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Es dürfte in ganz Deutschland geologisch kaum komplizierter zusammengesetzte Regionen geben als diese im ostbayerischen Raum aus metamorphen und plutonischen Gesteinen aufgebauten variski- schen Gebirge. Da sie zumeist unter Wald und Wie- sen verborgen sind, erschließen sich ihre Gesteine oft nur an Straßenanschnitten, Flussufern, Steinbrü- chen oder einzelnen Bergwerken. Sie bilden den südwestlichen Randbereich der großen Böhmischen Masse und gehören großteils zur Moldanubischen Zone (vgl. Abb.1). Neuerdings unterscheidet man in diesem Bereich noch eine als Bohemikum bezeichnete Einheit von einem Molda- nubikum sensu stricto. Geographisch trennt man u. a. den Oberpfälzer Wald vom vorderen Bayerischen Wald, dem der Böhmerwald als hinterer Bayerischer Wald gegen- übergestellt wird; im vorderen Bayerischen Wald unterscheidet man noch Regensburger und Passau- er Wald. Letztere erstrecken sich von Nordwesten nach Südosten und entsprechen damit der geologi- schen Hauptrichtung, die im Südwesten des großen Kristallingebietes der Böhmischen Masse zu beob- achten ist; ihr folgt die Grenze zu Tschechien. Alles in allem ist es ein sehr altes Gebirge, das heute fast überall seiner Deckschichten beraubt ist. Am Südwestrand begleitet ein Streifen mesozoischer Sedimentgesteine das Grundgebirge, wo man an der grobklastischen Ausbildung des Permomesozoikums noch das nahe gelegene Liefergebiet der Böhmi- schen Masse erkennen kann. (Schröder et al. 1998). Während dieser Streifen, der von Bruchschollen- tektonik geprägt ist, zusammen mit prominenten, weit reichenden Nordwest streichenden Störungen die Grenze im Südwesten markiert, ist der Übergang in die durch die Grenze zu Tschechien nur künstlich markierten Anteile der Böhmischen Masse fließend und geologisch nicht zu begründen. Man müsste hier eigentlich zunächst eine Beschreibung dieses Kerngebiets voranstellen, um die Randbereiche bes- ser zu verstehen. Da das schon aus Platzgründen nicht möglich ist, nur so viel, dass es sich hier um die Innenzone des Variskischen Gebirges handelt. In einer ersten Annäherung kann man sagen, dass das Gebiet im Wesentlichen aus Gneis und Granit besteht, dem klassischen Duo aller variski- schen Grundgebirge, und dass es hier kein Deckge- birge gibt, weil die gesamte Region gegenüber ihrer Umgebung herausgehoben und schon seit sehr lan- ger Zeit Abtragungsraum war. Jetzt ist es an tief reichenden, Nordwest verlau- fenden Bruchlinien gegen die jüngeren, meso- zoischen Gesteine im Südwesten scharf abgegrenzt; die Störungen sind als Donau-Randbruch bzw. in dessen nordwestlicher, etwas verspringender Fort- setzung, als Fränkische Linie bekannt. Im Regensburger Wald sind aus einem Steinbruch bei Völling vor noch nicht langer Zeit Zirkonkristal- le eines Gneises mit einer äußerst professionellen Methode datiert worden, die ein Alter von über 3,8 Milliarden Jahren ergeben haben (Gebauer et al. 1989); das sind die ältesten bisher bekannten Ge- steinskomponenten Deutschlands, und daraus las- sen sich vielfache Folgerungen ableiten. Sie zeigen nämlich, dass zu dieser Zeit bereits eine kontinentale Erdkruste entwickelt war. Diese Kruste muss aber in einem plattentektonischen Kontext gesehen werden, der die in unserer Region heute angetroffenen Gesteine ursprünglich am Nordrand von Gondwanaland beheimatet sieht, von wo sie erst später nach Norden verfrachtet wurden. Zwischen diesen 3,8 Milliarden Jahren und der letzten variskischen Überprägung liegt eine gewalti- ge Zeitspanne, während der zeitlich nacheinander eine ganze Anzahl von Umbildungsprozessen auf die Gesteine eingewirkt hat. Sie sind mehrfach ver- senkt worden und wieder aufgestiegen und dabei durch jeweils unterschiedliche Drücke und Tempe- raturen umgeprägt worden. Das hohe Alter und die Beanspruchung gelten aber nicht zwingend für alle hier diskutierten Gebirgsteile. Auch der räumliche Beanspruchungsplan in diesen Gebirgen scheint sich wiederholt geändert zu haben, wie man an un- terschiedlichen, heute übereinander vorkommenden Strukturrichtungen erkennen kann. Daraus wird verständlich, dass man auf groß- maßstäblichen geologischen Karten auch den Sach- verhalt nur sehr begrenzt darstellen kann; das glei- che gilt hier für den vorliegenden Text, der nur als Versuch einer groben Übersicht gewertet werden sollte. Bei den Gesteinen überwiegen Paragneise und Glimmerschiefer, deren Ausgangssedimente man im Allgemeinen jungpräkambrisches bis altpaläozo- isches Alter zuordnet. Da man in den Metamorphi- ten praktisch niemals Fossilien findet, ist man auf die physikalischen Altersbestimmungen angewiesen, die aber wegen der mehrfachen Aufheizung der Ge- steine meist wenig verlässlich sind. Einzig im Rand- bereich der Münchberger Masse, die als dorthin transportiertes Bohemikum gilt (s. unten und das gleichnamige Kapitel), hat man in Phylliten einmal jungpräkambrische Mikrofossilien (Acritarchen) ge- funden. Das andere Ende der Zeitskala ist durch die letzten Metamorphoseereignisse gegeben, die in jungvariskischer Zeit wirksam waren und mit etwa 320 Millionen Jahren angegeben werden können. Anhand der Gesteine lässt sich aber dennoch eine grobe Gliederung durchführen, die zunächst eine Unterscheidung in eine sog. „Monotone Gruppe“ und eine „Bunte Gruppe“ gestattet. In den Paragn- eisen lässt sich nämlich trotz der Metamorphose 91 Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald

Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald · Bedeutender für die Geologie des Bayerischen Waldes im weiteren Sinne sind Grünsteine, die den Begriff Erbendorfer Grünschieferzone

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Page 1: Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald · Bedeutender für die Geologie des Bayerischen Waldes im weiteren Sinne sind Grünsteine, die den Begriff Erbendorfer Grünschieferzone

Es dürfte in ganz Deutschland geologisch kaumkomplizierter zusammengesetzte Regionen gebenals diese im ostbayerischen Raum aus metamorphenund plutonischen Gesteinen aufgebauten variski-schen Gebirge. Da sie zumeist unter Wald und Wie-sen verborgen sind, erschließen sich ihre Gesteineoft nur an Straßenanschnitten, Flussufern, Steinbrü-chen oder einzelnen Bergwerken.

Sie bilden den südwestlichen Randbereich dergroßen Böhmischen Masse und gehören großteilszur Moldanubischen Zone (vgl. Abb.1). Neuerdingsunterscheidet man in diesem Bereich noch eine alsBohemikum bezeichnete Einheit von einem Molda-nubikum sensu stricto.

Geographisch trennt man u. a. den OberpfälzerWald vom vorderen Bayerischen Wald, dem derBöhmerwald als hinterer Bayerischer Wald gegen-übergestellt wird; im vorderen Bayerischen Waldunterscheidet man noch Regensburger und Passau-er Wald. Letztere erstrecken sich von Nordwestennach Südosten und entsprechen damit der geologi-schen Hauptrichtung, die im Südwesten des großenKristallingebietes der Böhmischen Masse zu beob-achten ist; ihr folgt die Grenze zu Tschechien.

Alles in allem ist es ein sehr altes Gebirge, dasheute fast überall seiner Deckschichten beraubt ist.Am Südwestrand begleitet ein Streifen mesozoischerSedimentgesteine das Grundgebirge, wo man an dergrobklastischen Ausbildung des Permomesozoikumsnoch das nahe gelegene Liefergebiet der Böhmi-schen Masse erkennen kann. (Schröder et al. 1998).

Während dieser Streifen, der von Bruchschollen-tektonik geprägt ist, zusammen mit prominenten,weit reichenden Nordwest streichenden Störungendie Grenze im Südwesten markiert, ist der Übergangin die durch die Grenze zu Tschechien nur künstlichmarkierten Anteile der Böhmischen Masse fließendund geologisch nicht zu begründen. Man müsstehier eigentlich zunächst eine Beschreibung diesesKerngebiets voranstellen, um die Randbereiche bes-ser zu verstehen. Da das schon aus Platzgründennicht möglich ist, nur so viel, dass es sich hier umdie Innenzone des Variskischen Gebirges handelt.

In einer ersten Annäherung kann man sagen,dass das Gebiet im Wesentlichen aus Gneis undGranit besteht, dem klassischen Duo aller variski-schen Grundgebirge, und dass es hier kein Deckge-birge gibt, weil die gesamte Region gegenüber ihrerUmgebung herausgehoben und schon seit sehr lan-ger Zeit Abtragungsraum war.

Jetzt ist es an tief reichenden, Nordwest verlau-fenden Bruchlinien gegen die jüngeren, meso-zoischen Gesteine im Südwesten scharf abgegrenzt;die Störungen sind als Donau-Randbruch bzw. indessen nordwestlicher, etwas verspringender Fort-setzung, als Fränkische Linie bekannt.

Im Regensburger Wald sind aus einem Steinbruchbei Völling vor noch nicht langer Zeit Zirkonkristal-le eines Gneises mit einer äußerst professionellenMethode datiert worden, die ein Alter von über 3,8Milliarden Jahren ergeben haben (Gebauer et al.1989); das sind die ältesten bisher bekannten Ge-steinskomponenten Deutschlands, und daraus las-sen sich vielfache Folgerungen ableiten.

Sie zeigen nämlich, dass zu dieser Zeit bereitseine kontinentale Erdkruste entwickelt war. DieseKruste muss aber in einem plattentektonischenKontext gesehen werden, der die in unserer Regionheute angetroffenen Gesteine ursprünglich amNordrand von Gondwanaland beheimatet sieht, vonwo sie erst später nach Norden verfrachtet wurden.

