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D 8512 DIE BUNDESWEHR IM INTERNET www.bundeswehr.de www.bmvg.de www.youtube.com/bundeswehr www.facebook.com/bundeswehr www.twitter.com/bundeswehrInfo www.flickr.com/photos/ augustinfotos www.wirdienendeutschland.de 50. Jahrgang Nr. 17 Montag, 5. Mai 2014 NACHRICHTEN EINSATZ Posten geschlossen Die Bundeswehr hat vor kur- zem den letzten Außenposten im afghanischen Khilagay zurückge- baut. Seite 5 BUNDESWEHR Baggern und Graben In der Pionierschule des Heeres in Ingolstadt lernen Soldaten den Umgang mit Großgerät und Bau- stoffen. Seite 6/7 SPORT Erfolg auf der Matte Die deutschen Judoka haben bei der Europameisterschaft Medaillen geholt – Silber bei den Frauen, Bronze bei den Männern. Seite 10 VERMISCHTES Muttertag Für die Einführung des Ehren- tages für die Mütter hat es viele unterschiedliche Gründe gegeben. Seite 11 Ohne Wenn und Aber Bundeswehrangehörige in der Ukraine festgesetzt – Krisenstab verhandelt mit Nachdruck. von Torsten Sandfuchs-Hartwig Geilenkirchen. Verteidigungs- ministerin Ursula von der Leyen hat am vergangenen Montag das Zentrum für Verifikationsaufga- ben der Bundeswehr (ZVBw) im nordrhein-westfälischen Geilen- kirchen besucht. Anlass war die andauernde Festsetzung von Militärbeobachtern in der ost- ukrainischen Stadt Slowjansk, darunter auch drei Offiziere sowie ein ziviler Sprachmittler der Bun- deswehr. „Mir ist es wichtig, dass die Inspektoren ohne Wenn und Aber und unversehrt freikom- men“, betonte die Ministerin bereits zu Beginn ihres Besuchs. Nach der Landung auf dem NATO-Flugplatz Geilenkirchen wies der Kommandeur des Zen- trums, Brigadegeneral Jürgen Beyer, die Ministerin in die aktuelle Lage ein. Im Anschluss sprach sie mit Angehörigen der drei Offiziere und des Dolmet- schers. Sie sei in Sorge, sagte die Ministerin. Und sie werde alles tun, damit die Angehörigen des Beobachterteams schnell wieder in Freiheit kämen. Dazu müssten alle, die in der Ukraine und Russ- land Verantwortung tragen, auch unverzüglich ihren Einfluss gel- tend machen, so von der Leyen. Schließlich sind die Beobach- ter auf Einladung der Ukraine im Land. „Sie tragen auf der Basis des so genannten Wie- ner Dokuments zur Transparenz und Vertrauensbildung bei“, erklärt Oberstleutnant Friedrich Gegenfurtner, Dezernatsleiter in der Abteilung III im ZVBw, die sich mit Vertrauensbildung befasst. Beim Wiener Dokument handele es sich um ein politisch verbindliches Übereinkommen aller 57 OSZE-Mitgliedsstaa- ten, so Gegenfurtner weiter. Das Dokument gilt als Maßnahme der Konventionellen Rüstungskont- rolle, war in den 90er Jahren aus- gearbeitet und 2011 aktualisiert worden. Es beinhaltet Regeln zum Austausch und zur Verifikation von militärischen Informationen sowie Mechanismen zur friedli- chen Konfliktlösung. Die Tätigkeiten der Beobachter seien ein wichtiger Beitrag, um die schwierige Lage im Osten der Ukraine zu deeskalieren, so die Ministerin – ganz im Sinne der jüngsten Genfer Vereinbarungen. Von der Leyen nutzte den Besuch, um die Tätigkeiten der Soldaten und zivilen Mitarbeiter zu würdigen. So sei deren Einsatz innerhalb des OSZE-Mandats ein wertvolles Instrument der Ver- trauensbildung. Um eine schnelle Lösung herbeizuführen, ist ein Krisenstab der Bundesregierung unter der Leitung des Auswär- tigen Amtes eingerichtet. Die- ser arbeitet mit allen Kräften an der Freilassung der Militärbeob- achter. Es ist das erste Mal, dass bei einer solchen Mission mit deutscher Beteiligung Personal festgesetzt wurde. Umso wich- tiger sei es klarzumachen, dass dadurch unsere Entscheidungen nicht beeinflusst werden, so von der Leyen. Gerade in dieser Zeit müsse offengelegt werden, was im Land vor sich gehe. Und es sei immer bekannt gewesen, wohin die Inspektoren gehen. „Diesen hohen Wert der Zusammenarbeit müssen wir verteidigen.“ Das Inspektorenteam unter deutscher Führung ist seit März bereits die fünfte multinational zusammengestellte Beobachter- abordnung im Land. Zuvor hatten unter anderem Dänemark, Polen und die Niederlande Teams ent- sandt. Auch diese waren immer um so genannte Gastinspektoren von anderen OSZE-Mitgliedslän- dern ergänzt worden. Das Team war seit Ostermon- tag in der Ukraine. Neben den drei Deutschen gehören ein däni- scher, polnischer, tschechischer und schwedischer Inspektor dazu. Die Gruppe befand sich am 25. April auf dem Weg nach Slowjansk. Nach einem Briefing durch eine örtliche Miliz, waren sie von unbekannten bewaffne- ten Männern festgehalten und nach Slowjansk verbracht wor- den. Der aus Schweden stam- mende Inspektor wurde am vorvergangenen Sonntag frei- gelassen. Die übrigen Beob- achter befanden sich bis zum Redaktionsschluss am vergan- genen Freitag noch immer in der Hand der Separatisten. Foto: Sandfuchs-Hartwig/ZRedBw Ernste Worte zur Lage: Die Ministerin vor Soldaten in Geilenkirchen. Hintergrund: Internationale Militärbeobachter Militärbeobachter leisten ihren Dienst dort, wo Kriegs- und Konfliktparteien keine bewaffne- ten Friedenstruppen dulden. Sie überwachen einen Waffenstillstand, beobachten militäri- sche Bewegungen, melden Vertragsbrüche und erstatten Bericht. Indem die Bundesrepublik Deutschland Mili- tärbeobachter am UNO-Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Hammelburg ausbildet und sich an Beobachtermissionen beteiligt, unter- stützt Deutschland internationale Organisati- onen wie die Vereinten Nationen (UNO) und die Organisation für Sicherheit und Zusammen- arbeit in Europa (OSZE) bei ihren friedenssi- chernden und vertrauensbildenden Maßnah- men. Der erste UNO-Militärbeobachtereinsatz wurde 1948 gestartet: Die United Nations Truce Supervision Organisation (UNTSO) sollte den Waffenstillstand zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn überwachen – die Mis- sion ist noch immer aktiv. Die Dauer von Beob- achtereinsätzen darf jedoch nicht als Maßstab für die Qualität der Mission herangezogen wer- den. Militärbeobachter haben nicht den Auf- trag, einen Konflikt zu lösen. Ähnlich wie Diplomaten haben sie einen besonderen Status: Militärbeobachter sind unparteiisch und unbewaffnet – auch zu ihrem Eigenschutz. Sie sind aber im Regelfall Solda- ten, die die Uniform ihres Heimatlandes tra- gen, ergänzt durch das blaue (UNO) oder gelbe (OSZE) Barett der Organisation, in deren Auf- trag sie handeln. „Peacekeeping is not a job for soldiers – but only soldiers can do it“, hat der ehema- lige Generalsekretär der Vereinten Nati- onen, Dag Hammerskjold, einmal gesagt. Aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrungen sind Soldaten besonders dafür qualifiziert, sich sicher in Krisen- und Konfliktregio- nen zu bewegen und die vielfältigen Aufga- ben von Militärbeobachtern durchzuführen. Je nach Mandat oder Auftrag gehört dazu: Beobachtung von Grenzen oder Geländeab- schnitten, Überwachung von Waffenstillstän- den, von Friedensvereinbarungen und von Maßnahmen zur Beseitigung militärischer Altlasten wie zum Beispiel Minen, Durch- führung von vertrauensbildenden Maßnah- men, Frühwarnung, Präsenz zeigen. (flo) Auf www.bmvg.de findet sich ein Informa- tionspaket zu Militärbeobachtern der UN oder der OSZE.

50. Jahrgang nr. 17 montag, 5. mai 2014 Ohne … Sandfuchs-Hartwig/ZRedBw ernste worte zur Lage: Die ministerin vor soldaten in Geilenkirchen. Hintergrund: Internationale Militärbeobachter

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Die BunDeswehr im internet

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50. Jahrgang nr. 17 montag, 5. mai 2014

nachrichten

einsatz

Posten geschlossenDie Bundeswehr hat vor kur-zem den letzten Außenposten im afgha nischen Khilagay zurückge-baut. Seite 5

BunDeswehr

Baggern und GrabenIn der Pionierschule des Heeres in Ingolstadt lernen Soldaten den Umgang mit Großgerät und Bau-stoffen. Seite 6/7

sport

Erfolg auf der MatteDie deutschen Judoka haben bei der Europameisterschaft Medaillen geholt – Silber bei den Frauen, Bronze bei den Männern. Seite 10

Vermischtes

MuttertagFür die Einführung des Ehren-tages für die Mütter hat es viele unterschiedliche Gründe gegeben. Seite 11

Ohne Wenn und AberBundeswehrangehörige in der Ukraine festgesetzt – Krisenstab verhandelt mit Nachdruck.

von Torsten Sandfuchs-Hartwig

Geilenkirchen. Verteidigungs-ministerin Ursula von der Leyen hat am vergangenen Montag das Zentrum für Verifikationsaufga-ben der Bundeswehr (ZVBw) im nordrhein-westfälischen Geilen-kirchen besucht. Anlass war die andauernde Festsetzung von Militärbeobachtern in der ost- ukrainischen Stadt Slowjansk, darunter auch drei Offiziere sowie ein ziviler Sprachmittler der Bun-deswehr. „Mir ist es wichtig, dass die Inspektoren ohne Wenn und Aber und unversehrt freikom-men“, betonte die Ministerin bereits zu Beginn ihres Besuchs.

Nach der Landung auf dem NATO-Flugplatz Geilenkirchen wies der Kommandeur des Zen-trums, Brigadegeneral Jürgen Beyer, die Ministerin in die aktuelle Lage ein. Im Anschluss sprach sie mit Angehörigen der drei Offiziere und des Dolmet-schers. Sie sei in Sorge, sagte die Ministerin. Und sie werde alles tun, damit die Angehörigen des Beobachterteams schnell wieder in Freiheit kämen. Dazu müssten alle, die in der Ukraine und Russ-land Verantwortung tragen, auch unverzüglich ihren Einfluss gel-tend machen, so von der Leyen.

Schließlich sind die Beobach-ter auf Einladung der Ukraine im Land. „Sie tragen auf der Basis des so genannten Wie-ner Dokuments zur Transparenz

und Vertrauensbildung bei“, erklärt Oberstleutnant Friedrich Gegenfurtner, Dezernatsleiter in der Abteilung III im ZVBw, die sich mit Vertrauensbildung befasst. Beim Wiener Dokument handele es sich um ein politisch verbindliches Übereinkommen aller 57 OSZE-Mitgliedsstaa-ten, so Gegenfurtner weiter. Das Dokument gilt als Maßnahme der Konventionellen Rüstungskont-rolle, war in den 90er Jahren aus-gearbeitet und 2011 aktualisiert worden. Es beinhaltet Regeln zum Austausch und zur Verifikation von militärischen Informationen sowie Mechanismen zur friedli-chen Konfliktlösung.

Die Tätigkeiten der Beobachter seien ein wichtiger Beitrag, um

die schwierige Lage im Osten der Ukraine zu deeskalieren, so die Ministerin – ganz im Sinne der jüngsten Genfer Vereinbarungen.

Von der Leyen nutzte den Besuch, um die Tätigkeiten der Soldaten und zivilen Mitarbeiter zu würdigen. So sei deren Einsatz innerhalb des OSZE-Mandats ein wertvolles Instrument der Ver-trauensbildung. Um eine schnelle Lösung herbeizuführen, ist ein Krisenstab der Bundesregierung unter der Leitung des Auswär-tigen Amtes eingerichtet. Die-ser arbeitet mit allen Kräften an der Freilassung der Militärbeob-achter. Es ist das erste Mal, dass bei einer solchen Mission mit deutscher Beteiligung Personal festgesetzt wurde. Umso wich-

tiger sei es klarzumachen, dass dadurch unsere Entscheidungen nicht beeinflusst werden, so von der Leyen. Gerade in dieser Zeit müsse offengelegt werden, was im Land vor sich gehe. Und es sei immer bekannt gewesen, wohin die Inspektoren gehen. „Diesen hohen Wert der Zusammenarbeit müssen wir verteidigen.“

Das Inspektorenteam unter deutscher Führung ist seit März bereits die fünfte multinational zusammengestellte Beobachter- abordnung im Land. Zuvor hatten unter anderem Dänemark, Polen und die Niederlande Teams ent-sandt. Auch diese waren immer um so genannte Gastinspektoren von anderen OSZE-Mitgliedslän-dern ergänzt worden.

