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BlickPunkt Nummer 92 Oktober 2010 K lp!ng Österreich Diözesanverband Wien Gläubigkeit und Selbstvertrauen ab Seite 3 Thema:

Blickpunkt 3 / 2010

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Zeitschrift des DV Wien, Kolping Österreich

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B l i c kPunktNummer 92 Oktober 2010

K lp!ng Österreich Diözesanverband Wien

Gläubigkeit und Selbstvertrauen

ab Seite 3

Thema:

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2 K lp!ng Österreich Diözesanverband Wien

Sehr geehrte Leserinsehr geehrter Leser!

Das Thema „GLÄUBIGKEIT UND SELBSTVERTRAUEN“ wird in dieser Ausgabe des BLICKPUNKT auf drei ganz unterschiedliche Sichtweisen betrachtet:DDr. Werner Reiss, Präses der Kolpings-familie Wien-Währing, sagt: „Ich fühle mich überfordert, und tu’s trotzdem.“ Und er bringt das Thema, so wie ich meine, recht genau auf den Punkt.

Sehr gefreut hat mich, dass auch Simone Pesen dorfer, eine Theologiestudentin, ihre Sicht des Themas zu Papier gebracht hat. Sie hat auf eine besonders persön-liche Art ihren Zugang zu Gläubigkeit und Selbstvertrauen beschrieben.

Unser Diözesanvorsitzender Mag. Harald Fasching geht das Thema sehr differenziert an: „So lebt ein dynamischer, offener Glaube –

unter anderem - von Differenzen, von unter-schiedlichen Auffassungen, wie so vieles andere auch.“ Er bringt in seinem Betrag viele Überlegungen zu diesem Themas und regt damit auch zum Nachdenken an.Viel Spaß beim Lesen.

In der Dezemberausgabe des BLICK-PUNKT werden wir eine Zusammenfas-sung aller im vergangenen Jahr veröffentli-chen Beiträge versuchen.

Anmerkungen oder Ergänzungen, vielleicht einen eigenen Beitrag, bitte an die E-Mail-Adresse [email protected] oder per Post an Kolpingsfamilie Wien-WähringGentzgasse 271180 Wien� Ludwig�Wurst

Ludwig�Wurst

Editorial

InhaltThema GLÄUBIGKEIT und SELBSTVERTRAUENPräses Werner Reiss � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Seite 3Simone Pesendorfer � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Seite 4Harald Fasching� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Seite 5

50 Jahre Priester Alfred Weiss ��� und wie das gefeiert wurde � � � � � � � � � � � � � Seite 8

Berufswahl: Musiker, Pilot oder Priester � � � � � � Seite 9

OST-Report � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Seite 12

Hilfe per Mouseklick: Infos zum Europäischen Jahr der Freiwilligkeit � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Seite 13

Entschuldigungen und Kirchenaustritte � � � � � Seite 14

Einladung zur Rom-Wallfahrt � � � � � � � � � � � � � Seite 15

Termine � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Seite 16

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Nummer 92 Oktober 2010 3

Was ist unsere Situation?Viele Menschen sind verunsichert in ihrem sozialen Status, viele sehnen sich nach Sicher-heit, sozial und wie im weiteren Sinn religiös.Die Auseinandersetzung darüber geht durch die Jahrhunderte und Jahrtausende. Was kann ein Mensch, was darf er, wohin treibt ihn sein Leben?In unseren Zeiten haben die Evangelikalen ungeheuren Zulauf (400 Millionen weltweit, besonders in den Entwicklungsländern). Als Spät-frucht des Calvinismus versprechen sie Glück und Wohlergehen verbunden mit einer ekstatischen Religiosität: Sehr zum Missvergnügen der eta-blierten Religionsformen (Lutheraner, Katholiken usw.). Ich habe das einmal „expressiver Fundamen-talismus“ genannt.

Ich behaupte, dass Gläubigkeit und Selbstver-trauen untrennbar zu einander gehören. Selbstver-trauen ist das Vertrauen in die eigene Kraft und die Freude, dass sie sich auch auswirkt. Ich habe soeben unbewusst, ein Nazi-Vokabel gebraucht (Kraft durch Freude): Nichts steht mir ferner. Aber ich erkenne das Argument in unzähligen self-help-Programmen: Verwirkliche das Deine, dann hast Du recht!Nein! Das „Selbst“ kommt aus unserem Innersten und ist zugleich sozial bestimmt. Diesen Ausgleich zu schaffen, das ist die Aufgabe unseres Lebens. Es ist ein labiles Gleichgewicht. Wer versucht, aus diesem labilen Gleichgewicht ein stabiles zu machen, ist auf dem Holzweg.

Der Mensch ist eben eine labile Figur. Jeder Schritt darüber hinaus, aber auch jeder Schritt zurück führt in eine Ideologie, sei sie aggressiv oder regressiv.Gläubigkeit hat weder mit dem einen noch mit dem anderen zu tun.

Daher meine ich:Gläubigkeit ist das Ausloten der eigenen Möglich-keiten, im Bewusstsein der Begrenztheit unsres Lebens, im Bewusstsein, dass wir das nur miteinan-der schaffen können und im Vertrauen auf die Hilfe des Höchsten - von Tag zu Tag.

Als Lektüre empfehle ich den 8. Psalm („Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“).

Gläubigkeit und Selbstvertrauen

Präses��Werner�Reiss,��

Kolpingsfamilie�Wien�Währing

Thema

„Mit Dankbarkeit nehme ich die Anregung der Kolpings-

familie auf, dazu einige Zeilen zu schreiben.

Ich fühle mich überfordert, und tu’s trotzdem.“

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Ich bin mittlerweile schon im dritten Studienjahr (Fachtheologie und Religionspädagogik) und kann mit absoluter Überzeugung behaupten, dass die Entscheidung zu diesem Studium eine der besten meines bisherigen Lebens war.

Theologie ist nun im Vergleich zu Wirtschaftswis-senschaft, Ägyptologie oder Jus nicht bloß ein Stu-dium, das nur aus Interesse gewählt wurde, sondern es hat auch eine persönliche Bedeutung.

Zu Beginn wie auch jetzt noch sehr oft werde ich gefragt „Wieso denn ausgerechnet Theologie?“ oder „Und was genau willst du dann einmal damit machen?“. Nachdem ich meine Gründe dafür genannt habe, kommt dann in 80% der Fälle noch die zweite Frage „Bist du denn gläubig?“ und ich antworte jedes Mal mit „ja“, und ich beginne nun festzustellen, dass ich diese Frage jedes Mal mit etwas mehr Stolz beantworten kann.

