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Schreibwettbewerb Schöne deutsche Sprache für Schülerinnen und Schüler Träume werden Wirklichkeit Preisträger 2014

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SchreibwettbewerbSchöne deutsche Sprachefür Schülerinnen und Schüler

Träume werden Wirklichkeit

Preisträger 2014

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Inhalt

Uta Seewald-Heeg Der Traum von Deutsch als Literatursprache 3

Hans-Manfred NiedetzkyDie Theo-Münch-Stiftung für die Deutsche Sprache 5

Sabine Brzezek – Schöne deutsche Sprache 6

Preisträger in der Altersstufe 3. und 4. Klasse

Luise van Beyme – Nie mehr taucht Langeweile auf 10 3. Platz

Rune Schreiber – Kröppen 12 2. Platz

Ilvy Bertram – Ein Traum in einem Traum 14 1. Platz

Preisträger in der Altersstufe 5. und 6. Klasse

Nicole Zebandt – Der Traum wird wahr 16 3. Platz

Jakob Engelmann – Im Land der verlorenen Träume 19 2. Platz

Charlotte Lauter – Eine Reise für zwei 22 1. Platz

Preisträger in der Altersstufe 7. bis 9. Klasse

Amelie Schmid – Der Gefangene 24 3. Platz

Mandy Rothe – Über Engel und Träume 26 2. Platz

India-Wiborada Piwko – Nr. 4 29 1. Platz

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Preisträger in der Altersstufe 10. bis 13. Klasse

Lena Lang – Traumtanzreigen 33 3. Platz

Lea Wahode – Das Muschelmädchen 36 2. Platz

Josephine Nothnagel – Das Tagebuch des Leonardo da Vinci 38 1. Platz

Annalena Fesser – Traumfänger 41 Sonderpreis des Oberbürgermeisters

Mitglieder des Preisgerichts 42

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Der Traum von Deutsch als Literatursprache

Die Neue Fruchtbringende Gesellschaft zu Köthen/Anhalt steht in der Tradition der ersten und bedeutendsten deutschen Sprachgesellschaft, der Fruchtbringenden Gesellschaft. Ihr erstes Oberhaupt, Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen, hatte während seiner Jugend, bevor er im Jahr 1606 die Herrschaft über das Fürstentum Anhalt-Köthen antrat, Bildungsrei-sen, sogenannte Kavalierstouren, unternommen. Diese führten ihn un-ter anderem nach Italien. Dort war 1583 in Florenz die erste europäische Sprachakademie, die Accademia della Crusca, gegründet worden. Lud-wig, der des Italienischen mächtig war, wurde im Jahr 1600 Mitglied der Florentiner Sprachgesellschaft und arbeitete sogar am ersten Wörterbuch der italienischen Sprache mit.

Vom Vorbild der italienischen Akademie angeregt, gründete Ludwig als Fürst von Anhalt-Köthen 1617 mit anderen Fürsten die erste deutsche Sprachgesellschaft, die den Namen „Fruchtbringende Gesellschaft“ er-hielt. Damit ging für ihn möglicherweise ein Traum in Erfüllung. − Fürst Ludwig „brannte“ nämlich schon früh für die Volkssprache, so daß er in der Accademia della Crusca den Gesellschaftsnamen L’Acceso, „Der Entzündete“, trug. Er fand bereits in Italien bestätigt, daß sich nicht nur Latein und Griechisch als Literatursprachen eignen. − In der Fruchtbrin-genden Gesellschaft scharte Fürst Ludwig zahlreiche Gleichgesinnte um sich, darunter Sprachgelehrte und Dichter. Mit großer Leidenschaft tra-ten sie durch Übersetzungen, Lehrbücher, Grammatiken und literarische Werke den Nachweis an, daß die deutsche Sprache eine solch große Zahl an Ausdrucksmitteln bereithält, daß Briefe ebenso wie hohe Literatur in ihr verfaßt werden können.

Daß die deutsche Sprache als eine alle gesellschaftlichen Bereiche und Schichten überspannende Sprache darüber hinaus identitäts- und frie-densstiftende Kraft besitzt, mag einzelne Mitglieder der Fruchtbringen-den Gesellschaft auch zu gesellschaftlichen Entwürfen bewegt haben, wie der Gesellschaftsname „Der Träumende“ vermuten läßt, hinter dem sich das 1645 in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommene Mitglied Jo-hann Michael Moscherosch verbirgt.

In der kurzen Zeit des Bestehens der Fruchtbringenden Gesellschaft, zwi-schen 1617 und 1680, haben die Gesellschaftsmitglieder mit ihren Arbei-ten die Entwicklung der deutschen Sprache wesentlich beeinflußt. Fürst Ludwig trug gemeinsam mit den Mitgliedern, die er und nach ihm seine beiden Nachfolger in die Fruchtbringende Gesellschaft aufnahmen, we-sentlich dazu bei, daß die deutsche Sprache in den Rang einer Literatur-sprache aufstieg.

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Damit die deutsche Sprache in allen Bereichen die Ausdruckskraft be-hält, um die sich die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft des 17. Jahrhunderts bemühten, schreibt die Neue Fruchtbringende Gesell-schaft alljährlich gemeinsam mit der Theo-Münch-Stiftung für die Deut-sche Sprache den Schülerschreibwettbewerb „Schöne deutsche Sprache“ aus. Mit diesem Wettbewerb wollen wir den kreativen Sprachgebrauch von Kindern und Jugendlichen fördern und ihnen durch verschiedene Wettbewerbsthemen einen Anreiz bieten, sich mit der deutschen Sprache auseinanderzusetzen und sie selbstbewußt und mit Freude zu verwenden.

Prof. Dr. Uta Seewald-Heeg

Erste Vorsitzende der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft

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Die Theo-Münch-Stiftung für die Deutsche Sprache

Die Theo-Münch-Stiftung für die Deutsche Sprache ist eine gemeinnützi-ge Stiftung mit Sitz in Düsseldorf, die im Januar 2002 als Nachlaßstiftung des Düsseldorfer Rechtsanwalts Theo Münch ins Leben gerufen wurde. Das Stiftungsziel besteht darin, die deutsche Sprache zu pflegen, kultu-relle Projekte im Bereich der Spracharbeit zu unterstützen und auf einen verantwortungsvollen Umgang mit der deutschen Sprache hinzuwirken. Zu den in der Satzung festgelegten Aufgaben gehört auch die Verleihung von Preisen an Personen, die sich um die deutsche Sprache besonders ver-dient gemacht haben. Wurden zunächst durch die Beteiligung am Kultur-preis Deutsche Sprache herausragende Persönlichkeiten wie z. B. Loriot und der ehemalige Verfassungsrichter Prof. Dr. Paul Kirchhof geehrt, so hat sich mittlerweile der Schwerpunkt auf die Auszeichnung junger Men-schen verlagert.

Gefördert wird unter anderem der Deutschunterricht von Migrantenkin-dern in Düsseldorf. Im Ausland erhalten Schulen in Namibia und Tad-schikistan Unterstützung für Deutschkurse. Als kulturelle Einrichtung wird das Fürst-Ludwig-Haus als Köthener Haus der deutschen Sprache fi-nanziell gefördert. Seit 2005 lobt die Theo-Münch-Stiftung an der Hoch-schule Pforzheim einen Hochschulsprachpreis für fachlich herausragende und in gutem Deutsch verfaßte Abschlußarbeiten aus. Die Anglizismen-Sprachberatung (www.anglizismen-sprachberatung.de) wird bezuschußt, damit kostenlose Hilfestellung bei der Suche nach Alternativen zu Angli-zismen geleistet werden kann.

Seit 2007 wird der von der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft jährlich ausgeschriebene Schreibwettbewerb für Schüler finanziell unterstützt. Gemeinsam mit der Gemeinde Oberderdingen lobt die Theo-Münch-Stif-tung seit 2008 alljährlich einen Schreibwettbewerb für die Oberderdin-ger Schulen aus.

Prof. Dr. Hans-Manfred Niedetzky

Vorsitzender des Vorstands der Theo-Münch-Stiftung für die Deutsche Sprache

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Schöne deutsche Sprache

Was immer du tun kannst oder erträumst zu können, beginne es. Kühnheit besitzt Genie, Macht und magische Kraft. Beginne es jetzt.

(Goethe zugeschrieben)

Wenn Träume Wirklichkeit werden sollen, bedarf es kühner Entschlüsse und ehrgeiziger Visionen. Auch Selbstbewusstsein und der Wunsch, über sich hinauszuwachsen, seine Grenzen zu überschreiten, sind unabdingbare Voraussetzungen für die Verwirklichung von Lebensträumen. Aber damit ist die Bandbreite möglicher Bearbeitungen des diesjährigen Themas des Schreibwettbewerbs der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft „Träume werden Wirklichkeit“ längst nicht abgedeckt.

Während für viele der jüngeren Autoren kleinere und größere persönliche Träume und Wünsche im Mittelpunkt standen oder märchenhaft-phantasti-sche Umsetzungen dominierten, thematisierten die älteren bereits eigene Zu-kunftspläne, philosophierten über den Wunschtraum sozialer Gerechtigkeit oder liehen berühmten Erfindern oder bedeutsamen Personen der Geschich-te ihre Stimme. Einige der 414 eingesandten Beiträge schlugen jedoch auch andere Töne an. Träume, ganz gleich, ob sie Wirklichkeit werden oder nicht, können auch alptraumhaft, erschreckend, ernüchternd oder bedrückend sein.

In diesem Jahr überwiegen eindeutig erzählende Texte. Ihnen ist anzumer-ken, dass die Verfasser neben dem Spaß am Formulieren auch eine „Bot-schaft“ haben. Und für diese suchen sie nach der besonderen Geschichte, phantasievoll und originell, um den Leser zu fesseln und für sich zu gewinnen.

Die Prämierung erfolgt in vier Altersstufen: 3. und 4. Klassen, 5. und 6. Klassen, 7. bis 9. Klassen und 10. bis 13. Klassen. Die Angabe der Klassen-stufe und Schule der jungen Autoren bezieht sich dabei jeweils auf den Zeit-punkt der Einsendung der Arbeiten. Zusätzlich wird auch in diesem Jahr der Sonderpreis des Oberbürgermeisters der Stadt Köthen verliehen.

Den 3. Platz der 3. und 4. Klassen erreicht Luise van Beyme, Klasse 3, Grundschule „Thyratal“ Rottleberode (Sachsen-Anhalt).Luise hat eine Geschichte mit dem Titel „Nie mehr taucht Langeweile auf“ verfasst, die für Erwachsene und Kinder gleichermaßen interessant ist. Ältere kennen oft noch die von ihr beschriebenen Kinderspiele, wie das „Reifen treiben“ oder das „Kreiseln“, die ohne großen Aufwand gespielt wurden, und für die weder Computer noch Spielekonsolen nötig waren. Die Heldin der Geschichte ist begeistert von den ihr bislang unbekannten Spielen und ihren neuen Freunden, lebendig gewordenen Steinfiguren eines alten Schlosses. Luises Plädoyer dafür, alte Kinderspiele und das gemeinsame Spielen im Freien für sich selbst wiederzuentdecken, wirkt ehrlich und zeigt sprachlich eine für diese Altersstufe beeindruckende Qualität.

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Den 2. Preis dieser Altersgruppe erhält Rune Schreiber, 4. Klasse, Grund-schule Siebeneichen (Schleswig-Holstein), für seinen Text „Kröppen“.Rune gibt eine amüsante Erklärung für das Phänomen des Sprachwan-dels. Wie entstehen neue Wörter und wie werden sie zum Allgemeingut? Bespielhaft demonstriert er dies an dem Wort „Kröppen“, über dessen mögliche Bedeutungsvarianten Jonah, der Protagonist seines Textes, bereits als Junge nachgrübelt. Jahre später ehrt ihn der Vorsitzende des Vereins „Neue Worterfinder“ für dieses Wort, das Aufnahme in alle Wör-terbücher gefunden habe. Die gelungene Darstellung eines Lebenstrau-mes, die eigene Sprache durch kreative Neuschöpfungen zu bereichern, ist vom Wertungsgericht als preiswürdig empfunden worden.

Den 1. Platz vergibt das Preisgericht an Ilvy Bertram, Klasse 3, St.-Veit-Grundschule Mayen (Rheinland-Pfalz), für die Geschichte „Ein Traum in einem Traum“.Die phantasievolle Geschichte stellt einen kleinen Neonfisch in den Mittel-punkt. Ihm werden Fähigkeiten, wie Fühlen, Denken und Träumen, zuge-ordnet, die ebenso menschlich wirken wie die Rivalitäten und Streitereien der übrigen Fische. So scheint die Fischgemeinschaft gleichsam als Symbol menschlichen Zusammenlebens zu fungieren. In ihrem Text verknüpft Ilvy geschickt Traum und Wirklichkeit. Und das überraschende Ende führt nicht nur den kleinen Neonfisch, sondern auch den Leser zu einer Erkenntnis.

