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«contigo» heissen die «Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden», die von Brot für alle, HEKS, mission 21 sowie den Fachstellen OeME (Oekumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit) herausgegeben werden. In dieser Ausgabe: Zugang zu Land ist für viele Menschen eine Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben. Während einige wenige grosse Landflächen für sich beanspruchen und in «Palästen» wohnen, hausen andere – so wie auf dem Bild die Guaraní in Brasilien – in behelfsmässigen Zelten am Rand von Monokulturen. Die Dossierbeiträge zu Brasilien und Kambodscha sowie das Interview mit Martin Schmid von HEKS zeigen auf, wie Hilfswerke die einheimische Bevölkerung beim Kampf um Land und für ein selbstbestimmtes Leben in Würde unterstützen.
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Zugang zu Land –Basis zum Leben
Nr.4|2014Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden
©Brotfür
alle/U
rsWalter
2 contigo Nr.4 |2014
INHALT contigoMitteilungen der evangelischenWerke für die KirchgemeindenHerausgegeben von Brot für alle,HEKS, Mission 21 und den OeME-Fachstellen
Erscheint viermal jährlich im März, Juni,September und Dezember
ISSN 1660-3788
Brot für alleBürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23Tel. 031 380 65 65, Fax 031 380 65 64Mail: [email protected], Web: www.brotfueralle.chSpendenkonto: 40-984-9
HEKS – Hilfswerk der Evangelischen Kirchen SchweizSeminarstrasse 28, Postfach, 8042 ZürichTel. 044 360 88 00, Fax 044 360 88 01Mail: [email protected], Web: www.heks.chSpendenkonto: 80-1115-1
Mission 21 – Evangelisches Missionswerk BaselMissionsstrasse 21, 4003 BaselTel. 061 260 21 20, Fax 061 260 21 22Mail: [email protected], Web: www.mission-21.orgSpendenkonto: 40-726233-3
OeME-Fachstellen der KantonalkirchenWeb: www.oeme.ch
RedaktionDorothee Adrian (da), Mission 21Peter Dettwiler (ped), OeMEOlivier Schmid (os), HEKSUrs Walter (uw), Brot für alle
RedaktionsleitungUrs WalterTel. 031 380 65 71Bürenstrasse 12,Postfach 1015, 3000 Bern 23Mail: [email protected]
Adressänderungen und AbonnementsverwaltungAdministration Brot für alleBürenstrasse 12,Postfach 1015, 3000 Bern 23Mail: [email protected]. 031 380 65 65Fax 031 380 65 64
Layoutgrafik.trieb, 2560 Biel
Druckrubmedia, 3084 Wabern
Titelbild: Pierre Moko Tchuamia, einer der lokalenNotablen von Bamenyam im Westen Kameruns,setzt sich für eine verbesserte Landwirtschaft derKleinbauernfamilien ein. Dank Rindermist hat sich derErtrag deutlich erhöht. uw
Rückseite: Das Recht auf Land bedeutet Nahrung undZukunft für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Undfür ihre Kinder – wie diesen Buben aus San José deApartadó, einem als Friedensdorf bekannten Ort in derkolumbianischen Region Urabá. uw
DOSSIERS4–9 Viele müssen um ihr Recht auf Land kämpfen
Zugang zu Land ist für viele Menschen eine Voraussetzung für ein menschen-würdiges Leben. Während einige wenige grosse Landflächen für sich beanspru-chen und in „Palästen“ wohnen, hausen andere – so wie auf dem Bild die Guaraníin Brasilien – in behelfsmässigen Zelten amRand vonMonokulturen. Die Dossier-beiträge zu Brasilien und Kambodscha sowie das Interview mit Martin Schmidvon HEKS zeigen auf, wie Hilfswerke die einheimische Bevölkerung beim Kampfum Land und für ein selbstbestimmtes Leben inWürde unterstützen. uw
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BROT FÜR ALLE
S10 – SBB setzt kleines Zeichen für fairere EinkäufeS11 – Mit Schweizer Geld wird Regenwald zerstörtS12 – Tee, das schmackhafte Angebot der Ökumenischen Kampagne 2015
HEKS
S14 – Sammelkampagne 2014: «Entwicklung ermöglichen»S16 – Schenken Sie Roma-Kindern ZukunftsperspektivenS17 – Überlebenshilfe für Flüchtlingsfamilien im Libanon und Nordirak
MISSION 21
S18 – Als Techniker im Regenwald KamerunsS19 – Projektarbeit in Nigeria im Schatten von Boko HaramS20 – Musical: «Das Grab des weissen Mannes» und weitere
Veranstaltungen zum Jubiläum
HINWEISE UND MEDIENTIPPS
S22 – Agenda und NachrichtenS23 – Bücher- und Filmtipp
3contigo Nr.4 |2014
Darum unterstützen HEKS, Brot für alle und
Mission 21 Landlose dabei, ihr Recht auf Nahrung
und Land einzufordern – beispielsweise die indigenen
Guaraní in Brasilien. Deren Lebensraum und Exis-
tenzgrundlage wird unter Missachtung ihrer Landrech-
te immer mehr durch die Monokulturen von Agrarkon-
zernen zerstört.
Zugang zu Land ist aber nur ein erster Schritt auf
dem Weg zu Ernährungssicherheit. Bevor die kambo-
dschanischen Kleinbauernfamilien in Kampong Os ihr
landwirtschaftliches Wissen erweiterten, war jeder Ern-
teausfall eine existentielle Bedrohung. Heute steigern
sie ihre Erträge dank verbessertem Saatgut und ler-
nen, ihre Produkte marktgerecht zu verarbeiten und zu
verkaufen. So erwirtschaften sie ein Einkommen und
verbessern ihre Existenzgrundlage.
Die beiden Beispiele im Dossier dieser Ausgabe von
«contigo» zeigen: Hunger und Armut sind häufig die
Folge von Diskriminierung und fehlendem Wissen.
Schon heute könnten 10 Milliarden Menschen ernährt
werden. Eine Welt ohne Hunger ist möglich.
Das Recht auf Nahrung ist
ein Menschenrecht. Aber
noch immer sind weltweit
über 800 Millionen Men-
schen unterernährt. Das
UN-Millenniumsziel, die
Zahl der Hungernden bis
2015 auf 500 Millionen
Menschen zu reduzieren,
wird nicht erreicht werden.
80 Prozent der an Hunger
leidenden Menschen leben
in ländlichen Gebieten. Um
sich ernähren zu können,
sind die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, Fischerin-
nen und nomadisierenden Viehzüchter auf Land, Wei-
den, Wälder und Fischgründe angewiesen. Aber infolge
von Vertreibung, Klimawandel und Bodenübernutzung
riskieren viele von ihnen, ihre Existenzgrundlage zu ver-
lieren – oder sie haben sie bereits verloren.
EDITORIAL
Das Recht auf Land und NahrungUeli Locher, HEKS-Direktor
Die Leiterin und Leiter der drei Werke Brot für alle, HEKS und Mission 21 sowie der OeME-Fachstellen wechseln sich beim Schreiben des Editorials ab.
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«Der fehlende Zugang zu Land ist einer der Haupt-
gründe für Hunger und Armut. Menschen zu unter-
stützen, ihr Recht auf Land einzufordern und dieses
produktiv zu bewirtschaften, ist in der Entwicklungs-
zusammenarbeit daher zentral», sagt Martin Schmid.
Warum haben Menschen ein Recht auf natürlicheRessourcen wie Land und Wasser?
Dieses Recht leitet sich vom Recht auf Zugang zu Nah-rung ab, das im Internationalen Pakt überwirtschaftliche, so-ziale und kulturelle Menschenrechte verankert ist. Im ländli-chen Raum wird dieser Zugang zu Nahrung vor allem durchden Zugang zu produktiven Ressourcen wie Land, Saatgutund Wasser gewährleistet. Die Vertragsstaaten haben sichverpflichtet, das Recht auf Nahrung zu respektieren – unddamit auch den Zugang von Kleinbauernfamilien, Fischern,Viehzüchtern oder indigenen Bevölkerungsgruppen zu na-türlichen Ressourcen. DesWeiteren gibt es in vielen Ländern
einen gültigen Rechtsrahmen auf nationaler Ebene, der denZugang zu Land in der nationalen Gesetzgebung regelt.
Warum haben dann so viele Menschen keinen Zugangzu Land oder sind in Gefahr, ihn zu verlieren?
Es gibt unzählige Ursachen, die sich je nach Land undKontinent unterscheiden. In Lateinamerika beispielsweise,wo sich als Erbe der Kolonialzeit in vielen Ländern die Res-sourcen in den Händen weniger konzentriert, hat zwar eineReihe von Staaten die Rechte indigener Bevölkerungsgrup-pen in internationalen Verträgen anerkannt und sich in derVerfassung verpflichtet, die Gebiete dieser Gemeinschaftenauszuweisen, doch kommen sie diesen Vorgaben häufig nurunter politischem und gesellschaftlichem Druck nach. DieAgrarlobby bekämpft die Reformierung der ungleichen Be-sitzstruktur und schwache staatliche Institutionen begünsti-gen deren Nichtumsetzung. Auch in vielen asiatischen Län-dern hätten Landreformen die asymmetrisch ausgeprägtenLandpachtsysteme abschaffen und den Landlosen zu einemStück Land verhelfen sollen. Das schnelle Produktions-wachstum der Region und unzureichende staatliche Struk-turen bremsen die Reformen jedoch.
Und in Afrika?Auch in Afrika haben nur wenige ländliche Gemein-
schaften formelle Besitz- oder Nutzungstitel für ihr Land.Ihre gewohnheitsrechtlichen Ansprüche auf Wälder, Step-pen und Feuchtgebiete, die ihnen als wichtige Lebensgrund-lage dienen, sind in den nationalen Gesetzgebungen häufignicht anerkannt. Viele Regierungen erklärten nach ihrerUnabhängigkeit alles Land zum Staatsbesitz und verpachte-ten es an ausländische Investoren. Afrika ist heute der Kon-tinent, der am stärksten von «Land Grabbing» betroffen ist.
Was sind Wege und Mittel, damit die Bevölkerungoffizielle Landtitel oder Landnutzungsrechte erhält?
HEKSund andere Entwicklungsorganisationen klären dieBevölkerung über ihre Rechte auf und unterstützen sie, dieseRechte einzufordern. ZudiesemZweck fördern sie dieBildungvon Interessengruppen undOrganisationen sowie die Vernet-
DOSSIER
RECHT AUF LAND
Mit Land undWasser gegen Hunger und ArmutInterview: Olivier Schmid
Martin Schmid ist Themenbeauftragter für die Entwicklung ländlicher Gemeinschaften und
Leiter des Themenberaterteams bei HEKS.
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Auch wenn Landlose oder indigene Gemeinschaften mit starker Stimme sprechen (wie hier auf den Philippinen), werden ihre
Rechte zu oft missachtet.
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zung und den Erfahrungsaustausch; siebetreiben Advocacy- und Lobby-Ar-beit, umdie Entscheidungsträger in Po-litik, Wirtschaft und Zivilgesellschaftsowie eine breite Öffentlichkeit für dieRechte der ländlichen Gemeinschaftenzu sensibilisieren; und sie dokumentie-ren konkrete Rechtsverletzungen, dieals Grundlage zur Einleitung von juris-tischen Schritten und zur Einforderungoffizieller Landtitel dienen.
Ist Zugang zu Ressourcen denneinzig eine Frage der Durchsetzungvon Rechten?
