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NomosKommentar Arbeitszeitrecht Handkommentar Bearbeitet von Dr. Frank Hahn, Gerhard Pfeiffer, Prof. Dr. jur. habil. Jens M. Schubert 1. Auflage 2014. Buch. 646 S. Gebunden ISBN 978 3 8329 4064 5 Recht > Arbeitsrecht > Arbeitszeit, Urlaub schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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NomosKommentar

Arbeitszeitrecht

Handkommentar

Bearbeitet vonDr. Frank Hahn, Gerhard Pfeiffer, Prof. Dr. jur. habil. Jens M. Schubert

1. Auflage 2014. Buch. 646 S. GebundenISBN 978 3 8329 4064 5

Recht > Arbeitsrecht > Arbeitszeit, Urlaub

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

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NomosKommentar

Hahn Pfeiffer

Schubert

NomosKommentar

ISBN 978-3-8329-4064-5

Handkommentar

Nomos

Hahn | Pfeiffer | Schubert [Hrsg.]

ArbeitszeitrechtArbZG | AGG | ArbSchG | BBiG | BetrVG GewO | MuSchG | SGB | TzBfG | TVöD

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ArbeitszeitrechtArbZG | AGG | ArbSchG | BBiG | BetrVG GewO | MuSchG | SGB | TzBfG | TVöD

Dr. Frank Hahn | Gerhard Pfeiffer | Prof. Dr. Jens Schubert [Hrsg.]

NomosKommentar

Handkommentar

Nomos

Dr. Bettina Graue, Arbeitnehmerkammer Bremen | Dr. Frank Hahn, Rechts­anwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Stuttgart | Christina Herbert, Rechts­anwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Kitzingen | Kerstin Jerchel, ver.di Bundes­verwaltung, Berlin | Dr. Lisa Käckenmeister, Rechtsanwältin, Fach anwältin für Arbeitsrecht, Stuttgart | Georg Lorenz, Regierungsdirektor, Autobahn direktion Nordbayern, Nürnberg | Falk Meinhardt, Richter am Arbeitsgericht, Stuttgart | Gerhard Pfeiffer, Vorsitzender Richter am LAG Baden­Württemberg, Stuttgart | Niki Sänger, Richter am Arbeitsgericht, Stuttgart | Prof. Dr. Torsten Schaumberg, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Sozialrecht, Fachhochschule Nordhausen | Prof. Dr. Jens Schubert, ver.di Bundes verwaltung, Berlin, Apl.­Professor an der Leuphana Universität Lüneburg | Dr. Wolfram Sitzenfrei, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Stuttgart | Bernd Spengler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Würzburg | Dr. Christiane Tischer, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Stuttgart

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1. Auflage 2014© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden­Baden 2014. Printed in Germany. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wie­dergabe und der Übersetzung, vorbehalten.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d­nb.de abrufbar.

ISBN 978­3­8329­4064­5

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Vorwort

Mit dem vorliegenden Handkommentar Arbeitszeitrecht widmet sich derNomos-Verlag in seiner „Roten Reihe“ einem der Kernbereiche des Arbeits-rechts. Herausgeber und Autoren knüpfen mit diesem an das VorläuferwerkLinnenkohl/Rauschenberg, Arbeitszeitgesetz (zuletzt 2. Auflage 2004) an, erwei-tern aber den Fokus des Themas auf das Arbeitszeitrecht in seiner ganzen Breite.Nach wie vor liegt das Arbeitszeitrecht stark zersplittert vor. Kommentiert bzwBezüge werden hergestellt vom ArbZG zum AGG, ArbSchG, BBiG, BetrVG, zurGewO, zum JArbSchG, LadSchlR, MuSchG, SGB IX, TzBfG und zum TVöD.Erforderlich wurde eine Neubearbeitung darüber hinaus, weil sich Weiterent-wicklungen sowohl in gesetzgeberischer Hinsicht (zuletzt im Seearbeitsgesetz)als auch in der Rechtsprechung des BAG, in der verwaltungsgerichtlichenRechtsprechung sowie in der des EuGH gezeigt haben (beispielhaft stehen hierdie Entscheidungen Fuß I und II). Der Kommentar greift zudem rechtspolitischeFragen, wie die Verhandlungen der europäischen Sozialpartner um eine neueRahmenvereinbarung Arbeitszeit auf. Die Verhandlungen sind mittlerweile ge-scheitert. Die dort ausgetauschten Argumente dürften aber für einen nun zu er-wartenden eigenen Kommissionsvorschlag über eine revidierte Richtlinie2003/88/EG immer noch von Bedeutung sein (bzgl Bereitschaftsdienste, opt outRegelungen etc.). Der Handkommentar erläutert gleichsam auch tarifvertragli-che bzw betriebsverfassungsrechtliche Modelle in verschiedenen Branchen zurGestaltung der Arbeitszeit. Auf diese Weise will der Kommentar arbeitszeitpoli-tische Entwicklungslinien und praktisches Arbeitszeitrecht zusammenführen. Al-len Autorinnen und Autoren ist der Ansatz gemein, im Arbeitszeitrecht mehr alseine Frage des Arbeitsvertragsverhältnisses zu sehen. Vielmehr wird es durch-drungen von Gesundheitsschutzüberlegungen, die letztlich ihren Widerhall inArt. 31 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta gefunden haben.Der Handkommentar richtet sich an Rechtsanwender, für die auch die prozes-sualen Hinweise aufgenommen wurden. Er sieht sich aber nicht nur als Ratge-ber für konkrete Fallgestaltungen, sondern will zudem als neu aufgelegter Kom-mentar Impulse in der Fachdiskussion setzen. Die Autorenschaft setzt sich ausim Arbeitsrecht und Arbeitszeitrecht tätigen Richtern, Rechtsanwälten, Verwal-tungs- und Verbandsjuristen zusammen, die ihre Erfahrungen in das Werk ein-gebracht haben.Rechtsprechung und Literatur wurden bis einschließlich Herbst 2013 ausgewer-tet.Für Anregungen, Hinweise und Kritik sind wir verbunden.Die Herausgeber danken dem Verlag sehr herzlich für seine Unterstützung.

Im Oktober 2013 Frank Hahn, Stuttgart Gerhard Pfeiffer, Stuttgart Jens Schubert, Berlin

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Bearbeiterverzeichnis

Dr. Bettina Graue, Arbeitnehmerkammer Bremen (§ 8 MuSchG)

Dr. Frank Hahn, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Stuttgart(§§ 14, 15 ArbZG, LadSchlR)

Christina Herbert, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Kitzin-gen (§§ 9–11 ArbZG)

Kerstin Jerchel, Ass. jur., ver.di Bundesverwaltung, Bereich Recht und Rechts-politik, Schwerpunkte Arbeitsschutz und europäisches Recht, Berlin (§§ 3–5ArbZG, § 5 ArbSchG)

Dr. Lisa Käckenmeister, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht,Stuttgart (§§ 14, 15, 18–21 a ArbZG, LadSchlR)

Georg Lorenz, Regierungsdirektor, stellvertretender Leiter der Rechtsabteilungder Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg (§§ 6, 8 ArbZG)

Falk Meinhardt, Richter am Arbeitsgericht, Stuttgart (§ 87 BetrVG Teil B)

Gerhard Pfeiffer, Vorsitzender Richter am LAG Baden-Württemberg, Stuttgart(§ 7 ArbZG)

Niki Sänger, Richter am Arbeitsgericht, Stuttgart (§§ 22, 23 ArbZG, § 87BetrVG Teil A)

Prof. Dr. Torsten Schaumberg, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht undFachanwalt für Sozialrecht, Fachhochschule Nordhausen (§§ 12, 13 ArbZG,§ 106 GewO)

Prof. Dr. Jens Schubert, ver.di Bundesverwaltung, Leiter der Rechtsabteilung,Berlin, Apl.-Professor für Arbeitsrecht und Europäisches Recht an der Leu-phana Universität Lüneburg (Einleitung, §§ 24, 25 ArbZG)

Dr. Wolfram Sitzenfrei, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Stutt-gart (§§ 16, 17 ArbZG, §§ 1–10 AGG)

Bernd Spengler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Würzburg(§§ 1, 2 ArbZG, §§ 6–10 TVöD)

Dr. Christiane Tischer, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht,Stuttgart (§§ 8, 12, 13 TzBfG, §§ 1, 4, 5, 8–18, 21 a JArbSchG, §§ 8, 10, 11,13, 15, 17 BBiG, §§ 1, 33, 36, 81, 83, 124, 138 SGB IX)

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InhaltsverzeichnisVorwort ................................................................................ 5Bearbeiterverzeichnis ................................................................ 7Abkürzungsverzeichnis .............................................................. 15Literaturverzeichnis .................................................................. 29

Einleitung .............................................................................. 33

Arbeitszeitgesetz (ArbZG)

Vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170)(FNA 8050-21)

zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 6 G zur Umsetzung desSeearbeitsübereinkommens 2006 der InternationalenArbeitsorganisation vom 20.4.2013 (BGBl. I S. 868)

Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften

Zweck des Gesetzes ........................................................§ 1 57Begriffsbestimmungen .....................................................§ 2 61

Zweiter Abschnitt Werktägliche Arbeitszeit und arbeitsfreie Zeiten

Arbeitszeit der Arbeitnehmer .............................................§ 3 80Ruhepausen ..................................................................§ 4 107Ruhezeit ......................................................................§ 5 121Nacht- und Schichtarbeit .................................................§ 6 134Abweichende Regelungen .................................................§ 7 182Gefährliche Arbeiten .......................................................§ 8 223

Dritter Abschnitt Sonn- und Feiertagsruhe

Sonn- und Feiertagsruhe ..................................................§ 9 232Sonn- und Feiertagsbeschäftigung .......................................§ 10 249Ausgleich für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung .....................§ 11 267Abweichende Regelungen .................................................§ 12 274Ermächtigung, Anordnung, Bewilligung ...............................§ 13 279

Vierter Abschnitt Ausnahmen in besonderen Fällen

Außergewöhnliche Fälle ...................................................§ 14 287Bewilligung, Ermächtigung ...............................................§ 15 294

Fünfter Abschnitt Durchführung des Gesetzes

Aushang und Arbeitszeitnachweise .....................................§ 16 302Aufsichtsbehörde ...........................................................§ 17 310

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Sechster Abschnitt Sonderregelungen

Nichtanwendung des Gesetzes ...........................................§ 18 319Beschäftigung im öffentlichen Dienst ...................................§ 19 323Beschäftigung in der Luftfahrt ...........................................§ 20 326Beschäftigung in der Binnenschiffahrt ..................................§ 21 327Beschäftigung im Straßentransport .....................................§ 21 a 328

Siebter Abschnitt Straf- und Bußgeldvorschriften

Bußgeldvorschriften ........................................................§ 22 335Strafvorschriften ............................................................§ 23 345

Achter Abschnitt Schlußvorschriften

Umsetzung von zwischenstaatlichen Vereinbarungen undRechtsakten der EG ........................................................

§ 24350

Übergangsregelung für Tarifverträge ...................................§ 25 352

Arbeitszeitrechtliche Regelungen aus weiteren Gesetzen

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897)(FNA 402-40)

zuletzt geändert durch Art. 8 SEPA-BegleitG vom 3.4.2013(BGBl. I S. 610)

– Auszug –

Gesetzestext zu den §§ 1–10 ....................................................... 354Erläuterungen zu den §§ 1–10 ..................................................... 358

Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen desArbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des

Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit(Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG)

vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246)(FNA 805-3)

zuletzt geändert durch Art. 8 BUK-Neuorganisationsgesetzvom 19.10.2013 (BGBl. I S. 3836)

– Auszug –

Beurteilung der Arbeitsbedingungen ....................................§ 5 365

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Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931)(FNA 806-22)

zuletzt geändert durch Art. 22 G zur Förderung der elektronischenVerwaltung sowie zur Änd. weiterer Vorschriften vom 25.7.2013

(BGBl. I S. 2749)– Auszug –

Gesetzestext zu den §§ 8, 10, 11, 13, 15, 17 ................................... 371Erläuterungen zu den §§ 8, 10, 11, 13, 15, 17 ................................. 373

Betriebsverfassungsgesetz

In der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001(BGBl. I S. 2518)

(FNA 801-7)zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 4 G zur Umsetzung des

Seearbeitsübereinkommens 2006 der InternationalenArbeitsorganisation vom 20.4.2013 (BGBl. I S. 868)

– Auszug –

Mitbestimmungsrechte ....................................................§ 87 379

Gewerbeordnung

In der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999(BGBl. I S. 202)(FNA 7100-1)

zuletzt geändert durch Art. 2 G zur Änd. des BundeszentralregisterGund anderer registerrechtlicher Vorschriften vom 6.9.2013

(BGBl. I S. 3556)– Auszug –

Weisungsrecht des Arbeitgebers .........................................§ 106 437

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Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend(Jugendarbeitsschutzgesetz – JArbSchG)

Vom 12. April 1976 (BGBl. I S. 965)(FNA 8051-10)

zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 7 G zur Umsetzung desSeearbeitsübereinkommens 2006 der InternationalenArbeitsorganisation vom 20.4.2013 (BGBl. I S. 868)

– Auszug –

Geltungsbereich .............................................................§ 1 455Arbeitszeit ....................................................................§ 4 457Verbot der Beschäftigung von Kindern ................................§ 5 459