Mit dem 3. Preis der 5. und 6. Klassen wird Nicole Zebandt, Klasse 6, Gymnasium Odenthal (Nordrhein-Westfalen), ausgezeichnet.„Ohne Fleiß kein Preis“, „Frisch gewagt ist halb gewonnen“, „Jeder ist seines Glückes Schmied“ – all diese Sprichwörter und Redewendungen illustrie-ren die Intention der nachfolgenden Geschichte, in der es einem zierlichen kleinen Mädchen mit Ehrgeiz und starkem Willen gelingt, seinen Traum, in einer Basketball-Mannschaft zu spielen und zu siegen, wahr werden zu las-sen. Ihre Überzeugung, dass auch scheinbar Unmögliches erreicht werden kann, wenn man selbstbewusst und zielstrebig an der Erfüllung arbeitet, verpackt die junge Autorin in eine sehr authentisch wirkende Geschichte, die nichts Moralisierendes hat, sondern von großer Erzählfreude spricht.

Der 2. Platz dieser Altersgruppe wird an Jakob Engelmann, 5. Klasse, Paul-Gerhardt-Gymnasium Gräfenhainichen (Sachsen-Anhalt), für sei-nen Text „Im Land der verlorenen Träume“ vergeben.Wer unter diesem Titel eine phantastische oder märchenhafte Geschichte vermutet, wird enttäuscht, auch wenn es sich um eine phantastische und märchenhafte Geschichte handelt. Auch in ihr steckt eine Botschaft, sich Zeit füreinander und die kleinen Dinge des Lebens zu nehmen, im Gras zu liegen, Vögel zu beobachten, gemeinsam zu Abend zu essen oder einfach miteinan-der zu reden. Der Beitrag von Jakob ist voller Feingefühl und Poesie, mit klarer Struktur und wiederkehrenden Motiven, ein gelungener Text, der den Leser zwingt, sich und seinen hektischen Lebensrhythmus zu hinterfragen.

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Den 1. Platz erobert sich Charlotte Lauter, Klasse 6, Ludwigsgymnasi-um Köthen (Sachsen-Anhalt), mit ihrem Text „Eine Reise für zwei“.Hier handelt es sich um eine wunderbare kleine Geschichte, die ganz un-aufgeregt und scheinbar lakonisch erzählt wird. In ihr spiegelt sich die Fähigkeit der jungen Autorin, Gefühle und Stimmungen mit geradezu spielerischer Leichtigkeit zu erfassen und wiederzugeben. Die innige Be-ziehung von Großmutter und Enkelin findet in vielen kleinen Details eine wirkungsvolle Entsprechung und schafft es, den Leser tief zu berühren.

Der 3. Platz der 7. bis 9. Klassen geht an Amelie Schmidt, Klasse 9, Von-Müller-Gymnasium Regensburg (Bayern).Amelies Arbeit „Der Gefangene“ ist gänzlich anderer Natur, es ist ein Text, aus dem Resignation und Wehmut spricht. Der Leser wird zum Be-obachter eines fremden Lebens, das von Verlusten geprägt ist. Das Gefühl für Zeit und für die Musik hat der Gefangene ebenso verloren wie seine Erinnerungen, doch am schmerzlichsten ist für ihn die Erkenntnis, auch das Träumen verloren zu haben. Der Beitrag überzeugt vor allem durch seine Komposition und die bewusst gesetzten Leerstellen mit vielfältigen Deutungsmöglichkeiten.

Mit dem 2. Platz dieser Altersstufe wird Mandy Rothe, Klasse 7, Dr.-Frank-Gymnasium Staßfurt (Sachsen-Anhalt), ausgezeichnet.Mandys Text „Über Engel und Träume“ zeigt mit einer bezaubernden Ge-schichte eine weitere Facette von Träumen. Tagträume, Gedankenspiele und Erinnerungen können Halt und Kraft in schweren Situationen des Lebens geben. Der talentierten und doch oft einsamen und traurigen Heldin eröffnet ihr persönlicher Engel diese neue Sicht, die ihr weiteres Leben bestimmen wird. Diese berührende Arbeit ist gleichzeitig eine Ge-schichte der Hoffnung und der Zuversicht.

Der Siegertext der 7. bis 9. Klassen stammt von India-Wiborada Piwko, Klasse 7, Ober-landgymnasium Seifhennersdorf (Sachsen).Eine surreale und teilweise auch beängstigend bedrückende Bilderwelt eröffnet der Text „Nr. 4“, der alle wohldosiert gestreuten Informationen über seinen Protagonisten brillant in der Schwebe hält, so dass dessen nebulöse Andeutungen – sozusagen – im „Traumnebelrot“ verschwim-men. Einer eindeutigen Interpretation entzieht sich dieser Text bewusst, doch gerade das macht seinen Reiz aus. India-Wiborada besitzt außerge-wöhnliches Talent, das sich zum einen in ihrem sicheren Gespür für das Besondere zeigt, zum anderen aber auch in einer meisterhaften stilisti-schen Umsetzung und durchdachten Komposition.

Auf den 3. Platz der 10. bis 13. Klassen wählte das Preisgericht den Beitrag von Lena Lang, Klasse 12, Richard-von-Weizsäcker-Schule Öhringen (Baden-Württemberg).

In ihrem essayistisch anmutenden Text „Traumtanzreigen“ spazieren die Gedanken einen bunten Reigen unterschiedlichster Träume, sie wandern

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von den Tagträumen über unerfüllte oder unerfüllbare Lebensträume, er-innern an Kindheitsträume und führen zurück zu den Lebensträumen, an deren Verwirklichung man glauben müsse und auch könne, so das Fazit ihrer Betrachtungen. Ihre Gedanken finden eine adäquate Entsprechung in einer sprachlich gelungenen Darstellung.

Der 2. Platz geht an Lea Wahode, Klasse 10, Von-Müller-Gymnasium Re-gensburg (Bayern), für ihren Text „Das Muschelmädchen“.Ob man mit Telefonzellen tauchen könne, fragt das Muschelmädchen in Leas gleichnamigem Text, doch ist diese Frage nur ungewöhnlicher Auf-hänger für eine noch ungewöhnlichere Geschichte, die den Leser, auch ohne spektakuläre Handlung, von Anfang an in den Bann zieht.Die stille Poesie, die den Text durchwebt, und seine stilistische Virtuo-sität sind beeindruckend. Lea findet wundervolle sprachliche Bilder und Wortschöpfungen und setzt mit vielfältig nuancierten Farbbezeichnungen Akzente in einem Text, der auch durch seine gedankliche Tiefe überzeugt.

Den 1. Platz erkennt das Preisgericht Josephine Nothnagel, Klasse 10, Gymnasium Grimma (Sachsen), zu.Den Traum vom Fliegen, der wohl zu den ältesten Träumen der Mensch-heit zählt, verarbeitet Josephine in einem interessanten und authentisch wirkenden Text über Leonardo da Vinci, den überragenden Künstler und Wissenschaftler der Renaissance. Seine Überlegungen, die unter ande-rem im Bau verschiedenster Flugobjekte und technischer Vorrichtungen mündeten, halfen auch nachfolgenden Generationen, diesem Mensch-heitstraum näherzukommen. In ihre Geschichte über einen Flugversuch mit da Vincis Ornithopter lässt Josephine auch Zitate Leonardo da Vincis einfließen und verfasst einen inhaltlich stimmigen und sprachlich über-zeugenden Text.

Den Sonderpreis des Oberbürgermeisters der Stadt Köthen erhält in diesem Jahr Annalena Fesser, Freie Schule Anhalt (Sachsen-Anhalt).Annalenas kleines in Paarreimen verfasstes Gedicht ist ebenso filigran und fein gearbeitet wie die Traumfänger, denen es gewidmet ist, und die vor bösen Träumen beschützen sollen. Dieser Text ist Teil einer Antholo-gie von Gedichten und Geschichten, die zur Thematik im Rahmen eines jahrgangsübergreifenden Projektes an der Freien Schule Anhalt entstan-den sind.

Sabine Brzezek

Vorsitzende des Preisgerichts

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Nie mehr taucht Langeweile auf

von Luise van Beyme

Sarah ist zwölf Jahre alt und besucht gerne Bilderausstellungen. An ei-nem Samstag geht sie mit ihrer Mutter in das Schloss, das in ihrem Ort ist. Es ist jetzt ein Museum. Als Sarah mit ihrer Mutter ins Schloss geht, sieht alles ganz spannend aus. Doch nach einiger Zeit ändert sich das für Sarah, denn ihr wird langweilig. Lustlos schleicht sie von Bild zu Bild. Auf einmal kommt sie an einem Bild vorbei, auf dem zwei Kinder zu se-hen sind. „Denen möchte ich wohl mal begegnen“, denkt Sarah. Lange überlegt sie: „Was haben die Kinder wohl gespielt?“ Nach einer Weile geht Sarah in den Park. Auf einer Bank sitzen zwei Kinderfiguren aus Stein. Plötzlich fängt es an zu regnen. Alle Besucher gehen rein, nur Sarah bleibt noch draußen. Ganz unerwartet bewegen sich die Steinkinder. Sarah ist sehr erschrocken. Doch dann traut sie sich zu fragen: „Wer seid ihr?“ „Wir sind Königskinder.“ Sarah antwortet erstaunt: „Oh! – Wie heißt ihr?“ Der Junge spricht: „Das ist meine Schwester Elisabeth und ich bin Friedrich. Und wer bist du?“ Sarah erzählt: „Ich heiße Sarah und komme von hier. Ich habe das Schloss besucht. Dort habe ich ein Bild von euch gesehen und wollte wissen, was ihr gespielt habt.“ Daraufhin antworten die Kin-der: „Komm mit!“

Alle drei gehen durch eine Pforte in der Mauer, die Sarah vorher gar nicht gesehen hat. Sie kommen in einen großen Garten. Dort stehen eine Schau-kel, eine Rutsche, ein Sandkasten und eine Wippe. Unter einer Trauerwei-de steht ein hölzernes Teehäuschen. Die Tür ist offen und man sieht dort Spielzeug, einen Tisch und Hocker.

Die Kinder fragen Sarah, ob sie das Spiel „Reifen treiben“ kennt. Sarah antwortet: „Nein, ich kenne es nicht. Könnt ihr es mir zeigen?“ Friedrich und Elisabeth zeigen Sarah, wie man den Reifen treibt. Dafür braucht man ein Stöckchen, mit dem der hölzerne Reifen vor sich her getrieben wird. Sarah probiert es aus. Es klappt nicht sofort, aber als sie es ein paar Mal probiert hat, rollt der Reifen doch. Elisabeth sitzt auf der Schaukel. Diese hängt an langen Seilen in einem alten hohen Baum. Dadurch kann Elisabeth ganz hoch schaukeln. Das sieht richtig spannend aus. Inzwi-schen holt Friedrich einen Kreisel mit Peitsche aus dem Teehäuschen. „Was ist das denn?“, fragt Sarah. „Das ist ein Kreisel, den man mit der Peitsche antreiben muss. Ich wickle den Peitschenfaden um den Kreisel. Dann stelle ich den Kreisel auf den Boden und ziehe die Peitsche weg. Dabei lasse ich den Kreisel los. Mit der Peitsche treibe ich den Kreisel weiter an. Es geht am besten hier auf den Platten.“ „Ich möchte es auch mal probieren. Darf ich?“ „Aber klar, Sarah. Hier, nimm!“, sagt Friedrich.

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Elisabeth steigt von der Schaukel ab und kommt zu Sarah. Sie fragt, ob sie helfen kann, den Peitschenfaden um den Kreisel zu wickeln. Sarah nimmt die Hilfe an. Sie lässt den Kreisel los und er kreiselt richtig, richtig toll.

Sarah fühlt sich wie verzaubert, während sie mit den Kindern spielt. Plötzlich fällt ihr ein, dass sie zurück zu ihrer Mutter muss. Sie sagt zu Friedrich und Elisabeth: „Ich muss ganz schnell wieder zu meiner Mutter. Wie komme ich wieder zurück zur Steinbank?“ „Komm mit, wir führen dich dorthin.“ Als sie durch die Pforte gehen, verschwinden Friedrich und Elisabeth plötzlich, auch die Pforte ist nicht mehr zu sehen. Sarah schaut sich um und sieht, dass die Kinder wieder auf der Steinbank sitzen. Da hört sie ihre Mutter schon rufen: „Sarah, komm, wir müssen nach Hau-se!“ Als Sarah am nächsten Tag, dem Sonntag, wieder in den Park kommt, sitzen die Kinder wie immer auf der Steinbank. Sarah geht zu ihnen hin und fasst die beiden an. Auf einmal sind sie wieder lebendig. Friedrich sagt: „Wollen wir wieder in den Garten gehen?“ „Ja, gerne!“, antwortet Sarah. Als sie dort hineinkommen, steht eine junge Frau am Teehäus-chen. Sie sagt den Kindern, dass sie hereinkommen sollen. Der Tisch ist für ein kleines Fest gedeckt, weil Friedrich zwölf Jahre alt wird. Es gibt Honigkuchen und heiße Schokolade. Die junge Frau stellt sich als Fried-richs und Elisabeths Kindermädchen vor. Sarah darf sie Fräulein Änne nennen. Nachdem sie fertig gegessen haben, spielen sie gemeinsam im Sandkasten. Sie bauen ein großes Schloss mit vielen Türmen. Das Kin-dermädchen hilft ihnen dabei. Als es schließlich anfängt zu dämmern, muss Sarah nach Hause. Sie verspricht Elisabeth und Friedrich, immer, wenn sie Zeit hat, in den Park zu kommen.