Das Team war seit Ostermon-tag in der Ukraine. Neben den drei Deutschen gehören ein däni-scher, polnischer, tschechischer und schwedischer Inspektor dazu. Die Gruppe befand sich am 25. April auf dem Weg nach Slowjansk. Nach einem Briefing durch eine örtliche Miliz, waren sie von unbekannten bewaffne-ten Männern festgehalten und nach Slowjansk verbracht wor-den. Der aus Schweden stam-mende Inspektor wurde am vorvergangenen Sonntag frei-gelassen. Die übrigen Beob-achter befanden sich bis zum Redaktionsschluss am vergan-genen Freitag noch immer in der Hand der Separatisten.

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ernste worte zur Lage: Die ministerin vor soldaten in Geilenkirchen.

Hintergrund: Internationale Militärbeobachter

Militärbeobachter leisten ihren Dienst dort, wo Kriegs- und Konfliktparteien keine bewaffne-ten Friedenstruppen dulden. Sie überwachen einen Waffenstillstand, beobachten militäri-sche Bewegungen, melden Vertragsbrüche und erstatten Bericht.

Indem die Bundesrepublik Deutschland Mili-tärbeobachter am UNO-Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Hammelburg ausbildet und sich an Beobachtermissionen beteiligt, unter-stützt Deutschland internationale Organisati-onen wie die Vereinten Nationen (UNO) und die Organisation für Sicherheit und Zusammen-arbeit in Europa (OSZE) bei ihren friedenssi-chernden und vertrauensbildenden Maßnah-men. Der erste UNO-Militärbeobachtereinsatz wurde 1948 gestartet: Die United Nations Truce Supervision Organisation (UNTSO) sollte den

Waffenstillstand zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn überwachen – die Mis-sion ist noch immer aktiv. Die Dauer von Beob-achtereinsätzen darf jedoch nicht als Maßstab für die Qualität der Mission herangezogen wer-den. Militärbeobachter haben nicht den Auf-trag, einen Konflikt zu lösen.

Ähnlich wie Diplomaten haben sie einen besonderen Status: Militärbeobachter sind unparteiisch und unbewaffnet – auch zu ihrem Eigenschutz. Sie sind aber im Regelfall Solda-ten, die die Uniform ihres Heimatlandes tra-gen, ergänzt durch das blaue (UNO) oder gelbe (OSZE) Barett der Organisation, in deren Auf-trag sie handeln.

„Peacekeeping is not a job for soldiers – but only soldiers can do it“, hat der ehema-lige Generalsekretär der Vereinten Nati-

onen, Dag Hammerskjold, einmal gesagt. Aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrungen sind Soldaten besonders dafür qualifiziert, sich sicher in Krisen- und Konfliktregio-nen zu bewegen und die vielfältigen Aufga-ben von Militärbeobachtern durchzuführen.

Je nach Mandat oder Auftrag gehört dazu: Beobachtung von Grenzen oder Geländeab-schnitten, Überwachung von Waffenstillstän-den, von Friedensvereinbarungen und von Maßnahmen zur Beseitigung militärischer Altlasten wie zum Beispiel Minen, Durch-führung von vertrauensbildenden Maßnah-men, Frühwarnung, Präsenz zeigen. (flo)

Auf www.bmvg.de findet sich ein Informa-tionspaket zu Militärbeobachtern der UN oder der OSZE.

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2 aktuell INTERN 5. Mai 2014

Geplante Wasserlandung: Im Rahmen der Übung INVITEX trainieren amerikanische und deutsche Minentaucher gemeinsam – auch das Absetzen aus der „Seaking“.

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BILD DER WOCHE

IMPRESSUMHerausgeber und verantwortlich für den Inhalt:

Bundesministerium der VerteidigungPresse- und InformationsstabStauffenbergstraße 18, 10785 Berlin

Redaktionsanschrift:Zentralredaktion der BundeswehrBundeswehr aktuellOberspreestraße 61 L, 12439 BerlinTelefon: (0 30) 67 94 - AppFax: (0 30) 67 94 - 20 65, BwFw 82 00E-Mail: [email protected]

Leitender Redakteur:Major Torsten Sandfuchs-Hartwig (tsh, App: 20 39)

Redakteur Politik:Markus Tiedke (mat, App: 20 55)Jörg Fleischer (jf, App: 20 55)

Redakteur Streitkräfte:Oberleutnant Tim Schmidt (tss, App: 20 38)

Redakteur Sport/Vermischtes:Oberleutnant Patricia Franke (pfr, App: 20 40)Obergefreiter Alexander Linden (afl, App: 20 40)

Mediendesign:Eva Pfaender (epf, App: 20 37)

aktuell als E-Paper und im pdf-Format:Auf www.bundeswehr.de abrufbar

Satz:Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, DL I 4 Zentraldruckerei Köln/BonnIntranet: http://zentraldruckerei.iud

Druck:Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbHKurhessenstr. 4 - 6, 64546 Mörfelden-Walldorf

Erscheinungsweise:Wöchentlich montags

Auflage:45 000 Exemplare

Verteilung innerhalb der Bundeswehr:Streitkräfteamt, Abt. I – Informations- und Medien- zentrale der Bundeswehr – Info-ServiceAlte Heerstraße 90, 53757 Sankt AugustinTelefon: (0 22 41) 15-1 (Vermittlung)E-Mail: [email protected]

ISSN: 1618-9086

Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Filme, Fotos und Zeichnungen wird keine Gewähr über-nommen. Namensbeiträge geben die Meinung des Verfassers wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe per E-Mail werden nur mit wirklichem Namen und Adresse berücksichtigt, außerdem behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor.

ZITAT

„Das wird eine neue Erfahrung für uns.“

Der Trainer des spanischen Erstligisten Atlético Madrid, Diego Simeone, nach dem Einzug seines Clubs ins Finale der Champions League gegen den Stadtrivalen Real Madrid.

KALENDERBLATT

Vor 10 Jahren: Am 5. Mai 2004 wechselt Pablo Picassos Bild „Junge mit Pfeife“ bei einer Auktion für 104,2 Millionen US-Dollar den Besitzer und gehört damit zu den teuersten Gemälden der Welt.

Vor 20 Jahren: Am 10. Mai 1994 wird Nelson Mandela erster schwarzafrikanischer Präsident Südafrikas.

Vor 50 Jahren: Am 9. Mai 1964 wird der 1. FC Köln erster Deut-scher Meister der neu gegründeten deutschen Fußball-Bundesliga.

Vor 60 Jahren: Am 6. Mai 1954 läuft Roger Bannister, britischer Medizinstudent, in Oxford als erster Mensch die englische Meile (1609,35 Meter) unter vier Minuten.

Vor 65 Jahren: Am 10. Mai 1949 entscheidet sich der Parlamen-tarische Rat mit knapper Mehrheit von 33:29 Stimmen für Bonn als provisorische Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland.

Vor 80 Jahren: Am 7. Mai 1934 findet ein Taucher vor der philip-pinischen Insel Palawan in einer Riesenmuschel die „Perle Allahs“ – die größte bekannte Perle. Sie wiegt 6,37 Kilogramm, ist 23,8 Zen-timeter lang und hat einen Wert von etwa 40 000 000 US-Dollar.

Vor 260 Jahren: Am 6. Mai 1754 besteht Dorothea Erxleben ihre Doktorprüfung und wird damit zur ersten promovierten Ärztin in Deutschland. Ihr Studium hatte sie mit einer Sondergenehmigung von Friedrich dem Großen absolviert. (eb)

EDITORIAL

Die vergangene Woche stand – nicht nur in den Medien der Bun-deswehr – unter dem Eindruck der in der Ostukraine festge-setzten Militärbeobachter, unter denen sich auch Bundeswehran-gehörige befinden. Eine Chronik der Ereignisse, die Reaktionen der Leitung des Ministeriums sowie einen Hintergrund zum Thema finden Sie auf Seite 1.

Eines der wichtigsten The-men für die Zukunft der Truppe ist gegenwärtig die angestrebte Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber. Bei ihrem Besuch der „Arbeitsge-meinschaft Attraktivität“ hat die Ministerin in der vergangenen Woche noch einmal die Bedeu-tung dieses Themenkomplexes unterstrichen (S. 3).

Was die Bundeswehr derzeit in den verschiedensten Bereichen leistet, zeigt etwa der Bericht über den Rückbau des Außen-postens Khilagay in Afghanis-tan (S. 5). Einen Eindruck von der Arbeit der vielleicht vielseitigsten Spezialisten innerhalb der Truppe bietet unsere Reportage über die Pionierschule in Ingolstadt, wo übrigens neben deutschen auch Soldaten befreundeter Nationen ausgebildet werden (S. 6/7). Eine Ahnung von den enormen Anfor-derungen an den Nachwuchs der

Minentaucher lesen Sie auf Seite 8.

Schließlich noch einige Worte in eige-ner Sache.Im Zuge der Neuausrich-tung wandeln sich die Streitkräfte seit einiger Zeit auf allen Ebenen. Da macht auch die Zentralredak-tion der Bundeswehr keine Aus-nahme. Eine der vielen Perso-nalveränderungen betrifft mich selbst. Nach mehr als einem Jahr als Redakteur für Politik bei aktuell werde ich mich ab sofort neuen Aufgaben widmen.

Das bedeutet zunächst einmal Abschied vom vertrauten Team und der Arbeit in der Redak-tion einer Wochenzeitung – da ist bereits etwas Wehmut pro-grammiert. Künftig ist es meine Aufgabe, als Teil eines kleinen Teams die Kollegen der gesamten Zentralredaktion durch die Pla-nung strategischer Kommunika-tionsthemen zu unterstützen. Das ist eine Herausforderung, der ich mich mit Freude stelle. So gese-hen gilt das fällige „Melde mich ab“ also nur unter Vorbehalt.

Markus TiedkeRedakteur Politik

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5. Mai 2014 MINISTERIUM / HINTERGRUND aktuell 3

Priorität für AttraktivitätUrsula von der Leyen bei „Arbeitsgruppe Attraktivität“ – Lob für schnelle Fortschritte.

von Heike Pauli

Berlin. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat am ver-gangenen Mittwoch an einer Sit-zung der „Arbeitsgruppe Attrakti-vität“ (AG) teilgenommen – nicht zum ersten Mal. Denn für die Ministerin hat die Arbeit, die hier in der AG geleistet wird, hohe Priorität. „Ich bin sehr beein-druckt, was sich seit meiner letz-ten Teilnahme getan hat“, lobt von der Leyen die Fortschritte gleich zu Beginn.

Die Bundeswehr soll zu einem der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland werden. Das ist das Ziel, das die Ministerin gleich nach ihrer Amtsübernahme aus-gegeben hat. Und dieses Gre-mium ist eines von zweien, die sich seit einigen Wochen mit der konkreten Umsetzung befassen. In der AG werden die Ideen aus den verschiedenen Arbeitsbe-reichen eingebracht und disku-tiert, bevor sie von hier aus an

das zweite Gremium, das „Steu-erungsboard Attraktivität“, wei-tergeleitet werden. Die Ent-scheidungsträger dort bereiten den gesamten Themenkomplex schließlich für die Ministerin auf. Doch von der Leyen nutzt die Gelegenheit, sich selbst aktiv

in dieser Erarbeitungs- und Ent-wicklungsphase mit einzubringen und den unmittelbaren Austausch mit den Experten aus den Fach-bereichen zu suchen.

Ein Teil der Arbeitsergebnisse wird in die „Agenda Attraktivi-tät – Auftragserfüllung und Wett-

bewerbsfähigkeit“ einfließen, die voraussichtlich Mitte des Jah-res vorgestellt werden soll. Ein weiteres Maßnahmen-Paket bildet die Grundlage für das „Artikelgesetz zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes bei der Bundeswehr“. Dies soll im Sep-tember 2014 ins Kabinett einge-bracht werden. Ideen, die eher langfristig angelegt sind, bilden schließlich den Grundstock für die „Personalstrategie 2020+“, die über die laufende Legisla-turperiode hinaus reicht und die Agenda nachhaltig und langfris-tig fortsetzt.

