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1. Geld und Inflation - Eine Einführung
1. Entstehung und Erscheinungsformen des Geldes
2. Geldfunktionen
3. Analytische Geldmengenkonzepte
4. Geldangebot
5. Geldnachfrage
2
1.1. Entstehung und Erscheinungsformen des Geldes
• Was ist Geld?
• Wie ist es dazu gekommen, dass wir Banknoten und Münzen als Geld benutzen?
• Können andere Finanzinstrumente wie Geld benutzt?
Vgl. Jarchow, I.1.c
5
Eigenschaften des Geldes
• Homogenität
– Jeder 5 € Schein ist gleich. Jede Kauri-Muschel?
• Teilbarkeit
– Aus 100 €, 10.000 Cent.
• Haltbarkeit
– Eine Münze wird uns überleben. Eine Zigarette?
• Knappheit
– Bedruckte Geldscheine ggü. unbedrucktem Papier
• (Nicht-reproduzierbarkeit? )
– Eine 1 € Münze kann nicht jeder prägen. Tabak selber anbauen, Gold suchen?
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Warengeld
• Beispiele: Weizen, Salz, Muscheln, Fische, Häute, Metalle, Zigaretten usw.
• Münzen als standardisiertes Metallgeld (Homogenität)
• Welche Güter setzen sich als Tauschmittel durch?
• Antworten bieten Kiyotaki/Wright[1] und nachfolgende Literatur:
1. Güter, die von Vielen als nützlich erachtet werden (intrinsischer Wert für denjenigen, der das Gut annimmt)
2. Güter, die relativ geringe Lagerhaltungs- und Transportkosten aufweisen.
[1] Kiyotaki, Nobuhiro, & Wright, Randall, 1989, Journal of Political Economy, vol. 97(4), pages 927-54.
7
Kreditgeld I/II
Beispiele: Scheidemünzen, Wechsel, Banknoten, Buchgeld
• Scheidemünzen = nicht vollwertige Münzen
-Handelswert höher als Metallwert
• Wechsel = verbrieftes Zahlungsversprechen
-Beispiel nächste Folie
• private Banknoten:
-Bank stellt Noten aus, die von Dritten akzeptiert werden.
-Verpflichtung der Bank, die Noten jederzeit gegen Gold (heute gegen staatliche Banknoten) einzulösen.
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Wechsel
Beispiel:
• A kauft Waren bei B,
• hat aber kein Gold dabei
• besorgt sich vorher bei seiner Bank einen Wechsel, mit dem der Bankier verspricht, dem Inhaber eine bestimmte Menge Goldes zu geben.
•B kann den Wechsel seinerseits weiterreichen an C, C an D, bis evtl. D den Wechsel einlöst.
Besonderheit: Jeder Zeichner haftet für den Wechsel!
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Kreditgeld II/II
• Im 19. Jahrhundert: Übergang zu staatlichen Banken, Banknotenmonopol.
• Allmähliche Aufgabe der Verpflichtung, Noten gegen Metall umzutauschen.
• Buchgeld: nicht verbriefte Forderungen an Zentralbank oder Geschäftsbanken, die jederzeit in verbriefte Forderungen / Banknoten umgetauscht werden können.
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Geldnahe Forderungen
• Beispiele: Termineinlagen, Spareinlagen mit Kündigungsfrist.
• Erfüllen einige, aber nicht alle der Funktionen des Geldes:
• Wertaufbewahrung, aber nicht Tauschmittel.
• Gleichwohl: leichte Umwandelbarkeit in Buchgeld, werden daher zur Geldmenge im weiteren Sinne gezählt.
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1.2. Geldfunktionen
• Tauschmittel
• Recheneinheit
• Wertaufbewahrung
Vgl. Jarchow, I.1.a-b
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Tauschmittel
• Stellen wir uns vor, Person
A besitzt Gut 1 und will Gut 2,B besitzt Gut 2 und will Gut 3,C besitzt Gut 3 und will Gut 1.
• Wie kann es zu einer Re-Allokation der Güter kommen?
– „double-coincidence of wants“ liegt nicht vor.
• Koordinierter Ringtausch, Intermediär, Tauschmittel?
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Tauschmittel
1. Alle drei treffen sich an einem Ort und handeln einen Ringtauschaus. (Bei mehr Personen schwieriger.)
2. Eine Person (z.B. A) fungiert als Zwischenhändler (Intermediär): Jeder liefert seine Güter bei A ab, A liefert anschließend die gewünschten Güter aus.
