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27 Alkohole, Phenole, Ether Die Bindungen in den reinen Kohlenwasserstoffen sind nahezu unpolar. Sind dagegen elektronegativere Elemente an Kohlenstoff gebunden, liegen polare Atombindungen vor. Diese Bereiche des Moleküls nennt man funktionelle Gruppen. Erst durch die funktionellen Gruppen ist die große Vielfalt organischer Verbindungen mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften und Reaktionstypen denkbar. Die meisten Reaktionen finden an den funktionellen Gruppen statt, da durch die dort vorliegenden polaren Bindungen die Gruppen sehr viel reaktiver sind als die nahezu unpolaren C–C- und H–C-Bindungen. Funktionelle Gruppen enthalten stets Heteroatome, also Atome anderer Elemente als Wasserstoff und Kohlenstoff. Die wichtigsten funktionellen Gruppen enthalten Sauerstoff, Stickstoff oder Schwefel (Thio...): Alkohole Phenole Ether Thiole (Mercaptane) Thioether Amine Ethanol Vor allem die funktionellen Gruppen bestimmen die Eigenschaften einer organischen Verbindung. Sie beeinflussen Schmelz- und Siedepunkt und die Löslichkeit bzw. Mischbarkeit mit anderen Stoffen. Die meisten chemischen Reaktionen finden im Molekül an den funktionellen Gruppen statt. Ethanol ist ein technisch wichtiges Lösungmittel und auch Bestandteil alkoholischer Getränke. Ethanol ist flüssig und in beliebigem Verhältnis mit Wasser mischbar. Ethanol kann oxidiert werden, wobei aus der -CH 2 OH eine Carbonsäuregruppe -COOH entsteht. Auch hier wirkt sich die Änderung der funktionellen Gruppe erheblich auf die Eigenschaften der neuen Verbindung aus. Es ist nun eine Säure mit stechendem Geruch: Essigsäure.

Alkohole, Phenole, Ether · Enthält ein Molekül mehrere Hydroxyl-Gruppen, handelt es sich um einen mehrwertigen Alkohol bzw. um ein mehrwertiges Phenol. Die wichtigsten Vertreter

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Page 1: Alkohole, Phenole, Ether · Enthält ein Molekül mehrere Hydroxyl-Gruppen, handelt es sich um einen mehrwertigen Alkohol bzw. um ein mehrwertiges Phenol. Die wichtigsten Vertreter

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Alkohole, Phenole, EtherDie Bindungen in den reinen Kohlenwasserstoffen sind nahezu unpolar. Sind dagegenelektronegativere Elemente an Kohlenstoff gebunden, liegen polare Atombindungen vor. DieseBereiche des Moleküls nennt man funktionelle Gruppen.Erst durch die funktionellen Gruppen ist die große Vielfalt organischer Verbindungen mit sehrunterschiedlichen Eigenschaften und Reaktionstypen denkbar. Die meisten Reaktionen finden anden funktionellen Gruppen statt, da durch die dort vorliegenden polaren Bindungen die Gruppensehr viel reaktiver sind als die nahezu unpolaren C–C- und H–C-Bindungen.

Funktionelle Gruppen enthalten stets Heteroatome, also Atome anderer Elemente alsWasserstoff und Kohlenstoff. Die wichtigsten funktionellen Gruppen enthalten Sauerstoff, Stickstoffoder Schwefel (Thio...):

Alkohole Phenole Ether

Thiole (Mercaptane) Thioether

Amine

Ethanol

Vor allem die funktionellen Gruppen bestimmen die Eigenschaften einer organischen Verbindung.Sie beeinflussen Schmelz- und Siedepunkt und die Löslichkeit bzw. Mischbarkeit mit anderenStoffen. Die meisten chemischen Reaktionen finden im Molekül an den funktionellen Gruppenstatt.

Ethanol ist ein technisch wichtiges Lösungmittel und auch Bestandteil alkoholischer Getränke.Ethanol ist flüssig und in beliebigem Verhältnis mit Wasser mischbar.

Ethanol kann oxidiert werden, wobei aus der -CH2OH eine Carbonsäuregruppe -COOH entsteht.Auch hier wirkt sich die Änderung der funktionellen Gruppe erheblich auf die Eigenschaften derneuen Verbindung aus. Es ist nun eine Säure mit stechendem Geruch: Essigsäure.