Rund zwei Stunden hat sich die Ministerin an diesem Tag Zeit genommen und sich inten-siv mit den Verantwortlichen aus den Fachbereichen ausgetauscht. Doch dabei soll es nicht bleiben, das macht sie zum Abschluss deutlich. „Wann darf ich wieder-kommen?“ fragt sie in die Runde und vereinbart direkt ihre nächste Teilnahme.

Besser werden – eine Chance für alle

Berlin. Das Kontinuierliche Verbesserungsprogramm der Bundeswehr (KVP) geht in die nächste Runde. Am 1. Mai hat der KVP-Cup 2014 begonnen. Noch bis zum 31. Dezember kann jede Dienststelle mit eingereich-ten KVP-Vorschlägen, schneller Bearbeitung und Umsetzung der eingegangenen Ideen punkten.

Als Anreiz winken attraktive Preise. Ministerialdirektor Paul Jansen, Abteilungsleiter Haus-halt und Controlling im Vertei-digungsministerium und Initia-tor des Projekts, verspricht sich vom KVP-Cup der Dienststellen viele neue Ideen. „Egal, ob Maß-nahmen zur Unfallverhütung, zur Optimierung eines Arbeitsablaufs oder zur Einsparung von Haus-haltsmitteln vorgeschlagen wer-den: Jede Idee zählt.“ Jansen wünscht sich für den laufenden KVP-Cup eine Atmosphäre, die kreative Teamarbeit begünstigt.

Denn: „Kreativität führt weg von der starren Routine – hin zu lebendigen Lösungen“, so Jansen. Letztlich solle der Wett-bewerb bei Soldaten und Mit-arbeitern „das Bewusstsein für KVP als Gemeinschaftsaufgabe und Gemeinschaftserfolg in den Dienststellen“ steigern. (mat)

Nähere Informationen zum KVP-Cup enthält die dieser Ausgabe beigefügte Beilage.

IUD-Führungskräfte tagen in DresdenDresden. Die Dienststellenlei-tertagung des Organisationsbe-reiches „Infrastruktur, Umwelt-schutz und Dienstleistungen“ (IUD) hat in der vergangenen Woche rund 100 Führungskräfte an der Offizierschule des Heeres in Dresden zusammengeführt. Staatssekretär Gerd Hoofe, zu dessen Zuständigkeitsbereich die Ministeriumsabteilung IUD gehört, betonte unter anderem die Bedeutung der Führungskräfte im Zuge der Neuausrichtung. Es sei an ihnen, „die Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr nicht nur nach innen, sondern auch nach außen zu kommuni-zieren.“ In direkter Konkurrenz zu großen Unternehmen müsse die Bundeswehr es schaffen, für junge Menschen attraktiv zu sein. Dazu müsse die Neuausrichtung nach ihrer technischen Umset-zung auch in den Köpfen der Menschen ankommen. Dies sei aber bislang noch nicht überall der Fall. Hier seien Vorgesetzte gefordert, den Mehrwert des Pro-zesses zu verdeutlichen. (dibu)

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Red

Bw

Besser werden: Ministerin Ursula von der Leyen (r.) zeigte sich „sehr beeindruckt“ von den Leistungen der Arbeitsgruppe.

Der Arbeitgeber Bundeswehr muss sich in nächster Zukunft bestmöglich aufstellen

Berlin. Einer der attrak-tivsten Arbeitgeber Deutschlands – dieses Ziel hat Verteidigungsministe-rin Ursula von der Leyen gleich nach ihrer Amts-übernahme für die Bundes-wehr formuliert. Daraufhin ist eine Projektorganisation mit zwei ministeriellen Gremien eingerich-tet worden. Unsere Redakteurin Heike Pauli sprach mit Oberst Friedhelm Tränapp (Foto), dem Leiter der „Arbeitsgruppe Attraktivität“ und seiner Stellvertreterin, Oberstarzt Nicole Schilling.

Was ist das Ziel der Arbeit der AG?Friedhelm Tränapp: Es geht um konkrete

Vorschläge, gestalterische Ideen und prag-matische Wege, wie wir das Ziel – einer der attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands zu sein – erreichen können. Es geht darum, festzule-gen, welche Maßnahmen wir treffen und was genau wir wie anstoßen müssen, um die Men-schen – sowohl Bundeswehrangehörige als auch potentielle Bewerberinnen und Bewer-ber – zu erreichen.

Worum geht es dann genau?Nicole Schilling: Das Ergebnis setzt sich aus

mehreren Teilen zusammen. Zum einen wol-len wir ein Paket mit gesetzlichen Maßnah-men schnüren, das sogenannte „Artikelgesetz zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes bei der Bundeswehr“. Dann gibt es aber auch ein großes Bündel von Vorschlägen, die wir ohne gesetzgeberische Maßnahmen umset-zen können – da sind wir gerade dabei, diese zu sortieren und zu strukturieren, zu priorisie-ren und ihre Realisierbarkeit zu prüfen. Diese Maßnahmen fließen neben dem Artikelgesetz in die „Agenda Attraktivität – Auftragserfül-

lung und Wettbewerbsfähigkeit“ ein. Darüber hinaus gibt es auch eine Menge guter Ideen, die wir jetzt nicht kurzfristig umsetzen können. Diese sollen aber weiter betrachtet und mit in eine langfristig angelegte, zukunftsfähige „Per-sonalstrategie 2020+“ einfließen.

Das Thema Attraktivität ist nicht neu.Tränapp: Das stimmt. Wir fangen nicht

bei null an. Es ist in den vergangenen Jah-ren bereits viel – sowohl für die Angehörigen der Bundeswehr als auch für ihre Familien – auf den Weg gebracht worden. Wir müs-sen bei dem bisher Erreichten ansetzen und schauen, was uns noch fehlt. Woran liegt es, dass das, was in der Vergangenheit angesto-ßen wurde, bei den Menschen nicht so ange-kommen ist, wie wir uns das gedacht haben. Zu diesem Schluss kommen unter anderem auch Umfragen zu dem Thema.

Warum sind bisherige Ansätze nicht so zur Wirkung gelangt?

Tränapp: Es hat bisher nie eine zentrale Stelle gegeben, in der alle Ideen, Projekte und Maßnahmen gebündelt und aufeinan-der abgestimmt wurden. In fast jeder Abtei-lung gibt es einen Ansprechpartner, der sich mit Fragen befasst, die unmittelbar Auswir-kungen auf die Attraktivität haben. Ziel der gemeinsamen Projektarbeit ist, sichtbare und spürbare Ergebnisse für die Menschen in und außerhalb der Bundeswehr zu erzielen.

Schilling: Nun sitzen alle an einem Tisch, alle sind zuständig und alle sind verantwort-lich. Die Gelegenheit ist da, das Thema Attraktivität, das überall in allen Abteilun-gen bereits verankert ist, gemeinsam und konzertiert nach vorne zu bringen. Das Thema Attraktivität geht jeden an, es ist kein Nischenthema, das irgendwo in einem einzelnen Referat im BMVg behandelt wird.

Worauf muss ein besonderes Augenmerk liegen, damit die Offensive erfolgreich ist und auch wirklich bei jedem ankommt?

Tränapp: Wir müssen uns als Arbeitge-ber bestmöglich aufstellen. Attraktivität ist kein Selbstzweck. Die Welt und die Men-schen entwickeln sich weiter. Die Gesell-schaft verändert sich. Wir haben heute eine andere Generation, die an der Schwelle zur Einstellung in die Bundeswehr steht, die Generation Y, die mit ganz anderen Erwartungen an den Arbeitgeber Bundes-wehr herangeht als das vielleicht noch zu einer Zeit der Fall war, als ich in die Bun-deswehr eingetreten bin. Wir müssen uns der Lebenswirklichkeit stellen – gleichzei-tig aber auch die Auftragserfüllung der Bun-deswehr im Blick haben. Wir wollen, dass jeder Angehörige der Bundeswehr, egal zu welcher Statusgruppe er gehört, von dieser Attraktivitätsoffensive profitiert.

Wie steht es um die Finanzierbarkeit?Tränapp: Attraktivität gibt es nicht zum

Nulltarif, das ist klar. Aber es geht nicht nur ums Geld. Es geht vor allem auch um Anerkennung, um gute Vorgesetzte, um ein gutes soziales Umfeld, es geht um die Berücksichtigung familiärer Belange. Das bezieht sich nicht nur auf Familien mit Kin-dern, sondern auch auf pflegebedürftige Angehörige. Nicht alle Probleme können vom Arbeitgeber Bundeswehr gelöst wer-den.

Schilling: Es gibt viele Maßnahmen, die nichts kosten, eine bessere Führungskultur durch bessere Ausbildung beispielsweise. Wir müssen Prioritäten setzen, Gestaltungs-spielräume identifizieren und diese nutzen.

Das komplette Interview lesen Sie auf www.bmvg.de

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4 aktuell POLITIK/HINTERGRUND 5. Mai 2014

„Friedensprozess stirbt nie“Trotz der Probleme zwischen Israel und den Palästinensern geben sich Experten optimistisch.

Jerusalem. Tiefsitzendes gegenseitiges Misstrauen, innen-politische Zwangslagen auf bei-den Seiten und das Fehlen starker Führungspersönlichkeiten an der Spitze beider Konfliktparteien. Nach Einschätzung von Exper-ten sind dies die Gründe für den erneuten Stillstand im Nahost-friedensprozess. Zugleich sind die meisten von ihnen überzeugt, dass es früher oder später irgend-wie mit den Verhandlungen wie-der weitergehen wird: Der Frie-densprozess „ist wie Rock ‘n‘ Roll, er wird niemals sterben“, sagt David Miller, der als Dip-lomat sechs US-Außenministern in Nahostfragen zuarbeitete und heute Analysen für das Washing-toner Wilson Center erstellt.

Miller nennt als Hauptgrund für das gegenwärtige Scheitern der hartnäckigen Vermittlungsbe-

mühungen von US-Außenminis-ter John Kerry, dass Palästinen-serpräsident Mahmud Abbas und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu „beide keine starken Führer sind“, die harte Kompro-misse in ihren Lagern durchset-zen könnten.

Die auf neun Monate ange-setzten Gespräche, die sich seit Monaten nur noch um ihre eige-nen Modalitäten drehten, lagen schon im Koma, als diese Woche die künstliche Beatmung abge-schaltet wurde. Die innenpoliti-schen Kosten wurden zuletzt für Abbas, der sich zunehmend von der palästinensischen Straße ent-fremdete, und für Netanjahu, dem ein Auseinanderbrechen seiner Koalition drohte, zu hoch.

Darin sieht Khaled Elgindy von der Denkfabrik Brookings Ins-titution den Knackpunkt – und

nicht im Aussöhnungsabkom-men, das die palästinensische Dachorganisation PLO und die radikalislamische Hamas-Bewe-gung schlossen und das Israel zur Aussetzung der Verhandlun-gen bewog.

„Wenn das Streben der Paläs-tinenser nach nationalem Zusam-menhalt den Friedensprozess schädigt, muss an diesem Pro-zess etwas falsch sein“, sagt er. Elgindy rät der US-Regierung, nun wieder verstärkt einen „multi-lateralen Ansatz“ zu suchen, also die drei weiteren Partner des Nah-ostquartetts direkt einzubinden.

Die Hamas-Bewegung scheint inzwischen bereit zu sein, ihre Annäherung an die PLO zu nut-zen, um ohne Gesichtsverlust auf diese Bedingungen einzuge-hen. Ein Bekenntnis des paläs-tinensischen Zweigs der isla-

mistischen Muslimbrüder zur Zweistaatenlösung würde die Ausgangslage stark ändern. Die israelische Tageszeitung Haa-retz verweist darauf, dass höchste Hamas-Führer bereits 2007 und zuletzt im vergangenen Mai eine Anerkennung Israels und direkte Verhandlungen nicht mehr aus-geschlossen hatten.

Der Sicherheitsexperte von Haaretz, Amos Harel, bringt die Motivationslage auf den Punkt: „Abbas, der sich zuletzt 2006 Wahlen stellte, muss seine Legitimierung untermauern, und Ismail Hanijeh, Ministerpräsi-dent der Hamas im Gazastrei-fen, braucht Geld.“

Das haben auch die liberalen Minister in Netanjahus Sicher-heitskabinett erkannt: Justizmi-nisterin Zipi Livni und Finanz-minister Jair Lapid kämpften in einer fünfstündigen Sitzung für die Kompromissformel, die Friedensgespräche nicht zu beenden, sondern zu suspendie-ren – bis Zusammensetzung und Absichten der palästinensischen Einheitsregierung sichtbar wer-den, die Anfang Juni stehen soll.

