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Aktuelles KVS-Mitteilungen Heft 2/2011 4 Am 12. Januar wurde im Landkreis Nordsachsen die erste Hausärztliche Praxis der KV Sachsen offiziell eröff- net. Nach Thüringen ist Sachsen das zweite Bundesland, das diese Form der ambulanten medizinischen Versorgung versucht. Mediale Aufmerksamkeit ist den Akteuren dabei sicher, egal was sie gerade unternehmen und wie lange es dauert. „Was soll das schon wie- der?“ fragen die Einen, „warum hat es so lange gedauert und warum nicht in unserem Dorf“, kritisieren die Ande- ren. Wenn keine andere Möglichkeit mehr gegen den regionalen Ärztemangel hilft, sind KV-Eigenpraxen die „Ultima Ratio“. Der Vorstandsvorsitzende der KV Sachsen, Dr. Klaus Heckemann, blickt auf einen zweijährigen Kampf voller Hoffnungen und Enttäuschungen durch Bewerber zurück, die sich letztlich anders entschieden: „Geht man nach der Zahl derer, die jetzt sagen, sie hätten die Idee für diese Praxis gehabt, können wir heute einen großen Erfolg feiern, denn dieser hat bekanntlich viele Väter.“ Dr. Heckemann betonte auch gegen- über den Medien: „Ziel bleibt die eigene Niederlassung, deshalb erfolgt die An- stellung auf maximal zwei Jahre be- fristet.“ Begonnen hat alles vor zwei Jahren. Die Kreisärztekammer Torgau-Oschatz trug den Wunsch nach einer KV-Eigenpraxis an den Landesausschuss heran. Nach dessen Zustimmung und dem Beschluss des KV-Vorstandes stand die Stellen- anzeige im Sommer 2008 im Ärzteblatt und in den KVS-Mitteilungen. Bis zum Frühjahr 2009 wurden vier detaillierte Bewerbergespräche geführt. Parallel setzte sich innerhalb des Landkreises Torgau-Oschatz die Gemeinde Arzberg durch Hartnäckigkeit und Aktivitäten durch. Sie räumte zwei Etagen eines Mehrgenerationshauses im OT Trieste- witz, wo 360 der 2.100 Einwohner der Gesamtgemeinde Arzberg leben, frei und stellte dieses Objekt für Praxis und Wohnung zur Verfügung. Mit Hilfe regionaler Firmen entstand so auf ca. 120 qm aus zwei Wohnungen eine Praxis Frau dr. Vida vor der KV-Praxis mit zwei Sprechzimmern, Wartezimmer, Labor und Nebengelass. Im Juli 2010 zog die ungarische Ärztin Zsuzsanna Vida mit ihrer Familie in die Wohnung über der Praxis ein. Im östlichen Teil der Elbniederung, an der Grenze zu Brandenburg gelegen, wird Triestewitz in der breiten Öffent- lichkeit eher wenig wahrgenommen. Aber auch hier benötigen die Menschen ärzt- liche Leistungen. Bei Anfahrt von östli- cher Seite ist Torgau am Horizont zu erkennen. Leipzig ist mit dem Auto in einer guten Stunde zu erreichen. Die- sen Weg lernten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksgeschäfts- stelle Leipzig genauer kennen, die für viele unbemerkt im Hintergrund ein sehr großes Pensum an zusätzlicher Arbeit zu leisten hatten und sich dabei auf völlig neuem Terrain bewegen muss- ten. Vorher waren zahlreiche bürokratische Hürden zu nehmen. Dabei stand die ärztliche Selbstverwaltung sehr in der medialen Kritik. Wieso fordert diese Facharztnachweise aus Ungarn an, wenn die Ärztin doch längst da ist? Hätten KV und SLÄK ihre Pflicht nicht sorg- fältig erfüllt und es hätte „ge-Postel-t“, wäre der mediale Aufschrei ungleich größer ausgefallen und Personenscha- den nicht ausgeschlossen gewesen. Aus der Übernahme dieses ungarischen Ab- schlusses in deutsches Recht ergibt sich auch die Schreibweise „dr.“ statt „Dr.“ Bei der Eröffnung mit zahlreichen Gratulanten, den Vertretern des Land- kreises, der Gemeinde und der Presse betonte Dr. Klaus Heckemann, er sei gu- ten Mutes, dass mit Frau dr. Vida der Versuch gelingt, mit ihren Arzthelferin- nen als angestellte Ärztin erst mal frei von wirtschaftlichen Zwängen zu arbei- ten und sich einen stabilen Patienten- stamm aufzubauen. Das ist nach seiner Meinung für einen Hausarzt das Wich- tigste. „Nach spätestens zwei Jahren wer- den wir dann entscheiden, wie es weiter- geht.“ Aktuelles Erste Hausärztliche Praxis der KV Sachsen eröffnet Dr. Schmidt, Dr. Heckemann und Frau dr. Vida vor Kamera und Mikrofon

Aktuelles Erste Hausärztliche Praxis der KV Sachsen eröffnet · Parallel setzte sich in nerhalb des Landkreises Torgau-Oschatz die Gemeinde Arzberg durch Hartnäckigkeit und Aktivitäten