Es gibt eine ganze Reihe von wei-teren Entwicklungen, die dazu führenkönnen, dass Menschen ihren Zugangzu natürlichen Ressourcen verlieren:Kriege können Kleinbauernfamilienvon ihrem Land trennen, Migration,Bevölkerungswachstum und die Aus-dehnung von Städten bewirken, dassimmer mehr Menschen weniger Land zur Verfügung steht,der Klimawandel kann zu Ernteeinbussen führen und Abhol-zung, Monokulturen oder der übermässige Einsatz von Pesti-ziden zu degradiertenBöden.Vor diesemHintergrundbedeu-tet Zugang zuLand zuhaben zweierlei: erstens, über gesicherteRechte auf den Besitz oder die Nutzung von Land und dessenRessourcen zu verfügen und damit geschützt vor Vertreibungzu sein und zweitens, in der Lage zu sein, das Land und dieRessourcen nachhaltig und produktiv zu bewirtschaften, umsich das Überleben zu sichern.
Sein Überleben auf kargen Böden zu sichernscheint schwierig …
Das stimmt. Darum unterstützen wir die Kleinbauern-familien im Aufbau von Wertschöpfungsketten. Indem sieAusbildungen in der diversifizierten und agroökologischenLandwirtschaft erhalten, verbessern sie die Bodenfrucht-barkeit, passen ihre Anbaumethoden den veränderten Um-weltbedingungen an und erhöhen dadurch ihre Produktion.Dank Zugang zu Produktionsmitteln wie Wasser, organi-schem Dünger und angepasstem Saatgut sowie Unterstüt-zung in der Verarbeitung der Ernte produzieren sie Über-schüsse und generieren ein Einkommen. Um den Zugangzum Markt zu verbessern, verarbeiten und vermarkten sieihre Produkte gemeinsam in Kooperativen oder Produkti-onsgruppen und eignen sich Marktkenntnisse an.
Mit welchen Herausforderungen sind Projekteim Bereich Zugang zu Land konfrontiert?
Die Projekte stellen hohe fachliche und technischeAnforderungen und erfordern viel Durchhaltevermögen
und Flexibilität. In Brasilien beispielsweise erhielt eine vonHEKS unterstützte Gemeinschaft erst nach einem 15 Jahredauernden Kampf die Landnutzungsrechte zugesprochen.Aber in Ländern, in denen die Rechtssysteme schwachausgebildet sind, stösst der rechtsbasierte Ansatz an seineGrenzen. Des Weiteren diktiert der Staat in einigen Län-dern zunehmend die Arbeitsbedingungen von Nichtregie-rungsorganisationen und schränkt so den Handlungsspiel-raum für die Zivilgesellschaft stark ein. Besorgniserregendist zudem, dass in vielen Ländern Bevölkerungsgruppenund Organisationen, die sich für Landrechte einsetzen, zu-nehmend kriminalisiert werden und es zu unrechtmässi-gen Verhaftungen kommt.
Wo konnten in den letzten Jahren Erfolge erzielt werden?In Indien verteilte die Regierung Landtitel für 8600 Hek-
taren Land an 9500 Familien. Auf den Philippinen hat dieRegierung einen Kredit von über einer Million Franken ge-sprochen, um 3700 Familien im Anbau und in der Vermark-tung ihrer Produkte zu beraten und zu unterstützen. In Nigerwurden 140 Kilometer Durchgangskorridore für Viehherdengeschaffen und so der Landkonflikt zwischen den sesshaftenBauernfamilien und den nomadisierenden Viehzüchtern bei-gelegt. Erwähnenswert sind aber auch Zwischenerfolge wie inHonduras, wo Betroffene ein Komitee zum Schutz vor Gewaltgegründet haben und der Landkonflikt eine erhöhte interna-tionale Aufmerksamkeit bekommt. Auch die Entwicklungenin Guatemala stellen wichtige Schritte auf dem Weg zur Si-cherung des Zugangs zu Land dar: Unrechtmässig verhaftetePersonen wurden freigelassen und indigene Gemeinschaftenhaben Rechtsprozesse eingeleitet.
DOSSIER
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So auch in Mato Grosso do Sul im Südwesten desLandes, wo die Guaraní-Kaiowá leben. Aus dieser Regi-on stammt mehr als die Hälfte der landesweiten Maniok-,Mais-, Soja- und Zuckerrohrproduktion. Die Savannen-wälder oder «Tekohá», wie die Guaraní das Land ihrerAhnen nennen, wurden in enormem Ausmass abgeholzt.Monokulturen und Pestizide haben die Biodiversität zer-stört. Und die Agrarunternehmen dringen immer weitervor: In den letzten fünf Jahren hat sich allein die Anbau-fläche für Zuckerrohr mehr als verdreifacht und es wur-den 40 neue Ethanol-Fabriken gebaut.
Ohne Land und PerspektivenWährend die Agrarindustrie das Land der Guaraní-
Kaiowá ökonomisch ausbeutet und riesige Mengen anSoja und Zuckerrohr exportiert, leben die 30 000 Ange-
hörigen des indigenen Volkes unterprekären Verhältnissen in überfüll-ten Reservaten oder behelfsmässigenZelten an den Strassenrändern. NachRegenfällen sind diese Unterkünfteoft überflutet und Krankheiten brei-ten sich aus.
Von ihrem angestammten Landvertrieben, können sich die Jäger,Sammler und Kleinbauern nichtmehr selbst ernähren. Zwar erhaltensie staatliche Nahrungsmittelhil-fe, die Ernährungssituation ist aberdennoch prekär: Jährlich sterben 41von 1000 Kindern an Unterernäh-rung, dreimal mehr als im landes-weiten Durchschnitt. Ein Problemsind auch die im Sojaanbau einge-setzten Pestizide, die das Trinkwas-ser verseuchen. Zudem gibt es wedereine qualitativ gute Gesundheitsver-sorgung noch haben die Jugendli-chen Zugang zu Bildung.
DOSSIER
Vertrieben von ihrem Land, leiden die indigenen
Guaraní unter Hunger und Armut. Zwar garantiert
ihnen die brasilianische Verfassung Zugang zu Land,
doch die Agrarlobby ist stärker. Jetzt fordern sie in
Washington ihr Menschenrecht auf Nahrung ein.
Brasilien ist ein Land mit extremen sozialen und ökono-mischen Ungleichheiten. Eine der Hauptursachen ist die un-gerechte Landverteilung. Knapp fünf Millionen Kleinbau-ernfamilien sind landlos, während fast die Hälfte des Landeseinem Prozent der Bevölkerung gehört. Grossgrundbesitzerund Agrarkonzerne betreiben auf diesem Land extensiveViehwirtschaft. Sie bauen in riesigen Monokulturen Soja fürden Export und Zuckerrohr für die Produktion von Agro-treibstoffen an oder bauen Bodenschätze ab.
BRASILIEN
Angriff auf Land und LebenOlivier Schmid
Jährlich sterben 41 von 1000 Kindern der Guaraní an Unterernährung, dreimal mehr als im landesweiten Durchschnitt.
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7contigo Nr.4 |2014 DOSSIER
Ihrer traditionellen Lebensweiseberaubt, verdingen sich die Guaraníals Tagelöhner unter menschenun-würdigen Arbeitsbedingungen aufden Zuckerrohrplantagen oder in denEthanol-Fabriken der Grossgrund-besitzer. Viele der Guaraní werdenkrank und erleiden infolge fehlenderPerspektiven eine Identitätskrise. Al-kohol- und Drogenmissbrauch sindweit verbreitet und die Selbstmordra-te ist sehr hoch: In den letzten zwölfJahren haben sich zwei Prozent derGuaraní das Leben genommen, 70Prozent von ihnen waren Jugendliche.
Ein Kampf umRecht und Leben
Die Vertreibung der Guaraní durchGrossgrundbesitzer nahm bereits im20. Jahrhundert ihren Anfang. Mit derAusbreitung der Sojakulturen und Rindviehwirtschaft in den1970er-Jahren stand den Guaraní immer weniger Land zurVerfügung und die Landkonflikte spitzten sich zu. Auf Druckder brasilianischen Zivilgesellschaft, insbesondere der indige-nen Organisationen und ihren Unterstützungsgruppen, ver-ankerte die brasilianische Regierung das Recht der indigenenVölker auf ihr angestammtes Land 1988 in der Verfassung.Innerhalb von fünf Jahren hätte die Regierung alle Gebiete,die indigenen Völkern zustehen, ausweisen und zur Nutzungan sie zurückgebenmüssen.
Massive Interventionen der Agrarlobby und der trans-nationalen Konzerne sowie nicht funktionierende staatli-che Strukturen behindern diesen Prozess aber bis heute.Lokale Eliten betrachten den Anspruch indigener Völkerauf ihren Lebensraum als Hindernis für die wirtschaftlicheEntwicklung. Bereits unter Präsident Lula da Silva gab dieRegierung indigenes Land nur unter grossem politischemund gesellschaftlichem Druck zurück. Unter Präsiden-tin Dilma Rousseff ist dieser Prozess ganz zum Stillstandgekommen.
Um ihren Rechten Gehör zu verschaffen und den De-markationsprozess voranzutreiben, besetzen Guaraní-Gemeinschaften Teile ihrer ehemaligen Territorien. DieGrossgrundbesitzer versuchen die Guaraní mit «Pistole-ros», bewaffnete Milizen, einzuschüchtern. Gewalt und To-desdrohungen sind an der Tagesordnung. Zwischen 2003und 2011 gab es in Mato Grosso do Sul 190 Mordversuche,die meisten im Zusammenhang mit Landkonflikten. 250Angehörige indigener Gemeinschaften und Mitarbeitendevon Menschenrechtsorganisationen wurden ermordet.
Das Menschenrecht auf NahrungDie Menschrechtsorganisationen Fian (Food First In-
ternational Network) unterstützt die Guaraní seit 2005. Sieklärt die Guaraní über ihre Rechte auf, stärkt ihre organisa-torischen Kapazitäten, berät sie juristisch bei der Einforde-rung ihrer Rechte und sensibilisiert die Öffentlichkeit für de-ren Anliegen. Weil die nationalen Rechtsmittel ausgeschöpftsind, planen die Guaraní, unterstützt durch Fian und denIndigenen-Missionsrat der Katholischen Kirche (Cimi), beider Interamerikanischen Kommission für Menschenrech-te (IKM) in Washington das Menschenrecht der indigenenBevölkerung auf Nahrung einzuklagen. Zudem fordern sieSchutzmassnahmen gegen die Gewalt.
Zu diesem Zweck erfasst Fian Daten zur Ernährungssi-tuation und ökonomischen Situation von drei Guaraní-Ge-meinschaften. Sie sammelt Fallbeispiele und Zeugenaussa-gen zu denUmwelt- und Sozialkonflikten und dokumentiertso die Folgen und Menschenrechtsverletzungen, welche dieGuaraní-Gemeinschaften durch den fehlenden Zugang zuihrem Lebensraum erleiden.
Fian und Cimi werden die Öffentlichkeit regelmäs-sig über die laufenden Stellungnahmen der IKM zum FallGuaraní informieren und so den politischen Druck auf dieRegierung erhöhen, den Demarkationsprozess fortzusetzenund der indigenen Bevölkerung ihr Land zurückzugeben.Fian will die Diskriminierung der Guaraní aber auch inter-national bekannt machen und die Stellungnahmen der IKMzum Fall Guaraní bei den UNO-Menschenrechtsinstanzeneinbringen: als repräsentatives Beispiel für den Kampf indi-gener Gemeinschaften um die Durchsetzung desMenschen-rechts auf Nahrung und Land.
Tag für Tag donnern die Lastwagen der Agrarkonzerne an den Guaraní-Familien vorbei.
