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Autoimmunerkrankungen mit chinesischer Medizin gezielt behandeln Bearbeitet von Wanzhu Hou 1. Auflage 2015. Buch. X, 294 S. Hardcover ISBN 978 3 437 55272 4 Format (B x L): 17,3 x 24,6 cm Gewicht: 878 g Weitere Fachgebiete > Medizin > Komplementäre Medizin, Asiatische Medizin (TCM), Heilpraktiker schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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Autoimmunerkrankungen mit chinesischer Medizin gezielt behandeln

Bearbeitet vonWanzhu Hou

1. Auflage 2015. Buch. X, 294 S. HardcoverISBN 978 3 437 55272 4

Format (B x L): 17,3 x 24,6 cmGewicht: 878 g

Weitere Fachgebiete > Medizin > Komplementäre Medizin, Asiatische Medizin (TCM),Heilpraktiker

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

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Autoim

munerkrankungen

mit chinesischer M

edizin gezielt behandeln

W. Hou G. Xu H. WangBeratender Redakteur: Jeffrey M. Gould

Autoimmunerkrankungen mit chinesischer Medizin gezielt behandeln

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Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen der Immunologie und Immunsystemstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2 Autoimmunerkrankungen in der chinesischen Medizin und die Rolle des Yin­Mangels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3 Systemischer Lupus erythematodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

4 SLE und kardiopulmonale Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

5 Rheumatoide Arthritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

6 Autoimmunhepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

7 Morbus Crohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

8 Morbus Basedow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

9 Hashimoto­Thyreoiditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

10 Psychische Erkrankungen bei Autoimmunkrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

11 Multiple Sklerose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

12 Psoriasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

13 Raynaud­Phänomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

14 Sklerodermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

15 Sjögren­Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

16 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Glossar der Immunologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

Verzeichnis der chinesischen Arzneimittelrezepturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

Verzeichnis der Akupunkturpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

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Rheumatoide Arthritis

5.1 Ätiologie und Pathologie gemäß der westlichen Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

5.2 Diagnose gemäß der westlichen Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

5.3 Ätiologie und Pathologie gemäß der chinesischen Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

5.4 Allgemeines Therapieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

5.5 Differenzierung und Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

5.6 Kasuistiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

5.7 Analyse der Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

5.8 Hinweise zu Lebensstil und Gesundheitsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

5KAPITEL

Die rheumatoide Arthritis (RA) wird durch eine Entzündung der Membrana synovialis1 (innere Schicht der Gelenkkapsel) verursacht und kann durch eine gestörte Immunität ausgelöst werden. RA kann zu einer lang-fristigen Gelenkschädigung mit chronischen Schmerzen, Funktionsverlust und sogar Bewegungseinschrän-kungen führen.

5.1 Ätiologie und Pathologie gemäß der westlichen Medizin

Die genaue Ursache von RA ist gegenwärtig noch nicht bekannt. Wahrscheinlich gibt es keine einzelne Ursa-che. Forscher diskutieren zurzeit, ob es sich bei RA um eine einzige Erkrankung oder mehrere verschiedene Krankheiten mit gemeinsamen Merkmalen handelt. Im Folgenden sind mehrere ihrer möglichen Ursachen aufgeführt.

5.1.1 Genetische Ätiologie

Wenn der genetische Marker HLA-DR4, ein humanes Leukozytenantigen (eine genetische Anomalie), in den weißen Blutkörperchen nachgewiesen wird, besteht das Risiko, an RA zu erkranken. Die Funktion des Mar-kers ist es, die eigenen Zellen von fremden Eindringlingen zu unterscheiden.2 Wenn HLA-DR4 nicht in der Lage ist, diese Differenzierung vorzunehmen, kommt es zu einem Angriff auf die eigenen Zellen.

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5.1.2 Immunologische Ätiologie

Ein Beispiel für die Fehlkommunikation im Körper ist das, was als Rheumafaktor bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich um einen Antikörper, der darauf gerichtet ist, andere, normale Antikörper zu regulieren. Dies bedeutet, dass dieser niedrigwertige Antikörper zwar nicht unbedingt direkt eine Autoimmunerkran-kung verursacht, aber potenziell einen Schub einer bestehenden Autoimmunerkrankung auslösen kann. Ein erhöhter Rheumafaktor-Wert kann jedoch auf eine Fehlfunktion des Immunsystems hinweisen. Im Allgemeinen gilt, dass je höher der Rheumafaktor-Wert im Körper ist, desto stärker die Krankheitsaktivi-tät ausfällt. Nicht alle RA-Patienten weisen einen erhöhten Rheumafaktor-Wert auf und umgekehrt leiden nicht alle Menschen, die einen erhöhten Rheumafaktor-Wert aufweisen, an RA. Außerdem kann der Rheu-mafaktor-Test ein falsch-negatives Ergebnis zeigen, wenn er zu früh im Krankheitsverlauf durchgeführt wird.

5.1.3 Infektionsätiologie

Möglicherweise wird bei manchen Menschen RA durch eine Infektion ausgelöst, auch wenn es gegenwärtig keine Beweise für diese Annahme gibt. RA ist keine ansteckende Erkrankung, aber möglicherweise kann ein Keim, dem fast jeder ausgesetzt ist, bei Menschen mit einer Anfälligkeit für RA eine abnorme Reaktion des Immunsystems verursachen.

5.2 Diagnose gemäß der westlichen Medizin

Die Diagnose der RA basiert auf einer vollständigen medizinischen und familiären Anamnese, einer körper-lichen Untersuchung, Labortests sowie Röntgenaufnahmen. 1. Medizinische Anamnese: Dies ist wohl das beste Werkzeug zur Diagnose von RA. 2. Körperliche Untersuchung: Symptome und Zeichen wie Gelenkschwellung, Gelenkempfindlichkeit, Be-

wegungsverlust in geschädigten Gelenken, Gelenkfehlstellung, Zeichen von RA in anderen Organen (u.a. Haut, Lungen, Augen).

3. Labortests.Es werden meist folgende Tests durchgeführt: • Großes Blutbild: RA-Patienten haben oft eine niedrige Erythrozytenzahl, was auf eine Anämie hinweist.

Die Anämie kann zu dem Erschöpfungsgefühl beitragen. Patienten mit einer aggressiveren Krankheits-form haben meist eine stärker ausgebildete Anämie. Andererseits kann die Leukozytenzahl erhöht sein, was eine Infektion widerspiegelt. Eine niedrige Leukozytenzahl spricht für das Felty-Syndrom3, eine Son-derform der RA. Sie kann aber auch durch bestimmte Medikamente hervorgerufen werden. Im Allgemei-nen ist die Thrombozytenzahl erhöht, wenn eine Entzündung vorliegt. Sie kann aber durch bestimmte Medikamente auch erniedrigt sein.

• Erythrozytensedimentationsrate (ESR): Die ESR misst die Geschwindigkeit, mit der sich die roten Blut-körperchen in der Testpipette absenken. Je schneller sich die roten Blutkörperchen senken, desto stärker ist die Entzündung. Eine hohe ESR weist auf eine Entzündung hin; je höher, desto stärker die RA. Die ESR wird häufig untersucht, um den Behandlungserfolg zu kontrollieren. Dieser Test ist nicht speziell für RA gedacht, sondern misst allgemein Entzündungen im Körper.

• C-reaktives Protein (CRP): CRP kommt normalerweise im Körper vor, aber bei einer Entzündung ist der Wert erhöht. Je höher der CRP-Wert, desto aktiver die Erkrankung. Obwohl ESR und CRP ähnliche Grade

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der Entzündung widerspiegeln, ist manchmal der eine Wert erhöht, der andere aber nicht. Dieser Test kann regelmäßig wiederholt werden, um die Entzündung und die Reaktion auf die Therapie zu überprü-fen.

