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© Berghold/Schaffert 2012 125 6. Die akute Höhenkrankheit 6.1. Erscheinungsformen der akuten Höhenkrankheit 6.1.1. Milde Form der akuten Höhenkrankheit (AMS) 6.1.2. Cerebrale Form der akuten Höhenkrankheit (HACE) 6.1.3. Pulmonale Form der akuten Höhenkrankheit (HAPE) 6.2. Inzidenz und Prävalenz 6.3. Disposition, Risikofaktoren und Auslöser 6.3.1. Risikofaktoren der akuten Höhenkrankheit 6.3.2. Auslösende Faktoren der akuten Höhenkrankheit 6.4. Latenzzeiten 6.5. Pathophysiologie 6.5.1. Höhenkopfschmerz (High Altitude Headache, HAH) 6.5.2. Schlafassoziierte Atemstörungen 6.5.3. Höhenhirnödem (HACE) 6.5.4. Höhenlungenödem (HAPE) 6.5.5. Re-entry Pulmonary Edema 6.6. Symptomatologie 6.6.1. Leitsymptom Höhenkopfschmerz 6.6.2. Leitsymptom Ataxie 6.6.3. Leitsymptom plötzlicher Leistungsabfall 6.6.4. AMS 6.6.5. Höhenhirnödem (HACE) 6.6.6. Höhenlungenödem (HAPE) 6.7. Lake-Louise-Scoring-System

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6. Die akute Höhenkrankheit

6.1. Erscheinungsformen der akuten Höhenkrankheit

6.1.1. Milde Form der akuten Höhenkrankheit (AMS)

6.1.2. Cerebrale Form der akuten Höhenkrankheit (HACE)

6.1.3. Pulmonale Form der akuten Höhenkrankheit (HAPE)

6.2. Inzidenz und Prävalenz

6.3. Disposition, Risikofaktoren und Auslöser

6.3.1. Risikofaktoren der akuten Höhenkrankheit

6.3.2. Auslösende Faktoren der akuten Höhenkrankheit

6.4. Latenzzeiten

6.5. Pathophysiologie

6.5.1. Höhenkopfschmerz (High Altitude Headache, HAH)

6.5.2. Schlafassoziierte Atemstörungen

6.5.3. Höhenhirnödem (HACE)

6.5.4. Höhenlungenödem (HAPE)

6.5.5. Re-entry Pulmonary Edema

6.6. Symptomatologie

6.6.1. Leitsymptom Höhenkopfschmerz

6.6.2. Leitsymptom Ataxie

6.6.3. Leitsymptom plötzlicher Leistungsabfall

6.6.4. AMS

6.6.5. Höhenhirnödem (HACE)

6.6.6. Höhenlungenödem (HAPE)

6.7. Lake-Louise-Scoring-System

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6.8. AMS-Score für Kleinkinder

6.9. Neuropsychische Veränderungen

6.9.1. Führt wiederholter Höhenaufenthalt zu Gehirnschäden ?

6.9.2. Was ist der „Höhenrausch“ ?

Bhutan

Höhenkrankheit ist kein schicksalhaftes Ereignis. Höhenkrankheit tritt oberhalb 2500

m Schlafhöhe immer dann auf, wenn der Hypoxiestress die Akklimatisation überflü-

gelt. Wenn die physiologische Höhenakklimatisation „kippt“, wird man höhenkrank.

Jeder kann höhenkrank werden, wenn er nur schnell g enug höhersteigt. Im

Prinzip ist daher auch jeder selbst schuld, wenn er höhenkrank wird.

Unter dem Sammelbegriff akute Höhenkrankheit versteht man an sich alle Anpas-

sungsstörungen an subakut einwirkende hypobare Hypoxie. Da die definitiven patho-

physiologischen Mechanismen noch unbekannt sind, sind auch Terminologie und

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gängige Klassifikationen einigermaßen uneinheitlich und manchmal sogar verwir-

rend. Vier höhenbedingte Syndrome stehen im Vordergrund:

• Milde („benigne“) akute Höhenkrankheit (AMS)

• Höhenlungenödem (HAPE)

• Höhenhirnödem (HACE)

• Chronische Höhenkrankheit (Chronic Mountain Sicknes s CMS oder

Monge`s Disease).

Da CMS ein Phänomen der Höhenbewohner darstellt (v.a. in den Anden), ist sie für

die touristische Höhenmedizin nicht relevant. Darüberhinaus gibt es zahlreiche weite-

re Gesundheitsstörungen, die für das Höhenbergsteigen typisch sind und die auch

häufig als akute Höhenkrankheit fehlinterpretiert werden (siehe Kapitel 8).

Genaugenommen sind die unterschiedlichen Auswirkungen der subakuten Hypoxie

ja nicht so ohne weiteres verständlich, wenn man nämlich bedenkt, dass ja alle Men-

schen in großen Höhen hypoxisch sind, jene mit AMS aber bloß etwas hypoxämi-

scher sind als solche, die sich dort oben wohl fühlen. Außerdem besteht eine uner-

klärliche Zeitverzögerung zwischen der Einwirkung der subakuten Hypoxie und dem

Auftreten der akuten Höhenkrankheit. Ganz im Gegensatz zum Syndrom der akuten

Hypoxie, wo plötzliche Höhenexposition zum sofortigen Tod durch Hypoxie führen

kann (siehe 2.2), während aus einer weniger rasch einwirkenden Hypoxie entweder

AMS, HAPE, HACE oder eben gar keine Gesundheitsstörung resultiert.

Wo endet also subakute Hypoxie und wo beginnt AMS? Vielleicht, so meint etwa

Hackett, steht subakute Hypoxie am einen Ende des Reaktionsspektrums, irgendwo

in der Mitte AMS und am anderen Ende finden sich HAPE und HACE. Alle diese Er-

scheinungen treten in Minuten bis Tagen nach Höhenexposition auf, besitzen etli-

che Gemeinsamkeiten und reagieren vor allem alle charakteristischerweise auf Ab-

stieg und Sauerstoffatmung.

Man kann jedenfalls davon ausgehen, dass die gemeinsame Ursache aller Formen

der akuten Höhenkrankheit in einer fehlgeschlagenen Akklimatisation liegt, vor allem

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in einer individuell zu geringen Ventilationssteigerung (relative Hypoventilation). Die

Folgen: Ausgeprägtere Hypoxämie, höherer Pulmonalarteriendruck, höherer intrakra-

nieller Druck und Flüssigkeitsretention.

Während heute über Diagnose, Therapie und Prävention der akuten Höhenkrankheit

weitgehende Klarheit herrscht, werfen Pathophysiologie, individuelle Anfälligkeit und

allfällige Querverbindungen der einzelnen Formen zueinander noch zahlreiche offe-

ne Fragen auf.

6.1. Erscheinungsformen der akuten Höhenkrankheit

Man unterscheidet drei Formen der akuten Höhenkrankheit bzw. eine „benigne“ und

zwei „maligne“ Formen der akuten Höhenkrankheit. Mögliche Zusammenhänge zwi-

schen diesen Formen sind heute noch weitgehend unklar.

6.1.1. Milde („benigne“) Form der akuten Höhenkrankheit (A MS)

AMS, die sog. milde akute Höhenkrankheit, tritt von allen Formen am häufigsten auf,

und zwar vornehmlich in Höhen zwischen 2500 und 6000 m, also auch in den Alpen.

Im Gegensatz zu außeralpinen Höhenregionen verläuft AMS in Europa nur selten

dramatisch, weil meist in kürzester Zeit ein Abstieg in tiefere Lagen möglich ist.

6.1.2. Cerebrale Form der akuten Höhenkrankheit (HACE)

HACE, das Höhenhirnödem, galt früher als das „Endstadium“ von AMS. Tatsächlich

ist aber HACE eine Enzephalopathie im Sinne gerneralisierter neurologischer Phä-

nomene, was auf AMS definitiv nicht zutrifft. AMS und HACE beruhen daher vermut-

lich nicht auf einer gemeinsamen Pathogenese.

6.1.3. Pulmonale Form der akuten Höhenkrankheit (HAPE)

HAPE, das Höhenlungenödem, kommt vornehmlich in Höhen zwischen 2500 und

6000 m vor. HAPE ist die häufigste Todesursache der akuten Höhenkrankheit.

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Abb 20: HAPE in Absolutzahlen in verschiedenen Höhen

HAPE beginnt oft charakteristischerweise in der zweiten Nacht in einer neuen Höhe

bzw. in der vierten Nacht nach Überschreiten der Schwellenhöhe und kann völlig

unabhängig von AMS / HACE auftreten, häufig aber auch gemeinsam mit diesem.

Autopsien von an HAPE Verstorbenen wiesen in 50 % der Fälle HACE auf. Das be-

vorzugte nächtliche Auftreten von HAPE dürfte auf die im Schlaf erhöhte Hypoxämie,

aber auch darauf zurückzuführen sein, dass eine waagrechte Oberkörperposition zu

einer zusätzlichen PaP-Erhöhung führt. Nach mehr als vier Tagen im selben Höhen-

bereich besteht praktisch kein HAPE-Risiko mehr.

Zwei weitere hypoxiebedingte Erkrankungen in der Hö he sind die peripheren

Höhenödeme (High Altitude Local Edema, HALE ) sowie die hypoxiebedingten Reti-

nablutungen (High Altitude Retinal Haemorrhage, HARH) (siehe 8.1. und 8.2.). Beide

Phänomene sind an sich harmlos, gelten aber als Warnhinweise auf einen mögli-

cherweise nicht reibungslos verlaufenden Akklimatisationsprozess.

6.2. Inzidenz und Prävalenz

Die Inzidenz aller Formen der Höhenkrankheit steigt mit zunehmender Seehöhe zwar

generell an, weist aber beträchtliche geografische Unterschiede auf, und zwar in Ab-

hängigkeit von den konkreten Umständen des Aufstieges.

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Die Häufigkeit von AMS liegt weltweit im Durchschnitt wahrscheinlich bei rund 30 bis

50 %. In den Alpen wurde eine Inzidenz von 9 % auf 2850 m, 13 % auf 3050 m und

34 % auf 3650 m festgestellt. Rund 66 % derjenigen, die den Mt.Rainier (4.800 m,

USA) besteigen, und etwa 47 % der Everest-Trekker bekommen AMS. Insgesamt

liegt die AMS-Inzidenz bis zu 3500 m bei etwa 25 % und oberhalb von 4000 m bei

über 40 %.

