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Geldtheorie und –politik 3. Geld- und Zentralbanktheorie Dr. Michael Paetz Universität Hamburg Fachbereich Volkswirtschaftslehre April 2019

3. Geld- und Zentralbanktheorie Dr. Michael Paetz · 2019. 5. 14. · Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 21 / 109. GoldschmiedeTheorie 18./19. Jh.Theorie 20. Jh. Die

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  • Geldtheorie und –politik3. Geld- und Zentralbanktheorie

    Dr. Michael Paetz

    Universität HamburgFachbereich Volkswirtschaftslehre

    April 2019

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorie

    Ziele dieses KapitelsFunktionsweise eines Kreditsystems erklären.Entwicklung der modernen Zentralbanktheorie darstellen.

    ⇒ Aus den damaligen Diskursen lernen, warum Disziplin undElastizität wichtig sind.Zusammenspiel von privaten Banken, Zentralbank undRegierung verstehen.Funktion als Kreditgeber der letzten Instanz für Staat undPrivatsektor erklären.Erstes Verständnis der Funktion von Wettbewerb imBankensektor vermitteln.Funktion eines Clearinghauses erklären.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 2 / 109

  • 3.1DIE QUITTUNGEN DER

    GOLDSCHMIEDE

    Die Entwicklung vonGeld und Kredit

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Frühe Formen von Geld und KreditQuittungen der Goldschmiede waren Vorläufer des Papiergeldes.

    ⇒ Verbriefte Zahlungsversprechen („promissory notes“) gegenEinlage von Gold.Diskontierung von Wechseln und Verwendung von Schecks fürden Zahlungsverkehr.Später Kreditvergabe: Fraktionelles Reservesystem.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 4 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Schecks („running cash“) und die frühen Quittungen

    Händler A zahlt Goldmünzen bei einem Goldschmied ein und erhältdafür Einlagen in seinen Büchern gutgeschrieben:

    A Händler A P- Gold+ Einlagen

    A Goldschmied P+ Gold + Einlagen

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 5 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Schecks („running cash“) und frühe Quittungen (Credit)

    Händler A kauft nun Waren von Händler B via Scheck ab:

    A Händler A P+ Scheck + Kredit- Scheck+ Waren

    A Händler B P

    + Scheck- Waren

    ⇒ Im Moment der Ausstellung wird der Scheck zum zusätzlichenKreditmittel.

    ⇒ Scheck basiert auf dem Vertrauen des Verkäufers, dass derScheck auch gedeckt ist.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 6 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Schecks („running cash“) und frühe Quittungen (Credit)

    Händler B tauscht Scheck beim Goldschmied gegen Goldmünzen:

    A Goldschmied P+ Scheck- Gold

    A Händler B P- Scheck+ Gold

    A Goldschmied P- Scheck - Einlagen

    A Händler A P- Einlagen - Kredit

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 7 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Schecks („running cash“) und frühe Quittungen (Credit)Schecks und frühe Quittungen waren Kredit instrumente.Konto wurde erst bei Begleichung der Schuld belastet(Kreditierung wie bei Kreditkarte).Später belasteten Quittungen das Konto schon bei Herausgabe(Debitierung = Belastung, Abbuchung).

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 8 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Spätere Quittungen (Debit)

    Einzahlung und Quittungsausgabe:

    A Händler A P- Gold+ Einlage- Einlage+ Quittung

    A Goldschmied P+ Gold + Einlage

    - Einlage+ Quittung

    Händler A kauft mit der Quittung Waren von Händler B.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 9 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Spätere Quittungen (Debit)

    Verkäufer tauscht die Quittungen beim Goldschmied gegen Münzen:

    A Goldschmied P- Gold+ Quittung

    A Händler B P- Quittung+ Gold

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 10 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Spätere Quittungen (Debit)Goldschmied erhält eine eigens ausgestellte Quittung zurück, dieer vernichten kann.Kreditieren: Guthaben (und Verbindlichkeiten) des Händlerswerden erhöht. Es entstehen zusätzliche Zahlungs- bzw.Kreditmittel.Debitieren: Guthaben des Händlers wird belastet, seineEinlagenmenge wird also bei Ausgabe der Quittung reduziert.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 11 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Wechsel und DiskontgeschäfteQuittungen wurden auch gegen Wechsel herausgegeben(Diskontierung).Bezahlung über Diskontsatz.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 12 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Diskontierung von Wechseln

    Kauf via Wechsel:

    A Händler A P+ Waren 100 + Wechsel 100

    A Händler B P- Waren 100+ Wechsel 100

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 13 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Diskontierung von Wechseln

    Verkäufer tauscht Wechsel bei Goldschmied gegen Quittung. Dieserverlangt Diskontsatz von 3%:

    A Händler B P- Wechsel 100 - Nettovermögen 3+ Quittung 97

    A Goldschmied P+ Wechsel 100 + Quittung 97

    + Nettovermögen 3

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 14 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Diskontierung von Wechseln

    Abschluss des Zahlungsvorgangs durch Rückzahlung des Wechsels:

    A Händler A P- Gold 100 - Wechsel 100

    A Goldschmied P- Wechsel 100+ Gold 100

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 15 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Einfluss des DiskontsatzesGoldschmied trägt bei Annahme des Wechsels das Risiko undlässt sich dieses über Diskontsatz bezahlen.

    ⇒ Ist die Auszahlung von Banknoten im Verhältnis zur Einzahlungzu hoch, kann die Bank den Diskontsatz erhöhen um wenigerWechsel zu erhalten und die Auszahlung von Banknoten zureduzieren.

    ⇒ Ist die Auszahlung von Banknoten im Verhältnis zur Einzahlungzu niedrig, kann die Bank den Diskontsatz senken, um mehrWechsel zu erhalten und die Auszahlung von Banknoten zuerhöhen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 16 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Geldschöpfung, Kredit und IntermediationSpätere Quittungen waren Substitute für Gold.Bei Diskontierung entstanden zusätzliche Zahlungsmittel:• Aktivtausch beim Händler (Quittungen an Wechsel).• Bilanzverlängerung des Goldschmieds (Wechsel an Quittungen).⇒ Geldvermögensswap: Tausch von Forderungen.⇒ Wechsel ist Versprechen, später Gold oder Einlagen zu zahlen.