Zwischen diesen 3,8 Milliarden Jahren und derletzten variskischen Überprägung liegt eine gewalti-ge Zeitspanne, während der zeitlich nacheinandereine ganze Anzahl von Umbildungsprozessen aufdie Gesteine eingewirkt hat. Sie sind mehrfach ver-senkt worden und wieder aufgestiegen und dabeidurch jeweils unterschiedliche Drücke und Tempe-raturen umgeprägt worden. Das hohe Alter und dieBeanspruchung gelten aber nicht zwingend für allehier diskutierten Gebirgsteile. Auch der räumlicheBeanspruchungsplan in diesen Gebirgen scheintsich wiederholt geändert zu haben, wie man an un-terschiedlichen, heute übereinander vorkommendenStrukturrichtungen erkennen kann.

Daraus wird verständlich, dass man auf groß-maßstäblichen geologischen Karten auch den Sach-verhalt nur sehr begrenzt darstellen kann; das glei-che gilt hier für den vorliegenden Text, der nur alsVersuch einer groben Übersicht gewertet werdensollte.

Bei den Gesteinen überwiegen Paragneise undGlimmerschiefer, deren Ausgangssedimente man imAllgemeinen jungpräkambrisches bis altpaläozo-isches Alter zuordnet. Da man in den Metamorphi-ten praktisch niemals Fossilien findet, ist man aufdie physikalischen Altersbestimmungen angewiesen,die aber wegen der mehrfachen Aufheizung der Ge-steine meist wenig verlässlich sind. Einzig im Rand-bereich der Münchberger Masse, die als dorthintransportiertes Bohemikum gilt (s. unten und dasgleichnamige Kapitel), hat man in Phylliten einmaljungpräkambrische Mikrofossilien (Acritarchen) ge-funden. Das andere Ende der Zeitskala ist durch dieletzten Metamorphoseereignisse gegeben, die injungvariskischer Zeit wirksam waren und mit etwa320 Millionen Jahren angegeben werden können.

Anhand der Gesteine lässt sich aber dennoch einegrobe Gliederung durchführen, die zunächst eineUnterscheidung in eine sog. „Monotone Gruppe“und eine „Bunte Gruppe“ gestattet. In den Paragn-eisen lässt sich nämlich trotz der Metamorphose

91Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald

Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald

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noch vielfach der ursprüngliche sedimentäre Lagen-bau erkennen, der durch Gesteinswechsel zustandekommt.

So deuten helle Marmorlagen auf ehemaligeKalkbänke, Kalksilikatgesteine auf Mergel und Gra-phiteinlagerungen auf Sedimente, die reich warenan organischen Substanzen. Amphibolite sind dun-kle Gesteine, die in den meisten Fällen auf basischeVulkanite zurückgeführt werden können; die geo-chemischen Analysen gehen hier manchmal so weit,dass man noch deren plattentektonische Zuord-nung, etwa zu ehemaligen Riftbecken, versuchenkann. Die Hauptmasse der Ausgangsgesteine für dieParagneise und Glimmerschiefer dürften aber san-dige und tonige Sedimente gewesen sein, für dieman einen passiven Kontinentalrand bzw. einenSchelfmeerbereich als Ablagerungsraum diskutiert.

Aus solchen Gesteinen sind die Gneise der Mo-notonen Gruppe entstanden, in die nur selten Kalk-silikate oder metamorphe Vulkanite eingelagert sind.Die Bunte Gruppe dagegen hat ihre Bezeichnungvon einem abwechslungsreicheren Gesteinsspek-trum, in dem vermehrt Amphibolite, helle Gneise,Marmor- und Graphitlagen vorkommen, außerdemauch lateritische Bildungen. Man nimmt an, dassderen Ablagerungsraum Riftzonen, Randmeere oderkleinere ozeanische Becken waren.

In solchen Bereichen könnten auch die vereinzeltgefundenen Sulfiderze mit Pyrit und Magnetkies alsso genannte SEDEX-Erze entstanden sein, die manbei Bodenmais, Lam und Pfaffenreuth als Eisenerzeabgebaut hat. Graphit ist in größerem Umfang nochbis 1995 bei Kropfmühl im Regensburger Wald un-tertage gewonnen worden.

Manche der metamorphen Gesteinskomplexesind so tief versenkt gewesen, dass die schon beiniedrigeren Temperaturen schmelzenden Anteilewie der Quarz quasi „ausgeschwitzt“ wurden, sodasssich helle Lagen von dunklen abzusondern begon-nen hatten. Die durch das einsetzende Schmelzenbeweglicher gewordenen Gesteine sind dabei auchvielfach in kleinere Falten gelegt worden, es entstan-den Gneis-Anatexite und Migmatite, wie man sieauch aus dem Schwarzwald kennt.

Bisher hat man Belege für Metamorphosen inden Zeitspannen von 480 – 450 Millionen Jahren,420–380 Millionen Jahren und 330–320 MillionenJahren. Es gibt aber in den Gneisen auch Relikte vonGranulit und Eklogit-Amphibolit, die noch älterenMetamorphosen in wesentlich tieferen Krustenbe-reichen zugeordnet werden müssen. Bevor man sol-che Datierungen zur Verfügung hatte, galten dieGneise im Bayerischen Wald praktisch als präkam-brisch.