Für mich hat sich aus dem Studium heraus ein tieferer Glaube entwickelt, und aus einem tieferen Glauben erwuchs auch ein größeres Selbstver-trauen. Denn Theologie ist in der Tat ein Studium, das berühren kann. Dabei wird auch der Charakter und das Selbst gefördert und ausgebildet.

Da ich mich für den Interessentenkreis der ED Wien gemeldet hatte, musste ich im Rahmen dessen auch einige Ausbildungskurse besuchen. Auch hier konnte ich meinen eigenen, persönlichen Glauben stärken und genauer erforschen.

Und je gefestigter man im Glauben ist, desto sicherer ist man auch. Fest steht für mich auf jeden Fall, dass der Glaube ein dynamischer Prozess ist, dass er nie-mals vollendet ist und ein abgeschlossenes System darstellen kann. Jede Bewegung innerhalb des Glau-bens ist eine Bewegung zu Gott hin. Als gläubiger Mensch ist man stets auf der Suche nach Gott, auf

Gläubigkeit und Selbstvertrauen

Thema

dem Weg zu ihm. Und das ist nun das für mich so Schöne daran, dieser Weg sieht für jeden Menschen anders aus, ist bei jedem individuell. Und auch hier kann man sich der Hilfe Gottes sicher sein.

Alleine sich vor Augen zu führen, dass man ein von Gott gewolltes und behütetes Geschöpf ist, sollte einem ein gewisses Selbstvertrauen geben.

Immer mehr wird mir klar, dass Gott mich auf meinem Weg durchs Studium begleitet und ich den richtigen Weg gewählt habe. Wichtig für mich ist auch, das Bemühen um eine knieende Theologie. Alles, was ich im Studium erreicht habe, ist schlus-sendlich nur auf Gottes reiche Gnade zurückzufüh-ren. Wichtig für mich ist es, das nicht zu vergessen.

Ich denke, Gläubigkeit und Selbstvertrauen bestär-ken und beeinflussen sich gegenseitig.

Simone�Pesendorfer,�Theologiestudentin

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Einige Gedanken über Gläubigkeit & Selbstvertrauen ���

Thema: Gläubigkeit und Selbstvertrauen

... ziemlich ungeordnet, assoziativ, nicht bündig und mit dem Thema nicht immer gleich auf Anhieb in Einklang zu bringen. Glauben ohne Interpretationsrahmen wäre Zentralismus. So lebt ein dynamischer, offener Glaube - unter anderem - von Differenzen, von unterschiedlichen Auffassungen, wie so vieles andere auch. So ist das auch mit meinem Beitrag zu diesem Thema.

„Glaubst du das, oder weißt du es?“ ist eine des Öfteren gehörte Frage im alltäglichen Dialog. Darin liegt in meiner Wahrneh-mung eine wesentliche Unterscheidung in der Herangehensweise an das Thema „Gläubigkeit und Selbstvertrauen“. Glau-ben oder Wissen sozusagen, gesicherte Erkenntnis oder vermuten, dass es so ist wie ich glaube. In der klassischen Recht-haben-Diskussion wird man es mit „Gläu-bigkeit“ eher schwierig haben. Da schlägt man sich über kurz oder lang die Schädel ein, was ja auch tatsächlich vorkommen soll…?!

Bejahung des Gottes bedeutet, so zu den-ken und zu handeln wie Gott es vorsieht. Weiß irgendjemand zuverlässig und unwi-derlegbar, was dieser oder ein anderer Gott vorsieht? Vermutlich ist hier auch wichtig anzumerken, dass es sich um „Glaube“ im religiösen Sinn handelt und nicht um Wissenschaft. Daher ist es im Glauben eher müßig, die Gesetze der Wissenschaft anzulegen. Natürlich gibt es auch die wis-senschaftliche Auseinandersetzung, doch nähert man sich da nach anderen Gesetz-mäßigkeiten, wenngleich die Überschnei-dungen und Schnittthemen vermutlich für beide Seiten sehr interessant sein können, aber nicht müssen.

Ich gehe in meinen Vorstellungen von ziemlich individueller Gestaltungsfreiheit aus. Aufgrund persönlicher Sozialisa-

tions-Erfahrungen, Erlebnissen, Wissen, … , Ideen und Gedanken, „schmieden“ Personen ihre persönlichen Vorstellungen von Gott. Vorerst ist jede Person sozusagen ein Personal- und Individualchrist. Zum größten Teil werden wir auch irgendwo „hingeboren“, da bleibt nicht viel Wahl-recht. Später, wenn das eigene Denken und Handeln Realität wird und Wirkung zeigt, beginnt eine neue Dynamik. Und irgend-wann kommt man dann dahinter, dass es vielleicht mehrere, viele, ja Abermillionen von Menschen sind, die in etwa den glei-chen Gott als den ihren nennen. Das kann ermutigend sein, aber auch enttäuschend. Meinen Glauben zu „veröffentlichen“, ist schon keine ganz einfache Sache mehr. Der Eindruck entsteht, dass es sich eher um ein tabuisiertes Thema handelt. Viel-leicht auch nicht.

Lasse ich das Wortpaar „Gläubigkeit und Selbstvertrauen“ ein wenig in mir wir-ken, dann kommt mir folgende Frage in den Sinn: Besitzen gläubige Menschen mehr Selbstvertrauen als nicht gläubige? Ich denke, das ist nicht zu beantworten, auf jeden Fall nicht mit dem herkömm-lichen Ja-Nein-Schema. Selbstvertrauen heißt in meiner Vorstellung so etwas wie „sich selbst vertrauen“, seinen eigenen Fähigkeiten, Fertigkeiten, seinem eige-nen Wissen und den eigenen Emotionen vertrauen, um handlungsfähig zu sein. Dazu ist es erforderlich, sich seiner Selbst

Harald�Faschingharald.fasching@�

kolping-wien-zentral.at

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bewusst zu sein. Ich meine damit, den Prozess über die Wahrnehmung des Eigenen bewusst zu begin-nen, zu gestalten und in Schwung zu halten. Ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein kann zu erhöhter Selbstbestimmung führen. Das kann so kommen, muss aber nicht sein. Es ist nicht eine automatische Logik. Selbstbewusstsein kann natürlich sehr leicht auch anders interpretiert werden: mutig sein; sich immer und überall zu trauen, den Mund aufzuma-chen (im Volksmund auch „goschert sein“); stets der/die Erste zu sein; konkurrenzorientiert, ande-ren nur wenig Luft zum Atmen lassen; sich vor-drängeln, ohne Rücksicht auf Verluste. Dann sagt man, der/die traut sich was!