    Bei Kreditschöpfung vollziehen beide eine Bilanzverlängerung:• Quittungen an Kredite und Kredite an Quittungen.⇒ Es entstehen Forderungen und Verbindlichkeiten.⇒ Ebenfalls Versprechen, später Gold oder Einlagen zu zahlen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 17 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Staatliche Schuldverschreibungen (Exchequer/Treasury Bills)

    Regierung nimmt Kredit:

    A Goldschmied PGoldmünzen 100 Quittungen

    Händler100

    ExchequerBills

    50 QuittungenRegierung

    50

    A Regierung PQuittungen 50 Exchequer

    Bills50

    Regierung hebt Einlagen in Gold ab:

    A Goldschmied PGoldmünzen 50 Quittungen

    Händler100

    ExchequerBills

    50 QuittungenRegierung

    0

    A Regierung PGoldmünzen 50 Exchequer

    Bills50

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 18 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Kredit und IntermediationKredit war nur möglich, weil der Goldschmied weniger Gold alsQuittungen besitzt.Problem, wenn alle ihre Goldmünzen haben wollen („Bank Run“).Intermediation?

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 19 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Pure Intermediation kann auch bei voller Deckung stattfinden

    A Privatperson P- Goldmünzen+ Quittungen- Quittungen+ Schuldverschr.

    A Goldschmied P+ Goldmünzen + Quittung

    A Intermediär P

    + Quittungen + Schuldverschr.

    - Quittungen+ Schuldverschr.

    A Unternehmer P

    + Quittungen + Schuldverschr.

    ⇒ Kredit des Goldschmieds ist Geldschöpfung, nicht Intermediation(es entstehen zusätzliche Zahlungsmittel/Quittungen).

    ⇒ Intermediäre hingegen verleihen vorhandene Quittungen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 20 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Intermediation heute (vgl. Lavoie (2014, Kap. 4.3))

    A Privatperson (PP) P- Goldmünzen+ Einlagen- Einlagen+ ABS

    A Bank P+ Goldmünzen + Einlagen

    - Einlagen (PP)+ Einlagen (MS)- Einlagen (MS)+ Einlagen (U)

    A Morgan Stanley (MS) P

    + Einlagen + ABS

    - Einlagen+ Anleihe

    A Unternehmen (U) P

    + Einlagen + Anleihe

    ⇒ Kredit der Bank ist Geldschöpfung, nicht Intermediation (esentstehen zusätzliche Zahlungsmittel/Einlagen).

    ⇒ Intermediäre hingegen verleihen vorhandene Einlagen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 21 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Zahlungsausgleich und ClearingsystemeGoldschmiede entwickelten bilaterales Clearing, um Annahmevon Quittungen anderer Goldschmiede zu ermöglichen.Als Goldschmiede zu Banken wurden, entstanden erstemultilaterale Clearingsysteme.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 22 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Bilaterales Clearing

    Zunächst die Einzahlung:

    A Händler A P- Gold+ Quittung A

    A Goldschmied A P+ Gold + Quittung

    Dann der Zahlungsvorgang:

    A Händler A P+ Waren- Quittung A

    A Händler B P- Waren+ Quittung A

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 23 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Bilaterales Clearing

    Händler reicht Quittung bei Goldschmied B ein:

    A Händler B P+ Gold- Quittung A

    A Goldschmied B P- Gold+ Quittung A

    Goldschmied B hält nun eine Forderung gegenüberGoldschmied A.Die Goldschmiede können auch gegenseitig Einlagekontenführen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 24 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Bilaterales Clearing

    Kreditierung des Kontos:

    A Goldschmied A P+ Quittung A + Einlagen B

    A Goldschmied B P+ Einlagen A- Quittung A

    Goldschmied erhält eigene Quittung zurück und kann diesevernichten.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 25 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Bilaterales Clearing

    Endgültige Zahlung (Settlement):

    A Goldschmied A P- ExchequerBills

    - Einlagen BA Goldschmied B P+ ExchequerBills- Einlagen A

    ⇒ Finaler Zahlungsausgleich entweder mit Gold oder mitStaatspapieren oder später mit BoE-Banknoten.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 26 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Bilaterales Clearing

    Alternativ: Debitierung des Kontos.Hat Goldschmied A ein Guthaben bei Goldschmied B, kann erauch sein Konto belasten.

    A Goldschmied A P- Einlagen B+ Quittung

    A Goldschmied B P- Quittung - Einlagen A

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 27 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Multilaterales Clearing

    A Clearinghaus P+ Gold + Zertifikate

    A Bank A P- Gold+ Zertifikate

    A Bank B P- Gold+ Zertifikate

    A Bank C P- Gold+ Zertifikate

    Im Laufe des Tages werden Überziehungskredite vomClearinghaus gewährt (Elastizität).Am Ende des Tages müssen die Salden mit Zertifikatenbeglichen werden (Disziplin).

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 28 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Multilaterales Clearing

    Beispiel: Überweisung von A nach B:

    A Clearinghaus (CH) P+ Forderung ggb. A + Guthaben von B

    A Bank A P+ Verbindlichkeit CH- Einlagen (Kunde)

    A Bank B P+ Guthaben CH + Einlagen (Kunde)

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 29 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Multilaterales Clearing

    Am Ende des Tages werden Salden gebildet:

    A Clearinghaus PGold ZertifikateForderungen A Guthaben AForderungen B Guthaben BForderungen C Guthaben C

    A Clearinghaus PGold ZertifikateNettoforderungen A Nettoguthaben CNettoforderungen B

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 30 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der GoldschmiedeEndgültige Zahlung (Settlement)

    A Clearinghaus P- Nettoforderungen A+ Zertifikate (von A)- Nettoforderungen A+ Zertifikate (von B)- Zertifikate (an C) - Nettoguthaben C

    A Bank A P- Zertifikate - Nettoverbindlichkeiten

    A Bank B P- Zertifikate - Nettoverbindlichkeiten

    A Bank C P+ Zertifikate- Nettoguthaben

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 31 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Endgültige Zahlung (Settlement)Am Ende des Tages werden die Zertifikate gegen Goldzurückgetauscht.Wer nicht genügend Zertifikate hat, muss welche von anderenBanken abkaufen.Was tun, wenn einige Mitglieder zahlungsunfähig sind?

