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Zitiervorschlag: Düwell, jurisPR-ArbR 6/2015 Anm. 1 ISSN 1860-1553 juris GmbH, Gutenbergstraße 23, D-66117 Saarbrücken, Tel.: 0681/5866-0, Internet: www.juris.de, E-Mail: [email protected] Der juris PraxisReport sowie die darin veröffentlichten Anmerkungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil darf (auch nicht auszugsweise) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert werden. © juris GmbH 2015 Herausgeber: Prof. Franz Josef Düwell, Vors. RiBAG a.D. Prof. Klaus Bepler, Vors. RiBAG a.D. 6/2015 Erscheinungsdatum: 11.02.2015 Erscheinungsweise: wöchentlich Bezugspreis: 10,- € monatlich zzgl. MwSt. Inhaltsübersicht: Anm. 1 Die flankierenden Änderungen des ArbGG zur Herstellung der Tarifeinheit von Prof. Franz Josef Düwell, Vors. RiBAG a.D. Anm. 2 Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung - starkes Übergewicht (Adipositas) als Behinderung ("FOA") Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 18.12.2014, C-354/13 von Dr. Anja Lingscheid, RA'in und FA'in für Arbeitsrecht, Norton Rose Fulbright LLP Anm. 3 Erstreckung einer formularmäßigen Ausschlussfrist auf Haftung aus vorsätzlicher Pflichtverletzung Anmerkung zu LArbG Hamm, Urteil vom 09.09.2014, 14 Sa 389/13 von Prof. Dr. Dirk Beckmann, RA, FA für Arbeitsrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht / Claudia Hanisch, RA'in Anm. 4 AGB-Kontrolle eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags Anmerkung zu OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 30.10.2014, 1 U 42/14 von Dr. Alexander Bissels, RA und FA für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, Köln Anm. 5 Darlegungslast bei Equal-Pay-Klagen Anmerkung zu BAG, Urteil vom 23.10.2013, 5 AZR 667/12 von Dr. André Zimmermann, LL.M., RA und FA für Arbeitsrecht, King & Wood Mallesons LLP, Frankfurt am Main Anm. 6 Rechtsweg für Kündigungsschutzklage eines Fußballtrainers Anmerkung zu LArbG Rostock, Beschluss vom 07.07.2014, 3 Ta 21/14 von Dr. Leona Sofie Sixtus, RA'in und FA'in für Arbeitsrecht, Sixtus & Partner Rechtsanwälte, Berlin

Darlegungslast bei Equal Pay-Klagen

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Page 1: Darlegungslast bei Equal Pay-Klagen

Zitiervorschlag: Düwell, jurisPR-ArbR 6/2015 Anm. 1ISSN 1860-1553

juris GmbH, Gutenbergstraße 23, D-66117 Saarbrücken, Tel.: 0681/5866-0, Internet: www.juris.de, E-Mail: [email protected] juris PraxisReport sowie die darin veröffentlichten Anmerkungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil darf (auch nichtauszugsweise) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert werden.© juris GmbH 2015

Herausgeber: Prof. Franz Josef Düwell, Vors. RiBAG a.D.Prof. Klaus Bepler, Vors. RiBAG a.D.

6/2015

Erscheinungsdatum:11.02.2015 Erscheinungsweise:wöchentlich Bezugspreis:10,- € monatlichzzgl. MwSt.

Inhaltsübersicht:

Anm. 1 Die flankierenden Änderungen des ArbGG zur Herstellung der Tarifeinheitvon Prof. Franz Josef Düwell, Vors. RiBAG a.D.

Anm. 2 Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung - starkesÜbergewicht (Adipositas) als Behinderung ("FOA")Anmerkung zu EuGH, Urteil vom  18.12.2014, C-354/13von Dr. Anja Lingscheid, RA'in und FA'in für Arbeitsrecht, Norton Rose Fulbright LLP

Anm. 3 Erstreckung einer formularmäßigen Ausschlussfrist auf Haftung ausvorsätzlicher PflichtverletzungAnmerkung zu LArbG Hamm, Urteil vom  09.09.2014, 14 Sa 389/13von Prof. Dr. Dirk Beckmann, RA, FA für Arbeitsrecht und FA für Handels- undGesellschaftsrecht / Claudia Hanisch, RA'in

Anm. 4 AGB-Kontrolle eines ArbeitnehmerüberlassungsvertragsAnmerkung zu OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom  30.10.2014, 1 U 42/14von Dr. Alexander Bissels, RA und FA für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, Köln

Anm. 5 Darlegungslast bei Equal-Pay-KlagenAnmerkung zu BAG, Urteil vom  23.10.2013, 5 AZR 667/12von Dr. André Zimmermann, LL.M., RA und FA für Arbeitsrecht, King & Wood Mallesons LLP,Frankfurt am Main

Anm. 6 Rechtsweg für Kündigungsschutzklage eines FußballtrainersAnmerkung zu LArbG Rostock, Beschluss vom  07.07.2014, 3 Ta 21/14von Dr. Leona Sofie Sixtus, RA'in und FA'in für Arbeitsrecht, Sixtus & Partner Rechtsanwälte,Berlin

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Die flankierenden Änderungen des ArbGGzur Herstellung der Tarifeinheit

von Prof. Franz Josef Düwell, Vors. RiBAG a.D.

I. Entwurf eines Gesetzes zur Tarifeinheit

Der Entwurf des Tarifeinheitsgesetzes ist nach derBeschlussfassung im Kabinett am 29.12.2014 inden Bundesrat eingebracht worden.1 Er enthält inArt. 1 als Kern die Änderungen des TVG 2 und inArt. 2 flankierende Änderungen des ArbGG.

II. Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssa-chen

Der Katalog der Zuständigkeiten der Gerichte fürArbeitssachen für Angelegenheiten, auf die dasBeschlussverfahren Anwendung findet, wird in§ 2a Abs. 1 ArbGG um die folgende Nummer 6 er-weitert:

„6. die Entscheidung über den nach § 4a Absatz2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzes im Betrieb an-wendbaren Tarifvertrag“.

Danach gilt:

1. Die Gerichte für Arbeitssachen werden aus-schließlich zuständig.

2. Das Beschlussverfahren ist wegen der in die-ser Verfahrensart geltenden Besonderheiten, ins-besondere wegen der richterlichen Verpflichtungzur Amtsermittlung, für diesen Verfahrensgegen-stand vorgeschrieben.

Die gerichtliche Feststellung des nach § 4a Abs. 2Satz 2 TVG im Betrieb anwendbaren Tarifver-trag unterliegt deshalb nicht dem im Urteilsver-fahren geltenden Dispositionsgrundsatz, sonderndem nach §  83 Abs.  1 Satz 1 ArbGG im Be-schlussverfahren geltenden Untersuchungsgrund-satz. Dieser wird allerdings durch die in § 83 Abs. 1Satz 2 ArbGG von der Rechtsprechung erweiterndausgelegte Mitwirkungspflicht der Beteiligten wie-der spürbar eingeschränkt.

III. Notarielle Klärung der Mehrheit im Be-trieb

In §  58 ArbGG soll folgender Absatz 3 angefügtwerden:

„(3) Insbesondere über die Zahl der in einem Ar-beitsverhältnis stehenden Mitglieder oder das Ver-tretensein einer Gewerkschaft in einem Betriebkann Beweis auch durch die Vorlegung öffentli-cher Urkunden angetreten werden.“

Bereits nach geltendem Recht können sich dieParteien auch bei vorhandenen unmittelbaren Be-weismitteln auf die Benennung mittelbarer Be-weismittel beschränken. Der neue Absatz 3 stelltdie Möglichkeit klar, im Wege des Urkundenbewei-ses nach § 415 ZPO eine notarielle Erklärung ver-werten zu können. Dies soll den Nachweis der Zahlder in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglie-der einer Gewerkschaft in einem Betrieb in Verfah-ren nach § 2a Abs. 1 Nr. 6 ArbGG und den Nach-weis des Vertretenseins einer Gewerkschaft in ei-nem Betrieb nach § 2 Abs. 2 BetrVG erleichtern.3

Zu beachten ist, dass der neue Absatz 3 aus-drücklich nicht auf Verfahren nach §  2a Abs.  1Nr. 6 ArbGG beschränkt ist. Das den Entwurf er-stellende BMAS will somit die Möglichkeit, den Be-weis über eine notarielle Erklärung zu führen, ge-nerell zulassen. Das ist sinnvoll. So kann sicher-gestellt werden, dass die Gewerkschaft die Na-men ihrer im Betrieb des Arbeitgebers beschäf-tigten Arbeitnehmer nicht dem Arbeitgeber ge-genüber offenlegen muss.4 Gewerkschaftlich or-ganisierte Arbeitnehmer können dadurch in ihrerverfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionaus Art. 9 Abs. 3 GG sowie ihrem Recht auf infor-mationelle Selbstbestimmung aus Art.  1 Abs.  1,Art.  2 Abs.  1 GG geschützt werden. Der Schutzergibt sich daraus, dass der beurkundende Notarnach § 18 Abs. 1 BNotO über die Identität von Ge-werkschaftsmitgliedern und Nichtgewerkschafts-mitgliedern Stillschweigen zu bewahren hat.