3. Ein Gut wird als Tauschmittel akzeptiert (z.B. Gut 1):
– Schritt 1: A tauscht mit B,
A verbessert sich: erhält sein gewünschtes Gut
B verbessert sich, erhält das Tauschmittel anstelle eines illiquiden und für sie nutzlosen Gutes.
– Schritt 2: B tauscht mit C, beide verbessern sich, weil sie ihregewünschten Güter erhalten.
Intermediär und Tauschmittel setzen Vertrauen voraus!
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Recheneinheit
• Wenn alle Güter gegen Geld getauscht werden können,– bilden sich Preise, die in Geldeinheiten ausgedrückt
werden
• Wertmaßstab, direkte Vergleichbarkeit des Wertes verschiedener Güter – auch solcher, die nicht gegeneinander getauscht
werden
• Erleichtert – Allokationsprozess und
– Produktionsentscheidungen
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Wertaufbewahrung
• Tauschmittelfunktion bedingt zumindest kurzfristige Lagerfähigkeit des Geldes
• Somit dient es zumindest einer kurzfristigen Wertaufbewahrung
• Je nach physischer Beschaffenheit bzw. Wertverlust pro Zeiteinheit kann Geld auch der mittel- und langfristigen Wertaufbe-wahrungdienen.
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Zusammenhänge zwischen Funktionen• Recheneinheit und Wertaufbewahrung ergeben sich
unmittelbar aus der Tauschmittelfunktion.
• Umgekehrt ist es leichter einen Handelspartner zu überzeugen, ein Gut in Zahlung zu nehmen, das wertbeständig ist.
• Die Wertbeständigkeit spielt eine große Rolle bei der Durchsetzung einzelner Güter als Warengeld.
• Aber auch bei der Entscheidung, in welcher von verschiedenen Währungen Transaktionen abgeschlossen werden.– Beispiele: Dollar oder Euro fungieren in vielen Ländern als
inoffizielle Währung, weil die eigene Währung zu instabil ist.
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1.3 Analytische Geldmengenkonzepte
Unterscheide:
• Geldschöpfungssektor – monetäre Finanzinstitute, die Einlagen
entgegennehmen
(Zentral- und Geschäftsbanken, sowie andere Finanzinstitute)
• Geldhaltungssektor – alle übrigen privaten und öffentlichen Haushalte
unterhalb der Zentralregierung und Unternehmen
(kurz „Nichtbanken“).
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Geldmenge
Bargeldumlauf: Banknoten und Münzen im Besitz von Nichtbanken.
M1 = Bargeldumlauf + täglich fällige Einlagen (Girokonten) von Nichtbanken.
- höchste Liquidität
M2 = M1 + Einlagen mit Laufzeit bis zu 2 Jahren oder Kündigungsfrist von bis zu 3 Monaten.
- dient z.T. stärker der Wertaufbewahrung als der Verfügung als Zahlungsmittel (insb. Termingelder)
M3 = M2 + Verbindlichkeiten aus Wertpapierpensionsgeschäften + Schuldverschreibungen mit Laufzeit bis zu 2 Jahren + Geldmarktfondanteile und Geldmarktpapiere
Monetäre Basis: Banknoten, Münzen und Einlagen der Geschäftsbanken bei der Zentralbank
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Geldmengen EWU
9420,49439,1M3
1,34%126,11,85%174,4Schuldverschreibungen bis zu 2 Jahren
6,21%585,98,03%758Geldmarktfondgeschäfte
4,14%390,33,39%320Repogeschäfte(Wertpapierpensionsgesch.)
11,70%1102,313,27%1252,4M3-M2
19,67%1852,818,26%1723,2Einlagen mit Kündigungsfrist bis 3 Monaten
18,89%1779,122,67%2139,7Einlagen mit Laufzeit bis 2 Jahren
38,55%3631,940,92%3862,9M2-M1
41,44%3903,937,91%3578,3täglich fällige Einlagen
8,31%782,47,90%745,5Bargeld
49,75%4686,345,81%4323,8M1
% von M3Juli 10Mrd. €% von M3
Juli 09Mrd. €
20
1.4 Geldangebot
• Monetäre Basis
• Mindestreserve
• Geldschöpfung durch Privatbanken
• Offenmarktgeschäfte– Mengen- und Zinstender
• Ständige Fazilitäten
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Monetäre Basis
Monetäre Basis• Banknoten, Münzen und Einlagen der
Geschäftsbanken bei der Zentralbank
• wird als Indikator (Zwischenziel) benutzt. (Jarchow, III.3.a)
• Sie ergibt sich im Wesentlichen aus der Bilanz der Zentralbanken.