    ⇒ Mehr Elastizität durch zusätzliche Kreditzertifikate.⇒ Disziplin durch höhere Zinsen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 32 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Zusätzlicher Kredit

    A Bank A P+ Kreditzertifikat + Kredit- Kreditzertifikat - Nettoverbindlichkeiten

    A Clearinghaus P+ Kredit + Kreditzertifikat- Nettoforderungen - Nettoguthaben

    A Bank C P

    + Kreditzertifikat- Nettoguthaben

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 33 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der Goldschmiede

    Kerbhölzer als SteuergutschriftLeistungserwerb:

    A Regierung P+ Kerbhölzer- NV

    A Soldat P+ Kerbhölzer + NV

    Steuerzahlung:

    A Regierung P- Steuerfor-derung+ Kerbhölzer

    A Soldat P- Kerbhölzer - NV

    ⇒ Nicht-konvertierbares Geld (Fiat Money).

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 34 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Die Quittungen der GoldschmiedePures Kreditsystem

    Jeder Mensch besitzt ein Konto bei einer zentralen Bank, die lediglichGuthaben und Schulden (negatives Guthaben) notiert:

    A Händler A P+ Waren- Guthaben (Bank)

    A Bank P+ Guthaben B- Guthaben A

    A Händler B P- Waren+ Guthaben (Bank)

    ⇒ Geld in Form von Gold ist nicht notwendig undZahlungsunfähigkeit ist ausgeschlossen (Elastizität).

    ⇒ Aber irgendwann will B auch Waren erhalten (Disziplin wirdbenötigt).

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 35 / 109

  • 3.2GELD- UND

    ZENTRALBANKTHEORIEN

    im 18. und 19. Jahrhundert

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Metallisten und Warengeld

    Wert von Geld entspricht Wert des Goldanteils.⇒ Geldmenge im Gleichgewicht, wenn Grenzkosten der

    Geldschöpfung = Grenznutzen einer weiteren Goldmünze.Goldpreis von Papiergeld und Einlagen fällt mit der Menge.Gold als Numéraire-Gut.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 37 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Smith und Hume: Die unsichtbare Hand im Bankensektor

    Ursprünge der Geldtheorie als Argument gegen Merkantilisten,die Anhäufung von Gold als Wohlstandsmehrung sahen.

    ⇒ Exportüberschüsse sollten ggf. auch durch Protektionismuserzielt werden (Merkantilismus).Price-Specie-Flow Mechanismus: Exportüberschüsse sindGoldzuflüsse und sollten zu steigenden Preisen undausgeglichenem Handel führen.

    ⇒ Überschuss kann langfristig nie gehalten werden und freierHandel bringt optimale internationale Arbeitsteilung.

    ⇒ Internationaler Handel führt zu natürlicher Geldmenge, weilPapiergeldüberschuss abfließt.

    ⇒ Kein staatlicher Eingriff nötig.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 38 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Hume: Die Quantitätstheorie

    MV = PY ⇒ P = VY

    M

    P: PreiseY : ProduktionM: GeldmengeV : Geldumlaufgeschwindigkeit

    ⇒ Bleibt alles andere konstant, führt höhere Geldmenge (Gold +Papiergeld) zu höheren Preisen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 39 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Smith: Die Real Bills DoktrinBanken sollten nur gute Sicherheiten diskontieren.

    ⇒ Banknoten sind Substitute für Gold und beleben den Handel.Existieren zu viele Papiernoten werden sie wiederzurückgegeben.

    ⇒ Freier Wettbewerb im Bankensektor bei Real Bills Doktrin undGoldkonvertierung reicht aus, um die optimale Geldmenge zugewährleisten.

    ⇒ Kein staatlicher Eingriff nötig.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 40 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Endogene Geldmenge bei Smith?Preise werden vor allem von realen Faktoren (Missernten,Kriege, technischer Fortschritt, etc.) bestimmt.Banken reagieren auf Bedürfnisse des Handels (Needs ofTrade).

    ⇒ Papiergeld wird endogen von den Banken geschaffen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 41 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Endogene Geldmenge bei Smith?

    M =ȲV̄

    P,

    Kausalität: P ⇒ M?Geldmenge reagiert auf Außenhandel und nicht umgekehrt.Missernten bedingen mehr Importe.

    ⇒ Überschüssiges Geld/Gold fließt ins Ausland, weil man von dortGüter benötigt (realer Grund, nicht monetär).

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 42 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Die Bank of England (BoE)1694: Gründung der BoE, um Regierung Kredit zu geben.1,2 Mio Pfund Kapital: 700.000 in Gold, Rest in staatlichenSchuldverschreibungen (Exchequer Bills).BoE ist private Aktiengesellschaft, aber auch „Engine of theState“.Auch Exchequer Bills wurden zw. als Zahlungsmittel verwendet.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 43 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Bankenhierarchie im 18. und 19. JahrhundertBoE hatte Banknotenmonopol in England und als einzige Bankmehr als 6 Teilhaber.Banknoten konnten gegen Gold getauscht werden.Stadtbanken in London (frühere Goldschmiede) durften keineBanknoten ausgeben.Provinzbanken (frühere Händler) gaben eigene Banknotenheraus.Alle handelten mit Einlagen und Krediten sowie staatlichen undprivaten Schuldtiteln.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 44 / 109

  • A Bank of England (BoE) PGold BoE BanknotenStaatsanleihen (Exchequer Bills) Private KundeneinlagenPrivate Wertpapiere undSchuldverschreibungen

    Einlagen der City Banks(geringe Menge)

    A City of London Banks (Stadtbanken in London) PGold Private KundeneinlagenEinlagen bei der BoE Einlagen der Country BanksBoE BanknotenCountry Banks Banknoten(geringe Menge)Staatsanleihen (Exchequer Bills)Private Wertpapiere undSchuldverschreibungenA Country Banks (Provinzbanken außerhalb Londons) PGold Country Bank BanknotenBoE Banknoten Private KundeneinlagenEinlagen bei London City BanksStaatsanleihen (Exchequer Bills)Private Wertpapiere undSchuldverschreibungen

  • Geldhierarchie in England

    Form Funktion

    GELD Gold International anerkannte Währungmit der man alle Schuldver-hältnisse endgültig auflösen

    konnte.