Neuere Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass esauch hier eine weit reichende Deckentektonik gibt,die die Kristallingesteinskomplexe übereinander ge-stapelt hat. Wie im Schwarzwald, liegen hier gele-

gentlich Hochdruckgesteine über solchen, die unterniedrigem Druck gebildet worden sind. Im platten-tektonischen Kontext lässt sich das nur verstehen,wenn man diesen Bereich als aus Krustenteilen (Ter-ranen) am Nordrand von Gondwanaland zusam-mengesetzt interpretiert, mit Subduktionszonenund magmatischen Inselbögen, großräumig erfolg-ten Aufschmelzungen der Erdkruste und einem Aufund Ab, das kürzlich einmal als „Fahrstuhltektonik“bezeichnet wurde (Zulauf & Vejnar 2003); dabeiwurden die Gesteinskomplexe in vielfältiger Weisedeformiert und unter sehr unterschiedlichen Meta-morphosebedingungen umgewandelt. Ihre letztePrägung, die das heutige Erscheinungsbild im Auf-schluss bestimmt, haben sie am Ende der variski-schen Gebirgsbildung erfahren.

Neben Paragneisen und Glimmerschiefern sindauch alte Orthogneise bekannt. Bei den plutoni-schen Gesteinen überwiegen Granite bei weitem, esgibt aber auch Gabbros und Diorite, Gesteine, dieim Bayerischen Wald auf relativ kleine, eng begrenz-te Vorkommen beschränkt sind. Da ist einmal dieals „Gabbro-Amphibolitmasse von Neukirchen beiHl. Blut“ bezeichnete Einheit, die sich noch weitnach Tschechien hinein erstreckt. Sie bildet den west-lichen Randbereich einer heute als Bohemikum vomMoldanubikum abgetrennten Einheit, die eine tiefgreifende mehrphasige Metamorphose seit demPräkambrium erfahren hat. Im bayerischen Bereichsind es Amphibolite, die aus Basalten hervorgegan-gen sind, sowie Gneise.

Dieser Bereich ist für Böhmen wichtiger als fürBayern. Auch dort gibt es einen Pfahl (s.u.), der alsBöhmischer Pfahl aber eher Nord-Süd streicht wiedie Westgrenze dieses basischen Gesteinskomplexes,die östlich von Furth i. W. durch eine Störung mar-kiert ist.

Bedeutender für die Geologie des BayerischenWaldes im weiteren Sinne sind Grünsteine, die denBegriff Erbendorfer Grünschieferzone geprägt hatten.Die grünen Gesteine sind durch Metamorphose ausBasalten, Gabbros und ultrabasischen Ausgangsge-steinen entstanden, die man sofort mit alter ozeani-scher Kruste assoziiert. Sie bilden die Basis eines we-sentlich weiter reichenden Gesteinskomplexes, derzwischen Erbendorf und Vohenstrauß entwickelt istund als Zone von Erbendorf-Vohenstrauß (ZEV) einebedeutende Rolle in der plattentektonischen Rekon-struktion des variskischen Gebirges in dieser Ge-gend spielt. Man sieht sie, ähnlich wie die Münch-berger Masse, als einen dem Bohemikum entspre-chenden Deckenrest an, der seinen Ursprung ineinem südlicher gelegenen, jungpräkambrischen bisaltpaläozoischen Ozean mit einer adäquaten Krustehatte.

In der Nähe von Erbendorf liegt bei Windisch-Eschenbach „Deutschland tiefstes Loch“, die Konti-nentale Tiefbohrung (KTB) – mittlerweile sogar auf

Kristallingebiete in Mittel- und Süddeutschland 92

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FalkenbergFriedenfelsErbendorf-Linie

Erbendorf

Waldeck

Altenparkstein-St.

Fichtelnaab-St.

Basalt

Oberkreide Wetzldorf-Einheit

Trias

Granit

Rotliegend undOberkarbon

Altpaläozoikum(Saxothuringikum)

ErbendorferGrünschieferzone

ZEV: Metabasiteinheiten

ZEV: Wechsellagerungen

KTB

10 kmZEVZEV

5

5

10

NE

SW

Erbendorfkörper

SeismischeReflektoren

Störungszonen(sicher, vermutet)

ZEV: Gneiseinheitenund ungegliedertZEV: vermuteteErstreckung

Straßenkarten eingetragen. Den über 80 m hohenBohrturm, der heute ein weithin sichtbares Zeichenin der Landschaft bildet, hat man stehen lassen unddas Bohrloch wird für weitere Untersuchungenoffen gehalten (Abb.58).

Schon 1987 hatte man eine etwa 4km tiefe Vor-bohrung abgeteuft, die dort steil stehende, ge-faltete monotone Paragneise, Amphiboliteund Metabasite angetroffen hat. Die 1990 be-gonnene und 1994 beendete Hauptbohrungwar über 9000m tief und musste wegen un-erwartet hoher Temperaturen (265°C) schließ-lich eingestellt werden. Auch die im tieferenBereich herrschenden Drücke (etwa 3000Atm.) wurden zum Problem, weil das Bohr-loch dadurch „zuwächst“. Man hatte damitden Bereich von bruchhafter zu kriechenderVerformung der Erdkruste erreicht.

Der Ansatzpunkt bot, nach den geophysi-kalischen Vorerkundungen zu urteilen, diebesten Voraussetzungen zu den wesentlichenwissenschaftlichen Fragestellungen. Nichtnur die Arbeiten im Rahmen der EuropäischenGeotraverse (EGT, Blundell et al. 1992) hattennämlich gezeigt, dass in diesem Bereich die Grenzezwischen Moldanubikum und Saxothuringikum ver-läuft, die sich als Sutur bis in den Erdmantel verfol-gen lässt; sie wird auch als Erbendorf-Linie be-zeichnet (Abb.59). Es spricht alles dafür, dass hierdas Moldanubikum auf Saxothuringikum decken-

artig aufgeschoben ist; im Gelände ist das allerdingsnicht zu erkennen.

