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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe Dr. Dietrich Engels ISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH Die Beurteilung von Lebensqualität – Qualitätsindikatoren zur Nutzerperspektive Ergebnisse des Projekts „Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe“ Bereiche: - Wohnen und Versorgung - Tagesgestaltung und soziale Beziehungen

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Dr. Dietrich EngelsISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH

Die Beurteilung von Lebensqualität –Qualitätsindikatoren zur Nutzerperspektive

Ergebnisse des Projekts „Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der

Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe“

Bereiche:- Wohnen und Versorgung - Tagesgestaltung und soziale Beziehungen

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Grunddimensionen der Lebensqualitätnach W. Glatzer/ W. Zapf (1984): Lebensqualität in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt, S. 24 f

Well-BeingHohe Lebensqualität

DissonanzUnzufriedenheits-

dilemma

AdaptationZufriedenheits-

paradox

DeprivationGeringe Lebensqualität

objektive Lebensbedingungen

gut

schlecht

subjektives Wohlbefindengut schlecht

„Lebensqualität“ = objektive Lebensbedingungen X subjektives Wohlbefinden

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Aspekte der Ergebnisqualität MethodischeLebensqualität im Heim Zugangswege

• soziale Kontakte à auf Leben in (1) Befragung der• Gesundheit einer Einrichtung Bewohner• kognitive Orientierung passend (2) Befragung der • interessante Aktivitäten Angehörigen• Wohnlichkeit à durch Mitarbeiter (3) Dokumentation/• Versorgungsqualität einer Einrichtung Einschätzung • emotionales Befinden beeinflussbar der Mitarbeiter• … und vieles mehr

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Schritte zur Erfassung von Lebensqualität1. Konzept• soziologische Forschung zur Lebensqualität• Pflegeforschung („MuG IV“, Schneekloth; Wahl 2009)• Pflegecharta2. Operationalisierung / Indikatoren• nationale und internationale Forschungsergebnisse• Ergebnisse des Projekts „INSEL“• Qualitätsberichte von Einrichtungen (z.B. Mönchengladbach)• weitere Materialien (Erhebungsinstrumente des MDS,

Transparenzkriterien etc.)3. Erprobung• Erprobung in 46 Einrichtungen, darunter 18 mit Befragung

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Zur Anwendung empfohlene Indikatoren Bereich Wohnen und (hauswirtschaftliche) Versorgung

1. Sauberkeit und Geruch (Bewohner und Angehörige)

2. Qualität der Wäscheversorgung (Dokumentation, Bewohner und Angehörige)

3. Unterstützung der Bewohner (Bewohner)

4. Qualität des Mahlzeitenangebotes (Bewohner und Angehörige)

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Bereich Tagesgestaltung und soziale Beziehungen1. Bedürfnisgerechte Tagesstruktur (Bewohner)2. Bedürfnisgerechte Beschäftigung (Bewohner und Angehörige)3. Teilnahme an Aktivitäten und Kommunikation von Bewohnern ohne

deutliche Mobilitätseinschränkung (Dokumentation)4. Teilnahme an Aktivitäten und Kommunikation von Bewohnern mit

deutlich eingeschränkter Mobilität (Dokumentation)5. Aktionsradius von Bewohnern mit deutlich eingeschränkter Mobilität

(Dokumentation)6. Respektvoller Umgang (Bewohner und Angehörige)7. Privatheit (Bewohner und Angehörige) 8. Ergebnisse des Beschwerdemanagements (Angehörige)9. Mitarbeiterzeit (Bewohner und Angehörige)10. Weiterempfehlung (Bewohner und Angehörige)

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Qualität von NutzerbefragungenInhalt• Fragen zu konkreten Sachverhalten• nur, wenn für die Befragten relevant

Form• einfache Fragestellungen• einfache und klare Antwortmöglichkeiten

Methode• hinreichend Zeit• methodisch geschulte Befrager, keine Beeinflussung

Rahmen• Anonymität zusichern, hinreichende Zahl befragen• externe Interviewer, rechtzeitige Vorankündigung

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

• Zuordnung:Bewohnerbefragung

Ca. 37% erreichen einen Wert zwischen

0 und 5

• Zuordnung: Angehörigenbefragung

Ca. 63%erreichen einen

Wert über 5

Welche Bewohner/innen sind befragbar?