    ←→

    In Pfund notierte Near-Monies:BoE Banknoten und

    Staatspapiere

    Versprechen, zu einem späterenZeitpunkt Gold zu zahlen, und

    Reserve im Zahlungs-ausgleichssystem der Banken.

    Einlagen Versprechen, auf Nachfrage Goldoder BoE-Banknoten zu zahlen.

    KREDIT

    Weitere in Pfund notierteForderungen: Private

    Wertpapiere, Wechsel, Schecks,private Banknoten der

    Provinzbanken, Quittungen, etc.

    Versprechen, zu einem späterenZeitpunkt BoE-Banknoten,

    Einlagen oder Gold zu zahlen.

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Bedeutung der HierarchienBeispiel: Provinzbankkunde möchte Banknoten gegen Goldtauschen.Provinzbank besorgt sich ggf. Gold bei der Stadtbank (gegenSicherheiten)......Stadtbank besorgt sich Gold ggf. bei BoE (gegenSicherheiten).

    ⇒ Diskontsatz der BoE wirkte sich auf das Geschäft aller anderenBanken aus!

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 47 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Beispiel:

    A Provinzbank P- Gold+ Banknoten+ Gold- Einlagen

    A Stadtbank P

    - Gold - Einlagen

    - BoE-Noten+ Gold

    A BoE P

    + BoE-Noten- Gold

    Handlungen der BoE wirkten sich auf das gesamte Geldsystemaus.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 48 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 49 / 109

    Chronologische Darstellung der Entwicklung in England

    Jahr Ereignis

    1694 Gründung der Bank of England

    1797 Restriction Period: Aufgabe der Goldbindung

    1800-18011809-1811

    Starker Preisanstieg für Weizen und Gold

    1821 Rückkehr zur Goldbindung (zum Kurs von 1797)

    1825 1825 Krise (knappe Goldreserven)

    1833 BoE-Noten werden zum offiziellen Zahlungsmittelerklärt

    1844 Bank Charter Act (Peel’s Act): Einführung dervollständigen Golddeckung von Banknoten

    (Goldstandard)

    1847/48 1857/58und 1866

    Krisen mit ggf. temporärer Aufgabe derGoldbindung

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Die Bullion DebattenBanken mussten regelmäßig Tausch gegen Gold verweigern,weil Goldreserven ausgingen.

    ⇒ Bankenpleiten und Vertrauenskrisen.1797: Invasion französischer Truppen in Wales.

    ⇒ Regierung brauchte Gold.⇒ Restriction Period (bis 1821): Aufgabe der Goldbindung.⇒ Papiergeldstandard ohne Krise und ohne Inflation in den

    Folgejahren.⇒ BoE-Noten und Exchequer Bills wurden höchste Form des

    Geldes.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 50 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Die Bullion DebattenSteigende Preise 1800-1801 und 1809-1811.Bullionisten machten Geldschöpfung der Banken und die BoEdafür verantwortlich.Price-Specie-Flow Mechanismus könnte optimale Geldmengenicht mehr gewährleisten.

    ⇒ Forderung nach Rückkehr zur Gold-Konvertibilität.Anstieg des Goldpreises entsprach Wechselkursabwertung.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 51 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 52 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Der Kreditgeber der letzten Instanz (Lender of Last Resort)Henry Thornton (1802): Konvertibilität der Banknoten ist vonuntergeordneter Bedeutung.Wichtig ist lediglich das Vertrauen.

    ⇒ BoE benötigt genügend Gold für internen und externen Abfluss.⇒ BoE als öffentliche (Zentral-)Bank, die in Krisen für Vertrauen

    sorgen sollte.Erhöht die BoE die Notenemission nicht, wenn die Nachfragesteigt, steigen die Zinsen.

    ⇒ Kontraktionäre Geldpolitik und Krise.⇒ BoE sollte höhere Nachfrage zunächst bedienen, um Vertrauen

    zu erhöhen.⇒ Banken müssen sich im Notfall auf die BoE verlassen können.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 53 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Der Kreditgeber der letzten Instanz (Lender of Last Resort)Thornton’s Vorschlag: Trennung von Notenbankemission undKreditvergabe der BoE.Golddeckung ist unnötig.Aber BoE versteht das nicht und handelt rein im privatenInteresse.

    ⇒ Dann doch lieber Golddeckung.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 54 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Der Ingot-PlanDavid Ricardo war extremster Vertreter einer Golddeckung.Geldmenge bestimmt Preise.

    ⇒ BoE-Noten sollten vollständig durch Gold gedeckt sein.⇒ Alle Banken außerhalb Londons sollten eigene Noten gegen

    Gold oder BoE-Noten tauschen.⇒ BoE sollte Goldreserven nicht unter eine gewisse Höhe fallen

    lassen.⇒ Keine diskretionären Eingriffe notwendig.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 55 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Die Rückkehr zum Goldstandard1821 Rückkehr zum Goldstandard (Ende der Restriction Period).

    ⇒ Starke Deflation (tw. um 50%)!⇒ Goldstandard brachte keine Stabilisierung der Preise.

    1825: Goldreserven der Provinzbanken sanken rapide und BoEverhinderte Kollaps durch vermehrte Banknotenausgabe.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 56 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Currency vs. Banking SchoolCurrency School: Geldmenge bestimmt Preise.

    ⇒ Vollständige Golddeckung neuer BoE-Noten.Geld⇔ Gold⇔ „Currency“.Banking School: Reale Faktoren bestimmen die Preise undGeldmenge reagiert nur.

    ⇒ Wettbewerb zwischen Banken erzeugt korrekte Geldmenge.Geld⇔ Kredit⇔ „Banking“.Elastizität (Banking School) vs. Disziplin (Currency School).

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 57 / 109

  • Currency vs. Banking School

    Currency School (Disziplin) Banking School (Elastizität)

    Geld ist Gold Geld ist Kredit

    Volle Deckung der Banknoten durchGold

    Feste Regeln bzgl. der Golddeckungsind nicht sinnvoll (diskretionäreEntscheidungen sind notwendig)

    Optimaler Geldmengenumlaufentspricht reiner Warengeldwährung

    (Currency-Prinzip)

    Wettbewerb im Bankensektor sorgt füroptimale Geldmenge

    Preise folgen der Geldmenge Geldmenge folgt den Preisen, die vonrealen Umständen und Einkommen

    bestimmt werden

    Trennung der BoE in 2 Departments Keine Trennung, aber BoE trägtVerantwortung

    Geldmenge kann von BoE gesteuertwerden

    Geldmenge wird endogen geschaffen.Überschüssige Banknoten fließen

    zurück (Reflux).