Wenn Gläubigkeit bedeutet, das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zu stärken und in weiterer Folge damit die Selbstbestimmung zu fördern, dann bin ich dabei. Wenn Gläubigkeit bedeutet, sich sche-menhaft zeigenden Autoritäten unreflektiert und vorschnell anzuschließen, dann ist das nicht meine Art von Gläubigkeit. Unsicherheit ist eine der stärk-sten Wirkungskräfte im Menschen. Wenn ich dann auch noch nicht weiß, wie dieser Gott wirkt, dann wird es noch „schwieriger“, sich einem Gott/einer Göttin anzuvertrauen.

Selbst-Bewusstsein – Selbst-Vertrauen – Selbst-Bestimmtheit. Das wäre für mich eine Reihenfolge, die irgendwie logisch ist. Meine Arbeit am Glauben unterstützt mich in dem Vorhaben, diese Bereiche in mir selbst Schritt für Schritt zu „erobern“. Ich werde mir vorerst bewusst, was in mir wie vorhan-den ist. Dieses Bewusstsein über meine Wirkungs-weisen und Funktionalitäten schafft Vertrauen in mich selbst. Dieses Selbstvertrauen gibt mir dann den Freiraum für weitere „Entdeckungen“, letzt-endlich für ein selbstbestimmtes Leben. Wau …?! Klingt doch gut, oder?

Dieses „Selbst“ ist aber ohne andere nicht denkbar. Ich vermute, wir würden ziemlich „verkümmern“, wenn wir andere nicht hätten als „Reibebäume“,

als Widersprechende, als Feedback-Gebende und –Nehmende, als Zustimmende und Ablehnende. Sogar Robinson Crusoe brauchte „seinen Freitag“. Diese Ich-Werdung geht zumeist nur über die Dif-ferenzierung zu anderen. Diese Selbstbestimmung ist leicht gefährdet, als Abschottung, als „hinter-mir-die-Sintflut-Mentalität“ abgestempelt zu wer-den. Sich um andere dann nicht mehr zu kümmern, wäre eine aus meiner Sicht falsch verstandene Form der Selbst-Bestimmung. Man könnte leicht in eine eher krankhafte Form der übertriebenen Selbst-liebe (Narzissmus) abgleiten. Aber das ist dann eine andere Geschichte. Frei nach William James (1842-1910 / US-amerikanischer Psychologe und Philosoph) wissen (oder glauben) wir heute, dass die Gemeinschaft ohne den Impuls des Einzelnen stagniert, andererseits stirbt der Impuls ohne den Zuspruch der Gemeinschaft. Sich dieser gegensei-tigen Abhängigkeit bewusst zu sein und diese zu integrieren, könnte so manches Glaubensgespräch aus der „Kampfzone nehmen“.

Wenn ich mir das so im Rahmen einer kleinen Zwi-schenreflexion durchlese, dann muss ich feststellen, dass das ziemlich „realistisch“ und „nahe am Leben“ gedacht und geschrieben ist. Das sagt mir meine Wahrnehmung. Eine erste Überprüfung durch eine zufällig ausgewählte, im Freundes- und Fami-lienkreis (Alfred, Brigitte, Daniela, Miriam und Oswald) gehaltene Auseinandersetzung brachte durchaus auch andere Meinungen zutage. Und ich bin überzeugt, dass es genau diese Auseinander-setzungen sind, die Gläubigkeit & Selbstvertrauen spannend und an der Entwicklung orientiert halten. Doch kann es etwas anderes sein als am Leben geschrieben? „Sapere aude!“ ist der Leitspruch der Aufklärung. Bediene dich deines eigenen Ver-standes! Oder so ähnlich. Mein Glaube beinhaltet auch dieses Gebot, bzw. diese Empfehlung. Vermut-lich steht das auch irgendwo in der Bibel. Entweder habe ich das bis jetzt noch nicht „entdeckt“, oder es hat mir auch niemand nahe genug präsentiert und mich mit dem Kopf darauf gestoßen.

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Glaube ist etwas Ernstes, da darf weder gelacht noch gescherzt werden. Unterstützt wird diese These, wenn man einen „üblichen“ Gottesdienst mit verfolgt. Mit welch ernsten Mienen da gebetet und gesungen wird, dann hat das wenig mit „Fro-her Botschaft“ zu tun. Aber das ist Gott sei Dank nicht mehr überall so. Inzwischen gibt es viele, wirklich erheiternde Beispiele von lebendiger und medial abwechslungsreicher Gestaltung von Got-tesdiensten, wo auch daran gearbeitet wird, die Auseinandersetzung mit dem Glauben in den Mit-telpunkt zu stellen und nicht die Vorgabe, dass an dieses oder jenes zu glauben ist.

Biblische Texte sind immer interpretationsbedürf-tig. So steht es meinem Begriff von Glauben sehr nahe, dieses Interpretieren der einzelnen Stellen und die Bedeutung für den Einzelnen in der Gemein-schaft, als Glaube zu betrachten. Oje, oje. Nun ist die Sache gefährdet, in der Unverständlichkeit zu enden. Also, viele Bibelstellen sind ja nicht gleich auf Anhieb zu verstehen. Natürlich gibt es aus mei-ner persönlichen Sicht einige „gut gehende“ Renner (z.B. Mt 10,27; Mt 4,4; Joh 13,15; Mt 5,15; Mt 7,3; Lk 6,41), von denen viele – so auch ich – vorschnell zu „glauben wissen“, was sie bedeuten (können). Die Auseinandersetzung ist sicherlich eine spannende, wenn sie – die biblischen Orientierungen - letzt-endlich im täglichen Leben des/der Einzelnen und in weiterer Folge in der Gemeinschaft verankert werden - oder auch nicht. Doch es ist Thema! Wenn das noch auf eine lebendige, teilnehmerorientierte, medial bunte Art und Weise erfolgt, dann kann die Auseinandersetzung mit dem Glauben eine lust-volle, interessante und richtungsgebende sein.