Aus den oben genannten Gründen hat man dieseGrenze zwischen den beiden Einheiten jedoch nichterreicht, sondern ist im Moldanubikum stecken ge-blieben. Bis in die Endteufe wurden im Wesentli-chen zwei Gesteinseinheiten, nämlich Gneise undMetabasite angetroffen, die steil stehen und von vie-len Verschiebungsbahnen und zerrütteten Bereichendurchsetzt sind. Dort hat man auch Graphit gefun-den und auf Klüften zirkulierende salzhaltige Wäs-ser – das Gestein ist also bei weitem nicht so dichtwie erwartet, sondern so durchlässig, dass Gase undLösungen darin zirkulieren können. Solche Er-kenntnisse sind auch wichtig für die Erklärung vonErzgängen.

Außer den erwähnten Metamorphiten und Tie-fengesteinen gibt es im Bayerischen Wald nur ganzgeringfügige Vorkommen paläozoischer Sediment-gesteine: sie sind in der Nähe von Erbendorf aufge-

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˚ Abb.59: Die kompliziertegeologische Situation imBereich der über 9000m ab-geteuften KontinentalenTiefbohrung (KTB) bei Win-disch-Eschenbach in derOberpfalz. In diesem Gebietgrenzen Moldanubikum undSaxothuringikum aneinan-der. Durchbohrt wurdenhauptsächlich steil stehen-de, gefältelte Gneise undMetabasite, die von zahlrei-chen Störungszonen durch-zogen sind. ZEV = Zone vonErbendorf-Vohenstrauß(nach Hirschmann, 1996).

˚ Abb.58: Bohrturm der Kontinentalen Tiefbohrung beiWindisch-Eschenbach in der Oberpfalz.

Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald

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schlossen und reichen vom Ordovizium bis ins Un-terkarbon.

Während man die oben erwähnten Gabbros undDiorite aus Mantelschmelzen ableitet, sind die Gra-nite und die mit ihnen verwandten Gesteine über-wiegend aus Paragesteinen abzuleiten, die innerhalbder Erdkruste aufgeschmolzen worden sind.

Im großen Steinbruch von Rattenberg kann manbeobachten, wie die dort anstehenden streifigenGneise in Augengneise übergehen und wie sie mitfaltenähnlichen Schlierenstrukturen, die Migmatitekennzeichnen, den Übergang zur beginnenden Auf-schmelzung anzeigen (Abb.60).

Granite und verwandte Gesteine sind auch imBayerischen Wald zu sehr unterschiedlichen Zeiten

aufgedrungen. Die älteren zeigen, wieim Schwarzwald, noch den Einflussder variskischen Deformation, diejüngeren dagegen sind von den Bewe-gungen nicht mehr erfasst worden.

Im Regensburger Wald hat manunterschiedlich alte „Kristallgranite“unterschieden, die wegen ihrer großenKalifeldspäte so heißen; die älteren ge-hören mit 340 Millionen Jahren zuden ältesten Graniten im BayerischenWald.

Auch im nördlichen OberpfälzerWald sind granitische Gesteine weitverbreitet; sie bilden hier weitgehendeigenständige Plutone, die sich nachAlter und Zusammensetzung gering-fügig voneinander unterscheiden, aberalle sind im Wesentlichen im Ober-karbon aufgedrungen.

Im Einzelnen lassen sich Leuchten-berg-, Zainhammer-, Liebensteiner-, Falkenberger-,Mitterteicher-, Friedenfelser-, Steinwald-, Flossen-bürg- und Bärnau-Granit unterscheiden, die vierletzten sind sog. Leukogranite, die sich durch ihrehellen Farben von normalen Graniten unterschei-den. Die Intrusionsalter liegen etwa zwischen 330und 280 Millionen Jahren.

Im Granit von Flossenbürg, der großflächig un-terhalb der Burgruine aufgeschlossen ist, lässt sichsehr schön beobachten, wie das Gestein an denoberflächenparallelen Lagerklüften zwiebelschalen-artig aufblättert (Abb.61).

In der Nähe des Grenzübergangs Waidhaus liegtdas als Hagendorfer Revier bekannte Gebiet, in demdie Spätphase der Kristallisation von Graniten in

Form von Pegmatiten auch durch denfrüheren Bergbau gut aufgeschlossenwar. Diese Pegmatite, die die umge-benden Gneise durchschlagen, zählenzu den größten Pegmatitstöcken Mit-teleuropas. Sie werden als Restschmel-zen des Flossenbürger Plutons angese-hen. Sie sind schalenförmig aufgebautund haben einen Kernbereich ausQuarz, wie er im benachbarten Pley-stein mitten im Ort einen großen Fel-sen aus Rauchquarz, Milchquarz undRosenquarz aufbaut. Der Quarz istvon einem Mantel aus Feldspat umge-ben (der in Pleystein bereits erodiertist), in dem die Kalifeldspäte unddamit zusammen vorkommendeQuarzkristalle metergroß waren. Au-ßerdem sind, der Restkristallisationentsprechend, seltene Elemente ange-reichert (Phosphor, Lithium, Uran),die z.B. eigene Phosphorminerale auf-

Kristallingebiete in Mittel- und Süddeutschland 94

˚ Abb.60: Migmatit ausdem Steinbruch von Ratten-berg im Bayerischen Wald.Das Gestein zeigt bereitsdie Trennung von dunklenund hellen Mineralphasen,die den beginnenden Über-gang vom festen zumSchmelzzustand andeutet.