Dies biete der Hamas-Be-wegung „die Gelegenheit, die Bedingungen des Quartetts anzuerkennen, was ihrer Zäh-mung gleich kommt“, zitiert die größte israelische Zeitung Jediot Ahronot aus dem Sit-zungsverlauf. Und Diploma-tieveteran Miller würde dann in letzter Konsequenz schließ-lich recht behalten: „Der Frie-densprozess wird niemals sterben.“ (ncw/ju)

„Glaube an den Sieg ist weiter stark“ Bei den Wahlen in Afghanistan gehen Kontrahenten Abdullah und Ghani in die Stichwahl.

Kabul. Bei der Präsidentenwahl in Afghanistan gehen der frühere Außenminister Abdullah Abdul-lah und der ehemalige Welt-bank-Ökonom Aschraf Ghani Anfang Juni in die Stichwahl.

Unter den acht Kandidaten der ersten Wahlrunde hätten sie die meisten Stimmen erhalten, teilte die Unabhängige Wahlkommis-sion vergangene Woche unter Berufung auf das vorläufige End-ergebnis mit. Die UNO begrüßte das Ergebnis, forderte aber eine rasche Prüfung von Fälschungs-vorwürfen.

Nach Angaben der Unabhän-gigen Wahlkommission kam Abdullah im ersten Wahlgang am 5. April mit 44,9 Prozent der Stimmen auf den ersten Platz, Ghani folgte mit 31,5 Prozent. Die anderen sechs Kandida-

ten waren weit abgeschlagen. Da keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit erhielt, gehen die beiden Erstplatzierten nun in die Stichwahl. Diese soll am 7. Juni stattfinden. Sowohl Abdullah als auch Ghani kündig-ten an, bis zum Ende um die Prä-sidentschaft kämpfen zu wollen.

„Unser Glaube an den Sieg ist weiter stark“, sagte Ghani vor Anhängern in Kabul. „Das Votum des Volkes sagt mir, mit niemandem ein Abkommen hin-ter den Kulissen zu schließen.“ Es war zuvor spekuliert worden, dass Abdullah und Ghani sich auf eine Teilung der Macht einigen könnten, um so eine Stichwahl zu vermeiden.

Der 64-jährige Ex-Finanzmi-nister Ghani zeigte sich zuver-sichtlich, dass sich bei der

Prüfung der mehreren hundert eingereichten Beschwerden der Abstand zwischen ihm und Abdullah verringern werde. Die Prüfung durch die Wahlkom-mission soll bis zum 14. Mai abgeschlossen sein. Dann wird auch das amtliche Endergebnis verkündet.

Die UN-Mission in Afghanis-tan begrüßte das Ergebnis, rief aber auch die Wahlkommission auf, alle Beschwerden „profes-sionell, schnell und auf offene Weise“ zu prüfen. Die vergan-gene Präsidentenwahl in Afgha-nistan 2009 war von Vorwürfen der Fälschung geprägt, die letztlich dazu führten, dass sich Abdul-lah, der auf dem zweiten Platz gelandet war, aus der Stichwahl gegen Amtsinhaber Hamid Kar-sai zurückzog. Karsai durfte nach

zwei Amtszeiten nicht erneut antreten.

Der langjährige Staatschef favorisierte nach allgemeiner Einschätzung bei der Wahl den früheren Außenminister Salmai Rassul, doch kam dieser nur auf elf Prozent der Stimmen. Rassul könnte aber mit einer Wahlemp-fehlung für einen der beiden Kan-didaten in der Stichwahl noch eine wichtige Rolle spielen. Das schließlich gilt auch für den frü-heren islamistischen Kriegsherrn Abdul Rasul Sajjaf, der sieben Prozent erhielt.

Laut der Wahlkommission nahmen am ersten Wahlgang trotz Drohungen der Taliban-Re-bellen fast sieben der geschätzten 13,5 Millionen Stimmberechtig-ten teil. 36 Prozent der Wähler waren Frauen. (uvs/mt)

Tote bei Absturz von ISAF-Hubschrauber Kabul. Beim Absturz ihres Helikopters sind im Süden Afghanistans in der vergan-genen Woche fünf britische Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF ums Leben gekommen. Wie das Verteidi-gungsministerium in London mitteilte, handelte es sich dabei vermutlich um einen Unfall während eines Routineflugs der Maschine. (uvs/mt)

Nordkorea hält wieder Manöver abSeoul. Nordkorea hat nach Angaben der südkoreanischen Regierung erneut ein Militär-manöver nahe der umstritte-nen Seegrenze abgehalten. Die Schießübungen hätten am ver-gangenen Dienstag begonnen, sagte ein Sprecher des südkore-anischen Verteidigungsministe-riums in Seoul. „Unser Militär ist umfassend vorbereitet“, fügte der Sprecher hinzu. Sollten vom Nor-den aus abgefeuerte Geschosse in südkoreanisches Gebiet fallen, werde das südkoreanische Mili-tär „stark reagieren“. (mid/jah)

45 Menschen sterben bei BombenanschlagDamaskus. Bei einem Bom-benanschlag und anschließen-dem Raketenbeschuss in der syrischen Stadt Homs sind nach Behördenangaben mindestens 45 Menschen getötet worden. Weitere 85 Menschen wurden nach den Worten eines Pro-vinzgouverneurs am vergange-nen Dienstag bei der Gewalt in einem von der Regierung gehal-tenen Stadtteil verletzt. Homs galt lange als Hochburg der Rebellen. In heftigen Gefechten hatten die Regierungstruppen die Stadt unter ihre Kontrolle gebracht. (gt/ju)

Moldau will EU-Mitglied werdenBukarest. Die frühere Sowjetre-publik Moldau will in fünf Jah-ren Mitglied der Europäischen Union werden. Die Regierung wolle „alles nur Mögliche tun, damit Moldau während der rumä-nischen EU-Präsidentschaft im Jahr 2019 Vollmitglied wird“, sagte Ministerpräsident Iurie Leanca am vergangenen Dienstag an der Seite seines rumänischen Kollegen Victor Ponta bei einem Treffen an der Grenze beider Län-der. Das Vorhaben sei „ehrgei-zig aber realisierbar.“ Ponta sagte Leanca die Unterstützung Rumä-niens zu. Er hoffe, dass es im Jahr 2019 an diesem Ort keine Grenze mehr gebe. (cfm/ju)

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Harte Friedensgespräche: US-Außenminister John Kerry (l.) und Israels Premier Benjamin Netanjahu.

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5. Mai 2014 EINSATZ aktuell 5

Letzter Mann meldet sich abDie Bundeswehr hat ihren letzten Außenposten in Afghanistan zurückgebaut.

von Robert Lehmann

Khilagay. Schweißperlen laufen Hauptfeldwebel Rico L. quer durch das Gesicht, während der kräftige Brandenburger mit seinen verbliebenen Soldaten den letzten Sanitärcontainer auf einen afghanischen LKW verlädt. Der von der unerbittlichen Sonne Afghanistans tief gebräunte 35-Jährige hat nur noch wenig Zeit. In 24 Stunden soll er mit allem fertig sein. Seit zwei Wochen arbeitet er am Rückbau des deutschen Anteils im Camp. Er verschwendet keine Zeit, sich Gedanken über die Wahrneh-mung des in Deutschland relativ unbekannten Außenpostens, zehn Kilometer südöstlich von Pol-i Khomri, zu machen. Der eher schweigsame Soldat ist fokus-siert auf seine Arbeit.

„Seit dem 1. April sind wir mit 16 Soldaten des Feldlager-betriebszuges in Khilagay mit dem Rückbau des Außenpostens beschäftigt“, sagt der Spezi-

alist für die Wasseraufberei-tung von der 2. Kompanie des ABC-Abwehr Bataillons 7 aus Höxter. „Bis zu 100 Soldaten waren hier zu Höchstzeiten im Einsatz“. Kräfte der Bundes-wehr unterstützten von hier im Süden der Provinz Baghlan die afghanischen Sicherheitskräfte bei der Planung, Vorbereitung und Durchführung von Opera-tionen. Aber auch Fernmelder und Logistiker waren hier stati-oniert. Diese sind jedoch bereits abgezogen. Nun wird alles, was übrig ist gezählt, verpackt und nach Mazar-e Sharif gebracht. „Elf Zelte, 40 Material- und sie-ben Sanitärcontainer haben wir bereits auf die Reise geschickt“, erzählt der gebürtige Prenzlauer.

Und das alles wurde unter erschwerten Bedingungen voll-bracht, wie der Hauptfeldwebel zugibt. „In den letzten zwei Wochen wurde der Außenposten an zwei Tagen beschossen. Dadurch konnten wir an diesen Tagen nicht viel schaffen.“ Dafür

arbeiten seine Männer jetzt unter Hochdruck – die, die noch da sind. Denn auch die Spezialis-ten wurden Tag für Tag immer weniger und machten sich per Hubschrauber auf den Weg nach Mazar-e Sharif. Dafür sei man enger zusammengerückt. Auch mit den im Außenposten verblie-benen Amerikanern. „Sie haben uns eines ihrer Zelte zu Ver-fügung gestellt“, sagt L., wäh-rend er den letzten LKW auf die Reise ins Camp Marmal schickt. In diesem Zelt werden die übrig gebliebenen fünf von ihnen die letzte Nacht verbringen. Nach den Anstrengungen der vergan-genen Tage hat trotz der Enge im Zelt keiner von ihnen Probleme einzuschlafen.

Nach einer kurzen Nacht bricht dann der letzte Morgen deutscher Soldaten in Khilagay an. Die Sonne steigt noch einmal hoch über die Berge. Nach einem klei-nen Frühstück machen sich drei von ihnen schwer bepackt auf den Weg zum Hubschrauber-

landeplatz. Sie fliegen bereits am Morgen ins eine Flugstunde entfernte Camp Marmal. Haupt-feldwebel L. bringt sie bis zum Hubschrauber und verabschiedet sich mit einer kurzen Umarmung von ihnen. Unter lautem Getöse hebt der Hubschrauber ab. Der Brandenburger schaut ihnen nur kurz hinterher. Am Nachmittag wird er seinen Kameraden fol-gen. „Wir wussten, dass irgend-wann mal Schluss ist“, sagt der 35-Jährige ohne große Emoti-onen. Bereits 2011 war er in Khilagay für ein halbes Jahr im Einsatz.

Und dann ist es auch für ihn soweit. Ohne formalen Akt oder jegliche Hektik verladen sein Kamerad und er das schwere Gepäck im gerade gelandeten Hubschrauber. Unter drehen-dem Rotor beglückwünschen sich beide kurz bevor sie einsteigen. Während der Hubschrauber lang-sam abhebt, wirft L. noch ein letztes Mal einen kurzen Blick auf den Außenposten zurück.

Hilfe nach Überschwemmung

Mazar-e Sharif. Starke Regen-fälle haben vorvergangene Woche im Norden Afghanistans zu Überschwemmungen geführt. Mindestens 130 Menschen sind den Fluten zum Opfer gefallen. Die afghanischen Sicherheits-kräfte reagierten schnell und sicherten Hilfsmaßnahmen zu. Im Zuge dieser unterstützte das Regionalkommando Nord die afghanische Armee (ANA). Über 25 000 Liter Trinkwasser aus den Beständen der Bundes-wehr wurden in die betroffenen Gebiete geflogen. Für den Was-sertransport waren 14 deutsche und US-amerikanische Hub-schrauber zwischen Camp Mar-mal und einem Camp der ANA in Shiberghan, 130 Kilometer westlich von Mazar-e Sharif, im Einsatz. (tss)

„Augsburg“ zur Begleitung bereitIn See. Die Besatzung der Fre-gatte „Augsburg“ hat sich auf ihren Einsatz vorbereitet. Die Soldaten absolvierten zahlreiche Übungen, um für ihren Einsatz gewappnet zu sein. Speedboot- abwehr, aber auch Standard-verfahren wie das Mann-über-Bord-Manöver wurden trainiert. In den kommenden Wochen wird es die Aufgabe der Fregatte sein, das amerikanische Spezi-alschiff „Cape Ray“ zu beglei-ten. Das U.S.-Schiff wird che-mische Kampfstoffe aus Syrien vernichten und unschädlich machen. Deshalb standen auch ABC-Übungen auf dem Plan.Vor allem auf mögliche Chemie- unfälle will sich die Besatzung vorbereiten. (tss)

Militärberater mit neuem GefechtsstandMazar-e Sharif. Die deutschen Beraterteams des Regionalkom-mandos Nord haben kürzlich ihren Gefechtsstand aus dem amerika-nischen Feldlager „Camp Mike Spann“ ins 25 Kilometer östlich gelegene deutsche Feldlager Camp Marmal verlegt. Die Kaserne soll in den kommenden Tagen an die afghanische Armee (ANA) über-geben werden. Die Verlegung des Gefechtsstandes der Beraterteams ist ein weiterer Schritt bei der Über-nahme der Gesamtverantwortung durch die afghanischen Sicher-heitskräfte. (eb)

Das war‘s: Die deutschen Soldaten haben den Außenposten südöstlich von Pol-i Khomri geräumt.

