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1 chirurgische praxis 2017 Band 82 / 1 Viszeralarterienaneurysma – Therapie – endovaskuläre Ausschaltung – offene Chirurgie chirurgische praxis 82, 1–9 (2017) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Chirurgische Therapiemöglichkeiten bei Viszeralarterien- aneurysmen S. Wolk 1 , R.-T. Hoffmann 2 und R. Grützmann 3 1 Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, 2 Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden 3 Chirurgische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen Einleitung Viszeralarterien- und Nierenarterienaneurysmen können in allen abdominellen Gefäßen vor- kommen. Als Aneurysma bezeichnet man eine Erweiterung des Gefäßlumens um mehr als das 1,5-fache des normalen Lumens. Im überwiegen- den Anteil der Fälle sind Viszeralarterien- und Nierenarterienaneurysmen asymptomatisch und Zufallsbefunde im Rahmen einer bildgebenden Diagnostik aufgrund anderer Beschwerden. Die Ruptur ist häufig das erste klinische Zeichen ei- ner Symptomatik. Je nach Lokalisation und Grö- ße des Aneurysmas bestehen unterschiedliche Rupturwahrscheinlichkeiten. Ziel der Therapie ist es, die Ruptur, welche mit einer hohen Mor- talität einhergeht, zu verhindern. Zur Behand- lung stehen auf der einen Seite endovaskuläre, auf der anderen Seite offen chirurgische Thera- pien zur Verfügung. Bei der Wahl der Therapie spielen patientenbezogene Faktoren, wie Ko- morbiditäten, als auch morphologische Faktoren eine Rolle. Die Therapie sollte nach Möglichkeit aufgrund niedriger Morbidität und Mortalität und kürzerer Krankenhausaufenthaltsdauer pri- mär endovaskulär erfolgen. Jedoch hat auch die chirurgische Therapie einen hohen Stellenwert für Aneurysmen, welche aufgrund der Morpho- logie für eine endovaskuläre Ausschaltung nicht geeignet sind. Für die Behandlung ist eine hohe Expertise in der Viszeral- und der Gefäßchirurgie notwendig. Epidemiologie und Lokalisation Nieren- und Viszeralarterienaneurysmen sind seltene Erkrankungen. Die geschätzte Inzidenz beträgt bei Nieren- (NAA) und Viszeralarterien- aneurysmen (VAA) im Splanchnikusgebiet jeweils 0,01 – 0,09 % und 0,1–2 % [1]. Bei VAA ist in 60 % die Milzarterie betroffen, in 20 % die A. hepatica, in 5 % die A. mesenterica superior, in 4 % der Truncus coeliacus, in 3 % die A. gastrica oder A. gastroepiploica und in 1 % die A. pancre- aticoduodenalis [2]. Patienten mit Aneurysmen der A. hepatica weisen zudem meist eine Koinzi- denz von Aneurysmen der viszeralen (31 %) und nicht-viszeralen Arterien (42 %) auf [2]. CME c m e. m g o -f ac h v e rl a g e .d e

05 cp82-1 Wolk CME

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1chirurgische praxis 2017 Band 82 / 1

Viszeralarterienaneurysma – Therapie – endovaskuläre Ausschaltung – offene Chirurgie

chirurgische praxis 82, 1–9 (2017) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG

Chirurgische Therapiemöglichkeiten

bei Viszeralarterien­aneurysmen

S. Wolk1, R.-T. Hoffmann2 und R. Grützmann3

1Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie,

2Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik,

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden

3Chirurgische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen

� Einleitung

Viszeralarterien- und Nierenarterienaneurysmen können in allen abdominellen Gefäßen vor-kommen. Als Aneurysma bezeichnet man eine Erweiterung des Gefäßlumens um mehr als das 1,5-fache des normalen Lumens. Im überwiegen-den Anteil der Fälle sind Viszeralarterien- und Nierenarterienaneurysmen asymptomatisch und Zufallsbefunde im Rahmen einer bildgebenden Diagnostik aufgrund anderer Beschwerden. Die Ruptur ist häufig das erste klinische Zeichen ei-ner Symptomatik. Je nach Lokalisation und Grö-ße des Aneurysmas bestehen unterschiedliche Rupturwahrscheinlichkeiten. Ziel der Therapie ist es, die Ruptur, welche mit einer hohen Mor-talität einhergeht, zu verhindern. Zur Behand-lung stehen auf der einen Seite endovaskuläre, auf der anderen Seite offen chirurgische Thera-pien zur Verfügung. Bei der Wahl der Therapie spielen patientenbezogene Faktoren, wie Ko-morbiditäten, als auch morphologische Faktoren eine Rolle. Die Therapie sollte nach Möglichkeit aufgrund niedriger Morbidität und Mortalität und kürzerer Krankenhausaufenthaltsdauer pri-mär endovaskulär erfolgen. Jedoch hat auch die chirurgische Therapie einen hohen Stellenwert für Aneurysmen, welche aufgrund der Morpho-logie für eine endovaskuläre Ausschaltung nicht geeignet sind. Für die Behandlung ist eine hohe Expertise in der Viszeral- und der Gefäßchirurgie notwendig.

� Epidemiologie und Lokalisation

Nieren- und Viszeralarterienaneurysmen sind seltene Erkrankungen. Die geschätzte Inzidenz beträgt bei Nieren- (NAA) und Viszeralarterien-aneurysmen (VAA) im Splanchnikusgebiet jeweils 0,01 – 0,09 % und 0,1–2 % [1]. Bei VAA ist in 60 % die Milzarterie betroffen, in 20 % die A. hepatica, in 5 % die A. mesenterica superior, in 4 % der Truncus coeliacus, in 3 % die A. gastrica oder A. gastroepiploica und in 1 % die A. pancre-aticoduodenalis [2]. Patienten mit Aneurysmen der A. hepatica weisen zudem meist eine Koinzi-denz von Aneurysmen der viszeralen (31 %) und nicht-viszeralen Arterien (42 %) auf [2].

CMEcm

e.mgo -fachverlage

.de

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von Trauma, Infektion oder entzündlichen Pro-zessen [4]. So sind in 33,8 % eine Pankreatitis oder abdominelle Entzündung die Ursache und in 9,1 % traumatisch oder iatrogen entstanden [5]. Die Häufigkeit von VAPA nimmt durch die Zunahme von vaskulären Interventionen oder endoskopischen Verfahren an den Gallenwegen zu [6]. Aufgrund der hohen Rupturgefahr von VAPA sollten diese unabhängig von der Größe behandelt werden.

Das Rupturrisiko von echten VAA variiert je nach Lokalisation. So beträgt dies bei Nieren-arterienaneurysmen 3 – 6 %, bei Milzarterien-aneurysmen 2 – 10 %, 14 – 80 % bei Aneurysmen der A. hepatica und 75 % bei Aneurysmen der A. pancreaticoduodenalis [3, 6 – 8]. Eine be-sonders hohe Rupturrate zeigen VAA bei jungen schwangeren Frauen. So rupturieren fast alle VAA der A. mesenterica superior und 20 – 40 % der VAA der A. lienalis während der Schwanger-schaft, weshalb diese unbedingt therapiert wer-den sollten [9, 10].

� Klinik

Die meisten VAA werden durch den häufigen Einsatz von CT-Untersuchungen als Zufallsbe-fund im asymptomatischen Stadium entdeckt [11]. Die klinische Präsentation im symptoma-tischen Stadium ist abhängig von der Lokali-sation. So werden Aneurysmen der A. hepatica in 80 % als Ruptur symptomatisch [12]. Pati-enten mit einem rupturierten Viszeralarterien-aneurysma (rVAA) der A. hepatica haben in 55 % abdominelle Schmerzen und in 46 % eine gas trointestinale Blutung oder eine Hämobilie. Die Quincke-Trias beschreibt einen Symptom-komplex aus abdominellen Schmerzen, Hämo-bilie und mechanischem Ikterus, welcher nur bei 30 % der Patienten vorkommt [13]. Bei der körperlichen Untersuchung findet man nur bei großen Aneurysmen einen positiven Un-tersuchungsbefund in Form eines abdominel-len Strömungsgeräuschs oder einer pulsatilen Raumforderung im rechten Oberbauch [14]. Milzarterienaneurysmen werden meist in Form einer freien Ruptur symptomatisch. Typischer-