Doch wo wird die Grenze gezogen zum „Kaffee-sudlesen“? Oft bin ich dann mit einem Gott kon-frontiert, den ich nicht mehr verstehe oder der mich nicht mehr interessiert? Abstrakt formuliert, keinen Boden unter den Füßen hat, abgehoben und über-heblich erscheint. Das schreckt mich dann ab und lässt mich auf Distanz gehen. Dann gibt es wiede-

rum Fährten in den heiligen Schriften, wo angeb-lich auch „Verhandlung mit Gott“ angesagt ist. Also scheint das von Gott Vorgegebene doch nicht so unverrückbar zu sein, wie es in traditionelleren Ansätzen kolportiert wird. Aber diese „Verhand-lungsmöglichkeiten“ haben sich mir noch nicht wirklich erschlossen. Aber wie eingangs bereits geschrieben, es handelt sich hier um einen dyna-mischen Austausch- und hoffentlich Entwicklungs-prozess, wo man heute nicht zuverlässig weiß, ob er irgendwann auch endet.

Die Vertreter/innen, Vermittler/innen und Statthal-ter/innen des „lieben Gottes“ auf dieser irdischen Erde sind die Mitarbeitenden in der katholischen Kirche. Und die sind derzeit mit einer Vertrau-enskrise konfrontiert, die ihnen in der „Überset-zungsarbeit“ von oben nach unten - und umge-kehrt - nicht gerade dienlich ist. Sie sind in einer nicht ganz einfachen Sandwichposition: Druck von oben und unten, wobei der Druck von oben ziem-lich selbst gestaltet ist. Vermutlich wäre es für alle Beteiligten hilfreicher, sich als Suchende, Fragende, Unsichere und Nicht-Wissende zu deklarieren. Das könnte die Positionen ein wenig entkrampfen, das Ganze näher am Leben positionieren, der Glaube wäre vielleicht etwas Begreifbareres und letztend-lich annehmbarer. Aber wie gesagt, wirklich nur vermutlich und vielleicht.

Achtung: Dies ist keine offizielle Stellungnahme des Kolping Diözesanverbandes Wien zum Thema Gläubigkeit und Selbstvertrauen. Das ist eine ganz persönliche Meinung eines Betroffenen, die auf ver-schiedensten Erfahrungen und Erlebnissen, Wissen und Auseinandersetzungen beruht. Sie hat sich im Laufe des Lebens ergeben und könnte sich morgen vielleicht wieder ganz anders lesen – oder auch nicht. Letztendlich hängt dies von unendlich vielen Faktoren ab, von denen ich und wir nur ganz ausge-wählte beeinflussen können.

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50 Jahre Priester … und wie das gefeiert wurde

Diözesanpräses Alfred Weiss

Das war es also, das Goldene Priesterjubiläum unseres Diözesanpräses Alfred Weiss. Das prächtige Wetter am 3. Juli machte es möglich, dass ein Groß-teil der mehr als 200 Gäste – darunter 67 (!) aus Mit-tel-Ost-Europa – den Festgottesdienst in der Kapelle des Kolpinghauses Wien-Zentral von der Terrasse aus mitfeiern konnte. Drei Priester und sieben Kol-pingfreunde sind noch in der Nacht nach Temes-war, Satu Mare und Cenade zurückgefahren, da sie dort anderntags wieder Verpflichtungen hatten. Wer von uns hätte solche Strapazen auf sich genom-men – unserem Diözesanpräses zuliebe haben sie’s getan. Und der meinte im Gespräch, dass es „außer mir noch andere Verrückte gibt, die solche Touren auf sich nehmen“. Der „verrückte“ Alfred war ganze 343 Mal (!) in Mittel-Ost-Europa. Und sie, die „aus dem Osten“ kamen, waren es auch, die mit ihren Danksagungen, Gratulationen und symbolischen Geschenken die Herzen der Mitfeiernden berühren und gewinnen konnten. Und als Alfred dann noch auf rumänisch seinen Freunden das zurief, was er ihnen auf seinen Besuchen immer wieder versichert hatte, nämlich „Ich bin Alfred, euer Bruder!“ – Na, das war nur mehr mit der Hymne Großer�Gott,�wir�loben�dich zu toppen.

„Ich bin’s, euer Bruder!“ – ein Zitat aus dem Alten Testament, wo sich der ägyptische Josef seinen Brüdern zu erkennen gibt. Alfred: „Das hat mich angesprochen, weil ich ein erklärter Gegner eines Podest-Priestertums bin und auf geschwisterliche Art die für mich entsprechende Beziehung zwi-schen Priestern und Laien auf� gleicher� Augenhöhe gestalten möchte.“

Ein siebeneckiges GeschenkDer Jubilar wollte keine Geschenke, und wenn es denn doch sein sollte, keine persönlichen, sondern – und das wäre ’was!! – ein Tabernakel für die Haus-kapelle. Ja, das hat die Geister beflügelt! Nach etli-chen Verwerfungen steht er nun da: Ein Blickfang,

Clemens�Schepers

originell, der Würde seiner Bestimmung gerecht, einzigartig in seinem Entwurf, symbolträchtig und spannend zugleich. In seiner siebeneckigen Form scheint hier erstmalig von Tischlermeister Stefan Fellinger und Kunstspengler und Gürtlermeister Ludwig Kyral ein unikates Kunstwerk geschaffen worden zu sein, eine Symbiose aus Kult und Kul-tur. Die – auch Heilige – Zahl Sieben schien Pate gestanden zu sein. Alfred: „Weil sie unteilbar und eine Symbolzahl der Vollkommenheit ist, die in unzähligen Mythen und Sagen eine zentrale Rolle spielt –�sieben�Sinne�–�sieben�Vaterunser-Bitten�–�Sie-benbürgen�–�sieben�Sakramente�–�sieben�Werke�der�Barmherzigkeit,� sieben� Gaben� des� Heiligen� Geistes,�ja�durchaus�auch�die�Sieben�Geißlein�oder�die�Sieben�Zwerge.“ Man könnte nun beliebig fortfahren mit dem Siebenarmigen�Leuchter oder den Sieben�Welt-wundern (stellvertretend für alle Weltwunder). Wer seine Sieben�Sachen packt, packt ja auch alles was er hat. Und so steht das siebeneckige Werk eben für ein allumfassendes Alles.

Diözesanpräses�Alfred�Weis�und�sein�siebeneckiges�Geschenk

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Ein Buch darüber zu schrei-ben schien mir leichter, als auf begrenztem Platz im „BLICK-PUNKT“ über den Zeitraum von 50 Jahren zu berichten. So kann ich halt nur mit einigen „Spotlights“ dienen. Die „Eva-luation“ (Beurteilung) überlasse ich dem Chef von uns allen.