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: bpa

Bei der Truppe: Bundespräsident Joachim Gauck (M.) hat vergan-gene Woche die Soldaten bei Active Fence Turkey (AF TUR) im türkischen Kahramanmaras besucht. Die Stadt in Südost- anatolien bildete den Startpunkt für eine viertägige Reise. Nach-dem sich Gauck ein Lager mit syrischen Flüchtlingen ange-schaut hatte, stattete er den rund 300 Soldaten des deutschen Kontingents einen Besuch ab. In der Gazi-Kaserne sprach Gauck den Soldaten seine Anerkennung sowie Dankbarkeit aus und nutz-te die Zeit für Gespräche. Zusam-men mit den niederländischen und US-amerikanischen Streit-kräften setze man „ein wichtiges Signal“ in der krisengeschüttel-ten Region, gab er den Soldaten mit auf den Weg. (eb)

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6 aktuell aktuell 7BUNDESWEHR

von Anja Wagner

Ingolstadt. Wenn Hauptmann Harald Rössler von der Faszi-nation verschiedener Schweiß-techniken spricht, möchte man es nach wenigen Minuten am

liebsten selbst ausprobieren. Rössler, Chef der IV. Inspek-tion an der Pionierschule, erklärt die Unterschiede und Vorteile von Lichtbogenhand-Schweißen, Metallschutzgas-Schweißen und Wolfram-Inertgas-Schweißen so

leidenschaftlich wie verständlich. Der Funke springt auch auf die Soldaten über, denn ein Handwerk will gelernt sein. „Das geht nur über Praxis und Erfahrung“, sagt Rössler. „Wir schweißen zusam-men, was zusammen gehört!“

Die Soldaten lernen an der Pio-nierschule und Fachschule des Heeres für Bautechnik in einer der modernsten Einrichtungen der Bundeswehr unter optima-len Bedingungen. Später gehö-ren sie zur vielseitigsten Trup-pengattung, die es gibt. Und sie werden überall gebraucht, wo die Bundeswehr ist. Hier geht etwas kaputt, da fehlt eine Brücke, dort muss ein Feldlager aufgebaut werden. Neben den deutschen Pionieren werden in Ingolstadt auch Soldaten befreundeter Staa-ten ausgebildet. Darüber hinaus engagieren sich deutsche Solda-ten zum Beispiel an der Pionier-schule der afghanischen Armee im Camp Shaheen: Rund 60 deut-sche und internationale Mentoren begleiten dort künftige afghani-sche Ausbilder im Lehrbetrieb.

Betonbau – wie Kuchenbacken

In der VI. Inspektion dreht sich alles um Beton. „Wir unterrichten hier Beton- und Stahlbetonbau“, erklärt Inspektionschef Haupt-mann Lars Suppe. Im „Betonla-bor“ lernt man, wie der Baustoff hergestellt, verfeinert und auch veredelt wird. Das klingt wie ein Kuchenrezept. „Um zu prü-fen, ob ein Beton qualitativ gut oder schlecht ist, stellen wir einen Prüfwürfel her“, erklärt Truppen-fachlehrer Oberstabsfeldwebel Thomas Bringmann. Dann wird die Biegezugfestigkeit bestimmt. Sie sagt aus, wie viel Druck das Material in genau dieser Zusam-mensetzung aushält. Das ist unter anderem wichtig, wenn man im Einsatz auf dortiges Baumaterial angewiesen ist. Im Labor wird dann zum Beispiel Zement aus Pakistan geprüft. Deshalb sind Pioniere mit ihrer Fachexpertise immer in den Einsatzländern

dabei, um Bauvorhaben anzulei-ten und zu überwachen. In weite-ren Räumen geht es um Holz- und Stahlverarbeitung. Die Soldaten sollen ein Feingefühl für die ver-schiedenen Materialien entwi-ckeln: „Das ist eben der Vorteil, wenn man manches von Hand macht, auch, wenn es Maschi-nen gibt.“ In der „Maurerhalle“ wird bei Wohlfühlklima gerade eine Treppe gebaut. „Wir haben in diesem Raum eine Deckenhei-zung“, beschreibt Suppe. „Diese Arbeiten werden später draußen gemacht.“ Drinnen lernen die Soldaten also in Ruhe und bis ins Detail, was sie später auf der Baustelle brauchen. Die Lernbe-dingungen und Werkstätten der Pionierschule würden jedes Heim-werkerherz höher schlagen lassen.

„Draußen“ sieht das dann so aus: Bagger, Radlader, Lkw, Fahrzeugkräne, Planierraupen. Das ist die Welt von Haupt-mann Stephan Amesmaier, Lei-ter der Ausbildungseinrichtung Betriebberechtigungsschein. In der „Fahrschule“ für Bau- und Pioniermaschinen fängt man erst mal klein an: zum Beispiel mit einem Schwenklader. Sehr viel anspruchsvoller sind später die „Grader“, Planiergeräte für grö-ßere Flächen. „Vor der Praxis kommt natürlich die Theorie“, sagt Amesmaier, „Maschinen-kunde, Fahrzeugtechnik, Sicher-heitsbestimmungen und so wei-ter.“ Welche Maschine später benutzt wird, hängt von der Bau- oder Einsatzaufgabe ab. Für den Bau einer Stellungs-grube wird anderes Gerät benö-tigt als für die Errichtung eines Feldlagers. Ebenso müssen Wit-terung und Gelände bedacht wer-den. „Mit einem Bagger fährt es sich im Schnee oder im Matsch, auf abschüssigem Gelände oder weichem Boden natürlich ganz anders.“ Auf dem Stand-

Baggern, Schweißen, Hämmern, Gewässer überquerenIn der Pionierschule in Ingolstadt lernen junge Soldaten den Umgang mit technischer Ausstattung wie Bolzenschubgerät, Erdhobel oder Radlader und wie sie damit die Truppe im Einsatz unterstützen können.

ortübungsplatz wird alles aus-gebildet – gegraben, Material von da nach dort verschoben, Dämme durchbrochen und wie-der aufgeschüttet. Schwenklader, Knicklader, Laderaupe, Erdho-bel, Hydraulikkettenbagger, Tan-demvibrationswalze – kaum zu glauben, was bei den Pionieren alles unterwegs ist. An anderer Stelle entsteht mit dem Brücken-legepanzer „Biber“ eine überlap-pend verlegte Brücke.

Von der Theorie zur Praxis

In der I. Inspektion auf dem Pionierübungsplatz Münchs-münster läuft gerade die prak-tische Offizierausbildung. Alle Teilnehmer haben studiert, Schwerpunkt Bauingenieurwe-sen. Das war die Theorie, jetzt kommt Handwerker-Praxis auf sie zu und das ist eine ganz eigene Welt. Ein Jahr dauert für sie die komplette Pionierausbildung. Danach beherrschen sie sämt-liche Pioniergeräte im Schlaf, können unter anderem schie-ßen und sprengen und wissen, wie man sich mit acht Mann in einem Schlauchboot koordiniert bewegt. Eine besondere Heraus-forderung ist der Feldlagerbau. Auch das wird praktisch geübt, vom Fundament bis zum funk-tionsfähigen Feldlagerbetrieb. Verschiedene Kräne setzen die Container von A nach B um. In einer Ecke werden Module eines Sicherungsturms aufeinander gesetzt. Dort oben werden Sol-daten im Einsatz das Camp bewa-chen. Das Modul-System haben die Pioniere selbst entwickelt und ist mittlerweile bewährt.

Zurück in der Pionierschule, Hörsaal 53. Oberstleutnant Mario Scholz ist Truppenfach-lehrer Bautechnik. Es wird eifrig

gerechnet. Denn Bauvorhaben müssen auch bei der Bundes-wehr betriebswirtschaftlich durchdacht und der Baubetrieb entsprechend organisiert sein. „Die Bautechniker müssen Kos-tenalternativen prüfen können“, beschreibt Scholz. „Ist es gün- stiger, sich fertigen Beton anlie-fern zu lassen oder ihn an Ort und Stelle selbst zu mischen?“ Er deutet auf zwei Kurven in einem Diagramm: „Hier kann man sehr schön erkennen, ab wann die Mischanlage gegen-über dem Transportbeton im Kostenvergleich günstiger ist.“

Ein Stockwerk tiefer liegen im Hörsaal Minenspürhunde zu Füßen „ihrer“ Soldaten. Die Hundeführer gehören zur Kampfmittelabwehr und müs-sen bis ins Detail Munition und Munitionsteile aus dem In- und Ausland bestimmen. „Das sieht jetzt erstmal kompliziert aus, ist es aber nicht“, sagt Stabsfeldwe-

bel Dirk Eidam und zeigt eine Grafik. „Da sehen wir sofort den Unterschied zur russischen Munition der ehemaligen Sow-jetunion.“ Oder auch, zu wel-cher Streitkraft welche Muni-tion gehört. „Vorhin haben Sie Übungsmunition gesehen, aber so etwas zum Beispiel könnte man auch in Afghanistan fin-den“, beschreibt Eidam und der Beamer zeigt ein passendes Foto. In einem für die Ausbil-dung angelegten Suchfeld wer-den die Soldaten anschließend versuchen, Munition korrekt zu erkennen. „Das dauert“, meint Eidam, „und braucht ganz viel Erfahrung.“ Denn wer sich zuerst auf neues Gebiet wagt und dort den Weg für andere freimacht, der leistet im wahrsten Sinne des Wortes „Pionierarbeit“. Der Pionier ist Soldat, Wegberei-ter, Helfer und Fachmann. Und seine Fähigkeiten werden über-all benötigt.

Lerninhalte für Pioniere

Die Pionierschule und Fachschule des Heeres für Bautechnik in Ingolstadt ist die zentrale Aus-bildungseinrichtung für die Pioniertruppe des deut-schen Heeres. Die Schule ist seit 2009 in der neu konzipierten modernen Pionierkaserne „Auf der Schanz“ in Ingolstadt stationiert.

Ausbildungsschwerpunkte:• Führerausbildung der Pioniertruppe• Ausbildung zum Bautechniker und Betonbauer• Grundlagenausbildung im Feldlagerbau• Ausbildung im Pionierdienst aller Truppen• Ausbildung zum Infrastrukturspezialisten• Schweißfachausbildung• Pioniermaschinenausbildung (z. B. Minenräumpanzer,

Fahrzeugkräne, Radlader, Planierraupen)• Ausbildung zum Pioniertaucher

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Auf dem Pionierübungsplatz: Das Übungshaus muss einiges aushalten, denn es gibt mehrere Möglichkeiten, sich Zutritt zu verschaffen. Wenn‘s nicht mehr weiter geht, helfen die Pioniere: Eine Behelfsbrücke über einen Fluss ist da die leichteste Übung.

Das Bolzenschubgerät treibt Metallbolzen in den Beton: Arbeiten wie diese muss jeder Soldat selbst gemacht haben, deshalb lernen die Offiziere ein Jahr lang praktisches Pionierhandwerk.

Der Hund als Freund und Helfer: Mit tierischer Unterstützung lernen Soldaten das Räumen von Kampfmitteln.

„Treppe um die Ecke bauen“: eine Aufgabe in der Maurerhalle.

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8 aktuell BUNDESWEHR 5. Mai 2014

Abzeichen greifbar nahMinentaucher in Eckernförde beenden ihre Freiwasserausbildung.

von Kerstin Krumm

Eckernförde. Sie haben die letzten Meter vor sich, als die Schüsse der Signalpistole über die Eckernförder Bucht hallen. Langsam löst sich die Leucht- spur über der Ostsee auf und sig-

nalisiert: Das Ziel des Abschluss-schwimmens ist erreicht. Neun Minentaucheranwärter haben sich bis hierhin durchgekämpft. Nach einer dreimonatigen Selektions-phase, in der die jungen Männer an ihre körperliche Leistungs-grenze geführt wurden sind von

ehemals 23 Anwärtern nur noch neun übrig geblieben. Regelmä-ßige Tests in Theorie und Praxis liegen hinter den Bewerbern.

