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ONKOLOGIE TOPTHEMA TOPTHEMA: ONKOLOGIE DZKF 3-2013 19 Krebstherapien zeitgleich – Verbesserung der Therapieergebnisse durch simultane Radiochemotherapie Die gleichzeitige Applikation von Chemotherapie und Strahlentherapie, als simultane Radiochemotherapie bezeichnet, hat sich in den letzten Jahrzehnten im Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie oder sequentiellen Radiochemotherapie (zunächst (Chemotherapie, dann Bestrahlung) bei einer Vielzahl von soliden Tumoren als vorteilhaft erwiesen. In vielen Fällen gilt sie heute als Standardbehandlung. Da die Nebenwirkungsrate dieser simultanen Therapie erhöht sein kann, ist eine genaue Kenntnis der jeweiligen Wirkungsmechanismen und der Toxizitätsspektren erforderlich. Bis Anfang der 90er Jahre wurde die Strahlentherapie überwiegend als Monotherapie eingesetzt. Die Behand- lung erfolgte dabei postoperativ oder als alleinige definiti- ve Radiotherapie (Bestrahlung bei vorhandenem makro- skopischem Tumor). Die Kombination von Chemothera- pie und Strahlentherapie wurde in den 60er Jahren bzw. Anfang der 70er Jahre in der Behandlung des Ewing-Sar- koms und des Morbus Hodgkins erstmals eingesetzt [28, 27] . Dabei erfolgte im Wesentlichen zunächst eine Chemothe- rapie, anschließend eine Strahlentherapie. Seit Anfang der 80er Jahre wurden sowohl theoretische Modelle wie auch erste klinische Untersuchungen zur gleichzeitigen Applikation von Chemotherapie und Strah- lentherapie durchgeführt. Im Rahmen dieser Übersichtsarbeit sollen die Möglichkei- ten, die Ergebnisse und die Zukunftsaussichten der gleich- zeitigen Applikation von Strahlentherapie und Chemothe- rapie dargestellt werden. Definitionen Die Kombination von Chemotherapie und Strahlenthe- rapie wird allgemein als Chemoradiotherapie oder Radio- chemotherapie bezeichnet. Je nach der zeitlichen Abfolge der beiden Therapiemodalitäten werden insgesamt drei Hauptformen unterschieden. Simultane Radiochemotherapie Strahlentherapie und Chemotherapie werden dabei in ei- nem engen zeitlichen Zusammenhang, meist am gleichen Tag, appliziert. Hauptzielsetzung der simultanen Radioche- motherapie ist eine Verstärkung der Strahlenreaktion inner- halb der bestrahlten Region. Das heißt mit dieser Modalität soll eine Verbesserung der lokoregionären Tumorkontrolle erreicht werden. Aufgrund der engen zeitlichen und räumli- chen Kooperation der beiden Modalitäten müssen sowohl Abbildung 1 Strahlentherapeutische Behandlung mittels Linearbeschleuniger Strahlenklinik Erlangen

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TOPTHEMA: ONKOLOGIE DZKF 3-2013 19

Krebstherapien zeitgleich –Verbesserung der Therapieergebnissedurch simultane RadiochemotherapieDie gleichzeitige Applikation von Chemotherapie und Strahlentherapie,als simultane Radiochemotherapie bezeichnet, hat sich in den letztenJahrzehnten im Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie odersequentiellen Radiochemotherapie (zunächst (Chemotherapie, dannBestrahlung) bei einer Vielzahl von soliden Tumoren als vorteilhaft erwiesen.In vielen Fällen gilt sie heute als Standardbehandlung. Da dieNebenwirkungsrate dieser simultanen Therapie erhöht sein kann, ist einegenaue Kenntnis der jeweiligen Wirkungsmechanismen und derToxizitätsspektren erforderlich.

Bis Anfang der 90er Jahre wurde die Strahlentherapieüberwiegend als Monotherapie eingesetzt. Die Behand-lung erfolgte dabei postoperativ oder als alleinige definiti-ve Radiotherapie (Bestrahlung bei vorhandenem makro-skopischem Tumor). Die Kombination von Chemothera-pie und Strahlentherapie wurde in den 60er Jahren bzw.Anfang der 70er Jahre in der Behandlung des Ewing-Sar-koms und des Morbus Hodgkins erstmals eingesetzt [28, 27].Dabei erfolgte im Wesentlichen zunächst eine Chemothe-rapie, anschließend eine Strahlentherapie.