• Rheumafaktor (RF): Dieser Test misst die Menge des RF im Körper. Je höher der RF, desto schwerer die RA. • Antinukleäre Antikörper (ANA): Dieser Test ermittelt eine Gruppe von Autoantikörpern, die bei etwa

30–40 % der RA-Patienten auftreten. Obwohl der ANA-Test häufig als Screening-Methode eingesetzt wird, dient er nicht als diagnostisches Mittel, weil viele Menschen ohne RA oder mit anderen Erkrankun-gen ANA aufweisen können.

• Bildgebende Verfahren: – Röntgenaufnahmen: Sie können eine Schwellung des Weichteilgewebes und einen Verlust der Kno-

chendichte an den Gelenken zeigen. Wenn die Krankheit fortschreitet, können Röntgenbilder kleine Löcher oder Erosionen nahe den Knochenenden und eine Verengung des Gelenkspalts aufgrund des Knorpelverlustes erkennen lassen.

– Magnetresonanztomografie (MRT): Hiermit können Entzündungen im Frühstadium aufgespürt wer-den, bevor sie auf einer Röntgenaufnahme sichtbar werden. MRT ist besonders geeignet, um Synovitis (Entzündung der inneren Schicht der Gelenkkapsel) zu erkennen.

– Ultraschall des Gelenks: Dies ist eine weitaus kostengünstigere Methode, eine Gelenkentzündung zu di-agnostizieren, bevor Röntgenaufnahmen Schäden zeigen.

– Knochendichtemessung: Dual-Röntgen-Absorptiometrie (DXA) ist ein wichtiges bildgebendes Verfah-ren, um die Knochendichte zu messen. Es wird hauptsächlich zur Diagnose von Osteoporose einge-setzt. Bei RA-Patienten kann Osteoporose besonders stark ausgeprägt sein, und zwar aufgrund der Un-beweglichkeit der Gelenke und der Entzündungsreaktion selbst, die den Knochenverlust beschleunigen kann. Frauen sind besonders nach der Menopause von Osteoporose betroffen.

5.3 Ätiologie und Pathologie gemäß der chinesischen Medizin

Die chinesische Medizin benennt RA zwar nicht explizit mit Namen, befasst sich aber doch mit Erkrankun-gen, die als Bi-Syndrome 痹证 bezeichnet werden. Einige dieser Erkrankungen weisen Symptome und Zei-chen auf, die denjenigen von RA ähneln. bi bedeutet Blockade und wird durch Pathogene verursacht, die Blockaden in den Leitbahnen schaffen. Diese Blockaden hindern Qi und Blut daran, ungehindert durch die Leitbahnen zu wandern und ihre Funktionen des Wärmens und Nährens von Gelenken und Extremitäten auszuführen. Dadurch kommt es zu ernsten Symptomen.

In der chinesischen Medizin heißt es: ‚Die vier äußeren Übel, nämlich Wind, Kälte, Hitze und Feuch-tigkeit, greifen den menschlichen Körper an und verursachen Bi-Syndrome‘. In der chinesischen Medizin wird gelehrt, dass äußere Pathogene den Körper angreifen können, wenn Qi und Blut geschwächt sind und deshalb den Körper nicht gut schützen können. Dieser Angriff kann, in Verbindung mit Qi-Schwä-che und Blut-Mangel, zu einem Bi-Syndrom führen. Daher ist die Ätiologie des Bi-Syndroms kompli-ziert. Bei ihr spielt eine Kombination der äußeren Pathogene Wind, Feuchtigkeit, Kälte und Hitze eine Rolle, die in Folge einer inneren Schwächung von Qi und Blut den Körper befallen können. Diese äußeren Pathogene bleiben in den Leitbahnen und blockieren den Blut- und Qi-Fluss. Hierdurch kommt es zu einem Bi-Syndrom.

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5.3.1 Eindringen äußerer Pathogene

Das Bi-Syndrom ist dadurch bedingt, dass Wind, Kälte, Feuchtigkeit und/oder Hitze gemeinsam in den Kör-per eindringen (obwohl Kälte und Hitze nicht gleichzeitig angreifen können). Wind ist der wichtigste patho-gene Faktor, da er immer dazu führt, dass andere Pathogene den Körper angreifen. Dieser Angriff kann sich ereignen, wenn sich das Wetter plötzlich ändert, wenn Menschen an kalten oder regnerischen Orten leben oder sich zu dünn anziehen, wenn Menschen bei extrem kaltem und feuchtem Wetter joggen oder stark schwitzen, wodurch sich die Poren öffnen. All diese Faktoren können das Eindringen von äußerem Wind, Kälte, Feuchtigkeit oder Hitze begünstigen. Wenn die äußeren Pathogene lange Zeit in den Leitbahnen stag-nieren, kann dies auch zu einer Blut-Stase und zu Symptomen von Hitze im Blut führen. Wenn Kälte-Feuch-tigkeit über einen langen Zeitraum im Körper stagniert, kann sie sich auch in ein Hitze-Syndrom umwan-deln.

5.3.2 Leber- und Nieren-Schwäche als Voraussetzungen für das Eindringen äußerer Pathogene

Die Leber speichert Blut, die Niere speichert Essenz. Das Leber-Blut wird durch die Nieren-Essenz genährt, die Nieren-Essenz wird durch das Leber-Blut aufgefüllt. In der chinesischen Medizin ist man der Auffassung, dass sich Blut in Essenz umwandeln kann, aber dass die Quelle von Blut und Essenz die gleiche ist, nämlich die Nahrungsessenz. Deshalb heißt es in der chinesischen Medizin: ‚Essenz und Blut haben eine gemeinsame Quelle‘ sowie ‚Leber und Niere haben eine gemeinsame Quelle‘. Essenz-Mangel kann daher zu Blut-Mangel führen. Ein lange bestehender Leber-Blut-Mangel kann auch zu Nieren-Essenz-Mangel führen. Beides hat letztendlich Nieren- und Leber-Schwäche zur Folge. Essenz und Blut haben die Funktion, Muskeln, Sehnen und Knochen zu nähren. Bei einem Mangel führt dies zu ‚Leere der Gelenke‘, was es äußeren Pathogenen er-möglicht, den Körper zu befallen. Die Folge ist ein Bi-Syndrom.

5.4 Allgemeines Therapieprinzip

Es ist wichtig, auf der Grundlage der Symptome und Zeichen zu unterscheiden, welche äußeren Pathogene eingedrungen sind, um die korrekte Therapie festzulegen. Wenn der Schmerz wandert und viele Gelenke be-troffen sind, ist dies vor allem durch pathogenen Wind bedingt. Ist der Schmerz relativ stark und auf ein oder mehrere Areale fixiert, handelt es sich um Blut-Stase. Wenn der Schmerz mit einem Kälte- oder Hitzegefühl in den betroffenen Gelenken einhergeht, ist dies meist auf pathogene Kälte bzw. Hitze zurückzuführen. Füh-len sich die betroffenen Gelenke schwer an und ist auch ein Taubheitsgefühl oder eine Schwellung vorhan-den, so kann man dies hauptsächlich auf pathogene Feuchtigkeit zurückführen.

In der akuten Phase muss man pathogene Hitze oder Kälte vertreiben, die Blockade in den Leitbahnen be-seitigen und äußeren pathogenen Wind und Feuchtigkeit vertreiben. In der chronischen Phase müssen Leber und Yin genährt, die Blut-Stase beseitigt und die Leitbahnen befreit werden.