Problematisch ist allerdings, ob die Notare für die-se Aufgabe gerüstet sind. Es ist nämlich mehrzu tun, als die Mitgliederausweise der Gewerk-schaftsmitglieder zu zählen. Es geht um die Anzahlder Mitglieder, die als Arbeitnehmer im Betriebbeschäftigt werden. Preis weist zu Recht daraufhin, dass die Feststellung der Betriebszugehörig-keit gar nicht so leicht ist.5 Arbeitnehmer werdenvom Unternehmen eingestellt und werden den Be-trieben durch eine Weisung des Arbeitgebers zu-gewiesen oder später nicht selten versetzt. Des-halb sind Arbeitsverträge kaum geeignete Unter-

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lagen, aus denen sich die Betriebszugehörigkeitergibt. Schließlich kommt der Notar nicht umhin,für seine Mehrheitsfeststellung auch Rechtsfragenzu beantworten. Preis nennt als Beispiele6:

„Zählen eigentlich auch Gewerkschaftsmitgliedermit, die gar nicht von dem Tarifvertrag erfasstwerden, wie außertarifliche Angestellte? Was istmit beurlaubten und ruhenden Arbeitsverhältnis-sen sowie mit ins Ausland abgeordneten Arbeit-nehmern?“

Damit das Gericht die notarielle Erklärung über-haupt verwerten kann, darf der Notar nicht nureine Endzahl angeben, sondern muss auch seinejuristische Vorgehensweise und dabei anfallendeZwischenergebnisse offenlegen.

IV. Besonderes Beschlussverfahren über denim Betrieb anwendbaren Tarifvertrag

§  99 ArbGG wird nach dem Entwurf zu §  100ArbGG. An die Stelle des bisherigen § 99 ArbGGtritt folgende Fassung:

„§ 99 Entscheidung über den nach § 4a Abs. 2 Satz2 des Tarifvertragsgesetzes im Betrieb anwendba-ren Tarifvertrag

(1) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 6 wird dasVerfahren auf Antrag einer Tarifvertragspartei ei-nes kollidierenden Tarifvertrags eingeleitet.

(2) Für das Verfahren sind die §§ 80 bis 82 Abs. 1Satz 1, §§ 83 bis 84 und §§ 87 bis 96a entsprechendanzuwenden.

(3) Der rechtskräftige Beschluss über den nach§  4a Absatz 2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzesim Betrieb anwendbaren Tarifvertrag wirkt für undgegen jedermann.

(4) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 6 findet eineWiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt,wenn die Entscheidung über den nach §  4a Ab-satz 2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzes im Betriebanwendbaren Tarifvertrag darauf beruht, dass einBeteiligter absichtlich unrichtige Angaben oderAussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozessord-nung findet keine Anwendung.“

Im neuen § 99 ArbGG wird bestimmt, welche zu-sätzlichen Besonderheiten für das besondere Be-schlussverfahren mit dem Verfahrensgegenstand„Entscheidung über den nach § 4a Abs. 2 Satz 2

TVG im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag“ gelten.Die Ausgestaltung des Verfahrens in § 99 Abs. 2ArbGG n.F. lehnt sich bewusst an die Regelungenin § 97 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffä-higkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigungund in § 98 ArbGG zur Entscheidung über die Wirk-samkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung odereiner Rechtsverordnung an.7 Ergeht in dem Ver-fahren ein Beschluss, so wirkt er über den Kreisder unmittelbar am Verfahren Beteiligten hinaus.Wird der Beschluss rechtskräftig, so wirkt er nach§  99 Abs.  3 ArbGG n.F. erga omnes. Da abwei-chend von den §§ 97 Abs. 5 und 98 Abs. 6 ArbGGkeine Pflicht zur Aussetzung anderer Rechtsstreitebesteht, bedarf es zur Verfahrenseinleitung nach§ 81 Abs. 1 ArbGG eines Antrags. Die dazu erfor-derliche Antragsbefugnis ist in § 99 Abs. 1 ArbGGn.F. geregelt. Sie ist auf Tarifvertragsparteien be-schränkt und setzt voraus, als Partei eines kol-lidierenden Tarifvertrags von einer Entscheidungüber den nach § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG im Betriebanwendbaren Tarifvertrag betroffen zu werden.Durch die entsprechende Anwendung des §  83Abs. 3 ArbGG wird sichergestellt, dass das Gerichtalle Personen, Vereinigungen und Stellen zu betei-ligen hat, die in ihrer Rechtsstellung vom Verfah-rensausgang betroffen werden8.

Nach der Maßgabe in § 99 Abs. 2 ArbGG a.F., die§§  80 Abs.  2 und 79 ArbGG i.V.m. den §§  578bis 591 ZPO anzuwenden, ist eine Wiederaufnah-me des Verfahrens auch nach rechtskräftigem Be-schluss möglich. § 99 Abs. 4 ArbGG n.F. bestimmtdazu nach dem Vorbild der §§ 97 Abs. 4 und 98Abs.  5 ArbGG Erleichterungen für den Wieder-aufnahmeantrag. Es findet ein Restitutionsverfah-ren auch dann statt, wenn die Entscheidung dar-über, welcher Tarifvertrag nach § 4a Abs. 2 Satz2 TVG im Betrieb anwendbar ist, darauf beruht,dass ein Beteiligter absichtlich unrichtige Anga-ben oder Aussagen gemacht hat. Da § 581 ZPOkeine Anwendung findet, bedarf es dazu nicht derin § 581 ZPO genannten einschränkenden Voraus-setzungen wie z.B. einer rechtskräftigen Verurtei-lung wegen einer Falschaussage. Dies soll das Ver-fahren beschleunigen.

Tritt Tarifpluralität auf, so dient nach § 99 Abs. 1ArbGG n.F. das in dessen Abs. 2 bis 4 geregelte be-sondere Beschlussverfahren der Feststellung desim Betrieb geltenden Mehrheitstarifvertrags. Eswird jedoch nur auf Antrag einer Tarifvertragspar-tei eines kollidierenden Tarifvertrages die Mehr-heit im Betrieb ermittelt. Preis fragt zu Recht:„Was geschieht eigentlich, wenn der Antrag nicht

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gestellt wird?“9 Muss es dann zwangsläufig bei derTarifpluralität bleiben? Oder ist das Urteilsverfah-ren, in dem ein Arbeitnehmer, der gestützt auf denbesseren Tarifabschluss der Minderheitsgewerk-schaft, seinen Individualanspruch einklagt, dannauszusetzen und das besondere Beschlussverfah-ren nach den §§ 2a Abs. 1 Nr. 6, 99 ArbGG n.F. vomAmts wegen einzuleiten? Antworten zu diesen Fra-gen finden sich weder im Gesetzestext noch in derEntwurfsbegründung.

1 BR-Drs. 635/14.2 Hierzu bereits Düwell, jurisPR-ArbR 5/2015

Anm. 1.3 Vgl. zu den Grenzen des Urkundsbewei-

ses BAG, Beschl.  v. 25.03.1992 - 7 ABR65/90; BVerfG, Beschl. v. 21.03.1994 - 1 BvR1485/93.

4 BR-Drs. 635/14, S. 13.5 Preis, Der Preis der Koalitionsfreiheit – Oder:

Weshalb das Tarifeinheitsgesetz scheiternwird, Vortrag gehalten am 07.11.2014 in Kölnauf der 26. Jahresarbeitstagung des Deut-schen Anwaltsinstituts e.V.

6 Preis, Der Preis der Koalitionsfreiheit – Oder:Weshalb das Tarifeinheitsgesetz scheiternwird, Vortrag gehalten am 7.11.2014 in Kölnauf der 26. Jahresarbeitstagung des Deut-schen Anwaltsinstituts e.V.

7 BT-Drs. 635/14, S. 14.8 Dazu BAG, Beschl.  v. 06.06.2000 - 1 ABR

21/99.9 Preis, Der Preis der Koalitionsfreiheit – Oder:

Weshalb das Tarifeinheitsgesetz scheiternwird, Vortrag gehalten am 07.11.2014 in Kölnauf der 26. Jahresarbeitstagung des Deut-schen Anwaltsinstituts e.V.

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Verbot der Diskriminierung wegen einerBehinderung - starkes Übergewicht(Adipositas) als Behinderung ("FOA")

Orientierungssätze zur Anmerkung:

1. Das Unionsrecht enthält kein allgemeinesVerbot der Diskriminierung wegen Adiposi-tas als solcher in Beschäftigung und Beruf.

2. Die Richtlinie 2000/78/EG ist dahin auszu-legen, dass die Adipositas eines Arbeitneh-mers eine Behinderung im Sinne der Richt-linie darstellt, wenn sie eine Einschränkung

mit sich bringt, die u.a. auf physische, geisti-ge oder psychische Beeinträchtigungen vonDauer zurückzuführen ist, die ihn in Wech-selwirkung mit verschiedenen Barrieren ander vollen und wirksamen Teilhabe am Be-rufsleben, gleichberechtigt mit den anderenArbeitnehmern, hindern können.

