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Archiv ffir klinische u. experimentelle Dermatologie 209, 539--550 (1959) Aus der Hautklinik der Christian-Albrechts-Universiti~t Kiel (Dh'ektor- Prof. Dr. reed. ALBI~ PI~OPt'E) ]Die Meerschweinehenhaut als dermatologisches Testobjekt Von HARALD 0BERSTE-LEHN und I~RIEDRIGIt-WILHEL:~I WIEMANN Mit 4 Textabbildungen (Eingegangen am 20. Oktober 1959) Die physikalischen und chemischen Eigenschaften yon Salben, wie zum Beispiel der Schmdzpunkt, der Erstarrungspunkt, die Verseifungs- und Jodzahl geben zwar vergleichbare und reproduzierbare Charakteri- stica dieser Substanze~ an, orientierer~ aber wenig oder gar nicht fiber ihre Wirkung auf die Haul. Letztere wird eigentlich dutch die prak- tische Erfahmmg ermittelt. Um nicht allein auf die Erprobnng am Kranken angewiesen zu sein, wurden friiher Modellversuche an Dialysier- hfilsen und Koloidfiltern (Mo~coRrs) durchgeffihr~. Da es aber unmSgiich schien, die hierbei erhaltenen Ergebnisse auf die Verh~Itnisse der lebenden ]~aut zn iibertragen, nahm man das Tierexperiment z u I-lilfe(lu Als Vers~chstier ~q~rde meist das Meerschweinchen verwendet und die Flankenhaut a]s geeigneter Erprobungsort befunden (JADASSOHN). Bei diesen Untersuchnngen wurde eine Dickenzunahme des Epithels be- schrieben nnd als Zeichen der Wirkung oder der ttantunver~raglichkeit gewertet. Eine Acanthose als Ausdruck einer Intoleranzreaktion wird beim l~enschen allerdings im allgemeinen nicht konstatiert, und es er- scheint daher fragwiirdig, ob die beim Meerschweinchen beschriebene Epi~helvergnderung den ekzematogenen oder entztindlichen Unvertr~g- lichkeitserscheinnngen der menschliehen Haut gleichgesetzt werden kann. VO~KE~NSn sieht zwischen dem Ergebnis des Tierversuchs nnd der erfahrungsgema~en Beurteilung der Salbenvertraglichkeit an der menschlichen I-Iaut eine allgemeine Ubereinstimmnng. In der Tat treten aueh en~ziindliche Veranderungen wie Kernverklumpungen, Vacuolen- bildung, Auflockerung des Zellverbandes im Epithel, Blnfftille der Capillaren und cellularen Infiltration im Corium mit der Acan~hose vergesellschaf~et an der Meerschweinchenhau~ auf (B~Es, SCHAAF LI. Gl~oSS, I-ISFS n. Tu~s~). Doch ist diese Beobachtung nicht immer und nicht bei jeder zur Epithelverbreiterung ftihrenden Substanz feststellbar (ScHwAs, G~oss), so dal~ der acanthogene Effekt nieht ohne weiteres mit einer tier Substanz innewohnende~ F/thigkeit zu entziindlicher Reizung der I-Iaut gleichzusetzen ist.

Die Meerschweinchenhaut als dermatologisches Testobjekt

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Page 1: Die Meerschweinchenhaut als dermatologisches Testobjekt

Archiv ffir klinische u. experimentelle Dermatologie 209, 539--550 (1959)

Aus der Hautklinik der Christian-Albrechts-Universiti~t Kiel (Dh'ektor- Prof. Dr. reed. ALBI~ PI~OPt'E)

]Die Meerschweinehenhaut als dermatologisches Testobjekt Von

HARALD 0BERSTE-LEHN und I~RIEDRIGIt-WILHEL:~I WIEMANN

Mit 4 Textabbildungen

(Eingegangen am 20. Oktober 1959)