Seit Anfang der 80er Jahre wurden sowohl theoretischeModelle wie auch erste klinische Untersuchungen zurgleichzeitigen Applikation von Chemotherapie und Strah-lentherapie durchgeführt.

Im Rahmen dieser Übersichtsarbeit sollen die Möglichkei-ten, die Ergebnisse und die Zukunftsaussichten der gleich-zeitigen Applikation von Strahlentherapie und Chemothe-rapie dargestellt werden.

Definitionen

Die Kombination von Chemotherapie und Strahlenthe-rapie wird allgemein als Chemoradiotherapie oder Radio-chemotherapie bezeichnet. Je nach der zeitlichen Abfolgeder beiden Therapiemodalitäten werden insgesamt dreiHauptformen unterschieden.

Simultane RadiochemotherapieStrahlentherapie und Chemotherapie werden dabei in ei-

nem engen zeitlichen Zusammenhang, meist am gleichenTag, appliziert. Hauptzielsetzung der simultanen Radioche-

motherapie ist eine Verstärkung der Strahlenreaktion inner-halb der bestrahlten Region. Das heißt mit dieser Modalitätsoll eine Verbesserung der lokoregionären Tumorkontrolleerreicht werden. Aufgrund der engen zeitlichen und räumli-chen Kooperation der beiden Modalitäten müssen sowohl

Abbildung 1Strahlentherapeutische Behandlung mittels Linearbeschleuniger

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die Chemotherapie als auch die Bestrahlung exakt aufeinan-der abgestimmt werden. Die Chemotherapie muss häufigdosisreduziert appliziert werden. Mehrere gesplittete Gabender Chemotherapie (z. B. wöchentliche Applikation) odereine Dauerinfusion (z. B. von 5-FU = 5-Fluorouracil) sindoft von Vorteil – das Bestrahlungsvolumen muss unter Um-ständen reduziert werden. Aufgrund der reduzierten Che-motherapiedosis besteht häufig die Befürchtung, dass dersystemische Effekt der Chemotherapie nicht ausreichendist. Die lokale Nebenwirkungsrate dieser Therapieform istmeist höher als bei alleiniger Bestrahlung. Auch sind nichtalle Zytostatika für die gleichzeitige Applikation geeignet,insbesondere muss das spezifische Toxizitätsmuster jedesZytostatikums mit dem Toxizitätsspektrum der Strahlenthe-rapie abgeglichen werden. Überlappende Toxizitäten derStrahlentherapie und Chemotherapie sollten vermiedenwerden. Beispielsweise dürfen z. B. Bleomycin und Strah-lentherapie möglichst nicht im Bereich der Lunge eingesetztwerden, bei einer Applikation von Adriamycin sollte auf dieBestrahlung des Herzens verzichtet werden.

Für den Patienten hat die simultane Radiochemothera-pie den großen Vorteil, dass die Behandlung innerhalb ei-nes Zeitraumes von sechs bis acht Wochen durchgeführtwerden kann.

Sequentielle RadiochemotherapieHier wird zunächst eine Chemotherapie über 2-4 Zyklen

appliziert, anschließend erfolgt eine Strahlentherapie. DieTherapiemodalitäten werden also nicht gleichzeitig, sondernzeitlich versetzt durchgeführt. Dies hat den Vorteil, dass dieChemotherapie in einer höheren Intensität erfolgt als bei ei-ner simultanen Radiochemotherapie; die Strahlentherapiebleibt meist unverändert. Hauptzielsetzung dieser Behand-lung ist daher eine Verbesserung der Fernmetastasierung beigleichbleibender lokaler Tumorkontrolle. Dieses Verfahrenkann auch als Induktionschemotherapie bezeichnet werden.Heutzutage wird bei einer Reihe von Tumoren (z. B. Pankre-askarzinom, Tumoren der Kopf-Hals-Region) eine Kombi-nation aus sequentieller und simultaner Radiotherapie unter-sucht. Damit sollen theoretisch die Vorteile beider Modalitä-ten verbunden werden nämlich eine verbesserteFernmetastasierungsrate und eine verbesserte lokale Kon-trolle. Der klinische Beweis im Rahmen von randomisiertenStudien ist bislang allerdings noch nicht erbracht worden(siehe unten). Zeitlich bedeutet dies für die Patienten, dassfür die Chemotherapie ein Zeitraum von zwei bis vier Mona-ten notwendig ist, für die anschließende Strahlentherapieweitere sechs Wochen. Dieses Verfahren ist für den Patientenalso wesentlich zeitaufwändiger als eine alleinige simultaneRadiochemotherapie.