Gesetzestext zu den §§ 8–18 ....................................................... 462Erläuterungen zu den §§ 8–18 ..................................................... 466

Abweichende Regelungen .................................................§ 21 a 468

Ladensöffnungsrechtlicher Arbeitszeitschutz

Gesetzestextauszüge zu den Ladenschlussgesetzen der Länder .............. 471Erläuterungen zum ladenöffnungsrechtlichen Arbeitszeitschutz ............ 483

Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter(Mutterschutzgesetz – MuSchG)

In der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002(BGBl. I S. 2318)

(FNA 8052-1)zuletzt geändert durch Art. 6 Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz vom

23.10.2012 (BGBl. I S. 2246)– Auszug –

Mehrarbeit, Nacht- und Sonntagsarbeit ...............................§ 8 491

Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) – Rehabilitationund Teilhabe behinderter Menschen –

Vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046)(FNA 860-9)

zuletzt geändert durch Art. 3 G zur Änd.personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vom 14.12.2012

(BGBl. I S. 2589)– Auszug –

Gesetzestext zu den §§ 1, 33, 36, 81, 83, 124, 138 ........................... 501Erläuterungen zu den §§ 1, 33, 36, 81, 83, 124, 138 ......................... 503

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Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge(Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG)

Vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1966)(FNA 800-26)

zuletzt geändert durch Art. 23 G zur Verbesserung derEingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011

(BGBl. I S. 2854)– Auszug –

Verringerung der Arbeitszeit .............................................§ 8 509Arbeit auf Abruf ............................................................§ 12 521Arbeitsplatzteilung .........................................................§ 13 527

Tarifliche Arbeitszeitregelungen am Beispiel des TVöD

Vorbemerkung ........................................................................ 533

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD)– Allgemeiner Teil –

Vom 13. September 2005zuletzt geändert durch ÄndTV Nr. 8 vom 26. Februar 2013

– Auszug –

Regelmäßige Arbeitszeit ...................................................§ 6 534Sonderformen der Arbeit ..................................................§ 7 547Ausgleich für Sonderformen der Arbeit ................................§ 8 564Bereitschaftszeiten ..........................................................§ 9 576Arbeitszeitkonto ............................................................§ 10 586

Anhang

Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung .... 597

Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 überbestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ................................... 613

Art. 31 Charta der Grundrechte der Europäischen Union ................... 627

Stichwortverzeichnis ................................................................. 629

Inhaltsverzeichnis

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Zweiter Abschnitt Werktägliche Arbeitszeit und arbeitsfreieZeiten

Arbeitszeit der Arbeitnehmer1Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht über-schreiten. 2Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn inner-halb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durch-schnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Geschichte/Herkunft der Vor-

schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Gesellschaftspolitische Forde-

rungen zur Arbeitszeit . . . . . . . . . 63. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 104. Sinn und Zweck der Vor-

schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12II. 8-Stundentag als Grundsatz . . . . . . . 15

III. Verlängerung auf 10 Stunden imAusgleichszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . 25

IV. Mitbestimmung bei der Arbeits-zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

V. Gesonderte Vorschriften zurArbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531. Jugendliche Auszubildende . . . . 542. Werdende und stillende Müt-

ter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

3. Menschen mit einer Behinde-rung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

4. Sonstige Beschäftigtengruppen 58VI. Besondere Formen der Arbeitszeit 62

1. Gleitende Arbeitszeit . . . . . . . . . . 632. Arbeitszeitkonten . . . . . . . . . . . . . . 673. Vertrauensarbeitszeit . . . . . . . . . . 72

VII. Sonn- und Feiertagsarbeit . . . . . . . . . . 74VIII. Abweichende Regelungen . . . . . . . . . . 77

IX. Sanktionen, Rechtsbehelfe undRechtsschutzmöglichkeiten beiVerstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 831. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 832. Rechtsbehelfe und Rechts-

schutzmöglichkeiten . . . . . . . . . . . 85

AllgemeinesIm 2. Abschnitt des ArbZG „werktägliche Arbeitszeit und arbeitsfreie Zeiten“wird die werktägliche Arbeitszeit auf zwei Höchstgrenzen beschränkt, nämlichacht bzw zehn Stunden werktäglich, wobei die Abweichung von der Regel des8-Stundentages durch Ausgleich in den vorgegebenen Zeiträumen von sechs Ka-lendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt erfolgen muss (§ 3 Satz 2ArbZG). Es handelt sich bei dieser Regelung um eine der zentralen Normen desArbeitszeitgesetzes,1 der die gesamte Gesetzessystematik folgt.1. Geschichte/Herkunft der Vorschrift. § 3 stellt sich als eine Kombination der§§ 3 und 4 AZO 1938 dar. Die AZO enthielt den Grundsatz des 8-Stundentagesbereits seit 1918, allerdings galt nach der AZO dieser Grundsatz noch ohne diejetzigen, sehr weitreichenden Verlängerungsmöglichkeiten der regelmäßigenwerktäglichen Arbeitszeit von über 8 Stunden.Die Vorschrift enthält keine Regelung zu Mehrarbeit, wie sie noch in der AZO,§§ 6 und 15 (Zuschlag von 25 % pro Mehrarbeitsstunde) enthalten war.2 Damitist es den Tarif-, Betriebs- oder Arbeitsvertragsparteien überlassen, von welcherStunde an sie Arbeitszeit als Mehrarbeit bzw Überstunde bewerten und was und

§ 3

I.

1 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 1; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 1.2 Anzinger/Koberski, Einführung Rn 15, Handbuch ArbR/Schoof, § 26 Rn 43; ErfK/Wank,

§ 3ArbZG Rn 3; HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZG Rn 21; Schliemann/Meyer, D WerktäglicheArbeitszeit der Arbeitnehmer Rn 175.

§ 3 Zweiter Abschnitt | Werktägliche Arbeitszeit und arbeitsfreie Zeiten

80 Jerchel

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in welcher Höhe dabei für ein Ausgleich erfolgen muss.3 Gleichwohl lässt dieVorschrift eine Verlängerung des Grundsatzes des 8-Stundentages auf zehnStunden zu, wenn die vorgegebenen Ausgleichsmechanismen beachtet werden.Damit stellt die Regelung einen erheblichen Rückschritt hinter die Vorgaben derAZO dar, und zwar sowohl hinsichtlich der gesetzlichen Regelung eines Ent-gelts für Mehrarbeit als auch in Bezug auf die mögliche Ausweitung der Längeeines Arbeitstages. Sie ermöglicht so eine erhebliche Flexibilisierung zulässigerArbeitszeiten.4

Im Gegensatz zur europäischen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG5 sind dieHöchstgrenzen der werktäglichen Arbeitszeit im deutschen Arbeitszeitrecht aufden Tag bezogen und nicht auf die Arbeitswoche. 6 Dieser Anknüpfungspunktsteht nicht im Gleichklang mit Art. 6 b der europäischen Arbeitszeitrichtlinie,der festlegt, dass die Mitgliedstaaten der Union die erforderlichen Maßnahmentreffen, damit „ … die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet.“Nach den genannten Grundsätzen können sich daher rein rechnerisch sowohlnach der Arbeitszeitrichtlinie wie auch nach dem Arbeitszeitgesetz 48 Stundenals zulässige Höchstarbeitszeit pro Woche ergeben. Damit liegt die Grenze derdurch das Arbeitszeitrecht auf den Werktag gezogenen Arbeitszeit allerdingsweit über der in geltenden Tarifverträgen festgelegten tatsächlichen durch-schnittlichen Wochenarbeitszeit, die in 2011 bei 37,7 Stunden lag.7 Und selbstdie tatsächlich geleistete durchschnittliche Arbeitszeit bei Vollzeitbeschäftigtenbeträgt derzeit 43 Stunden pro Woche8 und liegt damit auch noch unter der in§ 3 Satz 1 ArbZG errechenbaren Grundregel und dem sich daraus zu errechnen-den Höchstmaß von 48 Stunden. Der Gesetzgeber verkennt durch die so weitgefasste Grundregel in § 3 Satz 1 ArbZG die Realität im Arbeitsleben, denn dieArbeitswelt ist in der Tat durch statistisch belegte Zahlen mit erheblich kürze-ren Arbeitszeiten ausgestattet.9 Umso mehr sind die vom Gesetz in § 3 Satz 2ArbZG vorgesehenen und unter gewissen Umständen zulässigen längeren Ar-beitszeiten pro Werktag mit entsprechendem Ausgleichszeitraum im Sinne desGesundheitsschutzes verfehlt. Zusammen mit den abweichenden Regelungendes § 7 ArbZG haben sie leider in der Praxis schon oft dazu geführt, dass dieseFlexibilitätsmöglichkeiten voll ausgeschöpft wurden, so etwa bei Arbeitsbereit-schaft oder Bereitschaftsdiensten im Gesundheitswesen oder der Abfallwirt-schaft.10 Längst möglich verlängerte Arbeitszeiten sind in diesen Bereichen häu-fig die Regel anstatt die Ausnahme.

3 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 3; vgl EuGH Urt. v. 8.2.2001, C-350/99 (Lange),EuZW 2001, 249 zur Anwendbarkeit der NachweisRL bei Überstundenverpflichtungen;vgl BAG, Urt. v. 25.4.2013, 6 AZR 800/11 zur Entstehung von Mehrarbeit bei Wechsel-schicht- oder Schichtdienst nach § 7 Abs. 8 lit. c TVöD, ZTR 2013, 437.

4 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 1.5 Richtlinie 2003/88/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November

2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, ABl. L 299 vom 18.11.2003,S. 9–19.

6 Handbuch ArbeitsR/Schoof, § 26 Rn 41 a; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 3.7 WSI Tarifarchiv 2012, Statistisches Taschenbuch Tarifpolitik, Kapitel 3.1.8 Andrea Lohmann-Haislah, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Stressre-

port Deutschland 2012, S. 50.9 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 2; HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZG Rn 1.

10 Schubert/Jerchel, WSI Mitteilungen 2/2011 S. 76 ff.

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2. Gesellschaftspolitische Forderungen zur Arbeitszeit. Die Inhalte der Vor-schrift zur täglichen Höchstarbeitszeit sind seit jeher Thema konträrer Ansich-ten und Politik in Arbeitszeitfragen von Arbeitgeberverbänden und Gewerk-schaften. Dabei stehen sich Forderungen nach noch weiterer Flexibilisierung derArbeitszeit auf der einen und tarif- und gewerkschaftspolitische Forderungennach Arbeitszeitverkürzungen auf der anderen Seite gegenüber.Dem Gesetzgeber ist es sowohl bei der Einführung des Arbeitszeitgesetzes 1994als auch bei den umfangreichen Gesetzesänderungen im Jahr 2004 gelungen,den Forderungen der Arbeitgeberverbände nach einer Abschaffung des Grund-satzes des 8-Stunden-Tages und der Einführung einer Wochenarbeitszeitbegren-zung zu widerstehen: Denn im Vordergrund stand für ihn bei beiden Gesetzge-bungsvorhaben der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten.11 Ganzanders stellte sich seine Motivation zu Zeiten der AZO dar, als es vor allemdarum ging, nach dem Ende des Ersten Weltkrieges die auf den Arbeitsmarktzurückkehrenden Soldaten einzugliedern und damit Beschäftigung durch denGrundsatz des 8-Stunden-Tages zu begrenzen.12 Motivationen zur Begrenzungder Arbeitszeit gab es demnach in der Vergangenheit schon viele. Im Sinne desArbeits- und Gesundheitsschutzes blieb der Gesetzgeber aber, wie bei den Ab-weichungen vom 8-Stunden-Tag zu zeigen sein wird, in beiden Gesetzesände-rungen der Jahre 1994 und 2004 weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.Heute, da der Arbeits- und Gesundheitsschutz im Vordergrund gesellschaftli-cher Überlegungen stehen sollte ‑ der Stressreport Deutschland 201213 belegtdies eindrucksvoll – sind Forderungen nach einer Erhöhung der durchschnittli-chen wöchentlichen Arbeitszeit ohnehin nicht mehr sinn- und nutzenbringend.Denn in Zeiten verlängerter Lebensarbeitszeit durch die gesetzliche Erhöhungdes Renteneintrittsalters sowie zunehmender Digitalisierung und Beschleuni-gung der Arbeitswelt ist es dringend notwendig, Arbeitszeiten gesundheitsver-träglich zu gestalten. Dazu gehört vor allem eine Begrenzung der täglichen Ar-beitszeit, von der das Gesetz heute immer noch durch eine Fokussierung auf den24-Stunden-Zeitraum pro Werktag ausgeht.14 Alle Forderungen nach weitererFlexibilisierung und Ausweitung von Arbeitszeiten der abhängig Beschäftigtenmüssen sich neben den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen an diesemGrundsatz orientieren, um eine Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu ge-währleisten. Aber auch aus Sicht von Arbeitswissenschaftlern sind überlangeArbeitszeiten in Bezug auf ihren Einfluss auf gesundheitliche Beeinträchtigungenkritisch zu bewerten. Denn nach deren bereits länger bestehenden Erkenntnissenist ein eindeutiger Zusammenhang zwischen langen Arbeitszeiten, psychischerBelastung und gesundheitlichen Beschwerden zu sehen.15 So führen Nacht- undSchichtarbeit oder häufige Überstunden zu einem signifikanten Herzinfarktrisi-ko, das bei längerer Dauer um das bis zu 7,3-fache gegenüber Menschen erhöht

11 BT-Drucks. 12/5888 S. 24; BT-Drucks. 15/1587, S. 29 f; Schliemann/Meyer, D Werktäg-liche Arbeitszeit der Arbeitnehmer Rn 175; vgl Änderungsantrag 15 [9] 642 im Gesetzge-bungsverfahren 2003.