Der frühe Morgen begann für die Teilnehmer mit einem 16-Kilo-meter-Lauf und endete kurz vor Mittag mit einem kurzen Zwi-

schenstopp. Danach ging es mit 18 Kilogramm Gepäck ins Was-ser. Nach mehreren Stunden errei-chen die Soldaten das Ufer. Der Kommandeur des Seebataillons, Fregattenkapitän Arne Krüger, Kameraden, Freunde und zahlrei-che Minentaucher, die eine sol-che Abschlussübung bereits hinter sich haben, versammelten sich, um die Anwärter in Empfang zu neh-men. Stabsunteroffizier Erik M. ist glücklich. Wie viele Kilometer er jetzt geschwommen sei, wisse er gar nicht. „Man schaltet einfach den Kopf aus und schwimmt.“ Im Juli sollten alle Anwärter ihre rest-lichen Lehrinhalte abgeschlossen haben, die Minentaucherausbil-dung beenden und das langersehnte Abzeichen, den Schwertfisch, ver-liehen bekommen.

Information aus erster HandHamburg. Rund 100 junge Offi-ziere der Helmut-Schmidt-Univer-sität der Bundeswehr haben ver-gangene Woche die Gelegenheit genutzt, sich über die Karriere-möglichkeiten in der Streitkräfte-basis zu informieren. Vizeadmiral Manfred Nielson, Inspekteur der Streitkräftebasis, stellte den Orga-nisationsbereich im Rahmen eines Infotages persönlich vor. Sein Ziel war es, vor zukünftigen Führungskräften für die beruf-lichen Aufstiegschancen in der Streitkräftebasis zu werben und hoch qualifizierten und motivier-ten Führernachwuchs zu bekom-men. „Es geht um die Ressource Mensch, um die besten Köpfe“, spitzte Nielson sein Anliegen in seinem Vortrag zu. Der Informa-tionstag bot neben den Vorträgen weiterer hochrangiger Referen-ten des Heeres, der Luftwaffe und der Marine am Abend schließlich noch eine Abendveranstaltung zu der Studenten und Vortragende für Gespräche zusammenkamen. (eb)

Ebola-Diagnostik in Guinea unterstütztGuinea. Zwei Wissenschaftler des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr unterstützen ein internationales Laborteam in Guinea. Zusammen mit einem Projekt der Europäischen Union sollen sie mögliche Verdachts-fälle von Ebola analysieren. Das in Guinea eingesetzte Labor wurde von der Bundeswehr entwickelt und kann jederzeit mit einem Flugzeug transpor-tiert werden. Seit 2012 wurden bereits mehrere europäische und afrikanische Teams im European Mobile Lab (EMLab) von Wis-senschaftlern aus München aus-gebildet. (tss)

Familienerholung auf der InselSeedorf. Acht Familien von aus dem Einsatz zurückgekehrten Soldaten haben kürzlich zusam-men mit der Evangelischen Mili-tärseelsorge ein Erholungswo-chenende auf Wangerooge verbracht. Gottesdienste am Strand, Ausflüge in den Natio-nalpark Wattenmeer und Kinder-betreuung standen auf dem Programm. Neben den Frei-zeitaktivitäten stand auch die Verarbeitung der Einsatzerleb-nisse der Soldaten aus Seedorf und Oldenburg im Vordergrund der Reise. Gespräche unter den Erwachsenen sollten hier hel-fen. Die Erholungswoche und das Seelsorgeprojekt werden von der Evangelischen Arbeits-gemeinschaft für Soldatenbetreu-ung unterstützt. (eb)

Das Wachbataillon hat vergan-gene Woche in Siegburg mit einem Großen Zapfenstreich Abschied von Stadt und Be-wohnern genommen. Rund 55 Jahre war es in der Nähe von Bonn stationiert. Im Zuge der Neuausrichtung der Bun-deswehr verlegte das Bataillon nach Berlin, sodass zuletzt nur noch 60 Soldaten am alten Standort verblieben waren. Eine Ära der Gemeinsamkeiten gin-ge damit zu Ende, so der Kom-mandeur des Wachbataillons, Oberstleutnant Axel Dohmen. Vizeadmiral Manfred Nielson, Inspekteur der Streitkräfteba-sis, warb vor den geladenen Gästen um Verständnis für den endgültigen Umzug nach Ber-lin. (eb) Fo

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„Blue Angel” für einen TagOberstleutnant Arne Heitzmann dreht ein paar Runden mit der berühmten US-Kunstfliegerstaffel.

Pensacola. Die Freude war Arne Heitzmann buchstäblich ins Gesicht geschrieben, als er nach seinem Flug mit den berühmten „Blue Angels“ aus der Maschine ausstieg. Der Oberstleutnant und Staffelkapitän der 2. Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel auf der Naval Air Station Pensacola glaubte, fliegerisch schon einiges erlebt zu haben. Doch nun wurde sein Erfahrungsschatz mit dem Mitflug in einer F/A-18 „Hornet“ des US-Navy Flight Demonstra-tion Teams „Blue Angels“ noch einmal bereichert.

In ihren spektakulären Flug-shows fliegen Piloten der US Navy und des US Marine Corps in engs-ten Formationen und zeigen so ihr ganzes Können. Die Einladung an Heitzmann ist auch Dank für die

erfolgreiche Zusammenarbeit der Luftwaffenausbildungsstaffel mit den Gastgebern in Florida.

Auf dem Weg ins Cockpit musste der „Chef“ beim „Boss“, wie der Flight Leader auch genannt

wird, zugeben, dass er doch ein wenig aufgeregt sei. Mit „Blue Angel 4“, dem sogenannten „Slot“ in der berühmten Diamond-For-mation und US-Marine Captain Brandon Cordill am Steuerknüppel,

erwiesen sich die Befürchtungen aber als unbegründet. Die Belas-tungen während des Fluges hin-terließen außer Schweiß und einem unbeschreiblichen Glücksgefühl keine bleibenden Spuren. (hf)

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Besonderer Mitflug: die Diamond-Formation der „Blue Angels“.

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Endlich an Land: Viele Stunden haben die Minentaucheranwärter im Wasser durchgehalten.

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5. Mai 2014 INNERE FÜHRUNG / MILITÄRGESCHICHTE aktuell 9

Zeitenwende in IndochinaMit der Niederlage in der Schlacht bei Dien Bien Phu endet vor 60 Jahren Frankreichs Kolonialherrschaft in Südostasien.

von Peter A. Popp,Offizierschule der Luftwaffe

Militärgeschichte. Nach wochenlangen Kämpfen endete am 7. Mai 1954 der Kampf um die im Nordwesten Vietnams gelegene französische Festung Dien Bien Phu. Am Ende ihrer Kräfte, beinahe ohne Munition und sonstige Versorgungsgüter, kapitulierten dort die Reste eines Großteils der französischen Kolo-nialtruppen in Indochina. Mehr als 2 000 französische Soldaten waren gefallen. Über 10 000 gin-gen in Gefangenschaft, aus der nur jeder Fünfte zurückkehrte. Es wird ferner geschätzt, dass etwa 20 000 Vietminh-Soldaten in der Schlacht starben. Diese Dimen-sionen sind gewaltig. Doch die wahre Bedeutung von Dien Bien Phu erwächst aus dem Einfluss auf die kolonialen Ambitionen Frankreichs und der anderen ver-bliebenen Kolonialmächte.

Frankreich hatte den Zweiten Weltkrieg seit 1940 zwar über-wiegend als besetztes und gespal-tenes Land erlebt, durfte aber dank angloamerikanischer Für-sprache nach dem 8. Mai 1945 mit am Siegertisch Platz neh-men. Fast auf den Tag genau neun Jahre nach Ende des Welt-krieges erlebte die Grande Nation mit der Kapitulation ihrer Trup-pen bei der Schlacht von Dien Bien Phu nun ein militärisches Debakel erster Güte.

Damit war der Anfang vom Ende des Kolonialreichs mar-kiert. Mit Indochina verlor Frank-reich sein koloniales Juwel. Spä-

ter erodierte schrittweise sein Einfluss im Nahen Osten, im Maghreb und in Westafrika. Trotz der Erfahrung des Zwei-ten Weltkrieges sah die politische Elite Frankreichs keinen Anlass, ihren kolonialen Ansatz zu über-denken. Mit Ausnahme der strikt stalinistisch orientierten Kommu-nisten hatte keine der politischen Parteien der instabilen Vierten Französischen Republik begrif-fen, dass die vollständige Land-nahme der Japaner in Indochina während des Zweiten Weltkrie-ges die „Magie“ weißer Kolo-nialherrschaft gebrochen hatte.

Ironie der Geschichte, dass gerade die Vaterfigur der viet-namesischen Unabhängigkeit

nach dem Ersten Weltkrieg Frankreich unter dem Deckna-men Ho Chi Minh bereist und sich dort im Sinne einer vietna-mesischen Autonomie – aller-dings in enger Verbindung mit Frankreich – engagiert hatte.

Die Amerikaner hatten das befreite Frankreich zunächst noch davor gewarnt, an seine koloniale Traditionslinie in Indochina anzuknüpfen. Doch diese Warnungen verhallten bald. Ab 1947, mit dem Beginn des Kalten Krieges, nahmen die USA – wie überhaupt die westliche Welt – den Prozess der Dekolonisierung primär als verdeckte kommunistische Welt-eroberung wahr.

Aus operationsgeschichtlicher Perspektive ist Dien Bien Phu des-halb so faszinierend, weil in einem bislang asymmetrisch geführten Krieg der scheinbar zur Unterle-genheit verdammte Kontrahent ausgerechnet in einer Feldschlacht dergestalt die Initiative ergriff, dass der technologisch Überle-gene schließlich unterlag. 60 000 französische Soldaten, darunter viele Fremdenlegionäre deutscher Herkunft, Thais und Kambod-schaner als Hilfstruppen, hatten sich seit Ende 1953 in dem besag-ten Talkessel zwischen der laoti-schen Mekong-Ebene und dem Hochland von Tonking eingei-gelt, um eine offene Feldschlacht mit den Rebellen der Vietminh

unter General Vo Nguyen Giap zu erzwingen.

Der Kessel erwies sich aber als tödliche Falle. Nicht zuletzt deshalb, weil es den militärisch sträflich unterschätzten Vietminh gelang, insgeheim Artillerie über weite Entfernungen auf Trampel-pfaden heranzuführen. Die franzö-sischen Truppen waren überdies schlecht motiviert und verfügten nur selten über adäquate Luft-unterstützung. Am schlimmsten wirkte indes, dass die Vietminh in der Kombination von Kommunis-mus und Nationalismus über einen ideologischen Orientierungsrah-men verfügten, der den meisten Soldaten auf französischer Seite fehlte.

Die politische Sprengkraft des Ereignisses war gewaltig. Der Erste Indochina-Krieg ging im Juli 1954 mit dem Genfer Waffenstill-standsabkommen zu Ende. Die französische Kolonie Indochina hörte auf zu bestehen. Laos und Kambodscha erlangten ihre Unab-hängigkeit zurück und Vietnam wurde entlang des 17. Breitengra-des geteilt. Den nördlichen Teil regierten die Vietminh unter Ho Chi Minh, den Süden vorläufig noch die Franzosen.

Die Teilung des Landes in zwei ideologisch gegensätzliche Blöcke barg in sich bereits den Keim für den zweiten Indochina-Krieg. Die USA würden 1964 mit der Anlan-dung eigener Truppen in Viet-nam genau den „Holzweg“ ein-schlagen, der die französischen Truppen zehn Jahre zuvor in die Niederlage von Dien Bien Phu geführt hatte.

„Die Flotte schläft im Hafen ein“Deutsches Marinemuseum Wilhelmshaven: Matrosen-Tagebücher gewähren Einblicke in den Kriegsalltag 1914-18.

Ausstellung. Mit großem finanziellen und propagandisti-schem Aufwand hatte das Kai-serreich seit 1898 am Aufbau seiner Schlachtflotte gearbeitet. Im Falle eines Krieges sollte sie in der Lage sein, die britische Marine in heimatnahen Gewäs-sern zu schlagen. Doch als der Krieg begann, entschied sich Großbritannien für eine Fern-blockade der Nordsee und ver-mied so die erwartete Schlacht.