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935 .5 Differenzierung und Therapie

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5.5 Differenzierung und Therapie

Wind-Hitze-Feuchtigkeit-Syndrom

Klinische Manifestationen

Rötung, Schwellung an den Gelenken, Hitzegefühl und Schmerzen in den geschädigten Gelenken, ggf. Fieber und Durst. Die Gelenke sind so schmerzhaft, dass man sie nicht berühren kann, aber der Schmerz kann durch Kälte gelindert werden. • Zunge: rot mit einem trockenen, gelben Belag • Puls: schlüpfrig, schnell

Therapieprinzip

Pathogenen Wind, Hitze und Feuchtigkeit vertreiben, Blockaden in den Leitbahnen beseitigen und Schmer-zen beenden.

Arzneimitteltherapie

Variante von Baihu jia guizhi tangVariante von Weißer-Tiger-Dekokt plus Ra. Cinnamomi • Shigao Gypsum fibrosum 30 g (30 Min. vorab kochen) • Zhimu Rz. Anemarrhenae 12 g • Gancao Rx. Glycyrrhizae 6 g • Guizhi Ra. Cinnamomi 10 g • Yiyiren Sm. Coicis 30 g • Rendongteng Caulis Lonicerae 30 g • Sangzhi Ra. Mori 30 g • Chishao Rx. Paeoniae rubra 12 g • Qinjiao Rx. Gentianae macrophyllae 12Aus den obigen Arzneien wird ein Dekokt zubereitet, das oral verabreicht wird.

Akupunktur

Bl 17 geshu, Mi 10 xuehai, Du 14 dazhui, Di 11 quchi.

Ergänzende Therapie

Bei Hautläsionen, besonders bei erythematösen, anulären und subkutanen Knötchen, füge man Danshen Rx. Salviae miltiorrhizae 15 g, Honghua Fl. Carthami 10 g, Taoren Sm. Persicae 10 g und Zicao Rx. Arnebiae/Li-thospermi 10 g hinzu und nadele He 7 shenmen, Extrapunkt Kopf frontal 1 und Lokalpunkte in der Umge-bung der Hautläsionen.

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Wind-Kälte-Feuchtigkeit-Syndrom

Klinische Manifestationen

Gelenkschmerz verschlimmert sich bei Kälte und wird bei Wärme gelindert, Kältegefühl in den Extremitäten. • Zunge: blass mit einem weißlichen, dünnen oder fettigen Belag • Puls: oberflächlich, langsam

Therapieprinzip

Pathogene Wind-Kälte-Feuchtigkeit vertreiben, Blockaden in den Leitbahnen beseitigen, Schmerzen been-den.

Arzneimitteltherapie

Variante von Juanbi tangVariante von Dekokt, das Bi-Syndrome beseitigt • Qianghuo Rz. seu Rx. Notopterygii 6 g • Duhuo Rx. Angelicae pubescentis 10 g • Guizhi Ra. Cinnamomi 10 g • Qinjiao Rx. Gentianae macrophyllae 12 g • Danggui Rx. Angelicae sinensis 10 g • Chuanxiong Rz. Chuanxiong 10 g • Haifengteng Caulis Piperis kadsurae 30 g • Jixueteng Caulis Spatholobi 30 g • Sangzhi Ra. Mori 30 gAus den obigen Arzneien wird ein Dekokt zubereitet, das oral verabreicht wird.

Akupunktur

Auswahl von Lokal- und Fernpunkten plus Bl 23 shenshu, Ren 4 guanyuan und Ma 36 zusanli mit warmen Nadeln.

Ergänzende Therapie

• Wenn der Schmerz aufgrund von pathogenem Wind wandert, füge man Weilingxian Rx. Clematidis und Fangfeng Rx. Saposhnikoviae hinzu und nadele Bl 17 geshu und Mi 10 xuehai.

• Bei Kälte-Schmerz füge man Zhi chuanwu Rx. Aconiti praeparata und Zhi caowu Rx. Aconiti kusnezoffii praeparata hinzu und nadele Bl 23 shenshu und Ren 4 guanyuan.

• Bei starkem Schmerz aufgrund von Feuchtigkeit füge man Yiyiren Sm. Coicis und Cangzhu Rz. Atractylo-dis hinzu und nadele Ma 36 zusanli und Mi 5 shangqiu.

• Wenn die Krankheit chronisch ist und die Symptome wiederholt wiederkehren und die Arthralgie ver-schlimmern, füge man Ruxiang Olibanum, Moyao Myrrha, Dilong Pheretima und Quanxie Scorpio hinzu und nadele Bl 23 shenshu und Mi 10 xuehai.

• Bei Patienten mit Leber- und Nieren-Schwäche-Symptomen füge man Duzhong Cx. Eucommiae und Sangjisheng Hb. Taxilli hinzu und nadele Mi 6 sanyinjiao.

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955 .5 Differenzierung und Therapie

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Yin-Mangel mit Blut-Stase

Klinische Manifestationen

Gelenkschmerz mit leichter Schwellung, aufgrund des Schmerzes in den geschädigten Gelenken Unfähigkeit, bestimmte Tätigkeiten auszuüben, die betroffenen Gelenke können deformiert und schwach sein. • Zunge: rot mit wenig Belag oder einem dünnen, weißlichen Belag • Puls: dünn, schnell und gespannt

Therapieprinzip

Leber- und Nieren-Yin nähren, Blut-Stase beseitigen, Feuchtigkeit umwandeln.

Arzneimitteltherapie

Variante von Duhuo jisheng tangVariante von Dekokt mit Angelica pubescens und Taxillus • Duhuo Rx. Angelicae pubescentis 10 g • Sangjisheng Hb. Taxilli 12 g • Qinjiao Rx. Gentianae macrophyllae 10 g • Fangfeng Rx. Saposhnikoviae 10 g • Xixin Hb. Asari 3 g • Guizhi Ra. Cinnamomi 10 g • Fuling Poria 10 g • Duzhong Cx. Eucommiae 12 g • Niuxi Rx. Achyranthis bidentatae 12 g • Biejia Carapax Trionycis 20 g (30 Min. vorab kochen)Aus den obigen Arzneien wird ein Dekokt zubereitet, das oral verabreicht wird.

Akupunktur

Ni 3 taixi, Mi 6 sanyinjiao, Bl 23 shenshu, Bl 18 ganshu.

Ergänzende Therapie

Wenn die Symptome chronisch sind und der Schmerz intermittierend ist, füge man Danggui Rx. Angelicae sinensis und Weilingxian Rx. Clematidis hinzu und nadele Bl 11 dazhu und Gb 39 xuanzhong. Man muss je-doch aufpassen, nur dann das Yang zu wärmen, wenn der Patient Yang-Mangel-Symptome aufweist, weil das Wärmen des Yang die T-Helferzellen stimulieren kann, mehr Antikörper zu produzieren.

Es folgt eine Zusammenstellung von Akupunkturpunkten gegen Schmerzen in verschiedenen Gelenken und Lokalisationen: • Schmerzen im Schultergelenk: Di 15 jianyu, 3E 14 jianliao, 3E 19 jianzhen, 3E 10 naoshu • Schmerzen in der Scapula: Dü 10 tianzong, Dü 12 bingfeng, Dü 14 jianwaishu, Bl 43 gaohuang • Schmerzen im Ellenbogen: Di 11 quchi, Lu 5 chize, 3E 10 tianjing, Di 4 hegu • Schmerzen im Handgelenk: 3E 4 yangchi, Di 5 yangxi, Dü 5 yanggu, 3E 5 waiguan • Steifheit der Finger: Dü 5 yanggu, Di 4 hegu, Dü 3 houxi • Taubheitsgefühl und Schmerzen in den Fingern: Dü 3 houxi, Di 3 sanjian, Extrapunkte baxie • Schmerzen im Hüftgelenk: Gb 30 huantiao, Gb 29 juliao, Gb 39 xuanzhong

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• Schmerzen im Kniegelenk: Extrapunkt heding, Ma 35 dubi, Extrapunkt siyan medial, Gb 34 yanglingquan, Mi 9 yinlingquan