Anmerkung zu EuGH, Urteil vom  18.12.2014, C-354/13von Dr. Anja Lingscheid, RA'in und FA'in für Ar-beitsrecht, Norton Rose Fulbright LLP

A. Problemstellung

Mit der Frage, ob Übergewicht unter den Diskri-minierungsschutz des AGG fallen kann, beschäf-tigen sich deutsche Gerichte schon seit einigerZeit (vgl. ArbG Darmstadt, Urt.  v. 12.06.2014- 6 Ca 22/13; BVerwG, Beschl.  v. 04.04.2013- 2 B 87.12). Ca. 52% der erwachsenen Be-völkerung in Deutschland sind übergewichtig,ca. 16% stark übergewichtig (d.h. adipös). Auf-grund der abschließenden Aufzählung der Dis-kriminierungsmerkmale im AGG und in der zu-grunde liegenden Richtlinie 2000/78/EG ist nurein mittelbarer Diskriminierungsschutz denk-bar, nämlich wenn Übergewicht im Einzelfalleine Behinderung darstellt (verdeckte unmit-telbare Benachteiligung wegen einer Behinde-rung). Hiermit musste sich nun auch der EuGHbefassen.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Herr Kaltoft war seit 1996 bei der Billund Kom-mune in Dänemark als Tagesvater tätig undbetreute Kinder bei sich zu Hause. Währendder gesamten Beschäftigungsdauer war er „adi-pös“ im Sinne der Definition der WHO. Die Bil-lund Kommune gewährte ihm 2008 einen fi-nanziellen Zuschuss u.a. für die Teilnahme anSportkursen. Herr Kaltoft verlor zwar Gewicht,nahm aber wieder zu. Nachdem Herr Kaltoftnach einem Jahr Urlaub aus familiären Grün-den im März 2010 seine Arbeit wieder aufge-nommen hatte, besuchte ihn mehrmals unan-gekündigt die für die Tagesbetreuer Verant-wortliche und erkundigte sich nach seinem Ge-wichtsverlust. Sein Gewicht war nahezu unver-ändert geblieben. Ab September 2010 hatteHerr Kaltoft aufgrund des Rückgangs der Kin-derzahl in der Billund Kommune nur drei stattvier Kinder zu betreuen, für die er eine Zulas-

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sung erhalten hatte. Die pädagogischen Beauf-tragten der Billund Kommune wurden um Vor-schläge gebeten, welcher Tagesbetreuer ent-lassen werden sollte. Die für die TagesbetreuerVerantwortliche entschied sich für Herrn Kaltoft.Anfang November 2010 leitete die Billund Kom-mune das Anhörungsverfahren für die Entlas-sung eines Angestellten des öffentlichen Diens-tes ein. Herr Kaltoft erkundigte sich bei der Ver-antwortlichen, warum er als einziger der Tages-betreuer entlassen werden solle. Die Adiposi-tas von Herrn Kaltoft wurde bei diesem Treffenerörtert. Streitig ist aber, wie das Thema zurSprache gekommen und inwieweit die Adiposi-tas ein Gesichtspunkt gewesen war, der in denzu der Entlassung führenden Entscheidungspro-zess Eingang gefunden hat. Mit Schreiben vom04.11.2010 teilte die Billund Kommune HerrnKaltoft mit, dass sie beabsichtige, ihn zu entlas-sen und bat ihn um Stellungnahme. Die beab-sichtigte Entlassung erfolge „nach einer konkre-ten Prüfung vor dem Hintergrund eines Rück-gangs der Kinderzahl und damit der Arbeits-last, mit dem erhebliche finanzielle Auswirkun-gen auf den Kinderbetreuungsdienst und des-sen Organisation verbunden sind“. Mit Schrei-ben vom 22.11.2010 kündigte die Billund Kom-mune Herrn Kaltoft. Die Kündigung sei nach ei-ner „konkreten Prüfung vor dem Hintergrund ei-nes Rückgangs der Kinderzahl“ erfolgt.

Die Gewerkschaft „Fag og Arbejde“ (FOA) erhobKlage beim Gericht in Kolding und machte gel-tend, dass Herr Kaltoft Opfer einer Diskriminie-rung wegen Adipositas geworden und ihm dafürSchadensersatz zu leisten sei. Das Gericht setz-te das Verfahren aus und legte dem EuGH Fra-gen zur Diskriminierung wegen Adipositas zurVorabentscheidung vor.

Der EuGH stellte in seiner Entscheidung klar,dass weder das Unionsrecht noch das abgeleite-te Unionsrecht ein allgemeines Verbot der Dis-kriminierung wegen Adipositas als solcher in Be-schäftigung und Beruf enthalte. Zu den Grund-rechten als integraler Bestandteil der allgemei-nen Grundsätze des Unionsrechts gehöre u.a.das allgemeine Diskriminierungsverbot. WederEU-Vertrag noch AEU-Vertrag enthielten aber ei-ne Bestimmung, die eine Diskriminierung we-gen Adipositas als solche verbiete. Ebenso we-nig sei Adipositas in der Richtlinie 2000/78/EGals Diskriminierungsgrund aufgeführt. Nach derRechtsprechung des EuGH dürfe der Geltungs-bereich der Richtlinie 2000/78/EG auch nicht in

entsprechender Anwendung über die Diskrimi-nierungen wegen der in Art. 1 der Richtlinie ab-schließend aufgezählten Gründe hinaus ausge-dehnt werden.

Die Richtlinie 2000/78/EG sei aber dahin aus-zulegen, dass die Adipositas eines Arbeitneh-mers eine „Behinderung“ im Sinne der Richtli-nie darstelle, wenn sie eine Einschränkung mitsich bringe, die u.a. auf physische, geistige oderpsychische Beeinträchtigungen von Dauer zu-rückzuführen sei, die ihn in Wechselwirkungmit verschiedenen Barrieren an der vollen undwirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichbe-rechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hin-dern könne. Der Begriff „Behinderung“ sei sozu verstehen, dass er nicht nur die Unmög-lichkeit erfasse, eine berufliche Tätigkeit aus-zuüben, sondern auch eine Beeinträchtigungder Ausübung einer solchen Tätigkeit. Eine an-dere Auslegung sei mit dem Ziel der Richtli-nie 2000/78/EG unvereinbar, die insbesonde-re Menschen mit Behinderung Zugang zur Be-schäftigung oder die Ausübung eines Berufs er-möglichen solle. Für den Anwendungsbereichder Richtlinie je nach Ursache der Behinderungzu differenzieren, würde außerdem ihrem Ziel,die Gleichbehandlung zu verwirklichen, wider-sprechen. Der Begriff „Behinderung“ im Sinneder Richtlinie 2000/78/EG hänge nicht davon ab,inwieweit der Betreffende gegebenenfalls zumAuftreten seiner Behinderung beigetragen ha-be.

Die Adipositas als solche sei allerdings keine„Behinderung“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG, weil sie ihrem Wesen nach nicht zwangs-läufig eine der beschriebenen Einschränkungenzur Folge habe. Die Adipositas eines Arbeit-nehmers falle aber unter den Begriff „Behinde-rung“, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seinerAdipositas an der vollen und wirksamen Teilha-be am Berufsleben, gleichberechtigt mit den an-deren Arbeitnehmern, gehindert wäre, und zwaraufgrund eingeschränkter Mobilität oder demAuftreten von Krankheitsbildern, die ihn an derVerrichtung seiner Arbeit hinderten oder zu ei-ner Beeinträchtigung der Ausübung seiner be-ruflichen Tätigkeit führten.

Vorliegend stehe fest, dass Herr Kaltoft wäh-rend der gesamten Zeit seiner Beschäftigungbei der Billund Kommune – also über einen lan-gen Zeitraum – adipös gewesen sei. Es sei Sa-che des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob

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diese Adipositas trotz des Umstands, dass HerrKaltoft seine Arbeit etwa 15 Jahre lang verrich-tet habe, zu einer Einschränkung geführt habe,die die genannten Voraussetzungen erfülle.

C. Kontext der Entscheidung

Bisher stellte starkes Übergewicht nach Auffas-sung deutscher Gerichte allein keine Behinde-rung dar, wenn nicht tatsächlich Folgeerkran-kungen vorliegen, die die Teilhabe am Berufs-leben einschränken. Das BAG hat aber zuletztentschieden, dass auch eine symptomlose HIV-Infektion aufgrund des sozialen Vermeidungs-verhaltens und der Stigmatisierung eine Be-hinderung im Sinne des AGG ist (BAG, Urt.  v.19.12.2013 - 6 AZR 190/12 - NZA 2014, 372).Insoweit könnte man an sich auch schwere For-men von Adipositas als Behinderung bewerten.Nach dem EuGH ist Adipositas als solche jedochkeine „Behinderung“, weil sie nicht zwangsläu-fig eine Einschränkung zur Folge habe, die denBetroffenen an der Teilhabe am Berufslebenhindere. Nicht jeder adipöse Arbeitnehmer istdanach aufgrund seiner Adipositas an der vol-len und wirksamen Teilhabe am Berufslebengehindert, z.B. aufgrund eingeschränkter Mobi-lität, dem Auftreten von Krankheiten, die ihnan der Ausübung seiner Arbeit hindern oderihn dabei beeinträchtigen. Adipositas ist aberdie Grundvoraussetzung dafür, dass bei Über-gewicht überhaupt eine Behinderung vorliegenkann, da der EuGH ausdrücklich nur von „Adi-positas“ spricht. Die WHO stuft Erwachsene miteinem Body-Mass-Index (BMI) über 25 als über-gewichtig ein, mit einem BMI über 30 als starkübergewichtig (adipös). Herr Kaltoft ist 1,72 mgroß ist und wog während seiner Beschäftigungnie unter 160 kg (BMI 54 - Adipositas Grad III).Nach dem EuGH kann Übergewicht erst danneine Behinderung darstellen, wenn es sich umAdipositas (BMI > 30) handelt und nicht um blo-ßes Übergewicht (BMI von 25 bis 29,9). Ob dieAdipositas dann tatsächlich eine Behinderungist, ist nach dem EuGH eine Frage des Einzel-falls.

