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1. Der Wunsch, ein anderer zu sein
Die ersten Tage eines Europäers in Amerika sind einer Geburt vergleichbar ...
Theater und Philharmonisches Orchesterder Stadt Heidelberg
nach Franz Kafka
Amerika
Die ersten Tage eines Europäers in Amerika sind einer Geburt vergleichbar.
4
Besetzung
Karl Roßmann
Florian Hertweck
Klara / Therese
Joanna Kitzl
Heizer / Pollunder / Oberportier /
Personalchef
Ronald Funke
Amerikanach Franz Kafka
* 07.10.06
Bühnenfassung von Axel Preuß
5
Onkel Jakob / Oberkellner /
2. Beamter / 3. Beamter
Klaus Cofalka-Adami
Oberköchin / Brunelda / Frau mit Kind
Barbara Wurster
Kapitän / Diener bei Pollunder /
Delamarche / Mann mit Frau und Kind
Christian Schulz
Butterbaum / Mack / Robinson /
1. Beamter
Stephan Schäfer
Kassierer / Green / Giacomo /
Student / Vorgesetzter
Hagen von der Lieth
Inszenierungsteam
Regie
Annette Pullen
Bühne
Iris Kraft
Kostüme
Frank Bloching
6
Dramaturgie
Axel Preuß
Regieassistenz
Catja Baumann
Ausstattungsassistenz
Helke Hasse / Anja Koch
Dramaturgieassistenz
Alexandra Krell
Regiehospitanz
Michael Deeg
Dramaturgiehospitanz
Magdalena Becker
Inspizienz
Silvia Edvesi
Souffl age
Miguel Wegerich
Technik und Werkstätten
Technische Leitung
Ivica Fulir
7
Technische Einrichtung
Tobias Helferich, Udo Weber
Leiter der Abteilung Beleuchtung
Steff Flächsenhaar
Lichtgestaltung
Ralf Kabrhel
Ton
Magali Deschamps,
Wolfgang Freymüller, Andreas Legnar
Leitung Kostümabteilung
Viola Schütze, Maria Schneider (Stv.)
Gewandmeisterinnen
Dagmar Gröver, Alexandra Partzsch
Leiterin der Abteilung Maske
Kerstin Geiger, Anja Dehn (Stv.)
Leiterin der Abteilung Requisite
Esther Hilkert
8
Leiter Malsaal
Dietmar Lechner
Dekorationswerkstatt
Markus Rothmund
Leiter Schlosserei
Karl-Heinz Weis
Leiter Schreinerei
Klaus Volpp
9
10
Amerika fußt als Bühnenfassung auf einem Romanfragment, an dem Franz
Kafka zwischen 1912 und 1914 schrieb und das er in einem Brief an seine
Verlobte Der Verschollene nannte. Sein Freund Max Brod gab das unvollende-
te Buch jedoch 1927 aus Kafkas Nachlass unter dem Titel heraus, den heute
auch unsere Bühnenadaption trägt. Weil die Geschichte ausschließlich in den
Vereinigten Staaten von Amerika spielt und aus der „Sehnsucht nach Freiheit
und fernen Ländern“ (Kafka) entstanden ist, erscheint uns der Titel durchaus
passend. Kafkas Literatur gilt als geheimnisvoll und zum Teil auch als unzu-
gänglich, seine Helden erleben ihr Dasein häufi g als phantastischen Alptraum.
Amerika
Zum Roman & zur Bühnenfassung
G
11
Ganz anders ist sein Amerika-Roman. Das junge Leben des 17jährigen Karl
Roßmann beginnt noch mit einem Paukenschlag. Seine Eltern schicken ihn
per Schiff nach Amerika, weil er sich von einem 35jährigen Dienstmädchen
verführen ließ. Ohne Pläne und gute Aussichten, ohne Kontakte, mit wenig
Geld und einem Koffer voller Habseligkeiten erreicht Karl New York.
Hier beginnt sein neues Leben in einem fremden Land, und hier beginnt auch
unser Stück. Karl trifft fortan die unterschiedlichsten Menschen, Jugendli-
che wie Franz Butterbaum (der auch an Bord des Auswandererschiffes ist),
Männer wie den merkwürdigen Schiffsheizer (dessen Episode unter dem
Titel Der Heizer auch als Erzählung berühmt wurde), Karrieristen wie seinen
arglistigen Onkel Jakob (der es in New York zum Senator gebracht hat) oder
kleine Gauner wie Robinson und Delamarche (mit denen er arbeitssuchend
gen Westen zieht). Neben diesen Charakteren sind besonders Klara, Therese,
die Oberköchin des Hotels Occidental und eine fettleibige Sängerin namens
12
Brunelda hervorzuheben. Denn trotz seiner Jugend scheint Karl eine beson-
dere Anziehungskraft auf Frauen gleich welchen Alters auszuüben. Keine
lässt er kalt. Alle suchen seine Freundschaft und Nähe.