• Schmerzen im Knöchel: Ma 41 jiexi, Mi 5 shangqiu, Gb 40 qiuxu, Bl 60 kunlun, Ni 3 taixi • Taubheitsgefühl und Schmerzen in den Zehen: Mi 4 gongsun, Bl 65 shugu, Extrapunkte bafeng

5.6 Kasuistiken

Fallbeispiel 1 L., eine 39-jährige Frau, klagte bei ihrer ersten Konsultation über beidseitige Schmerzen in den Knien sowie über Mundtrockenheit, Hals- und Augenschmerzen. Die Beschwerden bestanden seit über drei Jahren. Sie hatte in den Gelenken beider Hände Schmerzen; diese waren morgens steifer. Sie verspürte auch Schmerzen in beiden Schulter- und Kniegelenken. Ihre Knie fühlten sich immer so an, als ob etwas Warmes darauf lä-ge. Die Patientin litt unter Kälteintoleranz, trockenen Augen und Lippen, einem Kältegefühl in beiden Hän-den und Füßen, häufigen Kopfschmerzen (jedoch ohne Schwindelgefühl), einem Hautausschlag am ganzen Körper (besonders stark an den Innenseiten beider Oberschenkel) sowie Juckreiz, der Schlaflosigkeit mit sich brachte. Die Patientin musste vor dem Schlafengehen eine Steroidsalbe benutzen, um den Juckreiz zu unterdrücken. Sie hatte Schmerzen im rechten oberen Abdomen, litt an Erschöpfung und war anfällig für Erkältungen. Die Miktion war normal, sie hatte dreimal am Tag Stuhlgang mit geformtem Stuhl.Körperliche Untersuchung: Das Gesicht der Patientin war gerötet. Der Hautausschlag breitete sich über den ganzen Körper aus, besonders an den Innenseiten der Oberschenkel und Handgelenke. Das rechte Bein war etwa 5 cm kürzer und etwas kleiner als das linke. Die Zunge war rot, in der Mitte rissig und wies einen weißen, fettigen Belag und Zahneindrücke auf. Der Puls war dünn und schnell.Laut Anamnese hatte die Patientin bis etwa zum 12. Lebensjahr an Asthma gelitten.2 Jahre vor der Konsultation:Ultraschall des Abdomens: ohne Befund.18 Monate vor der Konsultation:MRT: Knochenwucherung am Gelenk des rechten Fibulakopfes mit angrenzender lateraler tibialer Meta-physe, übereinstimmend mit degenerativer Veränderung, die eventuell mit einem früheren Trauma oder einer gutartigen Exostose zusammenhängen könnte. Keine weitere Anomalität.1 Jahr vor der Konsultation: • C3-Komplement, Serum: 85 mg/dl (Normbereich 90–180) • C4-Komplement, Serum: 18 mg/dl (9–36) • ANA, direkt: 599 U/ml (0–99, > 120 positiv)1 Monat vor der Konsultation: • Latex-Rheumafaktortest: 35,7 IU/ml (0,0–13,9) • ANA, direkt: 714 U/ml (0–99, > 120 positiv) • Senkungsgeschwindigkeit, Westergren: 11 mm/h (0–20) • SLE-Profil C:

– Ribonukleoprotein-(RNP-)Antikörper: 21 U/ml (0–99) – Smith-Antikörper: 13 U/ml (0–99) – Sjögren-SS-A-AK: 599 U/ml (0–99) – Sjögren-SS-B-AK: 67 U/ml (0–99) – DNA-AK: 35 U/ml (0–99)

Diagnosen: 1. RA (Bi-Syndrom aufgrund von Wind, Kälte und Feuchtigkeit) 2. Sjögren-Syndrom (emporflammendes Feuer aufgrund von Leber- und Nieren-Yin-Mangel)

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975 .6 Kasuistiken

5

Therapieprinzip:Wind, Kälte und Feuchtigkeit vertreiben, die Leitbahnen öffnen und Blut-Stase beseitigen.Arzneimitteltherapie:Variante von Duhuo jisheng tangVariante von Dekokt mit Angelica pubescens und Taxillus • Qianghuo Rz. seu Rx. Notopterygii 10 g • Duhuo Rx. Angelicae pubescentis 10 g • Niuxi Rx. Achyranthis bidentatae 10 g • Qinjiao Rx. Gentianae macrophyllae 10 g • Fangfeng Rx. Saposhnikoviae 10 g • Fangji Rx. Aristolochiae fangchi 6 g • Guizhi Ra. Cinnamomi 10 g • Chishao Rx. Paeoniae rubra 12 g • Baishao Rx. Paeoniae alba 12 g • Sheng dihuang Rx. Rehmanniae 12 g • Chuanxiong Rz. Chuanxiong 10 g • Huangqin Rx. Scutellariae 12 g • Danshen Rx. Salviae miltiorrhizae 12 g • Gancao Rx. Glycyrrhizae 3 gAus den obigen Arzneien wurde ein Dekokt zubereitet, das zweimal täglich oral verabreicht wurde.Chinesische Fertigarznei:Sniff & Relieve4 zur äußeren Anwendung. Hierbei handelt es sich um ein patentiertes Aromatherapieprä-parat, das die Erkältungs- oder Grippehäufigkeit vermindert, Viruslast herabsetzt und Viren daran hin-dert, sich im Naseneingangsbereich zu vermehren.Akupunktur:Du 20 baihui, Extrapunkt yintang, Di 11 quchi, Ren 22 tiantu, Mi 10 xuehai, Extrapunkt xiyan, Ma 35 du-bi, Mi 6 sanyinjiao, Le 2 xingjian.4 Monate nach der Konsultation: Die Patientin berichtete, dass die Schmerzen in beiden Knien fast vollständig verschwunden seien. Sie hatte nur noch einen leichten Hautausschlag und etwas trockene Lippen und Augen.Laborbericht 8 Monate nach der Konsultation: • Sjögren-SS-A-AK: 931 U/ml (Normbereich 0–99) • Sjögren-SS-B-AK: 65 U/ml (Normbereich 0–99) • dsDNA-AK, Qn: 21 U/ml (0–99) • ANA, direkt: 931 U/ml (0–99) • Latex-Rheumafaktortest: 32,5 IU/ml (0,0–13,9) • Senkungsgeschwindigkeit, Westergren: 8 mm/h (0–20) • C3-Komplement, Serum: 92 mg/dl (Erwachsene 90–180) • C4-Komplement, Serum: 15 mg/dl (Erwachsene 9–36)Die Patientin erhielt die obige Therapie über einen Zeitraum von sechs Monaten. Die Schmerzen in den Knien und Fingern waren fast gänzlich verschwunden. Die Patientin verspürte manchmal leichte Schmer-zen im rechten Knie, die aber nur einige Minuten anhielten. Sie hatte durch Zufall mit der Anwendung künstlicher Tränenflüssigkeit aufgehört, weil sie sie vergessen hatte. Trotzdem waren ihre Augen meist feucht, besonders das rechte. Die Patientin stellte fest, dass ihre Augen auch ohne künstliche Tränenflüs-sigkeit immer noch in Ordnung waren.