• Münzumlauf wird von der EZB festgelegt, aber Münzen werden von den Finanzbehörden ausgegeben.
27.8.2010: Münzumlauf 21,9 Mrd. €
Banknotenumlauf 813,4 Mrd. €
Einlagen der GB 356,8 Mrd. €
22
Banknoten im Umlauf (in Mio.)
23
Konsolidierte Bilanz des Eurosystems
1957,926Passiva insgesamt1957,926Aktiva insgesamt
78,191Kapital und Rücklagen
159,800Sonstige Passiva241,451Sonstige Aktiva
56,711
328,818
Ausgleichsposten für IWF SZRAusgleichsposten aus Neubewertung
35,041Forderungen in Euro an öff. Haushalte
17,012Verbindlichkeiten in Fremdwg.421,613Wertpapiere in Euro
147,164Sonst. Verbindlichkeiten in Euro274,754Forderungen in Fremdwährungen
356,803Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Kreditinstituten643,098
Forderungen in Euro (ohne öff. Haushalte)
813,429Banknotenumlauf351,970Gold, Goldforderungen
PassivaAktiva
Ausweis der EZB am 27.8.2010 (Mrd. €)
Forderungen an den öffentlichen Sektor: Die Maastrichter Beschlüsse verbieten es den europäischen Zentralbanken, Staatskredite zu vergeben. Sie dürfen jedoch Staatspapiere im Rahmen von Offenmarktoperationen kaufen (z.B. Staatsanleihen Griechenlands).
Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Kreditinstituten sind überwiegend Einlagen auf Girokonten (Mindestreserve und Überschussreserve)
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Geldangebot
• Offenmarktgeschäfte
– Kauf/Verkauf von Wertpapieren durch die Zentralbank auf Initiative der Zentralbank
• Tenderverfahren
– Zeitlich befristete Bereitstellung von Liquidität für die Geschäftsbanken im Rahmen einer Auktion
• Spitzenrefinanzierungsfazilität
– Geschäftsbanken leihen aus eigener Initiative Geld von der Zentralbank
• Einlagefazilität
– Geschäftsbanken legen aus eigener Initiative Geld bei der Zentralbank an
25
Offenmarktgeschäfte
• Wie kauft die ZB Wertpapiere?
• Was hat dies mit dem Geldangebot zu tun?
Beispiel:
• ZB kauft 4 Mio. € an Wertpapiere von GB
2Mindestreserve
6 Bargeld
40 Einlagen32 Wertpapiere
Bilanz der Geschäftsbanken (GB)
2Mindestreserve
6 Banknoten8Wertpapiere
Bilanz der Zentralbank (ZB)
2Mindestreserve
10 Bargeld
40 Einlagen28 Wertpapiere
Bilanz der Geschäftsbanken (GB)
2Mindestreserve
10 Banknoten12Wertpapiere
Bilanz der Zentralbank (ZB)
26
Mengentender
• ZB gibt angebotene Geldmenge und Zinssatz an• GB geben gewünschte Mengen an Geld an
1. Wenn die GB zu dem Zins mehr Geld geboten haben, als die ZB ausgeben möchte,
– werden Gebote proportional zur Nachfrage auf das Angebot rationiert (Repartierung)
2. Sonst bekommen die GB die von ihnen gewünschte Menge
• Problem: in der Regel traf 1. zu • Anreiz für die GB höhere Gebote abzugeben, um
einen höheren Anteil zu bekommen
27
Mengentender
• ZB legt Gesamtvolumen (25 Mio. €) und Zinssatz fest (5,5%).• GB geben Gebote über Mengen ab
Bank A: Bank B:15 Mio. € 25 Mio. €
• Angebot / Nachfrage = 25 / 40 = 62,5%• Alle Banken erhalten 62,5% der jeweils gewünschten
Mengen.=> Bank A erhält 9,375 Mio. €,
Bank B erhält 15,625 Mio. €
28
Zinstender
• ZB legt Gesamtvolumen und (in der Regel) einen Mindestbietungszins fest.
• GB geben Gebote über Mengen und Zins
Bank A: Bank B:
10 Mio. € zu 5,5% 5 Mio. € zu 5,75%
5 Mio. € zu 5 % 10 Mio. € zu 5,5%
5 Mio. € zu 4,75 % 5 Mio. € zu 5%
• Die höchsten Gebote werden voll bedient. Marginale Gebote werden ggfs. rationiert.