12 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer Rn 175; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 3.

13 Stressreport Deutschland 2012, Psychische Anforderungen, Ressourcen und Befinden.14 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer Rn 181; Buschmann/

Ulber, § 3 ArbZG Rn 3; Schubert/Jerchel, WSI Mitteilungen 2/2011 S. 76 ff.15 Stressreport Deutschland 2012, S. 113 mwN.

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ist, die diese unsteten und überlangen Arbeitszeiten nicht leisten.16 Auch derDGB Index „Gute Arbeit“, der seit 2007 jährlich die Qualität der Arbeit am Ur-teil der Beschäftigten misst, hat in den vergangenen Jahren belegen können, dassüberlange Arbeitszeiten kein Indiz für gute Arbeit sind.17

Da § 3 ArbZG Teil des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes ist18 und denZweck verfolgt, Beschäftigte vor übermäßiger Beanspruchung durch lange Ar-beitszeiten zu schützen, um deren Arbeitskraft zu erhalten, was schließlich denBetrieben und Verwaltungen wieder zugutekommt,19 müssen dessen Höchst-grenzen zwingend eingehalten werden. Dabei hat der Arbeitgeber nach derRechtsprechung20 seinen Betrieb oder die Dienststelle so zu organisieren, dassgesetzliche und tarifliche Arbeitszeitgrenzen eingehalten werden. Die Beschäftig-ten haben Anspruch darauf, dass bei der Erstellung von Dienst- oder Arbeitsab-laufplänen die für sie gültigen Höchstarbeitszeitgrenzen nach § 3 ArbZG einge-halten werden.21

3. Geltungsbereich. Die täglichen Höchstgrenzen der Arbeitszeit aus § 3ArbZG sind für die Beschäftigung in der Bundesrepublik von Personen über 18Jahren einzuhalten (vgl §§ 18 Abs. 2 und 22 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG), und zwar un-abhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrem Wohnsitz bzw dem des Ar-beitgebers oder der Beschäftigten sowie der Dauer der Beschäftigung.22 Für dieVorschrift gilt das Territorialprinzip, das heißt auch ausländische Beschäftigtekommen in den Genuss der Regelung, sobald sie hierzulande beschäftigt wer-den.23

Die Vorschrift gilt hingegen nicht für leitende Angestellte im Sinne des § 5Abs. 3 BetrVG sowie Chefärzte, Leiter von öffentlichen Dienststellen und derenVertreter sowie Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, die zu selbstständigenEntscheidungen in Personalangelegenheiten befugt sind, sowie für Arbeitneh-mer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen vertrauten Personen zusam-menleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen. Auch gilt§ 3 ArbZG nicht für den liturgischen Bereich der Kirchen und Religionsgemein-schaften (vgl § 18 Abs. 1 ArbZG). Das Gesetz sieht für diese Personengruppenkeinen alternativen Arbeitsschutz vor.24

4. Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Arbeitszeit gehört neben den Regelun-gen der Vergütung und der Arbeitsinhalte zu den Strukturmerkmalen des Be-

16 Bolm-Audorff, Berufliche Belastungen und koronare Herzkrankheiten; Maschewsky/Helmert, Arbeitsbedingte Herz-Kreislauf-Krankheiten, S. 219 ff; Strück, Olaf u.a., Arbeitzur falschen Zeit am falschen Platz? Eine Matching-Analyse zu gesundheitlichen Bean-spruchungen bei Schicht- und Nachtarbeit, in: Journal of Labour Market Research, April2013.

17 DGB index „Gute Arbeit“ zu finden unter: http://www.dgb-index-gute-arbeit.de/gute_arbeit.

18 HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZG Rn 5.19 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 2.20 Vgl BAG, Urt. v. 6.5.2003, 1 ABR 13/02, ZTR 2004, 101 f.21 Vgl BAG, Urt. v. 16.3.2004, 9 AZR 93/03, DB 2004, 1732 f Verfahren in einer kirchli-

chen Einrichtung, in der es der beklagten Stiftung untersagt wurde, bei der Dienstpla-nung den Bereitschaftsdienst aus der täglichen Arbeitszeit heraus zu rechnen.

22 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 6.23 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 7; Hk-ArbZR/Linnenkohl, § 3 ArbZG Rn 4.24 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer Rn 275.

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schäftigungsverhältnisses.25 Aus Sicht der Unternehmen greift die Beschränkungder Arbeitszeit in die durch Art. 12 GG garantierte Berufsausübungsfreiheit ein.Nach zutreffender Ansicht des Bundesverfassungsgerichts26 handelt es sich da-bei jedoch um einen verfassungsgemäßen Eingriff, der auf Gemeinwohlerwä-gungen beruht und für die Unternehmen somit hinnehmbar ist. Bei den ebenaufgezeigten verfassungsrechtlichen Erwägungen aus dem Jahr 1967 musstennoch nicht die damals noch nicht existierenden grundsätzlicheren Ansätze derEuropäischen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und der darauf basierenden Ar-beitsschutzrichtlinie 89/391/EWG27 einbezogen werden. Denn entsprechend denErwägungsgründen der Arbeitszeitrichtlinie dürfen dem Arbeits- und Gesund-heitsschutz keine rein wirtschaftlichen Erwägungen untergeordnet werden (Er-wägungsgrund 4). Bei den allgemeinen Erwägungen zum Arbeits- und Gesund-heitsschutz sind außerdem die Übereinkommen der ILO hinsichtlich der Ar-beitszeitgestaltung einzuhalten – so etwa das Übereinkommen Nr. 1 von 1919,das die Arbeitszeit auf 8 Stunden täglich und 48 Stunden wöchentlich in öffent-lichen und privaten gewerblichen Betrieben begrenzt (Erwägungsgrund 6).Allein vor diesen Hintergründen ist der Sinn und Zweck von den Höchstgrenzentäglicher Arbeitszeit nach § 3 ArbZG zu beurteilen, die geschaffen wurden, umdie Erhaltung der Gesundheit und der Arbeitskraft der Beschäftigten zu för-dern.28 Die öffentlich-rechtliche Natur der Vorschrift ist dazu geeignet, das ge-setzliche Arbeitsschutzrecht zu ergänzen und zu konkretisieren.29 Dabei sind ar-beitswissenschaftliche und arbeitsmedizinische Erkenntnisse und Erfahrungenheranzuziehen. So zB die feststehende Erkenntnis, dass in der Regel nach achtStunden Arbeit die Konzentration und auch die Arbeitsfähigkeit der Beschäftig-ten beachtlich nachlassen und dass bei dauerhaftem Arbeiten ohne ZeitausgleichGesundheitsschäden eintreten können.30

Insgesamt gelten folglich bei der Einhaltung der Arbeitszeitgrenzen wissen-schaftliche Arbeitsschutzgrundsätze von nationalem und internationalem Stan-dard, deren Einhaltung nach § 17 ArbZG durch staatliche Aufsichtsbehörden zuüberprüfen und bei Nichtbeachtung mit entsprechenden Maßnahmen – wie zBGeldbußen nach § 22 ArbZG – zu ahnden sind.

8-Stundentag als GrundsatzDas Gesetz sieht einen Grundsatz der Begrenzung der täglichen Arbeitszeit ab-hängig Beschäftigter auf werktäglich acht Stunden vor. Damit ist Gegenstanddes Arbeitsschutzes im deutschen Arbeitszeitrecht die tägliche, nicht die wö-

II.

25 Gast, BB 1998, 2634 ff: der Autor des Beitrags hat den Faktor Zeit und Arbeitsrechtrechtsphilosophisch beleuchtet.

26 BVerfG, Urt. v. 3.5.1967, 2 BvR 134/63, Rn 78; NJW 1967, 1555; Anzinger/Koberski,§ 3 ArbZG Rn 4.

27 Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maß-nahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmerbei der Arbeit.

28 BT-Drucks. 12/5888 v. 13.10.1993, S. 24.29 BT-Drucks. 12/5888 v. 13.10.1993, S. 19; Buschmann/Ulber, Grundzüge des Arbeitszeit-

rechts Rn 20.30 BT-Drucks. 12/5888 v. 13.10.1993, S. 24; vgl Schriftenreihe der Bundesanstalt für Ar-

beitsschutz 2009, Wirtz/Nachreiner/Beermann/Brenscheidt/Siefer, Lange Arbeitszeitenund Gesundheit.

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chentliche Arbeitszeit.31 Daran hat der Gesetzgeber schon in der früheren AZOaber auch im 1994 neu geschaffenen ArbZG festgehalten, obwohl die damalsbereits verabschiedete und in den einzelnen Mitgliedstaaten umzusetzende euro-päische Arbeitszeitrichtlinie eine 48-Stunden-Woche als Höchstgrenze in Art. 6vorsieht. § 3 ArbZG verbietet dem Arbeitgeber somit, die Grenze von acht Stun-den Arbeitszeit pro Werktag zu überschreiten und gestattet ihm, bis zu dieserGrenze pro Werktag straffrei zu beschäftigen, sofern nicht von der Ausnahmedes § 3 Satz 2 ArbZG Gebrauch gemacht wird oder eine Ausnahme nach den§§ 7, 14 oder 15 ArbZG zugelassen ist.32

Das Gesetz definiert zwar nicht, was unter Werktag zu verstehen ist, aber schondie AZO enthielt diesen Begriff, der so in das ArbZG im Jahr 1994 übernom-men wurde und bis heute Bestand hat. Es gelten in Anlehnung an § 3 Abs. 2BUrlG alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind, alsWerktage. 33

Im Arbeitszeitrecht wird allgemein die Lage des Werktages nicht mit dem Kalen-dertag von 0.00 bis 24.00 Uhr gleichgesetzt, dh der Beginn des Werktags ist mitdem Arbeitsbeginn am ersten Tag der Woche und das Ende nach Ablauf von 24Stunden ab Arbeitsbeginn zu errechnen.34 Begründet wird dies damit, dass § 3ArbZG keine Angabe der Uhrzeit enthalte, wie etwa § 9 ArbZG.35 Der Bezugauf den individuellen Arbeitsbeginn folge auch aus § 5 ArbZG, der für die Ru-hezeitnahme an das Ende der täglichen Arbeit anknüpfe.36 Mit dieser Festlegungder Lage des Werktages wird dem Grundsatz des Gesundheitsschutzes insofernRechnung getragen, als die Arbeitsbelastungen der tatsächlichen Arbeitseinsätzein die Berechnung der Höchstgrenzen der täglichen Arbeitszeit eingehen. Damitkommt es nicht zu einem fiktiven oder abstrakten Zeitraum der Berechnung zu-lässiger Arbeitszeiten.37

Beginn und Ende der Arbeitszeit werden in Bezug auf ihre Zulässigkeit an demjeweiligen Werktag ohne Ruhepausen berechnet (vgl § 2 Abs. 1 ArbZG). DieserZeitpunkt ist immer individuell und einzelfallbezogen bestimmbar, da es hierzutarifliche oder betriebliche Vereinbarungen geben kann. Es kommt aber auf dieVerpflichtung zur tatsächlichen Arbeitsleistung am in Frage kommenden Tagund Arbeitsplatz an.38 Im öffentlichen Dienst etwa endet die Arbeitszeit an derArbeitsstelle, wobei dieser Begriff weiter gefasst wird als der Arbeitsplatz.39 InKrankenhäusern hingegen beginnt und endet die Arbeitszeit in der Regel im zurStation gehörigen Umkleideraum.40

31 Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 3; Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 8.32 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 8.33 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 4; Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der

Arbeitnehmer, Rn 179.34 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 10; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 4; Schliemann/

Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 179; ErfK/Wank, § 3 ArbZGRn 2.

35 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 179; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 4.

36 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 10.37 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 4.38 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 15.39 Vgl BAG, Urt. v. 15.7.1993, 6 AZR 398/92, NZA 1994, 137 f; zur Protokollnotiz zu

§ 15 Abs. 7 BAT.40 Vgl BAG, Urt. v. 18.1.1990, 6 AZR 386/98, ZTR 1990, 425 ff; Urt. v. 19.9.2012, 5

AZR 678/11 zu vergütungspflichtigen Umkleidezeiten nach TV-L, NZA-RR 2013, 63 ff.