Auf dem Nachhauseweg ist Sarah so glücklich, dass ihr Traum im Schloss vor dem Bild wahr geworden ist.

Luise van Beyme, Klasse 3, Grundschule Thyratal, Südharz

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Kröppen

von Rune Schreiber

Es war Abend. Jonah kam gerade vom Fußballtraining nach Hause. Müde ging er in sein Zimmer und warf sich auf sein Bett. Er griff in eine Schüs-sel mit Chips. Während er so dalag, nickte er ein. Jonah träumte einen merkwürdigen Traum: Ein Wort, das er nicht kannte, schwirrte ihm im Kopf herum. K R Ö P P E N !!!! Immer wieder K R Ö P P E N !!!! Schon im Traum dachte er: „Was ist das wohl für ein Wort? Ich muss es herausfin-den!“ Da, schon wieder ein K R Ö P P E N !!!!Als er am nächsten Morgen wieder aufwachte, war er noch ganz gefangen von diesem Traum. Kröppen, dachte er immer noch. Kröppen!„Vergiss es, nur Blödsinn“, dachte Jonah. Er ging in die Küche und schüt-tete sich Cornflakes mit Milch in eine Schüssel. Genüsslich begann er zu löffeln. Ein Gedankenblitz schoss ihm durch den Kopf: Ob Kröppen wohl etwas Essbares, z. B. eine neue Cornflakes-Sorte ist. Aber seine Mutter riss ihn wieder aus seinen Gedanken: „Tschüss, Jonah, ich fahre zur Ar-beit!“ „KRÖPPEN – ach Quatsch, ich meine natürlich: Tschüss, Mama!“ Oh Mann, dieses komische Wort ließ Jonah einfach keine Ruhe.Einige Zeit später saßen Jonah und sein Freund Tom in der Schule ne-beneinander und warteten auf Frau Röhrig, ihre Klassenlehrerin. Jonah erzählte Tom von seinem Traum. „Ich sag ja immer, du wirst ein berühm-ter Worterfinder“, meinte Tom. Jonah schaute ihn an: „Ich weiß ja nicht mal, was dieses Wort bedeuten soll.“ Tom zuckte mit den Achseln. „Du willst doch mal ein berühmter Worterfinder werden, denk dir doch ein-fach eine Bedeutung dafür aus.“ Frau Röhrig kam in die Klasse und die Kinder legten ihre Physikbücher auf den Tisch. Natürlich konnte sich Jo-nah an diesem Tag überhaupt nicht auf den Unterricht konzentrieren. Er dachte die ganze Zeit über KRÖPPEN nach. Ist KRÖPPEN vielleicht ein neues Wort für den Physikunterricht? „Jonah!“, Frau Röhrig riss ihn aus seinen Gedanken. Sie klopfte mit dem Finger auf die Tafel. Stirnrunzelnd las sich Jonah die Aufgabe durch und beantwortete sie mit: „KRÖPPEN?“ Frau Röhrig schaute ihn überrascht an und schrieb kopfschüttelnd etwas in ihr Notizbuch.In der Pause schlich Jonah auf den Fußballplatz. Aber auch auf den Sport konnte er sich nicht konzentrieren. Er musste einfach herausfinden, was es mit seinem Traum auf sich hatte. „Mensch Jonah!“ Neben ihm taumel-te ein Ball ins Aus. Jonah gab für diesen Schultag lieber auf.Am Abend saß er vor dem Fernseher. Da die Sendung sehr langweilig war, hatte er wieder Zeit, über KRÖPPEN nachzudenken. Vielleicht könnte es auch ein Wort für eine neue Fernsehsendung sein.

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Plötzlich hatte er eine Idee „Ich hab’s!“, rief er und mit dieser Idee ging er am Abend ins Bett und schlief beruhigt ein.

Viele Jahre später:„Herzlichen Glückwunsch, Sie haben den 1. Preis gewonnen, Herr Ulrich! Ihr Lieblingswort KRÖPPEN findet man ab heute in allen deutschen Wör-terbüchern. Möchten Sie uns erklären, was man unter Ihrem neuen Wort versteht?“ Der 1. Vorsitzende vom Verein „Neue Worterfinder“ überreich-te Jonah einen Blumenstrauß und ein Geschenk.„Es ist ein anderes Wort für k o m i s c h , oder m e r k w ü r d i g . Man kann also etwas KRÖPPEN finden!“Das Publikum applaudierte und Jonah schaute stolz hinunter in die Men-ge. Dort entdeckte er Tom. Nach der Preisverleihung ging Jonah zu ihm hin und sagte: „Danke, dass du mich immer als Worterfinder unterstützt hast. Dafür möchte ich dich heute fragen, ob du mein Assistent werden möchtest.“ Tom lächelte und nickte.Die beiden erfanden in ihrem Leben noch sehr viele Wörter.

Rune Schreiber, Klasse 4, Grundschule Siebeneichen, Roseburg

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Ein Traum in einem Traum

von Ilvy Bertram

Neonfische schwimmen im blauen Wasser. Schöne Quallen zeigen ihre giftigen Tentakel. Plötzlich kommt ein riesiger Schatten auf sie zu! Ist das ein Hai oder ein Wal? Die Fische schießen nach oben. Geplätscher ist zu hören.

Der kleine blaue Neon wacht vor Schreck auf und ist wieder im Aquarium. Er lauscht. Es ist noch immer Geplätscher zu hören. „Eigentlich klar“, bemerkt der kleine blaue Neon, „schließlich werden gerade die Fische ge-füttert. Also war der große Schatten aus meinem Traum die Hand des Mädchens, das uns immer füttert. Die hungrigen Fische, die an die Was-seroberfläche schießen, haben das Geplätscher verursacht.“ „Hey, mach Platz da, das ist mein Fressen!“, ruft Georg, der Wels, empört. Seine Frau Ligi nuschelt: „Tut mir leid.“ „Ach Ligi, wirklich“, meint der Keilf leck-bärbling Robert, „man klaut anderen doch nicht das Futter!“ Ein Neon mischt sich ein: „Ausgerechnet du musst das sagen! Wer klaut denn im-mer das Futter?“ „Was für ein Chaos“, seufzt der kleine blaue Neon, „wie gerne wäre ich bei dem Futtermädchen. Denn sie kann ja atmen, also ist da, wo sie ist, auch Wasser. Ich frage mich, wie sie uns Futter geben kann. Und wo sind ihre Kiemen?“ Dann schläft er ein.

Am nächsten Tag passt er genau auf und sieht, wie das Mädchen vor dem Füttern die Klappe über ihnen öffnet. Er guckt aufgeregt nach oben und bemerkt gar nicht, dass die Klappe wieder geschlossen wird. „Oh nein!“, schimpft der kleine blaue Neon, „jetzt muss ich bis morgen warten und dann probieren herauszuspringen!“ Als der kleine Fisch wieder ein-schläft, träumt er, dass er alles nur träumt. Das verwirrt ihn und er wacht schnell wieder auf. Es ist mitten in der Nacht und alle anderen schlafen noch. Gelangweilt wartet er auf den Tag. Stunden vergehen. Endlich ist es so weit. Ligi und Georg wachen auf. Erstaunt meint Georg: „Was ist denn hier los? Komm, wir wecken die anderen Schlafmützen mal auf.“ Der kleine blaue Neon versteckt sich und hält sich die Ohren zu. „Wacht endlich auf“, rufen die Welse beim dritten Versuch wütend. Sofort sind alle wach. „Was ist denn“, empört sich Robert, „das Licht des Aquariums geht erst in fünf Minuten an.“ „Deine Uhr geht nicht richtig“, meint ein anderer Fisch, „das Licht leuchtet doch schon!“ „Muss dieses Chaos denn unbedingt sein?“, denkt sich der kleine blaue Neon, „Mir gehen die Fische hier auf die Nerven. Ich will in die Freiheit!“

Stunden vergehen, in denen er nur auf das Mädchen wartet. Endlich ist Fütterungszeit. Als die Klappe aufgeht, schwimmt er mit Anlauf nach oben und springt dem Mädchen mitten ins Gesicht! Das wischt sich er-

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schrocken mit der Hand über die Nase und der kleine Neon fällt zu Bo-den. Plumps! Ihm wird schwarz vor Augen, seine Gräten tun ihm weh und er kann nicht mehr atmen. Erschreckt schaut er sich in der neuen Um-gebung um und bemerkt, dass er im Ozean schwimmt. Gerade ist er an eine Koralle gestoßen. „Wie konnte das alles nur passieren?“, grübelt er. „Ach“, fällt ihm ein, „ich lebe im Ozean. Ich habe nur geträumt, in einem Glaskasten gefangen zu sein. Was für ein schrecklicher Traum!“

Ilvy Bertram, Klasse 3, Grundschule St. Veit, Mayen

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Der Traum wird wahr

von Nicole Zebandt

Freudestrahlend kam Franziska nach Hause und rief: „Hallo Mami, ich bin wieder da!“ „Toll mein Schatz, wie war es?“, erkundigte sich ihre Mut-ter neugierig.

Die 12-jährige Franziska, von allen nur Franzi genannt, war für ihr Alter ein recht zierliches kleines Mädchen, jedoch mit einem großen Selbstbe-wusstsein und sehr sportlich. An diesem Tag hatte Franzi in ihrem örtlichen Sportverein an einem Schnuppertag für verschiedene Sportarten teilge-nommen. Es war sehr anstrengend, aber auch so interessant, dass sie fast übersprudelte, als sie erzählte: „Ich fand es großartig. Am besten hat mir Basketball gefallen und am liebsten würde ich diese Sportart weiter ma-chen. Es hat riesig viel Spaß gemacht … meinst du, das wäre was für mich?“ Die Mutter zeigte sich zunächst ein wenig zaghaft, dann aber lächelte sie und sagte: „Franzi, du bist so ein tolles Mädchen und weißt sicher auch, dass die meisten deiner Mannschaftskameradinnen oder Gegnerinnen mindestens zwei Köpfe größer sind als du und somit von Natur aus bessere Chancen haben, einen Korb zu werfen. Aber du … du bist zwar klein, aber clever. Ich glaube, dass du eine gute Basketballspielerin werden kannst. Wenn du also Spaß an dieser Sportart hast, dann probier’ es einfach!“

Glücklich und jubelnd drückte Franzi ihre Mutter und lief schnell in ihr Zimmer, um sich im Internet über die Trainingszeiten für das Basket-ballteam zu erkundigen. Schnell wurde sie fündig. Sie notierte sich die Trainingszeiten und zeigte den Zettel ihrer Mutter. „Oh, du bist aber f lott, nun gut, dann schauen wir mal, ob es zeitlich passt!“, meinte sie, inner-lich aber sehr stolz auf ihre ehrgeizige Tochter. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass es keine terminlichen Probleme geben würde. Und so versprach Franzis Mutter, ihre Tochter am nächsten Tag zum Trainings-ort zu bringen.

Aufgeregt betrat Franzi am kommenden Tag die Sporthalle, wo das Trai-ning stattfinden sollte. Es waren noch keine weiteren Kinder da, aber der Trainer kam ihr sehr freundlich entgegen. Franzi musste ganz schön zu ihm hinaufblicken, denn Günther, so stellte sich der Trainer vor, war fast zwei Meter groß. „Ich bin Franzi und 12 Jahre alt. Ich möchte so gerne Basketball spielen. Wäre es möglich, hier im Team mitzumachen?“, fragte Franzi selbstbewusst. Günther schaute auf sie hinunter und lächelte, als er sagte: „Hallo Franzi, aber natürlich darfst du hier mitspielen. Wenn es dir Spaß macht und du weiter mittrainieren möchtest, muss ich dir aller-dings sagen, dass wir zurzeit mitten in der Meisterschaft stecken. Und für die wichtigen Spiele kann ich nur erfahrene und vor allem große Spiele-

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rinnen aufstellen, damit wir die Meisterschaft gewinnen. Unser Team hat so viel trainiert, da wäre es unfair, ihren Sieg aufs Spiel zu setzen, nur weil ich dich spielen lassen würde …!“ Das sah Franzi ein und war mit der Regelung einverstanden. Hauptsache, sie durfte mittrainieren.

In der Zwischenzeit hatte sich die Sporthalle auch gefüllt. Neugierig ver-sammelten sich die Basketballerinnen um Franzi und hießen sie herzlich willkommen. Es war ein sehr nettes Team und Franzi wurde direkt offen aufgenommen. Günther stellte Franzi als neues Teammitglied vor. Dann begann das Training. Wie gut, dass Franzi so sportlich war, denn das Trai-ning war sehr anspruchsvoll. Aber Franzi hatte richtig viel Spaß und sie gab wirklich ihr Bestes. Von allen Seiten wurden ihr Tipps zugerufen oder Hilfe angeboten. Am Ende der Trainingseinheit war sie geschafft, aber glücklich. Ja, sie wollte wirklich Basketball spielen und irgendwann so rich-tig Teil dieser Mannschaft werden und auch eine Meisterschaft gewinnen.