29
Zinstender
• ZB legt Gesamtvolumen fest (25 Mio. €)
• GB geben Gebote über Mengen und Zins
Bank A: Bank B:
10 Mio. € zu 5,5% 5 Mio. € zu 5,75%
5 Mio. € zu 5 % 10 Mio. € zu 5,5%
5 Mio. € zu 4,75 % 5 Mio. € zu 5%
• Anfangend beim höchsten Zinsangebot werden die Gebote absteigend bedient bis das festgelegte Gesamtvolumen erschöpft ist.
• Der niedrigste Zins, zu welchem ein Gebot bedient wird = Marginaler Zinssatz (5,5%)
• Gebote zum marginalen Zins werden ggf. rationiert.
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Zinstender
• ZB legt Gesamtvolumen fest (25 Mio. €)
• GB geben Gebote über Mengen und Zins
Bank A: Bank B:
10 Mio. € zu 5,5% 5 Mio. € zu 5,75%
15 Mio. € zu 5 % 10 Mio. € zu 5,5%
5 Mio. € zu 4,75 % 10 Mio. € zu 5%
• => Marginaler Zinssatz (5,5%)
• amerikanisches Verfahren– GB müssen für die bedienten Geboten die jeweils gebotenen Zinsen
zahlen.
• holländisches Verfahren – GB zahlen bei allen bedienten Geboten den marginalen Zinssatz.
31
EZB Tenderverfahren• Mengentender mit variabler Zuteilung
– Bis zum 26. Juni 2000– Strategische Gebote (siehe Grafik) Gebote werden übertrieben, weil alle
mit der Rationierung rechnen. Wer ihren Geldbedarf am meisten übertreibt, erhält im Verhältnis die meiste Liquidität. Reallokation durch Interbankenmarkt.
• Zinstender nach amerikanischem Verfahren– Vom 27. Juni 2000 bis zum 1. Oktober 2008– ZB legt Mindestbietungszinssatz und Menge fest. Marktnahe Lösung.
Interbankenmarkt weniger bedeutsam. Interbankenzins durch Einlagen-und Spitzenrefinanzierungssatz beschränkt.
• Mengentender mit voller Zuteilung– Seit dem 2. Oktober 2008. Banken erhalten soviel Geld, wie sie wollen. – Nach Zusammenbruch des Interbankenmarktes (Lehman-Pleite 15.9.08)
übernimmt die EZB die Rolle des Marktes. Banken versorgen sich (1x pro Woche) mit hinreichender Liquidität zum Hauptrefinanzierungssatz (1%) und parken überschüssige Liquidität über Nacht bei der EZB zum Einlagensatz (0,25%).
32
33
Spitzenrefinanzierungs- und Einlagefazilität
• Ständige Fazilitäten– GB können nach Bedarf benötigtes Geld von ZB bekommen, bzw.
nicht benötigtes Geld bei ZB anlegen.
• Spitzenrefinanzierungsfazilität– Lombardkredite, GB verpfänden Wertpapiere bei der Zentralbank
– Zinssatz liegt oberhalb der Offenmarktgeschäfte
• Einlagefazilität– Geschäftsbanken legen aus eigener Initiative Geld bei der
Zentralbank an
– Zinssatz liegt unterhalb der Offenmarktgeschäfte
• Die zwei Fazilitäten bilden einen Zinskorridor
34
Interbankenzinssatz
Banken leihen sich gegenseitig Geld zum Tagesgeldsatz. Dieser wird von ZB-Zinsen wesentlich beeinflusst.