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5 Rheumatoide Arthritis98

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Fallbeispiel 2 S. P., ein 17-jähriger Junge, klagte bei seiner ersten Konsultation über Schmerzen und Schwellung im Kniegelenk. Die Beschwerden bestanden bereits sechs Monate. Der Patient hatte ca. zwei Jahre zuvor eine Verletzung am linken Knie erlitten, die mit Schmerzen einherging. Er hatte drei Monate lang Phy-siotherapie und Schmerzmittel erhalten, was diese Symptome zum Verschwinden brachte. Kurz vor sei-ner Konsultation hatte er häufig Halsschmerzen, die nicht auf Medikamente ansprachen. Vier Monate zuvor hatte der Patient hohes Fieber (40°C), Magenschmerzen und Diarrhö. Er war zur Notfallambulanz gegangen und bekam Antibiotika verschrieben, die die Symptome linderten. Aber fünf Tage später be-gann sein linkes Knie anzuschwellen und es entwickelte sich ein brennendes Gefühl. Die Bewegungsfrei-heit war eingeschränkt und es lag Morgensteifigkeit vor. Der Patient hatte eine Steroidinjektion ins linke Knie erhalten. Der Schmerz wurde dadurch gelindert, aber der Junge verspürte immer noch ein brennen-des Gefühl und eine Schwellung. Die Zunge war blass mit einem dünnen, weißen Belag. Der Puls war dünn, saitenförmig und schnell.5 Wochen vor der Konsultation: • CRP, quantitativ: 57,6 mg/l (Normbereich 0,0–4,9) • HLA-B27: positiv2 Wochen vor der Konsultation: • ESR, Westergren: 9 mm/h (0–15) • ANA: 1:160 (negativ < 1:40) • Rheumafaktor: positivDiagnose:RA (Wind-, Feuchtigkeit- und Hitze-Bi-Syndrom)Therapieprinzip:Pathogenen Wind, Hitze und Feuchtigkeit vertreiben, Blockaden in den Leitbahnen beseitigen, Schmer-zen beenden.Arzneimitteltherapie:Variante von Baihu jia guizhi tangVariante von Weißer-Tiger-Dekokt plus Ra. Cinnamomi • Shigao Gypsum fibrosum 30 g (30 Min. vorab kochen) • Zhimu Rz. Anemarrhenae 12 g • Gancao Rx. Glycyrrhizae 6 g • Guizhi Ra. Cinnamomi 10 g • Yiyiren Sm. Coicis 15 g • Baishao Rx. Paeoniae alba 10 g • Chishao Rx. Paeoniae rubra 10 g • Fangfeng Rx. Saposhnikoviae 10 g • Zexie Rz. Alismatis 10 g • Fuling Poria 10 g • Jinyinhua Fl. Lonicerae 12 g • Lianqiao Fr. Forsythiae 12 g • Rendongteng Caulis Lonicerae 30 gAus den obigen Arzneien wurde ein Dekokt zubereitet, das zweimal täglich oral verabreicht wurde.Chinesische Fertigarznei:Sniff & Relieve zur äußeren Anwendung (s.o.).Akupunktur:Extrapunkt xiyan (links), Ma 35 dubi (links), Extrapunkt heding (links), Mi 10 xuehai, Ma 36 zusanli.

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995 .7 Analyse der Fallbeispiele

5

Nach dreimonatiger Anwendung der Therapie waren die Symptome des Patienten alle verschwunden. Er wurde jedoch nach sechs Jahren mit den gleichen Beschwerden wieder vorstellig. Acht Monate zuvor war er an den Strand gefahren. Dort verspürte er Juckreiz auf der Haut am Hals, der durch Zyrtec® (Cetirizin) unter Kontrolle gebracht wurde. Seitdem waren der Schmerz, das brennende Gefühl und die Schwellung am linken Knie wieder da und sein Arzt hatte jeden Monat 40–45 ml Flüssigkeit aus dem linken Knie ab-gesaugt.8 Monate vor dieser Konsultation: • ANA, enzymgekoppelter Immunadsorptionstest (ELISA): positiv • ANA-Titer: 1:80 (negativ < 1:40) • IgE: 154 KU/l (0–114) • CRP: 2 mg/l (< 8) • C3: 112,7 mg/dl (90,0–207,0) • C4: 14,6 mg/dl (17,4–52,2)Es wurde die gleiche Therapie wie sechs Jahre zuvor angewendet, unter Hinzufügung von Leigongteng Rx. Tripterygii wilfordii 10 g. Nach zwei Monaten hatten sich die Beschwerden am Knie gebessert und es konnte keine Flüssigkeit mehr abgesaugt werden.

5.7 Analyse der Fallbeispiele

Die Forschung der westlichen Medizin hat gezeigt, dass RA in drei Stadien verläuft. Im ersten Stadium ist die innere Schicht der Gelenkkapsel geschwollen, was Schmerzen, Wärme, Steifigkeit, Rötung und Schwellung am Gelenk verursacht. Im zweiten Stadium ist eine schnelle Teilung und Wachstum des Pannus (entzündetes Synovialgewebe) festzustellen, was eine Verdickung der Membrana synovialis hervorruft. Im dritten Stadium setzen die entzündeten Zellen Enzyme frei, die Knochen und Knorpel abbauen und schädigen können, was oftmals dazu führt, dass das betroffene Gelenk seine Form und Ausrichtung verliert, mit stärkeren Schmer-zen und Bewegungsverlust in der Folge. Da es sich bei RA um eine chronisch-degenerative Krankheit han-delt, kann sie unbegrenzt andauern und fortschreiten. Es können häufig Krankheitsschübe auftreten. RA ist eine systemische Erkrankung, die auch andere Organe im Körper in Mitleidenschaft ziehen kann.

In der chinesischen Medizin herrscht die Auffassung, dass wenn die pathogenen Übel Wind, Feuchtigkeit, Hitze und Kälte in den Körper eindringen, ein ausreichend starkes Vitales Qi die Gesundheit bewahrt und vor Bi-Syndrom schützt.

Fallbeispiel 1

Bei dieser Patientin war die westliche Diagnose RA und Sjögren-Syndrom gestellt worden. Beides sind Au-toimmunerkrankungen. RA schädigt das Gewebe in der inneren Schicht der Gelenkkapsel und führt zu einer Proliferation der Membran sowie Produktion seröser Flüssigkeit in der Gelenkkapsel, mit Schmerzen in der Folge. Die Patientin fröstelte auch und litt unter Kälteintoleranz. Dieses letztgenannte Symptom wies auf ein Kälte-Syndrom hin, sodass bei der Patientin die Diagnose Wind-Kälte-Feuchtigkeit-Bi-Syndrom gestellt wurde. Gleichzeitig verspürte die Patientin aufgrund des Sjögren-Syndroms auch Mund- und Augentrocken-heit. Hierbei handelt es sich um eine Schädigung der Drüsen in Mund und Augen, wodurch diese ihre Fähig-keit verlieren, das umgebende Gewebe zu befeuchten. Diese Symptome ließen einen Yin-Mangel vermuten.

Würde die RA zuerst behandelt, würde die Therapie in der Anwendung Feuchtigkeit trocknender Arzneien bestehen. Das Wesen solcher trocknender Arzneien ist jedoch Yin-schädigend. Wenn das Sjögren-Syndrom

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5 Rheumatoide Arthritis100

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zuerst therapiert würde, bestünde die Therapie darin, das Yin zu nähren. Aber es liegt im Wesen Yin-nähren-der Arzneien, die Funktion derjenigen Arzneien, die Feuchtigkeit trocknen, zu stören. Dadurch würde die Feuchtigkeit länger im Körper bleiben, sodass das Trocknen schwierig wäre und RA möglicherweise ver-schlimmert würde. Daher scheint die chinesische Therapie widersprüchlich zu sein, die Behandlung gemäß der westlichen Medizin jedoch nicht, da beide Krankheiten Autoimmunerkrankungen sind, egal welches Or-gan und welches Gewebe betroffen ist. Um bessere Ergebnisse zu erzielen, wurde zunächst die RA behandelt, weil der Gelenkschmerz zu dieser Zeit das größere Gesundheitsproblem darstellte. Das Prinzip lautete in diesem Fall, dass sich während der RA-Therapie das Sjögren-Syndrom nicht verschlimmern sollte. Sobald die RA-Symptome sich gebessert hätten, bestünde eine bessere Möglichkeit, beide Erkrankungen gleichzeitig zu behandeln.

