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Aus dem Chemisehen Institut der Universit/~t Marburg a. d. Lahn. Der Naehweis yon Chlorid neben den anderen IIalogeniden. Von C. MAHR und W. B:ROMER. (Eingegangen am 7. Januar 1952.) Ffir den sicheren Naehweis des Chlorides bei Anwesenheit grol~er Men- gen weiterer Halogenide und Pseudohalogenide sind die bisher bekannten Verfahren, die die selektive Oxydation der anderen Halogenionen und die anschliei~ende Fiillung des nicht ausgetriebenen Chlorids mit Silber- nitrat benutzen, in vielen Fallen nicht eindeutig genug, denn es li~{tt sich oft nur schwer entscheiden, ob ein auftretender geringer Silbernieder- sehlag wirklieh vom Chlorion herrfihrt oder ob noch Spuren der anderen Halogenionen zuriickgeblieben sind. Auch das Verfahren yon R. BERG 1, d as die Oxydation des Brom- und Jodions in Gegenwart yon Aceton vornimmt, ist in dieser Beziehung nicht ohne Kritik geblieben 2, denn fiir den eindeutigen Nachweis kleiner Chlormengen ist es sehr nachteilig, da~ die entstehenden Monohalogenacetone mit Silbersalz allm~hlich wieder Niederschli~ge erzeugen kSnnen. Als beste Nachweismethoden ffir Chlo- rid sind daher diejenigen Verfahren anzusehen, die das hohe Oxydations- potential des aus dem Chlorid entwickelten freien Chlors zu einer selek- riven Oxydation aromatiseher Amine benutzen a, 4. Aber auch diese Reaktionen sind nicht ganz stSrungsfrei, denn gr56ere Mengen der anderen Halogene diirfen nicht anwesend sein, so dab in allen F~llen zuerst eine selektive Oxydation notwendig ist. Der hierftir erforderliche Zeitaufwand legt es nahe, ein Oxydationsmittel zu wi~hlen, das geniigend rasch und mit gro2er Sicherheit Br-, J-, CN- und SCN- vertreibt und das unmittel- bar zu einer klaren LSsung ffihrt, in der das verbliebene Chlorion durch die einfache und empfindliehe Fi~llung mit Silbernitrat naehgewiesen werden kann. Von den zahlreichen schon benutzten Oxydationsmitteln 5 scheiden PbO 2 und KMnOa fiir die erstrebte Vereinfachung der Reaktion aus, da naeh ihrer Anwendung stets eine Filtration notwendig ist. Chrom- s~ure bzw. Chromate in passend angesi~uerter LSsung wirken zu langsam. Es fiel uns bei der Durchsieht der zug~nglichen Literatur auf, daI~ often- bar das Cer(IV)-sulfat bisher noch nicht ffir diesen Zweek vorgesehlagen wurde. Es liegt das wohl daran, dal~ nach der Lage der Oxydations- potentiale (CI~/C1- = + 1,36 V, Cea+/Ce s+ - 1,61 V (/~lterer Wert 1,45 V) yon vornherein aueh mit einer Oxydation des Chlors zu rechnen ist. In der Tat kann die durch Silberionen katalysierte Reduktion yon Cer(IV) dutch Chlorid zum Naehweis yon Silber benutzt werden 6. Ohne Kata- lysator ist diese Umsetzung je~toeh aul3erordentlieh ]angsam, wie a us dem

Der Nachweis von Chlorid neben den anderen Halogeniden

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Page 1: Der Nachweis von Chlorid neben den anderen Halogeniden

Aus dem Chemisehen Institut der Universit/~t Marburg a. d. Lahn.

Der Naehweis yon Chlorid neben den anderen IIalogeniden. Von

C. MAHR und W. B:ROMER.

(Eingegangen am 7. Januar 1952.)