Mit 17 Jahren habe ich – für mich auch heute erstaunlich – die Berufswahl zwischen Musiker (ich spielte in einer Big-Band Klarinette und Saxo-phon), Pilot oder Priester klar getroffen. Meine erste Kaplanstelle war Schwechat. Wenn wir in der Kirche die Predigt unterbrechen mussten, weil die Caravelle im Anflug auf die Piste 12 so laut war, fragte ich Gott ein wenig vorwurfs-voll, was das soll: Ich verzichte auf die Fliegerei und jetzt bekomme ich wieder „lange Zähne“ auf die Fliegerei. Dass ich dann nach einigen Jahren fliegen lernte und mit dem Berufspilotenschein bei den Firmen Denzel und Avanti an meinem freien Tag (Dienstag) Taxiflüge absolvierte und dazu noch einen neuen Kreis von Menschen für meine priesterliche Tätigkeit gewinnen konnte, fand ich genial. Gott hat wirklich Humor.

Bei einer dreimonatigen Urlaubsvertretung eines irischen Missionars in Liberia/Westafrika hat ein Einheimischer auf die Frage, warum ich unsere (christliche) Religion – auf seinen Wunsch – in sein Dorf bringen sollte, geantwortet: „Deine Religion macht uns frei von Angst.“ Ist mir auch nach mehr als 40 Jahren in Erinnerung. Eine beeindruckende Antwort.

Nach 3 Jahren in der Pfarre Schwechat und 5 Jahren in der Pfarre Wien-Baumgarten kam die

Berufswahl: Musiker, Pilot oder Priester

Diözesanpräses Alfred Weiss über 50 Jahre als Priester

Zurück zum Fest: Was nach der Messe folgte, war ein perfekt naht-loser Übergang zum Gemütlich-Kulinarischen. Ruckzuck war alles umgerüstet, und die gut 200 Gäste konnten ohne Schlangestehen an fünf Stellen beim einfachen, aber g’schmackigen Buffet mit gepflegten Getränken zulangen. Die beste Organisation ist immer die, die man nicht spürt. Dieses Fest war ein her-vorragendes Beispiel dafür!

Lieber Alfred, dir kann man nur gra-tulieren zu diesem Fest, welches wohl eher und richtiger zum „Erntedank-fest“ geriet. Was du in diesen fünfzig Jahren gesät hast, ist aufgegangen und hat reiche Frucht getragen – mit Blick auf die Biographien deiner Gäste dürfte an der biblisch hundert-fältigen nicht viel fehlen. Und das ist wohl das schönste Geschenk, das du dir verdient hast.

Alfred�liebt�die��Herausforderung�und�will�nur�am��Berg�hoch�hinaus.

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Einladung zu Kolping durch Viktor Kollars. Ich brauchte 2 Wochen Zeit, um nach Beratung mit Lud-wig Zack meine Erinnerungen aus der Kindheit an das düstere Haus in der Gumpendorfer Straße mit den für mich langweiligen Operettenaufführungen (mein Vater hat auch im Kolpinghaus gewohnt) beiseite zu legen und die Chancen für die Zukunft wahrzunehmen. Besonders fasziniert mich, dass A. Kolping seinen Verein „an der Nahtstelle zwischen Kirche und Gesellschaft“ positioniert sehen wollte: „Aus der Kirche holen wir uns die Kraft, um in die Gesellschaft hineinzuwirken.“

So bin ich seit 1968 Präses. Zusammen mit Lehrlin-gen, Gesellen und in letzter Zeit praktisch nur mehr mit Studentinnen und Studenten wohne ich im Kolpinghaus unter einem Dach. Sie stammen nicht mehr nur aus den österreichischen Bundesländern, sondern kommen aus 35 Ländern der Erde, haben unterschiedliche religiöse Bekenntnisse und lernen hier beinahe instinktiv den Respekt vor Menschen anderer Kultur, Religion und Weltanschauung. Da gibt es auch das „Stüberl“ im Kellerbereich, das die HausbewohnerInnen selber verwalten und das zur zwanglosen Begegnung einlädt.

Vielleicht auch deshalb, weil meine Eltern sich schei-den ließen, als ich 10 Jahre alt war, habe ich immer den Blick auf Ehe und Familie gerichtet, Ehepaare eingeladen, sich regelmäßig zu treffen, um über Dinge zu sprechen, für die man sonst schwer Zeit fin-det (Partnerschaft, Kindererziehung, religiöse Fragen etc.). So haben sich in den Pfarren Schwechat, Baum-garten und bei Kolping die Familienrunden gebildet. A. Kolping nennt „das Erste und das Letzte, wonach der Mensch die Hand ausstreckt und das Kostbarste, was er im Leben vorfindet, die Familie“. So ist auch die Bezeichnung „Kolpingsfamilie“ ein Hinweis auf die Wichtigkeit der Familie in der Kolping-Gemein-schaft. Die „Familientage“ im Diözesanverband der Wiener Diözese sind legendär.

Weil ich kein „Stubenhocker“ bin, war ich auch bei Kolping in Brasilien und Mexiko und als der Eiserne Vorhang fiel (Ende 1989), befand der Vorstand, dass „man“ für die Menschen dort Hilfe organisieren sollte. Mit E. Riedl fand ich das von B. Schöffnagel empfohlene Dorf Cenade/Scholten. Wir bauten mit Alois Klein (K-Mitglied Wien-Zentral) einen Kin-dergarten. Der ev. Pfarrer Johann Schaser meinte, ich könnte doch mit Kolping auch in Rumänien beginnen. Ich sah das gar nicht so. Und doch „erga-ben sich“ Schritt für Schritt die Kontakte und heute gibt es 100 Kolpingsfamilien, die mit ihren Fähig-keiten und Möglichkeiten ihren Mitmenschen die-nen. Teilweise war es schwer für die Menschen mit kommunistischer Vergangenheit, Kolping anzu-nehmen, weil sie wenig Selbstvertrauen hatten. Mein Anliegen war es, ihnen Mut zu machen, ihr Selbstbewusstsein zu entwickeln und an das Wort Kolpings zu glauben: „Tue jeder in seinem Kreis das Beste, dann wird es in der Welt auch besser ausse-hen.“ Mit monatlich persönlicher Begleitung konnte ich ihnen die praxistauglichen Werte der Kolping-Gemeinschaft nahe bringen und habe in den 20 Jahren viel Beispielhaftes von den osteuropäischen „Verwandten“ erfahren und lernen dürfen z.B.: eine unglaubliche Gastfreundschaft, feiern können, respektvoller Umgang mit alten Menschen, gelebte Frömmigkeit und vieles mehr. Ich kann bestätigen,

Alfred�bei�den�Mariazell-Wall-fahrern

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11Nummer 91 Juni 2010

dass die Übersetzung des Wortes „Liebe“ aus dem Hebräischen, stimmt: GEBEN UND NEHMEN.