Dass auch die geografische Breite maßgeblich ist, zeigen Beobachtungen am

Mount McKinley (Alaska): rund 30 % entwickeln dort AMS, 2-3 % ein Höhenödem.

Bei einem Kurzzeitaufenthalt auf 4559 m Höhe fand man unter starker körperlicher

An-strengung bei 15 % gesunder Personen ein mildes HAPE. Tieflandbewohner, die

mit der berühmten Andenbahn von Lima in wenigen Stunden nach Cerro de Pasco

(4300 m) fahren, weisen am nächsten Morgen nahezu ausnahmslos AMS-Sympto-

me auf.

HAPE ist zwar relativ selten. Die Datenlage ist aber weltweit sehr unzuverlässig und

unterschiedlich.

HAPE und HACE weisen bezüglich Morbidität (HAPE ca. 0.7 %, HACE ca. 0.3 %)

und Letalität (HAPE ca. 24 %, HACE ca. 40 %) deutliche Unterschiede auf, auch weil

HAPE sich bei richtigen Sofortmaßnahmen in der Regel klinisch innerhalb von weni-

gen Stunden bessert, während das klinische Bild eines HACE therapeutisch auch

durch raschen Abtransport nur sehr langsam beeinflussbar ist. Ob HACE tatsächlich

viel seltener auftritt als HAPE, ist allerdings umstritten. HACE verläuft ungleich öfter

mit tödlichem Ausgang: Die Mortalität beträgt bei raschem Abtransport 70 %, ohne

Abtransport 100 %. Bei kombinierten Höhenödemen liegt die Mortalitätssrate be-

sonders hoch.

Zwei weitere interessante Feststellungen: In Nepal geschehen 80 % aller tödlich

verlaufenden HAPE / HACE-Fälle auf organisierten Trekkingtouren, obwohl an sol-

chen nur etwa 40 % aller Trekkingtouristen teilnehmen. Dieser bemerkenswerte Um-

stand weist darauf hin, dass innerhalb von Gruppen eine größere Tendenz zum Ig-

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norieren, Bagatellisieren und Verheimlichen von Frühzeichen der akuten Höhen-

krankheit besteht als bei Individualtouristen.

Eine Untersuchung von Gesundheitsproblemen bei Trägern und Trekkingtouristen in

Nepal ergab, dass bei einer totalen Inzidenz von 45 % (n = 155) jene von Trägern 77

%, von Trekkern 17 % und der Begleitmannschaft (Sherpas, Köche) 7 % betrug. Im

Vordergrund standen dabei Atemwegsinfekte (12 %), AMS (8 %), Gastroenteritiden

(6 %), Angstsyndrome (3 %), Skabies (3 %), Schneeblindheit (3 %), akute Alkohol-

vergiftung (2 %), Konjunktivitis (2 %) u.a.m.

Die Ursachen liegen auf der Hand: Einheimische wissen meist überhaupt nicht über

Höhenkrankheit Bescheid, es gibt sprachliche Mitteilungsbarrieren, und als sozial

völlig schutzlose Träger fürchten sie um ihren Job. Dazu kommt, dass sie miserabel

ernährt und schlecht gekleidet sind sowie Schwerstarbeit unter enormen Anstrengun-

gen leisten müssen, das heißt sehr oft viel zu schwere Lasten tragen. Zudem ist die

gelegentliche so genannte Trägerversicherung miserabel und völlig unzureichend.

Höhenkranke Träger werden von ihren Führern, die ja aus einer privilegierten sozia-

len Schicht stammen (z.B. Sherpas), meist brutal zurückgelassen und sind dann

weitab von ihrem Zuhause hilflos ihrem Schicksal ausgeliefert, ohne dass die Tou-

risten, für die sie sich abgerackert haben, davon überhaupt etwas mitbekommen.

Interessante Beobachtungen bezüglich der Inzidenzentwicklung wurden zwischen

1986 und 1995 in Nepal gemacht, in einem Zeitraum, in welchem eine kontinuierlich

starke Zunahme des Höhentourismus verzeichnet wurde: Während die Inzidenz von

AMS von 14.8 % auf 24.8 % zunahm, blieb die Inzidenz von HAPE (2.1 %) bzw.

HACE (1.9 %) unverändert. Diese Stabilisierung im Auftreten von lebensgefähr-

lichen Formen der akuten Höhenkrankheit wird auf eine massiv verstärkte Aufklä-

rung gegenüber Höhentrekkern und Einheimischen zurückgeführt (?).

Die Inzidenz von AMS/HAPE/HACE korreliert nicht mit der VO2max, dem Trainingszu-

stand, dem Blutdruck, der Ernährung, dem Zigarettenrauchen oder dem Lebensalter,

wohl aber zum Teil mit der individuellen hypoxischen Atemantwort (HVR) und mit

dem Bergziel bzw. der Steiggeschwindigkeit.

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Bei AMS und HACE finden sich in den meisten Studien keine geschlechtsspezifi-

schen und bei Frauen außerdem keine zyklusabhängigen Unterschiede. Dennoch

beobachtet man, dass die Höhe von Frauen grundsätzlich besser vertragen wird

als von Männern (Progesteron?).

HAPE in mittleren Höhen? Vereinzelt wird - vor allem in den Alpen - von HAPE-

Fällen in Bereichen unterhalb der Schwellenhöhe (2500 m) berichtet. Ob hier tat-

sächlich die charakteristischen Kriterien eines Höhenlungenödems erfüllt sind oder

ob es sich dabei doch eher um Pulmonalereignisse anderer Genese handelte, ist

umstritten. Eindeutige Nachweise sind nämlich deshalb sehr schwierig, weil die Diag-

nostik in der Regel retrospektiv erfolgen musste.

6.3. Disposition, Risikofaktoren und Auslöser

Es gibt große individuelle, genetisch bedingte Dispositionsunterschiede. Aber jeder

Mensch kann bei entsprechender Aufstiegsgeschwindigkeit und in der entsprechen-

den Höhe höhenkrank werden. Personen, die schon öfter AMS, HACE oder HAPE

erlitten, bleiben auch weiterhin besonders anfällig.

Der neben der individuelle Reaktion auf Hypoxie wichtigste Risikofaktor ist die Ge-

schwindigkeit des Aufstiegs (rate of ascent) (siehe Kapitel 4). So weisen Trekker

auf dem Weg zum Everest, die mit dem Flugzeug nach Lukla (2850 m) fliegen, spä-

ter doppelt so häufig AMS auf als solche, die von Jiri (1900 m) aus zu Fuß nach

Lukla aufsteigen (47 zu 23 %) (Abb 21). Rund 30 % aller Trekkingtouristen in Nam-

che Bazaar (3400 m) sind höhenkrank. 1.6 % der nach Lukla geflogenen und 0.05 %

der dorthin zu Fuß aufsteigenden Touristen entwickelten später auf 4243 m (Pheri-

che) ein Höhenödem.

Basnyat wies auf dieser berühmten Trekkingroute zum Everest-Basislager höchst

aufschlussreiche Korrelationen zwischen der Aufstiegsrate und dem AMS-Risiko

nach: Während zwar das Nichteinhalten der üblichen zwei Akklimatisationstage in

Namche Bazaar (3435 m) das AMS-Risiko um etwa 80 % erhöhte, brachte ein Mehr

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an Aufenthaltstagen in Namche später keinen statistisch signifikanten Akklimatisa-

tionsgewinn.

Für diese Route werden - abgesehen von den erwähnten zwei Nächten in Namche -

zwischen Lukla (2800 m) und Pheriche (4243 m) zwischen 3 und 8 Tage verwendet.

Dabei stellte sich heraus, dass jeder zusätzliche Tag eine lineare Risikominderung

von im Mittel 18,7 % bedeutete (Abb 22):

Abb 21: Höhenprofil der Everest-Route.

Abb 22: Minderung des AMS-Risikos von 18.7 % bei jedem zusätzlichen Tag zwischen Lukla und Pheriche (nach BASNYAT)

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Wie schwerwiegend der Risikofaktor Geschwindigkeit des Aufstiegs (rate of as-

cent) zum Tragen kommt, erweist sich vor allem auf Routen mit fix vorgegebenen

Schlafplätzen meist in Form von Hütten (Lodges). Berüchtigt ist diesbezüglich der

Normalweg auf den Kilimandscharo, die sog. „Marangu-Route“ (auch „Coca-Cola-

Route genannt). Die dortigen Lodges weisen einen Höhenunterschied von rund 1000

Metern auf. Davis und Mit. haben herausgefunden, dass die Inzidenz der akuten Hö-

henkrankheit auf der „Marangu-Route“ 77 Prozent beträgt; die Erfolgsaussichten

dieser Bergsteiger, den Gipfel zu erreichen, sind dort mit 61 % extrem gering.

AMS weist vermutlich keine Geschlechtsdisposition auf, während HAPE offensicht-

lich männliche Bergsteiger (vor allem unter 18 und über 60 Lebensjahren) bevorzugt.

Die Anfälligkeit auf AMS ist unabhängig vom Trainingszustand, wohl aber abhängig

vom Körpergewicht. Weil HAPE häufig nach anaeroben Belastungen (Pressatmung)

und in großer Kälte auftritt, gelten diese Bedingungen als spezifische Risikofaktoren

für HAPE.

Die Frage nach den genetischen Ursachen für die individuell unterschie dliche

Anfälligkeit auf akute Höhenkrankheit kann bislang noch nicht konkret beantwortet

werden, obwohl eine statistisch signifikante Korrelation zwischen HVR und HAPE

gesichert ist. Eine zu geringe HVR dürfte auch für die Anfälligkeit auf AMS eine Rolle

spielen, wozu allerdings widersprüchliche Daten existieren. Signifikante Zusammen-

hänge zu HAPE bestehen auch bei niedriger Vitalkalkapazität und extremer hypo-

xischer pulmonalarterieller Drucksteigerung (Hypoxic Pulmonary Vascular Response,

HPVR).