Duhuo jisheng tang Dekokt mit Angelica pubescens und Taxillus wurde ausgewählt, um Wind, Kälte und Feuchtigkeit zu vertreiben, die Leitbahnen zu öffnen und die Blut-Stase zu beseitigen. Renshen Rx. Ginseng und Duzhong Cx. Eucommiae wurden jedoch weggelassen, damit ihre wieder auffüllende Wirkung nicht eine stärkere Antikörper-Attacke auslösen würde. In dieser Rezeptur haben Qianghuo Rz. seu Rx. Notopterygii und Duhuo Rx. Angelicae pubescentis beide die Funktion, Wind-Feuchtigkeit zu vertreiben. Qianghuo Rz. seu Rx. Notopterygii wirkt auf den Oberkörper, Duhuo Rx. Angelicae pubescentis auf den Unterkörper ein. In Kombination decken die Arzneien die Gelenke im ganzen Körper ab. Wenn man sie mit Qinjiao Rx. Gentia-nae macrophyllae und Fangfeng Rx. Saposhnikoviae kombiniert, arbeiten sie alle zusammen, um die obige Funktion zu verstärken. Niuxi Rx. Achyranthis bidentatae stärkt den Rücken und die Knie und beseitigt Blut-Stasen, wenn es mit Chishao Rx. Paeoniae rubra und Danshen Rx. Salviae miltiorrhizae kombiniert wird. Diese drei Arzneien hindern Antikörper daran, sich an Antigene zu heften. Dadurch verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass Degenerationen und Narbengewebe entstehen. Sie hemmen auch die Proliferation der Membrana synovialis und vermindern die Exsudation in die Gelenkhöhle. Baishao Rx. Paeoniae alba und Sheng dihuang Rx. Rehmanniae nähren das Yin, die anderen Arzneien beseitigen Blut-Stasen. Ihre Funktion besteht darin, bei den Arzneien, die Feuchtigkeit trocknen, einer Schädigung des Yin vorzubeugen. Sie schüt-zen auch vor einer Schädigung der Drüsen. Huangqin Rx. Scutellariae klärt Hitze aufgrund eines Yin-Man-gels und hat auch die Funktion, Antikörper zu supprimieren. Guizhi Ra. Cinnamomi (warme Eigenschaft) wird hier nicht verwendet, um das Yang zu wärmen, sondern um die freie Bewegung des Qi in den Leitbah-nen zu fördern. In Kombination mit Baishao Rx. Paeoniae alba haben die beiden Arzneien die Fähigkeit, die Ying- und Wei-Schicht zu harmonisieren. Sie sind die Hauptbestandteile von Guizhi tang Dekokt mit Ra. Cinnamomi, das dabei half, das Frösteln der Patientin zu lindern. Die Patientin klagte auch über häufige Er-kältungen und Halsschmerzen. Die pathogenen Übel lösten zweifellos einen Krankheitsschub aus.

Ein gestörtes Immunsystem kann als das Huhn, eine Erkältung oder Grippe als das Ei bezeichnet werden. Wie immer lautet die Frage: Was kommt zuerst, das Huhn oder das Ei? Das gestörte Immunsystem führt zu einem gesamten Ungleichgewicht bei der Immunität und macht einen Patienten anfällig für Erkältungen oder Grippe. Umgekehrt kann eine virale oder bakterielle Infektion einen Schub einer Autoimmunkrankheit auslösen. Wenn der Patient in der Schubphase verbleibt, wird es schwierig sein, die Krankheit zu heilen oder zumindest in die Remissionsphase einzutreten. Stattdessen gerät der Patient in eine Abwärtsspirale.

Um den weiteren Krankheitsverlauf zu stoppen, wurde Sniff & Relieve verschrieben, um die Virenvermeh-rung im Naseneingangsbereich zu hemmen und dadurch die Viruslast zu vermindern und die Patientin vor häufigen Erkältungen zu schützen. In der chinesischen Medizin gilt das Prinzip, dass wenn ein Patient an ei-nem exogenen Pathogen leidet, dies zuerst behandelt werden muss. Zweifellos verursachte die Anwendung dieses Prinzips eine kleine Verzögerung bei der Gesamttherapie der Autoimmunerkrankung, aber wenn Sniff & Relieve die Patientin vor häufigen Erkältungen schützen kann, würde dies den Gesamtfortschritt der The-rapie gewährleisten.

Die Akupunkturpunkte Du 20 baihui und Extrapunkt yintang herrschen über das Yang des ganzen Kör-pers. Di 11 quchi, Mi 10 xuehai, Mi 6 sanyinjiao und Le 2 xingjian klären Hitze und beseitigen Blut-Stasen. Extrapunkt xiyan und Ma 35 dubi sind Lokalpunkte, um die Schmerzen zu vermindern. Ren 22 tiantu wurde

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1015 .8 Hinweise zu Lebensstil und Gesundheitsrisiken

5

hier eingesetzt, um über das Yin des ganzen Körpers zu herrschen, da die Ren-Leitbahn das Yin beherrscht und die Thymusdrüse indirekt stimulieren kann.

Nach siebenmonatiger regelmäßiger Therapie waren die Symptome der Patientin fast gänzlich verschwun-den, darunter die Gelenkschmerzen und die Trockenheit von Mund und Augen. Die Haupttherapie richtete sich gegen RA, und die Konzentration des spezifischen Antikörpers sank im Latex-Rheumafaktortest auf 32,5 IU/ml. Die C3- und C4-Komplement-Werte stiegen. Obwohl die Werte des Sjögren-spezifischen Anti-körpers SS-A auf 931 U/ml stiegen, verringerten sich die Symptome der Trockenheit. Dieses Ergebnis kann darauf hinweisen, dass zwar Autoantikörper vorhanden waren, aber das Antigen (Drüsen) geschützt wurde.

Fallbeispiel 2

Der Patient in Fallbeispiel 2 erhielt die Therapie, bis die Symptome verschwunden waren, aber die Antikörper blieben positiv. Dies legte nahe, dass die anfängliche Therapie den Patienten in die Remissionsphase versetzt, ihn aber nicht geheilt hatte. Als ein exogenes Pathogen den Patienten befiel, löste dies wieder einen Krank-heitsschub aus. Dem Patienten wurde Baihu jia guizhi tang Weißer-Tiger-Dekokt plus Ra. Cinnamomi ver-schrieben, das pathogene Hitze klärt und die Leitbahnen öffnet. Shigao Gypsum fibrosum und Zhimu Rz. Anemarrhenae klären pathogene Hitze in der Qi-Schicht. Die Hinzufügung von Jinyinhua Fl. Lonicerae und Lianqiao Fr. Forsythiae verstärkte die Hitze-klärende Funktion, was sich auch auf die Hitze in der Wei-Schicht bezog. Das Pathogen trat von der Körperoberfläche ausgehend ein. Man nennt dies: ‚Man lasse Übel, die von der Oberfläche eingetreten sind, auch wieder von der Oberfläche austreten bzw. lasse sie aus der gleichen Tür, durch die sie eingetreten sind, auch wieder heraus‘. Yiyiren Sm. Coicis, Zexie Rz. Alismatis und Fuling Poria wandeln Feuchtigkeit um. Guizhi Ra. Cinnamomi und Rendongteng Caulis Lonicerae öffnen die Leitbahnen. Unter den ausgewählten Akupunkturpunkten beseitigt Mi 10 xuehai Blut-Stasen und kühlt Hit-ze. Ma 36 zusanli füllt das Qi wieder auf, um äußeren Pathogenen Widerstand zu leisten.