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Nomenklatur

Auch die funktionellen Gruppen müssen im systematischen Substanznamen enthalten sein. Ist nureine funktionelle Gruppe enthalten, richtet sich die Endung nach dieser Gruppe. Bei mehrerenfunktionellen Gruppen wird die Endung der in der folgenden Tabelle am weitesten oben stehendenGruppe verwendet (es sind nur die wichtigsten Gruppen und Namen angegeben):

funktionelle Gruppe Bezeichnung als Substituent Endung

Carbonsäure -COOH -säure

Aldehyd -CHO -al

Keton -CO- Oxo- -on

Alkohol -OH Hydroxy- -ol

Amin -NH2 Amino- -amin

Die Numerierung der Kohlenstoffkette wird so gewählt, dass der höchstwertige Substituent diekleinste Stellungsnummer erhält. Da Carbonsäuregruppen nur am Kettenende auftreten können,besitzen diese C-Atome stets die Nummer 1.Bei vielen Verbindungen wird häufiger ein Trivialname verwendet, z.B. für CH3-COOH Essigsäure(statt Ethansäure).

Alkohole

Alkohole besitzen mindestens eine Hydroxyl-Gruppe (-OH). Diese ist an ein Kohlenstoffatomgebunden, das keine weitere funktionelle Gruppe trägt. Abhängig davon, wie viele weitere C-Atome gebunden sind, unterscheidet man primäre, sekundäre und tertiäre Alkohole:

1-Butanol 2-Butanol tert.-Butanol

primär sekundär tertiär

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Eigenschaften von Alkoholen

Methanol

CH3OH

Ethan

C2H6

Molare

Masse 32 30

Siedepunkt 65°C -89°C

Als Beispiele sind hier die Siedepunkte von Methanol undEthan angegeben. Die Molmassen sind nahezu gleich, dieSiedepunkte unterscheiden sich jedoch um 154 oC. Ursache fürden deutlich höheren Siedepunkt des Alkohols ist, dass dieAlkohol-Moleküle Wasserstoffbrücken ausbilden können.Zwischen den unpolaren Alkan-Molekülen ist dies nichtmöglich.

An die freien Elektronenpaare am Sauerstoff der OH-Gruppe kann sich auch ein Proton anlagern.Durch starke Basen kann andererseits die OH-Gruppe deprotoniert werden. Alkohole weisen somit- wie Wasser auch - einen amphoteren Charakter auf. Die Acidität der Alkohole ist jedoch sehr vielgeringer, als die von Wasser.

Protonierung eines Alkohols: Bildung einesOxonium-Ions

Deprotonierung eines Alkohols: Bildung einesAlkoholat-Ions

Synthese von Alkoholen

Methanol entsteht in kleinen Mengen bei Gärungsprozessen. Technisch wird Methanol fastausschliesslich durch Hydrierung von Kohlenmonoxid hergestellt. Diese Reaktion läuft unterEinsatz eines Katalysators ab.

CO + H2 CH3OH

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Ethanol wird dagegen vor allem durch alkoholische Gärung erzeugt. Zucker (vor allem Glucose)wird dabei durch Hefe zu Ethanol und CO2 umgesetzt. Für die Hefe dient dieser Prozess zurEnergiegewinnung:

C6H12O6 2 CH3CH2OH + 2 CO2

Technisch kann Ethanol durch Hydratisierung von Ethen hergestellt werden:

C2H4 + H2O CH3CH2OH

Oxidation von Alkoholen

Primäre, sekundäre und tertiäre Alkohole werden unterschiedlich oxidiert.

CH3 CH2 CH2 OH

CH2CH3 COOH

CH3

OH

CH CH3

CH3 C

O

CH3

CH3

OH

C

CH3

Während der primäre Alkohol 1-Propanol (n-Propanol) bis zur Propionsäure oxidiert werdenkann, endet die Oxidation des sekundären Alkohols 2-Propanols (Isopropylalkohol) beim Keton.Tertiäres Butanol (2-Methyl-2-propanol) kann von Oxidationsmitteln nicht angegriffen werden.