Während vornehmlich an der Westfront in Frankreich und der Ostfront ein mörderischer Krieg entbrannte, „schlief die Flotte im Hafen ein“. Immer häufiger war dieser Spottvers auf den Stra-ßen Wilhelmshavens zu hören, dem Heimathafen der Hochsee-flotte. So berichtet es der Mat-rose Richard Stumpf, der den

gesamten Krieg über auf der SMS „Helgoland“ Tagebuch schrieb. Nach dem Krieg wur-den seine Aufzeichnungen ver-öffentlicht. Genau wie Richard

Stumpf diente auch der Ober-matrose Carl Richard Linke auf der „Helgoland“. Auch er schrieb Tagebuch, doch blieb dieses der Forschung bis 2010 unbekannt.

Erstmalig wird es mit der Son-derausstellung „Die Flotte schläft im Hafen ein“ der Öffentlich-keit zugänglich gemacht. In ihr nehmen die beiden Matrosen die Besucher mit an Bord ihres Schif-fes, der „Helgoland“, und berich-ten, wie sie den Krieg erlebten, der heute als „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts gilt.

Eingebettet in den historischen Rahmen der weltgeschichtlichen Ereignisse lernen die Besucher den Alltag der Matrosen und den der Offiziere kennen. Sie beglei-ten die Matrosen in die Skager-rakschlacht, eine der größten See-schlachten der Weltgeschichte. Vor allem aber erfahren die Besu-cher, warum diese eine Aus-nahme blieb und die Flotte auch nach 1916 nicht eingesetzt wurde. Am Ende werden die Besucher

verstehen, warum einige Matro-sen zum Ende des Krieges hin meuterten und wie der Matrose Linke schließlich in die Marine-unruhen des Jahres 1917 und die Novemberrevolution hineingezo-gen wurde.

Zur Ausstellung, die gemein-sam mit dem Militärhistori-schen Museum der Bundeswehr in Dresden konzipiert wurde, erscheint ein umfangreicher Katalog. Das Deutsche Marine-museum veranstaltet zudem ein vielfältiges Begleitprogramm, in dessen Mittelpunkt eine sze-nische Lesung aus den Tagebü-chern steht, die von der Landes-bühne Nord in Wilhelmshaven erarbeitet wird. (shu)

Mehr Informationen finden Sie auf www.marinemuseum.de.

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In Erwartung des nächsten Angriffs: Französische Soldaten während der Schlacht von Dien Bien Phu.Fo

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Zeitzeugen per Tagebuch: Die Matrosen Stumpf (l.) und Linke.

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10 aktuell SPORT 5. Mai 2014

Erfolgreiche Judo-EMDeutsche Judoka gewinnen im Einzelwettbewerb zwei Silber- und vier Bronzemedaillen.

Montpellier. Die deutschen Judoka haben am letzten Ein-zel-Tag der Europameisterschaf-ten im südfranzösischen Mont-pellier den Griff nach der ersten Goldmedaille verpasst, dafür drei weitere Bronzemedaillen errun-gen. Im Schwergewicht der Da-men über 78 Kilogramm (kg) sicherten sich Hauptgefreiter Jasmin Külbs und Franziska Konitz nach ihren verlorenen Halbfinale in den Kämpfen um Platz drei jeweils eine Bronzeme-daille. Die zweimalige EM-Drit-te Konitz bezwang die Weißrus-sin Marina Slutskaja bereits nach 21 Sekunden per Ippon. Külbs, EM-Fünfte aus dem Vorjahr, ge-wann ihr Duell gegen die Litau-erin Sandra Jablonskyte nach 2:38 Minuten ebenfalls durch die höchstmögliche Wertung.

Bei den Herren gewann Stabs- unteroffizier (FA) Sven Maresch in der Gewichtsklasse bis 81 kg die Bronzemedaille. Im kleinen Finale zeigte sich der 27-Jährige taktisch gut eingestellt gegen den sehr passiv kämpfenden Griechen Roman Moustopoulos. Bei drei Bestrafungen für beide Kämpfer ging es in die Golden-Score-Ver-längerung, die der Berliner nach 14 Sekunden für sich entschied.

Im Schwergewicht der Her-ren (über 100 kg) gewann André Breitbarth mit Bronze durch den Sieg über den Slowenen Matjaz Ceraj seine erste Einzelmedaille bei einem Großereignis im Seni-orenbereich. „Ich habe daran geglaubt, dass eine Medaille drin ist, wenn ich einen guten Tag und ein gutes Los erwische. Dass ich

das Finale knapp verpasst habe, ärgert mich natürlich schon ein wenig. Aber bei meiner ersten Europameisterschaft gleich eine Medaille zu gewinnen, ist per-fekt“, sagte der 24-jährige Han-noveraner.

Gold in der Königsdisziplin ging an Rekordweltmeister und Olympiasieger Teddy Riner, der jeden seiner vier Kämpfe per Ippon gewann. Der französische Superstar rundete den perfekten Samstag der Gastgeber ab, die in drei der fünf Entscheidungen des Tages den Sieger stellten.

Hauptgefreiter Karl-Richard Frey verpass te in der Gewichtsklasse bis 100 kg die Chance auf Bronze über den Umweg der Trostrunde. Nach seinem Sieg über den

Aserbaidschaner Elkhan Mam-madow unterlag er im Kampf um Bronze dem Franzosen Cyrille Maret.

Auch Luise Malzahn verpasste in der Klasse bis 78 kg knapp eine Medaille. Nach ihrer Nie-derlage im Halbfinale gegen die spätere Siegerin Audrey Tcheuméo (Frankreich) verlor sie auch gegen Lokalmatadorin Lucie Louette Kanning im Duell um Bronze.

Bei den deutschen Judo-Frauen lief es dennoch insgesamt bes-ser. Sie gewannen im Mann-schafts-Wettbewerb Silber. Das Team mit Mareen Kräh, Stabsun-teroffizier (FA) Miryam Roper, Martyna Trajdos, Iljana Marzok und Franziska Konitz musste sich im Finale jedoch den favorisierten

Gastgeberinnen geschlagen geben. Die deutschen Männer hat-ten zuvor durch einen Sieg im kleinen Finale über Tschechien Bronze geholt. Christopher Völk, Hauptgefreiter Alexander Wieczerzak, Marc Odenthal und Hauptgefreiter Karl-Richard Frey kamen für das DJB-Team zum Einsatz.

In den Einzelwettbewerben hatte das Deutsche Judo Team zweimal Silber durch Vizewelt-meisterin Laura Vargas Koch sowie die WM-Dritte Miryam Roper und viermal Bronze geholt. Mehr EM-Medaillen hatte ein deutsches Team nur 1998 in Oviedo, Spanien, geholt. Den letz-ten Einzeltitel gewann die Leip-zigerin Heide Wollert 2008 in Lissabon. (sid/eb)

Zwei Goldmedaillen für deutsche SeglerDeutsches Segel Team erzielt beim Sailing World Cup sieben Top-Ten-Platzierungen.

Hyeres. Beim International Sailing Federation World Cup in Frankreich hat die deutsche Segel-Nationalmannschaft zwei Gold-Medaillen errungen. Im südfranzösischen Hyères star-teten 38 deutsche Seglerinnen und Segler in acht olympischen Klassen. Bereits am vorvergan-genen Freitag errang der Para-lympics-Sportler Heiko Kröger einen souveränen ersten Platz. Einen Tag später zog Olym-pia-Surferin Moana Della nach und eroberte ebenso das Podest.

Insgesamt erzielte das Audi Sailing Team Germany sieben Top-Ten-Platzierungen. Nach den beiden Goldmedaillen schaff-ten es Tina Lutz und Hauptgefrei-ter Susann Beucke im „49erFX“ auf den 5. Platz. Hauptgefreiter Dustin Baldewein und Gefreiter

Jan-Jasper Wagner erreichten im „470er“ den 10. Platz.

Zuverlässig wie immer hat Heiko Kröger eine Goldmedaille errungen. „Es war ein sehr dich-tes Rennen gegen Damien Seguin aus Frankreich, spannender kann es gar nicht mehr sein. Es hat

richtig Spaß gemacht. Jetzt bin ich fertig, wie eine gestrickte Mütze.“

Moana Delle erreichte bei ihrem letzten World Cup in ihrer Karriere ein krönenden Abschluss: „Dass mir das gelun-gen ist, kann ich gar nicht glau-

ben, ein vergoldeter Abschied. Ich danke meinem großartigen Team.“ Auch deswegen trete sie ohne Wehmut ab. Künftig will sich die deutsche Meisterin von 2008 und 2009 auf ihr Studium konzentrieren.

Gefreiter Jan-Jasper Wagner und Dustin Baldewein konnten sich am Finaltag im Medal Race durchsetzen „Wir hatten nichts zu verlieren und unsere Strategie ist aufgegangen. Schade allerdings, dass wir uns in der Gesamtwer-tung dennoch nicht verbessert haben. Wir werden weiter hart arbeiten und freuen uns schon auf die kommenden Wettkämpfe“.

Nach dem eher schwachen Ergebnis im ersten World Cup hat das deutsche Team wieder Fuß gefasst und sich in der Welt-elite Respekt verschafft. (dsv)

Bogenschützen mit perfektem AuftaktBogenschießen. Stabs- unteroffizier (FA) Elena Richter hat den deutschen Bogenschützen einen hervorra-genden Start in die Freiluftsai-son beschert. Beim Weltcup mit dem olympischen Recurvebogen am vorvergangenen Sonn-tag in Shanghai setzte sich die 24-Jährige im Finale gegen die WM-Zweite Jing Xu aus China durch. (wt/cl)

Dritter Platz beim dritten SpringenTurmspringen. Die Wasser-sprung-Weltmeister Haupt-feldwebel Sascha Klein und Stabs unteroffizier (FA) Patrick Hausding haben am vorvergange-nen Freitag beim dritten Saison-wettbewerb in London im Syn-chronspringen vom Turm den dritten Platz erreicht. Der Sieg ging an die favorisierten Chine-sen Yang Jian/Chen Aisen vor Alexander Bondar/Maxim Dol-gow aus der Ukraine. (sid)

Erfolgreiche Fecht-Weltcups Fechten. Unteroffizier (FA) Benedikt Wagner, Hauptgefreiter Matyas Szabo, Hauptgefreiter der Reserve Max Hartung und Nicolas Limbach haben beim Fechtweltcup in Athen den ersten Platz mit der Mannschaft im Her-rensäbel errungen. Damit kann der Deutsche-Fechter-Bund auf ein erfolgreiches Weltcup-Wo-chenende zurückblicken. Neben dem Erfolg der Säbel-Herren glänzten Britta Heidemann und Stabsgefreiter Ricarda Multerer mit den Positionen Drei und Sie-ben beim Grand-Prix in Xuzhou (China). Unteroffizier (FA) Mo-nika Sozanska schaffte es bis in das Achtelfinale und belegte Rang Zehn. Die Florett-Män-ner Oberfeldwebel Sebastian Bachmann und Unteroffizier (FA) André Sanita wurden in einer neuformierten Mannschaft beim Weltcup in Seoul am Ende Dritter. (ma/mh)

Deutsche Kleinboot-Meisterschaften Rudern. Achter-Olympiasieger Stabsunteroffizier (FA) Richard Schmidt und Unteroffizier (FA) Felix Drahotta haben bei den deutschen Kleinbootmeister-schaften in Köln im Zweier ohne Steuermann ungefährdet den ers-ten Platz belegt. Hauptgefreiter Philipp Wende hat im Einer auf der olympischen Wettkampfdis-tanz über 2000 Meter den dritten Platz erreicht. (mh/ma)

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Auf‘s Kreuz gelegt: Hauptgefreiter Karl-Richard Frey holt Bronze mit der deutschen Mannschaft.

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Sieg am Finaltag: Dustin Baldewein und Jan-Jasper Wagner.

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5. Mai 2014 VERMISCHTES aktuell 11

Mutter, wir danken Dir!Am kommenden Sonntag macht der Blumenhandel den Umsatz des Jahres – es ist Muttertag.

von Alexander Linden

Berlin. Dunkelheit, Wärme und eine Geräuschkulisse aus perma-nentem Rauschen, wiederkehren-dem Kauderwelsch und einem rhythmischen Schlagen. So in der Art sehen die ersten neun Lebens-monate eines jeden Menschen aus. Es ist eine Phase, in der wir so verletzlich und gleichzeitig so gut geschützt sind, wie nie wie-der in unserem späteren Leben. Und das alles hängt, im wahrsten Sinne, an einer einzigen Person: der Mutter.

Unabhängig davon, wie der Einzelne zu seiner Mutter steht, ob gut, schlecht oder sie viel-leicht auch gar nicht kennt, die Beziehung zu dieser ersten Frau im Leben eines Menschen ist und bleibt besonders. Darum hat sich im 20. Jahrhundert ein Ehren-tag für diese Person etabliert, der in mehr als 70 Ländern in aller Welt am zweiten Sonntag im Mai gefeiert wird. Andere Län-der kennen den Feiertag eben-falls, legen ihn jedoch auf ein anderes Datum.