Mit den Menschen, die Karl trifft, verbinden sich Stationen seines Weges, und
mit den Stationen besondere Episoden seines neuen Lebens. Karl geht es wie
jedem Einwanderer. Er will sich assimilieren, eine Arbeit fi nden, ein Auskom-
men und Freunde, kurz: er will ein normales Leben führen. Doch das ist nicht
so einfach. Sein Onkel Jakob verstößt ihn, seine neuen Kumpel Delamarche
und Robinson entpuppen sich als brutale Schlitzohren, im Hotel Occidental
schließlich, wo Karl eine Anstellung als Liftjunge fi ndet, macht man ihm gar
den Prozess und schmeißt ihn hochkantig hinaus. So landet der arme Karl bei
der ebenso beleibten wie begüterten Dame Brunelda, wo auch seine ehe-
maligen Kumpanen Robinson und Delamarche mittlerweile untergekrochen
sind. Delamarche, der beinharte Macho, gibt dafür Bruneldas Lustknaben ...
13
Amerika zeigt sich von seiner hässlichen Seite, und Karl zieht schnell weiter.
Die Begegnung mit einem Studenten, der tagsüber voller Inbrunst einem
lächerlichen Job nachgeht damit er nachts über seinen Büchern hocken
kann, lehrt Karl, dass in diesem Land so gut wie jeder Job als Geschenk zu
betrachten ist. Und da erklingen plötzlich Posaunen! Auf Postamenten stehen
Frauen, die mit Engelsgewändern angetan sind und für ein Theater werben,
in dem jeder – wirklich jeder! – einen Job erhalten soll! Die posaunespie-
lenden Frauen gehören zu einer Werbetruppe, die für das Große Theater
von Oklahoma arbeiten. Karl meldet sich und wird tatsächlich genommen.
Und nicht nur das! Unter den Engeln fi ndet er unter anderem auch Therese
wieder, mit der er im Hotel Occidental ein zärtliches Band knüpfte. Denn das
Theater soll von nahezu endloser Größe sein. Mit der Reise nach Oklahoma,
wo das Theater beheimatet sein soll, endet diese Geschichte, die sicher zu
den optimistischsten gehört, die Kafka je geschrieben hat.
1414
wurde am 03.07.1883 in Prag als Sohn wohlhabender jüdischer Kaufl eute gebo-
ren. Er studierte Germanistik und Jura in Prag und promovierte 1906 zum Dr. jur.
Im Anschluss daran war er für kurze Zeit Praktikant am Landesgericht in Prag,
danach Angestellter einer Versicherungsgesellschaft. In den Sommermonaten der
Jahre 1910 bis 1912 führten ihn Reisen und Kuraufenthalte nach Italien, Frank-
reich, Deutschland, Ungarn und in die Schweiz. 1917 erkrankte Franz Kafka an
Tuberkulose, was ihn 1922 zur Aufgabe seines Berufes zwang. Ab 1923 lebte er
in Berlin und Wien als freier Schriftsteller, zuletzt im Sanatorium Kierlang bei
Zum Autor des Romans
Franz Kafka
c
Wien, wo er am 03.06.1924 starb. Befreundet war Kafka lediglich mit Max Brod
und Franz Werfel. Er fühlte sich als unverstandener Einzelgänger, was nicht
zuletzt sein Verhältnis zu Frauen beeinträchtigte: zweimal war er verlobt, oft
unglücklich verliebt. Der literarische Nachlass, den Kafka testamentarisch zur
Verbrennung bestimmt hatte, wurde von Max Brod veröffentlicht. Zu seinem
weltberühmten Werk gehören neben den Romanen Amerika (1912-14), Der
Process (1914-15) und Das Schloss (1922) Kurzprosa und zahlreiche Erzäh-
lungen, darunter so bekannte Arbeiten wie Der Heizer, In der Strafkolonie, Die
Verwandlung und Ein Bericht für eine Akademie.