    Banken können gute und schlechteSicherheiten nicht unterscheiden

    Banken werden nur gute Sicherheitendiskontieren (Real Bills Doktrin)

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Auswirkungen der Golddeckung anhand eines Beispiels

    Abteilung Kredit-undEinlagengeschäft

    V N Abteilung Bank-notenemission

    V N

    Einlagen 9 6 Banknoten imUmlauf

    18 15

    Wertpapiere 6 4 Wertpapiere 9 9Reserven inBoE-Banknoten

    3 2 Gold 9 6

    ⇒ Currency School: Golddeckung schafft Disziplin...⇒ Banking School: ...und unnötige wirtschaftliche Krisen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 59 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Bank Charter Act von 1833 und Peelsche Bankakte 1844Banknotenmonopol der BoE.Zusätzliche Banknoten mussten vollständig durch Gold gedecktwerden.Die BoE wurde in zwei Abteilungen geteilt.

    ⇒ 1847/48, 1857 und 1866: BoE musste Banknotenausgabeerhöhen (oder dies zumindest ankündigen), um tiefereFinanzkrisen zu verhindern und Vertrauen herzustellen.Nach gewisser Zeit hat man dann den Zins erhöht, um dieGoldreserven wieder aufzufrischen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 60 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Die „Bagehot-Rule“Walter Bagehot (1898): „Lombard Street“.Praxis zeigt, dass BoE regelmäßig Banknotenemission erhöhenmuss.

    ⇒ BoE sollte Kreditgeber der letzten Instanz sein.Bagehot-Rule (für BoE):

    1. Verleihe Geld;2. Zu hohen Zinsen;3. Gegen gute Sicherheiten.⇒ Grundsätzliche Mindestreserve nicht sinnvoll, weil notwendige

    Geldmenge situationsabhängig.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 61 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Knut Wicksell: Aktive GeldpolitikWicksell (1898): Untersuchung der Transmissionskanäle derGeldpolitik.

    ⇒ Nicht die Geldmenge, sondern der Zins ist entscheidend.Weicht Geldzins von Profitrate ab (natürlicher Zins), steigenInvestitionen, Löhne und Einkommen.

    ⇒ Preise steigen.⇒ Geldnachfrage steigt bis Zins wieder natürliches Niveau erreicht

    hat und Preise konstant sind.

    Ms ↑⇒ i ↓⇒ I ↑⇒ P ↑⇒ Md ↑⇒ i ↑⇒ I ↓⇒ P

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 62 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 63 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Wozu dann aktive Geldpolitik?Bargeldlose Zahlungen verlangsamen Selbstheilungskräfte desSystems.

    ⇒ Endogenes Geldkonzept.„So viel Geld bei den Banken nachgefragt wird, so viel

    können sie - die Solidität des Borgers vorausgesetzt - auchleihen. Sie thun ja dabei nicht mehr, als eine Zahl in das Kon-to des Borgers als bewilligten Kredit oder fingiertes Depo-situm einzutragen. Werden ihnen nachher die daraufhin ge-zogenen Checks präsentiert, so schreiben sie den betreffen-den Betrag dem Konto des Checkinhabers als eingezahltesDepositum (oder abgezahlte Schuld) gut. Das „Angebot anGeld“ wird also durch die Nachfrage selbst geschaffen.“

    Wicksell (1898, S. 101f.)

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 64 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 65 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Knut Wicksell: Aktive GeldpolitikZentralbanken sollten den Zins erhöhen, wenn die Preise steigenund senken, wenn sie fallen.

    ⇒ Grundlage der neukeynesianischen Modelle:• Ist die Inflation zu hoch, sollte man Zins erhöhen.• Ist die Inflation zu niedrig, sollte man Zins senken.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 66 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Entwicklung der amerikanischen Notenbank (FED)

    1861: Kredit für Kriegsfinanzierung

    A Regierung P+ Einlagen + Kredit- Einlagen+ Gold

    A Banken P- Kredit + Einlagen- Gold - Einlagen

    ⇒ Goldreserven wurden knapp.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 67 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Entwicklung der amerikanischen Notenbank (FED)

    1862: Einführung von Greenbacks

    A Finanzministerium P+ Güter + Noten

    A Händler P- Güter+ Noten- Noten+ Einlagen

    A Banken P

    + Noten + Einlagen

    Greenbacks waren nicht-konvertierbare Regierungsnoten, mitdenen man Steuern zahlen konnte.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 68 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Entwicklung der amerikanischen Notenbank (FED)

    1863: Regierungsanleihen als Reserven im Bankensektor

    A Finanzministerium P+ Einlagen + Bonds+ Güter- Einlagen

    A Händler P

    - Güter+ Einlagen- Einlagen+ Noten

    A Banken P+ Bonds + Einlagen

    - Einlagen+ Einlagen- Einlagen+ Noten

    Eigene Banknoten mussten zu 90% von den Bonds gedecktwerden.

    ⇒ Anleihen der Regierung übernahmen die Funktion derGoldreserve.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 69 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Geld- und Zentralbanktheorien im 18. & 19. Jh.

    Entwicklung der amerikanischen Notenbank (FED)Periodische Zinsbewegungen und regelmäßige finanzielleKrisen, weil Regierungsanleihen nicht erhöht wurden (zu wenigElastizität).

    ⇒ Gründung des Federal Reserve Systems: Reserven wurden zumKredit.Banken konnten private Kredite gegen Federal Reserve(FR)-Noten diskontieren.

    A Geschäftsbank P- Kredit+ FR-Noten

    A Lokale Zentralbank P+ Kredit- FR-Noten- Kredit+ FR-Noten

    A Zentralbank (Fed) P

    + Kredit + FR-Noten

    ⇒ Mittelweg aus Disziplin und Elastizität durch Steuerung desDiskontsatzes.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 70 / 109

  • 3.3MONETÄRES DENKENIM 20. JAHRHUNDERT

    Liquiditätspräferenztheorie,Geldmengensteuerung und

    das IS-LM Modell

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Die Quantitätstheorie und die NeoklassikVollständige Trennung von realer und monetärer Sphäre.