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8 contigo Nr.4 |2014 DOSSIER
Bessere Ernten und höheres Einkommen«Bevor HEKS und Sofdec in unser Dorf kamen, waren
wir sehr arm», erzählt Chantrea, die Frau von Panha. Die Fa-milie Chhum bebaute 1,5 Hektaren Land und erreichte einJahreseinkommen von 600 Franken. Dann nahmen Panhaund Chantrea am Schulungsprogramm von Sofdec teil underweiterten ihre landwirtschaftlichen Kenntnisse. Durch dieverbesserten Anbaumethoden steigerten sie die Erträge undkonnten schrittweise mehr Land pachten. Heute bebauen sie4,5 Hektaren und erwirtschaften ein Jahreseinkommen von1300 Franken.
Die Bauernfamilien von Kampong Os und anderen Dör-fern der Region Kampong Chhnang haben gelernt, dass derAnbau unterschiedlicher Pflanzenarten gegenüber Mono-kulturen Vorteile bringt: Indem sie neben Reis auch Chili,Mais, Bohnen, Melonen und Gurken anpflanzen, sind sie
weniger abhängig vom Erfolg einereinzigen Kultur. Zudem schont derdiversifizierte Anbau den Boden undder Ertrag steigt. «Zwar pflanzten wirschon vorher verschiedene Kulturenan, aber uns fehlte das Wissen, damitsie gut gedeihen», erklärt Chantrea.
Leben mit der FlutEin ressourcenschonender und
doch effizienter Anbau ist überlebens-wichtig für die Bauern in KampongOs. Denn von September, wenn dieRegenzeit beginnt und die Flut ihreFelder überschwemmt, bis zur erstenErnte im April muss die Familie vonihren Vorräten leben. Einzig die FischeimFluss sind in dieser Zeit eine zusätz-liche Nahrungsquelle.
Während der Flut kann der Was-serspiegel mehrere Meter steigen. ImNotfall müssen sich die Menschen aus
Das Leben im Herzen Kambodschas ist ein steter
Überlebenskampf. Doch die Menschen haben mit der
jährlichen Flut und der Hitze zu leben gelernt. Neue
Anbautechniken, angepasstes Saatgut und eine besse-
re Vermarktung helfen den Menschen aus der Armut.
Liebevoll spielt Panhamit seinem3-jährigen SohnChan-na. Der Kleine kämmt die dunklen Haare seines Vaters. Erliebt die Mittagszeit, wenn die sechsköpfige Familie zusam-menkommt, um zu essen und sich im Schatten des kleinenHauses von der Arbeit auf dem Feld am Ufer des Tonle Sapauszuruhen. Heute gehen sie nach dem Mittagessen aus-nahmsweise nicht aufs Feld. DennMitarbeitende von Sofdec(Society for Development in Cambodia) sind zu Besuch imDorf. Sofdec, eine HEKS-Partnerorganisation, arbeitet seitdrei Jahren mit den Bauernfamilien in Kampong Os.
KAMBODSCHA
Die Saat der Hoffnung im Land der FlutHanspeter Bigler*
Für den dreijährigen Channa ist es ein besonderes Vergnügen, wenn sich die Familie nach dem Mittagessen im Schatten
ihres Hauses ausruht.
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9contigo Nr.4 |2014 DOSSIER
ihren Häusern, die auf vier Meter hohen Stelzen stehen, mitihren Booten in Sicherheit bringen. Der Fluss ist Lebenseli-xier und tödliche Bedrohung zugleich. «Der Fluss ganz nahebei unserem Haus ist sehr wichtig», sagt Chantrea. «Aberwenn dasWasser immer mehr ansteigt, habe ich Angst, dassdie starken Stürme uns treffen und unser Haus zerstören.»
Im Dezember, wenn sich die Wassermassen langsamwieder zurückziehen, bestellen Panha und Chantrea diefruchtbaren Felder und beginnen mit der Aussaat.
Ans Klima angepasstes Saatgut«Unser nächstes Einkommen werden wir mit der Chili-
und Maisernte erzielen», erklärt Panha. Aber obwohl sie ihrWissen über landwirtschaftliche Techniken erweitert habenund sich ihr Einkommen mehr als verdoppelt hat, brauchensie während der Flut alle ihre Reserven auf. «Fürs Sparenreicht es noch nicht», sagt Panha. Dazu müsste die Familienochmehr Land pachten, um höhere Erträge zu erzielen. «Inzwei Jahren», meint Panha, «sollten wir so weit sein.»
Weil auch das verwendete Saatgut eine wichtige Rollebei der Steigerung der Erträge spielt, haben HEKS und Sof-dec 2010 das Saatgutzentrum Larec gegründet. Das Zentrumerforscht und züchtet Saatgut für verschiedene Pflanzen wieReis, Chili, Melonen, Bohnen oder Kürbis und achtet insbe-sondere darauf, dass das verbesserte Saatgut an die extremenklimatischen Bedingungen der Region angepasst ist und derFlut gut widersteht.
Mit Solarkraft Chili verarbeitenHeute wird anlässlich des Besuchs von Sofdec im Dorf
Kampong Os der neue Chili-Trockner in Betrieb genom-men. Ein Solarpanel an der Rückseite erwärmt die einströ-mende Luft, und die Feuchtigkeit der Chilis entweicht überden Kamin. So trocknen die Chilischoten geschützt vor Tie-ren und Regen. Dies ist sehr wichtig für ihre Qualität, denndie Haupternte der Chilis fällt in die Regenzeit. Wenn dieim Freien ausgelegten Chilis verregnet werden, entstehenbraune Flecken und die Ernte wird fast unverkäuflich. Fürdie Bauernfamilien bedeutet ein solcher Ertragsausfall eineexistenzielle Bedrohung.
Die Bauernfamilien in Kampong Os tauschen sich re-gelmässig zu Themen des Anbaus, der Verarbeitung undVermarktung von Chili aus. Wenn sich der Solartrocknerbewährt, werden sie weitere Trockner herstellen. Zudemwollen sie ihre Chilis künftig gemeinsam verkaufen. So ha-ben sie gegenüber den Abnehmern eine stärkere Positionund erzielen einen besseren Preis.
Ein Leben ohne ArmutDie Veränderungen und die Hoffnung auf eine bessere
Zukunft sind in Kampong Os spürbar. «Als meine Frau und
ich vor fünfzehn Jahren heirateten, waren wir bitterarm undlebten in einer winzigen Strohhütte», erzählt Panha. «Ichsetze alles daran, dass meine Kinder das nie erleben müs-sen. Ich wünsche mir, dass wir eines Tages ganz der Armutentfliehen können und unsere Kinder eine höhere Bildungerlangen und eine gute Arbeit finden werden. So müssen wiruns im Alter keine Sorgen mehr um sie machen.»
Panha besteigt mit seinem 7-jährigen Sohn Sobin dasBoot. Er trägt einen schweren Sack mit Maissamen, die sieauf ihrem Feld auf der anderen Seite des Flusses säen wer-den. Es ist die letzte Aussaat der Saison, bald kommt die Flut.Panha wirft den Motor an. Er richtet den Blick nach vorneund fährt los, hinaus auf den Tonle Sap, der noch ruhig undfriedlich am Dorf vorbeifliesst.
*Hanspeter Bigler, Leiter des Bereichs Kommunikation bei HEKS, hat im April2014 die Familie Chhum in Kampong Os besucht.
Seit Panha und Chantrea Chhum ihre landwirtschaftlichen Kenntnisse erweitert haben und die
Tomaten sorgfältiger trocknen, hat sich ihr Einkommen mehr als verdoppelt.
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10 contigo Nr.4 |2014
PETITION
Kleines Zeichen fürfairere Einkäufe
Die SBB tritt nicht der Fair Wear
Foundation bei. Doch sie will
beim Einkauf von Textilien stärker
auf Arbeitsbedingungen und sozi-
ale Kriterien achten.
Sympathisches Bahnpersonal infair hergestellter Betriebskleidung:Das Ziel der von 18 000 Personen un-
terstützten Petition von Brot für alle,Fastenopfer und Partner sein rückteinen kleinen Schritt näher. «Künftigkönnen sich auch die Mitglieder derFair Wear Foundation (FWF) bei Aus-schreibungen der SBB für den Einkaufvon Betriebskleidungen beteiligen –ohne dass sie der Zertifizierungsstelleund Überprüfungsinitiative BSCI bei-treten oder von dieser geprüft werdenmüssen», erläutert Erica van Doorn,Direktorin der FWF. «Das ist ein ersterSchritt in die richtige Richtung.»
BSCI (Business Social ComplianceInitiative) wird von Modemarken undGrosseinkäufern von Textilien getra-gen. Auch die SBB ist Mitglied. Sieverpflichten sich, bei ihren LieferantenMindeststandards bei den Arbeitsbe-dingungen und Löhnen einzufordern.Es erfolgt aber keine unabhängigeKontrolle und Resultate müssen nichtveröffentlicht werden. Die FWF setztstrengere Anforderungen. In die Kon-trollverfahren bezieht sie Unterneh-men, Belegschaft und Gewerkschaftengleichermassen ein. Für die dreiWerkegewährleistet dieser Multistakeholder-ansatz viel besser als rein unterneh-menseigeneMassnahmen, dass bei denLieferanten und ihren Fabriken sozialeStandards in der Produktion wirklicheingehalten werden.
Ein bisschen wird das Anliegender Petition doch aufgenommen: Jac-queline Klaiss Brons, BereichsleiterinBeschaffungswesen SBB, sicherte denWerken zu, dass die Bahn bei den Be-schaffungsverfahren Verbesserungenanstrebe. «Best Practice», also bei denAnbietern mit den besten Standardseinzukaufen, werde noch stärker ein-bezogen. Und: Die SBB habe sich vor-genommen, innerhalb von BSCI dafürzu sorgen, dass die Kontrollen und dieQualität der Überprüfungen besserwürden. In Bangladesh waren in derVergangenheit Fabrikgebäude einge-stürzt oder abgebrannt, obwohl sienoch kurz zuvor von BSCI zertifiziertworden waren.
Dennoch will die SBB nicht auchnoch der FWF beitreten. Das ist eineleise Enttäuschung. Die Post ist derFWF schon 2012 beigetreten undzeigt, dass dies eine umsetzbare Opti-on ist. Die Werke werden sich darumnoch stärker für die Berücksichtigungvon Sozialstandards in der Beschaf-fung und effektive Kontrollen einset-zen – bei allen Lieferanten. «Das mussbei der anstehenden Überarbeitungdes Bundesgesetzes und der Inter-kantonalen Vereinbarung über dasöffentliche Beschaffungswesen aus-drücklich verankert werden. Nur sowird sichergestellt, dass in der öffent-lichen Beschaffung neben wirtschaft-lichen auch soziale Mindeststandardsund ökologische Minimalanforde-rungen in der Produktion aller be-teiligten Firmen berücksichtigt undumgesetzt werden.»
Weitere Informationen:www.sehen-und-handeln.ch/petition
Max Havelaar klärtVorwürfe zum neuen LabelVerschiedene Medien äusserten
sich in letzter Zeit kritisch zur FairTrade-Bewegung und der Max Have-laar-Stiftung. Auslöser sind Neuerun-gen wie die zusätzliche Zertifizierung,die erlaubt, in einer Tafel Schokoladeauch nur einzelne Inhaltsstoffe – z.B.den Kakao – mit Fair Trade zu dekla-rieren. Das ermögliche den Verkaufgrösserer Mengen von Fair Trade-Kakao, begründet die Max Havelaar-Stiftung. Ziel bleibe immer, «dass dieProduzenten dank Fair Trade einenbesseren und stabileren Preis erhal-ten». Diese und andere Antwortensowie Hintergrundinformationen zugestellten Fragen finden sich auf derWebseite www.maxhavelaar.ch. uw
Die SBB wollen die Beschäftigten bei den Lieferanten ihrer
Betriebskleidung nicht ganz im Regen stehen lassen. Das freut
Patrick Renz, Direktor Fastenopfer (r.), und Miges Baumann,
Leiter Entwicklungspolitik Brot für alle (l.).