D. Auswirkungen für die Praxis

Da nun auch eine Adipositas eine Behinde-rung i.S.v. den §§  1, 4 AGG darstellen kann,wird der Anwendungsbereich des AGG und da-mit der Entschädigungs- und Schadensersatz-ansprüche nach § 15 AGG durch die Entschei-dung des EuGH erweitert. Auch bei Kündigun-

gen kann Adipositas eine Rolle spielen, sowohlim Rahmen der Prüfung der Sozialwidrigkeitder Kündigung als auch außerhalb des Anwen-dungsbereichs des KSchG (während der Warte-zeit und in Kleinbetrieben). Ein Verstoß gegendas Benachteiligungsverbot wegen einer Behin-derung (§§ 1, 4 AGG) kann zur Unwirksamkeitder Kündigung führen.

In der Praxis dürfte die Abgrenzung zwischenbloßem Übergewicht und Adipositas im Einzel-fall schwer fallen, insbesondere weil der EuGHsich in den Entscheidungsgründen nicht auf dieschwere Adipositas (Grad III, BMI > 40) gestützthat (wie von Generalanwalt Jääskinen in sei-nen Schlussanträgen vorgeschlagen). Vor die-sem Hintergrund sollten Arbeitgeber jeglicheAnknüpfung an oder Bezugnahme auf das Kör-pergewicht von Bewerbern oder Mitarbeiternunbedingt vermeiden. Eine Ausnahme kann gel-ten, wenn arbeitstechnische oder medizinischeErwägungen einer Beschäftigung entgegenste-hen. Auf §  8 Abs.  1 AGG als Rechtfertigungkönnen sich Arbeitgeber dabei aber nur be-rufen, wenn sie das Beschäftigungshindernisnicht durch zumutbare „angemessene Vorkeh-rungen“ beheben können.

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Erstreckung einer formularmäßigenAusschlussfrist auf Haftung ausvorsätzlicher Pflichtverletzung

Leitsatz:

Die in einem Formulararbeitsvertrag alsAllgemeine Geschäftsbedingung enthalteneAusschlussfrist von sechs Monaten für "ver-tragliche Ansprüche aus dem Arbeitsver-hältnis" erfasst auch einen vertraglichenAnspruch des Arbeitgebers gegen den Ar-beitnehmer wegen Haftung aus vorsätzli-cher Pflichtverletzung (entgegen BAG v.20.06.2013 - 8 AZR 280/12 - NZA 2013,1265).

Anmerkung zu LArbG Hamm, Urteil vom 09.09.2014, 14 Sa 389/13von Prof. Dr. Dirk Beckmann, RA, FA für Arbeits-recht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht /Claudia Hanisch, RA'in

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A. Problemstellung

Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, obeine formularmäßige Ausschlussfrist, nach dervertragliche Ansprüche verfallen, auch Ansprü-che aus vorsätzlicher Pflichtverletzung erfasst.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger war langjährig als selbstständigerVersicherungsvertreter als Geschäftsstellenlei-ter für die Versicherung P. tätig. Der Beklag-te war bei ihm als Kundenbetreuer angestellt.Nach dem Inhalt des der AGB-Kontrolle unter-liegenden Arbeitsvertrages sollten vertraglicheAnsprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfal-len, sobald sie nicht spätestens innerhalb vonsechs Monaten nach jeweiliger Fälligkeit des An-spruchs schriftlich geltend gemacht werden.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durchAufhebungsvertrag mit sofortiger Wirkung. Hin-tergrund war, dass die P. erhebliche Unregel-mäßigkeiten bei dem Abschluss und der Durch-führung von Versicherungsverträgen aufgefal-len waren, für die insbesondere auch der Be-klagte verantwortlich war. Die P. kündigte denGeschäftsstellenleitervertrag fristlos. Nach vor-angegangenem Zivilrechtsstreit des Klägers ge-gen die P., der mit einem Prozessvergleichendete, macht der Kläger knapp zwei Jahrenach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ei-nen Schadensersatzanspruch gegen den Be-klagten wegen entgangener Provisionszahlun-gen geltend. Die Klage blieb in beiden Instanzenerfolglos.

Das LArbG Hamm hat zur Begründung ausge-führt, dass vertragliche Haftungsansprüche inAnwendung der vertraglichen Regelung verfal-len seien. Die in dem Arbeitsvertrag verwendeteFormulierung erfasse alle auf Vorsatz oder Fahr-lässigkeit beruhenden vertraglichen Haftungs-ansprüche der einen Vertragspartei gegen dieandere. Wer als Arbeitgeber eine für „alle An-sprüche“ geltende Ausschlussfrist vorformulie-re, meine dies auch so. Besonderer Hinweiseoder Besonderheiten dafür, dass auch für dieFälle, die durch zwingende gesetzliche Verboteoder Gebote geregelt sind, eine Anwendung derAusschlussfrist gewollt sei, bedürfe es nicht.

Das Gericht hat dem Kläger auch Ansprüche aufgesetzlicher Grundlage versagt. Ein Anspruchaus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eigentumsverlet-

zung scheitere daran, dass Forderungen undandere Vermögensrechte bzw. reine Vermö-gensschäden von der Norm nicht erfasst sei-en. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Ver-bindung mit einem Schutzgesetz scheitere dar-an, dass ein strafbares Verhalten des Beklag-ten gegenüber der P. kein für den Kläger gelten-des Schutzgesetz verletzt habe. Eine Haftungaus § 826 BGB sei mangels erforderlichen Schä-digungsvorsatzes nicht gegeben. Im Anwen-dungsbereich dieser Norm müsse sich der Vor-satz auch auf den Eintritt des Schadens erstre-cken. Hierfür fehle es hinsichtlich der konkretenSchädigung, nämlich dem Verlust von Provisi-onszahlungen durch die außerordentliche Kün-digung des Agenturvertrages, an Anhaltspunk-ten. Weder habe der Beklagte bewusst noch ge-wollt durch sein Verhalten gegenüber der P. ei-ne Beendigung des Vertragsverhältnisses zwi-schen dieser und dem Kläger herbeiführen wol-len. Für einen Schadensersatzanspruch auf derGrundlage des §  823 Abs.  1 BGB wegen Ver-letzung des Rechts am ausgeübten und einge-richteten Gewerbebetrieb fehle es an einem be-triebsbezogenen Eingriff.

C. Kontext der Entscheidung

Die Entscheidung des LArbG Hamm steht dervorangegangenen Entscheidung des BAG zurFrage der Reichweite der Formulierung in ei-ner Vertragsklausel, wonach „alle Ansprüche“verfallen, wenn sie nicht rechtzeitig geltend ge-macht werden, entgegen. Das Gericht tritt derinsoweit wohl als gefestigt zu bezeichnendenRechtsprechung des BAG, wonach es nahelie-ge, dass für die Parteien Ansprüche aus vorsätz-lichen Vertragsverstößen und vorsätzlichen un-erlaubten Handlungen nicht einbezogen hätten(BAG, Urt. v. 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - NZA2005, 1111, sowie BAG, Urt. v. 28.09.2005 - 5AZR 52/05 - NZA 2006, 149), ausdrücklich ent-gegen. Auch widerspricht die Entscheidung demBAG insoweit, als dieses annimmt, dass eineVertragsklausel wirksam sei, die nur in außer-gewöhnlichen, von den Vertragsparteien nichtfür regelungsbedürftig gehaltenen Fällen gegendas Gesetz verstoße. Das BAG steht auf demStandpunkt, dass solche Ausnahmefälle nichterfasst würden, da die Parteien die in § 309 Nr. 7BGB genannten besonderen Ansprüche (wegenHaftung für Vorsatz und Fahrlässigkeit) nicht ei-gens erwähnt und offenbar auch nicht bedachthätten (BAG, Urt. v. 25.05.2005 - 5 AZR 572/04).