˙ Abb.61: Flossenbürg,Entlastungsklüfte im Granitunterhalb der Burg.

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gebaut hatten und die neben dem Feldspat Gegen-stand des Bergbaus waren. Daneben existiert aucheine Reihe verschiedener Erzminerale, die aber wirt-schaftlich ohne Bedeutung waren.

In der Gegend gibt es außerdem Aplit- und Quarz-gänge, die mit ihrer nordwestlichen Streichrichtungan den Pfahl erinnern; sie werden als Neben-pfähle bezeichnet und zeigen eine weiter rei-chende strukturelle Prägung des gesamtenGebietes während der variskischen Gebirgs-bildung an.

Der südliche Oberpfälzer Wald und dasNaabgebirge östlich von Amberg ist molda-nubische Zone, in der die Granite etwas gerin-geren Raum einnehmen als im Norden; wiefast überall in der Gegend, sind sie auch hier inteilweise hochmetamorphe Rahmengesteine,meist Gneise, eingedrungen.

Besonderer Beachtung wert sind die Gang-mineralisationen im Wölsendorfer Flussspatrevier,südlich Nabburg, wo noch bis 1987 Abbau betrie-ben wurde. Die hydrothermal entstandenen Gängefolgen auch hier überwiegend einer Nordwest-Richtung und sind an tektonische Scherzonen ge-bunden, die auch nach der frühen Gangfüllungnoch aktiv waren; dadurch sind auch die minerali-sierten Bereiche wieder zerbrochen und nachfol-gend verheilt. Zu den Gangmineralen gehörenneben Flussspat (Abb.62) auch Schwerspat, Quarz,Dolomit, Calcit und diverse Erzminerale, darunterUranminerale, die im Flussspat radioaktive Höfeverursacht haben. Erwähnenswert sind auch Ein-schlüsse von Zinnober. Die Gangfüllung scheint, inmehreren Schüben, vor allem im Perm erfolgt zusein.

Die spektakulärste Gangfüllung im BayerischenWald ist ohne Zweifel der Bayerische Pfahl, der alsQuarzgang auf einer Länge von über 150km in derLandschaft zu verfolgen ist; damit hat auch Bayernseine „Teufelsmauer“. Der Pfahl verläuft völlig ge-radlinig von Südost nach Nordwest und damit ineiner Richtung, die vielfach an geologischen Struk-turen in Deutschland zu beobachten ist, unter ande-rem auch in den unmittelbar benachbarten tertiärenRandbrüchen, die die Kristallingebiete der südwest-lichen Böhmischen Masse gegen die SüddeutscheGroßscholle begrenzen. So läge es nahe, hier an einejunge Tektonik zu denken. Die geologischen Gege-benheiten sprechen indes dagegen, weil es sich beimPfahl um eine alte, auf den Zeitraum zwischenOberdevon und Oberkarbon datierte, variskischeScherzone handelt. Das lässt sich u.a. an den Gnei-sen erkennen, die auf beiden Seiten des Pfahls un-terschiedlich ausgebildet sind.

Sie wurden durch Blattverschiebungen und ver-tikalen Versatz geschert und mechanisch zu Breccienzertrümmert, die in der Folgezeit von Quarzlösun-gen durchtränkt wurden. Quarzfüllung und Neben-

gestein sind mehrfach zerbrochen und durch immerneue Quarzlösungen wieder verheilt; man kann dasselbst im Handstückbe-reich noch sehen.

95Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald

¯ Abb.62: Flussspat (Fluo-rit) aus einem Gang im Wöl-sendorfer Revier.

Da der Quarz auch ein wesentliches Rohmaterialfür die im Bayerischen Wald heimische Glasindus-trie ist (z.B. Zwiesel), ist der Pfahl an vielen Stellenbereits abgebaut, sodass man dann eher vor einervom Menschen verursachten Spalte steht. Die Sei-tenverschiebungen hatten auch aufreißende Fieder-spalten zur Folge, die spitzwinklig zum Hauptpfahlverlaufen und ebenso wie die zerscherten myloniti-schen Gesteine, die schieferartig aussehen und des-halb Pfahlschiefer genannt werden, mit Quarzlösun-gen ausgefüllt wurden. Der auch heute noch vielfachdie Landschaft überragende Quarzgang kann bis zuetwa 100m breit sein (Abb.63).

Das Alter der wahrscheinlich heißen (hydrother-malen) Quarzlösungen ist zunächst einmal spät-bzw. postvariskisch. Nachdem man solche Gesteinein anderen Gegenden verschiedentlich als meso-zoische Bildungen erkannt hat, könnten sie auchhier entsprechend eingestuft und möglicherweisesogar noch im Tertiär entstanden sein.

Auf einer dem Pfahl parallelen Linie zwischenCham und Amberg ist zwischen Bayerischem undRegensburger Wald die Bodenwöhrer Bucht einge-tieft, die randlich Jurasedimente enthält, im Wesent-lichen aber von Oberkreide bestimmt wird; es ist einaus dem Mesozoikum Süddeutschlands in dasGrundgebirge hineinreichender Ast. Die Ablagerun-gen reichen über Amberg hinaus nach Nordwestenund bedecken dort noch weitere Bereiche um Sulz-bach-Rosenberg und Auerbach.