Adjuvante RadiochemotherapieBei diesem Verfahren wird zunächst eine Strahlenthe-

rapie, anschließend eine Chemotherapie appliziert. Bei-spielsweise wurde bei Hirntumoren im Rahmen derEORTC Studie 26951 [47] zunächst eine Strahlentherapieanschließend sechs Zyklen einer PCV-Chemotherapie ap-pliziert. Auch dieses Verfahren bedeutet für den Patienteneinen zeitlichen Aufwand von fünf bis sechs Monaten.

Die theoretischen Grundlagen dieser Therapiemodalitätenkönnen bei den Literaturstellen [44, 7] nachgelesen werden.

Therapieergebnisse

Randomisierte Studien haben bei einer Vielzahl von Or-gantumoren (siehe unten) gezeigt, dass durch eine simultaneRadiochemotherapie im Vergleich zu einer alleinigen Be-strahlung eine Verbesserung der lokoregionären Kontrolleund der Überlebensraten erreicht werden kann. Im Vergleichzu einer sequentiellen Kombination von Chemotherapieund Bestrahlung konnte bei einzelnen Tumorentitäten eben-falls gezeigt werden, dass durch die simultane Radiochemo-therapie verbesserte lokale Kontrollraten erzielt werdenkönnen bzw. dass sich die Ergebnisse trotz einer Verlänge-rung und Intensivierung der sequentiellen Therapie nichtwesentlich verbessern. Dies soll an einigen Tumorentitätenexemplarisch dargestellt werden.

Tumoren der Kopf-Hals-RegionBei Tumoren der Kopf-Hals-Region konnte durch eine

simultane Kombination aus Strahlentherapie mit Chemo-therapie mit Cisplatin, Cisplatin und 5-FU, Carboplatin, 5-FU und Mitomycin-C sowohl in der definitiven Situation(bei vorhandenem makroskopischen Primärtumor bzw.Lymphknotenmetastasen) wie auch in der postoperativenSituation die Prognose der Patienten verbessert werden.Dazu liegen eine Vielzahl von randomisierten Studien wieauch Metaanalysen [9, 37, 12] vor. In den Metaanalysen lag derÜberlebensvorteil einer simultanen Radiochemotherapieim Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie in derGrößenordnung von 5 % nach fünf Jahren und war amstärksten ausgeprägt bei Oropharynxkarzinomen. Auch inder postoperativen Situation konnte in drei randomisiertenStudien [16, 8, 20] eine Verbesserung der lokalen Kontrolle undin einer Studie ein signifikanter Effekt auf die Überlebens-rate gezeigt werden. Inzwischen wissen wir, dass am meis-ten diejenigen Patienten profitieren, bei denen ein extrak-apsuläres Wachstum im Lymphknotenbereich oder eineR1-Situation vorliegt.Auch in den Studien zum Funktions-erhalt (d. h. Erhalt des Kehlkopfes und damit der Sprache)zeigten Studien eine Verbesserung des Larynxerhaltsdurch eine simultane Radiochemotherapie im Vergleich zueiner alleinigen Bestrahlung [22].

Im Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie ist dieakute Nebenwirkungsrate deutlich erhöht. Dies betrifft ins-besondere die Dermatitis, die Mukositis und die hämatolo-gische Toxizität. Das heißt diese Therapieverfahren müs-sen durch eine intensive supportive Behandlung begleitetwerden: Pflege der Haut- und Schleimhäute, eine adäquateErnährungstherapie sowie ggf. Schmerzbehandlung. Da-mit kann eine protokollgerechte Therapiedurchführung inden meisten Fällen erreicht werden.