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Im Ergebnis nimmt das Landesarbeitsgerichtden Klauselverwender hinsichtlich der von ihmgewählten Wortwahl, dass „alle Ansprüche“ er-ledigt seien sollen, beim Wort. Dies müsse je-denfalls im Hinblick auf die hier vorliegendeKlausel gelten, wonach „vertragliche Ansprü-che aus dem Arbeitsverhältnis“ erfasst werdensollten. Die vom Landesarbeitsgericht gewählteAuslegung entspreche Sinn und Zweck der Aus-schlussklausel innerhalb eines überschaubaren,kurzen Zeitraums, Rechtssicherheit und Rechts-frieden zu schaffen. Dieses Ziel liege im typi-schen Interesse der am Abschluss von Arbeits-verträgen beteiligten Verkehrskreise. Es sei mitBlick auf die Rechtsprechung des BAG unerheb-lich, dass der Arbeitgeber grundsätzlich kein In-teresse habe, einen gesetzwidrigen Haftungs-ausschluss (z.B. für vorsätzlich verursachte Per-sonenschäden) zu vereinbaren, der in jedemFall nach § 134 BGB nichtig und bei Formular-arbeitsverträgen nach §  309 Nr.  7 unwirksamwäre. Ein solches Interesse müsse für den Ar-beitnehmer als typischerweise beteiligten Ver-kehrskreis erkennbar sein, damit es berücksich-tigt werden könne. Dass sei aber schon auf-grund des umfassenden und im Hinblick auf die-ses Arbeitgeberinteresse intransparenten Wort-lauts der vom Arbeitgeber umfassend formulier-ten Ausschlussfrist ausgeschlossen. Um rege-lungsbedürftige, außergewöhnliche oder fern-liegende Fälle müsse man sich vor dem Hin-tergrund keine Gedanken machen, da die Par-teien regelmäßig den Begriff „Ansprüche“ oh-ne Einschränkung in ihrer Reichweite erfassen.Schadensersatzansprüche im Arbeitsverhältnisseien im Übrigen weder außergewöhnlich nochfernliegend oder zahlenmäßig belanglos. Entge-gen BAG, Urt. v. 20.06.2013 - 8 AZR 280/12 be-dürfe es besonderer Hinweise oder Besonder-heiten dafür, dass auch auf die Fälle, die durchzwingende gesetzliche Verbote oder Gebote ge-regelt sind, eine Anwendung der Ausschlussfristgewollt sei. Die Auffassung, die – vermeintliche– Absicht gesetzeskonformen Verhaltens, selbstnur einer Seite, schließe im Wege der Ausle-gung einen gesetzeswidrigen Inhalt der Ver-tragsklausel aus, blende das typische Verwen-derinteresse aus, nämlich den einseitigen Ver-such des Verwenders, bis zum Rand des Ge-setzes und ggf. darüber hinaus seine Interes-sen durchzusetzen. Schließlich werde der Aus-legungsansatz des BAG (Urt.  v. 06.05.2014 -9 AZR 678/12) dem bestehenden strukturellenUngleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Ar-

beitnehmer nicht gerecht, wie es im Falle vonvom Arbeitgeber vorformulierten und gestelltenKlauseln regelmäßig vorliege. Ebenso wie Rei-sende (vgl. BGH, Urt.  v. 26.02.2009 - Xa ZR141/07) oder Käufer (BGH, Urt. v. 19.09.2007 -VIII ZR 141/06) müsse auch der Arbeitnehmerbei einer umfassend formulierten Ausschluss-frist nicht erkennen, dass diese nicht umfas-send, sondern lediglich gesetzeskonform ge-meint sei.

D. Auswirkungen für die Praxis

Das Gericht hat wegen der Divergenz zu der bis-herigen BAG-Rechtsprechung die Revision zu-gelassen. Diese ist beim BAG anhängig (Az.: 8AZR 753/14).

Wenngleich die Argumente des LArbG Hammnicht von der Hand zu weisen sind, ist nicht zuerwarten, dass das BAG die wohl insoweit alsgefestigt zu bezeichnende Rechtsprechung auf-gibt.

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AGB-Kontrolle einesArbeitnehmerüberlassungsvertrags

Leitsatz:

Eine Klausel in den AGB eines Arbeitneh-merüberlassungsvertrags über die Entrich-tung einer allein an das Überlassungsentgeltzwischen Entleiher und Verleiher gekoppel-ten Vermittlungsvergütung für den Fall derÜbernahme des Arbeitnehmers durch denEntleiher ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,§  310 Abs.  1 Satz 2 BGB i.V.m. §  9 Nr.  3AÜG wegen unangemessener Höhe der Ver-mittlungsvergütung unwirksam. Dies gilt je-denfalls dann, wenn die sich daraus erge-bende Vermittlungsvergütung das Zweifa-che des vom Entleiher nach der Übernah-me gezahlten Bruttomonatsgehaltes über-steigen kann.

Anmerkung zu OLG Oldenburg (Oldenburg), Ur-teil vom  30.10.2014, 1 U 42/14von Dr. Alexander Bissels, RA und FA für Ar-beitsrecht, CMS Hasche Sigle, Köln

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A. Problemstellung

Wieder einmal erregt die für die tägliche Pra-xis in der Zeitarbeit wesentliche Frage der AGB-rechtlichen Wirksamkeit einer zwischen demPersonaldienstleister und dessen Kunden ver-einbarten Vermittlungsprovision die „gerichtli-chen“ Gemüter.

Das OLG Oldenburg hat sich in einer aktuellenEntscheidung mit einer Klausel befassen müs-sen, die vorsieht, dass die Höhe der Vergütung(degressiv gestaffelt nach Überlassungsdauer)ausschließlich an den zwischen dem Personal-dienstleister und dem Kunden vereinbarten St-undenverrechnungssatz anknüpft. Im Ergebnisist es davon ausgegangen, dass die Regelungunzulässig ist mit der Folge, dass der Perso-naldienstleister letztlich mit leeren Händen da-stand.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Personaldienstleister setzte bei dem be-klagten Kundenunternehmen im Wege der Ar-beitnehmerüberlassung Mitarbeiter ein. DerKunde übernahm nach dem streitigen Vortragdes Klägers drei der betreffenden Zeitarbeit-nehmer und begründete mit diesen ein Arbeits-verhältnis. Auf Grundlage der AGB verlangte derPersonaldienstleister eine Vermittlungsprovisi-on. Die streitgegenständlich Klausel war dabeiwie folgt formuliert:

„Übernimmt der [Entleiher] oder ein mit ihmrechtlich, wirtschaftlich oder persönlich verbun-denes Unternehmen den [Mitarbeiter der Kläge-rin] oder Bewerber von [der Klägerin] vor oderwährend eines bestehenden Arbeitnehmerüber-lassungsverhältnisses bzw. bis zu 12 Wochennach Ablauf des AÜ-Vertrages, so gilt dies alsVermittlung. Für diese Vermittlung wird eine Be-arbeitungsgebühr in Höhe von

a) 200 Stunden bei Überlassung von bis zu 3 Mo-naten

b) 175 Stunden bei Überlassung von bis zu 6 Mo-naten

c) 150 Stunden bei Überlassung von bis zu 9 Mo-naten

des vereinbarten Stundenverrechnungssatzesdieses Überlassungsvertrages in Rechnung ge-stellt.

Nach einer ununterbrochenen Überlassungs-dauer von mehr als 9 Monaten wird keine Be-arbeitungsgebühr berechnet. Der Anspruch aufdie Vermittlungsgebühr entsteht unabhängigdavon, ob zum Zeitpunkt der Übernahme desMitarbeiters noch ein Arbeitsverhältnis mit [derKlägerin] besteht. (…)“

Der Personaldienstleister berechnete dem Kun-den nach den obigen AGB eine Vermittlungsge-bühr für drei Arbeitnehmer in Höhe von insge-samt 17.112,20 Euro. Der Beklagte leistete hier-auf keine Zahlungen.

Im Ergebnis hat das Gericht – wie die Vorinstanz– die Wirksamkeit der Klausel und damit auchden von dem Personaldienstleister geltend ge-machten Anspruch auf die Vermittlungsprovisi-on abgelehnt.

Während das OLG Oldenburg die vorliegendeRegelung mit der darin vorgesehenen degressi-ven Staffelung der Vermittlungsgebühr je nachder Dauer der Überlassung für sich gesehennoch als zulässig qualifiziert, beanstandet der1. Zivilsenat, dass die AGB-rechtliche Angemes-senheit der Vergütung (§ 307 Abs. 2 BGB) nachdem Regelungszweck des § 9 Nr. 3 AÜG auchdavon abhänge, dass diese verkehrsüblich seiund das Marktniveau einer funktionsgleichenVermittlungsleistung sowie die Qualifikation desbetroffenen Arbeitnehmers hinreichend berück-sichtige (vgl. BGH, Urt.  v. 10.11.2011 - III ZR77/11). Diesen nach §  9 Nr.  3 AÜG ebenfallsmaßgeblichen Kriterien trage die hier in Re-de stehende Vergütungsregelung nicht, jeden-falls in nicht ausreichendem Maße Rechnung.Denn darin werde ausschließlich auf den zwi-schen dem Personaldienstleister und dem Kun-den vereinbarten Stundenverrechnungssatz fürdie Überlassung abgestellt. Damit bleibe der„Marktwert“ des vom Kunden übernommenenMitarbeiters und des damit von diesem gewon-nenen wirtschaftlichen Vorteils bei der Bemes-sung der Höhe Provision völlig außer Betracht.Der BGH habe betont, dass sich der wirtschaft-liche „Wert“ der Arbeitskraft des jeweiligen Ar-beitnehmers in dem Einkommen aus dem durchdie Überlassung angebahnten Arbeitsverhältnismit dem Kunden, das dieser mit dem Arbeitneh-