©Brotfür
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onikaFlückiger
11contigo Nr.4 |2014
LAND GRABBING
Mit Schweizer Geld wirdRegenwald zerstört
Urs Walter
Schweizer Banken und Anlagefonds finanzieren
Land Grabbing in Indonesien und weiteren Ländern.
Das zeigt eine Untersuchung von Brot für alle. Wo
Palmölplantagen entstehen, werden Menschen und
die wenigen überlebenden Orang-Utan vertrieben.
In Indonesien verschwindenRegenwald und Ackerflächen, weilInvestoren grosse Flächen überneh-men und Ölpalmen für den Exportvon Palmöl anpflanzen. Dieses LandGrabbing hat in den letzten Jahrenzugenommen und immer mehr Men-schen vertrieben. Beteiligt sind auchSchweizer Banken und Finanzinstitu-te, wie eine neue Studie von Brot füralle zeigt. Untersucht wurden die 17grössten Schweizer Banken und An-bieter von Anlagefonds. Erfasst wur-den Investitionen von 773 MillionenFranken. Sie betreffen 17 Gesellschaf-ten, deren Vorgehen immer wiedervon der lokalen Bevölkerung kriti-siert wird. Diese Summe ist aber nurder sichtbare Teil des Eisberges. Ausvielen Ländern, wo ebenfalls gross-flächig Land an Investoren vergebenwird, sind keine unabhängigen In-formationen und Berichte der lokalenBevölkerung erhältlich.
Die neue Studie von Brot für alle knüpft an eine Unter-suchung der Investitionen von staatlichen Entwicklungs-banken von 2012 an: Diese zeigte, dass mit öffentlichenGeldern regelmässig und an vielen Orten Land Grabbingmitfinanziert wurde – und wird. Aber auch privates Geldfliesst in solche Anlagen. Die Vorgaben einer nachhaltigenUnternehmenspolitik scheinen weniger zu gelten als dasGeschäft. Brot für alle fordert darum alle Schweizer Ban-ken und Finanzinstitute auf, sich aus der Finanzierung vonLand Grabbing mit seinen meist verheerenden Folgen fürdie lokale Bevölkerung zurückzuziehen.
J. Safra Sarasin: Investition imWiderspruch zur Firmenwerbung
Zwei Ergebnisse der Untersuchung fallen auf: Die BankJ. Safra Sarasin hält Aktien der indonesischen IOI im Wertvon 404 Mio. Franken. IOI kontrolliert Bumitama Agri, diein Borneo, der Hauptinsel Indonesiens, riesige Plantagen be-treibt. Dort werden immer wieder Regenwälder abgeholzt,Landrechte verletzt und weitere Rechte zum Schutze der Be-völkerung und der Natur umgangen. In der Not helfen dieMenschen dort auch den Orang-Utan, damit diese nicht aus-sterben. Dass sich gerade J. Safra Sarasin bei IOI engagiert, er-staunt Yvan Maillard Ardenti, zuständig für Land Grabbingund Finanzmärkte bei Brot für alle: «Die traditionsreicheeinstige Basler Privatbank profiliert sich in der Werbung seitJahren mit ihrer Ausrichtung auf nachhaltige Anlagen. DieseVorgabe sollte ebenso für das Engagement bei IOI gelten.»
Credit Suisse setzt auf VietnamIn den Schweizer Anlagefonds der Credit Suisse finden
sich nur wenige der umstrittenen Anlagen in Land Grab-bing. Doch über ihre Tochterfirma Credit Suisse Hong Kongist die Grossbank mit über zehn Prozent an der vietname-sischen Hoang Anh Gia Lai beteiligt. Diese investiert vorallem in denNachbarländern Laos undKambodscha. In bei-den Staaten gelten die Einhaltung der Menschenrechte undder Schutz der Natur wenig oder können leicht umgangenwerden. Hoang Anh Gia Lai wurde bei der Weltbank wegenLandGrabbing und Zerstörung der Lebensgrundlagenmeh-rerer Dörfer angeklagt.
Studie www.brotfueralle.ch/studie_profundoSpenden für Recht auf Nahrung: GRAIN 835.8026
Vor den Motorsägen flüchten sich viele Orang-Utan auf die letzten stehenden Bäume. Damit sie nicht verhungern, werden
sie dann an sichere Orte transportiert.
©AlejoSabu
go–IARIndonesia
12 contigo Nr.4 |2014
von Partnerschaft und Vertrauen mit den Bäuerinnen undBauern. Dazu gehört, dass die Preise für die Kräuter je nachLage des Betriebes festgelegt werden. Bergzone IV erhält 75Prozent mehr als ein Betrieb der Bergzone I mit flachen Fel-dern: Fair Trade im Schweizer Berggebiet! «Der Geschmackder Kräuter aus höheren Lagen ist intensiver», ergänzt Lüdi.
NochmehrGeschmackbringtdie grosszügigeProduktionbei der SAH: Garantiert sind pro Beutel ein Gramm Kräuter.«Aber wir sind lieber grosszügig und geben etwas mehr hin-ein», sagtMarianneGafner. So wird aus einemPapiersackmit13,5KilogrammRosenmelisse,Goldmelisse undKornblumeneine Palette Alpenkräutertee. Im Halbsekundentakt spucktdie automatische Maschine auf zwei Seiten verschweissteTeebeutel aus. Sie stammt aus Japan, denn auch im BernerOberland schreibt die Globalisierung ihreGeschichten. «Allesandere ist jedoch schweizerisch, bis hin zur Bio Knospe vonBio Suisse», fügt Lüdi an. Und die meisten der Beschäftigtenstammen aus Därstetten undUmgebung.
Hoffnung für vieleNachhaltiger, sorgfältiger Bioanbau, schonende Ver-
arbeitung und eine schön gestaltete Box zeichnen den Teeder Ökumenischen Kampagne aus. Zur fairen Herstellunggehört auch, dass die Beutel in der Thuner SozialfirmaTRANSfair in die Tetraeder eingepackt werden.
Je mehr Teebeutel den Weg in die Tassen finden, destomehr Spenden stehen den Werken zur Verfügung. Genussstärkt so die Arbeit von Fastenopfer, Brot für alle und Partnersein und bedeutet neue Hoffnung für die Menschen in denProjekten unserer Partnerorganisationen. Aus einer zarten,wohlriechenden Kräuterpflanze wächst so Entwicklung undVerbesserung – eine richtig österliche Geschichte, die sich inder kleinen Teebox verbirgt.
Bestellen: Karin Fritz ([email protected])
ÖKUMENISCHE KAMPAGNE 15
Tee-Aktion:Teetrinkenmit gutenWirkungen
Urs Walter
Zum zweiten Mal gehört Tee zu den Aktionen der
Ökumenischen Kampagne. Bio und faire Produktion
in der Schweiz sowie dank der Spenden zusätzliche
Hoffnung für Menschen im Süden zeichnen das
Angebot aus.
Agnes Wäfler zupft zart und doch behände die leuch-tend roten Blütenblätter ihrer Goldmelissen. Ein ganzesFeld hat die Bäuerin aus Aeschi bei Spiez beim Bauernhofihrer fünfköpfigen Familie bepflanzt. Den ganzen Sommerüber ist Erntezeit. «Für den Alpenkräutertee verwendenwir aber die Blätter, aus den Blüten gibt es Sirup», erläu-tert die Bäuerin, «das schmeckt im Tee etwas herber». FürWäflers ist der Tee- und Kräuteranbau wichtig. «Gerade imnassen Sommer 2014 waren wir um diesen Verdienst froh.Die nötigen Sonnenstunden und genügend trockene Luftfanden sich nämlich trotz allem, um die Kräuter zu trock-nen», blickt sie zurück.
Der Tee ist bio und fair hergestelltEbenso zufrieden äussert sich Martin Lüdi, Leiter der
Swiss Alpine Herbs (SAH) in Därstetten im Simmentalüber die bereits über zwanzig Jahre dauernde Geschichte
Alice Wäfler erntet sorgfältig Goldmelissenblüten.
©Brotfür
alle/Christoph
Wider
«Der Besuch bei der Bauernfamilie
Wäfler und im Verarbeitungsbetrieb der
Swiss Alp Herbs im Simmental hat mich
überzeugt. Der Alpenkräutertee mit
Rosenmelisse ist ein Aktionsprodukt, das
ganz aus der Schweiz stammt und so
zeigt, wie faire Herstellung und lokales
Einkaufen funktionieren kann. Ich werde
den Tee gleich bestellen. Mit den kleinen,
herzig verpackten Teebeuteln haben
wir ein geeignetes Mitbringsel, wenn wir
Jubilarinnen und Jubilare besuchen oder
Gratulationen überbringen.»
Prisca Föhn, Evang. ref. Kirchgemeinde Brunnen-Schwyz
©Brotfür
alle/Christoph
Wider
13contigo Nr.4 |2014
KLIMAPETITION
Viele Unterschriftensammeln ist wichtig
Seit September 2014 werden Unterschriften für die
Klimapetition gesammelt. Ein Schlussspurt während
der Ökumenischen Kampagne 2015 ist wichtig,
damit sich die Schweizer Klimapolitik in die richtige
Richtung bewegt.
Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfunggehören zu den grundlegenden Zielen der Kirche. Weildie negativen Folgen der Klimaerwärmung besonders dieLeute in den schon heute benachteiligten Regionen und dieÄrmsten trifft und das Recht auf Nahrung von Millionenvon Menschen bedroht, unterstützt Brot für alle die Klima-petition. ImDezember 2015 werden an der Klimakonferenzder UNO in Paris Weichen für die künftige internationaleKlimapolitik gestellt.
Doch bereits jetzt wird entschieden, welche Positiondie Schweiz einnimmt. Darum startete die von Brot für alleund über 50 Organisationen getragene Petition der Klima-allianz für eine verantwortungsvolle Klimapolitik bereitsim September 2014. Bis Ende März 2015 sollen mindestens100 000 Unterschriften gesammelt sein. Direkt spricht diePetition Bundesrätin Doris Leuthard an: Als Schweizer Kli-maministerin soll sie zur «St. Doris» werden, zur Schutz-patronin für mehr Gerechtigkeit im Kampf gegen denKlimawandel. Sie und alle Schweizer Politikerinnen undPolitiker müssen sich nachdrücklich für wirksame Zielezur Reduktion der Klimabelastung einsetzen. Die Schweizsoll auch eine gerechte Finanzierung der Anpassung in denärmsten Ländern fordern. Als reiches Land muss sie dafürbedeutende Beträge aufbringen, ohne das Entwicklungs-hilfebudget zu vermindern. Es braucht nach wie vor auchgenügend Geld, um die Arbeit gegen Armut und Hungerweiterzuführen.