Ffir den sicheren Naehweis des Chlorides bei Anwesenheit grol~er Men- gen weiterer Halogenide und Pseudohalogenide sind die bisher bekannten Verfahren, die die selektive Oxydation der anderen Halogenionen und die anschliei~ende Fiillung des nicht ausgetriebenen Chlorids mit Silber- ni trat benutzen, in vielen Fallen nicht eindeutig genug, denn es li~{tt sich oft nur schwer entscheiden, ob ein auftretender geringer Silbernieder- sehlag wirklieh vom Chlorion herrfihrt oder ob noch Spuren der anderen Halogenionen zuriickgeblieben sind. Auch das Verfahren yon R. BERG 1, d as die Oxydation des Brom- und Jodions in Gegenwart yon Aceton vornimmt, ist in dieser Beziehung nicht ohne Krit ik geblieben 2, denn fiir den eindeutigen Nachweis kleiner Chlormengen ist es sehr nachteilig, da~ die entstehenden Monohalogenacetone mit Silbersalz allm~hlich wieder Niederschli~ge erzeugen kSnnen. Als beste Nachweismethoden ffir Chlo- rid sind daher diejenigen Verfahren anzusehen, die das hohe Oxydations- potential des aus dem Chlorid entwickelten freien Chlors zu einer selek- riven Oxydation aromatiseher Amine benutzen a, 4. Aber auch diese Reaktionen sind nicht ganz stSrungsfrei, denn gr56ere Mengen der anderen Halogene diirfen nicht anwesend sein, so dab in allen F~llen zuerst eine selektive Oxydation notwendig ist. Der hierftir erforderliche Zeitaufwand legt es nahe, ein Oxydationsmittel zu wi~hlen, das geniigend rasch und mit gro2er Sicherheit Br- , J - , CN- und SCN- vertreibt und das unmittel- bar zu einer klaren LSsung ffihrt, in der das verbliebene Chlorion durch die einfache und empfindliehe Fi~llung mit Silbernitrat naehgewiesen werden kann. Von den zahlreichen schon benutzten Oxydationsmitteln 5 scheiden PbO 2 und KMnOa fiir die erstrebte Vereinfachung der Reaktion aus, da naeh ihrer Anwendung stets eine Filtration notwendig ist. Chrom- s~ure bzw. Chromate in passend angesi~uerter LSsung wirken zu langsam. Es fiel uns bei der Durchsieht der zug~nglichen Literatur auf, daI~ often- bar das Cer(IV)-sulfat bisher noch nicht ffir diesen Zweek vorgesehlagen wurde. Es liegt das wohl daran, dal~ nach der Lage der Oxydations- potentiale (CI~/C1- = + 1,36 V, Cea+/Ce s+ - 1,61 V (/~lterer Wert 1,45 V) yon vornherein aueh mit einer Oxydation des Chlors zu rechnen ist. In der Tat kann die durch Silberionen katalysierte Reduktion yon Cer(IV) dutch Chlorid zum Naehweis yon Silber benutzt werden 6. Ohne Kata- lysator ist diese Umsetzung je~toeh aul3erordentlieh ]angsam, wie a us dem

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st6rungsfreien Verlauf cerimetriseher Titrationen in sMzsaurer LSsung hervorgeht. Daher erschienen uns Versuehe in dieser Richtung lohnend.

Es ergab sich, dab es durchaus mSglich ist, Br-, J - , CN- und CNS- durch Kochen der salpetersauren LSsung mit Ce(S04)2 vollstgndig zu vertreiben, w~hrend selbst kleine Mengen Chlor stets noch nachweisbar bleiben. Die Reaktion ist sehr einfaeh durehzufiihren: Die saure L6sung wird einige Minuten lang mit iiberschiissigem Cer(IV)-sulfat gekocht, zur Reduktion mit Wasserstoffperoxyd versetzt und in der nun farblosen Fliissigkeit wie iiblieh mit Silbernitrat auf Chlorionen gepriift. Die Ge- schwindigkeit der Bromentwieklung ist stark yon der Aciditgt der LS- sung abhgngig. Zu schwaeh saure LSsungen sind selbst naeh ftinfminiiti- gem Koehen noch nicht bromfrei, w~hrend hohe Salpeters~turekonzen- tration merkliche Ch]orverluste bewirkt. Die optimale S~urest~rke ist also einigermagen einzuhalten.

Beim Chlornaehweis in Gegenwart anderer Halogene k6nnen einige StSrungen auftreten. Jodid wird zam Teil zum Jodat oxydiert, das mit Silbernitrat ebenfMls einen weiBen Niederschlag geben kann. GrSgere Mengen Jodid werden daher zuerst mit Nitr i t oxydiert und das Jod ver- koeht. Nitri t reduziert iiberdies etwa vorhandene Halogenate. Cyanid bildet stSrendes HMogencyan, man koeht daher vor der Oxydation die angesguerte L5sung kurz auf und vertreibt dadurch die Blaus~ure. Bei Anwesenheit yon Rhodanid ist der Verbrauch an Oxydationsmittel s tark erh6ht, man setzt daher mehr festes Cer(IV)-su]fat zu. Cyano/errate wer- den nicht raseh genug zerstSrt, sie miissen vorher mit Bleinitrat gef~llt und abgetrennt werden. Gelegentlich auftretende, dureh Hydrolyse ver- ursachte Triibungen werden durch noehmaligen Sgurezusatz vor der Reduktion verhindert.