0,5%
1,0%
1,5%
2,0%
2,5%
3,0%
3,5%
4,0%
4,5%
07.2002 10.2002 01.2003 04.2003 07.2003
Einlagensatz
Spitzenrefinanzierungssatz
Mindestbietungssatz
Tagesgeldsatz
Hauptrefinanzierungssatzmarginaler Zinssatz
35
Zinssätze der EZB (% per annum)
0
1
2
3
4
5
6
70
1.0
1.1
99
9
02
.07
.19
99
01
.01
.20
00
01
.07
.20
00
31
.12
.20
00
02
.07
.20
01
31
.12
.20
01
02
.07
.20
02
01
.01
.20
03
02
.07
.20
03
01
.01
.20
04
02
.07
.20
04
31
.12
.20
04
02
.07
.20
05
01
.01
.20
06
02
.07
.20
06
01
.01
.20
07
03
.07
.20
07
01
.01
.20
08
02
.07
.20
08
01
.01
.20
09
02
.07
.20
09
Einlagefazilität Spitzenrefinanzierungsfazilität
Hauptrefinanzierungsgeschäfte - Mengentender Hauptrefinanzierungsgeschäfte - Zinstender
36
Leitzinsen im Vergleich
0
2
4
6
8
Jan 99
Jan 00
Jan 01
Jan 02
Jan 03
Jan 04
Jan 05
Jan 06
Jan 07
Jan 08
Jan 09
Jan 10
Japan England USA EU
37
Mindestreserve
• Einlagen der Geschäftsbanken bei der Zentralbank– Hauptsächlich Einlagen auf Girokonten
(Mindestreserve)
– Einlagefazilität (Überschussreserve)
• Geschäftsbanken legen ein Teil der Depositen bei der ZB ein– 2% (Mindestreservesatz) müssen sie hinterlegen,
– dürfen aber mehr - Einlagefazilität
• Der Rest wird als Kredit weiter gegeben
• Geldschöpfung durch private Banken!
Jarchow, III.2.
38
Geldschöpfung durch Privatbanken
Betrachte Bankensektor mit – einer Zentralbank (ZB)
– 2 Geschäftsbanken (GB), A und B,
– Nichtbanken (NB)
• NB halten Sichteinlagen bei GB – Annahme: sämtliche Kredite werden wieder im Bankensektor
angelegt (bargeldloser Zahlungsverkehr)
• GB halten Zentralbankguthaben in Höhe der Mindestreserve, k – Annahme im Beispiel: k= 20%
Ausgangssituation:
• NB verfügen über 40 Mio €. Sichteinlage bei GB A
• Davon muss GB A 20% als Mindestreserve bei der ZB anlegen.
39
Geldschöpfung durch PrivatbankenSituation in Periode 0:
32 Überschussreserve
40 Sichteinlagen 8 Mindestreserve
Bilanz der GB A
32 Kredite
40 Sicht…8 Mindest…
Bilanz der GB A
25,6 Überschuss…
32 Sicht…6,4Mindest…
Bilanz der GB B
32 Kredite
20,48Überschuss
65,6Sicht…13,12 Mindest…
Bilanz der GB A
25,6 Kredite
32 Sicht…6,4Mindest…
Bilanz der GB B
Situation in Periode 2: GB B gewährt Kredite an NB in Höhe der Überschussreserve (25,6), die bei GB A angelegt werden.
Situation in Periode 1: GB A gewährt Kredite an NB in Höhe der Überschussreserve (32), die bei GB B angelegt werden.
40
Geldschöpfung durch Privatbanken
M1 = Summe der Sichteinlagen = 200 Mio. €
Monetäre Basis = Summe der Mindestreserve = 40 Mio. €
Geldschöpfungsmultiplikator = M1/Mon. Basis = 5
200
0
20,48
25,6
32
40
Δ Sichteinlagen
40160Summe
00oo
…
4,09620,483
5,1225,62
6,4321
8---0
Δ MindestreserveΔ KreditePeriode
41
Geldschöpfung durch Privatbanken
Geometrische Reihe: , |q|<1A = 40 Mio €, k = 0,2M1 = Summe der Sichteinlagen = A / k = 200 Mio. €Monetäre Basis = Summe der Mindestreserve = A = 40 Mio. €Geldschöpfungsmultiplikator = M1/Mon. Basis = 1/k = 5
…
k · (1-k)n · A(1-k)n · A(1-k)n · An
(1-k)3 · A
(1-k)2 · A
(1-k) · A
A
Δ Sichteinlagen
…
k · (1-k)3 · A(1-k)3 · A3
k · (1-k)2 · A(1-k)2 · A2
k · (1-k) · A(1-k) · A1
k · A---0
Δ MindestreserveΔ KreditePeriode
∑∞
= −=
0 1
1
n
n
42
Geldschöpfung durch Privatbanken
• Wenn ein Anteil b jedes Kredits als Bergeld gehalten wird um Transaktionen abzuwickeln, wird nur ein Anteil (1-b) wieder im GB-Sektor angelegt. Der Geldschöpfungs-multiplikator wird entsprechend kleiner. Das gleiche gilt, wenn GB mehr als die Mindestreserve bei ZB hinterlegen.