16
In Franz Kafkas Amerika-Roman folgt die Geschichte den Stationen, die der
junge Held erreicht und von denen aus er wieder zu neuen Abenteuern auf-
bricht. Zumeist geschieht das gegen seinen eigenen Willen. Die Verhältnisse des
Landes treiben ihn vor sich her wie einen Dornenbusch, der zum Spielball der
Winde geworden ist. Dabei sind die sozialen und ökonomischen Verhältnisse
selbstverständlich menschlichen Ursprungs. Die Charaktere, die Karl Roß-
manns Lebensweg beeinfl ussen, sind durchweg System-Opportunisten. Unab-
Unterwegs im Raum der Erinnerung
k
Zur Inszenierung
hängig vom Grad ihrer Fähigkeit, die Verhältnisse des Landes zu analysieren,
bejahen sie durch ihr Mitmachen den gesellschaftlichen Status Quo. Karl wird
in dem Maße zum Spielball fremder Kräfte, wie sein europäisches Wertesystem
und damit sein Handeln fremdartig wirkt und aneckt. Trotzdem oder gerade
deswegen möchte er nichts lieber, als in Amerika „ankommen“ und ein ange-
passtes und respektables Leben führen. Die Stationen seines Weges markieren
dabei die Schwierigkeiten, diesen Wunsch wahr werden zu lassen.
Die Bühnenfassung
Von daher schiene es naheliegend zu sein, wenn eine Bühnenfassung des Ro-
mans die Form eines Stationendramas annähme. Würde man den Roman verfi l-
men, käme dabei wahrscheinlich ein Roadmovie heraus. Was aber für den Film
Bestimmt hätte man dich – nach meiner bescheidenen Kennt-nis der Einwanderungsgesetze – nach Hause geschickt, ohne sich weiter darum zu kümmern, dass du keine Heimat mehr hast.
Onkel Jakob
19
ein hervorragendes Genre ist, muss für das Theater nicht unbedingt gut sein.
Die Gesetze der Bühne sind entschieden andere als die des Kinos. Infolgedes-
sen haben wir uns für die Bühnenfassung gegen das Stationendrama entschie-
den. Alle spielt an einem Ort, und dieser Ort ist die Erinnerung eines Menschen
an die Geschichte des Karl Roßmann. Sein Ankommen in New York, seine
Wanderschaft und seine Begegnungen sind Teil einer umfangreichen Erzäh-
lung, die die Erinnerung wiedergibt. Joanna Kitzl spielt diese Erzählerin. Und
weil die Schauspielerin auch Klara und Karls spätere zarte Liebschaft Therese
spielt, liegt die Vermutung nahe, dass sich in unserer Inszenierung ein Mensch
an Karls Werdegang erinnert, der ihm gut bekannt ist. Die Erzählerin bildet den
Rahmen der Handlung. Der Rahmen spielt in der Gegenwart, die Handlung der
eigentlichen Geschichte gehört der erinnerten Vergangenheit an.
20
Die Inszenierung
Durch die Verlegung der Geschichte in die Erinnerung einer Erzählerin be-
kommt Regisseurin Annette Pullen mit ihrem Ensemble eine große künstle-
rische Freiheit. Die Gedanken sind sprunghaft und sie sind frei. Sie erheben bei
komplexen und verwirrenden Lebensverhältnissen keinen Anspruch auf Voll-
ständigkeit. Die Erzählerin berichtet dem Publikum von jenen Stationen, die
ihr besonders wichtig sind - anderes lässt sie weg. Bestimmte Details werden
durch das Bühnengeschehen größer als im Roman, andere fi nden überhaupt
keine Erwähnung. Übertreibungen werden ebenso möglich wie Irrwitziges und
Seltsames. Kafka, der Meister des Rätselhaften und Phantastischen, erfährt ge-
rade durch diesen Zugriff seine theatralische Würdigung. Das Ensemble erhält
die Freiheit, mit großer Spielfreude den abenteuerlichen Wegen des Protago-
nisten nachzuspüren und zugleich den zum Teil unergründlichen Wendungen
21
des Autors ein Gesicht und eine Deutung zu geben.
Die Besetzung
Kafkas Roman erweckt den Eindruck, dass Karl auf seiner Wanderung immer
wieder denselben (oder ganz ähnlichen) Menschen begegnet, obwohl sich die
Namen, Orte und Zusammenhänge ändern. Dieses Prinzip der gefühlten Wieder-
begegnung wurde in die Besetzung des Stückes aufgenommen, indem zwei
Schauspielerinnen und sechs Schauspieler insgesamt 27 Rollen spielen. Allein
Florian Hertweck, der Darsteller des jungen Karl Roßmann, spielt nur diese
eine Rolle. Alle anderen Darsteller spielen an diesem Abend bis zu fünf Rollen!