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Es gibt Konstellationen, die für die Berechnung der Höchstgrenzen der Arbeits-zeit pro Tag sehr komplex und dadurch zum Teil auch die Höchstgrenzen des§ 3 Satz 1 ArbZG überschreitend sind.41 Vor allem bei sich änderndem Arbeits-beginn sollte eine genaue Überprüfung der Einhaltung der Arbeitszeithöchst-grenzen erfolgen.Ändert sich der Arbeitsbeginn innerhalb der Woche, ist es unproblematisch,wenn der Arbeitsbeginn um eine oder zwei Stunden nach vorne verlegt und zu-sätzlich die Höchstgrenzen von acht bzw 10 Stunden eingehalten werden (sog.Vorwärtswechsel).Findet allerdings ein sog. Rückwärtswechsel statt (Beginn Montag um 10.00Uhr, Dienstag um 8.00 Uhr), sind die für die Berechnung der täglichen Arbeits-zeithöchstgrenze relevanten 24 Stunden am Dienstag, 10.00 Uhr vorbei. Für dieBerechnung der Höchstgrenzen der Arbeitszeit im hiesigen Beispielfall kommt esalso darauf an, dass die tägliche Höchstgrenze der Arbeitszeit für Montag nichtüberschritten wird. Es sollte beim Rückwärtswechsel innerhalb der Woche zu-dem auf die Einhaltung der täglichen Ruhezeit nach § 5 ArbZG geachtet wer-den, die bei überlangen Arbeitszeiten in dieser Konstellation gefährdet seinkann.Die werktägliche Arbeitszeitbegrenzung gilt auch bei mehreren Arbeitsverhält-nissen, denn die Arbeitszeiten werden nach § 2 Abs. 1 Hs 2 ArbZG zusammen-gerechnet. Auch dabei darf die Höchstdauer von acht bzw 10 Stunden nichtüberschritten werden. Nach der Rechtsprechung42 ist bei erheblicher Über-schreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit im zweiten Beschäftigungsverhält-nis unter Berücksichtigung der Arbeitszeitvereinbarung im ersten Beschäfti-gungsverhältnis das zweite Beschäftigungsverhältnis nichtig nach § 139 BGB.Bei nur geringfügiger Überschreitung der Arbeitszeithöchstgrenzen durch daszweite Beschäftigungsverhältnis besteht zunächst ein Beschäftigungsverbot desin Frage kommenden Beschäftigten und einhergehend damit ein Leistungsver-weigerungsrecht desselben.43 Erbringt dieser gleichwohl seine Arbeitsleistung,hat er Anspruch auf Bezahlung unter dem Gesichtspunkt des faktischen Arbeits-verhältnisses.44 Beide Arbeitgeber sind nach den §§ 22 und 23 ArbZG verant-wortlich für die Arbeitszeitüberschreitung. Es besteht grundsätzliche eine Über-prüfungspflicht des Arbeitgebers, ob aufgrund von mehreren Beschäftigungsver-hältnissen die Gefahr einer Arbeitszeitüberschreitung des Beschäftigten bestehenkann.45 Er hat hierzu grundsätzlich die Lohnsteuerkarte zu überprüfen.Nebentätigkeiten, die als selbstständige Tätigkeiten zu werten sind, werden beider Berechnung der zulässigen Höchstgrenzen täglicher Arbeit nicht eingerech-net.46

41 Siehe hierzu die ausführlichen Beispiele bei: Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeits-zeit der Arbeitnehmer, Rn 180 ff; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 5 f.

42 BAG, Urt. v. 19.6.1959, 1 AZR 565/57, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Doppelarbeitsverhältnis;LAG Nürnberg, Urt. v. 19.9.1995, 2 Sa 429/94, NZA 1996, 882; Handbuch ArbR/Schoof, § 26 Rn 62.

43 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 70.44 BAG, Urt. v. 14.12.1967, 5 AZR 74/67, DB 1968 402; Handbuch ArbR/Schoof, § 26

Rn 62; Buschmann/Ulber, § 1 ArbZG Rn 12 a.45 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 69.46 Vgl BAG, Urt. v. 14.12.1967, aaO; Handbuch ArbR/Schoof, § 26 Rn 65.

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Für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen gelten keine Besonderheiten, sofern dieArbeit an diesen Tagen grundsätzliche zulässig ist (§§ 9, 10 ArbZG). Durch§ 11 Abs. 2 ArbZG gilt § 3 ArbZG entsprechend, weshalb es auf den Beginn derArbeit am vorhergehenden Wochentag ankommt.47

Verlängerung auf 10 Stunden im AusgleichszeitraumEine Verlängerung des 8-Stunden-Tages auf 10 Stunden pro Werktag ist nurdann möglich, wenn innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen im Durch-schnitt eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten wird (§ 3Satz 2 ArbZG). Der gesetzlich geschaffene Ausgleichsrahmen hat für den Be-triebsalltag erhebliche Flexibilisierungsmöglichkeiten der Gestaltung der Ar-beitszeit zur Folge, die bis zum Inkrafttreten dieser Vorschrift so nicht üblichund auch nicht möglich waren, und zwar auch nicht durch tarifvertraglicheoder betriebliche Regelungen.48 Nur zum Vergleich: Nach § 4 AZO galt nochein Ausgleichszeitraum von zwei, in Ausnahmefällen von 5 Wochen, falls diewerktägliche Arbeitszeit von acht Stunden überschritten wurde.Auch die Tatsache, dass die gesetzlich normierte Möglichkeit der Arbeitszeitver-längerung auf 10 Stunden pro Tag ohne Weiteres in Anspruch genommen wer-den kann und an keine Voraussetzung gebunden ist, lässt den Charakter einerreinen Flexibilisierungsklausel deutlich werden.49 Zwingend ist nach der Rege-lung lediglich, dass nicht über die 10-Stunden-Grenze hinaus gearbeitet werdendarf, es sei denn, eine tarifliche Regelung nach § 7 Abs. 1, 2 oder 2 a ArbZGsieht dies für Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst so vor.50

Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass zum einen auch kürzere Aus-gleichszeiträume als die gesetzlich normierten möglich sind und zum anderender Ausdruck Kalendermonat im wörtlichen Sinne zu verstehen ist.51 Dadurchkann sich etwa dann, wenn die Arbeitszeitverlängerung am Ende eines Monatsliegt, der Ausgleichszeitraum auf 5 Monat und ein paar wenige Tage verkürzen.Es muss außerdem ein zusammenhängender Ausgleichszeitraum erfolgen, beidem nicht einzelne Kalendermonate übersprungen werden dürfen; dies folgt ausder Gesetzesformulierung „innerhalb“ des jeweiligen Zeitraums.52

Die Ausgleichsberechnung findet konkret für jede über acht Stunden hinausge-hend getätigte Arbeit statt.53 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass an Tagen,an denen acht Stunden gearbeitet wurde oder diese als Regelarbeitszeit anzu-

III.

47 Handbuch ArbR/Schoof, § 26 Rn 47; Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit derArbeitnehmer, Rn 191.

48 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 196; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 4.

49 Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 6; Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Ar-beitnehmer, Rn 196.

50 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 23; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 7.51 So Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 7; Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 27; HK-ArbR/

Growe, § 3 ArbZG Rn 10; ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 8; aA aber Schliemann/Meyer, DWerktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 203, der die Bezeichnung Kalendermonatals einen gesetzgeberischen Irrtum bezeichnet und stattdessen einen tageweisen variablenBeginn des Ausgleichszeitraums als möglich ansieht; dem schließt sich trotz des Bekennt-nis zur gesetzlichen Vorgabe Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 8 an.

52 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 8; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 7; Anzinger/Koberski,§ 3 ArbZG Rn 30.

53 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 13; Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit derArbeitnehmer, Rn 217.

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rechnen waren, kein Ausgleich stattfinden kann. Dies gilt beispielsweise für ge-setzliche Wochenfeiertage, Urlaubstage oder Krankheitstage.54 Denn eine An-rechnung dieser Tage auf den Ausgleichszeitraum würde Art. 16 Satz 1 b dereuropäischen Arbeitszeitrichtlinie widersprechen, nach dem „Zeiten des bezahl-ten Jahresurlaubs und Krankheitstage bei der Berechnung des Durchschnitts un-berücksichtigt oder neutral bleiben“. Dies gilt auch für andere Tage der Arbeits-befreiung (zB bei Hochzeit, Umzug oder Todesfällen) und auch für Arbeits-kampftage, an denen das Arbeitsverhältnis suspendiert ist.55

Der Zeitpunkt des Ausgleichs einer verlängerten Arbeitszeit sollte immer nur imNachhinein erfolgen.56 Dies war nach dem Regierungsentwurf zum ArbZG undder amtlichen Begründung dieses Gesetzentwurfs durch die Formulierung einesAusgleichs „innerhalb der folgenden 6 Kalendermonate bzw 24 Wochen“ [Her-vorhebung nur hier] so vorgesehen.57 Allerdings fand diese wünschenswerteKlarstellung in der Endfassung des § 3 Satz 2 ArbZG keinen Niederschlag, zu-mal damit den ohnehin schon möglichen Flexibilisierungsmöglichkeiten ein we-nig Gegengewicht gesetzt worden wäre. Anstatt dessen stehen rechnerisch nachder Ausgleichsvorschrift des § 3 Satz 2 ArbZG 1.248 Stunden im genanntenZeitraum zur Verfügung (8 Stunden x 6 Tage x 26 Wochen), während alterna-tiv nach dem alten Recht der AZO nur 96 Stunden zur Verfügung standen (8Stunden x 6 Tage x 2 Wochen).58

Insgesamt ist der vom Gesetzgeber verwendete Ausgleichszeitraum von sechsKalendermonaten oder 24 Wochen nach allgemeiner Auffassung nicht mit denunionalen Vorgaben vereinbar, weil Art. 16 Satz 1 b der Arbeitszeitrichtlinie nureinen Zeitraum von „bis zu vier Monaten“ erlaubt. In europarechtskonformerAuslegung hat dies zur Folge, dass § 3 Satz 2 ArbZG als europarechtswidrig ein-zustufen ist (siehe hierzu im einzelnen Einleitung Rn 31 ff).59 Daran ändern auchdie Ausnahmeregelungen in Art. 17 und 19 der europäischen Arbeitszeitrichtli-nie nichts, die in den dort abschließend aufgeführten Ausnahmefällen eine Aus-weitung des Ausgleichszeitraums auf sechs oder zwölf Monate vorsehen. Denn:§ 3 Satz 2 ArbZG formuliert den Regel- und nicht einen abschließend vorgese-henen Ausnahmefall.Diese Europarechtswidrigkeit hätte den Gesetzgeber dazu veranlassen müssen,den viel zu langen Ausgleichszeitraum zu verkürzen. Da dies bis heute seit demZeitpunkt der Umsetzung für die Arbeitszeitrichtlinie im Jahr 1996 nicht erfolgtist, bleibt für den Bereich des öffentlichen Dienstes keine andere Möglichkeit,als die Vorschrift aus der Arbeitszeitrichtlinie zum Ausgleichszeitraum (Art. 16)

54 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 7; ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 10; HK ArbR/Growe,§ 3 ArbZG Rn 16; Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 61 f, der allerdings nur Urlaubs-und Krankheitstage, nicht aber Tage sonstiger Arbeitsbefreiung ausnehmen will.

55 HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZG Rn 16; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 7; LAG Branden-burg, Urt. v. 2.5.2005, 5 Sa 141/04, NZA-RR 2005, 626.

56 So Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 7; Handbuch ArbR/Schoof, § 26 Rn 57; aA Anzin-ger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 33; Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Ar-beitnehmer, Rn 216; ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 10.

57 BT-Drucks. 12/5888, S. 24.58 Erasmy, NZA 1994, 1105 (1106.).59 LAG Hamburg, Urt. v. 13.2.2002, 8 TABV 10/01; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 12;

Kothe FS Wißmann 2005, S. 331 (335); Schliemann/Meyer, NZA 2004, 516; ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 7; HK-ArbR/Growe § 3 ArbZG Rn 17.

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direkt anstatt der gesetzlichen Regelung aus dem ArbZG anzuwenden.60 In derPrivatwirtschaft fehlt es durch die eindeutige Vorgabe im Gesetz an der soge-nannten horizontalen Drittwirkung von Richtlinien der Union, weshalb es dortnotwendig ist, § 3 Satz 2 ArbZG europarechtskonform auszulegen.61 Es wäreaber etwa im Rahmen einer Einigungsstelle zur Arbeitszeitgestaltung ermessen-fehlerhaft und würde gegen § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG sprechen, wenn dort einmehr als viermonatiger Ausgleichszeitraum vereinbart würde, es sei denn, eshandelt sich um Ausnahmebereiche aus Art. 17 Abs. 3 Arbeitszeitrichtlinie.62

Auch vor dem Hintergrund dieser Verstöße gegen die europarechtlichen Vorga-ben wäre eine Aneinanderreihung von Ausgleichszeiträumen, die durch ge-schickte Lage der Arbeitszeiten eine 60-Stundenwoche über einen Zeitraum vonneun Monaten möglich machen würde, (rechnerisch ist damit die zulässige Brut-to-Jahresarbeitszeit von 2.080 Stunden bei einer 40-Stunden-Woche bereitsnach neun Monaten erreicht) weder wünschenswert noch mit den gesetzlichenVorgaben des Arbeitsschutzes vereinbar.63 Ein formales Argument spricht zu-sätzlich dagegen: sowohl die zulässige Höchstgrenze der Arbeitszeitrichtlinievon 48 Stunden im Monat als auch der Zweck des Gesundheitsschutzes der Be-schäftigten aus § 1 Nr. 1 ArbZG würden bei solchen Arbeitszeitmodellen per-manent missachtet. Denn ein tatsächlicher Ausgleich würde erst nach einemdreiviertel Jahr erfolgen. Ein weit schwerwiegenderes Argument aus Arbeits-und Gesundheitsaspekten ist aber nach hiesiger Auffassung ausschlaggebend:arbeitsmedizinische Studien belegen seit langem, dass überlange Arbeitszeitengesundheitsschädlich sind.64 Diese Erkenntnis ist auch bei einer Reihe von Tarif-verhandlungen in der Zwischenzeit verinnerlicht worden und hat dazu geführt,dass es viele Beispiele für Arbeitszeitregelungen gibt, die den Flexibilisierungs-mechanismus des Gesetzes nicht in voller Gänze nachvollzogen haben. Hier seiauf Beispiele aus verschiedenen Branchen hingewiesen:Auch wenn ein weiterhin zunehmender Gewinnoptimierungsdruck und Kosten-faktoren die Arbeitswelt bestimmen, gibt es auch hier Modelle, die zur Einhal-tung der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit geschaffen worden sind, und zwar oh-ne Inanspruchnahme der möglichen gesetzlichen Ausweitungen. Solche Modelleerfordern, dass zwischen den Verhandlungspartnern Konsens besteht, dass esGesundheitsschutz fördernde Maßnahmen nicht zum Nulltarif gibt und die Be-schäftigten auch ihre bisherigen Arbeitszeitgewohnheiten umstellen müssen.