Die Anfälligkeit auf HACE hängt wahrscheinlich auch vom individuellen cerebralen

Raumangebot ab: Je größer die Ventrikel bzw. je kleiner die Hirnmasse, desto grö-

ßer dürfte die Toleranz gegenüber hypoxiebedingten Hirnschwellungen sein.

Jedenfalls lässt sich aus respiratorischen Parametern auf Meereshöhe kein verläss-

licher Hinweis auf eine individuelle HAPE-Anfälligkeit gewinnen, auch wenn man

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vermuten kann, dass eine Person mit einer reduzierten HVR später in der Höhe

wahrscheinlich eher Probleme bekommen dürfte als eine Person mit guter HVR.

Wenn bereits in den ersten Stunden eines Höhenaufenthaltes die Sauerstoffsätti-

gung fällt und der pCO2 steigt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer bevor-

stehenden AMS. Untersuchungen am Denali sowie im Himalaya ergaben eine signi-

fikante Korrelation zwischen einer niedrigen SaO2 und einer späteren AMS (siehe

4.4.).

Es gibt subtile Unterschiede im Flüssigkeitshaushalt zwischen Höhentauglichen

und Höhenkranken:

1. Personen mit guter Höhenanpassung zeigen während der Akklimatisation eine

verminderte Konzentration von Aldosteron bei kaum veränderten Atrial Natriure-

tischem Peptid (ANP) bzw. kaum veränderten oder erniedrigten Antidiuretischen

Hormon (ADH) - und damit eine ausgeprägte Höhendiurese.

2. Bei Bergsteigern mit einer Disposition zur AMS, Zeichen der akuten Höhenkrank-

heit oder HAPE findet man hingegen eine deutlich erhöhte Plasmakonzentration

von Aldosteron und ADH, die bei Belastung noch zusätzlich ansteigen und somit

eine verminderte Harnausscheidung zur Folge haben, wodurch die Höhenödem-

bildung möglicherweise begünstigt wird. Inwieweit die verstärkte ANP-Freisetzung

bei Höhenkranken an der Entstehung der Höhenödeme mitbeteiligt ist, ist unbe-

kannt.

Diese vermehrte Wasser- und Salzretention ist also nicht die Folge einer ungenü-

genden Flüssigkeitszufuhr. Höhenödeme hängen nicht mit dem Salzgehalt der Nah-

rung zusammen. Salzreiche Speisen beeinflussen daher nicht das Höhenödem-Ri-

siko.

Hypoxie bedingt eine Wasserretention, wobei die hypoxische Hemmung des Renin-

Aldosteron-Mechanismus unter AMS geringer ist. Die unter Hypoxie anfangs stets

vorhandene Verschiebung zwischen den Flüssigkeitskompartments (vom Extrazellu-

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lärraum in das Interstitium und in die Zellen) ist bei Personen mit Hypoventilation und

AMS deutlicher ausgeprägt und dauert länger an. Diese Flüssigkeitsverschiebungen

haben einen wesentlichen Einfluss auf AMS und HAPE. Darauf weist auch der ein-

drucksvolle therapeutische Effekt von Dexamethason bei AMS hin.

6.3.1. Risikofaktoren der akuten Höhenkrankheit:

Bislang sind nur drei Risikofaktoren als gesichert anzusehen:

• Genetische Disposition

• Aufstiegsgeschwindigkeit (Rate of ascent)

• HAPE-HACE-Anamnese

• Verminderte cerebrale Dynamik ?

• Geringeres Lungenvolumen ?

• Niedrige Vitalkapazität ?

• Verminderte hypoxische Atemantwort (HVR) ?

• Vermehrter hypoxischer Pulmonalarteriendruck (PaP) vor allem unter Belastung ?

• Übergewicht ?

Schneider fand heraus, dass auf 4559 m Höhe folgende drei Faktoren massgeblich

sind: Die individuelle Höhentauglichkeit, eine sog. Vor-Akklimatisation, definiert durch

mehr als 4 Tage oberhalb von 3000 m in den vorhergehenden 2 Monaten, und ein

rascher Aufstieg (innerhalb 3 Tagen auf 4559 m). Auf 4559 m Höhe wiesen anam-

nestisch nicht anfällige Bergsteiger mit der oben genannten Vor-Akklimatisation und

langsamen Aufstieg eine AMS-Prävalenz von 4 % auf, während anfällige Personen

ohne Vor-Akklimatisation und raschem Aufstieg eine AMS-Prävalenz von ca. 60 %

hatten.

Antikonzeptiva, arterielle Hypertension, Diabetes oder KHK stellen keine Risikofak-

toren für Akklimatisation bzw. AMS dar. Bezüglich Übergewicht fand man heraus,

dass der AMS-Index mit dem BMI korreliert; bei Adipösen ist die Hypoxämie erhöht.

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6.3.2. Auslösende Faktoren der akuten Höhenkrankhe it:

• Nichtbeachtung höhentaktischer Regeln

• Anaerobe Belastung mit Pressatmung (HAPE)

• Kälte (HAPE)

• Atemwegsinfekte (HAPE)

• Angst, zentral dämpfende Pharmaka mit langer HWZ

6.4. Latenzzeiten

AMS-Beschwerden treten üblicherweise mit einer Latenzzeit von 6 bis 48 Stunden

nach Höhenexposition auf, aber auch, wenn auch sehr selten, schon nach einer

Stunde, und verschwinden meist spontan innerhalb von ein bis zwei Tagen, wenn die

richtigen Konsequenzen gezogen werden.

HAPE und HACE kann sich unterschiedlich rasch entwickeln, übrigens auch ohne

AMS, und zwar meist in der zweiten Nacht (also nach 24 - 36 Stunden) in einer neu-

en Höhe bzw. in der vierten Nacht oberhalb der Schwellenhöhe, ohne besondere

Vorwarnzeichen und nicht selten während des Schlafens oder erst im Abstieg.

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Patagonien

6.5. Pathophysiologie

Die Kausalketten aller Formen der akuten Höhenkrankheit sind noch immer voller

Fragezeichen. Seit rund 30 Jahren gibt es diesbezüglich nichts Neues. Allerdings

entwickeln nur wenige AMS-Patienten ein HACE, und da andererseits HAPE-Pa-

tienten häufig, sehr rasch und ohne vorhergehendes AMS ein HACE entwickeln

können, könnten HAPE und HACE möglicherweise pathophysiologische Gemein-

samkeiten aufweisen. Jedenfalls tritt man bezüglich Pathophysiologie von AMS,

HAPE und HACE seit Jahrzehnten (!) auf der Stelle.

Soviel steht fest: Am Anfang steht immer subakute Hypoxie . In der Folge führen

Hypoxämie und Hyperkapnie zu Vasodilatation, Hypokapnie zu Vasokonstriktion. In

der Höhe ergeben sich nun aus Hypoxämie und Hypokapnie unterschiedliche Effek-

te: In der Lunge überwiegt Vasokonstriktion, im Gehirn Vasodilatation.

6.5.1. Höhenkopfschmerz (High Altitude Headache, H AH)

Über die Pathogenese des Höhenkopfschmerzes - mit einer Inzidenz von bis zu 75

Prozent die häufigste Befindungsstörung in der Höhe - ist ebenso wenig gesichert

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wie über jene der mannigfaltigen Kopfschmerzarten im Alltag. So sind etwa allfällige

Zusammenhänge zwischen dem hypoxiebedingten Anstieg der cerebralen Durchblu-

tung (CBF) und dem Höhenkopfschmerz noch ziemlich ungeklärt.

Der Höhenkopfschmerz entsteht wahrscheinlich durch irgendwelche mechanischen,

chemischen oder ionalen Irritationen an den Cerebralgefäßwänden und offensicht-

lich nicht als Symptom der hypoxiebedingten Hirndruck-(ICP)-Erhöhung. Vielleicht

aber triggern sich HACE und Höhenkopfschmerz einander. Als pathogenetisch mög-

liche individuelle Faktoren des Höhenkopfschmerzes werden derzeit u.a. diskutiert:

Hypoxische Vasodilatation, Änderungen der Depolarisations- bzw. Aktivierungs-

schwellen sowie vermehrte Freisetzung von Neurotransmittern, Entzündungsmedia-

toren und anderer Noxen.

Zur hypoxischen Gehirnschwellung besteht kein Zusammenhang. HAH ist wegen

verblüffender Ähnlichkeiten möglicherweise sogar eine Form von Migräne oder Clu-

ster-Kopfschmerz.

6.5.2. Schlafassoziierte Atemstörungen

Bis zu einer Höhe von etwa 3000 m treten keine wesentlichen hypoxiebedingten

Schlafstörungen auf. Über 4000 m jedoch häufen sich im Vergleich zu Tallagen auch

bei Gesunden nächtliche Apnoen und Hypopnoen, wobei vor allem die REM-Phasen

verkürzt sind. Auch Cheyne-Stoke´sche Atemmuster können auftreten. Insgesamt ist

die Schlafarchitektur gestört. Schlafunterbrechungen, verbunden mit erhöhter Weck-

barkeit, sind Ausdruck respiratorischer Frequenzstörungen, die sich typischerweise

in repetitiven Zyklen periodischer Atmung während des Schlafes in der Höhe äußern

können. Es dürfte eine direkte Beziehung zwischen der Dauer der periodischen At-

mungszyklen und dem individuellen Atemantrieb bestehen.

Ursächlich dafür dürfte einerseits die hyperventilationsbedingte Hypokapnie mit Sup-

pression des Atemantriebes, andererseits die Hypoxämie sein, welche letztlich die

Atmungsunterbrechung wieder beendet. Die REM-Schlafperioden sind bei gleichzei-

tig erhöhter Weckbarkeit verkürzt (siehe auch 5.2.1.).

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6.5.3. Höhenhirnödem (HACE)

Die Differenzierung zwischen AMS und HACE besteht vor allem darin, dass es sich

bei HACE um klinisch eindeutige neurologische Störungen (Ataxie und Bewusst-

seinstrübungen) handelt. Fokale neurologische Ausfälle sind in großen Höhen nie

HACE-bedingt. Neuere Daten widersprechen der früheren Hypothese, dass es sich

hier um verschiedene Phasen ein und derselben cerebralen Pathophysiologie han-

delt, dass also AMS eine milde Verlaufsform von HACE darstellen würde.