Die physikalischen und chemischen Eigenschaften yon Salben, wie zum Beispiel der Schmdzpunkt, der Erstarrungspunkt, die Verseifungs- und Jodzahl geben zwar vergleichbare und reproduzierbare Charakteri- stica dieser Substanze~ an, orientierer~ aber wenig oder gar nicht fiber ihre Wirkung auf die Haul. Letztere wird eigentlich dutch die prak- tische Erfahmmg ermittelt. Um nicht allein auf die Erprobnng am Kranken angewiesen zu sein, wurden friiher Modellversuche an Dialysier- hfilsen und Koloidfiltern (Mo~coRrs) durchgeffihr~. Da es aber unmSgiich schien, die hierbei erhaltenen Ergebnisse auf die Verh~Itnisse der lebenden ]~aut zn iibertragen, nahm man das Tierexperiment z u I-lilfe (lu Als Vers~chstier ~q~rde meist das Meerschweinchen verwendet und die Flankenhaut a]s geeigneter Erprobungsort befunden (JADASSOHN). Bei diesen Untersuchnngen wurde eine Dickenzunahme des Epithels be- schrieben nnd als Zeichen der Wirkung oder der ttantunver~raglichkeit gewertet. Eine Acanthose als Ausdruck einer Intoleranzreaktion wird beim l~enschen allerdings im allgemeinen nicht konstatiert, und es er- scheint daher fragwiirdig, ob die beim Meerschweinchen beschriebene Epi~helvergnderung den ekzematogenen oder entztindlichen Unvertr~g- lichkeitserscheinnngen der menschliehen Haut gleichgesetzt werden kann.

VO~KE~NSn sieht zwischen dem Ergebnis des Tierversuchs nnd der erfahrungsgema~en Beurteilung der Salbenvertraglichkeit an der menschlichen I-Iaut eine allgemeine Ubereinstimmnng. In der Tat treten aueh en~ziindliche Veranderungen wie Kernverklumpungen, Vacuolen- bildung, Auflockerung des Zellverbandes im Epithel, Blnfftille der Capillaren und cellularen Infiltration im Corium mit der Acan~hose vergesellschaf~et an der Meerschweinchenhau~ auf ( B ~ E s , SCHAAF LI. Gl~oSS, I-ISFS n. T u ~ s ~ ) . Doch ist diese Beobachtung nicht immer und nicht bei jeder zur Epithelverbreiterung ftihrenden Substanz feststellbar (ScHwAs, G~oss), so dal~ der acanthogene Effekt nieht ohne weiteres mit einer tier Substanz innewohnende~ F/thigkeit zu entziindlicher Reizung der I-Iaut gleichzusetzen ist.

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5~0 HAI~• OBERSTE-LEIIN u n d FRIEDI~ICH-WILtIELN WIEMANN :

Wegen dieser Diskrepanz in der Reizbeantwortung sind die Untersuchungs- ergebnisse yon HSFS u. TVNGEI~ fiir die t~eurteilung des Tierversuchs yon groBem Wert. Beide stellten fest, dab eine Substanz, die an der Meerschweinchenhaut neben Acanthose auch entziindliehe Ver/~nderungen hervorruft, beim Menschen nicht unbedingt zum Ekzem, so doch zur Akne toxica fiihrt, ttierdurch wird heraus- gestellt, dab nicht so sehr die Acanthose als vielmehr das gemeinsame Auftreten entziindlieher Vergnderungen im Corium und einer Follikularkeratose fiir die Unvertr~glichkeit einer Salbe sprechen.