Die Ökumenische Kampagne 2015 hat eine wirksameund gerechte Klimapolitik und Klimagerechtigkeit alsZiel. Nur genügend Druck der Zivilgesellschaft bewirkt,dass die Verhandlungsdelegation der Schweiz an der Pari-ser Konferenz für wirklich griffige Massnahmen eintritt.Darum bleibt die Unterschriftensammlung bis zum Endeder Ökumenischen Kampagne 2015 wichtig. Zugleich bit-ten wir, die Bögen mit Unterschriften fortlaufend zurück-zusenden. uw
Bitte neues Logo verwendenBrot für alle hat das Logo leicht
überarbeitet und ein etwas kräfti-geres Grün gewählt. Bitte benutzenSie auf Ihren Ankündigungen undUnterlagen nur noch das neue Logo:www.brotfueralle.ch/logo.
Vielen Dank.
BROSCHÜRE
Die Menschen, die Menschen bewegen«Engagement ist eine Lebens-einstellung» – unter diesem Titelskizziert Brot für alle in einemBüchlein die Ausrichtung derEntwicklungsorganisation der re-formierten Kirchen der Schweiz.Hinter unserer Arbeit steckenimmer Menschen: Abass Kamarasetzt sich in Sierra Leone für dieRechte der Landbevölkerung ein,
deren Boden über ihre Köpfe hinweg an ausländische Konzer-ne geht, Shatil Ara gibt ausgebeuteten Arbeiterinnen in denTextilfabriken Bangladeshs eine Stimme. Und in der Schweiztragen viele Freiwillige dasWerkmit. Ihnen gibt die Broschüreeinen Einblick in das Engagement von Brot für alle. uw
Bezug: Karin Fritz, 031 380 65 85, [email protected]
Martin Köchli und Jules Rampinials weitere Referenten
Mit Martin Köchli (Biobauer, Anbau- und Ernäh-rungsfragen im lokalen und globalen Kontext) und JulesRampini (Landwirt und Theologe, Agrikultur statt Agroin-dustrie, Landwirtschaft und Schöpfungstheologie) könnenzwei weitere ausgewiesene Referenten für Anlässe oder Got-tesdienste während der Ökumenischen Kampagne 2015 ein-geladen werden. uw
Alle verfügbaren Personen mit Telefon oder Mailadresse undEinsatzmöglichkeiten: www.sehen-und-handeln.ch/de/materialien-angebote/fachpersonen-extern/index.htmlAnfragen für Einsätze bitte direkt an die Fachpersonen.Auskünfte: Siegfried Arends, 031 380 65 61, [email protected]
14 contigo Nr.4 |2014
SAMMELKAMPAGNE 2014
«Entwicklung ermöglichen»Christine Spirig
Im Fokus der HEKS-Sammelkampagne steht die
Entwicklung ländlicher Gemeinschaften. HEKS un-
terstützt Kleinbäuerinnen nicht nur in Kambodscha,
dem diesjährigen Schaufensterland (siehe Seiten 8
und 9), sondern auch in vielen anderen Ländern.
Unfaire Handelspraktiken, Klimawandel sowie fehlen-des Wissen führen zu Hunger und Armut. Mit neuen land-wirtschaftlichen Techniken und Zugang zu angepasstemSaatgut ebnetHEKSKleinbauernfamilien denWeg zu einemselbstständigen Leben inWürde.
HondurasIn vielen Regionen Honduras’ leben die Kleinbäuerin-
nen vom Mais-, Bohnen- und Hirseanbau. Was sie nichtfür die Selbstversorgung brauchen, verkaufen sie auf demlokalen Markt. Schon immer verwendeten sie für das Aus-säen einheimisches Saatgut. Seit den 1970er-Jahren jedochversuchen Saatgutfirmen, ihnen industriell hergestelltesoder genetisch verändertes Saatgut zu verkaufen. Um ihreErnährungssouveränität zu bewahren, verbessern die Ein-heimischen mittels einfacher Techniken die Qualität ihres
eigenen Saatguts. Und dank Saatgut-banken können sie auch nach einerMissernte wieder aussäen.
ArmenienSeit dem Zusammenbruch der
Sowjetunion ist der Obstanbau in Ar-menien trotz der idealen klimatischenBedingungen stark zurückgegangen.Dankmodernen landwirtschaftlichenTechniken und hochwertigem Saat-gut konnte die ländliche Bevölkerungin der Region Geharkunik ihre Ern-te wieder steigern. Zudem schuf siedurch die Aufnahme von Handelsbe-ziehungen zwischen Obstbauernver-einigungen, Obstverarbeitungsindus-trie und Supermärkten neue und faireVerkaufsmöglichkeiten.
PhilippinenDie Menschen in der Region Lake
Sebu waren einst Jäger und Sammler.Deshalb fehlen vielen von ihnen dienötigen landwirtschaftlichen Kennt-nisse, um sich selbst zu versorgen.
Dank Saatgutbanken können Kleinbäuerinnen auch nach einer Missernte wieder aussäen.
Im Bild: Bäuerin Rabeya (rechts) mit Angehörigen in der Saatgutbank von UBINIG in Tangail, Bangladesh.
©HEK
S/M
ariusBorn
Film-Tipp: «Saat der Hoffnung im Land der Flut»Schauplatz des eindrücklichen Dokumentarfilms von Barbara Miller über die Projektarbeit von HEKS in Kambodscha ist das Dorf
Kampong Os. Chantrea Chhum und ihr Mann Panha erzählen aus ihrem Leben und darüber, welche Entwicklung die HEKS-
Partnerorganisation in ihrem Dorf in Gang gesetzt hat.
Zeigen Sie den Film in Ihrer Kirchgemeinde oder im Religionsunterricht.
Die DVD und weiteres Kampagnenmaterial können Sie auf www.heks.ch/sammelkampagne oder per E-Mail an [email protected] bestellen.
DVD: Film (50 Minuten), Kurzfilme sowie TV-Spot
15contigo Nr.4 |2014
In dieser Region wächst eine spezielle Hochlandbanane,Balangon. Die Familien erhalten Setzlinge, die sie in Formvon Bananen zurückzahlen. Die Bananen, die vor allem inJapan sehr beliebt sind, exportieren und verkaufen sie nachfairen Handelskriterien. Der Erlös wird in den Aufbau vonKleinbetrieben investiert, etwa in eine Bäckerei für Brot ausBananenmehl.
SenegalNiayes war einst eine fruchtbare Region für den Gemü-
seanbau. Heute haben die Menschen immer häufiger mitTrockenperioden zu kämpfen, der Grundwasserspiegel sinktund die Böden drohen zu versalzen. Auch die Abhängigkeitvon Zwischenhändlern, welche die Preise nach eigenem Er-messen bestimmen, bedroht die Existenz vieler Bauernfa-milien. Auf Experimentierfeldern bauen sie neue Gemüse-sorten an. Dabei sprechen sie sich untereinander ab, um denMarkt mit unterschiedlichen Sorten zu bedienen.
Helfen auch Sie mit, Entwicklung zu ermöglichen, undunterstützen Sie HEKS mit einer Aktion in Ihrer Kirchge-meinde oder im Religionsunterricht.
Mehr Informationen zur Kampagne sowie umfangreiches kostenlosesKampagnenmaterial für Kirchgemeinden und Pfarrpersonen finden Sie aufwww.heks.ch/sammelkampagne.
Spenden: PC-Konto 80-1115-1 (Vermerk «HEKS-Sammlung») oder online
Zugang zu qualitativ hochwertigem Saatgut ist für die Entwicklung ländlicher
Gemeinschaften zentral.
©HEK
S/ChristianBobst
OSTEUROPATAG
25 Jahre EngagementHEKS gehörte zu den ersten Organisationen, die nach
der politischen Wende 1989 in Osteuropa Hilfe leisteten.HEKS verteilte Hilfsgüter, finanzierte die Renovation kirch-licher Gebäude, unterstützte den Aufbau diakonischer Ein-richtungen sowie Bauern und Gewerbetreibende beim Auf-bau ihrer Betriebe.
25 Jahre nach der Wende zieht HEKS am OsteuropatagBilanz und fragt, was im letzten Vierteljahrhundert in Ost-europa und auf dem Balkan erreicht wurde. Das Hilfswerkzeigt aber auch auf, wo künftig die Schwerpunkte seiner Pro-jektarbeit liegen.
AmMorgen erzählt Béla Kató, Bischof der ReformiertenKirche in Siebenbürgen, Geschichten über die Wende undwie er landwirtschaftliche und soziale Projekte aufbaute.Peter Merz, Bereichsleiter Ausland, und Bernhard Kersch-baum, Abteilungsleiter Europa/Asien, referieren über dieHEKS-Projektarbeit in Osteuropa. In den Workshops amNachmittag berichten Gäste aus Osteuropa, wo die HEKS-Partner in Rumänien, Ungarn, Albanien, Moldau und derUkraine heute stehen und welche ihre Herausforderungensind. Zudem liest der frühere Generalsekretär von HEKS,Franz Schüle, aus seinemBuch «Hinterfragen undHandeln»und gibt berührende Einblicke in die Schicksale von Men-schen, die HEKS während vielen Jahren unterstützte.
Der Liedermacher Jan Repka rundet das Programm mitMani Matter-Liedern auf Tschechisch ab. os
Samstag, 24. Januar 2015, 9.15 bis 15.30 Uhr,Kirchgemeindehaus Schwamendingen, ZürichProgramm und Online-Anmeldung: www.heks.ch/osteuropatagAnmeldeschluss: 9. Januar 2015
Kartoffelsaat in Cernat, Rumänien. Nach der Wende unterstützte HEKS Bauern beim Aufbau
ihrer Betriebe.
©HEK
S/UrsKaiser
16 contigo Nr.4 |2014
HILFE SCHENKEN
Schenken Sie Roma-KindernZukunftsperspektiven
Olivier Schmid
Wie jedes Jahr hält HEKS mit der Aktion «Hilfe
schenken» viele sinnvolle Weihnachtsgeschenke parat.
Mit einem «Mittagstisch» schenken Sie Roma-Kindern
nicht nur ein nahrhaftes Mittagessen, sondern fördern
auch ihre schulische Integration.
Roma-Kinder haben nicht die gleichen Ausbildungs-chancen wie andere Kinder. Sie wachsen häufig in grosserArmut auf. Denn die Arbeitslosigkeit unter den Roma isthoch. Sie werden diskriminiert und haben oft nur einge-schränkt Zugang zu öffentlichen Institutionen und Dienst-leistungen wie Bildung und medizinische Versorgung.
Um die soziale und wirtschaftliche Integration der Ro-ma-Bevölkerung und anderer benachteiligter Bevölkerungs-gruppen in Osteuropa und im Westbalkan zu fördern, hatHEKS zusammen mit seinen Partnerorganisationen schuli-sche Förderprogramme für Roma-Kinder ins Leben gerufen.In Rumänien, wo etwa eine Million Roma leben, profitieren
jährlich 800 Roma-Kinder vom Stütz-unterricht der 20 «After School»-Klassen in den Bezirken Bihor, Clujund Mures. Der Stützunterricht er-leichtert den Kindern den Übertrittin die nächste Klasse.
Im Leben vorwärtskommenDer zwölfjährige Robert ist einer
von ihnen. Seit sein Vater 2011 anTuberkulose starb, lebt die Familievon der Fürsorge. Durch die Holz-latten ihrer Behausung pfeift der Wind. Der Fussboden be-steht aus festgestampfter Erde. Eine Glühbirne ist die einzigeLichtquelle. Strom stellt ihnen der Nachbar zur Verfügung.Seit der Brunnen in der Siedlung versiegt ist, müssen sie dasTrinkwasser einen Kilometer weit herschleppen.