Die stufenlose Skala von mildem zu schweren HACE entspricht nicht einer kontinu-

ierlichen Zunahme der Gehirnschwellung. Ataxie wird nicht durch die hypoxische

Gehirnschwellung, sondern durch Hypoxämie selbst he rvorgerufen , wobei ge-

rade Cerebellum-Zellen besonders hypoxieempfindlich sind.

Eine Gehirnschwellung findet man unter Hypoxie nämlich bei allen, also auch bei

völlig symptomfreien, gesunden Personen. Ein erhöhter cerebraler Blutfluss (CBF),

ein erhöhter intrakranieller Druckanstieg (ICP) bzw. eine erhöhte Gehirnschwellung

(BS) sind also zwar höhentypisch, korrelieren aber nicht mit dem Auftreten bzw. nicht

mit dem Ausmaß des klinischen HACE.

Pathogenetisch maßgeblich dürfte vielmehr eine gestörte bzw. inadäquate Autoregu-

lation sein (Hemmung der Resorptionsrate vermehrter zerebrospinaler Flüssigkeits-

anstiege). Hypoxie erhöht die mikrovaskuläre Permeabilität: HACE als vasogene

Gehirnschwellung bei undichter Blut-Hirn-Schranke (Lückenbildungen) wurde durch

neue MRT-Techniken bestätigt.

Was sich konkret bei HACE im Gehirn abspielt, ist noch immer ein Rätsel. Jedenfalls

wird in großen und extremen Höhen nicht als Reaktion auf Hypoxämie, sondern

durch hyperventilationsbedingte Hypokapnie eine dynamische cerebrale Autoregu-

lation in Gang gesetzt, und zwar umso heftiger, je rascher die Höhenexposition er-

folgt. Damit wird erreicht, dass auch unter Hypoxämie (Sa02 >80%) und Hypokapnie

die Sauerstoffversorgung des cerebralen Zellstoffwechsels ausreichend erhalten

bleibt.

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Hypoxämie führt grundsätzlich zu einer cerebralen Vasodilatation bzw. einem An-

stieg der Gehirndurchblutung (CBF). Dem wirkt eine aus einer hypoxischen Hypo-

kapnie resultierende Vasokonstriktion entgegen. Die Sauerstoffabgabe an das Ge-

hirn ist also das Resultat der Balance zwischen Vasodilatation und Vasokonstriktion,

also von Hypoxämie und Hypokapnie. Dabei überwiegt zwar die Vasodilatation, aber

die hypokapnische Vasokonstriktion kann maßgeblich den CBF und damit das Sau-

erstoffangebot an das Gehirn beeinflussen. Trotz arterieller Hypoxie reicht also die

cerebrale Sauerstoffversorgung üblicherweise aus.

Man ging früher davon aus, dass es sich bei HACE um kein Ödem (also um keine

reine Volumensvergrößerung des Parenchyms), sondern um eine Gehirnschwel-

lung handelt, also um eine generalisierte Gehirnvergrößerung einschließlich einer

Zunahme des cerebralen Blutvolumens (CBV) und der Cerebrospinalflüssigkeit

(CSF). MRI-Befunde wiesen aber nach, dass die Schwellung ausschließlich die Sub-

stantia medullaris (weisse Substanz) betrifft, und zwar charakteristi-scherweise vor-

nehmlich im hinteren Bereich der größten Kommissur, des Corpus callosum.

Es konnten keine Korrelationen zwischen dem hypoxischen Anstieg des CBF sowie

(später) des CBV zum Auftreten bzw. Schweregrad von HACE gefunden werden.

Auch eine Korrelation zwischen CBFV (Cerebral Bvlood Flow Velocity) zu HACE ist

eher unwahrscheinlich.

Folgende Einflussfaktoren dürften für eine hypoxische Gehirnreaktion maßgeblich

sein:

• Ausmaß und Geschwindigkeit der Exposition : Je rascher und ausgeprägter die

Hypoxämie, desto stärker werden intrakranielle Kompensationsmechanismen in

den Hintergrund gedrängt, während eine allmähliche Exposition bald zu einer Ver-

besserung der Oxygenisation und zu einer adäqaten kompensatorischen Absorp-

tion von cerebrospinaler Flüssigkeit führt. Es ist aber unbekannt, welches Ausmaß

der Hypoxämie zum HACE führt.

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• Relative Hypoventilation: Eine zu geringe HVR, atemdepressive Medikamente

oder auch eine zu rasche Exposition allein können eine relative Hypoventilation

und damit eine ausgeprägte Hypoxämie bzw. eine größeren hypoxischen Reak-

tion bewirken. Das kann im Verein mit Hyperkapnie den Hirndruck erhöhen.

Ödemtheorien: Gegenüber den bei HACE früher in Betracht gezogenen zytotoxi-

schen bzw. interstitiellen Ödemtheorien neigt man mittlerweile zur Vorstellung von

einer vorwiegend vasogenen Genese der Gehirnschwellung: Die Schlüsselrolle spielt

dabei die endotheliale Blut-Hirn-Schranke, ein sehr komplexes und dynamisches

biologisches System, das unter Hypoxämie „undicht" wird. Dabei treten neben Was-

ser auch Proteine über, die in der Folge für den langsamen Rückgang der Ge-

hirnschwellung verantwortlich sind. Vielleicht spielen aber auch cytotoxische Ödeme

eine Rolle: Durch Versagen der Na-K-Pumpe steigt das intrazelluläre Natrium an,

was zu einem Einstrom von Wasser in die Zelle führt.

Dass nur weiße Substanz und diese reversibel betroffen ist, spricht ebenso für die

vasogene Theorie einer Lückenbildung der Blut-Hirn-Schranke wie auch der zeitver-

zögerte klinische Verlauf bzw. der bei HACE schon lange bekannte therapeutische

Effekt von nur bei vasogenen Ödemen wirksamen Cortikosteroiden (Abdichtung der

Blut-Hirn-Schranke, Verringerung der Gehirnschwellung und Absenkung der intrakra-

niellen Druckerhöhung).

Derzeit sind folgende kausale Theorien der vasogenen Ödembildung in Diskus-

sion, wobei auch hier ein multifaktorielles Geschehen wahrscheinlich ist:

• Hypoxische Vasodilatation, massive Überperfusion und gesteigerter mikrovasku-

lärer Druck führen zu einer mechanischen Kapillarleck-Bildung (Dehnung der

Endothelien) und damit zu einer verstärkten Kapillarfiltration.

• Zusätzlich vermutet man chemisch induzierte Kapillarlecks , nämlich durch Frei-

setzung von Leukotrienen, Endothelin oder anderen endothelialen Permeabilitäts-

faktoren (Angiotensin, Bradyknin, Histamin, Arachidonsäure, freie Sauerstoffradi-

kale usw. - die Rolle des Nitroxyd erscheint eher zwiespältig). Dies würde mit dem

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gleichzeitigen Auftreten von Retinablutungen, Proteinurie und interstitiellem HAPE

übereinstimmen.

• Wie bei Neugeborenen oder bei Hirntumoren könnte Hypoxie vielleicht auch über

einen sog. Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) zu einer cerebralen An-

gioneogenese führen. Dabei führt die Kapillarneubildung zu Endothellücken-

bildungen an den bereits bestehenden Gefäßwänden. Diese Theorie wird bislang

hauptsächlich dadurch genährt, dass die Angioneogenese sehr effektiv durch De-

xamethason abgeblockt werden kann.

In Tierversuchen (mit Mäusen) stellte sich heraus, dass eine Blockade des VEGF

akute Höhenkrankheit verhindert. Die neben Dexamethason (Blockierung über

VEGF Gentranskription) zahlreichen anti-angiogenetischen Pharmaka in der

Krebstherapie dürften daher möglicherweise auch bei HACE wirksam sein. Stu-

dien dazu fehlen derzeit.

Autopsiebefunde bestätigen, dass HACE fast immer mit cerebralen Blutungen

einhergeht.

6.5.4. Höhenlungenödem (HAPE)

Bei jedem raschen Höhenanstieg vergrö-

ßert sich der Wassergehalt der Lungen,

weshalb auch zahlreiche asymptomatische

Personen in der Frühphase der Höhen-

akklimatisation auskultatorische Rasselge-

räusche aufweisen, die aber in der Folge

normalerweise wieder verschwinden. Das

legt die Vermutung nahe, dass Personen,

die ein HAPE entwickeln, entweder unfähig

sind, diesen Flüssigkeitszustrom zu kom-

pensieren (mangelhafte alveoläre Clearance) oder eine übermäßig große pulmonale

Flüssigkeitsansammlung haben.

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Die Ursache des HAPE liegt jedenfalls in einer überschießenden, inhomogenen, hy-

poxischen pulmonalen Vasokonstriktion, die zu überperfundierten Lungenbezirken

mit Ödembildung führt.

Es wird postuliert, dass es durch langsamen Aufstieg zu einem langsamen Anstieg

des pulmonalerteriellen Drucks kommt, was ein Remodeling der Lungengefäße er-

laubt und zu einer homogenen Perfusion führt, wodurch lokalisierte Überperfusionen

mit Ödembildung verhindert werden.

Jedenfalls sind es aus heutiger Sicht in erster Linie hämodynamische Prozesse ,

die zum HAPE führen. Im Vordergrund steht dabei immer eine massiv erhöhte pul-

monalen Hypertension als Folge einer inhomogenen hypoxischen Vasokonstriktion

(Hypoxic Pulmonary Vasoconstriction, HPV) vor allem in peripheren Lungenarealen

als Ausdruck einer stark erhöhten Hypoxic Pulmonary Vascular Response (HPVR)

bei vorher völlig Gesunden. Für die zentrale Rolle des erhöhten Pulmonalarterien-

druckes (PaP) spricht übrigens auch die therapeutische Effizienz einer PaP-Senkung

(z.B. durch Sauerstoff, Nifedipin, Stickoxyd oder Phosphodiesterase-5-Hemmer).

Eine Erhöhung des Pulmonalarteriendruckes (PaP) ist unter Hypoxie zwar physiolo-

gisch, bei HAPE-Patienten aber deutlich höher ausgeprägt. Ungeklärt ist die Frage,

ob HAPE ein hydrostatisches (transsudatives) oder/und ein permeabilitätsbedingtes

(Endothelschäden) Ödem darstellt, obwohl einiges darauf hindeutet, dass die pul-

monale Kapillarpermeabilität unter Hypoxie nicht erhöht ist.