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mer selbst aushandeln könne, niederschlage.Denn hierdurch werde ein Bezug zum Wert derArbeitsleistung, zur Qualifikation und zur bishe-rigen Tätigkeit des Mitarbeiters hergestellt. Dasjeweilige Bruttoeinkommen korrespondiere mitdem wirtschaftlichen Wert des mit dem Wechseldes Arbeitnehmers einhergehenden wirtschaft-lichen Nachteils für den Personaldienstleister,des entsprechenden Vorteils für den Kundenund einer funktionsgleichen Vermittlungsleis-tung (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2011 - III ZR 77/11).Die betreffende Regelung sehe eine Koppe-lung oder Begrenzung der Vergütungshöhe, diesich auf das jeweilige Bruttoeinkommen des be-troffenen Arbeitnehmers nach der Übernahmedurch den Kunden beziehe, aber nicht vor. Einesolche undifferenzierte Vergütungsklausel oh-ne eine am Einkommen des Zeitarbeitnehmersorientierte Beschränkung ermögliche eine un-angemessen hohe Vergütung i.S.d. §  9 Nr.  3AÜG. Für die Angemessenheit einer Provisions-regelung reiche es nicht aus, eine degressiveStaffelung – wie vorliegend – vorzunehmen undfür die Höhe der Vergütung allein an den St-undenverrechnungssatz anzuknüpfen. Gemes-sen an den vom BGH in der Entscheidung vom10.11.2011 (III ZR 77/11) aufgestellten Kriteri-en wäre die streitgegenständliche Klausel allen-falls dann als noch angemessen zu beurteilen,wenn sich die danach bestimmte maximale Ver-gütung innerhalb der branchenüblichen Sätze,gemessen am Bruttoeinkommen des Zeitarbeit-nehmers, bewege. Insoweit habe der BGH ei-ne Provisionsregelung mit einer Begrenzung aufjedenfalls zwei Bruttomonatsgehälter für nochzulässig erachtet. Vorliegend führe die Klauselaber zu einer Vermittlungsprovision, die daszweifache Bruttomonatseinkommen des Zeitar-beitnehmers generell deutlich übersteigen kön-ne. Das zeige sich gerade auch an den vondem Personaldienstleister klageweise geltendgemachten Provisionen, die diese Grenze klarüberschritten hätten.

C. Kontext der Entscheidung

Der Entscheidung des OLG Oldenburg ist nichtzu folgen, verkennt diese – wie auch LG Flens-burg (Urt. v. 06.12.2013 - 2 O 89/13) bei einervergleichbaren Klausel – die in dem Urteil desBGH vom 10.11.2011 (III ZR 77/11) festgelegtenGrundsätze.

Der III. Zivilsenat hat dort ausdrücklich die Wirk-samkeit einer Provisionsregelung bestätigt, die

an das Einkommen des übernommenen Zeitar-beitnehmers bei dem Kunden anknüpft, damitaber nicht gleichzeitig andere Gestaltungsmög-lichkeiten als unzulässig verworfen. Der BGHweist ausdrücklich drauf hin, dass nach demWillen des Gesetzgebers bei der Entscheidungder Frage, ob die Vergütungsvereinbarung zwi-schen Verleiher und Entleiher angemessen sei,die Dauer des vorangegangenen Verleihs, dieHöhe des vom Entleiher für den Verleih be-reits gezahlten Entgelts und der Aufwand fürdie Gewinnung eines vergleichbaren Arbeitneh-mers berücksichtigt werden sollen (vgl. BT-Drs.15/1749, S. 29; BT-Drs. 15/6008, S. 11). Damitwird ausdrücklich das Kriterium des Stunden-verrechnungssatzes als möglich benannt. So-weit das OLG Oldenburg darauf abstellt, dassdabei der „Marktwert“ des übernommenen Ar-beitnehmers vollkommen außer Betracht blei-ben soll, verkennt es schlichtweg, dass sich die-ser natürlich auch durch den zwischen dem Per-sonaldienstleister und dem Kundenunterneh-men vereinbarten Verrechnungssatz manifes-tiert, da sich dieser insbesondere an der Qua-lifizierung und der Erfahrung des eingesetztenMitarbeiters orientiert. Der Kunde zahlt für ei-nen Facharbeiter (selbstverständlich) einen hö-heren Verrechnungssatz als für eine ungelernteHilfskraft.

Zudem übersieht das Gericht, dass der BGH kei-ne fixen Höchstgrenzen für eine Vermittlungs-provision festgelegt hat. In der Entscheidungvom 11.10.2011 (III ZR 77/11) heißt es wörtlich:

„Die für eine Übernahme nach bis zu dreimo-natiger Überlassungsdauer vorgesehene – ma-ximale – Vergütungshöhe von 15% des Jah-resbruttoeinkommens (zuzüglich Umsatzsteu-er) hält sich – noch – im Rahmen des Angemes-senen. Ausgehend von einer Spanne branchen-üblicher Sätze von ein bis zu drei Bruttomonats-gehältern werden im Schrifttum als allgemei-ne Obergrenze für eine ‚angemessene‘ Vermitt-lungsvergütung ein Bruttomonatsgehalt, 15%des Jahresbruttogehalts [= 1,8 Bruttomonats-gehälter], zwei Bruttomonatsgehälter oder dreiBruttomonatsgehälter genannt. Die im Streitfallverwendete Klausel bewegt sich mit einer Ma-ximalvergütung von 15% des Jahresbruttoein-kommens (= 1,8 Bruttomonatsgehälter) sonachetwa im Mittelfeld der Bandbreite der im Wirt-schaftsverkehr verwendeten und vom Schrift-tum vertretenen Höchstsätze. Eine solche Maxi-malvergütung ist auch unter gebotener Berück-

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sichtigung der Schutzzwecke des § 9 Nr. 3 AÜG,insbesondere der Berufsfreiheit des Arbeitneh-mers und der Förderung des Wechsels in norma-le Arbeitsverhältnisse unbedenklich. Ein derar-tiger, die Grenze von zwei Bruttomonatsgehäl-tern nicht überschreitender Provisionshöchst-satz hält sich dabei selbst dann noch im Rah-men des Angemessenen im Sinne von § 9 Nr. 3Halbsatz 2 AÜG, wenn die Vergütungsregelung– wie hier – undifferenziert und ohne Beschrän-kung auf bestimmte Tätigkeitsbereiche sämtli-che Segmente des Arbeitsmarkts erfasst.“

Der BGH erkennt damit an, dass eine Begren-zung der Provision auf 1,8 Monatsgehälter AGB-rechtlich wirksam ist, stellt aber damit nichtgleichzeitig fest, dass eine höhere Vergütungper se unzulässig sein soll. Dies zeigt sich ins-besondere daran, dass der BGH auch Stimmenin der Literatur nennt, die eine Provision vonbis zu drei Monatsgehältern als möglich anse-hen, und das Gericht diese Ansicht nicht ver-wirft. In dem vom OLG Oldenburg entschiede-nen Fall belief sich die Vergütung für die vermit-telten Arbeitnehmer auf 2,3 bzw. 2,4 Bruttomo-natseinkommen und damit noch in einer Band-breite, die sich auf Grundlage der Rechtspre-chung des BGH in einem grundsätzlich akzepta-blen Bereich bewegt. Zumindest hätte das OLGOldenburg die Unwirksamkeit der Klausel nichtpauschal aus der Höhe der zu gewährenden Ver-mittlungsprovision herleiten können. Hier wä-re eine differenzierte Argumentation angezeigtgewesen.

D. Auswirkungen für die Praxis

Bedauerlicherweise hat das OLG Oldenburg dieRevision zum BGH nicht zugelassen, obwohl diestreitgegenständliche Frage, ob die Höhe derVermittlungsprovision im Wesentlichen an denStundenverrechnungssatz anknüpfen kann, bis-lang nicht höchstrichterlich geklärt ist, so dass– anders als das Gericht meint – sehr wohl voneiner grundsätzlichen Bedeutung ausgegangenwerden kann. Interessant ist zudem, dass der11. Zivilsenat des OLG Oldenburg in einem äl-teren Urteil zu einer wortgleich gefassten Klau-sel noch von deren Wirksamkeit ausgegangenist (OLG Oldenburg, Urt. v. 14.12.2012 - 11 U4/13). In der vorliegenden Entscheidung teilt je-doch der 1. Zivilsenat mit, dass der 11. Zivilse-nat an dieser Ansicht nicht mehr festhält – auchdies ist bedauerlich, da eine entsprechende Ab-weichung ein zwingender Grund gewesen wäre,

die Revision zum BGH zuzulassen (§ 542 Abs. 2Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO; dazu: Musielak/Ball, ZPO,§ 542 Rn. 8, m.w.N.). Diese Chance ist zunächst(bewusst?) vertan worden.

Damit verbleibt bei der Klauselgestaltung (unddamit insbesondere mit Blick auf die „rich-tige“ Bezugsgröße) eine nicht unerheblicheRechtsunsicherheit. Der etwas „konservative-re“ Personaldienstleister wird sich vor diesemHintergrund besser an den vom BGH bereits„abgesegneten“ Klauseln orientieren, der et-was „experimentierfreudige“ Zeitarbeitsunter-nehmer kann die entsprechenden Regelungenabwandeln und auf seine Bedürfnisse zuschnei-den, läuft dann aber Gefahr, im Konfliktfall –wie das Verfahren vor dem OLG Oldenburg an-schaulich zeigt – am Ende mit leeren Händendazustehen.