Bei der Best imm ung des Grenzverh~ltnisses CI- /Br- bei diesem Chlor- nachweis st6rte der geringe Chlorgehalt des reinsteu im trandel erh~lt- lichen Kaliumbromids (laut Garantiesehein etwa 0,1 Ho C1), der bei Ge- halten ab etwa 10 mg B r - im ml aueh bei den Blindproben eine Triibung hervorrief. DaB es sich bei dem Silberniedersehlag wirklieh um AgC1 handelte und nieht etwa um AgBr aus unvollst/~ndig vertriebenem Bro- mid wurde besonders gepriift. Hierzu wurden die aus mehreren grSgeren Blindversuehen aus ,,reinem" Bromid erhaltenen geringfiigigen Nie- dersehl/ige vereinigt, im Apparat naeh BAUBIGNY mit Mangandioxyd gemiseht und mit konzentrierter Sehwefels~ure fibergossen. Die Absorp- tionsgefi~Be wurden mit Natronlauge, Anilin- und Phenoll5sung ~ be- schiekt und naeh dem Erhitzen wurde das entbundene Halogen im Wasserdampfstrom iibergetrieben. Es entstand alsbald eine intensive Blaufarbung des Reagenses, was in Verbindung mit der praktiseh nega- riven Blindprobe das Vorliegen yon AgC1 bewies. - - Versuehe, chlor- freies :Bromid aus redestilliertem Brom und reinster Kalilauge selbst

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herzustellen, miftlangen. Nach ~ICItARDS und MULLER 7 sind hierzu Be- dingungen einzuhalten, die in unserem Inst i tu t derzeit nieht zu verwirk- lichen sind. Man bekommt jedoch praktisch chlorfreies Bromid durch thermische Zerlegung von reinstem Kal iumbromat .

Sowohl die Verdiinnungsgrenze beim Chlornachweis als auch das Grenzverh~ltnis zu anderen Halogeniden lassen sich bei dem yon uns aus- gearbeiteten Verfahren nieht genau angeben, da sie vom S~uregrad der LSsung und yon der Dauer des Erhitzens abh~ngen. Quantitative Ver- suche mit anschlieftender potentiometrischer Bestimmung zeigten, dab vor Vertreiben der letzten Bromspuren bereits die Oxydation des Chlor- ions beginnt. Dadurch erreicht der vorgesehlagene qualitative Cblor- nachweis nicht die hohe Empfindlichkeit der normalen Silbernitrat- reaktion in ieicht anges~tuerter LSsung. Da alle Reagenzien geringste Spuren yon Chlorid enthalten, ist diese geringere Empfindlichkeit jedoeh durchaus als Vorteil anzusehen. Eine positive Chlorreaktion zeigt im all- gemeinen das vorhandene Chlor erst ab 0,5--1~ an.

Verschiedene Praktikanten, die mit durchschnittlicher Sorgfalt nach der unten gegebenen Vorschrift arbeiteten, konnten mit Sicherheit stets 10/~g Cl-Ion pro ml nachweisen. Die praktische Verdfinnungsgrenze ist also etwa 1 : 10 ~.

Der Chlornachweis ist auch neben der 100faehen Menge des mit 0,1 ~o Chlor verunreinigten Bromids eindeutig, bei noch ungiinstigerem Ge- wichtsverhs C1/Br beeintr~chtigte der Chloridgehalt des Bromids die Sicherheit. Dagegen waren in einer LSsung des aus Kal iumbromat her- gestellten Bromids zugesetzte Chlormengen bis herab zu l0 ~tg neben 10 mg Brom noch mJt Sicherheit nachweisbar. Es ist also 1 Tell Chlor neben dem 1000fachen ~berschuf~ Brom feststellbar.

Bei Anwendung reiner Reagenzien t ra ten bei den anderen Halogenen keine Sehwierigkeiten auf. Es lief~en sich ohne weiteres nachweisen:

1 Teil Ch|orion neben je 1000 Teilen Jodid, 1000 Teilen Cyanion, 400 Teilen Rhodanion und 100 Teilen Cyanoferraten. Auch Gemisehe ver- halten sich analog : 25/~g C1- waren neben 7 mg Br- , 10 mg J - , l0 mg CN- und 10 mg CNS- noch zweifelsfrei erkennbar. Gesamtgrenzverh~lt- his in diesem Fall 1 : 1500.

Arbeitsvorschri/t ]iir den Nachweis yon C1- neben Br-, J- , CN-, CATS -, Br03-, JOg-, S-, [Fe(CN)2] 4- und [Fe(CN)2)] 3-.