Zusammenfassend werden daher heute vorwiegend folgende kausale Mechanis-

men diskutiert, wobei aber noch viele Fragen ungeklärt sind:

1. Massive pulmonalarterielle Druckerhöhung: Bei Belastung unter Hypoxie steht

das gesamte pulmonale Gefäßendothelium bei Einwirkung eines gesteigerten

Herzminutenvolumens (Sympathikusaktivierung) physiologisch unter dem mecha-

nischen Einfluss eines generell stark erhöhten PaP. Bei relativer Hypoventilation

und vielleicht verstärkt durch einen „Rückstau“ auf Grund einer postkapillären Ve-

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nokonstriktion (?) resultieren daraus, so die Theorie, ungleichmäßig verteilte mas-

sive pulmonale Druckanstiege, wozu es allerdings keine verläßlichen Belege gibt.

Eine eventuell vorhandene kälteinduzierte Zentralisierung könnte sich noch zu-

sätzlich druckerhöhend auswirken.

Der Anstieg des PaP bei Belastung wird mit zunehmender Höhe immer steiler: In

größeren Höhen wirkt also schon eine geringe Belastung massiv PaP-steigernd.

Ein Abstieg eines HAPE-Patienten aus eigener Kraft endet daher in der Regel le-

tal. Neuere Daten weisen allerdings darauf hin, dass der pulmonalarterielle Druck-

anstieg allein kein ausreichender Grund für die Entstehung eines HAPE sein dürf-

te. Es müssen also noch andere Faktoren entscheidend sein.

2. Hydrostatische Lecks: Man vermutet nun, dass unter dieser enormen pulmonal-

arteriellen Druckbelastung mechanische Druck- und Scherkräfte in den überper-

fundierten Gebieten die Integrität der kapillarendothelialen Barriere zerstören. Die-

se Rupturen ermöglichen einen Flüssigkeits-, Protein- und Erythrozytenaustritt ins

Interstitium bzw. in die Alveolarräume. Man weiß aber nicht, wo diese Lecks ent-

stehen und warum man bei HAPE radiologisch intial perihiläre, difuse Verschat-

tungen im Umfeld der großen hilären Gefäße beobachtet. Die Theorie der mecha-

nischen Kapillarschädigung weist also noch große Fragezeichen auf, zumal eine

PaP-Erhöhung um das Zwei- bis Dreifache bei HAPE-Anfälligen mit und auch oh-

ne HAPE beobachtet werden kann. Möglicherweise gibt es auch große individuel-

le Unterschiede in der Widerstandsfähigkeit gegenüber PaP-Erhöhungen.

3. Erhöhte Kapillarpermeabilität: Untersuchungen an Ratten und Kaninchen hat-

ten ursprünglich zur Annahme geführt, dass neben hydrostatischen Lecks auch

„Permeabilitätslecks" vorhanden sein könnten, was den hohen Eiweiß- und Zell-

gehalt der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit von HAPE-Patienten erklärt hätte.

Neuere Untersuchungen widersprechen aber dieser Vorstellung einer hypoxä-

misch bedingten Permeabilitätserhöhung. Der erhöhte Proteingehalt in der Alveo-

larflüssigkeit wird vielmehr damit erklärt, dass eine weitgehend intakte alveolar-

epitheliale Na-K-Pumpe Wasser schneller aus den Alveolen pumpt als Proteine.

Der Proteingehalt der Alveolarflüssigkeit ist nämlich bei Pulmonalödemen jedwe-

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der Genese umso höher, je schneller das Ödem resorbiert wird, je besser also die

alveoläre Clearance funktioniert. Das veranlaßt zu folgender These:

4. Eine defekte kapillarendeotheliale Natrium-Kalium-Pumpe könnte möglicherwei-

se ebenfalls ödemauslösend sein bzw. die alveoläre Flüssigkeitsclearance hem-

men. Bei HAPE-anfälligen Personen wurden bereits auf Meereshöhe Störungen

des transepithelialen Natrium-Wasser-Transportes beobachtet. Fest steht jeden-

falls, dass HAPE auch von einer Imbalance des Flüssigkeitsaustrittes in die Alve-

olen bzw. der alveolären Flüssigkeits-Clearance charakterisiert ist. Physiologisch

wird unter Hypoxie wie auch bei anderen Lungentraumen (z.B. ARDS) die alveolä-

re Clearance erhöht, reicht aber bei HAPE offensichtlich nicht aus. Es ist aber völ-

lig offen, warum der alveolare Clearance-Mechanismus bei HAPE versagt. Mögli-

cherweise spielen hier weiterbestehende Lecks eine maßgebliche Rolle.

Entscheidend für die Clearance ist der transepitheliale Natriumtransport (Alveolen

� Interstitium), der unter Hypoxie individuell unterschiedlich, nämlich nur bei

HAPE-anfälligen Personen behindert wird.

5. Entzündungsvorgänge: Bei HAPE-Patienten wurden Leukozytenanstiege (vor

allem Makrophagen und Neutrophile), Endothelin- bzw. Thromboxan-B2-Anstiege,

Aktivierungen des Leukotrien B4, des IL-1 beta, IL-6 und IL-8 sowie auch Leuko-

zytenastiege im Urin eruiert, also Hinweise auf pulmoalarterielle Entzündungs-

vorgänge. Man nahm nun ursprünglich an, dass der massive hydrostatische

Druckstress auf das Kapillarendothelium oder aber bereits Hypoxämie allein Ent-

zündungsmediatoren aktiviert, die dann ihrerseits die Permeabilität erhöhen oder

das Endothel zumindest anfälliger gegenüber Druck- und Scherkräfte machen.

Mittlerweile konnte aber nachgewiesen werden, dass Entzündungsmediatoren und

damit endotheliale Entzündungsvorgänge nicht kausal für die Leckbildung sein

können. Es steht nämlich fest, dass keinerlei Korrelation zwischen einer Leu-

kotrien-Zunahme und Hypoxie bzw. HAPE / HACE besteht. Diese Daten legen

nahe, dass bei HAPE initial doch ein Stresstrauma für den Flüssigkeitsaustritt ver-

antwortlich ist und erst in der Folge sekundäre Entzündungsprozesse in Gang

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kommen. Autoptische Befunde zeigen regelmäßig, dass ein terminales HAPE

stets mit Entzündungsprozessen und Hämorrhagien einhergeht.

6. Blutgerinnung: Im Rahmen der sehr komplexen hämatologischen Reaktionen

unter hypobarer Hypoxie stellt sich die Frage, ob auch Änderungen im Blutgerin-

nungssystem kausal relevant sein könnten. Tatsächlich sind die diesbezüglichen

Veränderungen aber minimal, und ihre klinische Bedeutung ist umstritten. In gro-

ßen Höhen findet man zwar eine vorübergehende Verkürzung von Gerinnungs-

zeiten, kürzere Fibrinolysezeiten sowie geringfügige Änderungen in den Plasma-

konzentrationen einiger Faktoren der Gerinnung und der Fibrinolyse. Alle diese

Veränderungen sind aber wesentlich geringer ausgeprägt als unter hoher körper-

licher Belastung oder unter großem Stress.

Dies gilt auch für Patienten im Vorfeld von HAPE. Dagegen finden sich im fort-

geschrittenen HAPE-Stadium eine verstärkte Plättchenaktivierung sowie eine Ge-

rinnungssteigerung mit in vivo erhöhter Fibrinaktivität, wobei es aber unklar ist, ob

dies auf schwere Hypoxämie, Entzündung, Gefäßwandschädigungen oder auf ei-

ne Kombination dieser für das Vollbild eines HAPE typischen Phänomene zu-

rückzuführen ist (siehe auch 2.4.2.).

7. Neuerdings wird auch eine neurogene Komponente diskutiert (Neurogenic Pul-

monary Edema, NPE). Auf die Bedeutung sympatho-adrenerger Einflüsse wiesen

Versuche mit Phentolamin hin, einem kurzwirksamen Alphablocker, wobei eine

deutliche Reduktion des PaP und eine markante Verbesserung des Gasaustau-

sches bei HAPE-Patienten festgestellt wurde.

Über die klassische Korrelation zwischen erhöhtem PaP und HAPE hinaus ist also

der pathophysiologische Mechanismus noch immer nicht ausreichend geklärt. Je-

denfalls ist eine HAPE-Anfälligkeit ebensowenig allein mit übermäßig erhöhten PaP-

Werten als mit einer zu geringen HVR erklärbar.

Es ist also offensichtlich, dass auch die Pathogenese des HAPE multifaktoriell

ist . Wahrscheinlich ist eine Kombination der derzeit diskutierten pathophysiologi-

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schen Faktoren für das Entstehen eines HAPE verantwortlich, wobei eine hypoxi-

sche Vasokonstriktion (HPV), eine (allerdings umstrittene) inhomogene Überperfusi-

on und ein massiv erhöhter pulmonalarterieller Kapillardruck im Vordergrund stehen

dürften.

Begünstigende Faktoren für HAPE sind neben einer genetischen Disposition eine

horizontale Körperlage, körperliche Anstrengungen (vor allem wenn sie mit Press-

atmung verbunden sind) sowie Kältestress. Anstrengung und Kälte steigern den pul-

monalarteriellen Druck zusätzlich. Ein Fehlen der (meist) rechten Pulmonalarterie

prädisponiert ebenso zu HAPE wie ein geringes Lungenvolumen.

Ob auch virale Atemwegsinfekte ein HAPE auslösen können, konnte bisher noch

nicht eindeutig nachgewiesen werden. Infektionen und die durch Intimatraumen be-

dingte Entzündungen können auch parallel auftreten, wobei dann die Reizschwelle

erniedrigt wird, an der eine hypoxische Vasokonstriktion zu einem vermehrten Flüs-

sigkeitsübetritt in das Interstitium bzw. in die Alveolen führt. Bei Kindern dürften vor-

bestehende Atemwegserkrankungen eher zu HAPE führen als bei Erwachsenen.