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Darlegungslast bei Equal-Pay-Klagen

Orientierungssätze:

1. Der Leiharbeitnehmer kann der Darle-gungslast zur Höhe des Anspruchs auf Dif-ferenzvergütung nach § 10 Abs. 4 AÜG nichtdurch die bloße Bezugnahme auf den Schrift-sätzen als Anlagen beigefügte Unterlagengenügen. Die Darlegung der Höhe der Ver-gütung vergleichbarer Stammarbeitnehmerund die Berechnung der Differenzvergütungdurch den Leiharbeitnehmer hat entspre-chend § 130 Nr. 3 ZPO schriftsätzlich zu er-folgen.

2. Durch die Aussage, der Entleiher vergü-te seine Stammarbeitnehmer nach den Tarif-verträgen der IG Metall, legt der Leiharbeit-nehmer die Höhe der Vergütung vergleich-barer Stammarbeitnehmer nicht substanti-iert dar.

Anmerkung zu BAG, Urteil vom  23.10.2013,5 AZR 667/12von Dr. André Zimmermann, LL.M., RA undFA für Arbeitsrecht, King & Wood Mallesons LLP,Frankfurt am Main

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A. Problemstellung

Die Tarifverträge der CGZP haben nicht vonEqual Pay befreit, weil sie von Anfang an un-wirksam waren. In der Folge haben sich die Ge-richte mit vielen Equal-Pay-Klagen von Leihar-beitnehmern beschäftigt. In der Praxis fällt auf,dass es Leiharbeitnehmern oft schwer fällt, dieAnspruchshöhe im Prozess schlüssig darzule-gen. Die Anforderungen der Rechtsprechung anden Vortrag im Prozess sind recht hoch, wie dievorliegende Entscheidung des Fünften Senatszeigt.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Parteien streiten über Differenzvergütungunter dem Gesichtspunkt des Equal Pay.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Schlosser tä-tig. Er war vom 01.02.2006 bis zum 31.07.2009der L.W.-GmbH & Co. KG zur Arbeitsleistungüberlassen. Der Arbeitsvertrag verweist auf diejeweils gültigen Tarifverträge des Arbeitgeber-verbandes Mittelständischer Personaldienstleis-ter (AMP) und der Tarifgemeinschaft ChristlicheGewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP).

Der Kläger hat unter Berufung auf § 10 Abs. 4AÜG die Differenz zwischen der von der Beklag-ten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsent-gelt verlangt, das die L.W.-GmbH & Co. KG ver-gleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt ha-ben soll. Der Kläger hat weder eine Auskunft derEntleiherin nach § 13 AÜG in den Prozess einge-führt noch vergleichbare Stammarbeitnehmerbenannt. Er hat sich lediglich darauf berufen,die bei der Entleiherin tätigen Schlosser würden„nach den Tarifverträgen der IG Metall bezahlt“.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufungdem Klageantrag für Dezember 2006 bis Juli2009 stattgegeben und im Übrigen die Berufungdes Klägers wegen Verjährung des Anspruchszurückgewiesen.

Das BAG hat die Klage für insgesamt unbe-gründet gehalten mangels hinreichend substan-tiierter Darlegung der Höhe der Differenzver-gütung. Der Leiharbeitnehmer sei für die Hö-he des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgeltdarlegungs- und beweispflichtig. Seiner Darle-gungslast könne er zunächst dadurch genü-gen, dass er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG

erteilte Auskunft berufe und sie in den Pro-zess einführe. Tue er das nicht, müsse er allefür die Berechnung der Differenzvergütung er-forderlichen Tatsachen vortragen. Dazu gehör-ten vorrangig die Benennung eines vergleich-baren Stammarbeitnehmers und des diesemvom Entleiher gewährten Arbeitsentgelts. Be-rufe sich der Leiharbeitnehmer alternativ aufein allgemeines Entgeltschema (z.B. Entgelt-tarifvertrag), habe er nicht nur dessen Inhaltdarzulegen, sondern auch, dass das allgemei-ne Entgeltschema im Betrieb des Entleihers imÜberlassungszeitraum tatsächlich Anwendunggefunden habe und wie er danach aufgrund wel-cher Tatsachen fiktiv einzugruppieren gewesenwäre. Außerdem umfasse die Darlegungslastdes Leiharbeitnehmers den zur Ermittlung derHöhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelterforderlichen Gesamtvergleich der Entgelte imÜberlassungszeitraum und die Berechnung derDifferenzvergütung. Der Leiharbeitnehmer kön-ne im Prozess seiner Darlegungslast nicht durchbloße Bezugnahme auf den Schriftsätzen alsAnlagen beigefügte Unterlagen genügen. Anla-gen könnten nur zur Erläuterung oder Belegungschriftsätzlichen Vortrags dienen, ihn aber nichtersetzen. Die Darlegung der Höhe der Vergü-tung vergleichbarer Stammarbeitnehmer unddie Berechnung der Differenzvergütung durchden Leiharbeitnehmer habe vielmehr entspre-chend § 130 Nr. 3 ZPO schriftsätzlich zu erfol-gen.

Diesen Anforderungen genüge der Vortrag desKlägers nicht. Er habe sich lediglich pauschaldarauf berufen, die bei der Entleiherin tätigenSchlosser würden „nach den Tarifverträgen derIG Metall bezahlt“. Hieraus werde nicht deutlich,welches Entgeltschema im Betrieb der Entlei-herin auf welcher Rechtsgrundlage (z.B. Tarif-bindung, arbeitsvertragliche Vereinbarung) imÜberlassungszeitraum zur Anwendung gekom-men sein soll. Außerdem fehle es an substan-tiiertem Vortrag dazu, aufgrund welcher Tatsa-chen der Kläger in welche Lohn-/Entgeltgruppewelches Tarifvertrags einzugruppieren gewesenwäre. Er habe insoweit lediglich auf als Anlagenzur Akte gereichte, mit handschriftlichen Kreuz-chen versehene Entgelttabellen verwiesen, dienicht selbsterklärend seien. Auch wiesen die Ta-bellen Monatsentgelte aus, während der Klägerseiner Differenzberechnung Stundenlöhne zu-grunde gelegt habe.

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C. Kontext der Entscheidung

Der Senat hatte bereits mit Urteil vom23.03.2011 (5 AZR 7/10) entschieden, dass derLeiharbeitnehmer für die Höhe des Anspruchsauf gleiches Arbeitsentgelt darlegungs- und be-weispflichtig ist. Er bestätigt vorliegend sei-ne Folgerechtsprechung zur Darlegungslast inEqual-Pay-Klagen (vgl. BAG, Urt. v. 13.03.2013- 5 AZR 146/12; BAG, Urt. v. 13.03.2013 - 5 AZR294/12). „Geborenes“ Mittel zur Darlegung derVergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmerund zur Berechnung der Höhe des Anspruchsaus § 10 Abs. 4 AÜG ist der Auskunftsanspruchgegen den Entleiher nach § 13 AÜG: Der Leih-arbeitnehmer kann seiner Darlegungslast da-durch genügen, dass er eine ihm erteilte Entlei-her-Auskunft in den Prozess einführt. Es obliegtdann im Rahmen der abgestuften Darlegungs-last dem Verleiher, die maßgeblichen Umstän-de der Auskunft zu bestreiten. Trägt er nichtsvor oder lässt er sich nicht substantiiert ein,gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorge-tragenen Auskunft als zugestanden. Gelingt esdem Verleiher, die Auskunft des Entleihers zuerschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dassder Anspruchsteller die anspruchsbegründen-den Tatsachen darlegen und beweisen muss.Stützt sich der Leiharbeitnehmer im Prozessnicht auf eine Auskunft nach § 13 AÜG, musser alle für die Berechnung der Differenzvergü-tung erforderlichen Tatsachen vortragen. Da-zu gehören vorrangig die Benennung eines ver-gleichbaren Stammarbeitnehmers und des die-sem vom Entleiher gewährten Arbeitsentgelts.Beruft sich der Leiharbeitnehmer alternativ aufein allgemeines Entgeltschema (z.B. Entgeltta-rifvertrag), hat er nicht nur dessen Inhalt, son-dern auch darzulegen, dass ein solches im Be-trieb des Entleihers im Überlassungszeitraumtatsächlich angewendet wurde und wie er da-nach aufgrund welcher Tatsachen fiktiv einzu-gruppieren gewesen wäre. Letzteres bereitetLeiharbeitnehmern in der Praxis oft Schwierig-keiten. Außerdem umfasst die Darlegungslastdes Leiharbeitnehmers den zur Ermittlung derHöhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelterforderlichen Gesamtvergleich der Entgelte imÜberlassungszeitraum und die Berechnung derDifferenzvergütung. Zur Berechnung des Equal-Pay-Anspruchs ist ein Gesamtvergleich der ge-samten Vergütung und nicht nur des laufendenArbeitsentgelts im Überlassungszeitraum anzu-stellen.