Wird zunächst eine Chemotherapie mit Cisplatin und 5-FUvor der Bestrahlung durchgeführt (sequentielle Radioche-motherapie), so ist dies gegenüber einer simultanen Radio-chemotherapie allenfalls gleichwertig, in einigen Studien

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unterlegen. Daher wurde eine intensivierte Chemotherapiemit dem sogenannten TPF-Schema (Docetaxel, Cisplatin,5-FU) eingeführt, dass sich einer Induktionschemothera-pie mit Cisplatin/5-FU als überlegen erwiesen hat [38, 39, 48].Die bisher publizierten Daten zum Vergleich einer TPF-In-duktionschemotherapie mit nachfolgender Bestrahlunggegenüber einer simultanen Radiochemotherapie konntenbislang keinen weiteren Überlebensvorteil zugunsten derInduktionschemotherapie zeigen [13, 25]. Insbesondere dieakute Toxizität ist bei einer Induktionschemotherapie mitdem TPF-Schema deutlich höher als bei einer simultanenRadiochemotherapie, die Therapiedauer mit sechs Mona-ten (Induktionschemotherapie mit TPF) gegenüber einersimultanen Radiochemotherapie mit sechs bis acht Wo-chen deutlich länger.

Nicht-kleinzelliges Bronchial-KarzinomEine simultane Radiochemotherapie wird hier insbeson-

dere im Stadium IIIb eingesetzt. Parallel zur Bestrahlungkönnen als Cytostatika Cisplatin (Carboplatin) in Kombina-tion mit Etoposid; Vinorelbin; Paclitaxel, Gemcitabine undPermetrexed eingesetzt werden. Sowohl randomisierte Stu-dien wie auch Metaanalysen zeigten, dass durch die simulta-ne Kombination aus Chemotherapie und Strahlentherapieim Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie die lokaleKontrolle und die Prognose der Patienten verbessert wur-den. In einer Metaanalyse fand sich eine Verbesserung derÜberlebensraten nach fünf Jahren von ca. 5 % (Hazard Ra-tio 0,84) [3]. Dies war insbesondere auf eine deutliche Ver-besserung der lokalen Kontrolle zurückzuführen.

Auch durch eine sequentielle Radiochemotherapie kannim Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie die Pro-gnose der Patienten verbessert werden. Die Größenord-nung dieses Effektes in Metaanalysen liegt in einem ver-gleichbaren Bereich (Hazard Ratio 0,88) wie die simultaneTherapie [2]. Daher wurde in weiteren randomisierten Stu-dien eine simultane und sequentielle Radiochemotherapiedirekt miteinander verglichen, wobei sich in den meistendieser Studien [17, 23] ein signifikanter Vorteil zugunsten ei-ner simultanen Radiochemotherapie im Vergleich zu einersequentiellen Radiochemotherapie fand. Dies wurde auchdurch eine Metaanalyse bestätigt [4]. Nach fünf Jahrenkonnte die Prognose der Patienten von 10,6 % auf 15,1 %(Hazard Ratio 0,84, p = 0,004) erhöht werden. Dieser Ef-fekt war insbesondere auf eine Verbesserung der lokalenKontrolle (Hazard Ratio 0,77, p = 0,011) zurückzuführen.Die Befürchtung, dass durch die etwas reduzierte Chemo-therapiedosis im Rahmen einer simultanen Radiochemo-therapie im Vergleich zu einer sequentiellen Applikationsich die Fernmetastasenrate verschlechtern würde, erfülltesich erfreulicherweise nicht (Hazard Ratio1,04, p = 0,69).Allerdings muss beachtet werden, dass bei einer simulta-nen Radiochemotherapie im Vergleich zu einer sequentiel-len Radiochemotherapie die Toxizität erhöht ist. Dies be-trifft insbesondere die akute Ösophagitis, aber auch dieakute hämatologische Toxizität. Erfreulicherweise ist dieLungentoxizität der Strahlentherapie als chronische The-rapiefolge nicht erhöht.