• Beispiele siehe Jarchow III.2.b) und in der Übung
• zusätzliche Möglichkeiten der Geldschöpfung:– Private Zahlungssysteme: Kreditkarten, elektronisches Geld,
ungedecktes Privatgeld
• Durch die Geldschöpfung mit Privatbanken führt– 1€ zusätzliches Bargeld zu mehr als 1€ M1
– Ein Multiplikatorprozess
43
Glossar
Refinanzierung:
(Bundesbank: Glossar, http://www.bundesbank.de/bildung/bildung_glossar.php)
Auf dem Kreditwege von den Banken bei der Notenbank beschafftes Zentralbankgeld. Während sich ein einzelnes Geld- und Kreditinstitut auch am (Interbanken-) Geldmarkt refinanzieren kann, besteht für das Bankensystem als Ganzes die Notwendigkeit, sich bei der Zentralbank zu refinanzieren. Dies geschieht i.d.R. über Offenmarktgeschäfte i.w.S., bei denen die Initiative bei der Zentralbank liegt, und über ständige Fazilitäten, welche die Kreditinstitute aus eigener Initiative in Anspruch nehmen können.
Refinanzierungszinssatz
(http:wwwmoneyfruits.com/wissen/dokumente/2245.html)
Der Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander oder von der Nationalbank Geld ausleihen, heißt allgemein „Refinanzierungszinssatz“. Wenn sich eine österreichische Bank im Euro-Land Geld ausleiht, so kommt als Refinanzierungszinssatz der EURIBOR (EURO Interbank Offered Rate) zum Tragen, wenn sie sich das Geld von einer Nationalbank außerhalb der Euro-Zone leiht, kommt der LIBOR (London Inter Bank Offered Rate traditionell werden die in London veröffentlichten Zinssätze herangezogen) dieser Währung zum Tragen. Der Verdienst der Banken ist im Zinsaufschlag (Marge) zu finden, die der Kreditkunde zu zahlen hat.
44
Glossar
Offenmarktgeschäft:
(http://www.bundesbank.de/bildung/bildung_glossar.php)
Geldpolitische Operation, die auf Initiative der Zentralbank erfolgt und bei der die Zentralbank Wertpapiere hereinnimmt oder abgibt. Solche Geschäfte können „endgültig“ (definitiv) oder „auf Zeit“ als befristete Transaktionen erfolgen. Letztere können gemäß einer Rückkaufsvereinbarung als Wertpapierpensionsgeschäft oder auf Verpfändungsbasis abgewickelt werden.
Tenderverfahren:
(http://www.bundesbank.de/bildung/bildung_glossar.php)
Verfahren, bei dem die Zentralbank auf der Basis konkurrierender Gebote der Geschäftspartner dem Markt Liquidität zuführt oder vom Markt absorbiert. Die für die Zentralbank günstigsten Gebote kommen vorrangig zum Zuge, bis der Gesamtbetrag an Liquidität, der von der Zentralbank zugeführt oder absorbiert werden soll, erreicht ist.
Wir unterscheiden Mengentender und Zinstender
45
Glossar
Mengentender
Bei dem Mengentender gibt die Zentralbank den Zinssatz für angebotenes Zentralbankgeld vor. Darüber hinaus gibt sie i.d.R. eine Geldmenge vor.
Die Geschäftsbanken machen Gebote in Höhe der gewünschten Geldbeträge, die sie erwerben wollen. Die Zuteilungsquote errechnet sich, indem das insgesamt beabsichtigte Zuteilungsvolumen (Geldmenge) auf die gesamte Angebotssumme bezogen wird. Die Geschäftsbanken werden also rationiert, wenn sie insgesamt mehr Geld nachfragen als zugeteilt werden soll.
Problem: Die Geschäftsbanken neigen dazu, höhere Mengengebote abzugeben, als sie eigentlich benötigen, wenn sie davon ausgehen rationiert zu werden.
Zinstender
Bei dem Zinstender gibt die Zentralbank eine Geldmenge vor. Die Geschäftsbanken geben nicht nur ein Gebot über den gewünschten Geldbetrag ab, sondern auch über den Zins, den sie zahlen wollen. Allerdings hat die Zentralbank auch beim Zinstender die Möglichkeit, einen Mindestzinssatzvorzugeben, den die Banken bieten müssen.
Die Zuteilung der Wertpapiere erfolgt nach Angebotsschluss entweder nach dem amerikanischen oder nach dem holländischen Verfahren.
Vorteil des Zinstenders: Das Geld fließt zu den Banken, die es am nötigsten brauchen (Einführung einer Marktkomponente).