Ungeklärt war bis Anfang 2013, ob bei die-sem Gesamtvergleich auch ein dem Leihar-beitnehmer gewährter Aufwendungsersatz (z.B.vom Verleiher gewährter Fahrtkostenersatz) zuberücksichtigen ist (dafür: LArbG Düsseldorf,Urt.  v. 18.03.2013 - 9 Sa 1585/12; dagegenLArbG München, Urt.  v. 13.03.2013 - 10 Sa960/12). Das BAG hat das abgelehnt, soweit essich bei dem Aufwendungsersatz nicht um „ver-schleiertes“ Arbeitsentgelt handelt (BAG, Urt. v.13.03.2013 - 5 AZR 294/12).

Unter Hinweise auf seine Rechtsprechung zurDarlegung von Überstunden betont der Se-nat, dass die Darlegung der Höhe der Vergü-tung vergleichbarer Stammarbeitnehmer unddie Berechnung der Differenzvergütung durchden Leiharbeitnehmer schriftsätzlich zu erfol-gen hat (vgl. auch BAG, Urt. v. 23.10.2013 - 5AZR 556/12). Anlagen allein (hier: Entgelttabel-len mit handschriftlichen Kreuzchen) genügennicht.

D. Auswirkungen für die Praxis

In der Praxis spielt nicht selten die prozes-suale Darlegungslast eine entscheidende Rol-le bei der Durchsetzung von Equal-Pay-Ansprü-chen. In seiner Entscheidung konkretisiert dasBAG die Anforderungen an den Vortrag des dar-legungspflichtigen Leiharbeitnehmers: Er wirdseiner Darlegungslast nur gerecht, wenn er Hö-he des Entgelts, Gesamtvergleich und Berech-nung der Differenzvergütung schriftsätzlich imEinzelnen darlegt. Das bloße Beifügen entspre-chender Dokumente als Anlagen (z.B. Geltend-machungsschreiben, Lohnabrechnungen, Ent-gelttabellen) reicht ebenso wenig wie der pau-schale Verweis auf beim Entleiher geltendeTarifverträge (hier: „Tarifverträge der IG Me-tall“). Wenn die vergleichbaren Stammarbeit-nehmer Monatsgehälter beziehen, richten sichauch Equal-Pay-Ansprüche auf ein Monatsge-halt. Ein Herunterrechnen auf einen fiktiven St-undenlohn ist dann nicht zulässig. Ausgangs-punkt für die Berechnung der Differenzvergü-tung ist vielmehr das Monatsgehalt, das derLeiharbeitnehmer im Beschäftigungszeitraumerhalten hätte, wenn er unmittelbar bei demEntleiher beschäftigt gewesen wäre (vgl. BAG,Urt. v. 23.10.2013 - 5 AZR 556/12).

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Rechtsweg für Kündigungsschutzklageeines Fußballtrainers

Leitsatz:

Wehrt sich der Trainer einer Fußballmann-schaft gegen die fristlose Kündigung sei-nes Vertragsverhältnisses mit dem Antragfestzustellen, dass diese unwirksam ist undnicht zu einer Beendigung seines "Arbeits-verhältnisses" geführt hat, handelt es sichum einen sic-non-Fall im Sinne der Recht-sprechung des Fünften Senates des BAG, fürden der Rechtsweg zu den Gerichten für Ar-beitssachen eröffnet ist.

Anmerkung zu LArbG Rostock, Beschluss vom 07.07.2014, 3 Ta 21/14von Dr. Leona Sofie Sixtus, RA'in und FA'in fürArbeitsrecht, Sixtus & Partner Rechtsanwälte, Ber-lin

A. Problemstellung

Das LArbG Rostock hatte im Vorabverfahrenüber die Zulässigkeit des Rechtsweges zu denGerichten für Arbeitssachen zu entscheiden.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Hintergrund des Verfahrens war eine Kündi-gungsschutzklage des im Nebenberuf als Ama-teurtrainer für die Beklagte tätigen Klägers so-wie darauf aufbauende Zahlungsanträge.

Das ArbG Neubrandenburg hatte die Zulässig-keit des Rechtsweges für Arbeitssachen bejaht.Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwer-de des beklagten Vereins. Das ArbG Neubran-denburg hat der sofortigen Beschwerde nichtabgeholfen und das Verfahren dem LArbG Ros-tock zur weiteren Entscheidung vorgelegt.

Die sofortige Beschwerde des beklagten Ver-eins war zulässig, aber nicht begründet. Hin-sichtlich des Kündigungsschutzantrages sei einsog. sic-non-Fall gegeben. Denn die beantrag-te Feststellung setze voraus, dass im Zeitpunktder Kündigung ein Arbeitsverhältnis zwischenden Parteien bestanden habe.

Hinsichtlich der weiterhin geltend gemachtenZahlungsanträge sei ebenfalls der Rechtswegzu den Arbeitsgerichten eröffnet. Insoweit hät-te ein sog. aut-aut-Fall vorgelegen. Der dies-bezügliche Anspruch des Klägers hätte also so-wohl auf eine arbeitsrechtliche als auch auf ei-ne allgemein zivilrechtliche Anspruchsgrundla-ge gestützt werden können – wobei sich diesegegenseitig ausschließen. Vorliegend habe derVortrag der Parteien aber ergeben, dass zwi-schen ihnen ein Arbeitsverhältnis geschlossenworden sei. Dies folge zunächst schon daraus,dass der Vertrag explizit für den Fall des Aus-scheidens „aus dem Arbeitsverhältnis“ einenAnspruch des Klägers auf Erteilung eines qua-lifizierten Zeugnisses vorsehe. Zudem sei dieBeklagte – bis zu ihrer Unzuständigkeitsrüge –selbst von dem Bestehen eines Arbeitsverhält-nisses ausgegangen, da sie selbst einen Auf-lösungsantrag nach dem KSchG gestellt hatte.Auch die Praxis der Abrechnung des Klägers alsgeringfügig Beschäftigten spreche für das Vor-liegen eines Arbeitsverhältnisses. Hinzu kom-me, dass der Kläger seitens der Beklagten fes-te wöchentliche Trainingszeiten vorgeschriebenbekam, mithin Weisungen hinsichtlich der Zeit,Dauer und des Ortes der Tätigkeitsausführung.Nach alledem war vom Vorliegen eines Arbeits-verhältnisses zwischen den Parteien auszuge-hen, so dass auch hinsichtlich des Zahlungsan-spruchs des Klägers der Rechtsweg zu den Ar-beitsgerichten eröffnet war.

C. Kontext der Entscheidung

Die Entscheidung bietet Anlass, sich der Grund-sätze des BAG zur Frage der Rechtswegzustän-digkeit gewahr zu werden. Dass diese keines-falls bloß „graue Theorie“ ist, zeigt die Recht-sprechung des BAG der jüngeren Vergangen-heit. Denn insbesondere im Rahmen der Ab-berufung und Kündigung von Geschäftsführernkommt es immer wieder zu Streitigkeiten überdie Zuständigkeit der Arbeitsgerichte. Insoweitgilt:

Enthält die Klage ausschließlich Klageanträge,die nur dann begründet sein können, wenn dasRechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuord-nen ist, handelt es sich um einen sog. sic-non-Fall. Bereits die bloße Rechtsansicht der Klage-partei, es handele sich um ein Arbeitsverhält-nis, eröffnet dann den Rechtsweg zu den Ar-beitsgerichten (BAG, Beschl. v. 15.11.2013 - 10

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jurisPR-ArbR 6/2015

AZB 28/13; BAG, Beschl. v. 03.12.2014 - 10 AZB98/14).

Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in de-nen ein Anspruch entweder auf eine arbeits-rechtliche oder eine bürgerlich-rechtliche An-spruchsgrundlage gestützt werden kann, diein Betracht kommenden Anspruchsgrundlagensich aber gegenseitig ausschließen (sog. aut-aut-Fall).

Weiter gibt es Fälle, in denen ein einheitli-cher Anspruch widerspruchslos sowohl auf ei-ne arbeitsrechtliche als auch auf eine nichtarbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage gestütztwerden kann (sog. et-et-Fall). Anders als im Falldes sic-non reicht in diesen Fällen die bloßeRechtsansicht des Klägers, er sei Arbeitnehmer,nicht aus, die arbeitsgerichtliche Zuständigkeitzu begründen (BAG, Beschl.  v. 31.08.1998 -5 AZB 21/98). Allerdings hat das BAG bislangaber offengelassen, ob es für die Eröffnung desRechtswegs zu den Arbeitsgerichten ausreicht,wenn der Kläger das Bestehen eines Arbeits-verhältnisses schlüssig vorträgt, oder ob be-reits im Rechtswegbestimmungsverfahren dieArbeitnehmereigenschaft des Klägers bewiesenwerden muss.

D. Auswirkungen für die Praxis

Folgte man der ersteren Ansicht, wäre in ei-nem entsprechenden Fall zumindest erforder-lich, dass der Kläger schlüssig zu dem nach sei-ner Auffassung bestehenden Arbeitsverhältnisvorträgt, mithin also vor allem zu seiner per-sönlichen Abhängigkeit durch Weisungsgebun-denheit und Eingliederung in den Betrieb seinesVertragspartners. Anderenfalls droht die Abwei-sung der Klage bereits als unzulässig.