Phenole

Eine spezielle Stoffklasse stellen die Alkohole dar, bei denendie OH-Gruppe an ein aromatisches System gebunden ist.Nach der einfachsten Verbindung, Hydroxybenzol = Phenol,nennt man die ganze Gruppe Phenole.

Phenol Cyclohexanol

Aufgrund der möglichen Mesomeriestabilisierung des Phenolat-Anions ist die Acidität der Phenoledeutlich größer als die der Alkohole. Eine wässrige Lösung von Phenol reagiert schwach sauer.Daher rührt auch der alte Name "Karbolsäure" für Phenol.

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Durch die gebundene OH-Gruppeam aromatischen System sind diePositionen am Ring nicht mehräquivalent. Eine Zweitsubstitutionerfolgt an Phenol ausschließlich inortho- oder para-Stellung. Werdendrei Äquivalente Brom umgesetzt,entsteht 2,4,6-Tribrom-phenol.

Die OH-Gruppe ist, vor allem durch die freien Elektronenpaare am Sauerstoff, am -Systembeteiligt und greift in das mesomere System ein. Die Grafik zeigt die möglichen mesomerenGrenzstrukturen am Beispiel des Phenolat-Ions. Es wird deutlich, dass nur an den C-Atomen inortho- und para-Stellung eine höhere Elektronendichte vorliegt.Daher erfolgt auch nur an diesen Stellen eine elektrophile Substitution.

Mehrwertige Alkohole und Phenole

Enthält ein Molekül mehrere Hydroxyl-Gruppen, handelt es sich um einen mehrwertigen Alkoholbzw. um ein mehrwertiges Phenol. Die wichtigsten Vertreter dieser Gruppen sind hier angegeben.

Ethylenglykol Glycerin

Ethylenglykol ist eine farblose, viskose, süßlichschmeckende Flüssigkeit. Es kommt vor allem alsFrostschutzmittel zum Einsatz.

Glycerin, ebenfalls eine farblose, viskose Flüssigkeit, istein Bestandteil der Fette.

Brenzkatechinl Resorcin Hydrochinon

Brenzkatechin (o-Dihydroxybenzol),Resorcin (m-Dihydroxybenzol) undHydrochinon (p-Dihydroxybenzol)sind zweiwertige Phenole.Sie sind wichtige Ausgangsstoffe fürchemische Synthesen. Brenzkatechinund Hydrochinon sind starkeReduktionsmittel und werden alsfotografische Entwicklern eingesetzt.

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Ether

Sind an ein Sauerstoff-Atom zwei Kohlenstoff-Atome gebunden, handelt es sich um einen Ether(sofern nicht weitere Heteroatome vorhanden sind). Man unterscheidet nun symmetrische Ethermit zwei gleichen Substituenten am Sauerstoff von unsymmetrischen Ethern:Ether können keine Wasserstoffbrücken untereinander ausbilden. Sie sind daher hydrophob undkaum mit Wasser mischbar und haben niedrige Siedepunkte (Diethylether: 35 oC).

symmetrischer Ether: Diethyletherbzw. Ethoxyethan

unsymmetrischer Ether: Methyl-tert.-butyl-etherbzw. 2-Methox-2-methylpropan

Cyclische Ether

Die beiden an Sauerstoff gebundene C-Atome können auch aus der gleichen C-Kette stammen. Indiesem Fall kommt es zu einem Ringschluss, es entstehen cyclische Ether.

Epoxid(Oxiran)

TetrahydrofuranTHF

Tetrahydropyran Dioxan

Darstellung von Ethern

Ether können aus Alkoholen unter Wasserabspaltung hergestellt werden. Für symmetrische Etherist die Synthese leicht möglich. Werden dagegen zwei verschiedene Alkohole verwendet, erhältman ein Gemisch aus verschiedenen Ethern:

R-O-H + H-O-R' 25% R-O-R + 50% R-O-R' + 25% R'-O-R' + H2O

C C OH + HO CCC C C CCC O- H2O

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Thiole und Thioether

Schwefel steht in der gleichen Hauptgruppe wie Sauerstoff. Er kann in vielen Stoffklassen denSauerstoff ersetzen, zur Kennzeichnung wird "Thio-" diesen Verbindungen vorangestellt:

Thiole(Mercaptane)

Ethanthiol Thioether Dimethylthioether

Thiole sind auch gute Radikalfänger, da ein ungepaartes Elektron am Schwefel wenig reaktiv ist:

R· + R-S-H R-H + R-S·

Thiole weisen einen unangenehmen, fauligen Geruch auf. Sie sind oft Nebenprodukte anaeoroberZersetzungen, wobei sie aus Abbauprodukten schwefelhaltiger Aminosäuren entstehen.