Einiges weist darauf hin, dass pulmonale Mikroembolien die Entstehung von HAPE

möglicherweise begünstigen.

6.5.5. Re-entry Pulmonary Edema

Menschen, die sich nach jahrelangem Höhenaufenthalt in tiefere Lagen begeben

und nach nur drei oder mehr Tagen wieder in die Höhe zurückkehren, sind bedeu-

tend anfälliger auf HAPE als beim ersten Höhenvorstoß. Dies wurde wiederholt in

Peru und auch in Colorado beobachtet, nicht jedoch in Nepal oder in Tibet. Hier dürf-

ten neben geografisch vorgebenenen Aufstiegsgeschwindigkeiten vor allem entwick-

lungsgeschichtliche (genetische) Faktoren maßgeblich sein. Pathophysiologisch

vermutet man eine verstärkte Muskularisierung der Pulmonalarteriolen durch Lang-

zeitaufenthalt in großen Höhen, wodurch ein stärkerer Anstieg des Pulmonalarterien-

druckes erklärbar wäre. Kinder und Jugendliche sind für diesen HAPE-Typ mögli-

cherweise anfälliger als Erwachsene.

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6.6. Symptomatologie

In den ersten Höhentagen treten fast immer folgende typischen Beschwerden auf:

Atemnot, Beklemmungsgefühle im Zelt, Unterhautödeme und nächtliche periodische

Atmung mit kurzen Apnoephasen. Diese Phänomene stellen an sich noch keine Zei-

chen von AMS dar, sind aber ganz typische Phänomene eines noch nicht akklimati-

sierten Organismus und erfordern daher eine erhöhte Wachsamkeit sowie ein kon-

sequentes höhentaktisches Verhalten.

Das individuelle Beschwerdebild bei akuter Höhenkrankheit kann sehr unterschied-

lich zusammengesetzt sein. Treten nur zwei bis drei der weiter unten aufgelisteten

Symptome auf, gilt die Diagnose bereits als gesichert und muss zu den entspre-

chenden Sofortmaßnahmen führen.

Drei Leitsymptome erfordern besondere Beachtung:

• Höhenkopfschmerz

• Ataxie

• Plötzlicher Leistungsabfall

6.6.1. Leitsymptom Höhenkopfschmerz (High Altitude Headache, HAH)

Das zentrale, prädominante und am meisten prävalente Leitsymptom der akuten

Höhenkrankheit ist der Höhenkopfschmerz. Ravenhill (1913) beschrieb bereits 1911

recht anschaulich „the experience of a majority of newcomers … wake up the next

mornig with a severe frontal headache … any attempt at exertion increases the

headache, which is nearly always confined to the frontal region.”

Die Inzidenz des Höhenkopfschmerzes beträgt auf 2500 m Schlafhöhe etwa 20 %,

auf 3000 m etwa 30 % und oberhalb von 3500 m 50 bis 75 %. Nach Burtscher und

Mit (2011) beträgt die Inzidenz auf Berhghütten zwischen 220 und 3817 m 31 Pro-

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zent. Zahlreiche Studien zeigen klar, dass es sich beim Höhenkopfschmerz um das

Kardinalsymptom von AMS in allen Höhenlagen handelt.

Es handelt sich dabei charakteristischerweise um dumpfklopfende, okzipitale oder

bitemporale Schmerzen, die bei Erreichen einer bestimmten neuen Höhe rasch auf-

treten können. Sie verstärken sich häufig des Nachts und beim Aufwachen. Anstren-

gungen intensivieren den Höhenkopfschmerz. Nicht selten verschlimmert sich der

Höhenkopfschmerz beim Abstieg unmittelbar nach einem Anstieg (z.B. Passüber-

schreitung), und zwar vermutlich deshalb, weil sich beim weniger anstrengenden

Bergabsteigen die Hyperventilation verringert. Vielleicht spielen beim Bergabgehen

auch mechanische Erschütterungen des Körpers eine Rolle.

Differentialdiagnostisch zum Höhenkopfschmerz kommen in Betracht:

• Meningealreizungen (sog. „Sonnenstich")

• Migräne (wobei Hypoxie möglicherweise als Trigger wirkt und ähnliche pathophy-

siologische Mechanismen stattfinden dürften wie beim Höhenkopfschmerz)

• Hypohydrierung (durch Schweißverluste, Abatmung oder mangelnde Flüssig-

keitszufuhr)

• Nackenschmerzen durch das Tragen schwerer Lasten

• Hypertonie

• Infekt

• Wiederholter CO- bzw. CO2-Anstieg im Zelt

6.6.2. Leitsymptom Ataxie

Auch wenn Ataxie frühzeitig auf hypoxische Störungen im Cerebellum hinweist, ist

sein Mechanismus im Rahmen der akuten Höhenkrankheit unklar. Ataxie kann je-

denfalls bei jeder Form der akuten Höhenkrankheit auftreten, also auch dann, wenn

kein konkreter HACE-Verdacht besteht.

Es ist also bei jeder Form von Höhenbeschwerden immer ein besonderes Augen-

merk auf die Entwicklung von Gang- und Stehunsicherheiten zu lenken: Das Auftre-

ten von Ataxie ist aber das wichtigste Alarmzeichen für das lebensbedrohliche

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HACE. Hat man den Verdacht auf eine Gangunsicherheit, wendet man den einfa-

chen Fersen-Zehen-Test an:

Man fordert die betreffende Person auf, ohne Schuhe und Rucksack entlang einer

auf einem ebenen Boden gezeichneten geraden Linie jeweils einen Fuß unmittelbar

vor den anderen zu setzen. Tritt man dabei immer wieder daneben, benötigt man

eine Stütze oder fällt man sogar zu Boden, besteht höchstwahrscheinlich HACE. Ein

weiterer hochsensitiver Test ist der Romberg-Test. Darüber hinaus sind zur Evaluie-

rung von Ataxie keine weiteren Tests erforderlich.

Balanceschwierigkeiten allein sind noch kein ausreichender HACE-Hinweis. Der Fin-

ger-Nase-Test ist ungeeignet.

6.6.3. Leitsymptom plötzlicher Leistungsabfall

Im Vorfeld des HAPE kann es typische AMS-Symptome geben, das Prodromalsta-

dium von HAPE kann aber auch ziemlich uncharakteristisch verlaufen: Unverhältnis-

mäßige Müdigkeit, Atemnot anfangs bei Anstrengungen und dann in Ruhe sowie

trockener Husten.

Das auffälligste Leitsymptom für ein unmittelbar bevorstehendes oder bereits be-

ginnendes HAPE ist aber typischerweise ein plötzlicher Leistungsabfall: Eine bis-

her leistungsfähige Person benötigt plötzlich die zwei- oder dreifach längere Gehzeit

als seine Partner, muss häufig rasten und erholt sich bei diesen Pausen kaum.

AMS, HACE und HAPE weisen folgende fakultativen Sym ptome auf:

6.6.4. AMS

� Kopfschmerz (Leitsymptom)

plus mindestens eines der folgenden Symptome:

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� Müdigkeit

� Schwäche

� Appetitlosigkeit

� Übelkeit

� Ruheherzfrequenzerhöhung über 20 %

� Belastungsdyspnoe

� Schlaflosigkeit

� Häufige nächtliche Apnoephasen

� Apathie

� Periphere Ödeme

� Flüssigkeitsretention (verringerte 24-Stunden-Urinmenge)

6.6.5. Höhenhirnödem (HACE)

� Ataxie (Leitsypmtom)

� Bewusstseinsstörungen

� Schwerste, analgetikaresistente Kopfschmerzen

� Übelkeit, Erbrechen

� Schwindelzustände

� Halluzinationen

� Lichtscheue

� Sehstörungen

� Papillenödem

� Vernunftwidriges Verhalten

� Neurologische Veränderungen (Nystagmus, Pyramidenzeichen, Hemipare-

sen, Nackensteifigkeit, Augenmuskelparesen)

� Subfebrile Temperaturen

� Koma

� 24-Stunden-Urinmenge unter 0.5 Liter

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HACE, eine Enzephalopathie mit generalisierten neurologischen Symptomen ,

ist zwar möglicherweise seltener als HAPE, hat aber klinisch „viele Gesichter" und

verläuft häufig tödlich. Die Symptome können sich nämlich sehr rasch zu Koma und

Tod steigern. Wegen des mit HACE häufig vergesellschafteten HAPE muss man bei

jeder unklaren schweren Befindungsstörung in der Höhe auch an HACE denken.

Differentialdiagnosen zu HACE

➨ Akute Psychose ➨ CO-Intoxikation

➨ Migräne ➨ Erschöpfung

➨ Hirntumoren ➨ Dehydrierung

➨ Schlaganfall ➨ Diabetische Ketoazidose

➨ Transient Ischämische Attacken (TIA) ➨ Hypoglykämie

➨ Transient Globale Amnesie (TGA) ➨ Hyponatriämie

➨ ZNS-Infektion ➨ Hypothermie

➨ Retianvenenthrombosen ➨ Virale / bakterielle Infektion

➨ Vergiftung (Toxine, Drogen, Alkohol) ➨ Krampfanfall

Man muss hier differentialdiagnostisch sehr exakt vorgehen, wobei der Grundsatz

gilt, dass eine verdächtige Symptomatologie so lange als HACE gilt, solange nicht

das Gegenteil bewiesen ist. Eine orientierende Unterscheidung beruht vor allem auf

den Kriterien Anamnese, Progredienz des Krankheitsverlaufes und neurologische

Symptomatik.

Unter folgenden Umständen handelt es sich wahrscheinlich nicht um HACE: Auftre-

ten von Symptomen später als 3 Tage nach Erreichen einer neuen Höhe, keine

Kopfschmerzen, rasche Reaktion auf Rast bzw. Trinken sowie keine Besserung

beim Abstieg, nach Sauerstoffgabe bzw. nach Dexamethason-Verabreichung. Foka-

le neurologische Symptome sind nie hypoxiebedingt.

