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Analytica 2010• Seite 1 Gentechnikrecht – Gefährdungspotenziale und Sicherheitsvorschriften Dr. Ingeborg Kruczek Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Berlin Geschäftsstelle der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit Analytica München 23. März 2010

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Gentechnikrecht – Gefährdungspotenziale und Sicherheitsvorschriften

Dr. Ingeborg Kruczek

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Berlin

Geschäftsstelle der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit

Analytica München 23. März 2010

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§ 1 Zweck dieses Gesetzes ist,

1. unter Berücksichtigung ethischer Werte, Leben und Gesundheit von Menschen, die Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge, Tiere, Pflanzen und Sachgüter vor schädlichen Auswirkungen gentechnischer Verfahren und Produkte zu schützen und Vorsorge gegen das Entstehen solcher Gefahren zu treffen,

2. die Möglichkeit zu gewährleisten, dass Produkte, insbesondere Lebens- und Futtermittel, konventionell, ökologisch oder unter Einsatz gentechnisch veränderter Organismen erzeugt und in den Verkehr gebracht werden können,

3. den rechtlichen Rahmen für die Erforschung, Entwicklung, Nutzung und Förderung der wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gentechnik zu schaffen.

Gentechnikgesetz

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Für Gentechnik zuständige Behörden

Freisetzung und Inverkehrbringen:

Bundesamt für Verbrauchersdchutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

gentechnische Arbeiten und Anlagen:

Landesbehörde

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Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit

Zusammensetzung der ZKBS:

20 Mitglieder

20 stellvertretende Mitglieder

Berufung:

3 Jahre durch das BMELV

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ZKBS

12 Sachverständige

• Mikrobiologie• Zellbiologie

• Virologie• Virologie• Genetik• Genetik• Hygiene• Ökologie• Ökologie

• Sicherheitstechnik• Pflanzenzüchtung

• Toxikologie

Vorschläge durch den Wissenschaftsrat

8 Sachkundige

• Gewerkschaft• Arbeitsschutz

• Wirtschaft• Umweltschutz

• Verbraucherschutz• forschungsfördernde

Organisationen• Naturschutz

• Landwirtschaft

Vorschläge durch den jeweiligen Verband

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Aufgaben der ZKBS

Risikobewertung von Mikroorganismen

Sicherheitseinstufung gentechnischer Arbeiten

Risikobewertung sicherheitstechnischer Maßnahmen gentechnischer Anlagen

Risikobewertung von Freisetzung von GVO

Risikobewertung des Inverkehrbringens von (keine Futter- und Lebensmittel)

Politikberatung

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GenTSV

Gentechniksicherheits-Verordnung

Risikogruppen der Spender- und Empfängerorganismen

Risikogruppen der gentechnisch veränderten Organismen

Sicherheitsstufen der gentechnischen Arbeiten

Stufen der Sicherheitsmaßnahmen

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Sicherheitseinstufung

Spenderorganismus: pathogen?

Empfängerorganismus

VektorDNA:

molekulare Grundlage der Pathogenität

§ 7 GenTSV

GVO: Pathogenität übertragen?

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Anhang III, IV, V GenTSV

Stufe 1 Stufe 2

Stufe 3 Stufe 4

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Bewertungskriterien für Mikroorganismen

Anhang I GenTSV:

Wirtsspektrum

Art der Übertragung

Widerstandsfähigkeit des Organismus

natürliche Virulenz des Organismus für abwehrgesunde Menschen und Tiere

Möglichkeit der Prophylaxe

Möglichkeit der Therapie

Risikogruppen 1, 2, 3 oder 4

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Xenotransplantation

Übertragung von Zellen, Gewebe oder Organen von einer Spezies auf eine andere

Risiken: - Abstoßung - Übertragung pathogener Mikroorganismen

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porcine endogene Retroviren

PERV

drei Klassen von PERV (-A, -B, -C)

replikationskompetent

sie replizieren in vitro in humanen Zellinien

Sorge:

Komplementinaktivierbarkeit geht verloren

ungerichtete Integration der proviralen DNA in das Genom der Wirtszelle

Risikogruppe 2

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Escherichia coli

begeißelte gramnegative Stäbchen

normalerweise apathogen

Bestandteil der normalen Darmflora bei Säugetieren und dem Menschen

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Risikogruppen von E. coli

EPEC, ETEC, EIEC, UPEC, Isolate Risikogruppe 2

E. coli EHEC Risikogruppe 3

E. coli K12, E. coli B Risikogruppe 1

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Virulenzfaktoren von E. coli

apathogenpathogen

Fimbrienadhäsine

Toxine

O-Antigen

Kapsel

Eisenaufnahmesysteme

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Streptococcus pyogenes

Scharlach

Pathogenitätsfaktoren: - Kolonisierungsfaktoren- Toxine:

erythrogene Toxine A, B, C Hämolysin Fibrinolysin Hyaluronidase Leucocidin

Risikogruppe 2

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Analytica 2010• Seite 17

Anlegen einer Genbank von Streptococcus pyogenes

Spenderorganismus:Streptococcus pyogenes Risikogruppe 2

Empfängerorganismus:E. coli K12 mit dem Vektor pUC18 Risikogruppe 1

Gentechnisch veränderte Organismen (GVO):E. coli K12einschließlich o.g. Vektors mit shotgun-klonierten subgenomischen Nukleinsäureabschnitten von Streptococcus pyogenes