Für die Schilderung über die Fahrten in die Ukraine und nach Bulgarien ist jetzt doch zu wenig Platz, deshalb bitte ich um Entschuldigung.Nach 7 Jahren waren auch unsere Kolpingmit-glieder in Wien-Zentral bereit, die Menschen in Rumänien per Bus zu besuchen und zu Freunden werden zu lassen.

Der Bischof von Iasi in Ostrumänien erwähnte, dass er einige Priester nach Moldawien geschickt hat. Ob ich nicht …. So traf ich Pfarrer Anton Cosa – im Kirchturm der Kathedrale wohnend – im Novem-ber 1991. Vor einigen Jahren fragte mich der inzwi-schen zum Bischof avancierte Anton, ob ich nicht Präsident der Caritas Moldawien werden möchte, was ich – wie gewohnt – als unrealistisch ablehnte. Allerdings fragte ich meinen Chef in Wien, Kardi-nal Schönborn, was er dazu meint. Er antwortete: „Warum nicht?“

So habe ich es oft erlebt, dass etwas entstanden ist, was ich zunächst für absurd, unrealistisch oder sogar utopisch eingeschätzt habe. Mit der Zeit habe ich begriffen, dass Gott mit mir Pläne verwirklicht hat, auf die ich selber nie gekommen wäre.

Paulus hat schon recht und ich beziehe das sehr auf mich, wenn er sagt: „Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin und sein gnadenvolles Handeln ist an mir nicht ohne Wirkung geblieben.“ (1 Kor 15,10)

Und ohne all die Menschen, die ich in den Jahren kennen und als Freunde schätzen lernen durfte, wäre das alles nicht zustande gekommen. Ganz zu schweigen, was geworden ist, das wir nicht von außen sehen, zählen und messen können …. In jeder Pfarre, in jedem Land, in jeder Kolpingsfa-milie wurde ich zum größten Teil mit Vertrauen, Offenheit und Zuneigung beschenkt und habe viel dazugelernt. Oft sage ich zu mir: Es ist zu wenig, was ich tue. Ich bin schwach …. Dann fällt mir wieder das Pauluswort ein: „Er (Gott) antwortete: Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit.“ (2Kor 12,9).

Mein Wunsch an Euch, Kolping-Mitglieder, -Sym-pathisanten und -Priester, ist aus meiner Sicht sehr einfach: Höre, was Gott von dir mit den Fähigkeiten und Interessen, die er dir geschenkt hat, erwartet. Dazu braucht es Zeit für Stille, gute Beziehung zu den Mitmenschen in „gleicher Augenhöhe“, kein Streben nach persönlichem Prestige und das Vertrauen und die Dankbarkeit, dass Gott mit viel Humor dir – so wie mir - Lebensfreude und Gestaltungserfolge gönnt.

Die�Feierlichkeiten�zum�50-jährigen��Priesterjubiläum.

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12 K lp!ng Österreich Diözesanverband Wien

OST-Report

Alfred�Weiss,�Diözesanpräses

RumänienDie Wirtschaftskrise hat natürlich auch Kolping Rumänien getrof-fen. Seminare von Firmen blieben aus, Gäste kamen nicht mehr so zahlreich. Durch Personaleinspa-rung und Werbung ist eine leichte Erholung eingetreten, sodass auch die geplante Solaranlage auf dem Dach für warmes Wasser und Ein-sparung beim Gasverbrauch sorgt.

Tasnad ist ein Ort zwischen Satu Mare im Norden und Oradea in der Mitte Rumäniens an der West-

grenze zu Ungarn. Bei einem Treffen mit Bischof Lazy von Oradea im Juli hat dieser sich gewünscht, dass Kolpingsfamilien in den Diözesen Satu Mare und Oradea nicht nur den Kontakt zum Ausland sondern auch in den Diözesen pflegen sollten. Dazu sollten sie lebendiger werden. Präses Soltan/Alexander Pek haben das gleich umgesetzt, die Mit-glieder 2x versammelt und u. a. mich für Anfang Oktober eingeladen, um einige Ziele zu zeigen, die sie dann anstreben wollen.

MoldawienÜberschwemmungen im Bereich des Flusses Prut haben im Norden Rumäniens und in Moldawien viele Menschen obdachlos gemacht. Die Westeu-ropäer haben mehr als € 500.000,-- gespendet. Das ist beachtlich, aber das Geld muss auch an die rich-tigen Orte und die bedürftigen Menschen gelangen. Das erfordert auch viel Einsatz im Land. Am 14.Oktober 2010 wird am Gelände des Sozialzen-trums der kath. Kirche am Stadtrand von Chisinau das Kolpinghaus offiziell eröffnet und gesegnet. Der Kindergarten ist schon in Betrieb. Die Studenten-wohnplätze sind nicht sehr gefragt, weil der Weg zur Universität weit ist. Mit den Gästehaus-Betten und dem Seminarbereich ist die Nachfrage etwas besser.

Zum Feiern sind die Menschen in Moldawien immer bereit. So haben diejenigen, die nicht zum 50j. Priesterjubiläum nach Wien kommen konnten, auch in Chisinau Gelegenheit gefunden, zusammen mit Bischof Anton, etlichen Priestern, Kolping-Mit-gliedern und Kirchenbesuchern ein Fest zu feiern.

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Nummer 92 Oktober 2010 13

Kolping Österreich startet Online-Beratung für ehrenamtliche MitarbeiterInnen – das neue Angebot ist kostenlos und richtet sich an alle Men-schen, die in Österreich freiwillig engagiert sind; Ver-traulichkeit und Anonymität garantiert.

Mehr als ein Drittel aller ÖsterreicherInnen sind ehrenamtlich engagiert: In den großen Verbänden oder der örtlichen Feuerwehr, in Pfarren oder Par-teien, in Form von Nach-barschaftshilfe, der Pflege und Betreuung von Angehörigen u.a.m. Ehrenamt-lich tätig zu sein kann viel Freude machen und bie-tet zahlreiche Vorteile: Wer sich freiwillig engagiert, schafft sich ein Netz von Freunden und Gleichge-sinnten, kann seine Talente und Fähig-keiten sinn-voll nutzen und so seine Persönlichkeit bereichern – kurz: Es gibt Sinn und ein „gutes Gefühl“, für andere da zu sein.

Und doch kommt es vor, dass Ehrenamtliche sich überfordert fühlen mit ihrer Aufgabe oder bestimmten Situationen; dass man Schwierigkeiten hat, Familie, Beruf und Ehren-amt „unter einen Hut“ zu bringen; dass das Schicksal von Menschen, die man betreut, einen mehr beschäftigt, als man momentan verkraften kann, und anderes mehr.

