisbar [37]. Die Abgrenzung zur GPA und systemischen Panarteriitis nodosa gestaltet sich oft schwierig.

Therapie der ANCA-assoziierten Vaskulitiden

Die Therapie der ANCA-assoziierten Vaskulitiden orientiert sich am Schweregrad der Erkrankung. Gemäß der AWMF-Leitlinie 2013 sollen Patien-ten mit einer Vaskulitis der kleinen Gefäße eine Induktions- mit anschließender Erhaltungsthe-

schwerer kardialer (55 %) und gastrointestinaler Beteiligung (40 %), Hauterscheinungen (66 %), Mononeuritis multiplex (35 %) und einer Nieren-beteiligung einher [35]. Die Nierenbeteiligung ist typischerweise mild und selten progressiv. Die Hauterscheinungen können sich vielfältig präsentieren und reichen von Livedo reticularis, schmerzhaften subkutanen Läsionen bis hin zu Hautinfarkten.

Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung hat der Patient oft schon das Jugendalter erreicht und leidet an einer schweren Atemwegserkrankung mit Anämie, Leukozytose und Eosinophilie. Die hohe systemische Entzündungsaktivität wird durch unspezifische T-Zell-Aktivierungsmarker, wie den löslichen IL-2-Rezeptor, und klassische Atopiemarker, wie das kationische Protein der Eosinophilen (ECP), widergespiegelt [35]. All-gemeinsymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust treten de facto bei allen Patienten auf. Die Diagnosestellung gestaltet sich aufgrund der Ähnlichkeit mit anderen pul-monalen Erkrankungen oft schwierig.

Bei 80 % der Patienten wird zunächst fälschli-cherweise die Diagnose einer chronischen Pneu-monie oder eines Asthmas gestellt, weswegen oftmals eine Biopsie nötig wird. Die Prognose ist abhängig vom Zeitpunkt der Diagnosestellung, dem Erreichen der Remission und dem Auftreten von Rezidiven, wobei 25 % der Patienten ein Re-zidiv im ersten Jahr entwickeln.

Mikroskopische Polyangiitis (MPA)

Im Gegensatz zur GPA und CSS handelt es sich bei der mikroskopischen Polyangiitis (MPA) um eine nicht-granulomatöse, nekrotisierende Vaskulitis der kleinen Gefäße [36]. Sie unter-scheidet sich von anderen ANCA-assoziierten Autoimmunerkrankungen durch geringere oder teilweise fehlende Ablagerungen von Immun-komplexen. Die häufigste klinische Manifesta-tion beinhaltet eine Kleingefäßentzündung der Lungen mit alveolären Hämorrhagien und eine Kleingefäßentzündung der Nieren, die im aku-ten Nierenversagen münden kann (27 %). Alle

Abb. 5 | Thorax-CT eines 17-jährigen Patienten mit Granulomatose mit Polyangiitis. Nachweis geografischer Areale mit Milchglastrübung (*) und Betonung der sekundären Lobuli bei Lungenbluten im Unterlappen und Mittellappen rechts (#)

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Gabriele Hahn, In-stitut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik Bereich Kinderradiologie, Universitätsklinikum Dresden

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mid-Pulstherapie keine Remission erreichen oder frühe Rückfälle zeigen (WEGENT-Studie). Die ora-le Langzeit- Cyclophosphamidtherapie nach dem Fauci-Schema birgt wegen der höheren Kumula-tivdosis ein gesteigertes langfristiges Nebenwir-kungsrisiko (CYCLOPS-Studie, EUVAS-Studie) [13].Die Remissionsinduktion mit Methotrexat dauert zwar länger (v. a. bei Lungenbeteiligung), zeigt jedoch weniger Nebenwirkungen als die Thera-pie mit Cyclophosphamid. Patienten mit einer rasch, progredienten Nierenerkrankung profi-tieren von einer zusätzlichen Plasmapherese. Rituximab (CD20-(B-Zell)-Antikörper) scheint bei Patienten mit schweren Rezidiven oder be-reits erfolgter Cyclophosphamidbehandlung gut wirksam zu sein [13]. Im Erwachsenenalter ist die Rituximabtherapie neuerdings als Indukti-onstherapie vorgesehen und zeigt gute Erfolge [39]. Dem liegen zwei kontrollierte Studien, die RAVE-Studie [40] und die RITUXVAS-Studie [41] zugrunde, wobei Rituximab als Induktionsbe-handlung der Therapie mit Cyclophosphamid bei ähnlichem Nebenwirkungsprofil nicht unterlegen

rapie erhalten [12]. Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion oder mildem Krankheitsverlauf können in der Induktionstherapie hoch dosier-te Glukokortikoide (Prednisolon p. o. 2 mg/kg KG/d in drei ED oder Methylprednisolonpulse i. v. mit 10–20 mg/kg KG/d (max. 1000 mg) über drei Tage) in Kombination mit Methotrexat (ini-tial 15 mg mit einer möglichen Dosissteigerung bei unzureichendem Ansprechen auf 20–25 mg/m2 KOF/Woche über 1–2 Monate) eingesetzt wer-den [12]. Die Gabe kann oral oder subkutan er-folgen. In der Regel werden Dosen unter 15 mg/m2 KOF zunächst oral appliziert. Bei Dosen 15 mg/m2 KOF ist eine subkutane Gabe zu empfeh-len, um die Bioverfügbarkeit zu erhöhen [38]. Bei der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und schweren Verlaufsformen sollte eine Induk-tionsbehandlung mit Cyclophosphamid (Bolus mit 500–1000 mg/m2 KOF/alle vier Wochen oder p. o. 2 mg/kg KG/d) und hoch dosierten Glukokortikoi-den erwogen werden. Das im Erwachsenenalter angewendete Fauci-Schema bleibt im Kindesalter Einzelfällen vorbehalten, die unter Cyclophospha-