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Page 1: Aktuelles Erste Hausärztliche Praxis der KV Sachsen eröffnet · Parallel setzte sich in nerhalb des Landkreises Torgau-Oschatz die Gemeinde Arzberg durch Hartnäckigkeit und Aktivitäten

Aktuelles

KVS-Mitteilungen Heft 2/20114

Am 12. Januar wurde im Landkreis Nordsachsen die erste Hausärztliche Praxis der KV Sachsen offiziell eröff -net. Nach Thüringen ist Sachsen daszweite Bun desland, das diese Form derambu lanten medizinischen Versorgungversucht. Mediale Aufmerksamkeit istden Akteuren dabei sicher, egal was sie gerade unternehmen und wie lange es dauert. „Was soll das schon wie -der?“ fragen die Einen, „warum hat es so lange gedauert und warum nicht in unserem Dorf“, kritisieren die Ande-ren.

Wenn keine andere Möglichkeit mehr gegen den regionalen Ärztemangel hilft, sind KV-Eigenpraxen die „UltimaRatio“. Der Vorstandsvorsitzende der KVSachsen, Dr. Klaus Heckemann, blicktauf einen zweijährigen Kampf vollerHoffnungen und Enttäuschungen durchBewerber zurück, die sich letztlich andersentschieden: „Geht man nach der Zahl derer, die jetzt sagen, sie hätten die Idee für diese Praxis gehabt, können wir heute einen großen Erfolg feiern,denn dieser hat bekanntlich viele Väter.“Dr. Heckemann betonte auch gegen -über den Medien: „Ziel bleibt die eigeneNiederlassung, deshalb erfolgt die An-stellung auf maximal zwei Jahre be -fristet.“

Begonnen hat alles vor zwei Jahren. DieKreisärztekammer Torgau-Oschatz trugden Wunsch nach einer KV-Eigenpraxisan den Landesausschuss heran. Nach dessen Zu stimmung und dem Beschlussdes KV-Vorstandes stand die Stellen -anzeige im Sommer 2008 im Ärzteblattund in den KVS-Mitteilungen. Bis zumFrühjahr 2009 wurden vier detaillierteBewerbergespräche geführt. Parallelsetzte sich in nerhalb des Landkreises Torgau-Oschatz die Gemeinde Arzbergdurch Hartnäckigkeit und Aktivitätendurch. Sie räumte zwei Etagen einesMehrgenerations hauses im OT Trieste-witz, wo 360 der 2.100 Einwohner derGesamtgemeinde Arzberg leben, frei und stellte dieses Objekt für Praxis und Wohnung zur Verfügung. Mit Hilferegionaler Firmen entstand so auf ca. 120 qm aus zwei Wohnungen eine Praxis

Frau dr. Vida vor der KV-Praxis

mit zwei Sprechzimmern, Wartezimmer,Labor und Nebengelass. Im Juli 2010 zog die ungarische Ärztin ZsuzsannaVida mit ihrer Familie in die Wohnungüber der Praxis ein.

Im östlichen Teil der Elbniederung, an der Grenze zu Brandenburg gelegen, wird Triestewitz in der breiten Öffent -lichkeit eher wenig wahrgenommen. Aberauch hier benötigen die Menschen ärzt -liche Leistungen. Bei Anfahrt von östli-cher Seite ist Torgau am Horizont zu erkennen. Leipzig ist mit dem Auto in einer guten Stunde zu erreichen. Die -sen Weg lernten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksgeschäfts-stelle Leipzig genauer kennen, die fürviele unbemerkt im Hintergrund ein sehr großes Pensum an zusätzlicher

Arbeit zu leisten hatten und sich dabei auf völlig neuem Terrain bewegen muss -ten.

Vorher waren zahlreiche bürokratischeHürden zu nehmen. Dabei stand die ärztliche Selbstverwaltung sehr in dermedialen Kritik. Wieso fordert dieseFacharztnachweise aus Ungarn an, wenndie Ärztin doch längst da ist? Hätten KV und SLÄK ihre Pflicht nicht sorg -fältig erfüllt und es hätte „ge-Postel-t“,wäre der mediale Aufschrei ungleich größer ausgefallen und Personenscha -den nicht ausgeschlossen gewesen. Ausder Übernahme dieses ungarischen Ab-schlusses in deutsches Recht ergibt sich auch die Schreibweise „dr.“ statt„Dr.“

Bei der Eröffnung mit zahlreichen Gratulanten, den Vertretern des Land -kreises, der Gemeinde und der Presse be tonte Dr. Klaus Heckemann, er sei gu-ten Mutes, dass mit Frau dr. Vida der Ver such gelingt, mit ihren Arzthelferin-nen als angestellte Ärztin erst mal frei von wirtschaftlichen Zwängen zu arbei-ten und sich einen stabilen Patienten-stamm aufzubauen. Das ist nach seinerMeinung für einen Hausarzt das Wich -tigste. „Nach spätestens zwei Jahren wer -den wir dann entscheiden, wie es weiter-geht.“