Um Ehrenamtlichen zu helfen, solche Situationen zu meistern, bietet Kolping Österreich ab sofort psy-chosoziale und rechtliche Unterstützung im Internet für ehrenamtliche MitarbeiterInnen aller Organisa-tionen; die Beratung erfolgt durch Psychotherapeu-tInnen und eine Juristin – kostenlos, anonym und vertraulich über einen „sicheren“ Server.Und so funktioniert es: Ehrenamtliche, die unsere Beratung in Anspruch nehmen wollen, wählen unsere Website an (www.kolping.at) und folgen dem

Link zur „Onlineberatung“; sie legen sich einen Benutzernamen und ein Passwort zu, und schon können sie eine Anfrage stellen bzw. ihr Problem beschreiben. Die Anfrage kommt in einer Art „Brief-kasten“ auf dem eben erwähnten datengeschützten Server; die BeraterIn loggt sich ebenfalls auf diesem Server ein und beantwortet

die Anfrage innerhalb von drei Werk-tagen (juri-stische Fragen werden 1x/Woche bearbeitet).Motive und Bedürfnisse von EhrenamtlichenUm einen besseren Überblick über die Wünsche und Bedürfnisse von Ehrenamtlichen zu erhalten, hat Kolping Österreich, begleitend zum Start der Online-Beratung, auch eine Online-Umfrage initiiert. Hier können freiwillig Tätige über ihre Beweggründe zu helfen Angaben machen wie auch über den Nutzen, den sie aus dieser Tätigkeit ziehen; weiters werden die Belastungen erhoben, denen die freiwilligen Hel-ferInnen ausgesetzt sind sowie die Hilfe, die sie zu deren Bewältigung in Anspruch nehmen.

Ersten Trends zufolge engagieren sich die meisten aus „Freude am Helfen“, weil sie gern Verantwortung übernehmen und teilweise auch aus gesellschaft-licher Konvention („wird in der Familie/am Wohn-ort erwartet“); als „benefits“ werden Lebensfreude und „das gute Gefühl, jemandem geholfen zu haben“ genannt, ebenso die Kontaktmöglichkeiten und die „Bereicherung der eigenen Persönlichkeit“. Häufige Belastungen sind die „Schwierigkeit, Familie, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen“ sowie das Gefühl, „manchmal überfordert oder allein gelassen“ zu sein. Hilfsangebote sind anscheinend dünn gesät: Die Mehrheit der bisherigen TeilnehmerInnen an der Umfrage geben hier „Gespräche mit Verwand-ten/Freunden“ an, nur wenige haben schon einmal Supervision oder sonstige Angebote der Trägerorga-nisationen in Anspruch genommen. Die neue Online-Beratung von Kolping Österreich wird von zwei Dritteln der Befragten als sinnvolle Ergänzung gesehen: weil „schnell und anonym Hilfe gegeben werden kann“ und als Anreiz, einen „ersten Schritt“ zu setzen, um sich dann nachhaltig Unter-stützung zu sichern. Die Teilnahme an der Umfrage (ebensalls anonym) ist noch bis Anfang August mög-lich: www.kolping.at

Ein� Folder� mit� genauen� Informationen� zur� Online-Beratung� für� Ehrenamtliche� ist� im� Bundessekretariat�erhältlich�und�steht�auf�unserer�Website�als�Download�zur�Verfügung:�Kolping�Österreich,�Paulanerg.�11,�1040�Wien,� Tel:� 01/587� 35� 420,� Fax:� 01/587� 99� 00;� Email:�[email protected];�Internet:�www.kolping.at

Wusstest Du schon....

Hilfe per Mouse-KlickKolping-Schwerpunkt zum „Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011“

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14 K lp!ng Österreich Diözesanverband Wien

Entschuldigungen und Kirchenaustritte

Im vergangenen Jahr haben sich viele, zumeist in hohen und verantwortungsvollen Positionen befindliche Personen entschuldigt: Der Konzern-chef von BP entschuldigte sich für die Ölkatastro-phe im Golf von Mexiko, der Papst und der Kardi-nal entschuldigten sich für die Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche. Das alles ist gut so, denn diese Personen tragen die Verantwortung für das, was in ihrem Einflussbereich passiert. Und zwar auch dann, wenn sie keine persönliche Schuld trifft.Wie gesagt: Diese Entschuldigungen waren für die Öffentlichkeit richtig und wichtig. Aber hilft das den Geschädigten, den Opfern? Nehmen wir als Beispiel die Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche: Wäre es nicht viel wichtiger, wenn sich die Täter bei den Missbrauchsopfern - persönlich und ehrlich gemeint – entschuldigen würden? Ich hoffe, dass das zumindest fallweise geschieht.Ich habe in diesem Zusammenhang ganz bewusst den Begriff „Täter“ verwendet. Denn Missbrauch an Minderjährigen ist für mich in jeder Form ein Verbrechen. Und wenn jemand diesen Missbrauch mit dem Zölibat in Zusammenhang bringt, ist das auch falsch. Denn der Zölibat ist eine Lebensform (über die man natürlich geteilter Meinung sein kann), aber sicher nicht die Ursache für diese Miss-brauchsfälle. Denn wie wir alle wissen, kommen solche Verbrechen auch bei verheirateten Tätern und damit auch in ganz normalen Familien vor.Natürlich fragt man sich, wie kann man solche Vor-kommnisse in Zukunft verhindern?Weder der Hl. Vater noch der Erzbischof können das wirklich verhindern. Ich persönlich glaube, dass man in der Erzdiözese Wien, aber auch in den anderen Diözesen Österreichs, bereits Schritte in die richtige Richtung gesetzt hat. Man denke zum Beispiel nur daran, dass inzwischen Ombudsstel-len Hilfe bei Missbrauch anbieten, aber auch daran, dass viel in der Prävention getan wird. Kardinal Christoph Schönborn ersuchte Waltraud Klasnic, eine unabhängige Opferschutzanwaltschaft für

