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dmz 23/2012 | 29 TECHNIK & WISSENSCHAFT Alles in (die) Butter?! Anmerkung zu EuGH, Rs. C-37/11, Kommission / Tschechische Republik R e c h t s a n w a l t D r . M a r k u s K r a u s , m e y e r . r e c h t s a n w ä l t e P a r t n e r s c h a f t , M ü n c h e n Der Europäische Gerichtshof hatte sich im Rahmen eines Vertragsverletzungsver- fahrens mit der Frage auseinanderzuset- zen, unter welchen Voraussetzungen ein Erzeugnis als »pomazánkové máslo« (streichfähige Butter) in Verkehr gebracht werden darf. Entsprechende Anforderungen sind in der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 über die gemeinsame Organisation der Agrar- märkte enthalten. Art. 115 Abs. 2 i.V.m. Teil A der Anlage XV dieser Verordnung definiert »Butter« als »Erzeugnis mit ei- nem Milchfettgehalt von mindestens 80% und weniger als 90%, einem Höchstgehalt an Wasser von 16% sowie einem Höchst- gehalt an fettfreier Milchtrockenmasse von 2%«. Nach Abschnitt II Ziff. 2 Abs. 3 der Ver- ordnung (EG) Nr. 1234/2007 gilt diese Re- gelung jedoch nicht für Produkte, deren fassung der Tschechischen Republik sind die Ausnahmevorschriften der Verord- nung (EG) Nr. 1234/2007 nur auf Erzeug- nisse anzuwenden, die die dort niederge- legten Anforderungen erfüllen und die Kommission in die Liste der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 aufnahm. Anderen- falls werde die mit der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 intendierte Vollharmoni- sierung für die Klassifizierung von Milcher- zeugnisse ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt und die Ziele des lauteren Wett- bewerbs und Verbraucherschutzes gefähr- det. Der EuGH hält mit diesem Urteil in ständiger Rechtsprechung an seiner res- triktiven Grundauffas- sung bei der Kenn- zeichnung von Le- bensmitteln fest (vgl. nur EuGH, Rs. C- 47/09 - Reine Schokola- de). In Konse- quenz dieser Rechtsprechung haben die Mit- gliedstaaten bei der Festlegung von Etikettierungsvorschriften für Lebensmittel einen geringen Gestal- tungsspielraum, um ihren unionsrechtli- chen Verpflichtungen nachzukommen. Rechtsanwalt Dr. Markus Kraus, Maître en Droit (Bordeaux), meyer.rechtsanwälte Partnerschaft, München; Tätigkeitsschwerpunkt: Beratung und Vertretung im deutschen und europäischen Lebens- mittelrecht. Foto: meyer.rechtsanwälte genaue Beschaffenheit sich aus ihrer tradi- tionellen Bezeichnung ergibt, und/oder wenn die Bezeichnung eindeutig zur Be- schreibung der charakteristischen Eigen- schaft des Erzeugnisses verwandt wird. Produkte, auf die diese Ausnahmeregelung an- zuwenden ist, werden in einem Verzeichnis der Europäischen Kommission i.S.d. Ver- ordnung (EG) Nr. 445/2007 geführt. § 1 Abs. 2 q) der tschechischen Verord- nung Nr. 77/2003 de- finiert »pomazánkové máslo« – ein butter- ähnliches Erzeugnis, das als Brotaufstrich, aber auch als Bestand- teil der Herstellung an- derer Lebensmittel ver- wendet wird als »Milcherzeugnis aus mit Milchpulver oder Buttermilchpulver an- gereichertem Sauer- rahm, das einen Milch- fettgehalt von mindes- tens 31% (Massenan- teil) und eine Trockengehalt von 42% auf- weist«. Dieses Erzeugnis erfüllt aber weder die Anforderungen an »Butter« i.S.d. Ver- ordnung (EG) Nr. 1234/2007 noch war es in der Liste der Ausnahmeregelungen auf- geführt. Wettbewerb und Verbraucherschutz gefährdet Der EuGH qualifizierte diese Regelung, die die Vermarktung eines Milcherzeug- nisses, das nicht als »Butter« eingestuft werden könne, aber die Verwendung der Bezeichnung „pomazánkové máslo« ge- stattet, als unzulässig. Entgegen der Auf- PRESSE

Alles in (die) Butter?!