� Ätiologie und Verlauf

Über die genaue Pathogenese von VAA ist wenig bekannt. Die häufigsten Ursachen sind Arte-riosklerose (32 %), Mediadegeneration (24 %), abdominelle Traumata (22 %), Infektionen und entzündliche Erkrankungen (10 %), angeborene oder erworbene Bindegewebserkrankungen (Mar-fan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom, Morbus Osler-Weber-Rendu, fibromuskuläre Dysplasie, Kawasaki-Syndrom, hereditäre hämorrhagische Telangiektasie) oder Zustände, die mit einem erhöhten Fluss in den Viszeralarterien einherge-hen (Schwangerschaft, portale Hypertonie) [2, 3]. Aber auch Systemerkrankungen wie der Lupus erythematosus, die juvenile rheumatoide Arthri-tis (Still-Syndrom), die Hashimoto-Thyreoiditis und die Polyarteritis nodosa können sehr seltene Ursachen sein [2]. Neben wahren VAA, bei denen alle drei Wand-schichten ausgedünnt und dilatiert sind, unter-scheidet man Viszeralarterienpseudoaneurysmen (VAPA). VAPA entstehen durch einen Einriss in der Arterienwand mit Bildung eines extravasa-len Hämatoms. VAPA entstehen zum größten Teil iatrogen nach chirurgischen, endoskopischen oder interventionellen Eingriffen oder als Folge

Lokalisation Häufigkeit Rupturrate

A. renalis 0,01–0,1 % 3–6 %

A. lienalis 0,1–2 % 2–10 %

A. hepatica 14–80 %

A. pancreatico-duodenalis

75 %

Tab. 1 | Lokalisation, Häufigkeit und Rupturrate von NAA und VAA

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weise geht diese initial mit Abdominal- oder Flankenschmerzen einher, gefolgt von einem hämorrhagischen Schock im Verlauf von 6 bis 96 Stunden. Dieses sog. »Doppelrupturphäno-men« ist durch eine initiale Tamponade der Blutung in der Bursa omentalis erklärt, welcher eine freie Blutung in die Bauchhöhle mit einer Latenz folgt [15]. Aneurysmen der A. mesen-terica superior können durch intermittierende abdominelle Schmerzen symptomatisch werden, die meist Folge einer chronischen peripheren Embolisation sind. Jedoch sind auch fulminante Verläufe mit einer akuten Mesenterialischämie möglich. Etwa 38 % dieser Aneurysmen ruptu-rieren [2]. An anderen Lokalisationen werden die Aneurysmen mit gastrointestinalen Blutun-gen und intraabdominellen Blutungen mit hä-morrhagischem Schock symptomatisch [2]. NAA sind in 75 % der Fälle asymptomatisch, bei 10 % der Patienten besteht ein schwer einstellbarer therapierefraktärer Hypertonus, bei 6 % beste-hen Flankenschmerzen, bei 4 % eine Hämaturie und bei 2 % abdominelle Schmerzen. Als Be-sonderheit können bei der Hälfte der Patienten durch die Behandlung des NAA der arterielle Hypertonus geheilt oder deutlich verbessert werden. Der genaue pathophysiologische Zu-sammenhang ist noch unklar [16].

� Diagnostik

Die Diagnose eines VAA wird meistens aufgrund von bildgebenden Untersuchungen, welche auf-grund eines Follow-Ups nach onkologischen Er-krankungen, bei Verdacht auf akute abdominel-le Erkrankungen, Tumorstaging und präoperativ vor anderen Operationen durchgeführt werden, gestellt [17]. In der farbkodierten Duplexsono-grafie zeigt sich eine runde, echofreie, perfun-dierte Raumforderung, die einen thrombotischen Randsaum aufweisen kann. Als Goldstandard kommt die CT-Angiografie mit 3D-Rekonstrukti-on zum Einsatz. Insbesondere zur Beurteilung der Morphologie, Lokalisation, Seitenäste, Größe und nachgeschalteten Blutversorgung ist eine suffiziente Bildgebung unabdingbar (Abb. 1, 2) [18]. Mit der diagnostischen Angiografie las-sen sich zudem abführende Gefäße, Kollateralen

und spezielle Gefäßvarianten beurteilen und damit eine subtile Behandlungsplanung durch-führen [19].