Kriterium: 0 – 5 Punkte auf der Skala „Kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ des Neuen Begutachtungsassessments (mehr als 5 Punkte: nicht befragbar)

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Praktikabilität

1. Bewohner- und Angehörigenbefragung war in beiden getesteten Varianten praktikabel

2. Die Bewohnerbefragung dauerte in der zweiten Erprobungsphase im Durchschnitt 23 Min. pro Bewohner

3. Angehörigenbefragung mit 60% Rücklauf

4. Datenerfassung der objektiven Indikatoren Erfassung von Aktivitäten und Aktionsradius: 76% der Mitarbeiter benötigten weniger als 3 Minuten pro Bewohner

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Beispiel 1: Wohnen und VersorgungIndikator: Qualität der Wäscheversorgung aus Nutzersicht und

DokumentationErgebnis 1 Ergebnis 2 Ergebnis 3Anteil positiver Antworten zu den 4 Kriterien:

§ Sauberkeit der Wäsche§ ausreichend schnelle,§ vollständige und§ unbeschädigte Wäsche-

rückgabe im letzten halben Jahr

an allen gültigen Antworten aus Bewohnersicht

Anteil positiver Antworten zu den 4 Kriterien an allen gültigen Antworten aus Angehörigensicht

Durchschnittliche Dauer der Wäscherückgabe in Tagen

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Abb. 7: Anteil der positiven Bewertungen der Wäscheversorgung aus Bewohnersicht(18 Einrichtungen, N=1.479 gültige Antworten von 376 Personen)

Anteil der positiven Bewertungen der Wäscheversorgung aus Bewohnersicht (N=1.479 gültige Antworten von 376 Personen)

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Ergebnisbeurteilung: Abweichung vom Mittelwert

Bewertung des ErgebnissesErgebnis weicht vom

Durchschnitt ab um …Kurzform

Überdurchschnittlich über +15 Prozentpunkte + +

Leicht überdurchschnittlich über +5 bis +15 Pp. +

Durchschnittlich +/- 5 Prozentpunkte O

Leicht unterdurchschnittlich unter -5 bis -15 Pp. –

Unterdurchschnittlich unter -15 Pp. – –

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Ergebnisverteilung Indikator Wäscheversorgung

Anmerkung 32 im Bericht: Dokumentation nur 3-stufig

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Sauberkeit und GeruchBewohner

Angehörige

WäscheversorgungBewohner

Angehörige

Dokumentation

Unterstützung d. BewohnerBewohner

MahlzeitenangebotBewohner

Angehörige

0% 20% 40% 60% 80% 100%

91%76%

78%75%5 Tage

80%

84%75%

MittelwertErgebnisübersicht Wohnen und Versorgung

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Ergebnisverteilung Gesamtbereich

++ + 0 -Bewohnersicht (N=18 Einr.) 0 4 12 2Angehörigensicht (N=17 Einr.) 1 3 9 4

0

2

4

6

8

10

12

14Wohnen und (hauswirtschaftliche) Versorgung

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Beispiel 2: Tagesgestaltung und soziale Beziehungen

Indikator: Bedürfnisgerechte Beschäftigung aus NutzersichtErgebnis 1 Ergebnis 2positive Antworten zur Bedürfniserfüllung im Bereich Beschäftigung (sofern gewünscht):Anteil an allen gültigen Antworten aus Bewohnersicht

positive Antworten zur Bedürfniserfüllung im Bereich Beschäftigung:Anteil an allen gültigen Antworten aus Angehörigensicht