Der Ursprung liegt in den Ver-einigten Staaten von Amerika. Im 19. Jahrhundert wurden dort im Zuge der Frauenbewegung Ini-tiativen ins Leben gerufen, die sich um die Belange von Müttern kümmerten. Insbesondere richte-ten sie sich gegen Krieg und den Verlust von Söhnen. Das damit verbundene Leid der Mütter stand im Fokus. Nach der Jahrhun-dertwende zogen die Initiativen innerhalb der USA immer wei-tere Kreise, sodass der Kongress

1914 die „Joint Resolution Desi-gnating the Second Sunday in May as Mother’s Day“ erließ. So wurde unter Präsident Woodrow Wilson der Muttertag erstmals als landesweiter Feiertag begangen.

Die Idee, einen Ehrentag für Mütter einzurichten, fand auch international Anklang. In Europa übernahm zunächst England den „mothers day“, später auch die Schweiz, Skan-dinavien und in den 20er Jahren auch Österreich und Deutsch-land. Hier war es der „Verband der Blumengeschäfteinhaber“, der 1922/23 entsprechende Werbekampagnen mit Plakaten in den Schaufenstern der Flo-risten startete. Betont unpoli-tisch sollte ein Tag der Blumen-grüße sowohl den Müttern als auch den Geschäften leuchtende Augen bescheren.

Der Bruch kam mit der Zeit des Nationalsozialismus. Die Instrumentalisierung und Über-höhung der Mutter als Basis für das Wachstum der „Herrenrasse“ fand ihren Ausdruck in der Ein-richtung eines öffentlichen Fei-ertages und Auszeichnungen wie dem „Ehrenkreuz der deutschen Mutter“, das in drei Stufen an kinderreiche Frauen verliehen wurde. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Mutter-tag in Deutschland nicht mehr gesetzlich verankert und basiert wieder auf Absprachen der Wirt-schaftsverbände. Für Blumenlä-den gelten jedoch regional teil-weise Sonderregeln bezüglich der Öffnungszeiten.

Ob der Muttertag nun gefeiert wird oder nicht, die Mutter ist in allen Kulturen und zu allen Zeiten eine herausragende Per-

son. Schon aus der Frühzeit der Menschen sind stilisierte Mut-terfiguren erhalten, die auf eine Verehrung einer Urmutter oder Muttergottheit schließen lassen.Die ältesten Skulpturen werden auf ein Alter von 35 000 Jahren geschätzt. Kennzeichnend für die Darstellung sind die weibli-chen Merkmale besonders fülli-ger Körper und der Betonung der weiblichen Brust. Im Gegensatz zum westlich-modernen Schön-heitsideal ist es hier jedoch die eher hängende Brust der nähren-den Mutter, die dargestellt und verehrt wird. Auch heute gilt die-ses Ideal noch in stärker der Natur verbundenen Kulturen, vor allem in Afrika und Südamerika.

Das deutsche Wort „Mutter“ kommt vom indogermanischen „mater“. Aus dieser europäi-schen Ursprache entwickelten sich die heutigen europäischen Sprachen, weshalb die entspre-chende Übersetzung des Wortes „Mutter“ meistens irgendwie ähnlich klingt. Noch weiter geht die Verbreitung der Form „Mama“, da diese Laute sprach- unabhängig relativ leicht und daher schon früh vom Kind gebil-det werden können. Im Lateini-schen übrigens bezeichnet die Vokabel „mamma“ die weibli-che Brust.

Die gesellschaftliche Stellung der Mutter ist hierzulande Gegen-stand kontroverser Diskussionen, zwischen Karriere und Gleich-berechtigung von Mann und Frau. Aber für die meisten ist sie sicherlich nach wie vor eins: Die wichtigste Frau im Leben.

Musik vereint NationenDie Militärmusiker der NATO-Staaten rufen wieder zu ihrem größten Festival.

Mönchengladbach. Am 24. Mai wird Mönchenglad-bach zum „Mekka“ für Freun-de hochkarätiger Militärmu-sik. Zum 28. Mal werden beim NATO-Musikfest, Deutsch-lands einzigem Open-Air- Militärmusikfest, professionelle

Militärbands aus verschiedenen Nationen mit mitreißender Musik und ausgefeilten Choreographien die Ränge zum Swingen bringen. Der Leiter des Militärmusik-dienstes der Bundeswehr, Oberst Michael Schramm, wird durch das Festival führen.

Die einmalige und immer wie-der faszinierende Mischung aus internationalen Formationen, darunter ein Musikkorps der Bundeswehr, und Bands, die ausschließlich mit Berufsmusi-kern besetzt sind, ist abwechs-lungsreich und hat für jeden musikalischen Geschmack etwas zu bieten. Neben populären Titeln aus Popmusik und Klassik wird ein authentisch historischer Teil des jeweiligen Landes vor-gestellt. Für spektakuläre Höhe-punkte im spannenden Showpro-gramm sorgen unter anderem die Drillvorführungen des Wachba-taillons. Zum krönenden Finale wird „großes Theater“ geboten, wenn das traditionelle Feuerwerk synchron zur Musik den Himmel über dem Stadion in knallenden Farben erstrahlen lässt. (eb)

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Feuer frei: Das NATO-Militärmusikfest brennt eine große Show ab.

Scorpions ziehen sich selbst den StachelCD. Ver-g a n g e -nes Jahr nahm die internati-onal wohl populärs-te deutsche Rockband ein ganz besonderes Live-Event in An-griff: ihre erste MTV Unplug-ged-Show! Unter dem freien Himmel im Lycabettus Theater von Athen stöpselten die Scor-pions ihre Verstärker aus und spielten auf diese ungewohn-te Art mit einem Orchester und den Special Guests Morten Har-ket, Johannes Strate & CÄTHE. Ab sofort gibt es die neue „Li-mited Tour Edition“, die neben den zwei CDs und der DVD der Standardversion nun auch eine zusätzliche CD enthält, für die die Akustiksongs neu im Studio aufgenommen wurden. Ein Muss also für alle Rockfans. (eb)

Staatliche Hilfe für BienenApp. Die Bür-ger sollen sich für ihre Gärten und Balkone mehr bienen-f reundl iche Pflanzen an-schaffen. Das ist zumindest die Idee des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirt-schaft. Denn Bienen sind wichtig für Ernteerträge und Artenviel-falt. Die Initiative „Bienen füt-tern“ hat das Ziel, die Bevölke-rung stärker für die Bedeutung der Bienen zu sensibilisieren. Dem Verbraucher soll es zu-dem einfacher gemacht werden, bienenfreundliche Pflanzen im Geschäft zu erkennen. Die über-arbeitete Bienen-App des Minis-teriums bietet dazu ein Lexikon mit mehr als hundert Pflanzen und Pflegetipps und klärt über Bienen und Co. auf. (eb)

Zu finden ist die App unter: www.bmel.de

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Ewig Mutter: „Venus von Dolní Věstonice“ und „Mutter mit totem Sohn“ von Käthe Kollwitz (Neue Wache Berlin).

Gewinnauslosung

aktuell 14/2014: Je ein Buch „Breaking News“ geht an Bernhard Chiari und Jens Ginschel.

aktuell 15/2014: Je ein Buch „Vegan in Topform – Das Kochbuch“ erhalten Sus-anne Loof und Sascha Sendzek.

Das Grillpaket gewinnt Kay W. Eichin.

Herzlichen Glückwunsch!

NATO-Musikfest 2014Datum: 24. Mai 2014

Uhrzeit: Einlass: 18.30 Uhr; Vorprogramm: 19.00 Uhr; Beginn: 20.00 Uhr

Ort: Borussia-Park, Mönchengladbach; Hennes-Weisweiler-Allee 1,41179 Mönchengladbach

Preise: Zwischen 15 Euro (Stehplatz) und 99 Euro (Busi-nesssitz inklusive Catering und Parkplatz)

Alle weiteren Informationen unter www.nato-musikfest.de

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12 aktuell VERMISCHTES 5. Mai 2014

Oldenburg. Es ist ein ru-higer Montag Abend, als die drei Oberfeld-webel Mathi-as Niedzielski, Aleksander Kannengießer und Jan Röhe (Foto v. l.) durch Olden-burg in Holstein fahren. Plötzlich entdecken sie Rauch, der aus ei-nem Gebäude dringt. Den Solda-ten der 3. Kompanie des Spezi-alpionierbataillons 164 ist sofort klar, dass es hier brennt.

„Wir haben uns quasi wortlos verstanden. Ich habe die Feuer-wehr alarmiert, die beiden ande-ren die Anwohner gewarnt“, erzählt Röhe. Als die ersten Män-ner der Freiwilligen Feuerwehr eintrafen, wiesen die Soldaten sie ein und unterstellten sich deren Kommando. „Wir haben den ers-ten Schlauch zum Hydranten ver-legt, dann beim Öffnen und der Inbetriebnahme der Wasserver-sorgung unterstützt“, beschreibt Röhe die Hilfe der drei.

Als eine Wohnung durch den Brand bedroht wird, ist der Pio-nier schnell bei der Hand. „Ich habe die Tür kurzerhand eingetre-ten.“ So konnte der Feuerwehr-

trupp schneller in das Gebäude eindringen und den schwer ver-letzten Bewohner herausholen.

Drei Tage später ruft ihr Kom-paniechef, Hauptmann Renke Willers, die Helfer beim Antre-ten nach vorne. Hoher Besuch ist eingetroffen. Oldenburgs Bürger-meister Martin Voigt ist gekom-men, dazu der stellvertretende Vorsitzende des Landesfeuer-wehrverbandes, Ralf Thomsen, und der Wehrführer der Frei-willigen Feuerwehr Oldenburg, Marco Kleinschmidt. Thomsen hat drei Urkunden in den Hän-den und zeichnet die Oberfeld-webel mit dem schleswig-holstei-nischen Feuerwehr-Ehrenkreuz in Bronze aus. „Eigentlich war es uns schon fast etwas unan-genehm, dass die Geschichte so große Kreise zieht“, gesteht Röhe, „aber gefreut hat man sich doch.“ (afl)

Ausgewählte Medienbeiträge7. Mai, 21:55 Uhr, ARD:„Bedingt abwehrbereit – Die Geschichte hinter der „Spie-gel“-Affäre; Die Bundeswehr im Kalten Krieg“Die Spiegel-Affäre im Okto-ber 1962 ereignete sich auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges und zählt zu den politischen Mei-lensteinen der noch jungen Bun-desrepublik Deutschland. Die Dokumentation rekonstruiert, wie der Streit über die atomare Bewaffnung der Bundeswehr und die persönliche Feindschaft zwi-schen dem damaligen Verteidi-gungsminister Franz Josef Strauß und dem Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein schließlich in der Spiegel-Affäre eskalierte.

Youtube-Video der Woche:Ihre Stimme kennen viele Solda-ten aus dem Einsatz, ihr Gesicht nur wenige. Oberfeldwebel Stefanie Pietsch ist Redakteurin und Moderatorin bei Radio Ander-nach. Der Truppenbetreuungssen-der der Bundeswehr ist für die Soldaten im Einsatz und deren Familien zu Hause ein wichti-ges Bindeglied. Seit vielen Jah-ren senden die Soldaten aus der Eifel Grüße, Nachrichten und die aktuellen Charts in die Einsatzge-biete der Bundeswehr. (eb)

Feuer und FlammeOberfeldwebel Jan Röhe zeigt mit zwei Kameraden Mut gegenüber einem natürlichen Feind.

Was ist Ihr höchstes Gut?Meine Familie.

Wie können Sie am besten entspannen?Wenn ich einfach mal im Sonnenschein auf meiner Terrasse sitzen kann.

Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?Ich würde gerne Gedanken lesen können.

Was können Sie besonders gut kochen?Gulasch.

Was wäre Ihre berufliche Alternative?Bauingenieur.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem anderen Menschen am meisten?Verlässlichkeit und Respekt.

Welches Lied singen oder hören Sie gern?Die Band „Torfrock“ mit ,,Das muss kesseln“.

Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen?Zu einem guten Eis, aber bitte italienischer Art.

Wo möchten Sie am liebsten leben?Kanada.

Was wäre für Sie das größte Unglück?Wenn ich meine Familie verlieren würde.

Wer sind Ihre Helden in der Wirklichkeit?Menschen, die Leben retten.

Wie lautet Ihr Lebensmotto?Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.

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Sehen Sie den Filmbeitrag

„WDD Radio Andernach“ unter

www.youtube.com/bundeswehr.