    ⇒ Re-Etabilierung der Quantitätstheorie.Marshall führte Kassenhaltungskoeffizient ein: k = 1/V .

    MV = PY ⇔ k = 1V

    =M

    PY

    ⇒ Kassenhaltungskoeffizient kann von neuen Kreditinstrumenten,dem Konjunkturzyklus, dem Stand des Vertrauens etc. aberbeeinflusst werden.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 72 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Die Quantitätstheorie und die NeoklassikLoanable Funds Theorie: Banken verleihen Ersparnisse weiter.

    ⇒ Geldschöpfung wird vom Angebot der Zentralbank undMindestreserve eingeschränkt.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 73 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 74 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Kritik am neoklassischen Kreditmarkt (Keynes (1936))Zins wird nicht auf dem Markt für Ersparnisse bestimmt,sondern hängt von der Liquiditätspräferenz der Haushalte ab.

    ⇒ Zins auf Kreditmarkt ist exogen gegeben und Einkommen passtsich zu gegebenem Zins an, damit I = S.Sind Investitionen zu gering, um Vollbeschäftigung zugewährleisten, sinkt Arbeitsnachfrage.

    ⇒ Höhere Arbeitslosigkeit verringert Güternachfrage undverschlimmert das Problem.

    ⇒ Volkseinkommen muss sinken (von Y0 auf Y1), weil Ersparnissemit niedrigerem Investitionsniveau übereinstimmen müssen.

    ⇒ In E1 sind Ersparnisse und Investitionen bei gleichem Zinsgeringer.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 75 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 76 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Liquiditätspräferenztheorie (Keynes (1936))Erwarteter Gesamtertrag aus dem Besitz einesVermögensgegenstandes stellt Eigenzinssatz dar: q − c + l .

    1. Erwarteter eigentlicher Ertrag q aus Unterstützung einesProduktionsprozesses oder aus verkaufter Dienstleistung.

    2. Lagerhaltungs- oder Durchhaltekosten c, umVermögensgegenstände zu halten (inkl. Wertverlust). Ggf. auchVerbindlichkeiten, die man eingehen muss (vgl. Minsky (1990)).

    3. Liquiditätsprämie l : Liquidierbarkeit von Vermögenswertenbietet Sicherheit, weil man finanzielle Mittel für allgemeinenZahlungsverkehr erhält (z.B. zur Begleichung vonZahlungsverpflichtungen).

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 77 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Liquiditätspräferenztheorie (Keynes (1936))Herkömmliche Vermögensgegenstände haben ggf. hoheErwartete Erträge oder Kosten, aber kaum Liquiditätsprämie.

    ⇒ Geld ist besonders, weil Erträge und Lagerhaltungskosten quasiNull sind, währen die Liquiditätsprämie die höchste ist.

    ⇒ Daher ist Geldzinssatz der Vergleichszinssatz für alleInvestitionen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 78 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Geldnachfrage aus Liquiditätspräferenz1. Transaktionsmotiv: Mit steigendem Einkommen werden mehr

    Transaktionen durchgeführt:1a. Einkommensmotiv: Geld wird gehalten, um Zeit zwischen Bezug

    und Ausgabe des Einkommens zu überbrücken.1b. Geschäftsmotiv: Geld wird gehalten, um Zeitraum zwischen

    Anfallen von Geschäftskosten und Verkaufserlösen zuüberbrücken.

    2. Vorsichtsmotiv: Vorsichtskasse für plötzliche,unvorhergesehene Ausgaben.

    3. Das Spekulationsmotiv: Spekulationsgewinne ausGeldhortung, wenn Erwartungen über zukünftige Entwicklungder Zinssätze und Wertpapierkurse von Marktanschauungenabweichen.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 79 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Der Geldmarkt⇒ Bei fundamentaler Unsicherheit bietet Geld Sicherheit.⇒ Zins ist Belohnung (Entschädigung) für Aufgabe von Liquidität,

    nicht für entgangenen Konsum (Preis für das Nicht-Horten vonGeld).

    ⇒ Geldmarktzins muss Präferenz für Liquidität mit Bestand vonGeld in Einklang bringen.

    ⇒ Bei niedrigem Zins wird man eher Geld halten wollen undumgekehrt.

    ⇒ Ob man Vermögen in Wertpapieren oder Geld halten will, hängtdavon ab, wie sehr die individuelle Erwartung von derMarktbewertung abweicht.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 80 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Zinsen und Anleihepreise

    PB =iB

    1 + i+

    iB(1 + i)2

    +iB

    (1 + i)3+

    iB(1 + i)4

    + · · ·

    = iB∞∑

    t=0

    (1

    1 + i

    )t+1=

    (iB

    1 + i

    ) ∞∑t=0

    (1

    1 + i

    )t

    =

    (iB

    1 + i

    ) 11−

    (1

    1+i

    ) = ( iB

    1 + i

    )(1 + i

    i

    )=

    iBi

    mit i : Marktzins, iB : Kuponzahlung, PB : Anleihepreis.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 81 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Zinsen und Anleihepreise: Arbitrage

    PB =iBi

    Negativer Zusammenhang zwischen Zins und Anleihepreis.Ist der Preis höher, lohnt es stattdessen ein Darlehen zuvergeben.

    ⇒ Anleihen werden verkauft, Kurs sinkt.Ist der Preis niedriger, lohnt es sich Kredit aufzunehmen, umAnleihe zu kaufen.

    ⇒ Anleihen werden gekauft, Kurs steigt.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 82 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.Individuelle GeldnachfrageJahresrendite aus Anleihe:

    R = iB︸︷︷︸Kuponzahlung

    B +(

    iBie− iB

    i

    )︸ ︷︷ ︸

    erwartete Kursänderung

    B,

    Aber individuelle Erwartungen über Zinsentwicklung (ie) könnenvom Markt abweichen.