Thiole und Schwermetalle

Der alte Name Mercaptane deutet auf eine weitere Eigenschaft der Thiole hin: Thiole bildenleicht Komplexe mit Quecksilber (Mercurium), sowie mit einigen anderen Schwermetallen.Quecksilber-Ionen können sogar Disulfid-Brücken, die Proteine stabilisieren, aufbrechen, unddamit Enzyme deaktivieren.

Quecksilber als Enzymgifthttp://www2.chemie.uni-erlangen.de/projects/vsc/chemie-mediziner-neu/kinetik/enzyme3.html

Auf diesem Verhalten beruht insbesondere die Giftwirkung des Quecksilbers.Im Organismus wird die hohe Affinität vieler Schwermetall-Ionen zu Thiol-Gruppen ausgenutzt.Spezielle cysteinreiche Peptide (Cystein enthält eine Thiolgruppe in der Seitenkette) bindenSchwermetallionen. Die Thioneine genannten Peptide ermöglichen damit Transport undAusscheidung von Schwermetall-Ionen und verhindern somit die Schädigung der Zellen. Bei einerhohen Belastung mit Schwermetallen reicht dieser Mechanismus jedoch nicht aus, so dassVergiftungen auftreten.

Oxidation von Thiolen: Disulfidbrücken

Die Bildung von S–S-Brücken durch Oxidation von Thiolen spielt vor allem für die Stabilisierungvon Proteinen eine bedeutende Rolle. Zwei räumlich benachbarte Thiol-Gruppen aus Cystein-Seitenketten bilden dabei eine kovalente Bindung, die eine sehr starre Verbindung herstellt:

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Amine

Amine enthalten Stickstoffatome. Je nach Zahl der an Stickstoff gebundenen Kohlenstoffatomeunterscheidet man primäre, sekundäre und tertiäre Amine:

primär: sekundär tertiär

Methylamin Dimethylamin Trimethylamin

Anilin Piperidin Pyridin

Basizität von Aminen

Amine können leicht Protonen aufnehmen, sie reagieren daher basisch:

R–NH2 + H2O R–NH3+ + OH–

Die meisten Amine sind sogar basischer als Ammoniak, ihr pKB-Wert ist kleiner. Ursache hierfür istder induktive Effekt (+I-Effekt) der Alkylgruppe (= elektronenspendene Gruppe).

Alkylamin(Methylamin)

> Ammoniak

NH3

pKB 3,34 > 4,75

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Biochemisch wichtige Amine

Amine haben im Organismus wichtige Funktionen: Sie fungieren als Neurotransmitter, Hormonoder Mediator, sind Bausteine von Coenzymen und Lipiden oder Zwischenstufen in der Syntheseder Basen für Nucleinsäuren und der Porphyrine. Die meisten von ihnen, die biogenen Amine,werden dabei vom Organismus aus Aminosäuren hergestellt.

EthanolaminBaustein von Phospholipiden,

Vorstufe von Cholin

CysteaminBestandteil von Coenzym A

CholinBaustein von Phospholipiden

(Lecithin)

DopaminStammverbindung der

Catecholamine, Neurotransmitter

AdrenalinHormon und Neurotransmitter

http://www2.chemie.uni-erlangen.de/projects/vsc/chemie-mediziner-neu/aminosaeuren/bam01.html

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Carbonylverbindungen

Verbindungen mit einer C=O-Doppelbindung alsBaugruppe werden Carbonylverbindungengenannt. Die Doppelbindung zwischen einemSauerstoff und einem Kohlenstoffatom führt zueiner stark polarisierten Bindung und zu einerplanaren Anordnung der Carbonylgruppe undihrer unmittelbaren Nachbaratome.Die C=O-Doppelbindung ist bei den Reaktionenvon Zuckern, Fettsäuren bis zu den Proteinenvon zentraler Bedeutung.