Roberts Mutter ist sehr dankbar,dass ihr Sohn Unterstützung bei denHausaufgaben erhält und die Chancehat, zu lernen und im Leben vorwärts-zukommen. Sie freut sich sehr überdie Fortschritte ihres Sohnes. Seit derDrittklässler gemeinsam mit 24 an-deren Kindern den Stützunterrichtbesucht, haben sich seine Leistungenverbessert. Er arbeite fleissig und auf-merksammit, berichtet seine Lehrerin.Er sei auch umgänglicher gewordenund erscheine regelmässig und pünkt-lich zumUnterricht.
Eine neue WeltAuch die ganz kleinen Roma-Kin-
der erhalten Unterstützung. Da vielevon ihnen keine reguläre Vorschulebesuchen, erleichtern ihnen Sommer-Kindergärten die Einschulung. Fa-bian eröffnete sich im Sommer-Kin-dergarten eine neue Welt: Zusammenmit seinen 23 Kameradinnen und Ka-
meraden sang er Lieder, lernte Kinderreime undmachte einerstes Mal Bekanntschaft mit Buchstaben und Zahlen. Erlernte aber auch, sich täglich die Hände zu waschen und dieZähne zu putzen. Das Beste aber war, dass es regelmässigein warmes Mittagessen gab.
Das gesamte «Hilfe schenken»-Sortiment finden Sie unterwww.hilfe-schenken.ch. Ihr Geld geht je nach Geschenk in einenvon sieben Fonds mit fest definiertem Verwendungszweck. Sieselbst erhalten eine stilvolle Geschenkurkunde, die Sie IhremLiebsten unter den Weihnachtsbaum legen können.
Mit vollem Magen lernt es sich besser: Die Roma-Kinder erhalten nicht nur Aufgabenhilfe, sondern auch ein warmes
Mittagessen.
©HEK
S/FAER
www.hilfe-schenken.ch
Im Namen von erhaltenKinder aus armen Roma-Familien in Osteuropa täglich ein warmes
Mittagessen und Hilfe bei den Hausaufgaben. Dies eröffnet ihnen besserePerspektiven für ihre berufliche Zukunft.
Schenkungsurkundefür einen
Mittagstisch
17contigo Nr.4 |2014
HUMANITÄRE HILFE
Überlebenshilfe für Flüchtlings-familien im Libanon undNordirak
Olivier Schmid und Bettina Filacanavo
Millionen von Menschen suchen im Libanon Schutz
vor dem Krieg in Syrien. Und Tausende fliehen aus
den umkämpften Gebieten im Irak. HEKS und seine
Partnerorganisationen leisten Soforthilfe im Libanon
und Nordirak, um die grosse Not zu lindern.
Der Bürgerkrieg in Syrien hält seit drei Jahren an. Be-reits sind 3,2 Millionen Menschen aus Syrien geflüchtet,davon 1,15 Millionen in den Libanon. Das Flüchtlingslagerin Shatila ist von 16 000 auf 24 000 Menschen angewachsenund platzt aus allen Nähten. Die syrischen und palästinen-sischen Flüchtlinge aus Syrien lassen sich in Garagen ohneFenster, halb fertiggestellten Gebäuden oder Schiffscontai-nern nieder.
Prekäre Lebens-bedingungen in Shatila
Auch Nader lebte mit seiner Frauund den drei sieben- bis elfjährigenKindern nach der Ankunft monate-lang in einem Zelt, bis sie eine dunkleund feuchte Zweizimmerwohnung inShatila fanden. Die Wände im Schlaf-raum sind von Schimmelpilz befallen.Naders Frau hat Teppiche aufgehängt,damit sich kein Wasser auf dem Fuss-boden sammelt. Aus dem hinterenRaum, wo sich die Toilette befindet,dringt ein beissender Geruch.
Die Wohnungsmiete beträgt 200US-Dollar. Zusätzlich fallen 50 US-Dollar für Elektrizität und Wasseran. Manchmal findet Nader Arbeit alsTagelöhner. Dann verdient er 35 US-Dollar pro Tag. Er sammelt auch Elek-troschrott und verkauft die Kupferteilefür 5 US-Dollar pro Kilogramm.
Diese Einkünfte reichen aber nicht, um die täglichenLebensmittelkosten von rund 18 US-Dollar zu decken.Darum erhält Naders Familie von HEKS finanzielle Un-terstützung. Die Partnerorganisation Najdeh hat an 1102
Schulmädchen auf dem Heimweg durch das Flüchtlingslager Shatila
©HEK
S/PascalM
ora
Flüchtlingsfamilien Debitkarten verteilt, die sie währendeines halben Jahres monatlich mit 100 US-Dollar auflädt.292 bedürftige Gastfamilien in Shatila, die Flüchtlinge beisich aufgenommen haben, erhalten im gleichen Zeitraum50 US-Dollar pro Monat.
Hilfe für Flüchtlinge im NordirakAuch im Irak sind Tausende von Menschen auf der
Flucht. Besonders bedroht sind religiöse Minderheiten wieChristen oder Jesiden, die wegen ihres Glaubens von der Ter-rororganisation Islamischer Staat (IS) verfolgt werden. Vielevon ihnen versuchen, in die nochweniger umkämpfte nordi-rakische Provinz Sulaymaniyah zu gelangen. Dort aber fehltes ihnen am Allernötigsten zum Überleben. Darum leistetHEKS gemeinsam mit der Act-Alliance-Schwesterorganisa-tion «Christian Aid» aus Grossbritannien und der lokalenPartnerorganisation «REACH» (Rehabilitation, Educationand Communities’ Health) Soforthilfe für rund 15 000Kriegsflüchtlinge und unterstützt sie mit 250 000 Franken.Vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen sowie Ver-letzte und Kranke werden in den kommenden sechs Mona-ten mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Verbandsmaterial,Wolldecken und mobilen Heizöfen versorgt.
Spenden bitte auf das PC-Konto 80-1115-1 mitdem Vermerk «Syrien» oder «Nordirak»
18 contigo Nr.4 |2014
AKTUELL
Als Techniker imRegenwald
Katrin Pilling
Martin Witmer ist Theologe und
Elektroingenieur. Seit Oktober
ist er technischer Leiter und Be-
rufsbildner im Spital Manyemen
in Kamerun.
Das Spital Manyemen in Kamerunstellt in einem grossen ländlichen Ein-zugsgebiet die Gesundheitsversorgungder Bevölkerung sicher. Martin Wit-mer folgt auf Benjamin von Gunten,der in seinem dreijährigen Einsatz vorallem die grosse Spitalanlage technischinstand gesetzt hat. Witmers Aufgabeist es nun, neben der Instandhaltungeine systematische Aus- und Weiter-bildung für das technische Personalaufzubauen. Das siebenköpfige TeamvorOrt soll künftig selbstständig einenstabilen Spitalbetrieb sicherstellen undNachwuchs-Fachkräfte ausbilden kön-nen. Besonders in der Medizintechnikmangelt es in Kamerun an Fachperso-nal und Ausbildungsmöglichkeiten.
Wie massgeschneidertFür den 61-jährigen Basler Martin
Witmer, der sich auf die Berufsausbil-dung für technische und handwerkli-
che Berufe spezialisierte und zuletztbei der SBB arbeitete, ist die Stelle alsökumenischer Mitarbeiter wie mass-geschneidert, denn: «Hier kommt wiein einem Brennpunkt noch mal alleszusammen, was ich je in meinem Le-ben gelernt und gemacht habe». Vorseinem Studium in Elektrotechnikstudierte er katholische Theologie undarbeitete unter anderem in der Pfar-reiseelsorge. Bei seinem ersten Besuchbei der Partnerkirche von Mission 21,die das Spital betreibt, sei die Leitungerstaunt gewesen, dass der Technikerauch «Pastor» ist. Das habe viele Türengeöffnet, soWitmer.
Weitere Informationen unterwww.mission-21.org/manyemen
NeueKurzeinsätze fürMenschen ab 18 Jahren
Barbara Moser
Ab 2015 gibt es ein neues Aus-
tauschprogramm für junge Men-
schen ab 18 Jahren. Es ergänzt
das beliebte Professional Exposure
Programm (PEP!) für Berufstätige
zwischen 22 und 30 Jahren.
Geplant sind Einsatzorte in Hong-kong und Kamerun, wo die Teilneh-menden für drei bis vier Monate ineinemProjekt vonMission 21mitarbei-ten. Junge Erwachsene erhalten span-nende Einblicke in soziale, kulturelleund religiöse Gegebenheiten im Gast-land und übernehmen kleinere Auf-gaben in Projekten der PartnerkirchenvonMission 21.
Der Einsatz wird begleitet von ei-nem Vorbereitungswochenende undeinem Nachtreffen. Voraussetzungfür eine Teilnahme sind ausreichen-de Sprachkenntnisse in Englisch, einegrosse Offenheit für einen neuen – auchkirchlichen – Kontext und Wohnsitz in
Während eines Begegnungscamps in Akropong, Ghana
©Mission
21/DanielB
ünter
der Schweiz. Reisekosten, Kost und Lo-gis im Gastland, Versicherungen sowieein Solidaritätsbeitrag an die Vorberei-tungs- und Betreuungskosten gehen zuLasten der Teilnehmenden. Der Betraghängt vomEinsatzort ab.
Weitere Informationen ab Frühjahr 2015:www.mission-21.org/kurzeinsaetze
Weltweite KircheimBlick habenMichael Schlickenrieder
Menschen die weltweite Kirche
näherbringen – das will Missi-
on 21 mit der neuen Veranstal-
tungsreihe «Horizonte weiten».
Viele Verantwortliche in Gemein-den würden sich fragen, wie sie dasThema der weltweiten Kirche unter dieMenschen bringen können, sagt DetlefLienau, Studienleiter bei Mission 21.Dabei möchte Mission 21 helfen: DieVeranstaltungsreihe «Horizonte wei-ten» richtet sich primär an Aktive inden Gemeinden. Ihnen sollen Ideenfür ihre Arbeit mitgegeben werden,damit das Thema neuen Schwung er-hält. «Denn damit die globale Solida-rität gelebt werden kann, müssen wirsie in die lokalen Gemeinden tragen»,so Lienau.
Martin Witmer ist neuer ökumenischer Mitarbeiter im Spital
Manyemen, Kamerun.
©Mission
21/Ann
aWegelin
19contigo Nr.4 |2014
Hauptredner des ersten Anlassesim September 2014 war Frank Lorenz,Co-Leiter und Geschäftsführer derOffenen Kirche Elisabethen in Basel.Der Pfarrer und Publizist referierte zu«Lust auf fromm: Spiritualität im All-tag». Er schilderte, woraus MenschenKraft schöpfen können, um sich für denZusammenhalt der Christinnen undChristen weltweit zu engagieren.
Ein «Feuerwerk an Ideen»Marlies Flury, Präsidentin der
OeME-Kommission der reformiertenLandeskirche des Kantons Aargau, warzufrieden: «Die ganze Veranstaltunggab mir die erhofften Inputs für meineTätigkeit. Das Referat von Lorenz wargar ein regelrechtes Feuerwerk an Ide-en zumThemaReformiertsein», erzähltsie. Der von ihr gewählte Workshop«Reizwort Mission» habe gezeigt, dassMission in der Schweiz bedeutend ne-gativer wahrgenommen werde als inden Partnerkirchen vonMission 21.
Am nächsten Anlass im September2015 zum 200-Jahr-Jubiläum der Bas-ler Mission wird Esther Schläpfer dieHauptrednerin sein. Sie ist die jüngstePfarrerin, die das Berner Münster jehatte. Lienau sieht darin einZeichenderInnovation und Zukunftsorientierung:«Das passt zu unserem Jubiläumsmotto‹Unverschämt viel Hoffnung›», meinter schmunzelnd.
Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe«Horizonte weiten»:[email protected], 061 260 22 67
Veranstaltungen von Mission 21 fördern den Austausch.
©Mission
21/Katrin
Pilling
Buchtipp:«positiv leben!»
Ein neues Buch erzählt Mut ma-
chende und bewegende Geschich-
ten von HIV-positiven Menschen
in Tansania. Claudia Zeising,
ökumenische Mitarbeiterin von
Mission 21, hat das Buchprojekt
lanciert.
Die Pfarrerin Melania MremaKyando erfuhr nach dem Tod ihresMannes, dass er an Aids gestorbenwar. Und dass auch sie das HI-Virusin sich trug. Nach einigen Jahren fandsie denMut, offen über ihre Krankheitzu sprechen, zunächst in den Kirchge-meinden, dann auch darüber hinaus.Geschätzt sind bis zu 20 Prozent derMenschen in Tansania HIV-positiv,doch aus Angst vor Ausgrenzungwollen viele sich nicht testen lassen.Dabei ermöglichen Medikamenteein relativ normales Leben. Melaniagründete eine Selbsthilfegruppe, derinzwischen 40 Mitglieder angehören.Sie heisst «Lusubilo», Hoffnung.
Die Hoffnung auf einnormales Leben
Claudia Zeising, ökumenischeMitarbeiterin von Mission 21 in Tan-sania, war von Melanias «Mut undKraft» begeistert und unterstützte siein ihrer Arbeit. Auch die Menschender Selbsthilfegruppe und deren Ge-schichten berührten sie. Das Stigma,das mit «HIV-positiv» verbunden ist,kann überwundenwerden, ist sie über-zeugt. Die Menschen können auchim wörtlichen Sinne ein «positives»Leben führen. So wuchs die Idee, einBuch herauszugeben. Kein Sachbuchüber HIV/Aids, sondern ein Band mitPorträts in Bild und Text von ausser-gewöhnlichen Menschen. Zwölf Mit-glieder der Gruppe, darunter ein Kind,sowie die Gründerin und Leiterin Me-lania Mrema Kyando erzählen darinihre Geschichte.
Trotz viel erlittenem Leid, vielenTodesfällen in der Familie, Verstossungdurch die Eltern, trotz eines hartenLebens, in dem die Menschen mit kör-perlicher Arbeit den sehr bescheidenenUnterhalt verdienen müssen, äussernsie Dankbarkeit: Dafür, dass sie lebendürfen, dass sie die Gruppe gefundenhaben. «Dass Gott mir geholfen hat,mich zu öffnen», schreibt Mary Ma-henge. Fotos vonReginaMariola-Saganunterstreichen den Buchtitel: «positivleben!» ‒ Komme, was wolle. da
«positiv leben!» – «The joy of being alive»ist in Deutsch, Englisch und Suaheli erschienen.Neben den Porträts beinhaltet das Buch Texteüber die heutige HIV/Aids-Situation, Interviewsmit der Leiterin der Waisenkinderarbeit der Herrn-huter der Südprovinz und mit der Ärztin, die dieLusubilo-Gruppe betreut. Preis: Fr. 25.- (davonFr. 7.- für die Selbsthilfegruppe).Bestellen: [email protected],061 260 22 36Kurzfilm: www.mission-21.org/positiv-leben
JubiläumsblogAb sofort ist der Blog www.basler-
mission-200.org rund um das Jubiläumder Basler Mission online. Unter denRubriken «erleben» – «hoffen» – «se-hen» – «unterstützen» finden sich vieleGeschichten, Fotos, Videos und Ver-anstaltungen. Der Blog ist ein gemein-sames Projekt mit der «Basler Missi-on Deutscher Zweig» (BMDZ). Diesewurde nach dem Zweiten Weltkrieggegründet. Die Basler Mission war vonAnfang an ein grenzübergreifendesMissionswerk, viele Missionare kamenaus Süddeutschland. Der Blog ist aufDeutsch und Englisch abrufbar. da
©Mission
21
20 contigo Nr.4 |2014
PARTNERKIRCHE
Projektarbeit in Nigeriaim Schatten von Boko Haram
Katrin Pilling
Über 650 000 Flüchtlinge, mindestens 5000 Tote,
so die bisherigen Auswirkungen des Terrors der isla-
mistischen Gruppe Boko Haram in Nordost-Nigeria.
Mission 21 leistet mit ihrer nigerianischen Partner-
kirche Soforthilfe.
Der am stärksten von der Gewalt betroffene BundesstaatBorno ist zugleich die Heimat der «Kirche der Geschwister»(EYN), Partnerkirche vonMission 21. In dieser armen, länd-lich geprägten Region bietet die Friedenskirche über Religi-onsgrenzen hinweg Hilfe: Sie fördert nachhaltige Landwirt-schaft undUmweltschutz gegen die sich ausbreitendeWüste,betreibt Kliniken und klärt über HIV/Aids auf. Doch geradehier wütet Boko Haram am schlimmsten. «Wohin gehst du,wenn deinHaus zerstört ist, deine Familie getötet wurde unddu nichts mehr hast als dein Leben?», fragt Susan Mark, Lei-terin der Frauenarbeit der EYN. «Ganz einfach: Zur Kirche,das ist bei uns so. Wohin sonst?»
Flüchtlingsströme zu den KirchenDienoch intaktenEYN-Kirchen sindmit riesigenFlücht-
lingsströmen konfrontiert: Allein in der StadtMaiduguri ha-benmehr als tausendMenschen bei der EYN Schutz gesucht,unter ihnen unzählige Witwen und Waisen. «Sie kommen
auf der Suche nach Obdach, Essen, Kleidung oder Geld füreinen Transport an einen sicheren Ort», sagt Susan Mark.
Mission 21 leistet Soforthilfe für die Menschen in Nige-ria: Bis Ende 2015 sollen der EYN 150 000 Franken für dieVersorgung der Flüchtlinge und 100 000 Franken für Wit-wen und Waisen zur Verfügung gestellt werden. Die Frauenund Kinder erhalten nicht nur Hilfsgüter, sondern auch Sti-pendien für Schulbesuche oder Berufsausbildungen.
«Es haben bereits 100 Witwen und 300 Waisenkindervon diesem Förderprogramm profitiert», erklärt WakumaMshelbwala Dawi. Das Ziel sei, so der Finanzverantwortli-che der EYN, dass sie sich eine Zukunft ohne ihre Ehemän-ner undVäter aufbauen können. Parallel zur Flüchtlingshilfelaufe – wo immer es die Sicherheitslage zulasse – auch die re-guläre Projektarbeit der EYN weiter. Manchmal müsse manBüros, theologische Ausbildungsstätten oder Trainingszen-tren evakuieren. Boko Haram hat viele Kirchen, aber auchKliniken der EYN zerstört, doch vom «Aufhören» sprichtDawi nie, höchstens von «Unterbrechungen».
Armut fördert ExtremismusWichtiger denn je ist das interreligiöse Friedenspro-
gramm der EYN. «Zurzeit lancieren wir neue Aktivitäten»,erklärt Dawi. «Wir gründen christlich-muslimische Jugend-clubs an Sekundarschulen», so der langjährige EYN-Mitar-beiter. «Wir bieten Trauma-Arbeit für Gewaltopfer an undführen Workshops mit Imamen und Pfarrern durch. DasZiel ist, dass wieder Vertrauen zwischen Christen und Mus-limen wachsen kann.»
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch «Lifeline Compas-sion Global Initiatives» (LCGI), eine aus der EYN hervorge-gangene, vonMission 21 unterstützte Nichtregierungsorgani-sation in Jos. «Armut und Perspektivlosigkeit machen unsereJugendlichen anfällig für religiösen Extremismus», erklärtLCGI-Leiter Markus Gamache. «Deshalb erhalten Christenund Muslime bei LCGI Berufsausbildungen sowie Mikrokre-dite fürdenAufbaueinesTischlerbetriebsoderFriseursalons.»
«Kein Krieg dauert ewig»Die interreligiöse Friedensarbeit von Mission 21 ist ei-
nes von fünf «Projekten der Hoffnung» zum 200-jährigenBestehen der Basler Mission. Was hält Susan Mark im Hin-blick auf ihr leidgeprüftes Heimatland vom Jubiläumsmot-to «200 Jahre unverschämt viel Hoffnung»? «Auch unsereHoffnung wurzelt in Gottes Wirken», sagt die Theologin.«Kein Krieg dauert ewig. Alles, was einen Anfang hat, hatauch mal ein Ende. So muss es sein.»
Projekt: «Landesprogramm Nigeria»,Spenden an Konto PC 40-726233-2, «162.1001»
Informationen: [email protected], 061 260 23 03,
Mitglieder der nigerianischen Partnerkirche von Mission 21 stellen Hilfsgüter für
Flüchtlinge aus dem Dorf Gwoza bereit.
©Kirche
derGeschwister,Nigeria
21contigo Nr.4 |2014
Musical: «Das Grab desweissen Mannes»
29. März bis 12. April und 13. bis 22.
November 2015,
Oekolampad, Schönenbuchstrasse 9, Basel
Die ersten Missionare an der afri-kanischenWestküste haben Schwie-rigkeiten, innerlich anzukommen, inder Fremde heimisch zu werden undihren Auftrag mit den Gegebenhei-ten vor Ort in Einklang zu bringen.Zum Glück werden sie tatkräftig vonEinheimischen unterstützt.
Die Geschichte: Liesel aus Gelterkin-den, Baselland kommt als Lehrerinnach Akropong in Ghana und lerntdort die Missionare Andreas, Gott-lieb und Jakobus sowie deren rechtunterschiedlichen Ehefrauen Ruthund Agathe kennen. Sie freundet sichschnell mit den einheimischen FrauenMaddie und Lydia und demMissions-Mitarbeiter und Linguisten David an.Liesel lernt die lokale Sprache Twi undgerät mitten in die Spannungen zwi-schen der traditionellen Kultur undder christlichen Religion. Die Protago-nistinnen und Protagonisten erlebenpersönliche Krisen, Krankheit, Todund ein schweres Erdbeben; aber zumSchluss siegt die Liebe zwischen An-dreas und Ruth, Lydia und Gottliebsowie Liesel und ihren afrikanischenSchülerinnen und Schülern.
Infos und Kurzfilm: www.mission-21.org/musical
FEBRUAR 2015
Fachtagung:«Mission, geit’s no?»
Samstag, 7. Februar, 8.30–16.30 Uhr,
Kirchgemeindehaus Johannes,
Wylerstrasse 5, Bern
Die Tagung zeigt denWandel desMissionsverständnisses auf:Was kannchristlicheMission in einer multireli-giösen Gesellschaft sein?Mit BenedictSchubert, Pfarrer an der Peterskircheund Lehrbeauftragter amTheologi-schen Seminar Basel sowie PerpetuaFonki, Dozentin amTheologischenSeminar Kumba, Kamerun und demTheaterkabarett Birkenmeier.
[email protected], 031 340 26 04
MÄRZ 2015
Info- und BegegnungstagDonnerstag, 19. März, 10 Uhr,
Mission 21, Missionsstrasse 21, Basel
Dankesanlass für freiwilligeMitarbeitende vonMission 21 in denKirchgemeinden sowie die HelfendenamHerbstbazar 2014.Themenschwer-punkt: «Missionskinder erzählen».