Die saure Ltisung wird durch Fallen mit Bleinitrat yon Cyanoferraten und Sulfid befreit, der abgetrennte Niederschlag wird einmal mit verdiinnter Salpeters~ure gewaschen und die Waschflfissigkeit dem Filtrat beigeffigt. Sind Cyanoferrate nicht anwesend, so unterbleibt die Fallung, etwa vorhandenes Sulfid wird bei der Oxy- clarion zerstSrt. Da.s Filtrat yore Bleiniederschlag oder die mit verdiinnter Salpeter- s~ure anges&uerte urspriingliche LSsung wird zur Vertreibung der Blausaure kurz aufgekocht, dann wird tropfenweise gesattigte NatriumnitritlSsung zugegeben und

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] 10 A. CASTIGLIO~I :

weitererhitzt bis alles Jod entfernt ist. Nun ftigt man auf je 2 ml der schwaeh sauren L6sung 1 ml Salpeters~ure 1:2 hinzu und gibt 100--200 mg festes Cer(IV)-sulfat hinein, bei Anwesenheit yon Rhodanid auch mehr. :Beim nun folgenden Kochen mul3 die LSsung gelb bleiben. Unter Ersatz des verdampfenden Wassers l ~ t man 5 Minu~en lang lebhaft sieden, dann kiihlt man ab, versetzt mit 0~5 bis 1 ml konzen- trierter Salpeters~ure, bis die L6sung vollkommen klar ist, reduziert mit einigen Tropfen Wasserstoffperoxyd und priift die farblose, klare L6sung mit 0,5 ml 2% iger Silbernitratl6sung. Eine auftretende Triibung bzw. ein Niederschlag zeigt den Chlor- gehalt der urspriinglichen LSsung an.

Chlorat wird mit erfal3t, es mu] gegebenenfal]s vorher durch F~llung der Silber- halogenide abgetrennt werden, worauf der Chlornaehweis im Aufschlui] des Silber- niederschlages vorgenommen werden kann.

Anwesenheit yon Alkalien, Erdalkalien, Aluminium und der meisten Schwer- metalle st6rt nicht. Silber- und Manganionen mtissen abwesend sein. Bei der All- gegenwart -con Chlor ist eine Blindprobe mit allen benutzten Reagenzien und LSsungsmittelu empfehlenswert.

Die Reaktion kann mit 2--3 ml Fliissigkeit im Reagensg]as oder bei gr613erem Volumen im Becherglas durehgef/ihrt werden.

Nach noch nieht abgeschlossenen Versuehen l~13t sich die Reakt ion auch fiir die quan t i t a t i ve Bes t immung von kle inen Chlormengen neben den anderen Halogenen verwenden. Hieri iber soll sp~ter ber ichte t werden.

Literatur.

1 BERG, R.: diese Z. 69, 342 (1926). - - ~ WORO~JEW, A. Ss.: J. analytic. Chem. (russ.) 2, 187 (1947); dureh Chem. Zbl. 1948, II, 1439. - - 3 VILLIERS, A., u. lV[. FAYOLL~: Compt. rend 118, 1152 (1894); vgl. diese Z. 84, 607 (1895) und OD]]KER- ~:E~, J. M.: diese Z. 181, 165 (1950). - - 4 DE~IO~S, G.: siehe W~G~-DVC~:ERT, Reagents for qualitative inorganic Analysis. New York 1948. - -5 GMELI~: Hb. der anorgan. Chemie, 8. Aufl., Syst. Nr. 6. - - 6 FgIGL, F., u. E. FR:4~KEL: Ber. Dtsch. Chem. Ges. 65, 539 (1932); vgl. diese Z. 94, 337 (1933). - - 7 RICHARDS, T. W., u. E. Mi~LLER: Z. anorgan. Chem. 53, 422, 434 (1907).

Prof. Dr. C. MAHR, Marburg/Lahn, Bahnhofstra{3e 7.

Aus dem Institut ffir Warenkunde der Universit~t Turin.

Beitrag zur analytischen Chemie des Cyelohexanons. Von

ANGELO CASTIGLIONI.

(Eingegangen am 11. Januar 1952.)

Als sich R. W. BosT u n d F. NICHOLSON 1 mi t der Reak t ion zwischen

Aceton u n d aromat ischen Ni t roder iva ten in Gegenwart yon Na t r ium- hyd roxyd besch~ftigten, bemerk ten sie, dab yon den Din i t rode r iva ten des Benzols das o-Dini t robenzol , im Gegensatz zum m- u n d p-Derivat , keine F ~ r b u n g verursacht .