Nicht allein die Entsche idnng dar/iber, welche F o r m der Unver t r~g-

l iehkei tsreakt ion an der mensehl iehen t t a u t der Aeanthose der Meer-

schweinehenhaut entspr ieht , berei~et Schwier igkei ten; aneh die Frage

naeh dem znr Acanthose f / ihrenden WirknDgsmeehanismns der Salbe

anf der Meerschweinehenhaut ist niehg znfr iedenstel lend zu beantworten ,

Der aeanthogene Effekt yon Salbengrundlagen soll nach BE~ES Yon ihrer PermeationsgrSge, das heigt, yon ihrer Durchl~ssigkeit ftir die Hautsekrete ab- h~ngig sein. Die Epidermisverbreiterung w/~re damit ein Produkt aus der der Sekretstanung folgenden Quellung der Epidermis, die yon einem verminderten Zellabbau bei gleichbleibender Zellregeneration begleitet ist. Die Aeanthose wgre damit indirekter Ausdruek physikaliseher Salbeneigensehaften. Da man aber hgufig einen hohen Aeanthsefaktor mit entziindlichen Veranderungen kombiniert finder, wird man letzteren fiir das Zustandekommen der Aeanthose aber dennoeh einen angemessenen Platz einrgumen miissen, tiler dr~ngt sieh die Vorstellung yon einer zus/~tzliehen ehemischen Irritation auf. Aueh der eigentiimliehe Verlauf der entzi~ndliehen Vergnderungen sprieht ftir eine Mitwirknng ehemiseher Eigen- schaften. Wie HSFs u. TUNG]~ naehwiesen, nimmt die Entziindung etwa his zum 10. Versuehstag zu und sinkt danaeh his auf eine mittlere Stufe herab. Diese Be- obaehtung legt die Annahme nahe, dab ehemisehe Reize dutch die sieh bildende Aeanthose sparer nieht mehr ins Corium gelangen kSnnen, um entziindliche Ver- anderungen hervorzurufen (DE WEEK, BaUN, GUILLAV~E U. MIESeHE~).

Neben der Sehwierigkeit , den Aussagewert der Versnehsergebnisse

festzulegen nnd den Wirknngsmeehanismus anfzudeeken, ha t aueh alas

Auswer tungsver fahren seine T/ieken. Bei Durehs ieht der L i t e ra tu r

finden sieh hs widerspreehende Angaben.

So fanden H6Fs n. TUNGE~ im Gegensatz zu SeHAAF U. GROSS bei Anwendung yon Lanettewaehs die st/~rkste Aeanthose. Aueh fiir Vaseline sind die Angaben nnterschiedlieh. Ferner haben SeHAAF U. G~oss den yon GAUDIX, STEIGLEDE~ u. SeJ~ULTIS besehriebenen Reibungseffekt nieht best~tigt. Dureh diese Gegeniiber- stellungen wird deutlich, dab die Versuehsergebnisse offenbar nieht immer re- produzierbar sind und anseheinend manchmal vom ZufMl gepr/~gt werden. So wurde y o n HEITE, LUDWIG U. 1)LAUT festgestellt, dab die Messungen der Epithel- dieke erheblieh streuen. Die Autoren fragen sieh, ob diese Streuung methodiseh oder saehlich bedingt ist. Auf die GrSge der Meguntersehiede zwischen behandelter und niehg behandelter Meersehweinchenhaut haben nach ihnen weder das Ge- sehleeht noeh das Gewieht der Tiere Einflug. Die groge Streuung ist auch nieht im Tiermaterial begriindet, sondern beruht auf der Teehnik der Aufbereitung und Ausmessung. Ferner meinen I-IEITE U. Mitarb., dag bei einzelnen Tieren bereits ohne Behandlung eine Ae~nthose dureh kleinste Traumen oder Ungeziefer eintritt.

Zur Fests te l lnng der Unterschiede zwisehen behandel ter und nn- behandel ter H a n t sind versehiedene Verfahren im Gebraueh. Zunaehst

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Die Meerschweinchenhaut als derm~tologisches Testobjekt 541

einmM kann die Epitheldicke ocularmikrometrisch gemessen werdem HSFs u. TVNGER haben 30 Messnngen pro Pr~para~ ansgef~hrt. MIESCHEE hat je 2 Messungen an schmalen und dieken Stellen im Pr~parat dureh- geffihrt und H~ITE u. Mitarb. haben 10 Messungen pro Pr~parat an den dfinnsten S~ellen des angesehnit~enen Epithels vorgenommen. Die GrSBe der Epithelverbreiterung wird vielfaeh in Form des Acanthose- faktors naeh Nc~AaF u. GRoss, BVJARD, B~v~ u. JA~)ASSOg~ an- gegeben, tIierbei wird die Dieke der unbehandelten Haut gleich 1 gesetzt und ein Quotient mit der Dieke der behandelten Hant gebildet. Andere Untersneher, wie BER~ES, STmGLEDE~ U. SCgVLTIS benutzen zur Charakterisierung der Epithelveranderung die Differenz der Epithelbreite zwisehen behandel~er nnd nnbehandelter Haut. HEIT~, LVDWm U. P~AUT haben der Frage, ob die Aeanthosedifferenz oder der Aeanthose- faktor den zahlenmgBige~ Ergebnissen besser entsprieht eine eigene mathematiseh-statistisehe Untersuehung gewidmet. Aber weder der ,Quotient, der Aeanthosefaktor, noeh die Differenz sind an sieh als Kriterien bzw. als Bewertungsgrundlagen f/it (lie beobaeh~eten Epithel- dieken geeignet, weft bei beiden Methoden die Problematik des Wilder- sehen Ausgangswertgesetzes eingeht (vgh P~OPrE u. BE~TRAH).

