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Stolperfallen in Cloud0Verträgen Jens-Christof Niemeyer

2015-09 Cloud für CIM - cim lingen Gliederung Was ist Cloud Computing? Vertragsinhalt, u.a. Grundsätzliches Serverstandort(e) Service Level Business Continuity Datenschutz & Datensicherheit

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Stolperfallen+in+Cloud0Verträgen

Jens-Christof Niemeyer

Ziel• Problembewusstsein.schaffen.• rechtliche.Lösungsansätze.für.technische.Gegebenheiten.• „Basics“

Gliederung�Was ist Cloud Computing?

� Vertragsinhalt, u.a.

� Grundsätzliches

� Serverstandort(e)

� Service Level

� Business Continuity

� Datenschutz & Datensicherheit

� Vorkehrungen für das Vertragsende

� Ausblick (hoffnungsvoll)

3Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Was ist Cloud Computing?� kein einheitlicher Begriff

�Merkmale lt. BITKOM 2009:

� bedarfsgerechte und flexible Nutzung von IT-Leistungen

� Bereitstellung in Echtzeit über das Internet

� Abrechnung nach Nutzungsumfang

�Merkmale lt. NIST 2011:

�Wahrnehmung der Ortsunabhängigkeit = Kunde hat keine Kontrolle oder Wissen über den Ort der bereitgestellten Ressourcen

� Skalierbarkeit der Leistungen

4Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Anreize (u.a.)� Ersparnis von Investitionen

und laufenden Kosten

�weltweiter Datenzugriff

� Lastspitzen abfangen

� Inhouse geringere Expertise als bei Cloud-Anbieter

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Risiken (u.a.)� Assets extern gelagert

� Risiken schwerer vorhersehbar

� Imageschäden bei Datenpannen

� unerwünschte Zugriffe bzw. entsprechende Möglichkeiten (z.B. durch administrative US-Einrichtungen)

� Rechtliche Hemmnisse?!

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Vertragsinhalt

6Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Wozu?

• Keynote:.kognitives.Alignment.• Missverständnisse.vermeiden!.• Interesse:.erwünschte.Leistung.wird.erbracht.• notfalls:.Verantwortlichkeit.nachzuhalten.+.geordneter.Rückzug.möglich

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Vertragsinhalt (u.a.)� Vertragsparteien

� Vertragsgegenstand

�Hauptleistung

� Service Level

�Nutzungsrechte

� Vergütung

�Hauptleistung, Zusatzleistung

� Zahlungsmodalitäten

�Nutzungsvoraussetzungen und Mitwirkungspflichten

� Laufzeit und Beendigung

� Vertragsänderungen

� Preisanpassung

� Change-Request-Verfahren

�Haftung, Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel

� Datenschutz, Datensicherheit und Vertraulichkeit

� Subunternehmer

� Exit-Management

� Rechtswahl + Vertragssprache

8Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Grundsätzliches� Gebrauchsüberlassung auf Zeit: i.d.R. Mietrecht

� Schriftform

�Hilft!

� nur für Vereinbarung zur Auftragsdatenverarbeitung zwingend, Nichtbeachtung hätte aber wohl Gesamtnichtigkeit zur Folge

� Vertragsparteien genau erfassen

� Anspruchsgegner kennen, Vertretungsberechtigungen prüfen

� Schon im Vorfeld Beteiligungsverhältnisse möglicher Vertragspartner klären.

� vollständigen Vertrag schließen

� zu beachten v.a. bei modularem Aufbau mit Anlagenkonglomerat

�Worst case: Unwirksamkeit des gesamten Vertrags bei Verweis auf (fehlende) Anlage zur Beschreibung vertragswesentlicher Leistung

9Stolperfallen in Cloud-Verträgen

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Leistung + Gegenleistung

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Leistungsbeschreibung� bei Bereitstellung einer Software (SaaS) z.B.

� Anzahl gleichzeitiger Zugriffe

�Herkunft der Nutzer (Unternehmen, Konzern, Länder, …)

� „named user“ vs. „concurrent users“

� konkreter

� Einsatzbereich + Einsatzweck (Funktionen) + Skalierbarkeit

� Bereitstellung und Wartung von Software, Hardware, Infrastruktur

� Lizenzierung

� Internetverbindung

� Speicherung und Sicherung der Anwendungsdaten

� Berichte zum Nutzungsumfang

11Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Vergütung� Vergütung vereinbaren (Klarheit! Wirksamkeit!)