Man kann auch sagen, dass die Arzneimittelmedizin und Akupunktur eingesetzt wurden, um Hitze zu klären, die Blut-Stase zu beseitigen und exogene Pathogene zu vertreiben. Indem auch das Qi wieder aufge-füllt wurde, wurden zwei verschiedene Strategien angewendet, um ein einziges Ziel zu erreichen. Nach der Theorie der chinesischen Medizin muss man Milz und Magen schützen, wenn man Krankheiten behandelt, weil diese beiden Organe die Quelle des erworbenen Qi sind und sie bei der Umwandlung und beim Trans-port der reinen Essenz eine zentrale Rolle spielen. Die hier eingesetzten Arzneien sind vom Geschmack her bitter und von der Eigenschaft her kalt, sodass sie die Funktionen der Umwandlung und des Transports be-einträchtigen können. Um diese Funktionen zu schützen, muss das Milz-Qi wieder aufgefüllt werden. Die moderne Forschung hat gezeigt, dass das Wiederauffüllen des Qi und Wärmen des Yang die Thymusdrüse dahingehend stimulieren kann, mehr T-Zellen zu produzieren (› Abb. 2.3). Das simple Wiederauffüllen von Qi und Yang kann aber bei Vorliegen eines Antigens die Erkrankung verschlimmern. Wenn das angrei-fende Antigen durch eine spezielle Therapie ‚maskiert‘ wird, können mehr regulatorische T-Zellen als T-Helferzellen produziert werden, wodurch sich die Antikörper in der Blutbahn verringern. Die Therapie ist ein natürlicher Prozess, aber es braucht zweifellos Zeit, um ‚das Übel zu packen‘. Der Patient hatte während der letzten sieben Jahre zwei Krankheitsschübe, die beide mit Hilfe von chinesischer Medizin behandelt wurden.

5.8 Hinweise zu Lebensstil und Gesundheitsrisiken

Bei RA handelt es sich um eine Autoimmunstörung, bei der Immunzellen irrtümlicherweise das körpereige-ne Gewebe angreifen, insbesondere die Membrana synovialis der Gelenke, was zu Entzündungen und weite-ren Symptomen führt.

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5 Rheumatoide Arthritis102

5

Schmerzen in den Gelenken und Muskeln sind eine verbreitete Störung. Die Ätiologie besteht meist in in-nerer Qi-Schwäche und Blut-Mangel, was es dem Körper erschwert, das Eindringen äußerer Pathogene wie Wind, Kälte, Hitze oder Feuchtigkeit zu verhindern. Diese Pathogene blockieren die Leitbahnen, sodass Qi und Blut nicht frei fließen können. Dadurch kommt es zu Schmerzen und Taubheitsgefühl in Gelenken und Muskeln. 1. Die Art und Weise, wie sich Bi-Syndrome manifestieren, beruht auf der individuellen Konstitution des

Patienten (Qi-Schwäche/Yang-Mangel oder Blut-/Yin-Mangel) sowie darauf, welches Pathogen (Wind, Kälte, Hitze oder Feuchtigkeit) den Körper befällt.

2. Um ein Bi-Syndrom zu behandeln, vertreibt man meist Wind, Kälte, Hitze oder Feuchtigkeit, während man gleichzeitig bemüht ist, die grundlegende Konstitution des Patienten bei Qi-Schwäche, Blut- oder Yin-Mangel zu schützen. Daher muss man auf der einen Seite Pathogene vertreiben, auf der anderen Seite die Pathogene daran hindern, die Funktion des Vitalen Qi zu stören.

3. Die Therapie der chinesischen Medizin muss der westlichen Medizintheorie über die Behandlung der Krankheit folgen.

4. RA ist eine chronische Erkrankung, weil das Vitale Qi nicht ausreicht. Dadurch kommt es zu häufigen Er-kältungen, die das Vitale Qi weiter schwächen. Um häufigen Befall durch exogene Pathogene zu verhin-dern, schlagen wir die Anwendung des Präparats Sniff & Relieve vor.

5. Die Gelenke sollten warmgehalten werden. 6. Man sollte sich angemessen bewegen, aber Überaktivität, die die Gelenke schädigen kann, vermeiden. 7. Es sollten Tests auf Nahrungsmittelallergene durchgeführt werden und man sollte jene, die einen RA-

Schub auslösen können, meiden.

ANMERKUNGEN1 . Die Membrana synovialis ist eine dünne Gewebeschicht, die nur einige Zellen dick ist und die Gelenkkapsel auskleidet .

Sie hat die Funktion, die Umgebung innerhalb des Gelenks zu regulieren, und zwar auf zweifache Weise . Erstens fungiert sie als Membran, die bestimmt, was in die Gelenkkapsel eindringen kann und was draußen bleibt . Zweitens produzieren die Zellen innerhalb der Membrana synovialis Substanzen wie Hyaluronsäure . Sie sind Bestandteile der Gelenkflüssigkeit, einer klaren Substanz, die Knorpel und Knochen innerhalb der Gelenkkapsel befeuchtet und nährt .

2 . Gregersen, P . K .; Silver, J .; Winchester, R . J . The shared epitope hypothesis . Arthritis Rheum 1987; 30:1 .205–1 .215 .3 . Das Felty-Syndrom umfasst pathologische Veränderungen, die bei Patienten mit chronischer RA auftreten . Hierzu zählen

Splenomegalie und Neutropenie . In manchen Fällen können auch Anämie und Thrombozytopenie auftreten . Thomas . C . L . (Hrsg .) . Taber's cyclopedic medical dictionary, 18 . Auflage . Philadelphia: FA Davis, 1997 .

4 . Sniff & Relieve: Dieses Aromatherapie-Präparat wurde von der Autorin entwickelt . Man wird es in Kürze käuflich erwer-ben können .

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15 Sjögren-Syndrom252

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Therapiepinzip:Leber- und Nieren-Yin nähren, Leber-Feuer klären, Blut-Stase beseitigen.Arzneimitteltherapie:Variante von Qi ju dihuang wan und Xijiao dihuang tangVariante von Pille mit Lycium, Chrysanthemum und Rehmannia und Dekokt mit Cornu Rhinoceri und Rehmannia • Sheng dihuang Rx. Rehmanniae 20 g • Chishao Rx. Paeoniae rubra 10 g • Baishao Rx. Paeoniae alba 10 g • Gouqizi Fr. Lycii 10 g • Yejuhua Fl. Chrysanthemi indici 10 g • Xiakucao Spica Prunellae 10 g • Mudanpi Cx. Moutan 6 g • Shuiniujiao Cornu Bubali 10 g • Xuanshen Rx. Scrophulariae 12 g • Maimendong Rx. Ophiopogonis 10 g • Shashen Rx. Glehniae/Adenophorae 10 g • Tianhuafen Rx. Trichosanthis 10 g • Lugen Rz. Phragmitis 15 g • Muzeicao Hb. Equiseti hiemalis 10 g • Honghua Fl. Carthami 10 g • Taoren Sm. Persicae 10 g • Wuweizi Fr. Schisandae 10 gAus den obigen Arzneien wurde ein Dekokt zubereitet, das oral verabreicht wurde.Akupunktur:Die Patientin lehnte Akupunktur ab.Die Patientin berichtete, dass sich ihr Zustand verbessert habe. Sie musste keine künstliche Tränenflüs-sigkeit mehr nehmen, weil ihre Augen nicht mehr so trocken waren. Auch der Muskelschmerz besserte sich. Seitdem sie die chinesischen Arzneien einnahm, musste sie ihren Arzt der westlichen Medizin nicht mehr aufsuchen.