Und das bedeutet, dass Karl immer wieder gleichen Gesichtern begegnet, ob-
wohl er den einen Ort verlassen und einen neuen erreicht hat.
22
Die Bühne
Die Bühne ist ein so genannter „Durchsteher“. Das bedeutet, dass sie sich im
Laufe eines Abends nicht oder nicht wesentlich verändert. Damit nimmt sie
den Gedanken auf, dass das gesamte Bühnengeschehen Bilder einer Erinne-
rung sind. In der Erinnerung kann Karls Leben in Amerika überall spielen.
In diesem Falle spielt es an diesem Ort, der sich vor allem aus drei Objekten
zusammensetzt: einem Swimmingpool im Vordergrund, einem sehr hohen Wall
im Bühnenmittelgrund und einer alten Leuchtreklame im Hintergrund. Die
Bühnenfassung des Romans sowie diese Raumlösung von Iris Kraft ermögli-
chen es dem spielenden Ensemble, mit der Geschichte umzugehen, als sei sie
formal von Shakespeare. Das heißt: die Schauspieler bringen die Orte, an denen
die Geschichte jeweils spielt, selbst mit auf die Bühne. Wo die Spieler sind, sind
auch die jeweiligen Orte mit ihren besonderen Verhältnissen und
23
Situationen, wie sie der Roman schildert. Dabei hat die Bühne einen starken
Symbolcharakter. Der Pool steht für Reichtum im Hause Pollunder ebenso wie
für den drohenden Abstieg aus dem bürgerlichen Wohlstand. Der Wall als un-
überwindliches Objekt erinnert an die Schwierigkeiten, vor denen alle stehen,
die in die USA einwandern und sich assimilieren wollen. Der unsichtbare Raum
hinter dem Wall sowie die daraus hervorlugende Leuchtreklame bezeichnet
jenes Amerika, das wir uns in mythischer Überzeichung ersehnen, aber kaum
erreichen können. Der Mythos – so das Bild der lädierten Leuchtreklame – hat
selbst schon Dellen. Bei all diesen Überlegungen zum assoziativen Gehalt
der Dekoration soll aber auch gesagt sein, dass die drei Objekte wunderbare
Spielanlässe darstellen, Möglichkeiten für die Regie und das Ensemble, Kafka
nachzuspüren und lustvoll aufzuführen.
24
Die Kostüme
Die Kostüme von Frank Bloching folgen weniger dem Zeitgeist des Romans als
vielmehr der Lust, amerikanische Lebensart in ihrer Vielgestaltigkeit aufzuneh-
men und theatralisch zu überhöhen. Dabei spiegeln sie die Eigenarten der Cha-
raktere wieder, sei es ihr Konservatismus (wie bei Onkel Jakob), ihre Verschro-
benheit (wie bei Green), ihre Sehnsucht, zu gefallen (wie beim ersten Auftritt
der Oberköchin) oder ihr Gangstertum (wie bei Delamarche und Robinson).
Besonderes Augenmerk verdient auch der Watton, der aus unserer Schauspie-
lerin Barbara Wurster in der Rolle der Brunelda ein überdimensionales Wesen
macht, das vor lauter barocker Beleibtheit nicht mehr laufen kann.
25
26
Ich habe gestern vor dem Ein-schlafen an die Möglichkeit gedacht, dass ich die ameri-kanischen Verhältnisse durch mein Klavierspiel unmittel-bar beeinflussen könnte!
Karl Roßmann
28
Regie
Annette Pullen
Annette Pullen wurde 1974 in Gelsenkirchen geboren. Nach dem Studium der ange-
wandten Theaterwissenschaft und Literaturwissenschaft in Gießen war sie von 1999 bis
2000 als Regieassistentin am Stadttheater Gießen und von 2000 bis 2003 am Thalia The-
ater in Hamburg engagiert. Sie inszenierte unter anderem für das schauspielhannover,
das Schauspielhaus Bochum, sowie am Theater Magdeburg und am Volkstheater Wien.
Seit der Spielzeit 2005_06 ist sie Hausregisseurin am Schauspiel Essen. Amerika ist ihre
erste Arbeit am Theater und Philharmonischen Orchester der Stadt Heidelberg.