6.6.6. Höhenlungenödem (HAPE)

� Plötzlicher Leistungsabfall (Leitsymptom)

� Tachykardie

� Anfangs Belastungsdyspnoe mit verzögerter Erholungszeit

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� Später Ruhedyspnoe und Orthopnoe

� Zyanose

� Trockener Husten, später

� Husten mit blutig-schaumigen Auswurf

� Auskultatorisch feinblasige Rasselgeräusche, später

� Distanzrasseln (frei hörbares Rasseln)

� Brennender retrosternaler Druck

� Erbrechen

� Fieber bis 38.5° C

� CRP-Anstieg

� Flachlagerung unmöglich

� 24-Stunden-Urinmenge unter 0.5 Liter

Symptomatisch steht im Gegensatz zu HACE ein dramatischer Abfall der Sauer-

stoffsättigung im Vordergrund (z.B. auf 4500 m < 50 bis 60 % SaO2).

Auskultatorische Rasselgeräusche , anfangs vornehmlich in der rechten Axilla,

später dann typischerweise im Mittellappenbereich, sind kein obligatorisches HAPE-

Kriterium, denn sie fehlen bei etwa 30 % der HAPE-Fälle, und zwar immer dann,

wenn es sich um kein alveoläres, sondern um ein interstitielles Ödem handelt. Ande-

rerseits können RG`s auch in rund 30 % der AMS-Fälle, aber auch bei zahlreichen

asymptomatischen Höhenneulingen am Beginn der Akklimatisation als Zeichen einer

völlig normalen, vorübergehenden physiologischen Flüssigkeitsansammlung in den

Lungen auskultiert werden.

Die in der Praxis wichtigsten HAPE-Symptome sind also nicht auskultatorische RG`s,

sondern plötzlicher Leistungsabfall, Tachykardie sowie ein Abfall der SaO 2. Das

Fehlen verlässlicher diagnostischer Hilfsmittel am Berg soll immer dazu veranlassen,

bei diesen Symptomen im Zusammenhang mit trockenem Husten und progredienter

Dyspnoe (Ruhedyspnoe) primär an ein HAPE zu denken.

Im Lungenröntgen finden sich bei prall gefüllten Pulmonalarterien anfangs unilateral

und später fast immer beidseitig fleckenartige Infiltrate vorwiegend im rechten Mittel-

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und in beiden Unterlappen, während der Herzschatten üblicherweise normal ist. Für

HAPE typische Röntgenveränderungen können bis zwei oder drei Tage nach Rück-

kehr in tiefere Lagen nachweisbar sein.

Vermutlich gibt es nicht selten auch ein subakutes (subklinisches) HAPE ohne

charakteristische Symptome (auskulatorische Rasselgeräusche) bzw. ohne dramati-

schen Verlauf und mit einer Symptomatologie, die einem Atemwegsinfekt ähnlich ist:

Leichtes Fieber, geringe Dyspnoe, Husten. Seine Inzidenz ist vermutlich wesentlich

höher als bisher angenommen. 40 (15 %) von 262 Besteigern des Monte Rosa

(4559 m) wiesen derartige Symptome auf, ohne das Vollbild eines HAPE zu ent-

wickeln:

Hultgren teilt HAPE praktikabel in vier Schweregrade ein:

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Kombinierte Höhenödeme: HAPE und HACE sind sehr oft gemeinsam vorhanden.

Der Verlauf ist dann besonders häufig tödlich. Wenn in einigen Statistiken für HACE

eine Letalitätsrate von bis zu 40 % angegeben wird, so ist das vermutlich auf diese

Koexistenz zurückzuführen.

Kohlenmonoxyd stellt eine besondere Gefahr beim Höhenbergsteigen dar, und

zwar speziell beim wiederholten Kochen in engen Zelten oder Schneehöhlen, aber

auch in Trekking-Lodges durch meist schadhafte Öfen oder offene Feuerstellen. Die

Effekte von Kohlenmonoxyd und Hypoxie addieren sich dabei. Eine nur einmalige

Exposition gegenüber erhöhtem CO führt zu einem zwar signifikanten, aber klinisch

bedeutungslosem Anstieg des HbCO.

Dyspnoe wird in der Höhe nicht selten fehlinterpret iert. Gerade höhenmedizi-

nisch unerfahrene Laien neigen dazu, akut auftretende Atemstörungen vorschnell für

ein HAPE anzusehen. Dies kann dramatische Konsequenzen nach sich ziehen (z.B.

Überdrucksackbehandlung bei Pulmonalembolie). Zumindest folgende Differential-

diagnosen sollten in der Höhe stets im Auge behalten werden:

Differentialdiagnosen zu HAPE

➨ Nächtliche Apnoe ➨ Lungenembolie

➨ Hyperventilationssyndrome ➨ Schleimverstopfung

➨ Asthma ➨ Herzfehler

➨ Bronchitis ➨ Herzinfarkt

➨ Pneumonie

HAPE ist bei rascher und richtiger Therapie in kurzer Zeit und vollständig reversibel,

kann aber unbehandelt in weniger als 24 Stunden zum Tod führen, wobei der Tod

häufig durch eine sekundäre Lungenembolie eintritt. Wenn ein HAPE-Patient (ohne

HACE-Beteiligung) rechtzeitig und rasch in tiefere Lagen gebracht wird, kann aber

auch sehr schnell völlige Beschwerdefreiheit auftreten. Ein Wiederaufstieg ist dann

nach einigen Rasttagen durchaus möglich. Man sollte nun aber entsprechende hö-

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hentaktische Konsequenzen ziehen und die HAPE-auslösenden Fehler nicht wieder-

holen.

62 % früherer HAPE-Patienten bekommen später in der Höhe wieder HAPE. Bei Pa-

tienten mit wiederholtem HAPE bzw. HAPE in Bereichen nahe der Schwellenhöhe

ist eine weiterführende kardiopulmologische Abklärung naheliegend: Man denkt hier

als mögliche Ursachen beispielsweise an kardiale oder pulmonale Shunts, pulmona-

le Hypertension, Mitralklappenstenose oder andere Umstände, die den pulmonalen

Gefäßwiderstand erhöhen.

Beim Auftreten von einzelnen hier genannten Symptom en gilt die Verdachtsdi-

agnose Höhenkrankheit solange, bis das Gegenteil be wiesen ist: „When fee-

ling bad after a recent gain of altitude (with or w ithout headache) suspect that

altitude is playing a major role until proven other wise“ (P.Hackett).

Allerdings :

• Nicht jede unklare Gesundheitsstörung in der Höhe i st eine akute Höhen-

krankheit. Ein problematischer Begleiteffekt von Informationskampagnen über

die akute Höhenkrankheit besteht nämlich in zunehmendem Maße darin, jedwe-

de Erkrankung in der Höhe als „Höhenkrankheit“ zu verdächtigen. Nicht selten

werden Ereignisse wie Schwindelanfälle, Kreislaufschwächen, Thrombembolien,

Herzinfarkte, Asthmaanfälle, cerebrale Durchlutungsstörungen, aber auch Er-

schöpfungszustände, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Hypohydrierung, Atem-

wegsinfekte, Sonnenstich und dergleichen fälschlich als Manifestation einer aku-

ten Höhenkrankheit fehlinterpretiert, zumal diffentialdiagnostische Klärungen im

Gelände üblicherweise sehr schwierig sind.

• Höhenbedingte Beschwerden werden sehr häufig bagate llisiert, ignoriert

oder verheimlicht: Man schiebt höhenbedingte Beschwerden gerne anderen

vermeintli-chen Ursachen in die Schuhe - etwa einer akuten Sinusitis, auch wenn

gar keine dazugehörigen Symptome vorhanden sind. Auch glauben manche, es

sei nach einer anstrengenden Tagesetappe ganz normal, appetitlos und er-

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schöpft zu sein. Der selbstauferlegte Erfolgsdruck („Die Tour meines Lebens darf

nicht scheitern") trägt viel zu derartigen Fehlinterpretationen bei. Aber auch die

Angst, andere Gruppenteil-nehmer zu behindern oder selbst zurückbleiben zu

müssen. Daher werden AMS-Symptome in der Frühphase sehr häufig verheim-

licht oder einfach ignoriert, bis sie sich schließlich zu HACE oder HAPE steigern

und der dann bedrohliche Zustand nicht mehr länger verborgen bleiben kann.

Hauptsächlich wegen dieser typisch gruppendynamischen Umstände treten HACE

und HAPE in organisierten Gruppen weitaus häufiger auf als bei Individualberg-

steigern: Acht von zehn Todesfälle durch HAPE/HACE in Nepal ereignen sich in or-

ganisierten Trekkinggruppen, obwohl diese Gruppen nur einen Anteil von etwa 40 %

am Trekkingtourismus einnehmen.

Das Partner-System:

Führer von Trekkinggruppen, aber auch sämtliche Gruppenteilnehmer müssen im-

mer wieder aufgefordert werden, sich vom ersten Tag an ständig gegenseitig zu be-

obachten, und zwar am besten paarweise, und dabei folgendes zu beachten:

⇒⇒⇒⇒ Hat er/sie den Tagesrucksack an eine Begleitpers on abgegeben ?

⇒⇒⇒⇒ Rastet er/sie plötzlich ungewohnt häufig ?

⇒⇒⇒⇒ Fällt auf, dass er/sie beim Rasten oder im Lager auffällig still und

teilnahmslos wirkt ?

⇒ Beobachte ich an ihm/ihr einen ungewohnten Leistu ngsabfall oder

eine plötzliche Trittunsicherheit ?

⇒⇒⇒⇒ Ändert sich die Stimmungslage meines Tourengefäh rten ?

Das Partner-System ist auch zur gegenseitigen Hilfeleistung wichtig. Daraus resul-

tiert auch die wichtige Regel, niemals allein zu trekken oder hohe Berge zu bestei-

gen.

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6.7. Das Lake-Louise-Scoring-System

Das Lake-Louise-Scoring-System (LLSS) wurde beim Hypoxia-Symposium 1991 in

Lake Louise (Kanada) zur Standardisierung der Symptomatologie der akuten Höhen-

krankheit (AMS) entwickelt, ist heute international gebräuchlich und bewertet in ein-

facher Weise den Grad vor allem von AMS und HACE. Es dient nicht nur der Ver-

gleichbarkeit wissenschaftlicher Ergebnisse, sondern ist auch für die höhenmedi-

zinische Praxis von Bedeutung, weil individuelle Krankheitsverläufe (Verbesserung-

/Verschlechterung) damit gut definiert und dokumentiert werden können. Eine ärztli-

che Verlaufsdokumentation ist übrigens nicht nur höhenmedizinisch wichtig, sondern

kann später auch rechtlich bedeutsam sein.