Aktuelles

Erste Hausärztliche Praxis der KV Sachsen eröffnet

Dr. Schmidt, Dr. Heckemann und Frau dr. Vida vor Kamera und Mikrofon

Page 2: Aktuelles Erste Hausärztliche Praxis der KV Sachsen eröffnet · Parallel setzte sich in nerhalb des Landkreises Torgau-Oschatz die Gemeinde Arzberg durch Hartnäckigkeit und Aktivitäten

Frau dr. Vida, überwältigt von dem regen Interesse, den vielen Glückwün-schen und zahlreichen Gratulanten be-tonte in dem anstrengenden und unge-wohnten „Eröffnungsrummel“ gegenüberden Medien, sie wolle endlich wieder ungestört für ihre Patienten da sein. Nunist es an den Arzbergern, die erkämpftePraxis anzunehmen.

Deshalb sei es an dieser Stelle und in eben diesem Sinn erlaubt, einen Witz zuzitieren: Zwei Dorfbewohnerinnen überden neuen Landarzt: „Ich kann mich für den neuen Doktor nicht erwärmen!“ „Dusollst dich doch lieber für ihn erkälten!

– Öffentlichkeitsarbeit/im –

Aktuelles

5KVS-Mitteilungen Heft 2/2011

In eigener Sache:

An dieser Stelle sei es gestattet, Wortedes Dankes an jene externen und inter-nen Mitwirkenden zu richten, die ent-scheidenden Anteil daran hatten, dassdas Projekt „KV-Eigenpraxis“ nach re-lativ kurzer Zeit der Vorbereitung undUmsetzung Anfang Januar 2011 reali-siert werden konnte.

Zunächst ist hier Herr Dr. med. Bern-hard Zirm zu nennen, der Frau dr. Vidain Vorbereitung auf ihre ärztliche Tätig-keit eine mehrwöchige Hospitation in seiner Praxis in Torgau ermöglichthat. Dank gilt auch Herrn EckhardSchultze in Torgau, in dessen Praxiseine der beiden neu eingestellten Arzthelferinnen seit Anfang Januar in Vorbereitung auf ihre Tätigkeit in der KV-Praxis ein Praktikum absol-vierte.

Unser Dank gilt jenen Firmen, ohne deren schnelles und flexibles Wirkendie Arbeitsfähigkeit der Praxis nicht indieser kurzen Zeit hätte hergestellt werden können.

Nicht zuletzt danken wir den Mit -arbeiterinnen und Mitarbeitern unse -rer Bezirksgeschäftsstelle Leipzig, derSächsischen Landesärztekammer undder Gemeinde Arzberg für ihre Beiträge zum letztlich guten Gelingendes Projektes.

Der Vorstand der KV Sachsen

Gemeinsam hatten die Sächsische Lan-desärztekammer, die KV Sachsen, dieSächsische Krankenhausgesellschaft so-wie die Deutsche Apotheker- und Ärzte-bank am 22. Januar zu einer „Informa -tionsveranstaltung für Ärztinnen undÄrzte in Weiterbildung“ in das Gebäudeder Sächsischen Landesärztekammer ein-geladen. Rund 150 Nachwuchsmedizinernutzten das Angebot, um sich Orientie-rungshilfen für ihren weiteren Berufswegzu holen.

Im Rahmen einer Plenarveranstaltunggab der Präsident der Sächsischen Lan-desärztekammer, Herr Prof. Dr. JanSchulze, den Teilnehmern Einblicke indie „3 Säulen“ des Gesundheitswesens –ambulanter und stationärer Sektor sowieöffentlicher Gesundheitsdienst – und de-ren Perspektiven. Die interessierten Zu-hörer erhielten Informationen z. B. zu denThemen: Weiterbildung, Fortbildung undNetzwerk „Ärzte für Sachsen“.

Zahlreiche der jungen Besucher nutzendie Chance, sich anschließend an den Beratungsständen oder im Rahmen derangebotenen Workshops ganz praktischeTipps zu holen. Die von der KVS angebo-tenen Workshops, „Traumjob Haus-arzt!?“ und „Arbeiten als an gestellterArzt in einer Praxis“ konnten sich dabeieiner sehr guten Resonanz erfreuen.

Mitarbeiter der KVS mussten am Standder KVS viele Fragen beantworten. DiePalette reichte dabei von den Förder -möglichkeiten in der Weiterbildung übereinzelne Antragsverfahren bis hin zur Tätigkeit in der vertragsärztlichen Versor-gung.

– Sicherstellung/re –

Fazit: Eine gelungene Veranstaltung mit beachtlicher Resonanz und interes-sierten Teilnehmern. Das gibt doch einbisschen Hoffnung, denkt man an denÄrztemangel.

Weitere Informationen u. a. hier:

www.aerzte-fuer-sachsen.de/facharzt/weiterbildung/

www.kvs-sachsen.de/mitglieder/arbeiten-als-arzt-in-weiterbildung/

Gut besuchte „Orientierungshilfe“ für Ärztenachwuchs

nachgefragt: Der Stand der KV Sachsen