Beispiele verschiedener Carbonylverbindungen

Es werden zwei Typen von Carbonylverbindungen unterschieden: Aldehyde und Ketone.Aldehyde tragen am Carbonyl-C-Atom mindestens ein H-Atom (im Fall von Formaldehyd zwei, inden übrigen Fällen eins). Ketone dagegen tragen stets zwei Aryl- oder Alkylreste am Carbonyl-C-Atom. - In der systematischen Nomenklatur erhalten Aldedyde die Endung -al, Ketonen dieEndung -on. Oft werden aber weiterhin die Trivialnamen verwendet.

http://www2.chemie.uni-erlangen.de/projects/vsc/chemie-mediziner-neu/carbonyl/beispiele.html

Aldehyde Ketone

Formaldehyd (Methanal) Aceton (Propanon)

Acetaldehyd (Ethanal) Methyl-ethyl-keton (Butanon)

Benzaldehyd Acetophenon (Methyl-phenyl-keton)

http://www2.chemie.uni-erlangen.de/projects/vsc/chemie-mediziner-neu/carbonyl/beispiele.html

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Eigenschaften von Carbonylverbindungen

Kurzkettige Aldehyde und Ketone sind gut wasserlöslich, denn das Carbonyl-O-Atom kannWasserstoffbrücken mit Wasser bilden.Untereinander können Carbonyl-Verbindungen im Gegensatz zu den Alkoholen keineWasserstoffbrücken bilden. Deshalb liegt auch der Siedepunkt deutlich tiefer als bei Alkoholen.

Herstellung

Aldehyde und Ketone lassen sich durch milde Oxidation von Alkoholen herstellen. PrimäreAlkohole reagieren zu Aldehyden und können noch weiter zur Carbonsäure oxidiert werden.

Tertiäre Alkohole reagieren gar nicht (mankönnte sie natürlich verbrennen, also zu CO2

und Wasser oxidieren, was aber keine mildeOxidation mehr wäre).

Polare Bindung

Die C=O-Doppelbindung ist im Gegensatz zur C=C-Doppelbindung stark polarisiert. Die ungleicheVerteilung der Ladung ist noch ausgeprägter als bei Alkoholen, weil sich die elektronenziehendeTendenz des Sauerstoffatoms noch stärker auf die -Bindung als auf die -Bindung auswirkt.Formelmäßig lässt sich dies durch folgende Grenzstrukturen zum Ausdruck bringen:

Am Carbonyl-C-Atom befindet sich eine positive Partialladung, am Sauerstoffatom eine negative.Nucleophile Reagenzien greifen deshalb am C-Atom an, elektrophile am Sauerstoffatom:

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Nuclephiler Angriff am C-Atom (mit positiverPartialladung)

Elektrophiler Angriff am O-Atom (mit negativerPartialladung)

Keto-Enol-Tautomerie

Die Polarität der C=O-Doppelbindung wirkt sich auch auf die C-H-Bindungen am benachbarten C-Atom aus – dem sogenannten -ständigen C-Atom. Starke Basen können ein Proton des -ständigen C-Atoms abspalten.Die C=O-Doppelbindung hat einen (-)-Effekt (= elektronenanziehend). Dadurch zeigt das -C-Atom eine schwache Acidität.

Ein Proton in der Lösung kann sich an zwei Orten wieder an das Anion anlagern:

1. Am -ständigen C-Atom: Es bildet sich wieder die ursprüngliche Ketoform.2. Am Enolat-O-Atom: Es bildet sich ein Enol.; -Doppelbindung (" -en") und die OH-Gruppe

(" -ol") hin.

Ketoform und Enolform stehen miteinander in einem Gleichgewicht. Beide Molekülformen könnensich reversibel ineinander umlagern. Man nennt dieses Phänomen Keto-Enol-Tautomerie

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Nukleophile Addition an Carbonyl-Verbindungen

Nucleophile greifen das C-Atom der Carbonylverbindungen an. Das C-Atom geht vom sp2- in densp3-hybridisierten Zustand über.

Starke Säuren können den Vorgang katalysieren. Durch die Anlagerung eines Protons amSauerstoff-Atom wird die C=O-Doppelbindung stärker polarisiert. Nucleophile können leichterangreifen.