� Therapie

Eine Indikation zur Therapie besteht bei sym-ptomatischen oder rVAA, einem Diameter von über 2 – 2,5 cm, einer Wachstumsrate von über 0,5 cm/Jahr, bei Frauen mit Kinderwunsch, Schwangeren oder Lebertransplantierten in der elektiven Situation [20, 21]. VAA unter 2 cm sollten halbjährlichen duplexsonografischen Ver-laufskontrollen unterzogen werden [18]. VAPA sollten im Gegensatz hierzu aufgrund des hohen Rupturrisikos in jeder Größe behandelt werden, da die Größe nicht als alleiniger Indikator für eine Ruptur angesehen werden kann. Pitton et. al. konnten beispielsweise zeigen, dass 76 % von VAPA im Stadium der Ruptur behandelt wurden und nur 3,1 % der VAA [17]. Auch in einer gro-ßen Serie von Shukla et al. waren 81,8 % der rVAA Pseudoaneurysmen [5]. Für die Behand-lung stehen endovaskuläre und offen chirurgi-sche Techniken zur Verfügung. Ziel der Therapie ist es, den Aneurysmasack aus dem Blutfluss auszuschalten und hierbei möglichst die distale Perfusion zu erhalten.

� Endovaskuläre Therapie

In der endovaskulären Therapie stehen verschie-dene Behandlungsmethoden je nach Morpholo-gie und Lage des Aneurysmas zur Verfügung. Bei der sog. »Sandwich-Technik« isoliert man das Aneurysma aus dem Blutstrom, indem man eine proximale und distale Embolisation durchführt. Dies kann mit Coils (Abb. 3, 4) oder sog. Vas-cular Plugs erfolgen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn eine distale Perfusion nicht notwendig ist, z. B. bei gut kollateralisierten Organen wie der Milz. Um den distalen Blutfluss zu erhal-ten, können gecoverte Stentgrafts implantiert werden, welche ballon- oder selbstexpandierbar sein können. Bei sakkulären wahren Aneurysmen mit schmalem Hals kann auch das Coil packing durchgeführt werden, bei dem das Aneurysma

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Abb. 1 | Diagnostik von VAA A: CT-Angiografie eines Nie- renarterienaneurysmas rechts; B: Diagnosti-sche Angiografie eines Nierenarterien aneurysmas rechts; C/D: CT-Angiografie eines kombi nierten Aneurys-mas der A. hepatica und des Truncus coeliacus

Abb. 2 | CT-Angiografie eines Pseudoaneurysmas der A. hepatica

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Abb. 3 | Angiografie eines Pseudoaneurysmas

der A. hepatica

Abb. 4 | Angiografie nach Coiling des

Pseudoaneurysmas der A. hepatica

mit vielen Coils ausgekleidet wird, um zu einer kompletten Thrombosierung zu führen. Bei Pseu-doaneurysmen sollte dies jedoch aufgrund der Gefahr der weiteren Expansion durch die fehlen-de Gefäßwand unterlassen werden. Bei starker Gewundenheit der Gefäße kann auch eine Ver-klebung mit Onyx oder n-butyl-Cyanoacrylkleber

in Erwägung gezogen werden [22]. In großen Serien konnte durch diese Methoden ein hoher technischer Erfolg von 89 – 98 % erreicht werden [21, 23]. Die endovaskuläre Therapie birgt je-doch auch Komplikationsmöglichkeiten. So kann es zur distalen Thrombembolie, Migration des Materials, Endorganischämie und im schlimms-

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zum einen autologes Venenmaterial (z. B. Vena saphena magna) oder Prothesen (z. B. Dacron®) verwenden (Abb. 5). Die Ligatur proximal und distal des Aneurysmas benötigt eine ausreichen-de Kollateralisation und kommt bei Aneurysmen der A. lienalis, der A. gastroduodenalis und der A. mesenterica inferior in Betracht. Insbesonde-re in Notfallsituationen stellt dies den Standard dar. Auch kann eine Aneurysmorrhaphie erfolgen. Als letztes Mittel kann eine Endorganresektion durchgeführt werden (Nephrektomie oder Splenek-tomie). Es sollte jedoch immer der Organerhalt angestrebt werden. Laparoskopisch besteht zudem die Möglichkeit des Aneurysmaclippings [24]. Der Vorteil der chirurgischen Therapie besteht darin, auch Pathologien zu behandeln, die der endovas-kulären Therapie nicht zugänglich sind, in einem geringeren Follow-up und einer niedrigen Mortali-tät von 0,5 % in der elektiven Versorgung [1, 25].