Fälle von Gewalt und sexuellem Missbrauch in der Katholischen Kirche einzurichten. Und das, was ich im Rahmen von „Apostelgeschichte 2010“ im März gehört und erlebt habe, stimmt mich sehr zuver-sichtlich. Auch wie der Kardinal mit dem heiklen Thema umgegangen ist und offen dazu Stellung genommen hat, ist bemerkenswert.Was aber nach meiner Meinung noch deutlicher zum Ausdruck gebracht werden muss ist:Sexueller Missbrauch durch kirchliche Mitarbeiter wird nicht (mehr) geduldet und bei begründetem Verdacht immer zu Anzeige gebracht. Es muss den potentiellen Tätern unmissverständlich klar sein, dass es keine Chance gibt, sich durch Versetzung und dergleichen der weltlichen Strafe zu entziehen! Ich habe noch immer die Worte der weinenden Mut-ter aus Drosendorf im Ohr, welche ihren Sohn, als er plötzlich nicht mehr ministrieren wollte, immer wieder dazu drängte hinzugehen: „Wenn ich doch nur gewusst hätte, warum er nicht mehr hingehen will!“ Der „Fall Drosendorf “ hätte leicht verhindert werden können, wenn man den Pfarrer nach den ersten Vorkommnissen in ein Archiv oder in den Stiftsweinkeller zum Flaschenzählen versetzt hätte. Vorkommnisse wie in Drosendorf zerstören selbst in der gläubigsten Bevölkerung mehr Vertrauen, als jede noch so gut gemeinte Entschuldigung von noch so hoher Stelle wieder gut machen kann. Solche und ähnliche Vorkommnisse geben häufig den letzten Anstoß um aus der Kirche auszutreten. „Ich unterstütze mit meinem Geld nicht auch noch die Kinderschänder!“ oder „Denen geschieht doch ohnehin nichts. Unter dem Vorwand „Opferschutz“ wird von einer Anzeige abgesehen, dann wird er an eine andere Pfarre oder Schule versetzt und nach einiger Zeit beginnt der Missbrauch von Neuem.“ Erst vor einer Woche sagte mir jemand: „Ich warte nur noch, bis meine Tochter gefirmt worden ist, dann trete ich aus.“ Als ich nachfragte, warum, kamen oben genannte Argumente.

Ludwig�WurstVorsitzender�der��

Kolpingfamilie��Währing

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Nummer 91 Juni 2010 15

Einladung zur Rom-Wallfahrt im Oktober 2011In der Ausgabe April 2010 des Blickpunkt haben wir eine Pilgerfahrt nach Rom im Oktober 2011 angekündigt. Unter dem Motto „Auf dem Weg zur Heiligkeit“ wollen wir uns in der Zeit vom 25.10. bis 29.10.2011 an die Seligsprechung unseres Gründers Adolph Kolping vor 20 Jahren erinnern.

KOLPING INTERNATIONAL hat uns inzwischen über die Detailplanung informiert:

Dienstag, 25.10.2011: Anreise und Bezug der HotelsMittwoch, 26.10.2011: 10 Uhr – ca. 12 Uhr Generalaudienz des Hl. Vaters16 Uhr – ca. 18 Uhr Eröffnungsfeier in der Audienzhalle

Donnerstag, 27.10.2011: Tag der Seligsprechung & Weltgebetstag des Kolpingwerkes 11 Uhr Gottesdienst in St. Paul vor den MauernFreitag, 28.10.2011, 17 Uhr: Vesper im PantheonSamstag 29.10.2011, 9.30 Uhr:Bannermarsch von der Basilika di Santa Croce in Gerusalemme nach San Giovanni in LateranoAbschlussgottesdienst in San Giovanni in Laterano

Wenn Sie Interesse an dieser Reise haben, so halten Sie sich bitte diesen Zeitraum frei. Es wird sicher wieder, wie damals bei der Seligsprechung 1991, ein großartiges Erlebnis. Wenn Details wie z. B. die Reisekosten feststehen, informieren wir Sie genauer.

Ab da sollten wir als Kolpingleute schon überlegen, ob nicht eine gehörige Portion Opportunismus und das eigene Geld im Spiel ist. Denn niemand wird mit dem Fliegen aufhören, nur weil die eine oder andere Person im Bodenpersonal der Fluglinie einen Feh-ler oder gar ein Verbrechen begangen hat. Ganz im Gegenteil: Man geht zu Recht davon aus, dass diese Person die Konsequenzen der Handlung zu tragen hat und bei schweren Fehlern vom Dienstposten entfernt wird. Und wir planen, ohne uns Sorgen zu machen, die nächste Flugreise.Was ich damit sagen will: Vorschnelle, unüber-legte Austritte aus der Katholischen Kirche ändern nichts. Man straft damit wegen einiger schwarzer Schafe die große Zahl jener in unserer Kirche, die Beruf und Berufung sehr ernst nehmen und Groß-artiges leisten. Man denke zum Beispiel nur an die Caritas, die Hospizbewegung oder ganz einfach an die vielen Priester und Pfarrer, welche sich bei der Seelsorge zwischen mehreren Pfarren „zersprageln“ und trotzdem viel weiterbringen.Nein, ein Austritt aus der Kirche mit der Begrün-

dung „weil es da Missbrauch gibt“ ist nicht die Lösung des Problems. Und eines dürfen wir auch nicht vergessen: Wenn wir als Christengemein-schaft kleiner werden, schaffen wir Platz, welchen alsbald andere Religionen beanspruchen werden. In Zeiten, wo in größeren Kommunen moslemische Gebetshäuser, manchmal auch Moscheen, geplant und gebaut werden, hilft aus der Kirche austreten am allerwenigsten. Viel besser ist es, wenn wir als praktizierende Christen „Flagge zeigen“ und zu unserer Religionsgemeinschaft stehen. Denn eine starke Gemeinschaft, welche noch dazu überzeugt ist, dass sie mit ihrem Glauben auf dem richtigen Weg ist, braucht ein paar Gebetshäuser mehr nicht zu fürchten.

Impressum:Blickpunkt, Zeitschrift des Kolping Diözesanverband Wien. Medieninhaber: Kolping Österreich Diözesanverband Wien. Für den Inhalt verantwortlich: Ludwig Wurst, Kolpingfamilie Wien Währing; Persönlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors bzw. der Autorin wieder und müssen sich daher nicht immer mit der Meinung des DV Wien decken. Gestaltung: Markus Hechenberger; Produktion: digiDruck GesmbH, 1100 Wien

P.b.b.Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1060

Bei Unzustellbarkeit zurück an: 1060, Gumpendorfer Straße 39

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Terminübersicht16. und 17. Oktober 2010Generalversammlung des Österreichische Kolpingwerkes im Kolpinghaus Hallein

16. und 17. Oktober 2010Flohmarkt Kolpinghaus Währing

24.11.2010 19 UhrDiözesankonferenz im KH Wien – Alsergrund

Das Redaktionsteam „Blickpunkt“ wünscht allen

Leserinnen und Lesern einen schönen Herbst