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Abb. 7: Anteil der positiven Bewertungen der Wäscheversorgung aus Bewohnersicht(18 Einrichtungen, N=1.479 gültige Antworten von 376 Personen)

Anteil der positiven Bewertungen einer bedürfnisgerechten Beschäftigung aus Bewohnersicht (N= 496 gültige Antworten von 265 Personen)

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Ergebnisverteilung Indikator Aktivitäten

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Ergebnisübersicht Tagesgestaltung und soziale Beziehungen

* Dokumentation durch Mitarbeiter

Bedürfnisgerechte TagesstrukturBedürfnisgerechte Beschäftigung

Angehörige

Teilnahme an Aktivitätenohne Mobilitätseinschränkung*

mit Mobilitätseinschränkung*Aktionsradius bei eingeschr. Mob.*

Respektvoller UmgangAngehörige

PrivatheitAngehörige

BeschwerdemanagementMitarbeiterzeit

Angehörige

WeiterempfehlungAngehörige

0% 20% 40% 60% 80% 100%

90%74%

83%

93%

72%

55%

87%91%

90%

81%

Mittelwert

90%

51%30%

78%88%

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Ergebnisverteilung Gesamtbereich Befragungen

++ + 0 -Bewohnersicht 0 5 9 4Angehörigensicht 0 5 9 3

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Tagesgestaltung und soziale Kontakte

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Beispiel Ergebnisprofil Bereich 5 „Tagesgestaltung und soziale Beziehungen“ für eine Einrichtung

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Schritte zur Umsetzung

Kooperation bei der Messung von Indikatoren der Lebensqualität:

à Mitarbeiter der Einrichtung: - Erfassung der Befragungsfähigkeit- Zuordnung der Befragungsgruppen- Erfassung objektiver Daten (Aktivität,

Aktionsradius, Wäscheversorgung)à Externe Durchführung der

Befragung (1) Externes Institut (getestet)(2) Rotation von Mitarbeitern (getestet)(3) Durchführung durch den MDK(4) Durchführung durch Kommunen

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Einige kritische Anmerkungen (Bonato 2011, Hasseler 2011)1. Warum nicht stärker auf bestehende Instrumente zurückgegriffen?

à sorgfältig geprüft; z.B. aus WHO QOL aufgegriffen und konkretisiert: „14. In welchem Maße haben Sie die Gelegenheit für Freizeitaktivitäten?“dag. nicht geeignet: „6. In welchem Maße empfinden Sie Ihr Leben als sinnvoll?“

2. Wenn „Lebensqualität“ rein subjektiv, dann nicht durch Mitarbeiter beeinflussbar.à subjektivistischer Zirkelschluss

3. „Bedürfnisgerechte Beschäftigung“: „Basteln, Singen, Spielen“ = Infantilisierung?à sehr verkürzte Darstellung des Erhebungsbogens (Anhang C); nur gewünschte Aktivitäten

4. Ermittlung der Befragbarkeit durch „anerkanntes Instrument des gerontol. Basisassessment“ statt NBA-Skala „kognitive und kommunikative Fähigkeiten“à bessere Praktikabilität; „Befragbarkeit“ auch mit anderem Instrument ermittelbar

5. Bewertung anhand von Prozentpunkt-Abweichungen vom Mittelwertà bei geringerer Streuung weniger restriktiv bzw. „gerechter“ als Quantile

6. Umgang mit der Antwortmöglichkeit „zum Teil“à Ergebnis des Pretests: Scheu gegenüber eindeutig negativen Bewertungen

7. Schluss: „nur Bewertung von hauswirtsch. Leistungen und Serviceleistungen“à Bereich Tagesgestaltung und soziale Beziehungen übersehen?