� Vergleich endovaskuläre und offen chirurgische Therapie

Das Vorgehen in der Versorgung von VAA und Nierenarterienaneurysmen ist abhängig von der

ten Fall zur Aneurysmaruptur kommen. Weitere Komplikationen sind In-Stent-Verschlüsse. Nach endovaskulärer Therapie wird ein lebenslanges Follow-Up mit bildgebenden Verfahren benötigt. Die Langzeitergebnisse sind noch unklar [6].

� Offen chirurgische Therapie

Die offen chirurgische Versorgung von VAA ist ein etabliertes Verfahren mit geringer Mortalität bei Patienten mit wenigen Begleiterkrankungen. Als Zugangsweg erfolgt eine mediane Laparoto-mie, über welche fast alle VAA explorierbar sind. Zusätzlich kann bei zentralen Aneurysmen eine viszerale Rotation durchgeführt werden. Aneurys-men des Truncus coeliacus, der A. lienalis und der A. hepatica sind auch über eine quere Ober-bauchlaparotomie zugänglich. Die chirurgischen Methoden zur Ausschaltung der VAA bestehen in der Aneurysmaresektion mit End-zu-End-Anasto-mosierung der zu- und abführenden Arterie bei elongierten Gefäßen und kleinen Aneurysmen. Bei größeren VAA kann eine spannungsfreie Re-konstruktion oft nur durch Bypass- oder Inter-ponatanlage erreicht werden. Hierfür kann man

Abb. 5 | Chirurgische Therapie eines Nierenarterienaneurysmas A: Darstellung des Nierenarterienaneurysma in situ, Anzügeln der V. renalis rechts; B: Rekonstruktion durch Veneninterponat; C: CT-Angiografie ein Jahr postoperativ mit gutem Ergebnis nach Rekonstruktion

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komplikationen (endovaskulär 4 %, offen 19 %) und den Majorkomplikationen (endovaskulär 2 %, offen 8 %) zugunsten der endovaskulären Versorgung. Bemerkenswert ist die niedrige Mortalität von nur 0,3 %. Auch wenn ein Vorteil der endovaskulären Versorgung gezeigt werden konnte, so wurden einige Aneurysmen aufgrund morphologischer Kriterien (Einbezug wichtiger Seitenäste in das Aneurysma) oder junge Patien-ten offen chirurgisch behandelt [16].

� Fazit

Die Indikation zur Behandlung von VAA und NAA ergibt sich aus der Größe und der Symptomatik. Aufgrund des deutlich schlechteren Outcomes bei rVAA sollte einer Ruptur zuvor gekommen werden. Die endovaskuläre Therapie hat sich bei der Therapie als Standard durchgesetzt, da sie eine hohe technische Erfolgsrate aufweist, sowie mit einer geringen Krankenhausaufenthaltsdau-er für den Patienten einhergeht. In der Elektiv-situation besteht jedoch zwischen Major- und Minorkomplikationen kein Unterschied in beiden Therapieformen, weshalb bei elektiven Patienten und ungeeigneter Aneurysmamorphologie für die endovaskuläre Ausschaltung, die offene Therapie empfohlen werden kann. Im Stadium der Ruptur zeigt sich ein Vorteil der endovaskulären The-rapie bezüglich des Langzeitüberlebens. Jedoch eignet sich diese Methode nur bei hämodyna-misch stabilen Patienten.

� Zusammenfassung

Viszeralarterienaneurysmen sind seltene Erkran-kungen, welche meist asymptomatisch sind. Die meisten Viszeralarterienaneurysmen werden erst im Stadium der Ruptur mit Schocksymptomatik und abdominellen Schmerzen symptomatisch. Die Genese dieser Aneurysmen ist in den meisten Fällen auf dem Boden einer Atheriosklerose. Im Gegensatz zu diesen echten Aneurysmen unter-scheidet man noch sog. Viszeralarterienpseudoan - eurysmen, welche meistens iatrogen entstehen. Ziel der Therapie ist, eine Ruptur zu verhindern. Das Rupturrisiko unterscheidet sich hierbei zwi-

Morphologie und Komorbiditäten des Patienten. Die endovaskuläre Versorgung sollte je nach Mor-phologie des Aneurysmas aufgrund der niedrigen periinterventionellen Morbidität und Mortalität, sowie der hohen technischen Erfolgsrate bevor-zugt werden. Sie ist insbesondere von Vorteil bei Patienten mit schweren Allgemeinerkran-kungen und kann in Lokalanästhesie erfolgen. Bei durch Entzündungen hervorgerufenen VAPA und abdominell voroperierten Patienten (hostile Abdomen) birgt sie deutliche Vorteile aufgrund des geringen Zugangstraumas [21].