Bei dieser Tumorentität wurde auch versucht, die Effekti-vität einer simultanen Radiochemotherapie entwederdurch eine Induktionschemotherapie oder durch einenachfolgende adjuvante Chemotherapie zu verbessern.Die bislang vorliegenden Studien ergeben aber leider,dass weder durch eine Induktionschemotherapie [49] wieauch durch eine nachfolgende adjuvante Chemotherapie[26] die Prognose der Patienten im Vergleich zu einer allei-nigen simultanen Radiochemotherapie verbessert werdenkann.

Daher sollte eine Kombination aus simultaner Radioche-motherapie über einen Zeitraum von sechs Wochen diepräferierte Therapie für Patienten im Stadium IIIb sein.

Weitere TumorentitätenBei folgenden weiteren Tumoren (Übersicht bei [19]) er-

gab sich ebenfalls, dass durch die Kombination von Che-motherapie und Strahlentherapie im Vergleich zu einer al-leinigen Bestrahlung eine Verbesserung der Prognose er-reicht werden kann:– beim Glioblastom durch die Kombination von Strahlen-

therapie und Temozolomid (simultan und adjuvant) [46, 45];– beim Magenkarzinom bzw. Tumor des gastroösophage-

alen Übergangs in der postoperativen Situation durch ei-ne simultane Radiochemotherapie mit 5-FU (simultanund adjuvant) [32];

– beim Ösophaguskarzinom konnte in der definitiven Si-tuation (bei Vorliegen eines makroskopischen Tumors)

Abbildung 2Strahlentherapeutische Behandlung in Kombination mit Chemotherapie

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durch eine Kombination von Radiotherapie mit Cispla-tin/5-FU bzw. Mitomycin-C/5-FU die Prognose der Pa-tienten von 9 auf 14 Monate (Median) im Vergleich zuralleinigen Strahlentherapie erhöht werden [51, 15]. Auchhier zeigten Metaanalysen, dass sowohl eine Verbesse-rung der lokalen Kontrolle wie auch der Überlebensrateder Patienten um 4 bis 9 % nach zwei Jahren erreichbarsind [52].

– Beim Cervixkarzinom wird die simultane Radiochemo-therapie mit Cisplatin in der definitiven Situation wieauch in der postoperativen Situation eingesetzt [33, 42, 14].

– Beim Analkarzinom hat sich die Kombination aus Che-motherapie und Strahlentherapie mit 5-FU/Mitomycin-C für ein funktionserhaltendes Vorgehen bei einer Viel-zahl von Patienten bewährt [40, 5, 6].

– Beim Rektumkarzinom ist die Kombination von 5-FUzur Strahlentherapie der Standard [43], eine Verbesserungder Therapieergebnisse ist durch eine Kombination von5-FU und Oxaliplatin möglich [41].

– Beim Pankreaskarzinom: Hier hat sich die Kombinationaus Strahlentherapie mit Gemcitabin oder Capecitabinein randomisierten Studien bewährt [31, 53, 34].

– Beim kleinzelligen Bronchialkarzinom werden Cispla-tin und Etoposid parallel zu einer Strahlentherapie ein-gesetzt [21, 30].

– Beim Blasenkarzinom kann durch eine simultane RCTein funktionserhaltendes Konzept erfolgreich umgesetztwerden [29, 50, 36].

Insgesamt gesehen hat sich eine ganze Reihe von Zytosta-tika in der Kombination mit Strahlentherapie bewährt:– Temozolomid beim Glioblastom;– 5-FU bei Kopf-Hals-Tumoren, dem Ösophaguskarzi-

nom, dem Magenkarzinom, dem Pankreaskarzinom,dem Rektumkarzinom und Analkarzinom sowie bei Re-zidiven des Mammakarzinoms;

– Cisplatin und als Alternative Carboplatin bei der Be-handlung von Tumoren der Kopf-Hals-Region, Bron-chialkarzinomen (kleinzellig wie nicht kleinzellig),Ösophagus- und Blasenkarzinomen.

– Mitomycin C bei Tumoren der Kopf-Hals-Region, demÖsophagus-Kazinom und dem Anal-Karzinom;

– Neben diesen Substanzen wurden auch andere Zytosta-tika vorwiegend in Phase-II-Studien untersucht; so z. B.Oxaliplatin beim Rektum-Karzinom, CPT-11 bei Rek-tum-Karzinom, SCLC und NSCL, Gemcitabin beimNSCLC und Pankreas-Karzinom, Vinorelbin und Taxa-ne beim NSCLC, Etoposid beim SCLC und NSCLC,Topotecan bei Hirnmetastasen, SCLC.