29
Bühne
Iris Kraft
Iris Kraft studierte an der HfBK Dresden und am Central St. Martins College London
Bühnen- und Kostümbild. Daraufhin Bühnen und Kostümassistenzen unter anderem in
Basel, Dresden, Leipzig, für Johannes Schütz, Ursula Müller. Seit 2001 ist sie leitende
Bühnenbildnerin am Theater Magdeburg. Iris Kraft arbeitete unter anderem mit den
Regisseuren Hasko Weber, Tobias Wellemeyer, Christian Schlüter und Annette Pullen.
Sie entwirft Bühnenbilder für Oper, Schauspiel und Ballett.
30
Kostüme
Frank Bloching
Frank Bloching wurde 1969 in Ulm geboren, seit 1998 lebt und arbeitet er in Heidel-
berg. Zunächst war er Kostümassistent und Gewandmeister am Theater der Stadt
Heidelberg und entwarf eigene Kostümbilder für Tosca und Eugen Onegin. Außerdem
war er an den Schlossfestspielen Wernigerode, in Annaberg-Buchholz und bei Musik-
akzente 21. Jahrhundert (Die Reise, Wozzeck, Zukunftsmusik Beethoven) als Kostüm-
bildner engagiert. In der Spielzeit 2005_06 leitete Frank Bloching die Kostümabteilung
des Theaters und Orchesters der Stadt Heidelberg und entwarf unter anderem Kostüm-
bilder für Planet Porno 1 & 2, Gewerbe, Calling Patty Hearst, Warten auf Godot und
Des Knaben Wunderhorn.
31
32
Karl Roßmann
Klaus Cofalka-Adami (*1953) Ausbildung zum Bankkaufmann.
80-84 Städtische Bühnen Dortmund; 84-89 Kinder- und Jugendtheater
des Landestheaters Württemberg-Hohenzollern; 90-92 Kinder- und
Jugendtheater Nationaltheater Mannheim; 92-05 Landestheater Württ-
emberg-Hohenzollern. Seit 05_06 Ensemblemitglied in Heidelberg.
Florian Hertweck (*1979) 00-02 Studium der Medieninformatik in
Berlin; 02-06 Schauspielstudium an der Hochschule für Film und Fernse-
hen „Konrad Wolf“ in Potsdam. Während des Studiums zahlreiche Film-
und Fernsehproduktionen; am Grenzlandtheater Aachen als Ferdinand
in Kabale und Liebe. Ab der Spielzeit 06_07 fest in Heidelberg.
Onkel Jakob / Oberkellner / 2. Beamter / 3. Beamter
Green / Student / Giacomo / Student / Vorgesetzter
Ronald Funke (*1954) studierte an der Staatlichen Schauspiel-
schule Rostock. Engagements in Eisleben, Schwerin, am Theater
Magdeburg, am Nationaltheater Mannheim, am Theater Biel Solothurn,
am luzernertheater, am Volkstheater Rostock, am Hans-Otto-Theater
Potsdam und am Theater Osnabrück. Seit 05_06 fest in Heidelberg.
Hagen von der Lieth (*1975) 97-98 Musikstudium in Dresden;
98-02 Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater
Felix Mendelssohn-Bartholdy, Leipzig. 00-02 Schauspielhaus Leipzig;
02-05 Landestheater Württemberg-Hohenzollern. Seit 05_06 am Thea-
ter und Philharmonischen Orchester der Stadt Heidelberg.
Heizer / Pollunder / Oberportier / Personalchef
Klara / Therese
Stephan Schäfer (*1977) 98-02 Schauspielstudium an der
Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch" Berlin; 2000 Gast am
Berliner Ensemble und Maxim Gorki Theater, Berlin; 02-05 Ensem-
blemitglied am Landestheater Württemberg-Hohenzollern. Ab 05_06
Ensemblemitglied in Heidelberg.
Joanna Kitzl (*1980) studierte 98-02 an der Hochschule für Musik
und Theater Hamburg. 02 Solopreis des Schauspielschultreffens. 99-01
Gastengagements u. a. am Deutschen Schauspielhaus Hamburg. 02-04
am Landestheater Württemberg-Hohenzollern, 04/05 Zürcher Theater
am Neumarkt. Seit 05_06 fest in Heidelberg.
Butterbaum / Mack / Robinson / 1. Beamter
35
Oberköchin / Brunelda / Frau mit Kind
Christian Schulz (*1963) 85-89 Schauspielausbildung an der
Otto-Falckenberg-Schule, München; 89-93 Engagement an den Verei-
nigten Städtischen Bühnen Krefeld/Mönchengladbach; 93-00 Theater
Lübeck; 00-05 Theater Aachen. Seit 06 fest in Heidelberg.