Shukla et al. bevorzugt ein primär endovaskulä-res Vorgehen mit einer primären Erfolgsrate von über 98 % bei VAA. Die perioperative Mortalität bei der elektiven Versorgung von VAA lag bei der offenen und der endovaskulären Versorgung bei jeweils 0 %. Bei rVAA bestand ein signifi-kanter Vorteil bezüglich der endovaskulären Ver-sorgung mit einer 30-Tages-Mortalität von nur 7,4 % gegen 28,6 % bei der offenen Versorgung. Bezüglich der Major- und Minorkomplikationen bestand in der Elektivsituation kein signifikan-ter Unterschied. Im 3-Jahres-Follow-Up aller be-handelten Patienten war ein signifikant besseres Überleben der elektiv behandelten Patienten von 91,1 % gegen 63,1 % bei rVAA zu verzeichnen. Der Vergleich zwischen der offenen und endo-vaskulären Versorgung in der Elektivsituation zeigte keinen Unterschied. Bei rVAA zeigten die Patienten nach zwei Jahren nach endovaskulärer Versorgung ein signifikant besseres Überleben von 69,4 % im Vergleich zu 46,4 % bei der offe-nen Versorgung [5]. Die größte Serie der endo-vaskulären Therapie von Fankhauser et al. mit 176 behandelten Patienten berichtet von einer 30-Tages-Mortalität und einer aneurysmabezo-genen Mortalität von jeweils 6,2 % und 3,2 %, wobei alle verstorbenen Patienten aus der Grup-pe der rVAA waren [26].

In einer multizentrischen Registerstudie von Klausner et al. konnte bei NAA ein deutlicher Vorteil der endovaskulären Therapie bezüglich der Krankenhausaufenthaltsdauer von zwei Ta-gen im Vergleich zu 8 Tagen bei Patienten nach offener Operation gezeigt werden. Ein nicht si-gnifikanter Unterschied besteht bei den Minor-

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schen echten und Pseudoaneurysmen, sowie der Lokalisation. Als Goldstandard der Diagnostik und Therapieplanung dient die CT-Angiografie. Eine Therapie kann entweder offen chirurgisch oder interventionsangiografisch erfolgen. Ziel ist es, möglichst das Aneurysma vollständig auszuschalten und hierbei die distale Perfusi-on zu erhalten. Das gewählte Therapieverfahren hängt vor allem von morphologischen Kriteri-en ab. Die Ergebnisse beider Therapieverfahren sind hervorragend, wobei bezüglich des kürzeren Krankenhausaufenthaltes die endovaskuläre The-rapie überlegen ist.

Wolk S, Hoffmann RF, Grützmann R: Surgical therapy of visceral artery aneurysms

Summary: Visceral artery aneurysms are rare conditions. The clinical presentation is mostly asymptomatic. Abdominal pain and hypotension are the first symptoms of ruptured visceral artery aneurysms. The etiology of true aneurysms is mostly caused by atherosclerosis, whereas pseudoaneurysms develop iatrogenic after surgical or endoscopic interventions. The goal of the therapy is to prevent a rupture. The risk of rupture distinguishes between true and pseudoaneurysms and the location. The primary diagnostics before therapy is the CT-angiography. Surgical or endovascular therapies are equivalent therapeutic methods. The aim of the therapy is to exclude the aneurysm from the blood flow without impairment of the distal perfusion. The choice of therapeutic method depends on morphological criteria. The results of both methods are good, but the endovascular therapy offers the advantage of shorter length of hospital stay.

Keywords: visceral artery aneurysm – therapy – endovascular therapy – open surgical therapy

chirurgische praxis 2017 Band 82 / 1 9

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass bei der Erstellung des Beitrags keine Interessen-konflikte im Sinne der Empfehlungen des Inter-national Committee of Medical Journal Editors bestanden.

Dr. Steffen WolkKlinik und Poliklinik für

Viszeral-,Thorax- und GefäßchirurgieUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus

Fetscherstraße 7401307 Dresden

[email protected]

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