Die Gegend ist lagerstättenkundlich vor allemdurch ihre Eisenerze bekannt, deren Abbau noch bis1987 erfolgte; das war zugleich das Ende des Eisen-erzabbaus in Deutschland. Das Eisen stammte letzt-

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lich aus dem Dogger, aus dessen eisen-reichen Schichten es gelöst und inkarstbedingten Hohlformen im Un-tergrund durch die Karstwässer neu-tralisiert und zusammen mit Sandenund Tonen abgesetzt wurde. In tertiär-zeitlich tektonisch angelegten Rinneneines Ur-Naab-Systems sind in derGegend auch miozäne Braunkohlen-becken entstanden, die überwiegendparallel zum Pfahl verlaufen. Heutesind in dem ausgekohlten Revier eineVielzahl von Seen anzutreffen.

Wie alle Mittelgebirge ist auch derBayerische Wald mit seinen geogra-phisch begründeten Teilgebirgen erstwährend des jüngeren Tertiärs anBruchlinien herausgehoben und sozum morphologischen Gebirge ge-worden.

Für die Landschaft ist bestimmend,dass auch die alten Gesteinseinheitender Gneise und große Störungszonenoft in Nordwest-Richtung streichen.

Zeugen der jüngsten geologischenVergangenheit sind eiszeitliche Morä-nen, die eine Vergletscherung des Rau-mes andeuten und Karseen, zu denenArber- und Rachelsee gehören.Bayerisches Geologisches Landesamt 1996, Strunz1975

Kristallingebiete in Mittel- und Süddeutschland 96

Fichtelgebirge

Es ist eine metamorphe Serie von Phylliten, Glim-merschiefern, Quarziten und Amphiboliten im un-teren Teil, die von Marmoren, Phylliten, Glimmer-schiefern, Kalksilikatgesteinen, Graphitschiefernund Amphiboliten überlagert werden.

Man hat die Gesteinskomplexe zu stratigraphi-schen Gruppen zusammengefasst und nach Lokal-bezeichnungen benannt: die untere ist die Arzberg-Serie, die in eine Alexanderbad-Wunsiedel- undWarmensteinach-Formation aufgeteilt wird. Ent-sprechend ihrem Alter haben die Gesteine mehrfa-che Metamorphosen durchlaufen und sind auchtektonisch in mehreren Phasen beansprucht wor-den. Von den Marmoren mit ihren gelegentlichenEinlagerungen von Graphit, der den Gesteinen dannein „marmoriertes“ Gepräge gibt (das auch diekleinräumige Faltung abbildet), einmal abgesehen,sind diese Metamorphite in der Landschaft kaumauffällig. Diese wird vielmehr weitgehend von varis-

Zusammen mit dem Erzgebirge bildet das Fichtelge-birge einen großräumig als Antiklinalzone auf-gefassten Bereich des Saxothuringikums, wo im All-gemeinen metamorphe Gesteine überwiegen;entsprechend schwierig ist auch hier die zeitliche Zu-ordnung der Gesteine. Sie erfolgt meist durch litho-logische Vergleiche, für die der Wunsiedeler Marmoreine Schlüsselstellung hat: es sind regionalmetamor-phe Karbonatgesteine, deren Ausgangsmaterial kam-brische Archaeocyathidenkalke gewesen zu seinscheinen. In deren hangenden Bereichen, d.h. eherim Randbereich, ist Ordovizium mit Spurenfossilien(Phycodes circinatum) entwickelt. Die insgesamtSüdwest-Nordost streichende Sattelzone des Fichtel-gebirges zeigt auf den geologischen Karten ein um-laufendes Streichen der Gesteinseinheiten, die voninnen nach außen jünger werden; die ältesten Ge-steine liegen im Zentrum, das mindestens kambri-sches, teilweise wohl auch proterozoisches Alter hat.

¯ Abb.63: Bayerischer Pfahl. Die Quarzfül-lung einer bis über 150km langen Gangs-palte überragt (hier am Weißenstein) mau-erartig die Landschaft.

Page 7: Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald · Bedeutender für die Geologie des Bayerischen Waldes im weiteren Sinne sind Grünsteine, die den Begriff Erbendorfer Grünschieferzone

kischen Graniten geprägt, die von den tektonischenEreignissen nicht mehr betroffen wurden. DieseGranite sind so weit verbreitet, dass sie fast die Hälf-te der Fläche des Fichtelgebirges einnehmen. Geo-physikalische Untersuchungen haben eine Tiefen-ausdehnung bis 8km nachgewiesen (Hecht 1998).

Nach Altersbestimmungen lassen sich heute ältere(um 326 Mill. Jahre) von jüngeren (305 – 286 Mill.Jahre) Graniten unterscheiden, wobei die jüngerendie höchsten Erhebungen bilden (Schneeberg 1053m,Ochsenkopf 1023m, Kösseine 939m, Gr. Waldstein880m).