Risikogruppe 2

Einstufung der gentechnischen Arbeit: Sicherheitsstufe 2

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Mycobacterium tuberculosis

Tuberkulose

Pathogenitätsfaktoren: Zusammenspiel von Faktoren zum intrazellulären Überleben

Risikogruppe 3

Übertragung: Tröpfcheninfektion

Haupteintrittspforte: Lunge, befällt dann alle Organe

Vermehrung: intrazellulär

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Anlegen einer Genbank von Mycobacterium tuberculosis

Spenderorganismus:Mycobacterium tuberculosis Risikogruppe 3

Empfängerorganismus:E. coli K12 mit dem Vektor pUC18 Risikogruppe 1

Gentechnisch veränderte Organismen (GVO):E. coli K12einschließlich o.g. Vektors mit shotgun-klonierten subgenomischen Nukleinsäureabschnitten von Mycobacterium tuberculosis

Risikogruppe 1

Einstufung der gentechnischen Arbeit: Sicherheitsstufe 1

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Influenzavirus

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Hochpathogene aviäre Influenzaviren

Infektion verläuft meistens symptomlos

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Risikobewertung § 5 Abs. 1 und 6 GenTSV

• Influenzaviren Typ A, B, C

• Influenzavirus H1N1 Subtyp A/California/04/09

• Influenzavirus H1N1 Subtyp A/Hamburg/01/09 „Schweinegrippe“

• Influenzavirus H1N1 Subtyp A/Regensburg/02/09 Risikogruppe

2

• nicht aktuell zirkulierende Influenza A-Viren des Subtyps H2N2

• Variante des Subtyps H1N1 der Spanischen Grippe von 1918

• hochpathogene aviäre Influenzaviren (HPAIV, i.d.R. H5/H7)Risikogruppe 3

Influenzaviren

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Analytica 2010• Seite 23

Influenzavirus

Genom:

8 Segmente ss-(-)-RNA

PB2

PB1, PB1-F2

PA

HA

NP

NA

M1, M2

NS1, NS2

Replikasekomplex:

RNA-Segment + PB2, PB1, PA, NP

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Analytica 2010• Seite 24

Influenzavirus-Impfstamm

PR8 PB2

PB1, PB1-F2

PA

H5N1 HA del

PR8 NP

H5N1 NA

PR8 M1, M2

NS1, NS2

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Analytica 2010• Seite 25

Herstellung eines Impfstoffes gegen H5N1

Spenderorganismen• Influenzavirus H1N1 Stamm A/Puerto Rico/8/34 (PR8) • Influenzavirus H5N1

Empfängerorganismen• E. coli K12 mit pHW2000

• Zelllinie Vero mit pHW2000

Gentechnisch veränderte Organismen• E. coli K12

mit pHW2000 mit cDNA eines Segments von PR8 oder H5N1• Zelllinie Vero kotransfiziert

mit pHW2000 mit cDNA der internen Segmente PR8

und von HA (del) und NA von H5N1

Risikogruppe 1

Risikogruppe 3

Risikogruppe 3

Risikogruppe 1

Risikogruppe 2

Risikogruppe 1

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Analytica 2010• Seite 26

Herstellung eines Impfstoffes gegen H5N1

• rekombinante Influenzaviren

• in Hühnern, Frettchen und Mäusengetestete niedrig pathogene Influenzaviren

Das rekombinante Influenzavirusmaterial wird von einer durch die WHO als

Verteiler von Virusstämmen anerkannten Institution nach Prüfung der

Attenuierung zur Verfügung gestellt

Produktion• Vermehrung in 120 000 oder 180 000 11-tägig bebrütete Hühnereier • Das Gesamtvolumen der Impflösung beträgt abhängig von der Anzahl

zuinfizierender Eier 36 oder 45 Liter. • Nach 3 bis 4 Tagen erfolgt maschinell die Ernte der virushaltigen allantoischen • Flüssigkeit. • Die rekombinanten Influenzaviren werden gereinigt und konzentriert. • Die Inaktivierung des Vollvirus erfolgt mit Formaldehyd.

Risikogruppe 2

Risikogruppe 3

Sicherheitsstufe 2

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Analytica 2010• Seite 27

Sicherheitsstufe 2

Genehmigung einer Freisetzung

Antragsteller Antrag

Öffentlichkeits-beteiligung:Einwendungen

Landesbehörde,JKI:Stellungnahmen

ZKBS-Ausschuss:Stellungnahme

EU-MS: WebSNIF Bemerkungen

BVL

Benehmen

BVLBfN BfR

Bescheid

Antragsteller

Landesbehörde

0

90

Ta

ge

Freisetzung

Überwachung

BfN BfR

JKI: Julius Kühn-InstitutBfN: Bundesamt für NaturschutzBfR: Bundesinstitut für RisikobewertungZKBS: Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit

RKI

Vollständigkeitsprüfung

RKI

Kopie

vollständiger Antrag

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