Ferner ist zur Erfassung der Wirkung yon Sa.lben auf das Meer- sehweinehenepithel die Dnstinsehe Reaktion herangezogen worden. Diese maeht sJeh die Beobaehtung znnutze, dab sich in Teilung befind- liehe Zellen dutch Colchiein in der Metaphase bloekieren lassen, wodureh sie als Verklumpungsmitosen in Erseheinnng treten. Zudem soll naeh DUSTI~ das Colchiein die Zellen besehleunigt in die Mitose eintreten lassen. Nach etwa 8--9~/2 Std hat das Colehiein sein YVirkungsoptimum erreieht und alle sieh in Teilung befindliehen Zellen zu Verklumpungs- mitosen werden lassen. Eine Vielzahl yon Autoren (B~r~, BVJA~D, JA,DASSOtIN; CKERBULIEZ, PAILLAttD, ~AUDIN; JADASSOHN, BUJAt~D, t ~ I ~ m c ~ , IsL~a; Gau~I~; GoLly, ISLEa) verwendet den Begriff der positiven Dustinsehen Reaktion ftir die Beobaehtung des vermehrten Auftretens yon Verklumtmngsmitosen in der behamdelten im Vergleich zur unbehandelten Hant.

Als weiteres Verfahren znr Beurteilung tier pharmakodynamisehen Wirkung yon Salben dient das Ausz/~h]en yon Epithelzellen auf einer genau bemessenen Sehnittlgnge behandelter und nnbehandelter Haut.

Bei keiv.em der er6rterten Verfa.hren finder der im Vergleieh z~m Mensehen andersartige anatomisehe Aufbau des Meersehweinehen- epithe]s und seiner Anhangsgebilde bisher Ber/ieksiehtigung. Lediglieh HEITE, LUDWIG U. PLAUT empfehlen, die MeBstelle mindestens eine Follikelbreite yore Haarbalg entfernt zu legen.

Sehon die Uberprfifung experimenteller Untersuehnngen fiber die Ausbreitung der Allergie in der mensehliehen tIaut, die dutch M I L ~ D T

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542 HAI~ALD 0 ~ E ~ s ~ - L x ~ u n d FI~IED:alcH-WILHELVi Xu :

an der hiesigen Klinik vorgenommen wurde, hatte gezeigt, dab die durch Sensibilisierung hervorgernfeneI~ Hautver~nderungen an der Meer- schweinchenhaut mit dem menschliehen Ekzem niehts gemeinsam haben. Beim Meerschweinehen finden sieh die wese~tliehe~ Ver/~nderungen im Gegensatz zum humanen Ekzem im Bindegewebe. D~s Epithel bleibt

entweder g/~nzlieh intakt oder es wird fast vSllig zerst6rt. Das Meer- schweinehenepithel be- sitzt eine weniger ent- wiekelte Sehutzfunktion als die menschliche Epi- dermis. Die reaktiven Vorggnge spielen sich im Corium ab. Infolgedessen sind sehon mindestens die allergischen Tests an der Meersehweinchen- haut nieht mit der ekze- matSsen geaktion der mensehliehen Haut ver- gleiehbar. Es mu[~te d~- naeh fraglieh erseheinen, ob die Meersehweinehen- haut tiberhaupt zu einer Aeanthose als einer lgeaktion auf einen phar-

Abb.1. Epiderrno-cut~.nes Grenzfi~ehenbild yore Meerschwein- makodynamischenEffekt chert bet Darchl icht photographier t . Die gruppier~ stehenden

]gaarfollikel bilden loekere t~eihen fghig fs~. D~r~ber hin- ans stellte sich bei dieser

Uberprfifung heraus, dal~ bei der Prs die Sehnitt- fiihrung in bezng auf die Haaranordnung besonders stark eben die Frage dieser Aeanthose berfihrt.