46
Glossar
Beim amerikanischen Verfahren werden alle Bieter zu dem Zinssatz bedient, zu dem sie jeweils geboten haben. Die Banken mit den höchsten Zinsangeboten erhalten die gewünschte Menge an Geld in vollem Umfang. Der niedrigste Zins, zu welchem noch eine (teilweise) Zuteilung erfolgt, ist der marginale Zinssatz. Gebote zum marginalen Zinssatz werden im Verhältnis zum kumulierten Gebot gekürzt - man spricht von Repartierung.
Beim holländischen Verfahren werden alle zum Zuge kommenden Bieter zum marginalen Zinssatz bedient.
Nachteil: Wie beim Mengentender werden von den Banken oft Mondgebote abgegeben, weil sie ja nur den Marginalen Zinssatz zahlen müssen.
Die EZB verwendet seit dem 27. Juni 2000 das amerikanische Zinstender-Verfahren.
Die Abwicklung erfolgt im Automatischen Bietungssystem per E-Mail + PIN.
47
Glossar
Mindestreserve (http://www.bundesbank.de/bildung/bildung_glossar.php)
Zentralbankguthaben der Banken, die sie zur Erfüllung der Mindestreservepflicht bei der Zentralbank halten müssen. Die Höhe des Mindestreserve-Solls einer Bank wird durch Anwendung der Mindestreservesätze auf die reservepflichtigen Bilanzpositionen ermittelt. Die Mindestreserve gehört zum geldpolitischen Instrumentarium des Eurosystems. Der Mindestreservesatz des Eurosystems beträgt 2%. Dieser Satz gilt für täglich fällige Einlagen, Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu zwei Jahren, Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu zwei Jahren. (Daneben sind noch weitere Verbindlichkeiten mindestreservepflichtig, aber mit einem Mindestreservesatz von null Prozent). Das Mindestreserve-Soll ist nicht täglich, sondern im kalendertäglichen Durchschnitt als Guthaben bei der Zentralbank zu halten. Die Banken können die Mindestreserveguthaben somit auch als Arbeitsguthaben für ihren laufenden Zahlungsverkehr nutzen. Die Mindestreserve wirkt deshalb am Geldmarkt als Puffer, der starke Liquiditätsausschläge ausgleicht und die Zinsentwicklung verstetigt.
48
1.5 Geldnachfrage
• Motive der Kassenhaltung
• Keynessche Liquiditätspräferenztheorie
• Opportunitätskosten der Kassenhaltung
• Umlaufgeschwindigkeit, Kassenhaltungskoeffizient
Jarchow II.1-3.b.
49
Motive der Kassenhaltung• Transaktionskasse:
– erwarteter Umsatz (+)
– Opportunitätskosten der Geldhaltung = Zins (-)
– Transaktionskosten der Liquidierung von Wertpapieren (+)
• Vorsichtskasse: Kassenhaltung zur Minderung des Illiquiditätsrisikos bei unsicheren Zahlungsströmen.
– Risikoaversion (+)
– erwartete Volatilität des künftigen Liquiditätsbedarfs (bei positiver Risikoaversion +)
– Opportunitätskosten der Geldhaltung = Zins (-)
– Transaktionskosten der Liquidierung von Wertpapieren (+).
• Spekulationskasse: Haltung liquider Mittel in Erwartung einer günstigen Kursänderung alternativer Anlagen.
Portfolio-Theorie: Ein gewisser Anteil des Portfolios wird in liquiden Mitteln gehalten, da alle anderen Anlagen Risiken unterliegen (Diversifikation).
– Vermögen (+)
– Opportunitätskosten der Geldhaltung = Zins (-)
50
Keynessche Liquiditätspräferenztheorie
• unterscheidet die drei Motive der Kassenhaltung
• Spekulationsmotiv: Keynes‘ Annahmen:– Haushalte haben langfristige Zinserwartungen
– Wenn die aktuellen Zinsen höher [niedriger] als der langfristig erwartete Zins
– wird allg. mit Zinssenkungen [-steigerungen] gerechnet
Der Preis festverzinslicher Wertpapiere negativ vom aktuellen Zins abhängt
kann es sich lohnen weniger [mehr] Liquidität vorzuhalten als im Durchschnitt.
Damit kann auf sinkende [steigende] Zinsen und damit steigende [sinkende] WP-preise spekuliert werden.
51
Quantitätstheorie
Quantitätstheorie: M V = P Y
• M = Geld, P = Preisniveau, Y = reales BIP
• ist eine Identität, da Umlaufgeschwindigkeit V durch diese Gleichung definiert wird
Interpretation als Geldnachfragefunktion:Md = P Y / V = P Y k
• k = 1/V = Kassenhaltungskoeffizient
52
Opportunitätskosten der Kassenhaltung
Md = P Y k
Wovon hängt Kassenhaltung ab?