    „Es handelt sich nicht darum, jene auszuwählen, die nachdem eigenen Urteil wirklich die hübschesten sind, ja sogarnicht einmal jene, welche die durchschnittliche Meinung wirk-lich als die hübschesten betrachtet. Wir haben den drittenGrad erreicht, wo wir unsere Intelligenz der Vorwegnahmedessen widmen, was die durchschnittliche Meinung als dasErgebnis der durchschnittlichen Meinung erwartet.“

    Keynes (1936, S. 156)

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 83 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.Individuelle GeldnachfrageIndividuelle Entscheidung, Vermögen in Geldform zu halten, wennerwartete Jahresrendite der Anleihen negativ ist:

    iBB +(

    iBie− iB

    i

    )B < 0

    0 > 1 +(

    1ie− 1

    i

    )1i

    > 1 +1ie

    i <ie

    1 + ie

    i∗ = ie

    1+ie stellt individuellen kritischen Zins dar. Ist der Marktzinsniedriger, wird man Geld halten.

    ⇒ Geldnachfrage hängt von subjektiver Erwartungen überlangfristige Zinssätze ab.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 84 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Bullen und BärenBullen erwarten steigende Kurse und kaufen Anleihen.Bären erwarten fallende Kurse und verkaufen Anleihen.Bei hohen Zinsen sind Kurse eher niedrig und viele erwartenKurssteigerung.

    ⇒ Anteil der Bullen sollte hoch sein und Nachfrage nach liquidenMitteln gering.Bei niedrigeren Zinsen wird der Anteil derer steigen, die lieberGeld halten.

    ⇒ Geldnachfrage aus Spekulationserwägungen hängt negativ vomZinssatz ab.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 85 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 86 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Geldmarkt

    Md = M1 + M2 = L1 (Y n) + L2 (i) , L′1,Y n > 0, L′2,i < 0.

    Geldmarktzins muss vorhandene Geldmenge mit Geldnachfragein Einklang bringen.Steigendes Einkommen erhöht Bedarf nach Kasse.Weitere Einflussfaktoren: Erwartungen über zukünftige Zinssätzeund Einkommensentwicklung, Preisniveau und erwartete Preise,etc.

    ⇒ Bei fundamentaler Unsicherheit ist nicht zu erwarten, dass dieGeldnachfrage stabil ist.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 87 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 88 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    GeldpolitikZentralbank kann und sollte über Offenmarktoperationen denZins beeinflussen.Zunahme der Geldmenge müsste Anleihepreise derart erhöhen,dass Bullen zu Bären werden.

    ⇒ Zentralbank beeinflusst den Preis der Anleihen, so dassMarktteilnehmer bereit sind, zusätzliche Liquidität zu halten.

    ⇒ Sinkende Zinsen können Investitionen anregen und zusteigendem Einkommen und höherer Beschäftigung führen.Zu hohe Geldmengenerhöhung schafft aber Unsicherheit undführt zu keiner Zinssenkung mehr (imin).

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 89 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Keynes (1936): FiskalpolitikInhärent instabile Geldnachfrage wegen fundamentalerUnsicherheit.Ungewisse Transmissionskanäle der Geldpolitik.

    ⇒ Änderung der Geldmenge wird vermutlich nicht ausreichen, umdauerhafte Vollbeschäftigung zu gewährleisten.

    ⇒ Auch Fiskalpolitik ist notwendig, um das System zu stabilisieren.⇒ Sind die Ersparniswünsche der Haushalte größer als die

    Investitionspläne der Unternehmen, bleibt nur der Staat, umdurch zusätzliche Verschuldung eine Geldvermögensbildung imPrivatsektor zu ermöglichen.Staatliche Investitionen erhöhen Reinvermögen (zusätzlichesreales Einkommen), welches Beschäftigung erhöht.

    ⇒ Zusätzliche (monetäre) Anlagemöglichkeit für Privatsektor undStabilisierung der (realen) Einkommensentwicklung.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 90 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Das IS-LM-Modell: The Battle of the SlopesHicks (1937)-Interpretation von Keynes.IS-Kurve: Gütermarktgleichgewicht: Investments = Savings⇒ Niedrigere Zinsen erhöhen Investitionen.⇒ Investitionen erhöhen Einkommen⇒ Negativer Zusammenhang von Zins und Einkommen.

    LM-Kurve: Liquidity = Money⇒ Einkommenserhöhung führt zu mehr Geldnachfrage.⇒ Zinsen steigen.⇒ Positiver Zusammenhang zwischen Zins und Einkommen.

    Geld- vor Fiskalpolitik wg. Crowding Out.Später: Neoklassische Synthese: Kurzfristig Keynes, langfristigneoklassich, natürliche Arbeitslosenquote (NAIRU).

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 91 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 92 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Das IS-LM-Modell: The Battle of the SlopesMonetaristen:• Zinsen reagieren stark auf Geldnachfrageveränderungen.⇒ Steile LM-Kurve.• Investitionen reagieren stark auf Zinsen.⇒ Flache IS-Kurve.⇒ Fiskalpolitik ineffektiv wg. starkem Crowding Out.

    Keynesianer:• Flache LM-Kurve und steile IS-Kurve.⇒ Fiskalpolitik effektiv, weil kaum Crowding Out.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 93 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 94 / 109

  • Goldschmiede Theorie 18./19. Jh. Theorie 20. Jh.

    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Horizontalist ViewZentralbank steuert den Zins.

    ⇒ Geldnachfrage bestimmt Geldangebot (wie bei Wicksell).⇒ Endogene Geldtheorie.⇒ LM-Kurve verläuft flach.⇒ Solange Zentralbank den Zins nicht verändern möchte, kein

    Crowding Out.Zinssteuerung und Inflation Targeting ist spätestens seit den1990ern auch offizielle Politik der Zentralbanken.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 95 / 109

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    Übungsaufgabe 4:a) Betrachten Sie das folgende IS-LM Modell:

    IS: Y = 10− 100i ,LM: Y = 6, 7 + 10i ,

    mit i : Zins, Y : Produktion /Einkommen.a1) Warum kann man das Modell als eine monetaristische Version des

    IS-LM Modells auffassen?a2) Berechnen sie das gleichgewichtige Einkommen sowie den

    gleichgewichtigen Zins.a3) Nehmen Sie an, die Regierung betreibt eine expansive Fiskalpolitik

    (Erhöhung der Staatsausgaben), so dass sich die IS-Kurve um 2Einheiten verschiebt:

    Y = 12− 100iBerechnen Sie das neue gleichgewichtige Einkommen sowie denneuen gleichgewichtigen Zins.

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    Lösung 4 a1):a1) Warum kann man das Modell als eine monetaristische Version

    des IS-LM Modells auffassen?