In der Tat, die Frage der hisgologiseben Sehnittf~hrung ist fiir die l%ststellung einer Aeanthose an der Meersehweinehenhaut yon aussehlag- gebender Bedeutung. Die Haar~nordnung der Meersehweinehenhaut zeigt diehtstehende reihig angeordnete Vielhaargruppen (Abb. 1). Die Follikel stehen zn 8-- 14 beieinander. Diese Form tier I-Iaaranordmmg ist iiberall an der Haut des Rumpfes zu finden. Nur an Kopf nnd Extremi- t/~ten sind neben tIaargruppen einzelnstehende Fol]ikel vorhanden.

F/it die Feststellung einer Zunahme der Epitheldieke tier menseh- lichen t laut spielt dagegen die I-I~ranordnung keine golle, da nnter die gruppierten aueh geb~indelte und einzelnstehende Fotlikel gemiseht sirtd.

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Die Neersehweinchenhaut als dermatologisehes Testobjekg 543

)~ber ihre H~ufigkeit ~opographiseher VerCeilung und Altersver~.nderung wurde andernorts beriehtet ( 0 ~ s m ~ - L E ~ u. No~s) . Aueh stehen die t-Iaarfollikel bedeutend werdger dieh~ nebeneinander.

Die Form der Haaranordnung bei der Meersehweinchenha~t kann bei geeigneter Sehnittlage, wie SI~O~L~A=~ zeigte, eine gewaltige Aean~hose vort/~usehen. Eine sehematische Darstellung hgItnisse mag zur Erlguterung dienen (Abb. 2). Danaeh f~hren iSehnittriehtungen, die parallel zu den Haarreihen ]iegen, zu :Bildern, die auf keinen Fall mit solchen, die durch senk- recht zu den Haarreihen ge- :ftihr~e Sehnitte entstehen, vergleiehbar sind. Bei paral- leler Sehnittffihrung kommt zum Beispiel in Schnitt I auf Abb. 2 lediglieh die Epidermis zur Darstellung. Bei S e h n i t t / / sind die ttaarfollikel zweier I-Iaarreihen in versehiedener :H6he angesehnitten. Wird zuf/~lligerweise ein solcher Sohnitt in die IIaa, rreihen ge- legS, so wird das Bitd einer ungehenren Aeanthose mit Papillomatose vorgets Liegt der Sehnitt reehtwinklig zu den ]-Iaarreihen, werden die Follikel mehr oder weniger in ihrer L~nge angesehnitten, wodureh ebenfalls ein Bild zapfenartiger Ausbuehtung des Epithels entsteht. Bei

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der anatomischen Vet-

Abb. 2. Schema~ische Dars~ellung der Haaranordnung der I~'[eerschweinchenhaut. :Eingezeichne~ sind die zwei ;~lSglichkeiten der histologischen Schnittfiihrung, n~mlich 9araIleI oder senkrecht zu den Haarreihen. Daneben sind die sich daraus ergebenden histologischen

]gilder skizziert

Schnitten, die spitzwinklig zu den Haarreihen gefiihrt sind, k6nnen im Prinzip ghnliche Bilder zustande kommen. Da auch bei manchen Tieren ein spongiotischer Zustand in der Stachelzellschicht normalerweise vorhanden ist, kann das histologische Schnittbild durehaus der patho- togisch ver/hlderten Haut eines chronischen Ekzems ~hneln.

Bei vergleiehenden histologischen Untersuehungen zu pharmako- dynamisehen Fragen Jst es also notwendig, den anatomisehen Besonder- heiten der Meerschweinehenhaut dadurch I~echnung zu tragen, dab vor tier Enthaarung der Hagrstrich bes•mmt, rechtwinklig zu den gaa.rreihen

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544 HARALD 0BEtCSTE-LEHx und FRIEDI~ICtI-WILttELN[ WIEMANN:

der histologische Schni t t angelegt nnd das zwischen den Haar re ihen

liegende Epi the l beur te i l t wird. 0 h n e solche Ma~nahmen bleibt es dem

Zufall iiberlassen, welches Ergebnis erzielt wird.