Kapitän / Diener bei Pollunder / Delamarche / Mann mit Frau und Kind
Barbara Wurster (*1970) 91-95 Schauspielausbildung in Ulm.
Zwei Jahre fest an den Städtischen Bühnen Kiel, danach freiberuf-
lich, u. a. am Schauspielhaus Zürich und am Thalia Theater in Ham-
burg. 03-05 festes Ensemblemitglied am Deutschen Nationaltheater
Weimar. Seit 05_06 fest in Heidelberg.
36
Karl allerdings fühlte sich so kräftig und bei Verstand, wie er es vielleicht
zu Hause niemals gewesen war.
Franz Kafka: Amerika
37
38
Kann sein, dass die Jacke unter den Ach-seln hart und nass von Schweiß ist. Es ist nicht nur Giacomos Schweiß, sondern al-ler Liftjungen, die sie vor Ihnen getragen
haben, er trocknet nie aus.
39
Amerika ist wunderbar! Alle Entwick-lungen gehen hier so schnell vor sich!
Onkel Jakob
42
Aber heute nur noch Polyester!
Onkel Jakob
43
44
Briefe aus Amerika
U
Amerika ist ein freies Land, wo keine Religion und Freundschaft ist, und auch kein bal-
digster Verdienst. Drum bleibe ein jeder, wo er ist, und ziehe nicht nach Amerika.
Simon Dietzler, New Orleans, 01.01.1853 an seine Familie in Münster-Metternich im Re-
gierungsbezirk Koblenz
45
Eine große Nachfrage ist auch immer nach Mädchen für kleine Familien, um
die Kinder zu warten, um zu waschen und zu bügeln. Deutsche Mädchen,
hauptsächlich wenn sie Englisch können, sind immer vorgezogen. Die Hauptsa-
che ist das Englische. Jedem Auswanderer ist zu raten, ehe er seine Reise nach
Amerika übernimmt, erst so viel Englisch zu lernen. Denn die Bekanntschaft
mit der englischen Sprache ist hier zu Lande so viel als bares Geld.
Wilhelm Krauß aus Unterlauter, Lehrer und Pianist, ausgewandert 1853
New York, den 19.04.1854 an Geschwister und Freunde
46
Hilarius und Maria Rondorf, Dane of Counte, Town Rosebary, 20.01.1856 an Vet-
ter und Nichte
Ist es aber einmal überstanden, dann führe ich ein Leben wie ein preußischer Ka-
valier. Ein Anfang ohne Geld ist hier schwer und man muss arbeiten, als wenn man
Feind seines eigenen Leibes wär!
Jacob Schwarz, Schneider, ausgewandert spätestens 1853 Nuport, 25.01.1854,
an Eltern, Geschwister und Verwandte in Blaubeuren
Ich wollte nur wünschen dass mein Bruder Mathäus mit seiner Familie auch
bei mir wäre er könnte sein Leben besser machen wie da wo er jetzt ist es ist
ein jeder arbeitsfähige Mann zu bedauern den nicht gehen kann denn hier in
diesem Lande ist es noch gut vor dem arbeitsamen Mann, vor dem Faulenzer
aber ist es in Deutschland besser ich kann eigentlich nicht begreifen warum
Carl Zobel nicht in Amerika geblieben ist das wäre mir jeder Zeit noch lieber
gewesen als wie ein Weib die nicht dahin gewollt hat kurz genommen Ein
Amerikanisches Bürgerrecht ist mir lieber als wie 25 in Blaubeuren, denn in
Amerika kann man zu etwas kommen und draußen ist es aber das Gegenteil ich
habe in einem Jahr mehr verdient als wie draußen in drei Jahren .
48
Mythos Amerika
R
Amerika gilt als Mythos. Es gilt als das
Land der unbegrenzten Möglichkeiten
und der Freiheit, deren Erringung und
Verteidigung immer Ursache und Legiti-
mation jeder Form von politischer Aus-
einandersetzung zu sein scheint. Neben
dem weit verbreiteten Liberalismus ist
Amerika eine feste Burg des Konservatis-
mus, des Militarismus und der Medialisie-
rung. Der Mythos ist eine absurde Klam-
mer, die Wünsche, Widersprüche und
Aggressionen, und Sehnsüchte, aber auch
Ängste, Ungerechtigkeiten und Unsicher-
heiten zusammenhält. Amerika ist ein
ungreifbares Paradoxon, bestehend aus
Weite und Enge, Leere und Vielfalt, Weit-
sicht und Starrsinn. Baudrillard nennt
Amerika ein gigantisches Hologramm, so
49
un(er)fassbar wie die Weite und schiere
Unendlichkeit dieses Landes.