Der AMS-Score besteht aus drei Erhebungsabschnitten: Subjektive Fragebogener-

hebung, objektive klinische Beurteilung, Funktionsprüfung. Diese drei Scores werden

getrennt erhoben und beurteilt. Mittlerweile wurde der AMS-Score mehrmals modi-

fiziert und damit zwar verbessert, weist aber noch immer Mängel auf.

Subjektive Selbstbeurteilung

Diese beruht auf den Angaben der betreffenden Person. Die subjektive Beurteilung

sollte stets separat und unabhängig von den beiden anderen Erhebungsschritten

erfolgen. Entscheidend ist hierbei immer das obligate Symptom Kopfschmerz. Kopf-

schmerz plus mindestens ein weiteres Symptom sind für die Diagnose AMS eine un-

verzichtbare Voraussetzung. Der Abschnitt „Schlafstörungen“ ist hingegen in Hinblick

auf eine allfällige Kurzzeiterhebung nur fakultativ. Ein Score 3 oder größer gilt als

AMS.

■■■■ Kopfschmerz 0 Kein Kopfschmerz

1 Geringer Kopfschmerz

2 Mäßiger Kopfschmerz

3 Massiver Kopfschmerz

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■■■■ Gastrointestinale 0 Normaler Appetit

Symptome 1 Appetitlosigkeit oder leichte Übelkeit

2 Mäßige Übelkeit oder Erbrechen

3 Schwerste Übelkeit oder Erbrechen

■■■■ Müdigkeit und/ 0 Keine Müdigkeit oder Schwäche

oder Schwäche 1 Geringe Müdigkeit/Schwäche

2 Mäßige Müdigkeit/Schwäche

3 Schwere Müdigkeit/Schwäche

■■■■ Schwindel 0 Kein Schwindel

1 Leichter Schwindel

2 Mäßiger Schwindel

3 Schwerer Schwindel

■■■■ Schlafstörungen 0 Normaler, gewohnter Schlaf

1 Ungewohnte Schlafstörungen

2 Schwere Schlafstörungen, häufiges Aufwachen

3 Völlige Schlaflosigkeit

Objektive Beurteilung

Dieser Erhebungsschritt umfasst klinische Untersuchungsergebnisse und wird stets

getrennt vom Ergebnis der subjektiven Beurteilung bewertet.

■■■■ Bewusstsein 0 Ungestörtes Bewusstsein

1 Lethargie, Apathie

2 Verwirrtheit, Desorientierung

3 Somnolenz, Bewusstlosigkeit

4 Koma

■■■■ Ataxie (Ferse-Zehen- 0 Keine Gleichgewichtsstörung

Gehen) 1 Leichte Gleichgewichtsstörungen

2 Aus der Linie treten

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3 Niederfallen

4 Stehunfähigkeit

■■■■ Periphere Ödeme 0 Keine peripheren Ödeme

1 Periphere Ödeme an einer Stelle

2 Periphere Ödeme an mehreren Stellen

Funktionsprüfung

Die funktionellen Auswirkungen der subjektiven Selbstbeurteilung bzw. alternativ der

klinischen Beurteilung sollten durch eine fakultative Zusatzfrage ergänzt werden: In-

wieweit beeinflussen allfällige Symptome die Leistu ngsfähigkeit ?

0 Keine Leistungseinschränkung

1 Geringe Leistungseinschränkung

2 Mäßiger plötzlicher Leistungsabfall

3 Schwerer plötzlicher Leistungsabfall

Es herrscht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass als maßgeblich für den

Score derzeit nur der Erhebungsabschnitt „subjektive Selbstbeurteilung“ gelten kann,

da dessen Zuverlässigkeit im Gegensatz zu den beiden anderen mittlerweile ausrei-

chend dokumentiert und valorisiert ist. Der klinische sowie der funktionelle Score ha-

ben daher vorwiegende deskriptive Bedeutung, und zwar für die Dokumentation von

individuellen Krankheitsverläufen.

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Muster eines Dokumentationsblattes für den LL-Score

6.8. AMS-Score für Kleinkinder

Das Lake Louise Scoring System (LLSS) wurde für erwachsene Personen entwickelt

und bereitet vor allem bei Kleinstkindern bis zum 3.Lebensjahr, also noch ohne ent-

sprechende sprachliche Kommunikationsfähigkeit, verständlicherweise Probleme. Er

wurde daher durch zwei kinderspezifische Scores ergänzt: Ein so genannter „Un-

ruhe-Score“ (fussiness score, FS) ersetzt das Symptom Höhenkopfschmerz, und ein

pädiatrischer Symptomscore (PSS) bewertet Appetit, Spielintensität und Schlaf.

1. Unruhe-Score (FS) : Unruhe ist definiert als ein Zustand der Reizbarkeit ohne klar

erkennbare Ursache wie Hunger, Durst, nasse Windeln, Zahnung oder Verletzungs-

schmerzen. Der Score wird in einer Skala von 1 bis 6 in Bezug auf Dauer sowie In-

tensität über zumindest 2 Stunden hinweg beurteilt und kann auch Weinen, Schrei-

en, Muskelverspannungen oder Rastlosigkeit beinhalten. Die Summe dieser beiden

Skalen bildet den Unruhe-Score (FS):

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■■■■ Dauer einer unerklärlichen Unruhe

0 1 2 3 4 5 6

Keine Unruhe Zeitweise Unruhe Ständige Unruhe im Wachzustand

■■■■ Intensität der Unruhe

0 1 2 3 4 5 6

Keine Unruhe Mäßige Unruhe Heftiges Schreien und extreme Unruhe

2. Pädiatrischer Symtome-Score (PSS) : Er stellt eine kindgerechte Modifikation

entsprechender Abschnitte des LLSS dar:

■■■■ Essverhalten 0 Normal

1 Etwas geringer als üblich

2 Deutlich geringer als üblich

3 Völlige Nahrungsverweigerung oder Erbrechen

■■■■ Spielverhalten 0 Normal

1 Etwas geringer als üblich

2 Deutlich geringer als üblich

3 Kind spielt überhaupt nicht

■■■■ Schlafverhalten 0 Normal

1 Etwas weniger als üblich

2 Deutlich weniger als üblich

3 Kind kann überhaupt nicht schlafen

Alle Angaben sollten möglichst durch die Eltern des Kindes gemacht werden, da

diese ja mit dem Normalverhalten ihres Kindes vertraut sind. Die Summe beider Sco-

res (FS und PSS) bildet den sog. AMS-Score für Kleinkinder (Children`s Lake Louise

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Score, CLLS). Auswertung: FS = oder > 4, PSS = oder > 3 bzw. CLLS = oder > 7

gelten als AMS.

Zur Bewertung des Leitsymptomes „Höhenkopfschmerz“ kreisen

die Kinder jenes Gesicht ein, dass ihren subjektiven Empfinden am enesten entspricht

6.9. Neuropsychische Veränderungen

Hypoxie vermindert die cortikale (intellektuelle) Leistungsfähigkeit. Hyperventilation

bewirkt eine Erregungssteigerung sowie Halluzinationen, Trance und Bewusstseins-

eintrübung. Abgesehen von den unter 6.6.5. aufgelisteten neurologischen Auffällig-

keiten beobachtet man in extremen Höhen daher häufig folgende neuropsychische

Phänomene:

• Stimmungsschwankungen (Euphorie - Depressionen)

• Lebhafte Träume, Albträume

• Konzentrations- und Erinnerungsstörungen (Kurzzeitgedächtnis)

• Seh- und Sprachstörungen

• Erregungssteigerung, Trance, Halluzinationen („Der dritte Mann")

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Praktisch bedeutsam ist der Umstand, dass akute psychotische Zustände beim

Höhenbergsteigen nicht selten sind. Mit HALOPERIDOL (im oder peroral) sind sol-

che oft dramatischen Situationen in der Regel gut beherrschbar.

6.9.1. Führt wiederholter Höhenaufenthalt zu Gehir nschäden ?

Nach Aufenthalt in extremen Höhen ohne Sauerstoffatmung als Steighilfe, beson-

ders nach Gipfelgängen über 8500 m, wurden permanente kognitive Beeinträchti-

gungen und insbesondere Störungen im Bereich bifronto-temporo-limbischer Struk-

turen festgestellt. Bemerkenswerterweise scheinen Personen mit besonders guter

HVR anfälliger auf neurologische Spätschäden zu sein.

Diese cerebralen Läsionen geschehen auch ohne neurologische Auffälligkeiten wäh-

rend der Höhenexposition selbst, sind Monate bis Jahre nach dem letzten Höhen-

aufenthalt nachweisbar und scheinen demnach auf eine permanente Beeinträch-

tigung des zentralen Nervensystems durch Höhenhypoxie hinzuweisen. Im Alltag be-

einflussen diese Schädigungen offenbar aber nicht (siehe auch 2.4.2.).

6.9.2. Was ist der „Höhenrausch“ ?

Die Vorstellung ist weitverbreitet, dass Hypoxie zu rauschähnlichen Euphorie-An-

fällen mit irrationalen und damit gefährlichen Handlungen führen könne. Tatsächlich

gibt es Berichte über überschießende „Glücksgefühle“, verbunden mit akustischen

und visuellen Halluzinationen bzw. mit einem „Out-of-body“-Empfinden ähnlich wie

unter bestimmten Drogen. Ob hier ein erhöhter Endorphinspiegel (wie bei etlichen

anderen anstrengenden Sportarten nachgewiesen wurde) oder eher Hypoxie dafür

verantwortlich sind, bleibt dahingestellt. Ebenso spekulativ ist die faszinierende The-

orie, dass Höhenbergsteiger häufig doch sehr deutliche Hinweise auf ein massives

Suchtverhalten („Endomorphinisten“) aufweisen würden. Mit dem pathophysiologisch

völlig anders gelagerten „Tiefenrausch“ beim Flaschentauchen ist der „Höhen-

rausch“, was immer das nun tatsächlich sein mag, jedenfalls nicht vergleichbar.

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Baltoro (Karakorum)