60 Vgl EuGH, Urt. v. 9.9.2003, Rs C-151/02 (Jaeger), Rn 80 und Urt. v. 5.10.2004,Rs C-397/01, Rn 131 f (Pfeiffer u.a.); BAG, Urt. v. 18.2.2003, 1 ABR 2/02, DB 2003,1387 f; Urt. v. 5.6.2003, 6 AZR 114/02, NZA 2004, 164.

61 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 12; Handbuch ArbR/Schoof, § 26 Rn 51; Zwanziger,DB 2007, 1356 (1357); Schubert/Jerchel, WSI Mitteilungen 2/2011, S. 77.

62 HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZG Rn 1; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 12; HandbuchArbR/Schoof, § 26 Rn 51.

63 Siehe hierzu Beispielsfälle bei: Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 12; Anzinger/Koberski,§ 3 ArbZG Rn 40 ff; Handbuch ArbR/Schoof, § 26 Rn 58; Schliemann/Meyer, D Werk-tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 236.

64 Siehe hierzu ausführlich oben, Rn 8

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u Beispiel Konzern-Manteltarifvertrag in Einrichtungen der Sana-Kliniken AG:§ 19 Regelmäßige Arbeitszeit/Ausgleichszeitraum(1) Die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlichder Pausen 38,5 Stunden, im Tarifgebiet Ost (neue Bundesländer) 40,0 Stunden. Die Ar-beitszeit wird grundsätzlich auf fünf Tage in der Woche verteilt.

Protokollnotiz:Die Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Tage/Woche kann – insbesondere bei Schichtar-beit – auch als Durchschnitt gerechnet bis zum Ende des übernächsten Kalendermonatserreicht werden.(5) Im Rahmen des § 7 Absätze 1 und 2 und des § 12 ArbZG können aus dringenden be-trieblichen Gründen über die in §§ 23 Absatz 4 und 25 des vorliegenden Tarifvertragesgeregelten Sachverhalte hinaus durch Betriebsvereinbarung abweichende Regelungenzu den §§ 3, 4, 5, 6 und 12 ArbZG vereinbart werden. tAber auch in anderen Branchen sind gute Beispiele der Nichtanwendung gesetz-licher Flexibilisierungsmöglichkeiten zu finden:

u Beispiel Manteltarifvertrag des MDK Rheinland-Pfalz:§ 12 Arbeitszeit(1) Die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pau-sen 38,5 Stunden und verteilt sich auf die Werktage von Montag bis Freitag.(4) Überstunden sind die auf Anordnung über die tarifliche regelmäßige wöchentli-cheArbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden; sie sind auf dringende Fälle zu beschrän-ken und möglichst gleichmäßig auf alle Beschäftigten zu verteilen sowie zeitlich zu be-grenzen unter Beachtung der Belange der Beschäftigten. Auszubildende sind grund-sätzlich zu Überstunden, Mehrarbeit und Nachtarbeit nicht heranzuziehen. t

u Beispiel Manteltarifvertrag Hamburger Hochbahn AG:§ 4 Regelmäßige Arbeitszeit(2) Für die tägliche regelmäßige Arbeitszeit gelten folgende Obergrenzen:Die tägliche regelmäßige Arbeitszeit darf nicht mehr als 9 Stunden, für Busfahrer undZugfahrer nicht mehr als 9 Stunden 30 Minuten einschließlich der unbezahlten Pausedes Gesamtdienstes betragen.Abweichend hiervon kann die maximal zulässige tägliche Arbeitszeit für Busfahrer für5 % der Dienstplanmasse (Dienstplanmasse wird definiert als Summe der Dienstplänein den Reihenfolgen, das heißt als Summe der Dienstpläne der Tagesarten Montag,Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag zum Zeitpunkt derDienstplanabnahme) je Betriebshof auf bis zu zehn Stunden einschließlich der unbe-zahlten Pause des Gesamtdienstes ausgedehnt werden. Jeder Busfahrer darf jedoch fürhöchstens zwei dieser Dienste je Kalendermonat eingeteilt werden. tAuch auf betrieblicher Ebene gibt es gute Beispiele für durchdachte und gesund-heitsschützende Arbeitszeitmodelle. Ein Beispiel aus der Gesundheitsbranchebeim Klinikum Ansbach in Mittelfranken wurde ausführlich in der Schriftenrei-he der Hans Böckler Stiftung Nr. 184 „Arbeit in Krankenhäusern human gestal-ten“ (Hrsg. S. Leittretter) dokumentiert und wird bis heute dort betrieblich ge-lebt und von den Betriebsparteien befürwortet.Es ist folglich bei betrieblichen Lösungen der Arbeitszeitgestaltung vor allem da-rauf zu achten, dass von der Grundregel des § 3 Satz 1 ArbZG, dem 8-Stunden-Tag, ausgegangen wird. Jedwede Überschreitung dieser Grundregel ist nur im

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Rahmen des tatsächlich für die Arbeitsorganisation Erforderlichen festzulegen.Daher ist für eine planbare und verlässliche Arbeitszeitgestaltung nach diesseiti-ger Auffassung auch kein längerer Ausgleichszeitraum als ein Vierteljahr not-wendig. Dadurch wird für Arbeitgeber und Beschäftigte ein sicherer und hand-habbarer Zeitraum eingerichtet, der jeder Seite Raum gibt, sich auf vernünftigeArt und Weise aufeinander verlassen zu können. Alle Verlängerungen des Aus-gleichszeitraumes gehen auf Kosten und zu Lasten der Gesundheit der Beschäf-tigten. Die Betriebsparteien tragen dabei eine hohe Verantwortung, die eineebenso hohe Kompetenz erfordert. Vielerorts sind in dieser Hinsicht noch Ver-besserungen und mehr Mut notwendig, um den Schutz der Gesundheit der Be-schäftigten zu gewährleisten.

Mitbestimmung bei der ArbeitszeitDas Arbeitszeitrecht unterliegt in mehrfacher Hinsicht und sehr umfassend derMitbestimmung von Betriebs- und Personalräten.65 Denn der Zweck des ein-schlägigen Mitbestimmungsrechts besteht darin, die Interessen der Beschäftigtenan der Lage ihrer Arbeitszeit und gleichzeitig an ihrer Freizeitgestaltung bzw derGestaltung ihres Privatlebens zu wahren.66

Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sind der Mitbestimmung des Be-triebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und der Personalräte nach § 75 Abs. 3Nr. 1 BPersVG vorbehalten. Davon umfasst sind die Lage der täglichen Arbeits-zeit und die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Wochentage.Bei der Lage der täglichen Arbeitszeit besteht das Mitbestimmungsrecht bei je-der Änderung, sei auch nur ein Tag betroffen, wie zB bei Feiertagen, Rosenmon-tag oder dergleichen. Innerhalb eines Betriebs kann die Regelung für verschiede-ne Beschäftigtengruppen unterschiedlich sein. Hinsichtlich des Beginns der tägli-chen Arbeitszeit (am Eingang des Betriebs oder in der Umkleidekabine – mitoder ohne Waschen und Umkleiden) besteht ein Recht auf Mitbestimmung.67

Auch bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage bestehtnach dem Wortlaut des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ein zwingendes Mitbestim-mungsrecht. Es umfasst die Änderung von einer 6 in eine 5-Tage-Woche oderumgekehrt. Denklogisch ist davon auch die Aufteilung der Arbeitszeit auf Tageder gesamten Woche umfasst, so zB wie lang oder verkürzt an den einzelnen Ta-gen gearbeitet werden muss.68

Es besteht ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht bei der Wahl, der Änderung undder Durchführung des Ausgleichs(zeitraums) nach § 3 Satz 2 ArbZG als auchfür die Verteilung der werktäglichen Arbeitszeit auf den Tag bzw die Woche(§ 3 Satz 1 ArbZG).69

IV.

65 Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 12; HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZG Rn 22; Schoof, AiB2006, 578.

66 DKKW-Klebe, § 87 BetrVG Rn 68; BAG, Urt. v. 14.11.06, NZA 2007, 458 (460); Fit-ting, § 87 BetrVG Rn 101.

67 DKKW-Klebe, § 87 BetrVG Rn 95; BAG, Urt. v. 22.3.1995, 5 AZR 934/93, ZTR 1995,421, Urt. v. 10.11.2009, 1 ABR 54/08, DB 2010, 454, ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn 25.

68 Fitting, § 87 BetrVG Rn 106; DKKW-Klebe, § 87 BetrVG Rn 77; ErfK/Kania, § 87BetrVG Rn 27.

69 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 15; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 11; HK ArbR/Growe,§ 3 ArbZG Rn 10.

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Des Weiteren sind die Einführung oder Änderung Gleitender Arbeitszeit undArbeitszeitkonten mitbestimmungspflichtig.70 Beim Abschluss einer Betriebs-oder Dienstvereinbarung hierzu ist vor allem darauf zu achten, verlässliche Ar-beitszeiten für die Beschäftigten zu schaffen, bei denen die tägliche Höchstar-beitszeit, die Kernarbeitszeit und die Gleitzeit verbindlich geregelt sind. Zudemsollten Höchstgrenzen für Gleitzeitguthaben oder ‑salden sowie die Modalitätenihres Ausgleichs verbindlich vereinbart werden.71

Anordnungen des Arbeitgebers, die die Lage und Verteilung der täglichen Ar-beitszeit der Beschäftigten im Betrieb oder der Dienststelle betreffen, könnenfolgerichtig nur dann wirksam festgelegt werden, wenn die Interessenvertretungzugestimmt hat. Im Fall unwirksamer Arbeitszeiten haben Beschäftigte dasRecht, sich dieser angeordneten Arbeitszeit zu widersetzen und müssen nicht ar-beiten.72 Bezogen auf die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf 10 Stundennach § 3 Satz 2 ArbZG sowie auf die daraus resultierende Länge des Ausgleichs-zeitraumes kann also in mitbestimmten Betrieben ohne eine entsprechende be-triebliche Vereinbarung keine zulässige Regelung bestehen.73 Allerdings umfasstdie Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nur betriebliche Regelungen(Betriebs- oder Dienstvereinbarungen), nicht aber die Festlegung der Lage undVerteilung der Arbeitszeit einzelner Beschäftigter.74

Umstritten ist das Mitbestimmungsrecht für die Dauer der wöchentlichen Ar-beitszeit. Nach der hM 75 unterliegt der Umfang der vom Beschäftigten geschul-deten Arbeitszeit pro Woche nicht dem Mitbestimmungsrecht, weil Wortlaut,Systematik und der Zweck der gesetzlichen Regelung dies so vorgeben. Dieswird von einem Teil in der Literatur76 abgelehnt und ein Mitbestimmungsrechtauch für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit mit Verweis auf den Schutz-zweck der Norm, überlange Arbeitszeiten der Beschäftigten zu verhindern, ge-fordert. Da der Wortlaut der Vorschrift sich auf die Mitbestimmung bei Beginnund Ende der täglichen Arbeitszeit beschränkt, sprechen auf den ersten Blick gu-te Gründe für die Ablehnung der Erstreckung des Mitbestimmungsrechts auf dieDauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Allerdings lässt sich aus der täglichen Ar-beitszeit mit einfacher Rechnung die Dauer der wöchentlich oder sogar einer zu-lässigen Jahresarbeitszeit herleiten, was das Wortlautargument entkräften kann.Es entspricht auch gängiger Betriebspraxis, dass durch verschiedenste Arbeits-zeitmodelle, wie gleitende Arbeitszeit, Vertrauensarbeitszeit oder Arbeitszeit-konten die enge Sicht auf die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht zwingend ge-geben sein muss. Um die durch unterschiedliche Arbeitszeitmodelle entstehen-den Risiken mit dem Blick auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäf-

70 BAG, Urt. v. 18.4.1989, 1 ABR 3/88, AP Nr. 33 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit; DKKW-Kle-be, § 87 BetrVG Rn 80; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 12 mwN; Anzinger/Koberski, § 3ArbZG Rn 83.

71 DKKW-Klebe, § 87 BetrVG Rn 99; vgl zur Überwachung von Gleitzeitkonten durch denBetriebsrat: LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.2.1994, 15 TaBV 11/93, AiB 1994,563 f.