Amerika ist ein Satellit Europas und
ist es doch nicht. Die USA entstanden
aus europäischen Kolonien, ein großer
Prozentsatz der Bevölkerung stammt von
europäischen Einwanderern ab. Die Spra-
che ist englischen, indogermanischen
Ursprungs, die Konventionen, die Werte
und die Ideale brachten die Vorfahren
aus der alten Welt mit. Selbst die „Statue
of Liberty“, steingewordene Manifesta-
tion der amerikanischer Vision, ist ein
Geschenk aus Frankreich.
Und dennoch begründet sich der Mythos
eben nicht in einem wie auch immer
ausgeprägten Satellitendasein der neuen
Welt gegenüber Europa, sondern in seiner
Neuheit, in der Anarchie seiner Entste-
hung, der Geburt eines neuen Systems.
Zu Beginn ist alles möglich, das Land
kennt keine Grenzen, nicht geographisch,
nicht kulturell, ideell oder politisch.
Der Vision einer besseren Welt erlagen
viele. So ist der Mythos Amerika im-
mer auch die Geschichte von Millionen
europäischen Einwanderern. Die ersten
stammten aus England und den Nieder-
50
landen und wurden von Berichten über
großartige wirtschaftliche Aussichten
angelockt. Das Bedürfnis nach politischer
und religiöser Freiheit löste eine Ein-
wanderungswelle aus, die von 1892 bis
1924 ihren Höhepunkt erlebte. Im späten
19. Jahrhundert richtete die Regierung
eine besondere Einwanderungsstelle auf
Ellis Island ein, die Kontrollen wurden
verstärkt. 1924 führten die USA erstmals
eine Quote ein, die den Zustrom kontrol-
lierte. Zwischen 1820 und 1979 ließen die
Vereinigten Staaten über 49 Millionen
Einwanderer ins Land. Nach Regierung-
sangaben erhielten 2003 463.204 Personen
die US-Staatsbürgerschaft; der Durch-
schnitt über die Jahre 1997-2003 beträgt
etwa 634.000. Zu den offi ziellen Einwan-
derern kommen etwa 275.000 illegale
Einwanderer hinzu; deren Zahl beträgt
2006 ungefähr 12 Millionen. Vor allem aus
Mexiko stammt ein Großteil der illegalen
Einwanderer. Den Menschenstrom aus
dem Süden versuchen die USA zu verhin-
dern. Seit einigen Jahren stellt eine Mauer
nicht nur eine visuelle Barriere zwischen
den beiden Staaten dar. Zwar hat der Se-
nat vor kurzem den Immigration Reform
51
Act of 2006 gebilligt, der es illegalen, aber
nicht vorbestraften Immigranten, die seit
Jahren in den USA leben und arbeiten,
ermöglichen wird, die amerikanische
Staatsbürgerschaft zu erhalten, jedoch soll
auch weiterhin der Zustrom an illegalen
Einwanderern unterbunden werden. Das
neuste Projekt des US-amerikanischen
Ministeriums für inneres Sicherheit (DHS)
nennt sich „Virtuelle Mauer“. Boeing
wurde der Auftrag erteilt die über tausend
kilometerlange Grenze, im Süden nach
Mexiko sowie im Norden nach Kanada,
mit neusten technischen Systemen zu
sichern. Unter anderem sieht dies die
Absicherung der Grenzen per Überwa-
chung aus der Luft vor. Der Haushalt hat
für dieses Projekt für das Jahr 2007 400
Millionen US-Dollar veranschlagt1.
1Florian Rötzer: Millionen für die virtuelle
Mauer. 18.05.2006, In: http://www.heise.de/tp/
r4/artikel/22/22694/1.html
52
Wir lobten alles
R
Im vorletzten Jahr sind wir zu dritt auf
einem Auswandererschiff in die Staaten
gefahren, um mit unserem letzen Geld am
Leib das Leben des Lebens des amerika-
nischen Arbeiters zu erproben und uns
von dem Zustand eines Menschen auf der
untersten sozialen Stufe eine persönliche
Erfahrung zu verschaffen. Das war der
Zweck unserer Reise.