• zu erwartendem Transaktionsvolumen (proportional zu nominalem BIP = PY)
Wovon hängt Kassenhaltungskoeffizient k ab?
1. Trend (Desintegration, Liquiditätsvorliebe)
2. Zinssatz (Opportunitätskosten der Geldhaltung)k (i) mit k‘ < 0.
3. Zinserwartungen (Spekulationsmotiv)
Erwartung steigender Zinsen = Erwartung sinkende WP-Preise => höhere Kassenhaltung
4. Unsicherheit über die künftige Preisentwicklung (Liquiditätsvorsorge)
53
Umlaufgeschwindigkeit, Kassenhaltungskoeffizient
Liquiditätspräferenz
Aufspaltung der WertschöpfungsketteUmlaufgeschwindigkeit und Kassenhaltungskoeffizient in
Deutschland (M3)
0,35
0,4
0,45
0,5
0,55
0,6
0,65
1970
Q1
1971
Q1
1972
Q1
1973
Q1
1974
Q1
1975
Q1
1976
Q1
1977
Q1
1978
Q1
1979
Q1
1980
Q1
1981
Q1
1982
Q1
1983
Q1
1984
Q1
1985
Q1
1986
Q1
1987
Q1
1988
Q1
1989
Q1
1990
Q1
1991
Q1
1992
Q1
1993
Q1
1994
Q1
1995
Q1
1996
Q1
1997
Q1
1998
Q1
1,5
1,7
1,9
2,1
2,3
2,5
2,7
Kassenhaltungskoeff izient Umlaufgeschw . Linear (Umlaufgeschw .)
vk
54
Inflation und Geldmengenwachstum
Quantitätstheorie:
Totales Differential:
=> Wachstumsraten:
In der langen Frist sind Änderungen der Umlaufgeschwindigkeit und die reale Wachstumsrate exogen:
=> Höheres Geldmengenwachstum führt zu höherer Inflation!
Als Differenz
tttt YP VM =
ytt −+= ημπ
11 −− −=− tttt μμππ
t
t
t
t
t
t
t
t
tttttttt
Y
Y
P
P
V
V
M
M
YPPY VMMV
dddd
dddd
+=+
+=+
y+=+ πημ
55
Welche Geldmenge korreliert am besten mit Inflation?
M1 & Inflation (Aug. 2010)
‐1.0
0.0
1.0
2.0
3.0
4.0
5.0
6.0
1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009
Inflation p.a. in %
0.0
2.0
4.0
6.0
8.0
10.0
12.0
14.0
16.0
M! Wachstum p.a. in %
Infl
M1
56
M3 & Inflation (Aug. 2010)
‐1.0
0.0
1.0
2.0
3.0
4.0
5.0
6.0
1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009
Inflation p.a. in %
‐2.0
0.0
2.0
4.0
6.0
8.0
10.0
12.0
14.0
M3 W
achstum p.a. in %
Infl
M3
Welche Geldmenge korreliert am besten mit Inflation?
57
Geld und Hyperinflation
Simbabwe-Dollar
1
100
10000
1000000
100000000
1E+10
1E+12
1E+14
1E+16
1E+18
1E+20
1E+22
02.07.2006
10.10.2006
18.01.2007
28.04.2007
06.08.2007
14.11.2007
22.02.2008
01.06.2008
09.09.2008
Geldmenge in Milliarden Wechselkurs zum US-Dollar
58
1.6 Gleichgewicht auf dem Geldmarkt
• Geldnachfrage– Md = P Y k(i)
– Allgemeiner:
Md = P L(Y, i, ierw. )
mit LY > 0, Li < 0, Lierw > 0
• Geldangebot – Mengen- bzw. Zinstender
gibt der EZB begrenzte Kontrolle über die monetäre Basis und den Interbankenzins
59
Gleichgewicht auf dem Geldmarkt
Warum ist die Geldmenge oft höher als beabsichtigt?
• Geldschöpfung
• Zentralbank hat Zielwert für den Marktzins (aus gesamtwirtschaftlicher Verantwortung, s. Ziele) und passt Geldmenge ggfs. an.
• Zusätzlich: längerfristige Refinanzierungsgeschäfte und Feinsteuerungsoperationen (bei unerwarteten Liquiditätsschwankungen)
• Ständige Fazilitäten: Ober- und Untergrenze für Tagesgeld