� Beispiele

� Pauschalpreis für Bereitstellung + Nutzung

� rein nutzungsabhängige Vergütung

� Grundbetrag + nutzungsabhängige Vergütung

� Fälligkeit: Vorauszahlung / nachträgliche Abrechnung

12Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Serverstandort(e)

13Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Scheinbar lokal begrenzte Ereignisse mit unerwarteter Breitenwirkung

� 2008: Ausfall in Umspannwerk in Hannover führt zur Unbenutzbarkeit von Geldautomaten, Auszugsdruckern und Onlinebanking von 150 Banken in Deutschland

� 2009: Nachlässige Wartungsarbeiten in Rechenzentrum: Stundenlang kein Fahrkartenverkauf und bundesweite Ausfälle und Verspätungen von Zügen

� 2010: Vulkan Eyjafjalla legt europäischen Flugverkehr lahm

14Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Serverstandort(e)� Datenschutzniveau

� EU/EWR

� Zugriffsmöglichkeiten für staatliche Stellen (siehe nur: Patriot Act)

� geltendes Landesrecht

� faktische Kontrollmöglichkeiten (für Kunden)

15Stolperfallen in Cloud-Verträgen

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Leistungsvereinbarungen (Service Level)

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

� Umfang und Güte der Leistung für sämtliche Teilleistungen

�messbare Parameter der zu erbringenden Leistung, Messpunkt, Sanktion

� z.B. (Störungsszenario) „Der Anbieter stellt dem Kunden eine Hotline zur Beantwortung von Anfragen bereit. Eingehende Anfragen werden während der Betriebszeit binnen 90 Minuten per E-Mail bestätigt. Für jede vollendete Stunde Überschreitung ist ein Service Credit von … verwirkt.“

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Nur zur Veranschaulichung –

nicht ungeprüft übernehmen!

Service Level/Leistungsbeschreibung

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Service Level/Leistungsbeschreibung� Betriebszeit z.B.

� 7×24 (7 Tage à 24 Stunden, außer sonntags 0–4 Uhr)

� 5×13 (Mo–Fr von 7–20 Uhr)

� Skalierbarkeit

� Verfügbarkeit

� prozentualer Zeitanteil

� 99,9% Verfügbarkeit/Jahr = bis zu 9 Stunden Downtime

� Datensicherheit festschreiben (mit Vertragsstrafe)

� Storage + Backup + Transfer

18Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Service Level: „Fallen“� Bezugsgröße

� 99,5% Verfügbarkeit/Monat = bis zu 3,5 Stunden Downtime möglich

� 99,5% Verfügbarkeit/Jahr = bis zu 44 Stunden Downtime möglich

� Entstörzeiten

� Reparaturzeit vs. mittlere Reparaturzeit

� Reparaturzeit vs. Reaktionszeit

� Rückmeldung zum voraussichtlichen Beginn der Reparaturen ≠ erfolgreiche Behebung

� Achtung: „angemessen“, „rechtzeitig“, „nach besten Kräften“

19Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Business Continuity Nutzungsvoraussetzungen

Kommunikationswege Eskalationsmechanismen

Haftung

20Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Business Continuity� Datensicherung: Format, Intervall, Strukturierung,

Speicherort, Test, Wiederherstellungszeiten

� redundante Betriebsstrukturen

�Notfallpläne

21Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Nutzungsvoraussetzungen

� Internetzugang des Cloud-Kunden (bis zum Übergabepunkt des Cloud-Anbieters)

�Hardware- oder Software-Voraussetzungen (z.B. VPN-Client)

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Kommunikationswege, Eskalationsmechanismen� beide Seiten benennen kompetente und

entscheidungsbefugte Ansprechpartner sowie deren Stellvertreter

� Streitbeilegungsverfahren vorsehen

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Warum scheitern Projekte? Befindlichkeiten + Kommunikationsprobleme

Regelungsbedarf: Haftungsverteilung (u.a. für Lizenzverstöße)

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–Hilber/Reintzsch: „Cloud Computing und Open Source – Wie groß ist die Gefahr des Copyleft bei Saas?“ (CR 2014, 697, 702)

„hohes Maß an Rechtsunsicherheit“

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

„WLAN“-Gesetzesentwurf (16.09.2015)

führt Begriff „gefahrgeneigter Dienste“

ein – Gefahr für Cloud-Anbieter?