Fallbeispiel 2 R. S., eine 69-jährige Frau, klagte bei ihrer ersten Konsultation über Mundtrockenheit, trockene Augen, trockene Vagina und Halsschmerzen mit dem Bedürfnis, kaltes Wasser zu trinken. Im Winter fühlten sich ihre Zehen kalt und taub an und schmerzten; sie verfärbten sich weiß und violett. Beim Auftreten der Verfärbungen verspürte die Patientin Schwindelgefühl und Kopfschmerzen und ihr Blutdruck stieg. Sie litt auch an Erschöpfung, Sodbrennen und Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen). Durch-schnittlich schlief sie nachts nur vier Stunden. Ihr Appetit war gut, Stuhl und Miktion normal.Körperliche Untersuchung: Ihr Gesicht war gerötet, die Herzfrequenz betrug 80 Schläge/Min., der Blutdruck lag bei 130/70 mmHg. Die Lunge war ohne Befund, die Patientin hatte keine Ödeme. Die Lip-pen waren trocken. Die Zunge war rot und im vorderen Bereich rot-violett, mit tiefen Zahneindrücken und einem Riss in der Mitte.Laborbericht 19 Monate vor der Konsultation: • Leukozyten: 3,9 × 103 /μl (4,0–10,5) • Chlorid, Serum: 92 mmol/l (96–109) • Aspartataminotransferase (AST): 51 IU/l (0–40)

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25315 .7 Kasuistiken

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• Alaninaminotransferase (ALT): 83 IU/l (0–40) • SS-A-AK: positiv • SS-B-AK: negativ • ANA: negativ • Thyreoglobulin-AK: erhöht • CLAK, IgA: 14 APL U/ml (0–12)Laborbericht 5 Monate vor der Konsultation: • Leukozyten: 3,6 × 103 /μl (4,2–10,0) • Erythrozyten: 3,77 × 106 /μl (4,2–5,4) • C3: 87,0 mg/dl (90–207)Diagnosen: 1. Sjögren-Syndrom (Yin-Mangel und Blut-Stase) 2. Hashimoto-Thyreoiditis (Qi-Schwäche mit Blut-Stase) 3. Raynaud-Phänomen (Blut-Stase) 4. Gastroösophagealer Reflux (Leber dringt in den Magen ein) 5. Schlafstörungen 6. Hypertonie 7. Hepatitis (autoimmun oder medikamenteninduziert?)Medikamente: Levothyroxin 0,075 mg täglich, Alendronat (Fosamax®) 70 mg wöchentlich, Losartan (Cozaar®), Kalziumzitrat, Vitamine und Ciclosporin-Augentropfen.Arzneimitteltherapie:Variante von Liuwei dihuang wan und Guizhi tangVariante von Rehmannia-Pille mit sechs Bestandteilen und Dekokt mit Ra. Cinnamomi • Sheng dihuang Rx. Rehmanniae 12 g • Xuanshen Rx. Scrophulariae 10 g • Maimendong Rx. Ophiopogonis 10 g • Heshouwu Rx. Polygoni multiflori praeparata 12 g • Baishao Rx. Paeoniae alba 12 g • Shanzhuyu Fr. Corni 10 g • Gouqizi Fr. Lycii 10 g • Zhimu Rz. Anemarrhenae 10 g • Baimaogen Rz. Imperatae 12 g • Tianhuafen Rx. Trichosanthis 10 g • Zhizi Fr. Gardeniae 12 g • Mudanpi Cx. Moutan 6 g • Huanglian Rz. Coptidis 3 g • Danshen Rx. Salviae miltiorrhizae 10 g • Honghua Fl. Carthami 10 g • Guizhi Ra. Cinnamomi 10 gAus den obigen Arzneien wurde ein Dekokt zubereitet, das oral verabreicht wurde.Akupunktur:Du 20 baihui, Ma 6 jiache, Ren 22 tiantu, Ma 9 renying, Mi 10 xuehai, Ma 36 zusanli, Mi 6 sanyinjiao, Ni 3 taixi, Extrapunkte bafeng.10 Tage nach der Konsultation: • Natrium: 125 mmol/l (140–148) • Leukozyten: 2,8 × 103 /μl (4,2–10,0)

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15 Sjögren-Syndrom254

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• Monozyten: 10,0 % (1,7–9,3) • Lymphozyten: 0,68 % (1,2–3,4) • C3: 73,5 mg/dl (90–207) • C4: 19,6 mg/dl (17,4–52,3)6 Monate nach der Konsultation: • Leukozyten: 4,0 × 103 /μl (4,2–10,0) • ALT: 50 IU/l (30–65) • AST: 29 IU/l (15–37) • C3: 92,4 mg/dl (90–207) • C4: 20,2 mg/dl (17,4–52,2)1 Jahr nach der Konsultation: • T4: 13,4 μg/dl (4,5–10,9) • T3: 31 % (22–37) • TSH: 1,329 μIU/ml (0,35–5,50)Im Lauf der Therapie verbesserte sich der Zustand der Patientin allmählich. Zuerst wurde ihr Schlaf bes-ser. Sie konnte fünf bis sechs statt nur vier Stunden schlafen. Dann besserte sich der gastroösophageale Reflux. Auch als das Wetter kälter wurde, bemerkte die Patientin, dass ihre Zehen zwar kalt waren, sich aber nicht verfärbten.4 Monate nach der Konsultation: Die Patientin suchte einen Zahnarzt auf, der ihr mitteilte, dass ihr Zustand viel besser sei als vor einigen Monaten. Die Speichelsekretion war normal. Die Patientin berich-tete, dass sie in der Vergangenheit über zwei Jahre lang chinesische Arzneien und Akupunktur erhalten habe, was ihre Symptome jedoch verschlimmert hatte. Sie hatte Arzneien wie Xiyangshen Rx. Panacis quinquefolii, Maimendong Rx. Ophiopogonis und Baihe Bb. Lilii eingenommen. Ihr war gesagt worden, sie solle die Arzneien eineinhalb Jahre einnehmen, aber die Symptome verschlimmerten sich immer mehr. Bei der Verschreibung stark tonisierender Arzneien muss man in manchen Fällen vorsichtig sein, weil sie Nebenwirkungen haben und dem Patienten schaden können.Die Leberwerte der Patientin normalisierten sich, ebenso ihre C3-Werte. Aber ihre Schilddrüse wurde hyperaktiv, möglicherweise weil sie trotz verbesserter Schilddrüsenfunktion noch die alte Dosierung Levothyroxin erhielt. Der Arzt erkannte dies und reduzierte die Dosierung auf 0,05 mg.

Fallbeispiel 3 T. A., eine 40-jährige Frau, klagte bei ihrer ersten Konsultation über Gelenkschmerzen am ganzen Kör-per, vor allem aber an den Händen und Fingern, an Schulter und Knien. Die Schmerzen wurden durch Wärme gelindert. Die Patientin hatte auch seit über drei Jahren trockene Augen, Mundtrockenheit und Durst. Zusätzlich hatte sie ein rotes Gesicht, überall raue, trockene und juckende Haut, besonders an den Ellenbogen und Oberschenkeln. Sie hatte Halsschmerzen, ein Kältegefühl in beiden Händen und Füßen (ohne Verfärbung im Winter), Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Erschöpfung, Bauchschmerzen und dreimal am Tag Stuhlgang mit geformtem Stuhl. Die Miktion war normal.Körperliche Untersuchung: Lunge und Herz waren ohne Befund. Die Patientin hatte keine Ödeme, aber kleine rote Punkte an ihren Ellenbogen und Oberschenkeln. Die Gelenke waren nicht geschwollen oder deformiert, aber an der Schulter und an den Metakarpophalangealgelenken druckempfindlich. Die Zunge war rot mit einem Riss in der Mitte und Zahneindrücken an den Rändern. Die Zunge wies einen weißen Belag auf, der hinten weiß, dick und fettig war. Der Puls war dünn und schnell.Anamnestisch hatte die Patientin Asthmaanfälle bis zum 12. Lebensjahr. Sie hatte Zwillinge, die nicht an Autoimmunstörungen litten.

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Autoimmunerkrankungen mit chinesischer Medizin gezielt behandeln 2015. 294 S., geb. ISBN: 978-3-437-55272-4 € [D] 59,99 / € [A] 61,70

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