100 μm

Abb. 6 | Histologie (HE-Färbung) bei Granulomatose mit Polyangiitis: Hoch aktive granulomatöse Vaskulitis mit fibrinoiden Gefäßwandnekrosen, massiven granulozytären Gefäßwandinfiltraten, Mikroabszessen und einer epitheloid-zellig-granulomatösen Gewebsreaktion sowie kleinherdigen, frischen Nekrosen. Einige Riesenzellen sind mit ↑ markiert (10-fache Vergrößerung)

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Jessica Pablik, Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Dresden

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Erwachsenen. Kontrollierte, randomisierte Studi-en zur Therapie der pädiatrischen Vaskulitiden finden sich nur selten. Dennoch hat sich die Pro-gnose durch den Einsatz von Glukokortikoiden, immunsuppressiven Medikamenten und neueren Therapieansätzen mit Anti-TNF-α-Blockern konti-nuierlich verbessert. Zeitliche Verzögerungen bei der Diagnosestellung und Therapieeinleitung sind nicht selten und verschlechtern die Prognose der Patienten. Wegen der Seltenheit der Erkrankung, der Notwendigkeit einer individualisierten im-munsuppressiven Therapie und möglichen schwer-wiegenden Komplikationen, sollten Patienten mit primären Vaskulitiden in spezialisierten Zentren mit weitreichender klinischer Erfahrung und von einem interdisziplinären Team betreut werden.

Schnabel A, Hedrich CM:Vasculitis in children: »Rare« primary vasculitides

Summary: Primary vasculitis is a rare condition in childhood. Despite of major scientific efforts, the pathophysiology often remains unknown. Mostly, treatment regimens for childhood vas-culitis have been adapted from adult studies or pediatric case series. Unfortunately, controlled and randomized treatment studies for pediatric vasculitis do not exist. However, the outcome of pediatric vasculitis has improved continuously

ist. Es zeigt sich sogar, dass nach 18 Monaten (RAVE-Studie) bzw. 12 Monaten (RITUXVAS) die Therapie mit Rituximab ohne Erhaltungstherapie genauso effektiv ist wie Cyclophosphamid mit anschließender Azathioprin-Erhaltungstherapie [40, 41]. Eine französische Studie belegte die Überlegenheit von Rituximab gegenüber Azathi-oprin in der Erhaltungstherapie bei ANCA-asso-ziierter Vaskulitis [42].

Die Erhaltungstherapie sollte bei allen AN-CA-assoziierten Vaskulitiden mindestens über 18 Monate erfolgen, da eine vorzeitige Beendigung mit einem erhöhten Rezidivrisiko assoziiert ist [12]. Dafür wird eine Kombinationsbehandlung aus niedrig dosierten Glukokortikoiden und Aza-thioprin (2 mg/kg KG/d) bzw. mit Methotrexat oder Leflunomid (10–20 mg/d) empfohlen. Auch Mycophenolat-Mofetil (MMF) kann alternativ eingesetzt werden, was im Vergleich zu Azathi-oprin jedoch weniger effektiv in der Remissions-erhaltung ist. Bei der Erhaltungstherapie der GPA sollte immer Methotrexat verwendet werden. In Einzelfällen wurden Anti-TNF-α-Blocker bei the-rapierefraktären Verläufen erfolgreich eingesetzt. Zur Vorbeugung von Pneumocystis-carinii-Infek-tionen sollten alle Patienten mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol) behandelt wer-den. Zudem ist eine Reduktion der Rezidivhäu-figkeit bei GPA-Patienten mit Besiedlung durch Staphylococcus aureus beschrieben [43]. Bei der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) erfolgt die Therapie der subglottischen Trachealstenose durch lokale Kortikoidinjektion und mechanische Dilatation [44]. Es existieren Patientenberichte bei denen bei therapierefraktären Verläufen der ANCA-assoziierten Vaskulitis, vor allem bei der GPA, erfolgreich eine Stammzelltransplantation durchgeführt wurde [45, 46].

� Zusammenfassung

Primäre Vaskulitiden sind im Kindesalter selten. Trotz großer wissenschaftlicher Anstrengungen ist die Pathophysiologie der pädiatrischen Vas-kulitiden weitgehend unklar. Daher basiert die Therapie auch heute noch größtenteils auf klini-schen Erfahrungen aus Fallserien oder Studien an

Abb. 7 | Granulomatose mit Polyangiitis. Sattelnasen-deformität bei einer 12-jährigen Patientin

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Key words: Vasculitis – children – systemic panarteritis nodosa – Takayasu-Arteriitis – AN-CA-associated vasculitis

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Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass bei der Erstellung des Beitrags keine Interessen-konflikte im Sinne der Empfehlungen des Inter-national Committee of Medical Journal Editors bestanden.

Dr. med. Anja SchnabelPädiatrische Rheumatologie und Immunologie

Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin

Universitätsklinikum Carl Gustav CarusTechnische Universität Dresden

Fetscherstr. 7401307 Dresden

[email protected]

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