Datenschutz Datensicherheit

24Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Personenbezogene Daten in die Cloud? (z.B. Kunden- oder Mitarbeiterdaten)

� EU/EWR: Geht, aber Reformbedarf vorhanden.

� Außereuropäische Cloud-Anbieter (insbesondere US-amerikanische)

� Safe-Harbour erfordert Überprüfung

� Lesetipp: http://www.cr-online.de/blog/2015/04/22/aktuelles-in-sachen-safe-harbor-wird-der-hafen-endlich-sicher/

� Binding Corporate Rules: Einzelgenehmigungsverfahren

� deutsche Anforderungen „de facto nicht realisierbar“ (Kühling/Biendl: „Datenschutzrecht – Basis und Bremse des Cloud Computing“, CR 2014, 150, 154)

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(übersprungen)

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Datenschutz, Datensicherheit, Vertraulichkeit� Datenschutz

� Vereinbarung zur Auftragsdatenvereinbarung (siehe § 11 Abs. 2 BDSG)

� Reformbedarf

� Schriftform mit eigenhändiger Unterschift für standardisierte Vorgänge nicht sachgerecht

� Kontrollpflichten vor Ort (Wo denn? Urteilsvermögen? „Prüftourismus“?)

� Datensicherheit (§ 9 S. 1 BDSG + Anlage)

� Einhaltung der „8 Gebote“

� Verschlüsselung

� Zertifizierung

� Vertraulichkeit

� begrenzter Personenkreis hat Zugang

� Verpflichtung gem. § 5 BDSG!

� Verschwiegenheitsklauseln

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(übersprungen)

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Rechtliche+„Empfehlungen“

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StaNsNken

KonstrukNonsdaten

ProdukNonsdaten

Verkaufsdaten

Kostenaufstellungen

Lagerbestandsdaten

Allgemeine(Daten

Name

AnschriP

Geburtsdatum

Beruf

Telefonnummer

Berufsgeheimnisse

Bankwesen

Telefongespräche

Gesundheitsdaten

ethnische.Zugehörigkeit

Religion

Personenbezogene(Daten

Persönliche(Daten

Besondere(Arten(

personenbezogener(Daten

einfacher.Schutz verstärkter.Schutz besonderer.Schutz

Bei(uns(gibt(es(doch(

nichts(zu(holen!?

Unternehmensinteresse?

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alle(Daten

besonderer.Schutz

–BSI-Eckpunktepapier „Sicherheitsempfehlungen für Cloud Computing Anbieter, Mindestanforderungen in der

Informationssicherheit“, S. 11

„In abgespeckter Form müssen auch Cloud-Nutzer die Risiken bewerten, die für sie durch eine Verlagerung von Daten oder Anwendungen in die Cloud

entstehen können.“

30Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Auswirkungen durch IT-

Sicherheitsgesetz (01.08.2015)?

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–Trüg/Mansdörfer: „Strafrecht und Strafprozessrecht“, in: Hilber (Hg.): Handbuch Cloud Computing (2014: 574f.)

„Wer Daten in die Cloud auslagert oder Cloud-Dienste in anderer Weise nutzt, muss davon ausgehen, dass die Daten mehr oder

weniger systematisch von privater und öffentlicher Seite auch jenseits der legalen Eingriffsbefugnisse erhoben […] werden.“

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

„Der Spiegel“ Nr. 46 vom 10.11.2014

� Der BND will verschlüsselte Datenübertragung im Internet auswerten. Habe bis 2020 ca. 4,5 Millionen Euro Budget für Erwerb von Informationen zu Zero Day Exploits.

� Edward Snowden: NSA zahle jährlich zweistelligen Millionenbetrag für derartige Informationen.