In den nächsten Wochen ging sie regelmäßig zum Training und an den Wochenenden begleitete sie ihre Mannschaft zu den Wettkampfspielen, und da sie selbst ja nicht mitspielen durfte, unterstützte sie sie zumindest lauthals. Die Mannschaft gewann und gewann und es fehlte nur noch ein Sieg bis zur Meisterschaft. Am nächsten Wochenende sollte dieses wich-tige Spiel stattfinden. Die Aufregung im Team stieg mit jedem Tag. Es wurde noch kräftiger trainiert als bisher. Niemand wollte sich vorwerfen, aufgrund zu geringen Trainings für eine mögliche Niederlage verantwort-lich zu sein. Doch dann passierte es: Luisa verletzte sich am Fuß und musste ins Krankenhaus gebracht werden, wo sie die nächsten Tage nur im Liegen verbringen musste. Ratlosigkeit stellte sich im Team ein. Und jetzt? Was sollte man tun? Luisa war eine wichtige Spielerin, die viele Körbe geworfen hatte.

Da stellte sich Günther vor seine Mädels und entschied: „Lasst die Köp-fe nicht hängen! Luisa ist bald wieder auf den Beinen. Für unser letztes entscheidendes Spiel müssen wir nun einfach nach vorne schauen. Und damit wir überhaupt antreten können, brauchen wir ja Ersatz für Luisa. Dafür werden wir Franzi einsetzen. Sie hat in den letzten Wochen so hart trainiert und wir sollten ihr die Chance geben!“ Alle klatschten begeistert und Franzi wurde ganz rot vor Freude und Verlegenheit, dass alle so ein Vertrauen zu ihr hatten. Insgeheim schwor sie sich, so gut zu spielen wie sie nur konnte!

Der große Tag kam und Franzi war überaus aufgeregt. War sie schon so weit? Konnte sie sich gegen die großen Gegnerinnen behaupten? Anpfiff, das Spiel begann. Franzi kämpfte um jeden Ball und spielte ihn gekonnt an ihre Mitspieler ab, die dann sicher ihre Körbe warfen. Aber auch die Gegner waren stark und hielten gut dagegen. Die Körbe fielen auf beiden Seiten gleich. Nur noch ein paar Minuten Spielzeit, dann nur noch eine …!

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Eine Gegenspielerin verlor unglücklich den Ball aus der Hand und Franzi nutzte ihre Schnelligkeit und Wendigkeit, um sich den Ball zu holen. Aus den Augenwinkeln sah sie ihre Angreifer näher kommen, aber da machte sie sich ihre kleine Körpergröße zunutze und schlängelte sich um die Bei-ne der anderen herum, schlug Haken und spielte die großen Gegnerinnen aus. Jetzt war sie in Korbnähe, aber es war niemand aus ihrer Mannschaft anspielbereit, der ihn auch verwandeln könnte. „Jetzt oder nie“, dachte sich Franzi und warf kurzentschlossen den Ball.

Jubel brach aus! Das war ein Volltreffer! Gleichzeitig ertönte der Abpfiff. Die Mannschaft hatte gewonnen und somit die komplette Meisterschaft. Und Franzi hatte den entscheidenden Korb geworfen. Was für ein Sieg! Die Halle tobte und Franzi durfte nach der Siegesfeier den Meisterschafts-pokal mit nach Hause nehmen.

Als sie endlich nach diesem aufregenden Tag im Bett lag und kurz vorm Einschlafen war, murmelte sie noch: „Ich hätte nie gedacht, dass Träume mal Wirklichkeit werden können … nun weiß ich es besser!“

Nicole Zebandt, Klasse 6, Gymnasium Odenthal

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Im Land der verlorenen Träume

von Jakob Engelmann

Es war Sonntag. Die Sonne stand hoch am Himmel, die Vögel zwitscher-ten in den Bäumen. Der Wind ließ die Blätter rascheln. Die letzten Regen-tropfen glänzten in der Sonne. Ein kleiner unscheinbarer Marienkäfer war auf dem Weg zu einem der letzten Regentropfen, um sich zu erfrischen. „HALT!“, rief es plötzlich. Simon ließ vor Schreck sein Handy fallen. „So ein Mist“, f luchte er, „ich hätte fast einen neuen Rekord aufgestellt.“ Doch wo kam die Stimme her? Ein kleiner rothaariger Junge mit Sommerspros-sen im Gesicht saß auf der Wiese. „Kannst du nicht aufpassen, du hättest fast meinen kleinen Freund hier zertreten!“, sagte er wütend. „Ich sehe aber niemanden“, antwortete Simon. „Hier, sieh doch nur, dieser wunder-schöne Marienkäfer! Ja, ja, ich weiß schon, du findest ihn langweilig. Es stimmt schon, was in meinem Buch steht: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Simon sah seinen Bru-der verwirrt an und fragte: „Kannst du mir erklären, wovon du eigentlich redest? Ich verstehe kein Wort.“

Aus dem Haus hörte man ihre Mutter: „Kommt ihr bitte herein, wir haben die Pizzas schon bestellt.“ Als Max die Küche betrat, sah er seine Mutter am Computer und seinen Vater am Tablet sitzen. Beide lasen wahrschein-lich wieder eine ihrer unzähligen E-Mails, die sie jeden Tag bekamen. Er wusste, dass er sie jetzt nicht ansprechen konnte. Es klingelte an der Haustür. Da alle mit ihren elektronischen Geräten beschäftigt waren, ging Max zur Tür und nahm die Pizzas in Empfang. Sein Vater rief ihm noch hinterher, dass er die Pizzas schon elektronisch bezahlt hatte, aber der Pizzabote war schon längst wieder verschwunden. Max stellte die Pizzas auf den Tisch und jeder nahm sich seinen Karton. Nur Max blieb allein am Tisch sitzen und fühlte sich einsam. Er war sehr traurig. Er stellte sich vor, wie schön es doch wäre, wenn alle gemeinsam essen wür-den, so wie früher mit seiner Oma. Doch Max wusste, dass so etwas nur noch in seinen Träumen vorkam, die er aber niemandem erzählen konnte. Irgendwie verstand ihn keiner, weder in der Familie noch in der Schule. Alle Menschen, die ihn umgaben, hatten sich schlagartig verändert. Sie waren wie verwandelt. Keiner hatte mehr Zeit, keiner führte tiefgründige Gespräche, sie waren alle nur noch beschäftigt, sie funktionierten wie Automaten in einer Fabrik. Sie waren selbst nicht mehr in der Lage zu träumen, weder am Tag noch in der Nacht. Wann das alles genau passiert war, daran konnte sich Max nicht mehr erinnern. Ihm war aber klar, dass er etwas unternehmen musste.

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Als Max in seinem Bett lag, schlief er sofort ein. Er liebte es, sich in sein weiches Bett zu kuscheln. Doch ein Lichtschein und Geräusche weckten ihn. Max erkannte seinen Bruder, der immer noch vor seinem Handy saß und mit einem seiner vielen Spiele beschäftigt war. Er sah sehr blass und müde aus. Max fragte Simon: „Kannst du auch etwas anderes machen, außer an deinem Handy zu sitzen, z. B. mit mir morgen früh Vögel beob-achten?“ Simon schüttelte sich vor Lachen. „Vögel beobachten! Da ist ja mein langweiligstes Handyspiel besser. Du meinst wohl mit dem Handy Vögel abschießen. Schlaf jetzt, ich muss dieses Spiel noch zu Ende brin-gen.“ Am nächsten Morgen weckte das schrille Klingeln des Weckers die beiden Brüder. In der Schule war alles wie immer. Auf dem Heimweg pas-sierte es dann: Simon war so sehr mit seinem neusten Spiel beschäftigt, dass er gegen eine Laterne knallte, laut aufschrie und vor Schreck sein Handy fallen ließ. Es krachte laut scheppernd direkt in den Gully hinein. Max wusste nicht, was er tun sollte, um ihn zu beruhigen. Simons liebstes Spielzeug hatte sich auf Nimmerwiedersehen verabschiedet. Der Heimweg war schlimmer als sechs Unterrichtsstunden hintereinander. Zu Hause wussten die Eltern erst auch keinen Rat und beschlossen dann, ein neues Handy im Internet zu bestellen. Sofort setzten sich alle an den Computer, außer Max, der genervt in sein Zimmer ging. Da es unerklärliche Lie-ferverzögerungen gab, betrug die voraussichtliche Lieferzeit fünf Tage. Simon wurde sehr unruhig und nervös, doch Max schaffte es, Simon zu überreden, mit ihm in den Garten zu gehen. Normalerweise ging Simon nur äußerst selten in den Garten. Max holte sein Fernglas und seinen Fo-toapparat aus dem Schrank und ging mit seinem Bruder zu seinem Lieb-lingsbaum. „Was soll hier jetzt so schön sein?“, fragte Simon gereizt. „Sei doch einfach ganz leise, dann wirst du es hören!“ Und tatsächlich, unter dem Baum war ein lautes Summen, Surren und Gebrumme zu hören. Si-mon hatte das vorher noch nie wahrgenommen. „Was ist das?“, fragte Si-mon entgeistert. „Die Bienen und Hummeln, die sich den Nektar aus den Blüten holen“, entgegnete Max. „Das ist ja ein ohrenbetäubender Lärm“, stellte Simon lautstark fest. „Das ist kein Lärm, hör doch mal richtig zu, das ist Musik, das ist ein Konzert. Das gibt es nur an wenigen Tagen im Jahr. Das ist etwas ganz Besonderes“, versuchte Max ihn zu begeistern. „Na, wenn du meinst. Für mich ist es nur Lärm. Na gut, so schlecht ist es nun auch wieder nicht. Aber wo sind denn nun eigentlich deine Vögel, von denen du gestern Abend erzählt hast?“ Da huschte ein Lächeln über das Gesicht von Max und er sagte mit voller Begeisterung: „Hörst du nicht das Zwitschern der Blaumeise dort drüben oder die Amsel, die gerade auf der Suche nach Futter ist? Und schau mal dort, der mit den blauen Fe-dern, das ist ein Eichelhäher, den gibt es eigentlich nur in Wäldern oder in Parkanlagen.“ Simon wurde neugierig und fragte: „Woher weißt du das denn alles?“ Max erwiderte freudig: „Das steht alles in meinem Vogel-buch, das mir Oma geschenkt hat.“ Jetzt konnte sich Simon wieder daran erinnern, dass er auch so ein Buch bekommen hatte. Er fühlte plötzlich so

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etwas wie einen Kloß in seinem Hals stecken. Oma – an die hatte er schon lange nicht mehr gedacht.

In den nächsten Tagen trafen sich die beiden Brüder immer öfter, um Vö-gel zu beobachten. An einem Nachmittag legten sich beide in das grüne Gras, das die Sonnenstrahlen erwärmt hatte. Die Sonne wärmte auch Si-mon und plötzlich war er in einer ganz anderen Welt. Er träumte vor sich hin und ihn überkam ein sehr angenehmes Gefühl. Als er es Max erzählte, strahlte er übers ganze Gesicht.

Ihre Eltern saßen im Haus und tippten eifrig auf der Tastatur ihrer Rech-ner herum. Als die Mutter kurz aufsah, erblickte sie durch das Fenster ihre beiden Söhne, wie sie im Gras lagen und die Augen geschlossen hat-ten. Sie beobachtete die beiden eine Weile und plötzlich verspürte sie ein merkwürdiges Gefühl. Warum saß sie eigentlich die ganze Zeit vor ihrem Computer und warum saß auch ihr Mann, der schon fast eingenickt war, hier die ganze Zeit im Wohnzimmer? Konnten sie nicht eigentlich etwas anderes machen? Das gleiche merkwürdige Gefühl verspürte nun wahr-scheinlich auch ihr Mann, denn er blickte nun auch auf. Beide schauten sich nun schweigend an und liefen dann gleichzeitig zur Tür. Sie rannten beide zur Tür und wenig später lagen sie neben ihren Kindern im Gras. Auch sie schlossen ihre Augen und auch sie begannen tatsächlich zu träu-men. Da lagen sie nun – alle vier gemeinsam. Man hörte nur noch das Zirpen der Grillen.

An diesem Abend saßen sie nach sehr langer Zeit wieder alle gemeinsam am Tisch, aßen Abendbrot und erzählten, was sie erlebt hatten. Simon erzählte besonders viel. Max lächelte meist nur und lauschte, was die an-deren erzählten. Er genoss dieses Gefühl der Geborgenheit, das er schon lange nicht mehr verspürt hatte. Nach dem Abendbrot gingen sie gemein-sam in den Garten, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Der Him-mel war heute ein riesiges Meer aus Farben. Er strahlte in Rot, Orange und Blau. Die Sonne bewegte sich immer weiter in Richtung Horizont, bis sie dann ganz verschwand. Als sie wieder ins Haus gehen wollten, nahm Simon einen kleinen Marienkäfer aus dem Gras und sagte: „Jetzt wäre ich fast auf dich getreten.“ Lächelnd gab er Max den Marienkäfer, der ihn wieder ins Gras setzte. Es war ein besonderer Abend, denn es hatten sich nicht nur die Träume von Max erfüllt, sondern Simon, Max und die Eltern waren wieder eine Familie geworden und Menschen, die träumen können.

