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Onko aktuell Im Blut zirkulierende Zellen von Darmkrebstumoren sind in der Regel gefährlicher als das Krebsgeschwür: Diese Einzelgänger nisten sich in anderen Organen – zum Beispiel der Leber oder der Lunge – ein und brin- gen viele Patienten in Lebensgefahr. Wie es den Zellen gelingt, sich auf ihrem Weg vom Tumor zum neuen Or- gan gegen das Immunsystem des Menschen wirksam zu schützen, konnten Forscher der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden in einem mehrjährigen Vor- haben nachweisen. Nicht der Darmkrebs führt zum Tod der Patienten, sondern sei- ne Metastasen, die lebenswichtigen Organen massiv zusetzen. Sie entstehen aus Zellen, die vom Tumor gestreut werden und so ins Blut gelangen. Detektivarbeit mit Mikroskop und Spezialpipettierer Um die vom Tumorgewebe abwandernden Zellen im Blut der Krebspatienten zu finden, bedarf es einer aufwändigen Suche, denn die im Blut zirkulierenden Krebszellen (Circulating Tu- mor Cells – CTC) treten sehr selten auf. Um sie überhaupt fin- den zu können, gaben die Forscher der entnommenen Blutpro- be einen Marker bei, der die Krebszellen grün färbt. Dadurch ist es erst möglich geworden, sie einzeln mit einem speziellen Pipettiergerät unter dem Mikroskop aus dem Blut herauszuho- len – ein sehr aufwändiges Verfahren, das deshalb als reguläre Diagnostikmethode noch ungeeignet ist. Die Forscher benötigten diese intakten, noch lebenden Zel- len, um die Eigenschaſten der CTC zu untersuchen. Als Ergeb- nis ihrer dreijährigen Forschungen hat das Wissenschaſtlerteam einzelne Signalwege der im Blut zirkulierenden Zellen des Darmkrebses analysiert. „Uns ist der Nachweis gelungen, dass das Protein CD47 in der CTC hochreguliert ist und die Zelle so ein ‚Friss-mich-nicht-Signal‘ aussendet. Damit werden die wei- ßen Blutkörperchen davon abgehalten, die Zelle zu vernichten“, sagt Dr. Sebastian Schölch, einer der Erstautoren der Publikati- on in „Cancer Research“. „Eigentlich werden alle blutfremden Zellen, die in das Blut gelangen, durch Abwehrzellen schnell identifiziert und eliminiert. Bislang war unklar, wieso dies bei vielen Krebszellen nicht geschieht; nun sind wir in der Beant- wortung dieser Frage einen großen Schritt weiter gekommen“, erklärt Dr. Schölch. Doch weitere Forschung ist notwendig:. Denn auch andere Proteine der CTC weisen eine gegenüber den Ausgangszellen des Darmtumors abweichende Regulierung auf, die die Eigen- schaſt der Zelle beeinflusst. Ziel der Forschungen ist es, Wege zu finden, die im Blut zirkulierenden Krebszellen des Darm- krebses angreiar zu machen und somit die Überlebenschan- cen von Patienten, die andernfalls möglicherweise tödliche Me- tastasen entwickelt hätten, zu verbessern. Publikation :http://cancerres.aacrjournals.org/content/ear- ly/2014/01/30/0008-5472.CAN-13-1885... Kontakt Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Direktor: Prof. Dr. med. Jürgen Weitz Tel. 0351/ 4 58 27 42 4 best practice onkologie 2 2014

Darmkrebszellen überlisten Immunsystem

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Darmkrebszellen überlisten Immunsystem Im Blut zirkulierende Zellen von Darmkrebstumoren sind in der Regel gefährlicher als das Krebsgeschwür: Diese Einzelgänger nisten sich in anderen Organen – zum Beispiel der Leber oder der Lunge – ein und brin-gen viele Patienten in Lebensgefahr. Wie es den Zellen gelingt, sich auf ihrem Weg vom Tumor zum neuen Or-gan gegen das Immunsystem des Menschen wirksam zu schützen, konnten Forscher der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden in einem mehrjährigen Vor-haben nachweisen.

Nicht der Darmkrebs führt zum Tod der Patienten, sondern sei-ne Metastasen, die lebenswichtigen Organen massiv zusetzen. Sie entstehen aus Zellen, die vom Tumor gestreut werden und so ins Blut gelangen.

Detektivarbeit mit Mikroskop und SpezialpipettiererUm die vom Tumorgewebe abwandernden Zellen im Blut der Krebspatienten zu � nden, bedarf es einer aufwändigen Suche, denn die im Blut zirkulierenden Krebszellen (Circulating Tu-mor Cells – CTC) treten sehr selten auf. Um sie überhaupt � n-den zu können, gaben die Forscher der entnommenen Blutpro-be einen Marker bei, der die Krebszellen grün färbt. Dadurch ist es erst möglich geworden, sie einzeln mit einem speziellen Pipettiergerät unter dem Mikroskop aus dem Blut herauszuho-len – ein sehr aufwändiges Verfahren, das deshalb als reguläre Diagnostikmethode noch ungeeignet ist.

Die Forscher benötigten diese intakten, noch lebenden Zel-len, um die Eigenscha� en der CTC zu untersuchen. Als Ergeb-nis ihrer dreijährigen Forschungen hat das Wissenscha� lerteam

einzelne Signalwege der im Blut zirkulierenden Zellen des Darmkrebses analysiert. „Uns ist der Nachweis gelungen, dass das Protein CD47 in der CTC hochreguliert ist und die Zelle so ein ‚Friss-mich-nicht-Signal‘ aussendet. Damit werden die wei-ßen Blutkörperchen davon abgehalten, die Zelle zu vernichten“, sagt Dr. Sebastian Schölch, einer der Erstautoren der Publikati-on in „Cancer Research“. „Eigentlich werden alle blutfremden Zellen, die in das Blut gelangen, durch Abwehrzellen schnell identi� ziert und eliminiert. Bislang war unklar, wieso dies bei vielen Krebszellen nicht geschieht; nun sind wir in der Beant-wortung dieser Frage einen großen Schritt weiter gekommen“, erklärt Dr. Schölch.

Doch weitere Forschung ist notwendig:. Denn auch andere Proteine der CTC weisen eine gegenüber den Ausgangszellen des Darmtumors abweichende Regulierung auf, die die Eigen-scha� der Zelle beein� usst. Ziel der Forschungen ist es, Wege zu � nden, die im Blut zirkulierenden Krebszellen des Darm-krebses angrei� ar zu machen und somit die Überlebenschan-cen von Patienten, die andernfalls möglicherweise tödliche Me-tastasen entwickelt hätten, zu verbessern.

Publikation :http://cancerres.aacrjournals.org/content/ear-ly/2014/01/30/0008-5472.CAN-13-1885...

KontaktUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus DresdenKlinik für Viszeral-, Thorax- und GefäßchirurgieDirektor: Prof. Dr. med. Jürgen WeitzTel. 0351/ 4 58 27 42

Kolonmukosa bei einem Darm-krebs-Patienten

4 best practice onkologie 2 • 2014