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Anmerkung zu EuGH, Rs. C-37/11, Kommission / Tschechische Republik

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dmz 23/2012 | 29

TECHNIK & WISSENSCHAFT

Alles in (die) Butter?!

Anmerkung zu EuGH, Rs. C-37/11, Kommission / Tschechische Republik

Rechtsanwalt Dr. Markus Kraus, meyer.rechtsanwälte Partnerschaft, München

Der Europäische Gerichtshof hatte sichim Rahmen eines Vertragsverletzungsver-fahrens mit der Frage auseinanderzuset-zen, unter welchen Voraussetzungen einErzeugnis als »pomazánkové máslo«

(streichfähige Butter) in Verkehr gebrachtwerden darf.

Entsprechende Anforderungen sind inder Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 überdie gemeinsame Organisation der Agrar-märkte enthalten. Art. 115 Abs. 2 i.V.m.Teil A der Anlage XV dieser Verordnungdefiniert »Butter« als »Erzeugnis mit ei-nem Milchfettgehalt von mindestens 80%und weniger als 90%, einem Höchstgehaltan Wasser von 16% sowie einem Höchst-gehalt an fettfreier Milchtrockenmassevon 2%«.

Nach Abschnitt II Ziff. 2 Abs. 3 der Ver-ordnung (EG) Nr. 1234/2007 gilt diese Re-gelung jedoch nicht für Produkte, deren

fassung der Tschechischen Republik sinddie Ausnahmevorschriften der Verord-nung (EG) Nr. 1234/2007 nur auf Erzeug-nisse anzuwenden, die die dort niederge-legten Anforderungen erfüllen und dieKommission in die Liste der Verordnung(EG) Nr. 1234/2007 aufnahm. Anderen-falls werde die mit der Verordnung (EG)Nr. 1234/2007 intendierte Vollharmoni-sierung für die Klassifizierung von Milcher-zeugnisse ihrer praktischen Wirksamkeitberaubt und die Ziele des lauteren Wett-bewerbs und Verbraucherschutzes gefähr-det.

Der EuGH hält mit diesem Urteil inständiger Rechtsprechung an seiner res-

triktiven Grundauffas-sung bei der Kenn-zeichnung von Le-

bensmitteln fest(vgl. nur EuGH,Rs. C- 47/09 -Reine Schokola-de). In Konse-quenz dieserRechtsprechung

haben die Mit-gliedstaaten bei der

Festlegung von Etikettierungsvorschriftenfür Lebensmittel einen geringen Gestal-tungsspielraum, um ihren unionsrechtli-chen Verpflichtungen nachzukommen.

Rechtsanwalt Dr. Markus Kraus, Maître en Droit(Bordeaux), meyer.rechtsanwälte Partnerschaft,München; Tätigkeitsschwerpunkt: Beratung undVertretung im deutschen und europäischen Lebens-mittelrecht. Foto: meyer.rechtsanwälte

genaue Beschaffenheit sich aus ihrer tradi-tionellen Bezeichnung ergibt, und/oderwenn die Bezeichnung eindeutig zur Be-schreibung der charakteristischen Eigen-schaft des Erzeugnisses verwandt wird.

Produkte, auf die dieseAusnahmeregelung an-zuwenden ist, werdenin einem Verzeichnisder EuropäischenKommission i.S.d. Ver-ordnung (EG) Nr.445/2007 geführt.

§ 1 Abs. 2 q) dertschechischen Verord-nung Nr. 77/2003 de-finiert »pomazánkovémáslo« – ein butter-ähnliches Erzeugnis,das als Brotaufstrich,aber auch als Bestand-teil der Herstellung an-derer Lebensmittel ver-wendet wird – als»Milcherzeugnis ausmit Milchpulver oderButtermilchpulver an-gereichertem Sauer-rahm, das einen Milch-fettgehalt von mindes-tens 31% (Massenan-

teil) und eine Trockengehalt von 42% auf-weist«. Dieses Erzeugnis erfüllt aber wederdie Anforderungen an »Butter« i.S.d. Ver-ordnung (EG) Nr. 1234/2007 noch war esin der Liste der Ausnahmeregelungen auf-geführt.

Wettbewerb und Verbraucherschutz gefährdet

Der EuGH qualifizierte diese Regelung,die die Vermarktung eines Milcherzeug-nisses, das nicht als »Butter« eingestuftwerden könne, aber die Verwendung derBezeichnung „pomazánkové máslo« ge-stattet, als unzulässig. Entgegen der Auf-

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