    IS: i = 0, 1− 0, 01Y ,LM: i = −0, 67 + 0, 1Y .

    Die IS-Kurve verläuft absolut gesehen flacher als die LM-Kurve.

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    Lösung 4 a2):a2) Berechnen sie das gleichgewichtige Einkommen sowie den

    gleichgewichtigen Zins.

    10− 100i = 6, 7 + 10i⇔ 110i = 3, 3⇔ i = 0.03 = 3%

    Y = 10− 100 ·0, 03 = 10− 3 = 7

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    Lösung 4 a3):a3) Nehmen Sie an die Regierung betreibt eine expansive

    Fiskalpolitik (Erhöhung der Staatsausgaben), so dass sich dieIS-Kurve um 2 Einheiten verschiebt:

    Y = 12− 100i

    Berechnen Sie das neue gleichgewichtige Einkommen sowieden neuen gleichgewichtigen Zins.

    12− 100i = 6, 7 + 10i⇔ 110i = 5, 3⇔ i = 0.0481 = 4, 81%

    Y = 12− 100 ·0, 0481 = 12− 4, 81 = 7, 19

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    Übungsaufgabe 4 b):b) Betrachten Sie nun eine andere Version des IS-LM Modells:

    IS: Y = 8, 5− 50i ,LM: Y = −23 + 1000i ,

    b1) Warum kann man dieses Modell als eine keynesianische Versiondes IS-LM Modells auffassen?

    b2) Berechnen sie das gleichgewichtige Einkommen sowie dengleichgewichtigen Zins.

    b3) Nehmen Sie an, die Regierung betreibt eine expansive Fiskalpolitik(Erhöhung der Staatsausgaben), so dass sich die IS-Kurve um 2Einheiten verschiebt:

    Y = 10, 5− 50iBerechnen Sie das neue gleichgewichtige Einkommen sowie denneuen gleichgewichtigen Zins.

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    Lösung 4 b1):b1) Warum kann man dieses Modell als eine keynesianische Version

    des IS-LM Modells auffassen?

    IS: i = 0, 17− 0, 02Y ,LM: i = 0, 023 + 0, 001Y .

    Die LM-Kurve verläuft nun absolut gesehen flacher als die IS-Kurve.

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    Lösung 4 b2):b2) Berechnen sie das gleichgewichtige Einkommen sowie den

    gleichgewichtigen Zins.

    8, 5− 50i = −23 + 1000i⇔ 1050i = 31, 5⇔ i = 0.03 = 3%

    Y = 8, 5− 50 ·0, 03 = 8, 5− 1, 5 = 7

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    Lösung 4 b3):b3) Nehmen Sie an, die Regierung betreibt eine expansive

    Fiskalpolitik (Erhöhung der Staatsausgaben), so dass sich dieIS-Kurve um 2 Einheiten verschiebt. Berechnen Sie das neuegleichgewichtige Einkommen sowie den neuengleichgewichtigen Zins.

    10, 5− 50i = −23 + 1000i⇔ 1050i = 33, 5⇔ i = 0.0319 = 3, 19%

    Y = 10, 5− 50i ≈ 10, 5− 1, 595 = 8, 905

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 104 / 109

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    Übungsaufgabe 4 c) und d):c) Interpretieren Sie Ihre Ergebnisse aus a) und b).d) Gehen Sie nun davon aus, dass die Zentralbank eine

    Zinssteuerung betreibt (der Zins bleibt auf dem Niveau von a2)bzw. b2)).d1) Berechnen sie das gleichgewichtige Einkommen beider

    Modellvarianten und interpretieren Sie das Ergebnis.d2) Skizzieren Sie die Ergebnisse aus a), b) und c) in ein

    gemeinsames (Y , i)-Diagramm.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 105 / 109

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    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Lösung 4 c):c) Interpretieren Sie Ihre Ergebnisse aus a) und b).

    In der monetaristischen Version des Modells ist derEinkommenseffekt gering, weil die Investitionen relativ stark aufZinsveränderungen reagieren. Durch den starken Zinsanstieg werdendaher viele private Investitionen verdrängt (Crowding Out).

    In der keynesianischen Version ist es gerade umgekehrt: DerZinsanstieg ist eher klein und die Investitionen reagieren nur schwachauf Zinsveränderungen. Daher ist der Effekt auf das Einkommengroß, weil nur in geringem Ausmaße private Investitionen verdrängtwerden.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 106 / 109

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    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Lösung 4 d1):d1) Berechnen sie das gleichgewichtige Einkommen beider

    Modellvarianten und interpretieren Sie das Ergebnis.Monetaristische Version:

    Y = 12− 100i = 12− 3 = 9

    Keynesianische Version:

    Y = 10, 5− 50i = 10, 5− 1, 5 = 9

    Wenn die Zentralbank die Geldmenge akkommodiert, um den Zinsauf 3% zu halten, ist der Einkommenseffekt in beiden Variantengleich. Da es nun gar kein Crowding Out mehr gibt, ist der Anstiegdes Outputs zudem größer als zuvor.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 107 / 109

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    Monetäres Denken im 20. Jh.

    Lösung 4 d2):

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 108 / 109

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    Literaturhinweise

    BAGEHOT, W. (1898). Lombard Street: A Description of the Money Market,London: Henry S. King & Co.

    HICKS, J. R. (1937). “Mr. Keynes and the Classics: A SuggestedInterpretation,” Econometrica, 5, 147–159.

    KEYNES, J. M. (1936). General Theory of Interest, Employment, and Money,London: Macmillan Cambridge University Press.

    LAVOIE, M. (2014). Post-Keynesian Economics - New Foundations, EdwardElgar Publishing.

    MINSKY, H. (1990). John Maynard Keynes. Finanzierungsprozesse,Investition und Instabilität des Kapitalismus, Metropolis.

    THORNTON, H. (1802). An Enquiry Into the Nature and Effects of the PaperCredit of Great Britain, J. Hatchard.

    WICKSELL, K. (1898). Geldzins und Güterpreise: Eine Studie über die denTauschwert des Geldes bestimmenden Ursachen, Jena: Fischer.

    Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 04/24 109 / 109

    Die Quittungen der GoldschmiedeGeld- und Zentralbanktheorien im 18. und 19. JahrhundertMonetäres Denken im 20. Jahrhundert