Addition von Alkoholen

Aldehyde und Ketone reagieren mit Alkoholen in Gegenwart von starken Säuren (= Katalysator) zuHalbacetalen .

Halbacetale können in Gegenwart starker Säuren durch die erneute Anlagerung eines Protonsweiterreagieren. Über ein Carbenium-Ion reagiert ein Halbacetal zum Acetal. (Ein aus einemKeton gebildetes Acetal wird auch als Ketal bezeichnet).

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Addition primärer Amine

Auch Ammoniak und Amine können Carbonylverbindungen als Nucleophile angreifen. Das primäreProdukt der Addition stabilisiert sich, indem ein Proton vom Stickstoff- auf das Sauerstoffatomübertragen wird. Das tetraedrisches Zwischenprodukt ist jedoch nicht stabil und eliminiert Wasser(Kondensation). Das endgültige Produkt ist eine Schiff'sche Base.

Die Bildung Schiff'scher Basen ist eine sehr wichtige Reaktion im enzymatischen Auf- und Abbauvon Aminosäuren.

Aldol-Kondensation

Die Aldol-Kondensation ist eine wichtige Reaktion, um zwei kürzere Kohlenstoffketten zu einerlängeren zu verknüpfen. Dieser Reaktionstyp wird im Stoffwechsel unseres Körpers zum Aufbauvon längeren Ketten verwendet. Die zwei Hauptschritte der Reaktion sind: Addition undKondensation. Am Beispiel Acetaldehyd sollen die beiden Schritte formal betrachtet werden.

Formal wurde ein Acetaldehyd mit dem -C-Atom an das Carbonyl-C-Atom eines zweitenAcetaldehyds addiert. Die Reaktion wird durch starke Basen katalysiert. Das Produkt, allgemein"Aldol" genannt, enthält eine Aldehyd- (" -al") und eine Alkohol-Gruppe (" -ol"). In der Reaktionwurden zwei C2-Ketten zu einer C4-Kette verlängert.Im zweiten Schritt wird Wasser eliminiert. Aus dem Aldol entsteht ein Aldehyd mit einer C=C-Doppelbindung zwischen C-2 und C-3.

Teilschritte der Aldol-Kondensation(-Addition)

In den meisten Fällen ist die Aldol-Addition basenkatalyiert. Sie lässt sich in 3 Teilschritte zerlegen.

1. Die zu addierenden Carbonylverbindung wird in -Stellung deprotoniert. Es entsteht einCarbanion.

2. Das Carbanion reagiert als starkes Nucleophil mit einer anderen (nicht deprotonierten)Carbonylverbindung.

3. Die negative Ladung wird durch ein Proton aus der Lösung wieder ausgeglichen.

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Chinone

Das zweiwertige Phenol Hydrochinon(1,4-Dihydroxybenzol) lässt sich durchverschiedene Oxidationsmittel leichtzu 1,4-Benzochinon oxidieren.Hydrochinon ist ein Reduktionsmittel(= Elektronen-Donator)

Bei dieser Reaktion werden formal die zwei C-Atome, an denen die OH-Gruppen gebunden sind,oxidiert (die Oxidationszahl steigt von +1 auf +2). Dabei werden 2 H+ und 2 e– frei.

Chinoide Systeme

Chinone enthalten zwei C=O-Gruppen die in einem Sechsringdurch konjugierteDoppelbindungen verbundensind.Die C=O-Gruppen können inPara- oder in Ortho-Stellungzueinander stehen.

1,4-Benzochinon(para-Chinon)

1,2-Benzochinon(ortho-Chinon) Anthrachinon

Die C=O-Gruppen der Chinone lassen sich leicht wieder zu OH-Gruppen reduzieren (reversibleReaktionen). Das Redoxpotential einer Verbindung hängt von deren Substituenten ab. In der Zellewird dieses Prinzip durch Ubichinon als Redox-System in der Atmungskette ausgenutzt.

Ubichinone kommen in allen bekannten Lebewesen (Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren:ubiquitär = überall vorkommend) als Redox-Systeme vor. Sie unterscheiden sich in ihrerKettenlänge. Beim Menschen findet sich hauptsächlich Ubichinon mit n = 10 in den Mitochondrien,bei Pflanzen "Plastochinon" (n = 9) in den Chloroplasten.