Jakob Engelmann, Klasse 5, Paul-Gerhardt-Gymnasium, Gräfenhainichen

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Eine Reise für zwei

von Charlotte Lauter

Vor einem Vierteljahr besuchte ich mal wieder meine Großmutter. Sie empfing mich mit einem Stück selbstgebackenen Kuchens. Danach fragte sie mich wie üblich: „Hast du Hausaufgaben auf?“ „Nein, ich glaub’ nicht“, antwortete ich. „Oder doch – ich muss eine kleine Aufgabe im Mathe-arbeitsheft machen. Ach ja, und einen Kurzvortrag über Paris. Dazu habe ich überhaupt keine Lust, ich würde viel lieber etwas anderes machen, wie …“ „Paris?“, unterbrach sie mich. Ihre Augen wurden groß und ihre Blicke richteten sich in die Ferne. „Paris ist schon immer die Stadt meiner Träume gewesen.“

„Als ich klein war“, sagte sie, „habe ich immer davon geträumt, mal nach Paris zu fahren. Aber in meiner Kindheit war Krieg, dann kam die Nach-kriegszeit und Reisen war erstmal unmöglich. Dann habe ich geheiratet. Wir hatten drei Kinder und nicht viel Geld. Ich musste arbeiten gehen. Und dann, als es vielleicht gegangen wäre, ist dein Opa gestorben. Weißt du, ich wollte mit ihm zusammen dorthin fahren. Das haben wir nicht ge-schafft.“ Sie sah traurig aus, als sie das sagte. „Aber träumen tu ich immer noch.“ Sie schaute mich an. „Ich wollte unter dem Eiffelturm stehen, ich wollte die Kathedrale Notre Dame und den Louvre besuchen, ich wollte einfach überall hingehen. Ich wollte durch kleine Gassen schlendern, in ein Restaurant gehen und die leckeren französischen Speisen probieren.“

Überrascht von diesem Gefühlsausbruch sagte ich erstmal nur „Mmmmh …“ und dann: „Warte, das schreib’ ich gleich auf. Wie hieß das nochmal? Der Notre Dom?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, die Kathedrale heißt Notre Dame. Weißt du was? Ich helfe dir bei dem Referat, meine Kleine.“ Warum eigentlich „meine Kleine“? Ich bin sogar ein bisschen größer als sie. Ich seufzte. „Na, dann mal los.“

Wir saßen den ganzen Nachmittag zusammen, suchten Informationen und Bilder im Internet und fanden sogar, in der hintersten Ecke eines Schrankes, einen beträchtlichen Stapel von alten Prospekten, Artikeln und Büchern über Paris. Wir schauten uns ihre Schwarz-Weiß-Bilder an, und sie entdeckte viele neue Sehenswürdigkeiten, wie den Grande Arche, die sie noch nicht kannte, im Internet. Doch das Erstaunlichste war, dass es mir mit der Zeit auch Spaß machte. Ich wurde von ihrem Eifer und ih-rer Freude angesteckt.

Der Vortrag wurde wirklich gut, vielleicht besser als alle anderen, die ich bisher gemacht hatte. Ich übte das Vortragen, ich markierte mir Stellen, wo ich Bilder zeigen wollte. „Weißt du was“, sagte Omi, „wenn ich das höre

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und diese Bilder sehe, ist es, als würde zumindest ein kleiner Teil meines Traumes in Erfüllung gehen.“ Sie drückte mich fest. „Oh, es ist schon kurz vor acht, du musst nach Hause gehen.“ Ich suchte meine Sachen zusam-men, und sie brachte mich bis zur Tür. „Danke“, sagte sie. Ihre Stimme klang rau, und ich sah, wie eine Träne in ihren Augen schimmerte. „Und nun hast du die Aufgabe in Mathe noch nicht gemacht.“ Sie lächelte wie-der. „Jetzt geh endlich!“

Einige Wochen später sprintete ich die Straße zu ihrem Haus hinab – in Rekordzeit. Ich rannte durch ihren Garten ins Haus und rief: „Omi, Omi, sieh mal, was ich hier habe! Wo bist du denn? Ach hier, Omi!“ Ich streck-te ihr strahlend ein Blatt Papier entgegen. „Hier! Ich habe dir doch vor einigen Wochen erzählt, dass ich bei einem Preisausschreiben über Pa-ris teilgenommen habe. Die Fragen waren eigentlich schon recht schwer, aber durch unseren Vortrag habe ich alles leicht beantworten können. Und jetzt stell dir vor: Heute habe ich einen Brief für mich im Briefkasten gefunden. Weißt du, was in diesem Brief stand? Ich habe gewonnen!! Und der Preis ist eine Fünf-Tage-Reise nach Paris. Die Reise, die Unterkunft in einem schönen Hotel und ganz viele Sehenswürdigkeiten sind schon mit eingeplant!“ Ich sah, wie meine Oma während meiner Erzählungen geradezu dahinschmolz. „Oh, wie ich mich für dich freue, meine Kleine. Ich wünsche dir so viel Spaß. Schreib mir, was du machst. Nimm ja deine Kamera mit!“ Ich unterbrach sie. „Warum freust du dich denn nur für mich? Du weißt doch noch gar nicht, was das Beste ist!“ Ich lachte, und eine Glücksträne lief über meine Wange. „Die Reise ist für zwei.“

Charlotte Lauter, Klasse 6, Ludwigsgymnasium Köthen

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Der Gefangene

von Amelie Schmid

Er ist gefangen in zu viel Freiheit.Je mehr Raum man ihm lässt, desto mehr wird er verzweifeln, an sich selbst und an dem Beschäftigungsvakuum um ihn herum.Er hat gedacht, es würde ihm schon irgendwie guttun.Hat es sich schöngeredet, gemeint, dass er jetzt Freiraum hat, für Inspi-ration, für sich selbst.Aber er ist sich selbst leid geworden, so leid, dass er sich wünscht, er müs-se diese Person nicht mehr ertragen, die einfach existiert und nichts mit dem Nichts anzufangen weiß.An der weißen Wand sind acht Striche. So lange schon oder erst so kurz, es wird immer zu lang sein, egal ob es sich nun um Tage, Wochen, Monate, Jahre oder Jahrzehnte handelt, um Minuten, Augenblicke oder Ewigkeiten.Er hat das Gefühl dafür verloren.Er hat nahezu alles an Gefühl verloren.Manchmal zeichnet er Spiralen in ein kariertes Doppelheft ohne Rand mit Umweltschutzpapier in diesem dreckigen Weißton, den er so sehr hasst.Das Heft ist fast voll, und die Spiralen bilden Nachthimmel oder Unter-wasserszenen oder das Gewirr an Gedanken in einem beliebigen Kopf oder auch das Muster auf deinen Fingerspitzen, aber eigentlich sind es nur Spiralen, und die Spiralen bestehen aus unendlich vielen Punkten, und die Punkte sind eigentlich nur Tinte, Farbpigmente, und die haben gar nichts zu sagen, denn, wenn es sie nicht geben würde, würde es auch niemanden stören.Wenn es ihn nicht geben würde, würde es ebenfalls niemanden stören.Das stört ihn.Aber er will eigentlich auch niemanden stören, aber wenn er niemanden stört, wozu existiert er dann und überhaupt.Für diese Gedanken kann er sich noch weniger leiden.Eigentlich hasst er sich, aber was soll er tun?Er ist gleichzeitig der Einzige, der noch für ihn da ist.Gerade liegt er auf seinem Bett, aber er hat die Wasserflasche nicht rich-tig zugemacht und es ist kein stilles Wasser, also ist es lautes Wasser, und das knistert und zischt wie eine Schlange, aber er will nicht aufstehen, denn dann hat die Schlange gewonnen und er gibt heute nicht nach.Irgendwie will er das Geräusch vertreiben, aber er weiß nicht wie.Anfangs hat er noch versucht zu singen, aber ihm sind bald die Lieder ausgegangen, und nachdem er zum sechsten Mal „Pretty Woman“ ge-schmettert hat, hätte er lieber seinen Kopf gegen die Wand geschlagen,

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als das noch einmal zu tun.Er hat auch die Musik verloren.Manchmal versucht er zu träumen.Wenn er schläft, funktioniert das zwar noch, aber das will er nicht sehen.Manchmal wünscht er sich, man hätte eine Fernbedienung für Träume, und dann würde er umschalten auf einen anderen Kanal, wo ein schöner Traum kommt, vielleicht eine Erinnerung aus längst vergangenen Zeiten, vielleicht auch eine Fantasiegeschichte, ihm wäre das egal, er will nur endlich wieder etwas Angenehmes träumen.Früher hat er oft so geträumt.Manchmal sind seine Träume auch wahr und wirklich geworden, und das war eine gänzlich wunderbare Zeit, an die er sich jetzt kaum noch erin-nern kann.Er hat auch diese Zeit verloren.Und so sehr er sich anstrengt, er kann sie nicht wieder zurückholen, we-der die Zeit noch die Menschen und vor allem die Träume, die er hatte und haben will, in denen er aufgehen und wohnen wollte, die seine Wirk-lichkeit geworden waren.Sie sind so ungreifbar geworden wie ein Vogel oder eine ferne Melodie oder wie eine Wolke, denn er weiß, dass es sie gibt, aber er kann sie nicht erreichen.Nun geht es ihm langsam auf.Er hat das Träumen verloren!Und irgendwie ist das das Allerschlimmste.

Amelie Schmid, Klasse 9, Von-Müller-Gymnasium Regensburg

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Über Engel und Träume

von Mandy Rothe

Ich kannte einmal ein Mädchen. Sie war hübsch und klug und besaß vor allen Dingen ein unglaubliches Talent zum Tanzen. Wenn sie tanzte, dann sah das immer so einfach aus – so elegant und sanft. Ich schaute ihr im-mer gerne dabei zu. Auch wenn sie nicht wusste, dass es mich gab, weil sie auf der Erde und ich hier oben war. Manchmal machte mich das traurig, auch wenn ich mir nicht wünschte, in ihrer Welt zu leben. Denn diese Welt war grausam und kalt. Oder vielmehr die Menschen dort. Das wuss-te ich … und sie wusste das auch.

Eigentlich hatte sie immer dieses strahlende Lächeln im Gesicht. In der Schule, vor ihren Eltern, auf Festen … Aber ich sah mittlerweile das, was die anderen Menschen um sie herum nicht wahrnahmen. Nämlich, dass ihre Lippen lächelten, aber sich in ihren Augen tiefe Traurigkeit wider-spiegelte. Am Anfang wusste ich nicht, was das sollte. Warum sie so trau-rig war und warum sie es nicht zeigen wollte. Schließlich war es keine Schande, zu seinen Gefühlen zu stehen. Bis ich sie eines Nachts auf ihrem Bett sitzen und weinen sah. Sie weinte und die Tränen f lossen haltlos über ihre Wangen. In diesem Moment hätte ich sie am liebsten aufgefan-gen und ihr tröstend zur Seite gestanden. Aber ich war kein Mensch. Was hätte ich also tun sollen?

Es war auch der Zeitpunkt gewesen, von dem an ich genauer hinsah. Es schien etwas mit ihren Eltern zu tun zu haben und ihrem Leben, aber ich wusste nicht was. Nun schaute ich jede Nacht nach ihr und war immer froh, wenn sie schlief und nicht weinte. Aber manchmal musste ich wie-der dabei zusehen, wie sie in ihrer Trauer versank. Und es zerriss mir je-des Mal aufs Neue das Herz. Doch schließlich fasste ich einen Entschluss: Ich würde ihr helfen, aber dazu musste sie wissen, dass es mich gab. Also wartete ich, bis sie nachts eingeschlafen war, und drang in ihre Träume ein. Ich sorgte dafür, dass sich die trostlose, graue Gegend, durch die sie gerade wanderte, in eine gleißend helle, weiße Halle verwandelte. Jetzt konnte ich ihr gegenübertreten und sie mir. „Wer bist du?“ Ihre verwirrte Miene ließ mich lächeln und ich sagte: „Ich bin dein Engel.“

Sie schaute mich an. Ich wusste, dass sie mir nicht glaubte. „Aber du bist doch nur ein kleiner Junge.“ Lächelnd nahm ich sie bei der Hand und ging geradeaus. „Das liegt daran, dass Engel nur in der Gestalt eines Kindes zu euch Menschen kommen können. Denn Kinder verkörpern die reinen Seelen. Wir dürfen auch nur unter besonderen Umständen kommen.“

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„Und warum bist du dann bei mir?“ Sie sah ein wenig erschrocken aus, darum drückte ich ihre Hand fester. „Weil ich sehe, dass du traurig bist.“ Und wieder kehrte die tiefe Traurigkeit in ihre wunderschönen Augen zu-rück. „Warum?“, fragte ich.