Bei der n~ch diesen Rieht l in ien yon SI~GELMA~ vorgenommenen

Prt ifung yon verschiedenen Salben, 01en und Cignolinvaseline konnte

eine Acanthose, Spongiose nnd P~pil lenbildnng nicht beobach te t

werden, die sich allein auf die Salbenwirkung zurfickffihren liel~e. Auch

konnte eine Vermehrung der Zellagen im Epi the l nicht mi t Sicherhei t

festgestel l t warden.

A u f Grund dieser Untersuehungsergebnisse entwickel te sich folgende

Frages te l lung: LaS t sich nnter Beach tnng der Schni t t f f ihrung eine

Aeanthose ocularmikrometr i seh naehweisen, eine Vermehrung der Zell-

lagen feststel len und eine posi t ive Dust insche l%eaktion zeigen.

Versuehsanordnung

Zur Priifung dieser Frage wurde als Testsubs~nz Kupfersulfat verwandt, da PASC~OUD bei Prtifung dieser Substanz einen hohen Acanthosewert errechnete nnd die Zahl der Verklumpungsmitosen ira Vergleieh zur unbehandelten Hgut als eindeutig erhSht angab. Als Salbengrundlage diente Lanolin. Kontrolluntersuchun- gen wurden mit Lanolin und Wasser angestellt. Zudem war es notwendig, den Reibungseffekt zu erf~ssen.

Mit einem Thioglykols~iure enthaltenden Enthaarungsmittel wurden bei 21 etwa gleich ~]ten und gleich schweren weibliehen Meerschweinchen auf einem Bezirk der Bauchhaut die tIaare entfernt. Naeh 48 Std wurden 12 Tiere wie folgt behandel~: Auf die enthaarte Bauchh~ut wurden je Tier ein etwa 2 • 2 cm groBes ttautgebiet t~glieh mit etwa 300 mg 0,1 mol~ren Kupfersulfates in Lanolin eingerieben. Auf ein zweites gleich grol~es Feld wurde Lano]in appliziert. Das dritte Areal wurde nur mit dem Finger bestriehen und das vierte blieb unbehandelt. Nack zehmnaliger Applika- tion -- je 1 real pro Tag -- wurde am n~ehsten T~g jedem dieser 21 Tiere 1 cm 3 einer 165 g-~ ColchicinlSsung subcutan injiziert.

Die verwendete Colchicindosis errechnete sich ~us den Angaben yon BULLOUGI~ U. VA~ OO~DT, die eine 40 mg-~ Colchicinl5sung zur Darstellung der Mitosen bei M~usen benutzten. I~immt man 18 g als Gewicht fiir diese Tiere an, so errechnet. sich bei Beriicksichtigung des Gewiehtes der Meerschweinchen -- im Durchsehnitt. 300 g -- eine 165 mg-~ ColehieinlSsung.

Zur Koutrolle des Hauptversuches wurden weitere Untersuchungen durch- gefiihrt: Sie dienten der Feststellung, ob eine 5rtliche l~eizwirkung das gesam~e Integument beeinflul~t und mit Aeanthose und vermehrten Mitosen beantwortet wird. Hierzu werden 4 Tiere, wie oben beschrieben, depiliert. Dem 1. wurde ]ediglick eine Kupfersulfatsalbe, dem 2. nur Lanolin und dem 3. Tier nur Wasser eingerieben. Das enthaarte Hautgebiet des 4. Tieres wurde lediglich bestrichen. Es sei hier an- gefiigt, da{~ die Untersuchungsergebnisse in nichts yon denen des Hauptversuches abweichen.

Ferner wurde einem Meerschweinchen vor und 12 Std ngch Colchieininjektion je Bin ~/~ cm: grol3es Hgutstiiek der enth~grten Bauehhau~ entnommen, um die Dustinsehe l~eak~ion im Lehrversuch kennenzuternen.

Etwa 8--9 Std nach der Colchisinverabreichung starben alle Tiere. Jedem Versuchsfeld wurde ein etwa s/4 cm 2 grol~es Hautsttick entnommen, auf Kork- plattchen gestreekt und in alkoholischer Bouinseher Fliissigkeit fixiert. Die an- gefertigten Schnitte hatten eine Dicke yon 4--7 #.