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Nutzen einer vergleichenden Ergebnisdarstellung

1. Anreiz und Möglichkeit für Einrichtungen, „gute Pflegeergebnisse“ zu erzielen und darzustellen

2. Nutzer erhalten zu zentralen Aspekten der pflegerischen, sozialen und hauswirtschaftlichen Versorgung detaillierte Informationen in stationären Pflegeeinrichtungen

• Bewertung aus Bewohnersicht• Bewertung aus Angehörigensicht• Ergebnisse gesundheitsbezogener und anderer „objektiver“

Indikatoren

3. Vergleichsmöglichkeiten

4. Entscheidungshilfe

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Dietrich EngelsSilke Mehlan

Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbHBarbarossaplatz 2, 50674 Köln

Tel.: 0221 – 23 54 73Email: [email protected]

Web: www.isg-institut.de

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Dr. Dietrich EngelsISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH

Wie lässt sich Lebensqualität von Bewohnern in Pflegeheimen ermitteln und darstellen?

Impulsreferat zu Workshop 2

Ergebnisse des Projekts „Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der

Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe“

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Zur Anwendung empfohlene Indikatoren

Wohnen und Versorgung Tagesgestaltung, soziale Beziehungen1. Sauberkeit und Geruch 1. Bedürfnisgerechte Tagesstruktur 2. Wäscheversorgung 2. Bedürfnisgerechte Beschäftigung3. Unterstützung der Bewohner 3. Teilnahme an Aktivitäten (mobil)4. Mahlzeitenangebot 4. Teilnahme an Aktivitäten (immobil)

5. Aktionsradius (immobil)6. Respektvoller Umgang7. Privatheit8. Beschwerdemanagement (Ergebnis)9. Mitarbeiterzeit10. Weiterempfehlung

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Geprüfte, aber nicht empfohlene Indikatoren

Wohnen und Versorgung Tagesgestaltung, soziale Beziehungen1. Zimmertyp 1. Soziale Deprivation2. Möblierung 2. Emotionales Wohlbefinden3. Getränkeangebot 3. Intensität sozialer Kontakte4. Mahlzeitenangebot (objektiv) 4. Vertrauensperson/ Ansprechpartner5. Raumtemperatur 5. Einbeziehung von Freiwilligen6. Späte Unterstützung 6. Betreuungsintensität in der7. Pflege-Wahlmöglichkeiten Sterbephase

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Qualität von NutzerbefragungenInhalt• Konkretheit: Fragen zu konkreten Sachverhalten/ Ereignissen, zeitnah• Relevanz: nur, wenn für die Befragten wichtig (z.B. Bewertung von

Unterstützung bei Hilfebedarf, Angebotsbewertung bei Interesse)

Form• Fragestellungen: einfach, kurz, präzise, nicht zu viel in einer Frage• einfache und klare Antwortmöglichkeiten: „Ja – Nein – Weiß nicht“, manchmal

auch „zum Teil“

Methode• hinreichend Zeit, aber kein Abschweifen• methodisch geschulte Interviewer, keine Beeinflussung, möglichst ohne

Angehörige

Rahmen• Anonymität zusichern, hinreichende Zahl befragen• externe Interviewer, rechtzeitige Vorankündigung/ Erinnerung, Zustimmung

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

• Zuordnung:Bewohnerbefragung

Ca. 37% erreichen einen Wert zwischen

0 und 5

• Zuordnung: Angehörigenbefragung

Ca. 63%erreichen einen

Wert über 5

Welche Bewohner/innen sind befragbar?

Kriterium: 0 – 5 Punkte auf der Skala „Kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ des Neuen Begutachtungsassessments (mehr als 5 Punkte: nicht befragbar)

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Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe

Schritte zur Umsetzung

Kooperation bei der Messung von Indikatoren der Lebensqualität:

à Mitarbeiter der Einrichtung: - Erfassung der Befragungsfähigkeit- Zuordnung der Befragungsgruppen- Erfassung objektiver Daten (Aktivität,

Aktionsradius, Wäscheversorgung)à Externe Durchführung der

Befragung (1) Externes Institut (getestet)(2) Rotation von Mitarbeitern (getestet)(3) Durchführung durch den MDK(4) Durchführung durch Kommunen