[email protected], 061 260 23 37
«Religionen als Ressourcefür den gesellschaftlichen
Frieden»Montag, 23. März, 9.30–17 Uhr,
Mission 21, Missionsstrasse 21, Basel
Vorträge undWorkshops zeigendas Friedenspotenzial von Religion.Mit Jörg Stolz, ReligionssoziologeUniversität Lausanne; Dilek Ucak-Ekinci, Islamwissenschaftlerin undMitglied des Ausländerbeirats derStadt Zürich; Markus A. Weingardt,Friedensforscher in Tübingen.
www.mission-21.org/fac
AGENDA
JANUAR 2015
Aufwachsen in verschiedenenKulturen und Religionen
Sonntag, 18. Januar, 10–17 Uhr,
Tagungszentrum Oekolampad,
Schönenbuchstrasse 9, Basel
Wie wachsen Angehörige ver-schiedener Religionen in der Schweizauf? Vertreterinnen und Vertretervon Hinduismus, Judentum, Chris-tentum und Islam erzählen von ihrenErfahrungen.
www.mission-21.org/seminartag
Impulstagung fürKirchenbasare
Mittwoch, 21. Januar, 8.45–16.15 Uhr,
Kirchgemeindehaus Johannes,
Wylerstrasse 5, 3014 Bern
Anregungen für die Basararbeitin Kirchgemeinden. Mit Referat zurGeschichte der Basler Mission vonPaul Jenkins, von 1972 bis 2003 Leiterdes Archivs.
[email protected], 031 340 26 04
Dialog International:«Zwischen Minarettverbot
und Kirchensteuer»Freitag, 23. Januar, 17.30–19.30 Uhr,
Mission 21, Missionsstrasse 21, Basel
Welche öffentliche Präsenz vonReligion wollen wir? Sollen Religionund Staat entflochten werden odermacht gerade die öffentlich-rechtli-che Anerkennung Religionen für dieGesellschaft hilfreich? Quirin Weber,Lehrbeauftragter für Religionsverfas-sungsrecht in Luzern, im Gesprächmit Vertretern von «PROCMURA»,dem Programm für christlich-musli-mische Beziehungen in Afrika.
[email protected], 061 260 22 67
Naemi Mettler spielt die Missionarin Liesel.
©BaslerMission
22 contigo Nr.4 |2014 AGENDA
…UNDAUSSERDEM:
DerWeltbaum der Religionen
Am Anfang stand – nicht dasWort, sondern der Ursprung derSehnsucht nach Spiritualität undReligiosität. Aus wenigen Wurzelnwuchsen die heute bekannten Weltre-ligionen und verästelten sich mit derZeit in unzählige Richtungen und Be-kenntnisse. Die Darstellung als Baumder Religionen versinnbildlicht dasGemeinsame und zeigt, wie fruchtbarVielfalt sein könnte. Besonders amComputer zeigt die Darstellung un-zählige Details. uw
Ansehen und Herunterladen:http://000024.org/religions_tree
BUCHTIPP
Mutter, hab keine AngstDas Buch nimmt zwei hochaktuelle
Themen auf: Das Schicksal von Flücht-lingen bewegt dieWelt wie selten zuvor,und das Leiden des kurdischen Volkesfindet in der Öffentlichkeit grosse Be-achtung. Im Zentrum von „Mutter, habkeineAngst“ steht die Lebensgeschichteder Kurdin Zerin Korkmaz und ihrerFamilie. Zerins Biografie zeigt exem-plarisch, welche Auswirkungen politi-sche Konflikte aufMenschen in den be-troffenenLändernhaben kann; darüberhinaus trägt ihre Geschichte aber auchzum Verständnis der aktuellen Situati-on imNahenOsten bei.
Zerin wurde in der Türkei verfolgtund vertrieben – doch sie hat es ge-
Weitere Veranstaltungshinweise aufden Seiten der Werke 10 bis 21
DEZEMBER
HEKS- Sammelkampagne 2014
Im Fokus der diesjährigen HEKS-Sammelkampagne vom 1. bis 13.Dezember steht die Entwicklungländlicher Gemeinschaften. HEKSunterstützt Kleinbäuerinnen undKleinbauern in Kambodscha undvielen anderen Ländern.
www.heks.ch /news-service/kampagnen
FEBRUAR 2015
Weniger für uns.Genug für alle.18. Februar - 5. April,Ökumenische Kampagne 2015
Die Ökumenische Kampagne 2015steht im Zeichen des Klimas, dennim Dezember 2015 sollen am Klima-gipfel der UNOMassnahmen gegendie Klimaerwärmung beschlossenwerden. Information, auch über einengeringeren und weniger klimabelas-tenden Fleischkonsum, bringen derFastenkalender, vielfältige Veranstal-tungen in den Kirchgemeinden undAktionen wie der Rosenverkauf.
Information: www.sehen-und-handeln.ch.
WegZeichen – JapanischeKult- und PilgerbilderBis 17. Mai 2015, VölkerkundemuseumZürich
Seit 150 Jahren pflegen Japan und dieSchweiz diplomatische Beziehungen.Darum wird erstmals die grosseSammlungWilfried Spinner (1854–1918) vorgestellt. Vom SchweizerTheologen, Pfarrer und Japanmissio-nar werden 80 Bildrollen (Papieramu-lette und ikonische Darstellungen vonBuddha, Bodhisattva oder Shintō-Gottheiten) gezeigt, ein einzigartigesZeugnis gelebter Glaubenspraxis derBevölkerung.
www.musethno.uzh.ch/ausstellungen/wegzeichen
schafft, ihr Leben und das ihrer Kinderzu retten: Sie hat in der Schweiz Asylerhalten. Ihre Geschichte führt vor Au-gen,wie viel es braucht, bis jemand seineHeimat verlässt – wie viel Schmerz, wieviel Gewalt, wie viel Ungerechtigkeit.
Zerins kurdische Familie wird zuUnrecht beschuldigt, terroristische Ak-tivitäten unterstützt zu haben. Sie hat inder Folge unter Bespitzelung, Verleum-dung, Verfolgung und schliesslich unternackter Gewalt zu leiden. Was dies fürdie Menschen im Alltag bedeutet, fürdieKinder in der Schule genausowie fürdie Eltern am Arbeitsplatz, was die Sol-daten der Regierung anstellen, um ih-nen Geständnisse abzupressen, wie derganzenGrossfamilie die ökonomischenGrundlagen systematisch entzogenwerden und wie ihr Haus schliesslichmit Waffengewalt zerstört wird, erfährtman in dieser aufrüttelnden Erzählung.
Doch Zerins Geschichte ist keinEinzelschicksal – sie widerspiegelt auchdie Geschichte des kurdischen Volkes.Nicole Maron verwebt beides zu einerBiografie und erzählt eine wahre Bege-benheit packend wie einen Roman. DieLektüreeröffnetnichtnureinen intimenEinblick in das Leben von Flüchtlingen,sondern auch eine kritische Perspektiveauf den kurdisch-türkischen KonfliktunddenUmgangmitMinderheitenundOppositionellen von der Staatsgrün-dung 1923 bis heute. os
Nicole Maron
Mutter, hab keine Angst
216 Seiten, Fr. 29.50, ISBN 978-3-905769-37-1;
elfundzehn Verlag, Eglisau, www.elfundzehn.ch
23contigo Nr.4 |2014
der Lernsequenzen) kennenzulernen.Die einzelnen Unterrichtssequenzenerscheinen im Laufe des Schuljahres2014/15 zu verschiedenen Themen zumHerunterladen. uw
www.education21.ch/de/1024, Urs Fankhauser
031 321 00 37, [email protected]
FlüchtlingskaplanCornelius Koch
«Ein unbequemes Leben» ist dieBiografie des Flüchtlingskaplans Cor-nelius Koch betitelt. Er setzte sich mitspektakulären Aktionen für ausge-grenzte Menschen ein. Mutig legte ersich dabei mit dem Bischof wie demBundesrat an – auch ein Dokument derZeitgeschichte. uw
Claude Braun, Michael Rössler,
ISBN 978-3-7296-0819-1, 376 S.,
reich illustriert, Fr. 36 .-
DEZA-Dossier zumKlimawandel
Alle trifft’s, die Armen aber stärker:Im Magazin der DEZA von Septem-ber 2014 finden sich Hintergründe undFakten zu den Auswirkungen des Kli-mawandels. Im Interview betont Chris-tiana Figueres, Generalsekretärin derUNO-Klimarahmenkonvention, dassder Klimawandel die Bemühungen zurArmutsreduktion zunichte zu machendroht. Der Süden braucht finanzielleund technologische Hilfe, um sich andie negativen Folgen anzupassen undgleichzeitig die Entwicklung mit einemmöglichst geringen Treibhausgasaus-stoss voranzutreiben. uw
Herunterladen oder Bestellen unter
www.deza.admin.ch/publikationen
FILMTIPP
Die Welt im AusverkaufDie ungleiche Nahrungsmittel-
verteilung auf der Welt verschärft sich,Hungerkatastrophen nehmen vielerortszu, die Schere zwischen Arm und Reichöffnet sich weiter. Ein Grund liegt da-rin, dass ein regelrechter Ansturm aufdie besten Agrarflächen der Länder vorallem in Afrika und Asien stattfindet.Immer mehr landwirtschaftliche Nutz-flächen werden zu profitablen Investiti-onen und Monokulturen. Arme LänderAfrikas oder Asiens vergeben ihre wert-vollen Flächen an Investoren aus reichenLändern und aus Schwellenländern.
Der Film thematisiert dieses inzwi-schen weltweite Phänomen des LandGrabbing.Gesprächemit InvestorenundRegierungsvertretern aus verschiedenenLändern imNordenwie imSüden gebenEinblick in ein zynisches Monopoly mitdramatischen Folgen. ZuWort kommendabei auch Kleinbäuerinnen und Klein-bauern aus den vomVerkauf betroffenenLändern, die oft ohne Entschädigungenteignet werden. dg
Die Welt im Ausverkauf
Dokumentarfilm von Alexis Marant, Frankreich
2010, 52 Minuten, ab 16 Jahren
Verkaufspreis DVD: Fr. 30.-
Der Film ist auch online (VOD) verfügbar.
Verkauf und Verleih:
éducation21, 031 321 00 22,
Relimedia, 044 299 33 81
HINWEISE & MEDIENTIPPS
MEDIENTIPPS
Südsudan zwischenKonflikt und Aufbau
Seit gut einem Jahr wird der Südsu-dan erneut von Gewalt erschüttert. Dieaktuelle Lage ist katastrophal. Tausen-de Menschen verloren ihr Leben undweitaus mehr noch suchten in LagernZuflucht. In der Oktober-Ausgabe desNewsletter des KompetenzzentrumFriedensförderung (KOFF) werden Fra-gen gestellt undAntworten versucht. uw
Herunterladen: www.swisspeace.ch/de, dann
«Publikationen», «KOFF Newsletter
«welt-sichten»zum Thema Boden
Die Fachzeitschrift für Entwick-lungsfragen und -politik «welt-sichten»befasst sich in der Nummer 12-2014 imSchwerpunkt mit dem Thema Boden.Fundiert werden unterschiedliche As-pekte behandelt. uw
www.welt-sichten.org
Sehen lernenDas BNE-Kit «1024 Ansichten» un-
terstützt Lehrkräfte, Bildung für Nach-haltige Entwicklung (BNE) in den Un-terricht zu integrieren.
Ein Poster im Format A0 ist der Polum zu sehen und zu entdecken und da-bei «Die Vielfalt der Welt» (so der Titel
Ansturm auf landwirtschaftliche Nutzfläche, hier in Äthiopien
©AlexisMarant
Wer nichts weiss, bezweifelt nichts.Brasilianisches Sprichwort
©Brotfür
alle/BeatLoosli