72 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 86.73 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 11; Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 83.74 Fitting, § 87 BetrVG Rn 114; Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 82.75 Ständige Rspr des BAG, vgl etwa Urt. v. 9.11.2010, 1 ABR 75/09, AP Nr. 35 zu § 611

BGB Arbeitszeit, Urt. v. 22.7.2003, 1 ABR 28/02, NZA 2004, 507 (508); Fitting, § 87BetrVG Rn 104; GK-Wiese, § 87 BetrVG Rn 277.

76 DKKW/Klebe, § 87 BetrVG Rn 73 f; Schaub-Koch, § 235 Rn 37 f; Compensis, NJW2007, 3089 (3092 f); Gnade, FS Kehrmann, S. 227.

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tigten, für die Betriebs- und Personalrat Sorge zu tragen haben (§ 80 Abs. 1Nr. 1 BetrVG bzw § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG), einzufangen, sollte auch dieDauer der wöchentlichen Arbeitszeit vom Mitbestimmungsrecht erfasst sein.Neben der Mitbestimmung zur Arbeitszeit und zur Verteilung dieser Arbeitszeitauf die Wochentage hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG für denFall, dass der Arbeitgeber die betriebsübliche Arbeitszeit sämtlicher oder einzel-ner Beschäftigter vorübergehend verkürzen oder verlängern will, ein Mitbestim-mungsrecht.77 Schutzzweck dieses Mitbestimmungszwecks ist, Beschäftigte beider Verkürzung der Arbeitszeit vor drohender Entgeltminderung, bei einer Ver-längerung der Arbeitszeit vor den gesundheitlichen Belastungen zu schützen.78

Zur besseren Übersicht über die bestehende Rechtsprechung zur betrieblichenMitbestimmung in einzelnen Arbeitszeitfragen soll die folgende – nicht abschlie-ßende – Aufzählung dienen, wonach ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1Nrn. 2 und/oder 3 BetrVG auch für die folgenden Konstellationen besteht:n Anordnung von Mehrarbeit – BAG, Urt. v. 25.2.1997, NZA 1997, 955

(956),n Aufstellung von Dienstplänen – BAG, Urt. v. 23.3.1999, AP Nr. 80 zu § 87

BetrVG 1972 Arbeitszeit,n Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit – BAG, Urt. v. 13.10.1987, AP

Nr. 24 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit,n Verteilung der Arbeitszeit auf Wochentage – BAG, Urt. v. 19.2.1991, NZA

1991, 609 ff,n Einführung/Änderung von Schichtarbeit/Wechselschichtarbeit – BAG, Urt.

v. 26.3.1991, DB 1991, 1743,n Änderungen bei Ab- und Anlegen der Dienstkleidung – BAG, Urt.

v. 17.3.1988, 2 AZR 576/87,n Einführung von Rufbereitschaft – BAG, Urt. v. 21.12.1982, AP Nr. 9 zu

§ 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit,n Einführung von Bereitschaftsdienst – BAG, Urt. v. 29.2.2000, AP Nr. 81 zu

§ 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit,n vorübergehender Änderung der Arbeitszeit – BAG, Urt. v. 3.5.2006, DB

2007, 60(61),n Ladenöffnungszeiten – BAG, Urt. v. 31.8.1982, AP Nr. 8 zu § 87 BetrVG

1972 Arbeitszeit, bestätigt durch BVerfG 18.12.1985, AP Nr. 15 zu § 87BetrVG 1972 Arbeitszeit.

Wenn Arbeitgeber zur Aufzeichnung der Arbeitszeit technische Einrichtungen,etwa elektronische Arbeitszeiterfassungssysteme, einsetzen wollen, ist zusätzlichdas Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bzw § 75 Abs. 3 Nr. 17BPersVG einzuhalten.Darüber hinaus hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Recht da-rauf, Gefährdungsbeurteilungen durchführen zu lassen.79 Mit Hilfe dieser Ge-fährdungsbeurteilung ist es dem Betriebsrat in der Folge und unter Ausnutzungseiner übrigen Mitbestimmungsrechte rund um die Arbeitszeit der Beschäftigten

77 BAG, Urt. v. 18.11.1980, 1 ABR 87/78, DB 1981, 946; ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 15.78 BAG, Urt. v. 21.11.1978, 1 ABR 67/78, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; siehe

auch Urt. v. 13.3.2001, 1 ABR 33/00, NZA 2001, 976 zur Erweiterung dieses Schutz-zweck um das Merkmal der sinnvollen Arbeits-und Freizeiteinteilung der Beschäftigten.

79 BAG, Urt. v. 8.6.2004, 1 ABR 4/03,NZA 2005, 227 ff; HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZGRn 10.

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möglich, den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten umfassend zugewährleisten (Zu den Einzelheiten der Gefährdungsbeurteilung nach § 5ArbSchG siehe die Erl. in § 5 ArbSchG Rn 12).Neben der erzwingbaren Mitbestimmung obliegt es dem Betriebsrat nach § 80Abs. 1 BetrVG, die Einhaltung des ArbZG zu überwachen, wozu er sämtlichenotwendigen Auskünfte vom Arbeitgeber erteilt bekommen muss (§ 80 Abs. 2BetrVG).Arbeitszeitrechtliche Fragen der Mitbestimmung sind in einem Beschlussverfah-ren klärungsfähig.80 Effektiver und im Ergebnis sinnvoller sind aber Einigungs-stellen, in denen betriebliche Regelungen zu allen Fragen der Arbeitszeit ge-schlossen werden können.81

Als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die zwingende Mitbestimmung ist es fürden Betriebsrat möglich, die Unterlassung einer die Arbeitszeit betreffende Maß-nahme zu verlangen.82 Einzelne Beschäftigte haben hingegen das Recht, der ein-seitig vom Arbeitgeber angeordneten Arbeitszeit nicht Folge zu leisten und den-noch einen Anspruch auf Weiterzahlung ihrer Bezüge geltend zu machen.83

Eine kurze Übersicht über die verschiedenen Mitbestimmungstatbestände beider Arbeitszeit nach der Betriebsverfassung, der Personalvertretung und derMitbestimmung in kirchlichen Einrichtungen nach dem MVG gibt die folgendeTabelle:Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte bei der Arbeitszeit

Betriebsrat(BetrVG)

Personalrat(BPersVG)

Mitarbeiterver-tretung

(MVG-EKD)

Beginn, Ende der tägli-chen Arbeitszeit sowieVerteilung der Arbeitszeit

§ 87 Abs. 1Nr. 2

§ 75 Abs. 3Nr. 1

§ 40 lit. D

Pausen § 87 Abs. 1Nr. 2

§ 75 Abs. 3Nr. 1

§ 40 lit. D

Verkürzung/Verlänge-rung der Arbeitszeit

§ 87 Abs. 1Nr. 3

§ 75 Abs. 4 keine Regelung

Einführung technischerArbeitszeiterfassungssys-teme

§ 87 Abs. 1Nr. 6

§ 75 Abs. 3Nr. 17

keine Regelung

Gefährdungsbeurteilung § 87 Abs. 1Nr. 7

keineRegelung

keine Regelung

80 BAG, Urt. v. 24.1.2006, 1 ABR 6/05, ZTR 2006, 371.81 HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZG Rn 23; siehe zum Thema Einigungsstelle auch BAG,

Beschl. v. 9.7.2013, 1 ABR 19/12, wonach der Arbeitgeber durch den Einigungsstellen-spruch nicht ermächtigt werden kann, einen Schichtplan ohne Zustimmung der Betriebs-rats durchzuführen, BB 2013, 2676.

82 BAG, Urt. v. 23.7.1996, 1 ABR 13/96, AuR 1997, 171 unter Bezug auf sein Urt. v. 3.5.1994, 1 ABR 24/93, AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG 1972.

83 LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.10.1994, 4 Sa 55/94, AiB 1995, 291; LAG Nieder-sachsen, Urt. v. 29.4.2005, 16 Sa 1330/04, NZA-RR 2005, 589.

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Gesonderte Vorschriften zur ArbeitszeitEinige Beschäftigtengruppen genießen außerhalb des ArbZG besonderen Schutzbezogen auf ihre Arbeitszeit. Hierzu zählen Jugendliche, werdende und stillendeMütter, schwerbehinderte Menschen, Kraftfahrer und deren Beifahrer sowieselbstständige Kraftfahrer.1. Jugendliche Auszubildende. § 18 Abs. 2 ArbZG verweist Beschäftigte unter18 Jahren in Bezug auf ihre Arbeitszeit auf das JArbSchG. Die §§ 7 bis 10JArbSchG regeln die Arbeitszeit Jugendlicher, wonach sie nicht länger als achtStunden täglich und 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden dürfen. Die Ar-beitszeit im JArbSchG ist die Zeit, in der Jungendliche als Auszubildende be-schäftigt werden, dh die Zeit mit Ausbildungsbezug im Betrieb und auch dieZeit, in der die Jugendlichen als Beschäftigte im Betrieb eine andere Arbeitsleis-tung ausüben.84 Auf die Arbeitszeit sind die Berufsschulzeiten gemäß § 9 Absatz2 JArbSchG anzurechnen. Darin wird genau vorgegeben, wie Berufsschultagoder ‑woche sich auf die Arbeitszeit und auch auf die Vergütung auswirken: EinEntgeltausfall durch den Berufsschulbesuch darf nicht eintreten (§ 9 Abs. 3JArbSchG) und ein Berufsschultag mit mehr als 5 Unterrichtsstunden verkürztdie zulässige Arbeitszeit von 40 auf 32 Stunden.85 Die Anrechnung der Berufs-schultage ist nur auf die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 40 Stunden und nichtauf eine geltende kürzere tarifliche Arbeits- bzw Ausbildungszeit anzurechnen,wenn es an einer eigenen, speziell für jugendliche Auszubildende geltenden tarif-lichen Anrechnungsregelung fehlt.86 Im entschiedenen Fall haben die Tarifver-tragsparteien die Anrechnung des Berufsschultags nicht im Tarifvertrag geregelt,so dass die gesetzliche Vorschrift zur Anwendung kam.Jugendliche dürfen nach § 15 JArbSchG nur an fünf Werktagen in der Wochebeschäftigt werden.87 Bei einer Verkürzung der täglich zulässigen Arbeitszeit aneinzelnen Werktagen auf weniger als acht Stunden ist es möglich, die Arbeitszeitan den übrigen Werktagen derselben Woche um eine halbe Stunde zu verlän-gern (vgl § 8 Abs. 2 a JArbSchG). Es ist nicht möglich, eine Angleichung derSondervorschriften für Jugendliche an die Erwachsenen – etwa durch Zusam-menarbeit der beiden – und zwar weder durch tarifliche oder betriebliche Ver-einbarungen noch durch eine Ausnahmebewilligung – herbeizuführen.88 Die ein-zig mögliche Abweichung durch Tarifvertrag bzw darauf fußende Betriebsver-einbarung sieht § 21 a Absatz 1 Nr. 1 JArbSchG vor, nach dem die Arbeitszeitauf bis zu neun Stunden täglich, auf bis zu 44 Stunden in der Woche und bis zufünfeinhalb Tage in der Woche ausgeweitet werden kann, wenn innerhalb einesAusgleichszeitraums von 2 Monaten die Regelarbeitszeit von 40 Stunden einge-halten wird. Die Arbeitszeit Jugendlicher Auszubildender ist bis auf diese Aus-nahme allerdings sehr restriktiven Vorgaben unterzogen, denn im Mittelpunktsteht deren Ausbildung, die in klaren arbeitszeit- und schutzrechtlichen Grenzenstattfinden muss.2. Werdende und stillende Mütter. Das Arbeitszeitgesetz regelt im Unterschiedzur AZO (der dortige § 17), keine verkürzten Arbeitszeiten für Frauen mehr.

V.

84 HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZG Rn 6; ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 11.85 MünchArbR/Anzinger, § 311 Rn 2.86 BAG, Urt. v. 27.5.1992, 5 AZR 252/91, DB 1993, 330 f; kritisch Mache, AiB 1993,

273 ff.87 MünchArbR/Anzinger, § 311 Rn 1.88 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 76.