„Mein Gott!“ Ich musste lachen. „Sie
sollten lieber irgendwo in unserem Gou-
vernement zur Erntezeit mithelfen, um
eine persönliche Erfahrung zu machen,
anstatt den kürzesten Weg über Amerika
einzuschlagen!“
„Wir verdingten uns dort als Knechte bei
einem Ausbeuter; wir, die Russen, waren
dort, glaube ich, insgesamt zu sechst. Stu-
53
denten, sogar Gutsbesitzer, die ihre Güter
verlassen hatten, es waren sogar Offi ziere
dabei, und alle hatten dasselbe großar-
tige Ziel. Also haben wir dort gearbeitet,
geschwitzt, uns geschunden, waren am
Ende unserer Kräfte, schließlich sind
Kirillow und ich gegangen - beide krank,
wir haben es nicht ausgehalten. Der
Ausbeuter hatte uns bei der Abrechnung
betrogen, statt der verabredeten dreißig
Dollar zahlte er mir acht und ihm fünf-
zehn aus; und geprügelt wurden wir auch
mehr als einmal. Nun, und dann haben
wir ohne Arbeit in einem gottverlassenem
Städtchen vier Monate lang nebenei-
nander auf dem Fußboden verbracht; er
hing seinen Gedanken nach und ich den
meinen.“
„Ist es möglich, dass der Unternehmer Sie
geprügelt hat, und das in Amerika? Wie
werden sie über ihn gefl ucht haben!“
„Keineswegs. Wir, Kirillow und ich, haben
ganz im Gegenteil daraus sofort den
Schluss gezogen, dass wir Russen im Ver-
gleich mit den Amerikanern unmündige
Kinder sind und dass man in Amerika ge-
boren sein oder zumindest jahrelang un-
ter Amerikanern gelebt haben muss, um
54
ihr Niveau zu erreichen. Nicht nur das:
Wenn man von uns statt einer Kopeke
einen Dollar verlangte, zahlten wir nicht
nur mit Vergnügen, sondern sogar mit Be-
geisterung. Wir lobten alles, Spiritismus,
Lynchjustiz, Colts, Landstreicher. Einmal
unterwegs griff mir der Nachbar in die
Tasche, zog meine Haarbürste heraus und
begann, sich zu frisieren; Kirillow und ich
haben einander nur angesehen und gefun-
den, dass das gut ist und dass es uns sehr
gefällt ...“
„Sonderbar, dass wir nicht nur auf solche
Ideen kommen, sondern sie auch in die
Tat umsetzen“, bemerkte ich.
Fjodor Dostojewski: Böse Geister, Frankfurt
a. M. 42006
55
56
Es ist das größte Theater der Welt, manche meiner Kolleginnen, die schon in Oklahoma waren, sagen es sei fast
grenzenlos.Therese
58
Impressum
Herausgeber: Theater und Philharmonisches
Orchester der Stadt Heidelberg
Intendant: Peter Spuhler
Verwaltungsleiterin: Andrea Bopp
Redaktion: Axel Preuß., Alexandra Krell &
Katrin Spira
Gestaltung: atelier september
Herstellung: abcdruck GmbH, Heidelberg
Anzeigen: Greilich / Neutard
Nachweise
Fotos: http://www.amrep.org/images/woyzeck/
woyzeck3.gif (S. 15)
http://coverpearl.piranho.de/Bildung/pix/
buechner.jpg.de (S. 19)
Texte: Fjodor Dostojeweskij: Böse Geister. Aus
dem Russischen von Swetlana Geier, Frankfurt
am Main 2000.
Wolfgang J. Helbich: Briefe aus Amerika.
Deutsche Auswanderer schreiben aus der Neuen
Welt, 1830 – 1930, München 1988.
Nicht gekennzeichnete Texte sind Originalbei-
träge von Axel Preuß & Alexandra Krell.
Wenn wir trotz unserer Bemühungen Rechtein-
haber übersehen haben sollten, bitten wir um
Nachricht.
Internet: www.theaterheidelberg.de
Theater und Philharmonisches Orchester der
Stadt Heidelberg
2006_07, Programmheft Nr. ??
cWir gehören jetzt zusammen!
Konzerte der Heidelberger Philharmoniker in der Spielzeit 05_06 Sichern Sie sich Ihr Abo!
Philharmonische Konzerte
Familienkonzerte
Kammerkonzerte
Bachchor-Konzerte
HeidelbergTicket [email protected]
Theater und Philharmonisches Orchesterder Stadt Heidelberg
ww
w.b
iblio
grap
hicu
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