„Weil sie mich nicht so sein lassen, wie ich bin.“ Und sie erzählte mir alles. Angefangen bei dem Tod ihrer Mutter und dass ihr Vater schon wenig später jemand anderen gefunden hatte, von dem Wunsch ihrer Eltern, etwas Besonderes aus ihr zu machen und dass sie sie deshalb zu einer Ballettakademie schickten. Sie verboten ihr mit anderen Kindern zu spie-len, weil das nur verlorene Zeit wäre, in der sie eigentlich üben könnte. Sie erzählte von der Frau ihres Vaters, die auf Privatunterricht und Be-nimmkurse bestand. Und allmählich begann ich zu verstehen, warum sie niemandem von ihrer Lage erzählte. Es wollte einfach niemand hören …

Sie verstummte und eine einzelne Träne rann ihre Wange hinunter. Ich wischte sie weg und lächelte. „Träume!“, sagte ich, woraufhin sie die Au-gen zusammenkniff. „Was meinst du?“

„Ich meine, dass du träumen sollst. Nicht wenn du schläfst, sondern wenn du kannst und denkst, du brauchst es. Lass deine Gedanken ziehen und lass sie dir deinen Weg zeigen. Sie können dir helfen, gegen deine Eltern und gegen alles andere anzukommen. Manchmal, wenn du dir einfach nur wünschst, woanders zu sein, bringen sie dich an ferne Orte. Dann bist du alleine, kannst nachdenken und tun, wozu du Lust hast. Oder du wünschst dir zurückzugehen. Dann zeigen sie dir deine Vergangenheit und vielleicht – wenn du ganz fest daran glaubst – kannst du zu deiner Mama zurück.“ Als ich das sagte, weiteten sich ihre Augen. Ich sprach jedoch unbeirrt weiter: „Und wenn du nicht weiterweißt, kannst du dir in ihnen deine Zukunft ausmalen, so, wie du es dir immer gewünscht hast. Vergiss nie, dass dein Leben und alles, was darin passiert, in deiner Hand liegt.“

„Aber diese Träume sind doch nicht real!“

„Es kommt ganz darauf an, wie sehr du daran glaubst. Ganz allein dein Glaube zählt. Du musst ihn nur zulassen.“

Und ich spürte, wie es Zeit wurde zu gehen. So ließ ich ihre Hand los und ging langsam rückwärts, während mich das helle Licht in der Halle einhüllte.

„Warte!“, rief sie. Ich hätte gern auf sie gehört, aber es ging nicht. „Träu-me … und glaube …“

Das war das Einzige, was ich noch sagen konnte, bevor sich ihr Traum auflöste. Und ich hoffte, es würde ihr helfen.

Jetzt – Jahre später – weiß ich, dass sie sich meinen Rat zu Herzen ge-nommen hat. Denn wenn ich jetzt auf sie herabsehe, sehe ich eine erwach-

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sene Frau, die das aus sich gemacht hat, was sie immer wollte. Eine er-folgreiche Ärztin, die anderen Menschen half und sich um sie kümmerte. Ihre Eltern haben nicht mehr das Recht, über ihr Leben zu bestimmen. Und manchmal kann ich beobachten, wie ihre Augen ins Leere schauen. Dann weiß ich, dass sie mich nicht vergessen hat. Ebenso wenig, wie die Fähigkeit zu träumen. Vielleicht war es auch der Gedanke an ihre Mutter, der sie dazu gebracht hat. Aber eigentlich spielt das gar keine Rolle. Auch jetzt sehe ich, wie sie langsam in einen Traum versinkt. Und genau wie ich beginnt sie zu lächeln …

Mandy Rothe, Klasse 7, Dr.-Frank-Gymnasium, Staßfurt

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Nr. 4

von India-Wiborada Piwko

Die wenigen Menschen, die den Keller dieses Hauses jemals wieder ver-ließen, erzählten wirre Dinge von leeren Gläsern – ja, Gläsern, von un-endlich dunklen Fluren, von schimmelzerfressenen Holzregalen mit noch mehr Reihen leerer Gläser. Und einer mit langsamen Schritten umher-schlurfenden Gestalt oder vielmehr einem Schatten davon. Die Augenlider eben jener wenigen Menschen, die diesen Keller jemals wieder verließen, zuckten panisch, Worte wurden stockend hervorgewürgt. Ungeordnet, verworrene Knoten, nach Bedeutung suchend. Jedoch unmissverständ-lich! Bis sie irgendwann verstummten. Die Worte und ihre Erzähler. Bald wagte sich keiner mehr durch den offenen schwarzen Kellereingang hi-nab. Obwohl eigentlich niemand diese Geschichten vom schlurfenden Schatten glaubte, es ja nur ein Abrisshaus im alten Teil der Stadt war, mit Graffiti besprüht, und die verschwundenen Jugendlichen wohl nur ausgedachte Spinnereien. Dachten alle. Aber die wenigen Reporter der Tageszeitungen, der traurigen Lokalblätter, die sich mit Absicht hierher verirrten, die wollten diese Geschichten natürlich glauben. Sie hatten ei-nen Riecher für Neuigkeiten, die draußen von der grauen Masse ersehnt wurden – endlich dem langweilig-traumlosen Alltag entfliehen!Und nun bannen die Berichterstatter meine Geschichte auf Papier – und bitte nur auf Papier! – mit meiner ausdrücklich erteilten Genehmigung. Sie sind aufgeregt, ihr stoßweiser Atem zeigt mir ihre Aufregung, viel-leicht auch ihre Angst. Wer weiß. Sie zischen sich konzentriert zwischen zusammengepressten Lippen Worte zu. Ihre weißen, viel zu großen Kittel f lattern, den Bewegungen folgend. Ich erspähe Tabellen in großen gelben Aktenordnern, mit Zahlen gefüllt, die mein Ich in Kurven komprimieren. Im Raum ist es fast still, nur meine leise, fast unhörbare Stimme und das hohle Klacken des Diktiergeräts, welches dem Rhythmus meines Flüs-terns folgt.Vor ein paar Jahren hockte jeden Nachmittag eine Gruppe Jugendlicher mit zerschlissenen Turnschuhen in meiner Ruine und rauchte aus zen-sierten Mathearbeiten und Tabak selbstgedrehte Zigaretten. Die Musik schepperte, Bässe hallten durch die scheinbar unbewohnten Räume. La-chen, Tanzen, Flirten, jugendlicher Leichtsinn eben. In manchen Wochen – es waren wohl immer die ungeraden – verschwand manchmal einer von ihnen in den Tiefen des Kellers. Mutproben. Gingen oben schon wackli-gen Schrittes die modrige Kellertreppe hinunter. Unten völlig verkrampft, von der muffigen Kühle schaudernd. Und von dem Ungewissen. Dieses schwarze Nichts, in dem ich bereits wartete. Und erwartete.Aber das ist lange her, aber längst noch nicht vorbei.

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Meine Berichterstatter geben mir ein Glas Wasser, ja, ich habe trocke-ne, rissige Lippen. Ja, ich habe viel geschrien all die Jahre. Wieder und immer wieder. Dass sie verstehen. Endlich verstehen! Sie nagen an ih-ren Unterlippen, begierig, nichts auszulassen oder gar zu vergessen. Sie geben mir außerdem unzählige weiße und bunte Tabletten; die weißen fühlen sich rau auf der Zunge an, die bunten sind angenehm glatt. Nur nicht aufhören zu erzählen! In Zeitlupengeschwindigkeit rollt ein blau-rot bedruckter Stift die Tischplatte herunter und schwebt auf den Boden zu, ganz sanft. Ihre Gesichter kommen mir nahe, ganz nahe, verzerren sich, bis sie mit meinem zusammenfallen. Junge, glatte Gesichter.Früher kamen die Träume zu mir. Mein Haus war bewohnt, Leben, Al-tern, Sterben. Die Alten kamen, um zu reden, boten mir ihre Träume an. Am Ende dann, wenn zitternd der letzte Lebenshauch den Körper verließ. In die Nacht hinaus. Meine Gläser ihre Träume aufnahmen.Die Zeiten änderten sich.Seitdem nur noch die schmächtigen Umrisse jugendlicher Körper, die rot schimmernden Silhouetten weiterer Träume. Erstaunen im Gesicht, hier unten kaputte Möbel zu finden, verschlungene Holzwurmnester, Setzkäs-ten, leere Spiegelrahmen an den in Fetzen hängenden Tapetenwänden. Nur keine Spiegel, warum auch, ich sah mein Bild in ihren Augen.Routiniert holte ich dann eines dieser Gläser mit dem Schraubverschluss hervor, streckte ich meine Finger nach dem Kopf, sah in die plötzlich lee-ren Augen, ich brauchte mich nicht zu beeilen, und ließ diesen roten, so wunderbar roten Traum hineingleiten. Dann schickte ich den Körper zu-rück. Hinaus auf den Flur, die Treppe hinauf. Ohne jegliches Erinnern. Später erfuhr ich, es gab da eine leise Ahnung, zart wie ein Federstrich. Dennoch stark genug, um die Schreiberlinge zu mir zu führen.Meine Berichterstatter kommen und gehen, haben meine Retrospektiven aufgenommen, meinem Kopf entrissen und auf Papier – ich wünschte ausdrücklich Papier! – gebannt. Gerötete Druckstellen an den Handge-lenken, ständig reibe, kratze ich diese Stellen der Haut mit meinen viel zu langen Fingernägeln. Ich werde mich jetzt nicht mehr kratzen. Verspro-chen. Dafür haben sie dieses Mal die Fixiergurte wieder mitgenommen.Früher war es nicht so kompliziert, Träume zu sammeln. Einige sammel-ten Briefmarken, Karten, glitzernden Schmuck, Ehepartner. Andere Küs-se im Frühlingswind.Ich sammelte Träume. Nur Träume. Träume sind Last und Leidenschaft, Schönheit und Angst, Abbild der menschlichen Seele. Ihr sagt, der Mensch ist, was er tut, was er denkt.Nein! Alles nur szenische Erscheinung, eingeübt in alltäglichen Riten, gu-tem Benehmen. Anerzogen. Dressiert. Zur Schau gestellt. Der Mensch ist, was er träumt! Denn wir alle sind Schriftsteller, Geschichtenerzähler und Konstrukteure unserer Wünsche. Ich meine in erster Linie die nachts ge-borenen, nur diese sind ehrlich. Tagträume hingegen: nur Lug und Trug.

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So ekelhaft angepasst an das höfliche Leben außerhalb der, ja, nennen wir sie Seele. Ich sammelte nur Nachtträume. Ich behielt sie bei mir. Be-wahrte sie. Bewahrte sie vor dem Vergessen, Vergehen, vor der absoluten Auslöschung.Meine Berichterstatter notieren jetzt nichts mehr. Sie reden mit mir, spre-chen mit mir über das Wetter und das Sammeln an sich, von Streichholz-schachteln beispielsweise. Bedauerlich, dass sie mich nicht verstehen. Ich lasse sie in ihrem Glauben, zu unerhört ist meine Leidenschaft, zu erre-gend meine geheimsten Gedanken. Ja, die Sonne scheint heute besonders schön. Die Packungen mit den Tabletten, den weißen und bunten, nehmen sie mit.Ich brauche Träume, fremde Träume. Besonders die Träume, die eine Lebensgeschichte erzählen, die Traumfetzen, die an etwas erinnern. Die unerfüllte Jugendliebe, gefährliche Abenteuerreisen in unerforschte Re-gionen, Großtaten ebenso wie kleine Alltagsblicke. Traumpartikel vom stillen Dasein im buntgeblümten Gartenstuhl, die Flucht im dunklen Kriegstreiben vergangener Zeiten, der tägliche Besuch im Krämerladen – heute neongefluteter Einkaufstempel. Alles Träume der Alten. Aber die Traumnebel der Jungen – das sind die wahrhaftig besten, welche es wirk-lich wert sind, in meinen Gläsern, und nur in meinen, als vom scheinbar schlafenden Hirn zerhackte Bilderwelten aufbewahrt zu werden.Bestreiten will ich es nicht, dass diese Nebel nicht immer haargenau wider-spiegeln, was die Träume versprechen, die sind schon ein ganz klein wenig ambivalent. Doch kommt es darauf an, ist es nicht vielmehr dieser Hauch von Gewissheit, dieses zarte Sich-Andeuten des „Es könnte so sein?“.Meine Berichterstatter sehe ich kaum noch. Wenn sie mein Zimmer doch betreten, grüßen sie freundlich, wie geht’s? Wie ihr wollt. Gönnerhaftes Schulterklopfen. Ich halte einen Löffel in der Hand, vor mir ein Becher. Jeden Freitag Pfirsichcreme. Ich kichere ganz leise.Meine Berichterstatter sagten, ja, ja es ist nur Nebel, einfach nur Nebel. (Erstaunlich jedoch die rote Farbe!). Oh, sie konnten ja nicht ahnen, nicht wissen, dass diese Nebel Träume sind. Vielleicht sogar ihre eigenen, die sie da in meinem Keller in den Händen hielten. Nicht wissen, dass man Traumnebel stehlen, in ein Glas sperren kann.Ich weiß es. Und die Wände der dunklen Flure, die zu meinem Keller füh-ren, und dort das Tick-Tack, Tick-Tack der Uhren und das Knirschen der Spiegelscherben unter meinen schlurfenden Schritten. Im Keller war-ten ihre, meine Träume in Gläsern mit Schraubdeckelverschluss auf von Schimmel zerfressenen Holzregalen. Sie rufen nach mir. Schon viel zu lange!Auf dem Sims hinter den eisernen Gitterstäben meiner Krankenzelle lässt sich ein rötlich schimmernder Vogel nieder.Meine Ärzte sind alle gekommen, die weißen Kittel frisch gebügelt. Mit amtlicher Erlaubnis stellen sie meinen Koffer an die Tür, mit amtlicher

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Erlaubnis überreicht man mir die Entlassungspapiere. Die Tür zu Zelle Nr. 4 schließt sich. Entlassen als geheilt. Alles Gute! Ein letzter Hände-druck. Endlich draußen. Davon habe ich geträumt.Frühlingsduft, Wind und das Rauschen der schnell fahrenden Autos der nahen Stadt, dazwischen meine ich das Wispern der Träume der Men-schen zu vernehmen.Ich muss lachen.Ich muss los.