Kombination der Strahlentherapie mitAntikörpern und „small molecules“

Während bei der Kombination von Zytostatika undStrahlentherapie eine Vielzahl von randomisierten Studienzur Beurteilung zur Verfügung steht, gibt es bei der Kom-bination von Antikörpern bzw. zielgerichteten Medika-menten („small molecules, targeted therapies) derzeitkaum randomisierte Phase-III-Studien.

Als einziger monoklonalerAntikörper hat sich bisher Cetu-ximab in der Kombination mit Strahlentherapie in einerrandomisierten Studie bei Tumoren der Kopf-Hals-Regioneiner alleinigen Strahlentherapie als überlegen erwiesen [10].Die Kombination von Radiotherapie, Cisplatin und Cetu-ximab ist einer simultanen Radiochemotherapie mit Cispla-tin bei Kopf-Hals-Tumoren allerdings nicht überlegen [1]. Ineiner weiteren Studie beim Rektumkarzinom war die Kom-bination einer Induktionschemotherapie mit Cetuximab mitnachfolgender Radiochemotherapie der gleichen Kombi-nation ohne Cetuximab im Überleben besser [18]. Allerdingshandelt es sich hier um eine Phase-II-Studie – der Stellen-wert dieser Ergebnisse muss in weiteren randomisiertenStudien noch überprüft werden.

Die Effektivität aller anderen Substanzen sowie monoklo-nalerAntikörper im Zusammenhang mit einer Strahlenthe-rapie kann derzeit nicht abgeschätzt werden, da hier keinerandomisierten Studien vorliegen [11, 24]. Genauso schwierigist daher auch die Beurteilung, wie die Toxizität einerKombinationstherapie von Strahlentherapie und medika-mentöser Therapie („small molecules“, „targeted thera-pies“) einzuschätzen ist (Übersicht bei [35]).

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0522) of concurrent accelerated radiation plus cisplatin with or withoutcetuximab for stage III-IV head and neck squamous cell carcinomas(HNC). J Clin Oncol 2011; 29.

[2] Anonymous. Chemotherapy in non-small cell lung cancer: a meta-analy-sis using updated data on individual patients from 52 randomised clinicaltrials. Non-small Cell Lung Cancer Collaborative Group. BMJ 1995;311:899-909.

[3] Auperin A, Le Pechoux C, Pignon JP et al. Concomitant radio-chemothe-rapy based on platin compounds in patients with locally advanced non-small cell lung cancer (NSCLC): a meta-analysis of individual data from1764 patients. Annals of oncology: official journal of the European Socie-ty for Medical Oncology/ESMO 1006; 17:473-483.

[4] Auperin A, Le Pechoux C, Rolland E et al. Meta-analysis of concomitantversus sequential radiochemotherapy in locally advanced non-small-celllung cancer. J Clin Oncol 2010; 28:2181-2190.

[5] Bartelink H, Roelofsen F, Eschwege F et al. Concomitant radiotherapy andchemotherapy is superior to radiotherapy alone in the treatment of locallyadvanced anal cancer: results of a phase III randomized trial of the Euro-pean Organization for Research and Treatment of Cancer Radiotherapyand Gastrointestinal Cooperative Groups. J Clin Oncol 1997; 15:2040-2049.

[6] Bartelink H, Schellens JH, Verheij M. The combined use of radiotherapyand chemotherapy in the treatment of solid tumours. Eur J Cancer 2002;38.

[7] Bentzen SM, Harari PM, Bernier J. Exploitable mechanisms for combiningdrugs with radiation: concepts, achievements and future directions. Na-ture clinical practice. Oncology 2007; 4:172-180.

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PROF. DR. MED. RAINER FIETKAUDirektor der StrahlenklinikUniversitätsklinikum Erlangen-NürnbergUniversitätsstr. 2791054 ErlangenTel-Nr.: +49 9131 85-33405E-Mail: [email protected]