Das Fichtelgebirge ist aber nicht nur durch seinevielen Granite bekannt, sondern auch durch dasnach der Stadt Marktredwitz benannte Gestein Red-witzit, das eine komplexe Entstehungsgeschichte hat.Es umfasst nach seinem Mineralbestand einen au-ßerordentlich weiten Bereich, der vom Gabbro biszum Granodiorit reicht: hier sind Mantelschmelzendifferenziert und nachfolgend durch granitischeSchmelzen intrudiert und miteinander vermischtworden. Der Redwitzit ist mit 468 Millionen Jahrendas älteste Tiefengestein im Fichtelgebirge.

Wie überall in den Gebirgen des Saxothuringi-kums sind auch hier die Plutone von zahlreichenGängen durchschlagen, die Lamprophyre, Pegmati-te und Aplite umfassen sowie im UnterrotliegendQuarzporphyr (Rhyolith), der mit der spätvariski-schen Bruchtektonik zusammenhängt. Deren pro-minentester Ausdruck in dieser Gegend ist dieNordwest-Südost streichende Fränkische Linie, diehier Fichtelgebirgsabbruch heißt und das Grundge-birge gegen die im Westen angrenzende Sediment-scholle verwirft. An dieser weiter reichenden Stö-rung ist das tiefe Grundgebirgsstockwerk um etwa1000m herausgehoben worden.

Erwähnenswert ist auch das tertiäre Einbruchsbe-cken von Mitterteich, das sich als streichende Fortset-zung des Eger-Grabens nach Südwesten auffassenlässt. Seine limnische Sedimentfüllung besteht ausoligozän-miozänen Schottern, Sanden und Tonenmit Braunkohlen, außerdem gibt es auch entspre-chende Basalte, von denen der Steinbruch im Gro-ßen Teichelberg bei Groschlattengrün ein bei Mine-raliensammlern beliebter Fundpunkt ist (u. a. Oli-vinknollen); er ist auch durch seine besonders dickenBasaltsäulen bekannt. Am Parkstein bei Weiden (24Mill. Jahre) ist ein besonders schöner Säulenfächer

ausgebildet. Die Basaltdecke vom Teichelberg (21Mill. Jahre) überlagert Tone und Braunkohlen. DieTertiärsedimente im Becken von Mitterteich liegenauf tief verwittertem Grundgebirge, lokal werdenentsprechende Tone abgebaut. Entsprechend dervulkano-tektonischen Entwicklung wird die Gegendvon zahlreichen Störungen in ein kleinräumigesSchollenmosaik zerlegt.

Während der jüngeren geologischen Geschichtehaben sich die teilweise riesigen Wollsäcke aus ver-wittertem Kösseine-Granit entwickelt, die das Fel-senlabyrinth der Luisenburg bei Wunsiedel zur tou-ristischen Attraktion machen.

Innerhalb der altpaläozoischen Gesteinskomple-xe der erwähnten Arzberger Serie ist noch das be-rühmte Speckstein-Vorkommen von Göpfersgrün zunennen, wo Steatit ([Mg3(OH)2Si4O10]) abgebautwird, der durch Umwandlung von Dolomit unterBeteiligung salinarer Wässer entstanden ist. Früherhat man aus den massiven Partien Hochspannungs-isolatoren und Brenner für Acetylenlampen herge-stellt, heute wird das Material noch für diverse Füll-stoffe gewonnen.

Zu den Lagerstätten in der Oberpfalz gehörenvor allem die bei Hirschau und Schnaittenbach ge-legenen Kaolin-Vorkommen. Solche Lagerstättenhaben die lokale Porzellanindustrie begründet (Arz-berg, Rosenthal, Selb u. a.). Der Kaolin ist hier inArkosen des Mittleren Buntsandsteins entwickelt(Kaolinsand, sodass bei der Gewinnung auchQuarzsand und Feldspat mit anfällt – der Sand istzum „Monte Kaolino“ aufgeschüttet). Während dieHirschau-Schnaittenbacher Kaoline als buntsand-steinzeitliche Bildungen interpretiert werden, sindandere Vorkommen in der Oberpfalz offenbar spä-ter entstanden; dazu gehören auch die Kaolintoneim tertiären Mitterteicher Becken und der in situ tiefverwitterte Falkenberger Granit bei Tirschenreuth.

Die Grenze zwischen Fichtelgebirge und Ober-pfälzer Wald und dessen Fortsetzung in den Bayeri-schen Wald mit seinen Teilregionen ist nirgends be-sonders deutlich zu ziehen. Geologisch tragen zudieser Schwierigkeit vor allem die vielen Granitplu-tone bei, die diesen westlichen Rand des großenböhmischen Kristallinkomplexes kennzeichnen. Sowird der Steinwald gelegentlich auch zum Fichtelge-birge gezählt.Bayerisches Geologisches Landesamt 1996, Mielke 1998

97Münchberger Masse

Münchberger Masse

tentektonisch argumentierende Erklärungsansatzhat zu einer einigermaßen schlüssigen Deutung ge-führt.

Wenn man am Gipfel des Weissensteins Eklogi-ten begegnet, also Gesteinen, die unter extremhohen Druckbedingungen entstanden sind, muss

Es gibt viele Namen für dieses Gebiet: Münchber-ger Gneismasse bzw. Gneismassiv oder -komplexsind vielleicht am besten geeignet, die außerordent-lich komplizierte geologische Entstehungsgeschich-te zu bezeichnen, die auch eine stark wechselndeInterpretationsgeschichte hat. Erst der jüngste, plat-