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Seit dem Inkrafttreten des ArbZG im Jahr 1994 besteht zudem keine Befreiungvon der Nachtarbeit für Frauen mit Kindern mehr.89

Einzig die Sondervorschriften des MuSchG halten für werdende und stillendeMütter Schutzvorschriften zur Arbeitszeit vor (s. § 8 MuSchG Rn 1 ff). Nach § 8Abs. 1 MuSchG dürfen werdende und stillende Mütter keine Mehrarbeit, keineSonn- und Feiertagsarbeit und keine Nachtarbeit leisten. Bezogen auf die Mehr-arbeit unterscheidet das Gesetz zwischen Mehrarbeit werdender und stillenderMütter unter und über 18 Jahren: Bei den unter 18-Jährigen liegt Mehrarbeitbei mehr als 8 Stunden täglich oder 80 Stunden in der Doppelwoche vor; beiVolljährigen werdenden und stillenden Müttern spricht das Gesetz von Mehrar-beit nach mehr als 8,5 Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche(vgl § 8 Abs. 2 MuSchG).Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot zur Nacht-, Sonn- undFeiertagsarbeit ge-währt § 8 MuSchG in den Abs. 3 bis 6.3. Menschen mit einer Behinderung. Beschäftigte, die eine Schwerbehinderunghaben, unterliegen dem allgemeinen Geltungsbereich des ArbZG. Sie könnennach § 124 SGB IX allerdings Mehrarbeit ablehnen, die auch im Sozialrecht alsjede Arbeitszeit, die über acht Stunden pro Werktag hinaus geleistet wird, defi-niert ist.90

4. Sonstige Beschäftigtengruppen. Für die Arbeitszeit der Seeleute gilt das See-arbeitsG91 (siehe hierzu die Einzelheiten bei § 18 ArbZG Rn 10). Die Beschäftig-ten der Binnenschifffahrt unterliegen allerdings in vollem Umfang dem ArbZG(vgl § 21 ArbZG Rn 1 ff).Gleichzeitig mit dem neuen SeearbeitsG trat am 1.8.2013 die Verordnung überdie Arbeitszeit bei Offshore-Tätigkeiten in Kraft92. Diese Verordnung regelt dieArbeitseinsätze auf See bei sog. Offshore-Vorhaben, wie etwa die Errichtungoder der Betrieb von Windenergieanlagen. Bezogen auf die jeweiligen Arbeits-einsätze schafft die Verordnung die Möglichkeit, flexible tägliche Arbeitszeitenvon bis zu zwölf Stunden abweichend von den §§ 3, 6 Abs. 2 und 11 Abs. 2ArbZG zu ermöglichen (§ 3 der Verordnung). Die Gesamteinsatzzeit auf denOffshore-Anlagen kann bis zu 21 Tage bei maximal sieben Arbeitseinsätzen vonmehr als zehn Stunden betragen. Beträgt der Einsatzzeitraum 14 Tage, darf andiesen Tagen sogar bis zu zwölf Stunden gearbeitet werden (§ 6 der Verord-nung). Als Ausgleich für diese überlangen Arbeitszeiten sind grundsätzlich freieTage zu gewähren, und zwar auch unmittelbar im Anschluss an die verlängerteArbeitszeit (§ 7 der Verordnung).Nach § 8 ArbZG ist es der Bundesregierung möglich, durch Rechtsverordnungmit Zustimmung des Bundesrates für besonders gesundheitsgefährdende Tätig-keiten die höchst zulässige Arbeitszeit nach § 3 ArbZG zu reduzieren. Dabeisieht es die Rechtsprechung als ausreichend an, dass für die Gefährdung der Ge-sundheit eine abstrakte besondere Gefahr zu erwarten ist, wie dies nach derRechtsprechung bei Nacht- und Schichtarbeit der Fall ist.93

89 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 79.90 HK-ArbR/Growe, § 3 ArbZG Rn 6.91 BGBl. I 2013, 868–916; das Gesetz setzt das Seearbeitsübereinkommen der ILO aus dem

Jahr 2006 um.92 BGBl. 2013, 2228.93 BVerfG, Urt. v. 28.1.1992, 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91, DB 1992, 364 f.

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Für die Beschäftigtengruppe der Kraftfahrer und deren Beifahrer gilt das ArbZGvollumfänglich. Die Besonderheiten dieses Berufes und deren Belastung durchden Faktor Arbeitszeit sind in § 21 a ArbZG erfasst.94 In dieser Vorschrift wirdBezug auf die speziellen europäischen Verordnungen95 und das Übereinkom-men96 zu Lenkzeiten, Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten, die Vorrangvor dem ArbZG haben (siehe hierzu die Erl. in § 21 a ArbZG Rn 1 ff.Keine Anwendung findet das ArbZG auf selbstständige Kraftfahrer. Das Gesetzzur Regelung der Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern vom 11.7.2012(BGBl. I 2012, 1479) beinhaltet für diesen Personenkreis spezielle Vorschriftenzur Arbeitszeit, aber auch zu Lenkzeiten, Lenkzeitunterbrechungen und Ruhe-zeiten sowie Ruhepausen (§§ 3–5 des Gesetzes für selbstständige Kraftfahrer).Außerdem ist der selbstständige Kraftfahrer verpflichtet, seine Arbeitszeit aufzu-zeichnen und diese Aufzeichnungen für einen Zeitraum von zwei Jahren aufzu-bewahren (§ 6 des Gesetzes für selbstständige Kraftfahrer).

Besondere Formen der ArbeitszeitIm betrieblichen Alltag gibt es eine Reihe von Arbeitszeitformen, für die das Ge-setz keine ausdrücklichen Regelungen enthält, bei denen aber dennoch die von§ 3 ArbZG vorgesehenen Grenzen eingehalten werden müssen.97 Im Folgendensollen einige Beispiele verdeutlichen, wie komplex das Arbeitszeitrecht ist undwelche zusätzlichen Anforderungen diese verschiedenen Arbeitszeitformen andie Betriebsparteien stellen.1. Gleitende Arbeitszeit. Die Gleitende Arbeitszeit ist vor allem im ÖffentlichenDienst, aber auch in Teilen der Privatwirtschaft als betrieblich vereinbarte Formder Verpflichtung zur Leistung vertraglich geschuldeter individueller Arbeitszeitvorzufinden. Charakteristisch für die Gleitende Arbeitszeit ist, dass der einzelneBeschäftigte abweichend von der betriebsüblichen Regelarbeitszeit über Beginnund Ende der täglichen Arbeitszeit in fest vorgegebenen Grenzen (sog. Kernar-beitszeit bzw Gleitzeitspanne) bestimmen kann.98 Bei der Ausgestaltung derGleitzeitregelungen kommt es auf die jeweilige betriebliche Vereinbarung(Dienst- und oder Betriebsvereinbarung) an. Ist das Arbeitszeitmodell Gegen-stand einer betrieblichen Regelung, kann der Betriebsrat oder der Personalratvom Arbeitgeber verlangen, dass der vorgegebene Gleitzeitrahmen nicht über-schritten wird.99 Es werden die einfache und die qualifizierte Gleitzeitregelungunterschieden.100 Bei der einfachen Gleitenden Arbeitszeit bleiben die Beschäf-tigten an ihre tägliche Arbeitszeit gebunden.101

VI.

94 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 13.95 VO (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2006 zur

Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderungder VO (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung derVO (EWG) Nr. 3820/85 des Rates, ABl. EG Nr. L 102 S. 1.

96 Europäisches Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehrtätigen Fahrpersonals (AETR) vom 1.7.1970 (BGBl. II 1974, 1473.).

97 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 17; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 17.98 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 46; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 16; ErfK/

Wank, § 3ArbZG Rn 18.99 BAG, Urt. v. 29.4.2004, 1 ABR 30/02, AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1974 Durchführung.

100 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 228; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 16.

101 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 228; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 16.

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Beispiel: In einem Betrieb gilt eine Kernarbeitszeit in der Zeit von 9.00bis 15.00 Uhr, die eine Pausenzeit von 12.00 bis 12.30 Uhr beinhaltet. Arbeits-beginn ist nach der betrieblichen Regelung zu Gleitenden Arbeitszeit möglich ab7.00 Uhr.Bei einer Arbeitszeit von 7,5 Stunden kann durch den individuellen Arbeitsbe-ginn die Arbeitszeit eines Beschäftigten zwischen 15.00 und 17.00 Uhr enden.Von qualifizierter Gleitender Arbeitszeit spricht man, wenn nicht nur die Lageder individuellen täglichen Arbeitszeit, sondern auch deren tägliche Länge be-stimmt werden darf.102 Auch für die Einführung und Änderung einer solchenArbeitszeitregelung muss eine betriebliche bzw dienstliche Vereinbarung mitdem Betriebs- oder Personalrat abgeschlossen werden.103 Es existieren unter-schiedliche Formen dieser Gleitzeitregelungen, in denen u.a. Kernarbeitszeiten,variable Anfangs- und Endzeiten, festgelegte Pausenzeiten, Pausenkorridore undsogenannte Kappungsgrenzen für aufgebaute Arbeitszeitguthaben geregelt sind.Für alle unterschiedlichen Regelungen gilt jedoch immer die Einhaltung derHöchstgrenzen der täglichen Arbeitszeit aus § 3 ArbZG und die täglicheHöchstarbeitszeitgrenze von 10 Stunden ist zu beachten.104

Aufgrund der europarechtswidrigen überlangen Ausgleichszeiträume (vglRn 30 ff) des § 3 Satz 2 ArbZG ist besonders auf eine europarechtskonforme be-triebliche Handhabung dieser qualifizierten Gleitzeitregelung zu achten. Dennbei allem Flexibilisierungswillen der Betriebsparteien ist der Grundsatz des Ar-beits- und Gesundheitsschutzes oberstes Ziel der gesetzlichen Vorgaben. EineRegelung außerhalb der gesetzlichen Grenzen könnte in der Konsequenz zurUnwirksamkeit der jeweiligen Vereinbarung führen.2. Arbeitszeitkonten. Die zuvor beschriebenen gesetzlichen Grenzen für dieVereinbarung von Gleitender Arbeitszeit gelten uneingeschränkt auch für dasInstrument der Arbeitszeitkonten. In der betrieblichen Realität hat bereits jederdritte Beschäftigte ein Arbeitszeitkonto.105 Wichtig ist, dass es auch für dieseRegelungen bei den Grundregeln des § 3 ArbZG bleibt, es sei denn, die Betriebs-parteien haben von der Möglichkeit einer abweichenden Regelung nach § 7Abs. 1 Nr. 1 a oder b ArbZG Gebrauch gemacht.Die tarifvertraglichen oder betrieblichen Regelungen variieren zwischen einfa-chen Kurzzeitkonten oder Ansparkonten und sogenannten Langzeit- oder Jah-resarbeitszeitkonten.106 Entscheidend für die Dokumentation der geleisteten Ar-beitszeit ist das System der Zeiterfassung, das in den Regelungen zu Arbeitszeit-konten eindeutig und transparent geregelt sein sollte, zumal es auch durch die

102 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 18; MünchArbR/Schüren, § 43 liefert einen Überblick überverschiedene Gleitzeitsysteme.

103 Vgl zur Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG und der Fra-ge des „ob“ der Gleitzeitregelung BVerwG, Urt. v. 9.10.1991, 6 P 12/90, PersR 92,16 f; Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 17; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 15; Anzin-ger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 50 mwN zu Fällen aus der Rechtsprechung, u.a. BAG,Urt. v. 30.8.1994, 1 AZR 795/93, NJW 1995, 613 (Verrechnung von Gleitzeitguthabenmit Streikzeit).

104 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 231; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 17; Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 49.

105 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 24.106 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 19.

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Dokumentationspflicht des § 16 Abs. 2 ArbZG so gesetzlich vorgesehen ist.107

Für die Verbuchung bzw Belastung des Arbeitszeitkontos mit sogenannten Mi-nusstunden ist es nach der Rechtsprechung108 notwendig, dass der Arbeitgeberdiese im Rahmen einer verstetigten Vergütung entlohnt hat. Daraus folgt, dasses durch tarifvertragliche oder betriebliche Vereinbarung nicht möglich ist, Ar-beitszeitkonten mit Minusstunden zu belasten, die sich aus der fehlenden Nut-zung der durchschnittlichen tariflichen Wochenarbeitszeit im geplanten Dienst-plan ergeben.In der Praxis hat sich das System sogenannter Ampelkonten bewährt, nach de-nen nach dem System der Verkehrsampel: grün, gelb, rot festgelegt wird, zuwelchem Zeitpunkt das Arbeitszeitkonto in gesetzlich nicht mehr zulässigerWeise ansteigt und ausgeglichen werden muss.Das größte Risiko für ein betriebliches System von Arbeitszeitkonten besteht da-rin, dass dieses Ansparmodell der geleisteten Arbeitszeit nicht gegen Insolvenzdes Arbeitgebers geschützt ist. Zwar legt § 7 d SGB IV fest, dass die Tarif- oderBetriebsparteien bei einer Arbeitszeitkontenregelung Vorkehrungen für den Fallder Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu treffen haben. Allerdings ist dieNichterfüllung dieser Verpflichtung nicht sanktionsbewehrt.109 Die Beschäftig-ten stehen im schlimmsten Fall ohne einen Anspruch auf Insolvenzgeld für dieangesparte Arbeitszeit110 und ohne einen Anspruch auf Aussonderung aus derInsolvenzmasse111 da. Es ist daher dringend notwendig, die Insolvenzsicherungvon Arbeitszeitkonten gesetzlich verbindlich zu regeln, um mögliche Lohneinbu-ßen der Beschäftigten, die diese Arbeitszeit ja bereits tatsächlich erbracht haben,abzusichern.112 Leider hat der Gesetzgeber solch eine Verbesserung durch dasGesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexiblerArbeitszeitregelungen vom 1.1.2009113 nicht vollzogen, denn darin wurde derInsolvenzschutz gegenüber der alten Fassung des § 7 d SGB IV nicht aufgegrif-fen.114 Zudem sind die auslösenden Wertgrenzen, ab denen eine Pflicht zur In-solvenzsicherung entsteht, zu hoch. Außerdem sieht in § 7 d SGB IV keine Sank-tionen vor, falls der Arbeitgeber seiner Insolvenzsicherungspflicht nicht nach-kommt.Für das Instrument der Altersteilzeit sieht das AltTZG seit 2009 eine Besonder-heit vor: § 8 a AltTZG regelt die Insolvenzsicherung der Wertguthaben, die beiDurchführung der Altersteilzeit entstehen bereits ab dem ersten Euro. Dies istim Gegensatz zur Insolvenzregelung im Flexi-II-Gesetz ein deutlicher Fortschritt,allerdings hat sich der Anwendungsbereich des AltTZG enorm verkleinert,nachdem die gesetzliche Zuschussregelung erheblich gekürzt wurde.3. Vertrauensarbeitszeit. Unter dem Begriff der Vertrauensarbeitszeit, der Endeder 1990-er Jahre erstmalig aufgetaucht ist, werden Arbeitszeitmodelle verstan-

107 § 16 Abs. 2 ArbZG lautet: „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktäglicheArbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen…“.