� Folge

� Überwachung: vielleicht

� Verzögerte Behebung von Schwachstellen: sicherlich

32Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Vertragsende

33Stolperfallen in Cloud-Verträgen

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–Lutz/Weigl: „Second Generation IT-Outsourcing, Die Problematik des Dreiecksverhältnisses“ (CR 2014, 629, 630)

„Kernelement und gleichzeitig größter Risikofaktor […] ist das ‚Dreiecksverhältnis‘ zwischen

dem Kunden, dem alten Provider und dem neuen Provider.“

Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Laufzeit und Beendigung� Laufzeitvereinbarung

� unbestimmte Dauer, feste Dauer, feste Mindestdauer, feste Dauer mit Verlängerung

� Kündigungsrecht (ordentlich)

� Form, Frist

� Kündigungsrecht (außerordentlich)

� anhaltende Schlechtleistung nach Abmahnung

�wiederholte Verstöße gegen Service-Level-Vereinbarung

� Änderung der Mehrheitsverhältnisse

� Insolvenz des Cloud-Anbieters

�Nutzungsüberschreitung

35Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Exit-Management� Anlässe (u.a.)

� Laufzeitende oder außerordentliche Kündigung

� Interesse des Cloud-Kunden

� geordnete „Datenübergabe“

� ggf. Überführung zu neuem Anbieter

� anschließende Löschung

36Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Exit-Management� Best Practice

� proaktive Herausgabepflicht des Cloud-Anbieters

� vs. Hinweis auf Möglichkeit zur Datensicherung

� geeignetes Datenformat

� ausreichender Zeitraum nach Vertragsende

� anschließend vollständige Löschung

� ggf.

� Dokumentation bzw. Training/Schulung

�Nutzungsrechte über Vertragsende hinaus

� Vergütung der Exit-Leistungen

�Mitwirkungspflichten vertraglich regeln

37Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Exit-Management� Im Insolvenzfall (aber nicht nur dann) hilft:

� Vertraglich vereinbartes Recht, Datenkopie jederzeit herauszuverlangen.

� Besser: Aktuelle Datenkopie ist jederzeit vorhanden bzw. darf jederzeit über entsprechende Schnittstelle abgerufen werden.

� Datenverschlüsselung

� essentiell, wenn Insolvenzverwalter Hardware veräußert

� So oder so: Vorsorglich ergänzend pauschales Leistungskontingent und Pflicht zur Zusammenarbeit mit neuem Anbieter vereinbaren.

38Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Hoffnungsvoller Ausblick

39Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Checkliste:+„7+auf+einen+Streich“

• detaillierte,.messbare.Leistungsbeschreibung.(SLA).• Vorkehrungen.zur.Datensicherheit.vertraglich.festschreiben.• Vertragsstrafen.bei.Nichterfüllung.• Serverstandort(e).und.Zulässigkeit.der.Einschaltung.von.Subunternehmern.regeln.• Kontrollbefugnisse.des.Auftraggebers.• Laufzeit,.Datenrückgabe.(und.Zlöschung).• ExitZManagement

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Zertifizierung nach ISO/IEC 27018:2014� u.a.

� Verarbeitung personenbezogener Daten nur nach Vorgaben des Auftraggebers

� Datenherausgabe an Strafverfolgungsbehörden nur bei Verpflichtung, Benachrichtigung des Auftraggebers (soweit zulässig)

�Offenlegung Subunternehmer + Serverstandorte vor Vertragsschluss

� vollständige Dokumentation von Sicherheitsverletzungen

� regelmäßige Kontrolle durch unabhängige Prüfer

43Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Schlussbemerkung�Matthias Schorer: Cloud Computing ist keine Technologie, sondern ein

Paradigmenwechsel.

�Ortsunabhängige Verfügbarkeit von IT-Systemen und neue Möglichkeiten, etwa der standortübergreifenden Zusammenarbeit, sind heute Innovationsmotor und morgen Selbstverständlichkeiten.

� Daher:

� Cloud Computing als Herausforderung und Chance begreifen.

� Informierte Entscheidungen auf Grundlage einer – auch rechtlichen – Risikoanalyse und -bewertung treffen.

� Falls möglich: Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten nutzen.

44Stolperfallen in Cloud-Verträgen

Jens-Christof Niemeyer Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht

Kanzlei Poststraße 36, 32139 Spenge

E-Mail [email protected] Telefon 05225/8738444 Web anwaltniemeyer.de Twitter @anwaltniemeyer

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

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