Träume fangen.

India-Wiborada Piwko, Klasse 7, Oberland-Gymnasium Seifhennersdorf

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Traumtanzreigen

von Lena Lang

Manchmal denk ich, ich könntmit den Fingerspitzen den Himmel berühren.Manchmal denk ich, ich könntmit einem kleinen Sprung die Schwerkraft abschütteln.Manchmal denk ich, ich könntmit kräftigen Zügen zur Sonne schwimmen, dem Licht entgegen.Und manchmal glaub ich, ich habdas alles schon mal gemacht und trag einen Funken dieses Lichts in mir.

Ja, ich träume zu viel, zu oft und zu detailliert. Stunden vergehen, in de-nen ich mir in bunten Farben die schönsten Traumbilder auf die Netzhaut pinsle, um – wenn ich die Augen wieder öffne – unversehens in der Rea-lität zu stranden. Ein Traumtänzer, der sich im Netz eines Traumfängers verheddert hat, immer mit einem Fuß im Luftschloss über den Wolken. Wenn der Federhalter über das Papier kratzt und Buchstaben zu Silben, zu Worten, zu Leben werden, wünsche ich mir, die metallene Feder könn-te mir Flügel schenken.

Tagträume sind immer neonfarben, immer bunt, niemand träumt in Pas-tell. Ein Traum kennt keine faulen Kompromisse, keine Vorsicht, keinen Plan B. Ein Traum ist Leidenschaft – Leiden und Schaffen zugleich. Im Traum entstehen neue Bilder, neue Wünsche, neue Kraft und selbst wenn wir ihn nicht verwirklichen, ein Traum kann wie eine Oase sein, ein Ru-hepol in uns selbst.

Jeder von uns hat einen Traum, wenn auch nicht jeder um dessen Verwirk-lichung kämpft. Manche Träume konservieren wir, wir tragen sie in unse-ren Herzen und wenn wir dann im Alltagsstress zu ihnen f liehen und in uns gehen, wird es von einem Moment auf den anderen still. Nur weil ein Traum nicht unbedingt real ist, darf man seine Kraft nie unterschätzen.

Andere Träume tragen wir zu Grabe, vergessen sie – aus verschiedens-ten Gründen – um sie ab und an wie ein verblichenes Erinnerungsstück aus der Schatulle unseres Gedächtnisses zu graben und gerührt zu be-trachten. Kindertraumbilder, eingeklebt in Traumbilderalben. Imaginäre Piratenschiffe, Schlösser und Räuberbanden. Ein Sammelalbum schöner Gedanken und Vorstellungen.

Und dann gibt es Träume, die können wir nicht vergessen. Selbst wenn sie so weit entfernt scheinen, sie lassen sich nicht trocknen, pressen und ins Album kleben. Wir tragen sie mit uns, ob wir wollen oder nicht, ein ewiges Leuchtfeuer an unserem Horizont.

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Diese Träume sind es, in denen die Macht zur Veränderung liegt, Schaf-fen und Leiden. In denen alle menschlichen Leidenschaften verschmel-zen, die Vorurteile brechen und Frieden stiften. Träume, deren Feuer erst dann verglüht, wenn sie wahr geworden sind. Träume, die so ewig und hell strahlen wie Sterne am Nachthimmel. Träume, die uns nicht loslas-sen, die uns begleiten, unser Leben lang, zu einem Teil von uns geworden sind wie unsere Finger, unsere Augen, unser Lachen.

Eine bekannte irische Weisheit sagt, man solle sich Zeit nehmen zu träu-men. Aber ist es nicht oft auch der Mut, der fehlt? Der Mut, an Träume zu glauben, wider jede Vernunft, das Schaffen und Leiden zu wagen. Sich nicht mit dem abzufinden, was ist, sondern an das zu glauben, was sein könnte. Das kann gesellschaftlich, zwischenmenschlich oder persönlich sein, der Mut zum Traum ist es, der zu Veränderungen führt.

Es ist nicht immer leicht, an seinen Traum zu glauben. Wieder und wieder über die eigenen Wünsche zu stolpern. Sich aufzurappeln, weiterzugehen, durch den kalten, garstigen Gegenwind aus eigenem Realismus und frem-der, fürsorglicher Vernunft.

Wenn viele dir sagen, dass du vergessen sollst, was du nicht vergessen kannst – weil du weißt, vergisst du deinen Traum, vergisst du dich.

Es gibt Momente, in denen verzweifelst du an deinem Traum, verbrennt dich das Feuer in deiner Brust. Eben noch Kraftquelle, beginnt das Feuer der Leidenschaft dich zu verzehren.

Momente, in denen die Angst zu scheitern übermächtig wird, die Furcht, als ausgebrannter, hohler Körper zu enden, Opfer der eigenen Träume.

Momente, in denen dein übermächtiger, großer Traum dich erdrückt. Klein und ohnmächtig fühlen wir uns in diesen Augenblicken, ausge-brannt. Der Traum wird zum Albtraum und wir fühlen uns schwach, so schwach ...

Zu schwach, die eigenen Wünsche in die Wirklichkeit zu tragen, zu schwach, nach den selbst ans Firmament gesteckten Sternen zu greifen. Zu schwach zu träumen.

Weil das, was sein könnte, eben nur ein Konjunktiv ist und das, was ist, die Realität.

Zu viel Traum für zu wenig Kraft – und dann wieder wird der Traum zur Kraftquelle, eine ewig brennende Flamme. Wenn die Welt hell und weit wird, der Traum zum Greifen nah scheint.

Der Himmel, nur einen Luftsprung entfernt; die Sonne, von ausgestreck-ten Fingern fast erreicht. Und selbst wenn der Horizont wohl immer einen Schritt zu fern scheint, der Traum wird wahr auf dem Weg zu ihm. Ein-

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stein findet auf der Suche nach Klarheit die Relativitätstheorie, Martin Luther King erreicht die Aufhebung der Rassentrennung in Bussen, eine Gruppe junger Musiker spielt zum ersten Mal vor Publikum, Frau Dietrich aus der Buchhaltung macht ein Sabbatjahr, um endlich die langersehnte Nepalreise zu wagen, und Amelie, vierzehn Jahre, beichtet ihrer Mutter, dass sie sich trotz des langjährigen Geigenunterrichts schon immer nach einem Klavier gesehnt hat.

Es sind diese Momente, die das Leben lebenswert machen. Momente, an denen wir uns wärmen, wenn wir an kühler Nüchternheit erfrieren. Die Momente, in denen wir fallend schweben, schreiend singen, selbstverges-sen tanzen. Momente, in denen das Sonnenlicht uns zu Kindern macht, so glücklich, dass es an Unvernunft grenzt. Augenblicke, in denen wir an Wunder glauben – weil Wunder in ebensolchen Augenblicken geschehen.

Lasst uns den Konjunktiven vertrauen.

Lena Lang, Klasse 12, Richard-von-Weizsäcker-Schule, Öhringen

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Das Muschelmädchen

von Lea Wahode

Jetzt steht sie in der Telefonzelle.In der Telefonzelle steht sie und fragt sich, warum man damit nicht tau-chen kann. So steht sie da, in der Telefonzelle, und fragt sich das: Warum kann man damit nicht tauchen?

Ob sie sich das schon mal gefragt hat? Natürlich nicht, warum sollte sie. Aber jetzt, wie sie da so in der Telefonzelle steht, da fragt sie sich das. Und es ist auch gar nicht seltsam. Ganz natürlich fragt sie sich das, als habe die Frage schon immer zwischen ihren Augen gesessen. Oder ein-fach, weil es der richtige Moment ist in dieser Telefonzelle. Die richtige Frage für den richtigen Moment.

Ihr Finger zeichnet Muster in die Sandschicht auf der Ablage. Fein ist sie, die Sandschicht, und auf der Ablage wurde bestimmt schon die eine oder andere Nummer gesucht. Aber wozu braucht man eine Telefonzelle am Strand? Das fragt sie sich, kurz bevor ihr die Antwort langweilig wird. Warum man mit Telefonzellen nicht tauchen kann, das will sie wissen. Weil es der richtige Moment ist oder einfach, weil die Frage schon immer zwischen ihren Augen gesessen hat.

Grün sind sie, ihre Augen. Grün wie Seetang oder wie das Meer vor einer Sandbank. Ihr Finger zeichnet immer noch im Sand. Ganz fein ist die Schicht, ganz körnig. Der Finger ist nicht grün. Aber wenn sie die Augen zusammenkneift, schimmert er vielleicht doch ein bisschen. Oder es ist nur das Licht, das die Taste mit dem grünen Telefon reflektiert.

Das Meer ist aber grün. Nicht so wie ihre Augen, die sind heller, aber ein bisschen grün ist das Blau doch. Warum kann man mit der Telefonzelle nicht darin tauchen?

Ihre Muschel weiß es auch nicht. Die hat sie am Strand gesammelt, vor-hin, im Sand. Tiefdünig ist er da drüben, nicht fein wie auf der Ablage. Ihre Muschel ist noch ein bisschen feucht, und sie riecht salzig wie der Seetang in ihren Augen. Aber die Antwort weiß sie auch nicht.

Vielleicht sind die besten Fragen die ohne Antworten. Das denkt sie kurz, aber dann findet sie es zu einfach. Ihr Finger hat keinen Platz mehr für Zeichen auf der Ablage. Er wartet auf neuen Sand. Und ihre Augen wi-ckeln das grüne Telefon in Seetang.

Vielleicht ist es die falsche Frage. Vielleicht schließt das „Warum?“ die Antwort aus. Denn: Wenn sie fragt, ob man mit Telefonzellen tauchen

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kann, ist plötzlich alles ganz anders. Dann stellt sie die Telefonzelle auf den Kopf, dass die Ziffern verkehrt herum klingeln.

Kann man mit Telefonzellen tauchen?Ihre Augen fragen das Meer und der Seetang löst sich von dem grünen Telefon.Kann man mit Telefonzellen tauchen?Sie weiß nicht, ob das Meer neugierig ist oder einfach nur den Seetang in ihren Augen mag. Dass es die Antwort kennt, dass glaubt sie nicht. Es hat ja noch nie jemand versucht. Vielleicht will das Meer einfach ih-ren Seetang berühren. Oder das Grün des Telefons verschlucken. Sie weiß es nicht, und fragt sich auch nicht. Ob man mit Telefonzellen tauchen kann, nur das will sie wissen. Und das Meer kommt zu ihr, rollt sich groß-dunkel blauruhig über den Strand und bringt die Muscheln zum Tanzen. Nur die in ihrer Tasche bleibt still, will auch die Antwort wissen. Der Sand ist schon blau geworden. Nicht die feine Schicht auf der Ablage, der Strand. Alles blau, mit dem bisschen Grün dunkler als ihre Augen. Jetzt bepinselt es den strengweißen Laternenpfosten, färbt das nachtgelbe Mü-ckenschwarz daran. Es ist nicht mehr weit, das Meer, und mit ihm die Antwort. Ihre Muschel wird nass, tanzt mit den anderen. Die Zeichen auf der Ablage verwischen und wirbeln davon. Blauzungig leckt es am grü-nen Telefon, schmeckt die lackalte Farbe. Kommt noch näher, malt ihren ungrünen grünschimmrigen Finger blau und küsst den Seetang in ihren Augen. Der neigt sich in den kaltsanften Salzstrudeln.

Sie schaut nach oben, sieht, wie das Meer das Glasdach überschwemmt, all die Strandgespräche wegschwemmt. Blau ist es um sie herum, selbst das Telefon ist blau, alles ist blau. Nur der Seetang leuchtet sie grün aus dem stillspiegeligen Telefonzellenglas an, leuchtet durch das Blaumeer hindurch und weht und winkt. Das gefällt dem Meer und es klopft mit Wellenfingern gegen das Glas, klopft alle Sonnengeheimnisse aus ihm heraus. Es will den Seetang mitnehmen, ihn und ihre Augen. Das tut es auch, umarmt die Telefonzelle und trägt sie davon. Ihre Muschel tanzt in der Strömung, schwimmt aus ihrer Tasche und mit den Fischen. Über ihr sind sie, neben, unter und vor ihr. Gelbe Fische, rote, orange, violette. Keine grünen. Überall, wo sie hinschaut, leuchtet der Seetang und ihre Muschel f lüstert mit ihm. Sie kann die Salzworte nicht hören, aber in dem Seetanggrün leuchtet die Antwort. Und die Fische schwimmen, f lüstern, tauchen.