108 BAG, Urt. v. 26.1.2011, 5 AZR 819/09, NJW 2011, 1693.109 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 18 b.110 BSG, Urt. v. 25.6.2002, B 11 AL 80/01 R, ZIP 2004, 135.111 BAG, Urt. v. 24.9.2003, 10 AZR 640/02, DB 2004, 191.112 Vgl Stellungnahme des DGB zur Einführung einer Insolvenzsicherung von Arbeitszeit-

konten vom 30.5.2008.113 BGBl. I 2008, 2940, sog. Flexi-II-Gesetz.114 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 24 mwN.

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den, die in erster Linie dadurch charakterisiert sind, dass die Beschäftigten ihrevertraglich geschuldete Arbeitszeit eigenständig organisieren. Dabei besteht al-lerdings die große Gefahr, dass es durch selbst organisierte und selbst eingeteilteArbeitszeit zur Nichterfassung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden unddamit zu einer Ausweitung der individuellen Arbeitszeit kommt.115 Mehrarbeitwird schlicht nicht mehr erfasst und – unter dem Deckmantel des gegenseitigenVertrauens – auch nicht geltend gemacht.116 Zunächst war dieses Arbeitszeit-modell eher im Managementbereich vertreten, ist aber mittlerweile auch im Be-reich der normalen Beschäftigungsverhältnisse anzutreffen. Erste Einzelfälle sindbereits durch die Rechtsprechung belegt und entschieden.117 Die Vertrauensar-beitszeit unterliegt auch den Grenzen des § 3 ArbZG und den europarechtlichenVorgaben der Arbeitszeitrichtlinie.118 Vereinbarungen zur Einführung dieses fle-xiblen Arbeitszeitmodells über die Grenzen des § 3 ArbZG hinaus bedürfen un-ter Berücksichtigung etwaig geltender Tarifverträge der Zustimmung der Inter-essenvertretungen nach den Vorschriften des BetrVG oder des BPersVG.Die Zulässigkeit von Vertrauensarbeitszeit ist nach der Rechtsprechung119 im-mer dann überschritten, wenn der Arbeitgeber seiner arbeitsschutzrechtlichenOrganisationspflicht nicht mehr nachkommt, weil durch das gewählte Arbeits-zeitmodell die Einhaltung der Höchstarbeitszeitgrenzen nicht mehr gewährleis-tet werden kann. Aufgrund derselben Überlegungen kann sich der Arbeitgebernicht darauf zurückziehen, dass er aufgrund seines Vertrauensarbeitszeitmodellsdie tatsächliche Arbeitszeit der Beschäftigten nicht zur Kenntnis nehmen will.120

Damit ist ein bewusstes Verzichten auf die Arbeitszeiterfassung unzulässig.121

Dies folgt bereits aus der Aufzeichnungspflicht nach § 16 Abs. 2 ArbZG, die nurden Arbeitgeber, nicht aber die Beschäftigten zur Dokumentation verpflichtet.

Sonn- und Feiertagsarbeit§ 11 Abs. 2 ArbZG legt fest, dass die werktägliche Höchstarbeitszeit aus § 3ArbZG auch an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen gilt. Wenn Beschäftigtean einem solchen Tag arbeiten, darf durch ihre Tätigkeit an diesem Tag diehöchstzulässige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden nicht überschrittenwerden.122

Für die Berechnung der maximal zulässigen Höchstarbeitszeit an Sonn- und Fei-ertagen ist ebenso wie bei der höchstzulässigen werktäglichen Arbeitszeit aufden Arbeitsbeginn abzustellen. Zwar wurde gesetzlich festgelegt, dass grund-sätzlich Sonn- und Feiertagsarbeit zwischen 0.00 und 24.00 Uhr verboten ist(§ 9 Abs. 1 ArbZG). In § 11 Abs. 2 ArbZG wurde diese Vorgabe allerdings nichtausdrücklich erwähnt. Auch wenn keine konkrete Vorgabe zu Beginn und Endefür die Sonn- und Feiertagsarbeit gemacht wurde, ist es auch hier – analog der

VII.

115 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 19.116 Geramanis, WSI Mitteilungen 6/2002, S. 347.117 BAG, Urt. v. 17.4.2002, 5 AZR 644/00, DB 2002, 1455 ff.118 EuGH, Urt. v. 7.9.2006, Rs C-484/04,Kommisson ./. Vereintes Königreich, Eu-

roAS 2006, 135; Hamm, AiB 2000, 157.119 BAG, Urt. v. 6.5.2003, 1 ABR, 13/02, aaO.120 BAG, aaO.121 Buschmann/Ulber, § 3 ArbZG Rn 20 a.122 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 190; Buschmann/

Ulber, § 11 ArbZG Rn 5.

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Systematik des § 3 ArbZG – für die Berechnung der zulässigen Arbeitszeit anSonn- und Feiertagen entscheidend, wann mit der Arbeit begonnen wurde.123

Für den Ausgleichszeitraum aus § 3 Satz 2 ArbZG ist zudem noch zu beachten,dass nach § 11 Abs. 3 ArbZG für Arbeit am Sonntag ein Ersatzruhetag inner-halb von zwei Wochen zu gewähren ist. Die Rechtsprechung124 sieht diesen Er-satzruhetag allerdings (anders als der Wortlaut des § 11 Abs. 3 ArbZG – „Er-satzruhetag“ dies vorsieht) bereits dann als gewährt an, wenn innerhalb vonzwei Wochen ein Tag ohnehin frei ist, obwohl dadurch – in der Praxis durchausnicht unübliche – überlange Arbeitszeiträume entstehen können.125 Diese Recht-sprechung ist im Ergebnis bedenklich im Sinne des Arbeitsschutzes, obwohl sieim benannten Urteil zunächst explizit hervorhebt, dass § 11 Abs. 3 ArbZG inerster Linie dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dient.126 Leider übersiehtdas BAG, dass durch seine Entscheidung betriebliche Arbeitszeitmodelle entste-hen (vgl das Beispiel aus der Straßenreinigung Fn 124), die weder wünschens-wert sind noch mit den Arbeitsschutzgrundsätzen des ArbZG übereinstimmen.

Abweichende RegelungenVon den Vorgaben des § 3 ArbZG kann durch Tarifvertrag oder aufgrund einesTarifvertrages durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung abgewichen werden.Das regelt § 7 ArbZG in den Abs. 1 Nr. 1 a, 2 Nrn. 2 bis 4 und 2 a.127

Konkret ist es danach möglich, die Arbeitszeit über zehn Stunden täglich zu ver-längern, wenn regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oderBereitschaftsdienst anfällt. Außerdem kann ein anderer Ausgleichszeitraum vonlängstens 12 Monaten festgelegt werden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG; vgl im Einzel-nen § 7 Rn 29 ff).128

§ 7 Abs. 2 ArbZG enthält für diverse Branchen (Landwirtschaft, den Kranken-haus- und Pflegebereich und die Verwaltung) Abweichungsmöglichkeiten von§ 3 ArbZG. Die Verlängerung der Arbeitszeit ist allerdings mit einem entspre-chenden Zeitausgleich zu versehen.§ 7 Abs. 2 a ArbZG, der mit dem Änderungsgesetz 2003129 eingeführt wurde,eröffnet erstmalig die Möglichkeit einer Arbeitszeitverlängerung auch ohne Aus-gleich bei einem regelmäßigen Anfall von Arbeitsbereitschaft oder Bereitschafts-dienst. Der Arbeitgeber muss dazu lediglich durch geeignete Maßnahmen sicher-stellen, dass die Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet wird.Das Gesetz sieht weitgehende Möglichkeiten vor, in denen durch Tarifverträgeoder betriebliche Vereinbarungen, die auf diesen Tarifregelungen beruhen, derGrundsatz des 8-Stunden-Tages aufgeweicht werden kann oder gar ohne jegli-chen Ausgleich lange Arbeitszeiten in bestimmten Branchen zugelassen werdenkönnen. Es ist bekannt, dass von der Möglichkeit des Gesetzes, abweichende

VIII.

123 Schliemann/Meyer, D Werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer, Rn 191; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 4.

124 BAG, Urt. v. 23.3.2006, 6 AZR 497/05, AP Nr. 3 zu § 11 ArbZG; aA Anzinger/Kober-ski, § 11 ArbZG Rn 23; Buschmann/Ulber, § 11 ArbZG Rn 6 a.

125 Siehe hierzu ein ausführliches Beispiel aus der Straßenreinigung bei Schubert/Jerchel,WSI Mitteilungen 2/2011, S. 80.

126 BAG, Urt. v. 23.3.2006 aaO, Rn 16.127 ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 14; Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 71.128 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 71.129 BGBl. I, 2003, 3002 – Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt.

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Regelungen abzuschließen, schon vor den umfangreichen Änderungen desArbZG in 2004 Gebrauch gemacht wurde. Einer erneuten gesetzlichen Auswei-tung der Abweichungsmöglichkeiten hätte es nach hiesiger Auffassung nicht be-durft. Die Inhalte der bestehenden Tarifregelungen sind sehr unterschiedlichund bilden den jeweiligen Grad des Flexibilisierungsbedarfs bei der Arbeitszeitin der einzelnen Branche ab.Konkret die zuletzt eingefügte Flexibilisierungsmöglichkeit in § 7 Abs. 2 aArbZG hat die bereits vorhandenen Verlängerungsmöglichkeiten betrieblicherArbeitszeiten noch ausgeweitet und verschlechtert. Hierfür bestand nach derhiesigen Auffassung keine Notwendigkeit. Die Grundsätze des Arbeits- und Ge-sundheitsschutz wurden bei dieser Änderung des ArbZG nicht in den Vorder-grund gestellt. Kritisch zu sehen ist dies vor allem deshalb, weil die Gesetzände-rung erst im Jahr 2003 mit Wirkung für 2004 erfolgte, um die Arbeitszeitrichtli-nie, die ja bereits aus dem Jahr 1994 stammt, umzusetzen.Weitere Möglichkeiten der Verlängerung der Arbeitszeit sehen die §§ 14 und 15ArbZG vor. Es handelt sich dabei um Einzelfallregelungen, die nicht durch Ta-rifverträge langfristig geregelt werden können.

Sanktionen, Rechtsbehelfe und Rechtsschutzmöglichkeiten beiVerstößen

1. Sanktionen. § 3 ArbZG ist sanktionsbewehrt. Bei einem vorsätzlichen oderfahrlässigen Verstoß des Arbeitgebers durch die tatsächliche Beschäftigung überdie Grenzen der werktäglichen Arbeitszeit hinaus liegt ein ordnungswidrigesVerhalten nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG vor. Diese Ordnungswidrigkeit kanngemäß § 22 Abs. 2 ArbZG mit einer Geldbuße bis zu 15.000 EUR geahndetwerden.Von der Ordnungswidrigkeit des § 22 ArbZG sind sowohl die Überschreitungder täglichen Arbeitszeit von 8 bzw 10 Stunden, die zulässige Gesamtarbeitszeitim Ausgleichszeitraum als auch der Ausgleichszeitraumes erfasst.130 Sofern eineabweichende Regelung nach den §§ 7, 14 oder 15 ArbZG vorliegt, ist eine Ahn-dung nach § 22 ArbZG nicht einschlägig.Für den Verstoß des Arbeitgebers ist es nicht notwendig, dass die Überschrei-tung ausdrücklich angeordnet wurde, vielmehr reicht es schon aus, dass sie still-schweigend geduldet oder die Einhaltung der höchstzulässigen Arbeitszeit nichtüberwacht wurde.131 Damit ist ein Irrtum über das Vorliegen einer abweichen-den Regelung nach § 7 ArbZG als unerheblich nach den Grundsätzen des Irr-tums über das Vorliegen einer Ausnahme sowie nach den Grundsätzen des Ver-botsirrtums zu behandeln.132

Sobald eine Gefährdung der Gesundheit oder Arbeitskraft der Beschäftigtenvorliegt oder der Arbeitgeber beharrlich Beschäftigung über die Höchstgrenzenhinaus zulässt und hierdurch eine Wiederholung des Verstoßes aus § 22 ArbZGerfolgt, ist auch mit einer Freiheitsstrafe nach § 23 ArbZG zu rechnen.133

IX.

130 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 88; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 18; HandbuchArbR/Schoof; § 26, Rn 64.

131 OLG Hamm, Urt. v. 30.8.1956, 2 Ss 708/56, AP Nr. 2 § 12 AZO.132 Zur Beschäftigung eines Jugendlichen an einem anderen Tag als Montag bis Freitag:

OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.1.1983, 3 Ss 132/82, AP Nr. 1 § 16 JArbSchG.133 Anzinger/Koberski, § 3 ArbZG Rn 89; Neumann/Biebl, § 3 ArbZG Rn 18.

§ 3 Zweiter Abschnitt | Werktägliche Arbeitszeit und arbeitsfreie Zeiten

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