Lea Wahode, Klasse 10, Von-Müller-Gymnasium, Regensburg

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Das (leider verschollene, inoffizielle, geheime) Tagebuch des Leonardo da Vinci

von Josephine Nothnagel

3. Mai 1505

Da stand ich nun. Am Fuße des Monte Ceceri. Mein treuer Freund Tom-maso Masini gesellte sich nun auch zu mir, und gemeinsam besahen wir uns den Hügel. Man sah viele Felsen und noch mehr Bäume. Zweifelnd starrte Tommaso nach oben. „Ja, ja, mein Freund. Da müssen wir jetzt hi-nauf. Meinen Berechnungen zufolge ist dies der ideale Platz, mein Segel-f luggerät zu testen“, sagte ich guter Dinge und begann den Aufstieg. „So wartet doch!“ Eilig lief er mir hinterher. In seinen Armen trug er vorsich-tig den Ornithopter. Dieser bestand aus einem Sitzgestell und zwei großen Flügeln, welche man mit den Armen bedienen konnte. Plötzlich stolperte Tommaso. Ach herrje, jetzt hätte er ihn fast fallengelassen. „Tommaso, so lass dir doch helfen! Sonst schafft es der Vogel noch nicht einmal auf den Hügel. Warte, ich nehme die Flügel. So. Geht’s besser?“ „Ja, jetzt geht es leichter“, antwortete Tommaso. Gemeinsam bahnten wir uns nun einen Pfad durch das Dickicht. Unterwegs hielt ich an, um die bemerkenswer-te Form einer Blüte zu bewundern. Ein andermal machte ich mir einige Notizen zu der Beschaffenheit eines Gesteins. Außerdem berechnete ich, nach einigen Messungen, wie hoch der Baum, vor dem wir stehen geblie-ben waren, sein müsste, wenn sein Umfang dreißig Fuß beträgt. Plötzlich hörte ich ein Seufzen. Als ich aufsah, blickte mir Tommaso gelangweilt entgegen. „Leonardo, denkt Ihr wirklich, dies ist gerade jetzt vonnöten? Mir scheint es nicht ganz richtig, was Ihr da tut. Meint Ihr nicht, wir könnten dies auf später verschieben?“ „Mein Freund, wenn du so alt bist wie ich, wirst du es sicher verstehen. Wie sage ich immer: So wie das Ei-sen außer Gebrauch rostet und das stillstehende Wasser verdirbt oder bei Kälte gefriert, so verkommt der Geist ohne Übung. Natürlich sind diese Berechnungen vonnöten. Vielleicht brauche ich sie jetzt noch nicht, aber später werden sie mir vielleicht einmal nützlich sein. Aber wenn du darauf bestehst, lass uns weitergehen.“ Schließlich gelangten wir oben an. Ich musste erst einmal Luft schnappen, als ich die atemberaubende Land-schaft unter mir sah. Sattes Grün schmeichelte dem Blau des Himmels. Der Kirchturm ragte wie ein erhobener Zeigefinger aus einem Meer von Spielzeughäusern heraus. „Welch Schönheit unser Fiesole doch ist! Fin-dest du nicht auch, Tommaso?“, fragte ich, während meine Augen noch immer auf der Stadt ruhten. „Ja, es ist wahrlich ein Vergnügen, über die Dächer und Wälder zu blicken“, stimmte mir Tommaso zu. „Welch ein Un-glück, dass ich meine Farben nicht bei mir habe! Es wäre doch das ideale Motiv für ein neues Bild, nicht wahr?“ „Gewiss, gewiss. Bedauerlicherwei-

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se liegen diese noch in Eurem Atelier. Soll ich sie holen …?“, fragte Tom-maso und machte sich daran, den Ornithopter auf den Boden zu stellen. „Nein nein, lass nur, mein lieber Tommaso. Wir sind schließlich hier, um meinen Ornithopter auszutesten. Lass ihn uns wieder zusammenbauen“, sagte ich und gemeinsam befestigten wir die Flügel wieder an dem Ge-stell. Dann stellten wir den Ornithopter in die richtige Position. Zuletzt überprüfte ich noch einmal die Windrichtung und -stärke, den Winkel der Sonneneinstrahlung und die Einstellung der Flügel. Während Tom-maso in die Sitzvorrichtung stieg, dachte ich mir, welche Errungenschaft es für die Menschheit doch wäre, f liegen zu können wie die Vögelein. Al-lein der Gedanke erfüllte mich mit einer solch starken Euphorie, dass ich glaubte, ich könnte selbst f liegen und das auch ganz ohne Flügel. End-lich gab mir Tommaso das Zeichen, er sei bereit. Also trat ich hinter ihn und den Ornithopter und gab dem Ganzen einen kräftigen Schubs. Erst rollte der Ornithopter langsam, dann immer schneller auf den Abgrund zu. Dann war es so weit. Tommaso schien eine kurze Zeit in der Luft zu schweben. Nun fing er an, schwungvoll mit den Flügeln zu schlagen. Er bewegte die Flügel immer schneller auf und ab und glich einem Vogel im Schnellf lug. Jubelnd stand ich an der Felskante. Welch Glückseligkeit er-füllte mich, als ich sah, wie sich Tommaso mit meinem Ornithopter in die Lüfte schwang. Mein Herz schien vor Freud’ aus der Brust mir zu sprin-gen und mein Verstand begriff es erst gar nicht. Aber doch: Er f log! Mein Traum ward Wirklichkeit! Hier und jetzt! „Seht her, ihr, die ihr mir nicht geglaubt! Alle Schande hat sich ausgezahlt! Ihr dachtet, ich hätt’ nur dumm dahergeredet! Nun staunet über mein Geschick! Ich bin Leonardo da Vinci, Meister der Flugkunst!“, schrie ich aus vollem Halse gegen den Wind. „Siehst du, mein Tommaso! Geduld dient als Schutz gegen Unrecht genau wie Kleidung gegen Kälte!“ Doch weh’ mir! Welch Schrecken mich durchfuhr, als der Ornithopter plötzlich zur Seite kippte und Tommaso fast herausfiel. „So helft mir doch!“, schrie er. Verzweifelt klammerte er sich mit einer Hand an das Gestell. „Halte ein! Ich werde Hilfe holen!“, rief ich ihm zu, doch er verzog nur das Gesicht und rief: „Nein! Dafür bleibt keine Zeit! Ihr müsst mir helfen! Jetzt!“ „Aber wie, mein Tomma-so, wie?“, rief ich. Doch noch bevor er mir antworten konnte, machte der Ornithopter einen Ruck. Dann klappten beide Flügel zusammen und er stürzte in die Tiefe. „Tommaso!“, schrie ich. Ich dachte, er müsse sterben. Dann gab es einen lauten Aufprall. Danach Stille. Entsetzt starrte ich auf die Bäume, in denen der Ornithopter hing. „Noch ist es nicht zu spät!“, rief ich und eilte geschwind durch das Gestrüpp nach unten. Als ich ganz und gar außer Atem bei dem Baume ankam, hörte ich ein lautes Stöhnen. „Tommaso! Unglücklicher! Verzeih vielmals! Wie schlimm ist es?“, fragte ich voller Bestürzung. „So helft mir doch erst einmal hier heraus!“, kam die unwirsche Antwort des ächzenden Tommaso. „Natürlich doch!“ Eilig kletterte ich den Baum hinauf, was mir erstaunlicherweise recht schwer fiel, obwohl ich doch, wie ich fand, in halbwegs guter körperlicher Verfas-

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sung war, und half Tommaso heraus. Stöhnend stützte er sich auf mich und gemeinsam kletterten wir wieder hinunter. Unten angekommen legte ich meinen Freund vorsichtig am Boden ab. „Das ist alles Eure Schuld! Dieses Gerät war nie f lugfähig! Ihr wolltet mich in den Tod schicken!“, schimpfte Tommaso mit verzerrtem Gesicht los. „Aber nein, aber nein, mein lieber Tommaso. So glaub mir doch, all meine Absichten waren rein. Ich bitte dich! Ich würde dich doch niemals töten wollen“, sagte ich klärend und fügte belehrend hinzu: „Besser ist, du behältst deinen Zorn das nächste Mal für dich. Kritisiere einen Freund heimlich und lobe ihn öffentlich. Alles andere ist äußerst kränkend.“ Stöhnend versuchte er sich aufzuset-zen. „Wie schlimm ist es denn?“ „Ich denke, mein Bein ist zerschmettert. Und mehrere meiner Rippen auch. Aber sonst ist alles heil geblieben.“ Um mich noch einmal zu erklären, sagte ich: „Es dient alles dem Fortschritt, mein lieber Freund. Die Natur macht einige Irrtümer, die wir verbessern müssen. So auch, dass wir Menschen nicht f liegen können. Dies müssen wir ändern.“ Nun lächelte Tommaso. „Ein kluger Mann sagte mir einst: Mach’ dir nicht vor, du wolltest Irrtümer in der Natur verbessern. In der Natur ist kein Irrtum, sondern der Irrtum ist in dir. Könnt Ihr Euch denken, von wem dieser Spruch war?“, fragte er grinsend. Nun musste auch ich schmunzeln. „Ich muss gestehen, mein Tommaso“, sagte ich und strich mir über den Bart, „dies war einer meiner Verse. Vielleicht sollte ich es mir vorher besser überlegen, wenn ich dich mit meinen Aphorismen belehren will. Und nochmals: Verzeih’ mir.“ „Schon gut, schon gut“, ant-wortete er. Erfreut nahm ich ihn in den Arm. Sofort stöhnte er auf, doch dann musste er lachen. Gemeinsam saßen wir, bis die Sonne unterging, so da und lachten.

Kursivgeschriebenes kennzeichnet Zitate Leonardo da Vincis.

Josephine Nothnagel, Klasse 10, Gymnasium St. Augustin, Grimma

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Traumfänger

von Annalena Fesser

Zierlich gewobene Fäden,die das Traumfängernetz ergeben.

Hauchdünn, doch trotzdem stark.Wer weiß schon, was dies Garn vermag?

Es filtert die Träume in jeder Nacht,denn dazu ist dieses Geflecht gemacht.

Besetzt mit Perlen, Federn, Steinen,die sich zum Traumfängernetz vereinen.

Zart, doch mit Kraft gestrickt,so glanzvoll wird jeder Traum bestückt.

Die Träume gleiten die Federn hinunter,machen die Nacht für die Träumenden bunter.

Ein Traumfänger verspinnt Gedanken,um die sich alle Träume ranken.

Annalena Fesser, Klasse 8, Freie Schule Anhalt, Köthen

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Mitglieder des Preisgerichts

Christine Böhme Coburg

Angelika Breme Mitglied der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft

Sabine Brzezek Vorsitzende des Preisgerichts, Mitglied der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft, Fachbetreuerin Deutsch

Sylvia Diener Diplomlehrerin a. D. für Deutsch, Köthen

Barbara Dörr Mitglied der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft, Diplomlehrerin a. D. für Deutsch, Köthen

Wolfgang Giebichenstein Mitglied der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft, Fachkonferenzleiter a. D. am Ludwigsgymnasium, Köthen

Heidemarie Goßrau Deutschlehrerin a. D. an der Evangelischen Grundschule, Köthen

Gisela Haack Deutschlehrerin am Landesstudienkolleg Sachsen-Anhalt, Köthen

Lienhard Hinz Sprecherzieher (DGSS), Vorstandsmitglied der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft

Jürgen Jankofsky Schriftsteller, Geschäftsführer des Friedrich-Bödecker-Kreises Sachsen-Anhalt, stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes der Friedrich-Bödecker-Kreise

Annegret Klotz Buchhändlerin, Köthen

Prof. Dr. Ulrich Knoop Wissenschaftlicher Beirat der Theo-Münch-Stiftung für die Deutsche Sprache, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Prof. Dr. Winfried Lange Mitglied der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft, Hochschullehrer a. D. an der Hochschule Anhalt

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Michael Mühlenhort Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Klassikerwörterbuch, Freiburg

Simone Pfeiffer Deutschlehrerin an der Ratke-Schule Köthen

André Schinkel Schriftsteller, Mitglied des P.E.N.-Zentrums Deutschland

Kathrin Schmidt Schriftstellerin, Mitglied des P.E.N.-Zentrums Deutschland

Diethold Tietz Vorsitzender des Sprachrettungsklubs Bautzen/Oberlausitz e. V.

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Anmerkung

Die Vorstellungstexte zur Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft und zur Theo-Münch-Stiftung sind in traditioneller Rechtschreibung, die Wett-bewerbsbeiträge der Schüler und der Text „Schöne deutsche Sprache“ von Sabine Brzezek sind in Schulrechtschreibung gesetzt.

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Kontaktmöglichkeiten

Neue Fruchtbringende Gesellschaft zu Köthen/Anhalt e. V.

Schloßplatz 5

06366 Köthen (Anhalt)

Tel./Fax: 03496 40 57 40

E-Post: [email protected]

www.fruchtbringende-gesellschaft.de

Theo-Münch-Stiftung für die Deutsche Sprache

Immermannstraße 31

40210 Düsseldorf

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