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Die Meerschweinchenhaut als dermatologisches Testobjekt 545

V e r s u e h s e r g e b n i s s e

Zuns wurde dabei die Epitheldicke bestimmt. Die Messungen wurden bei 01immersion in 450 facher Vergr6Berung ocularmikrometrisch durchgeffihrt, die erhaltenen Zahlcn in # umgerechnet. Von jedem Ver- such und jeder Kontrolle, dan heiBt yon jedem Excisat wurden an !ieweils verschiedenen histologischen Schnittpr~paraten je 30 MeBwerte erstell~, yon denen der arithmetische Mittclwert der weiteren Beurteilung zugrunde gelegt worden ist. Auf diese Weise ergeben sich ffir jede Ver- suchsreihe 13 solcher Mittelwerte entsprechend 13 verschiedenen Versuchstieren.

Stellt man nun die aus diesen Versuchsreihen erstellten Mittclwerte zusammen, so ergibt sich folgende tabellarische Ubersicht (Tab. 1).

Die Epithcldicken des Versuches mit Kupfersnlfat siad danach ungef/~hr mit den Epitheldicken aUer Kontrollreihen identisch. Die grSBte Differenz fibrigcns besteht zwischen dem Versuch mit Lanolin und

Tabelle 1 Mittlere Epitheldicke

Versuch Mittelwert tt

unbehandelte Kontrolltiere Cu SO~ Lanolin Reibung

Tabelle 2. Anzahl der Zellen in der Epidermis

Versuch Mittelwert

unbehandelte 2 3 , 4 Kontrolltiere 23,8 Cu SO 4 22,9 Lanolin 24,7 Reibung

10,78 10,67 10,56 10,81

dem Versuch mit der einfachen mechanischen Irritation der t taut. Sic betr~gt 1,8#. Der dreifache mittlcre Fehler dieser Differenz wtirde 2,91 # betragen. Irgendeine Beeinflussnng der Epithelbreite dutch die verschiedenartigen MaBnahmen gegeniiber der vSllig unberiihrten Kontrollstelle ist also nicht nachweisbar.

Es sei hier noch hinzugefiigt, dab in den Versuchsreihen die Mittelwerte fiir die einzelnen Tiere bei der unbehandelten Kontrollstelle zwisehen 21,4 # und 27,0 schwanken, bei der mit Kupfersulfat behandelten Stelle zwischen 19,4# und "30,8 p, bei der mit Lanolin behandelten Stelle zwischen 19,4 # und 28,2 # und schlieg- lich bei dernur mit mechanischer Reizung irritierten Stelle zwischen 22,0 # und 30,6 ~.

An denselben Pr/~paraten der 13 Excis~te wurde nun auf einer L/~nge yon 40/t die Anzahl der Zellen yore Stratum basale bis zum Stratum corneum ermittelt und in gleicher Weise der arithmetische Mit~elwert errechnet.

In der Zusammenstellung dieser Mittelwerte ergibt sich die Darstel- lung der Tab.2.

Die Anzahl der Zellen in den vier verschiedenen Versuchsreihen ist etwa gleich grof3. Die grSBte Differenz finder sich, /~hnlich wie bei

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546 I-IARALD OBEI~STE-LEIIN u n d FRIEDI~ICH-WILKELM WIE~IANN:

der Epitheldickenmes- sung, zwischen dem Ver- such mit Lanolin und dem dcr mechanisehen I~eibung der tIautober- fl/~che. Sic betr/igt 0,25. Der dreifache mittlere Fehler dicser Differenz bel/~uft sieh auf 0,87.

Abb.3. Senkrechter Schni~t durch das EpitheI eines Meer- schweinchens. In der ]~asalzellenschicht ist eine Verklumpungs-

mitose dargestellt

Abb. 4. Sagittalschnit~ durch einen Itaarfollikel im Corium mit zahlreichen Dustinschen Verklumpungsmitosen

Die Mittelwerte sehwan- ken bei der Kontrollstelle zwisehen 9,40 und 11,53, bei der mit Kupfersulfat be- hande]ten ttgut zwischen 9,43 und 11,86, bei der mit Lanolin bestrichenen Haut zwisehen 9,66 und 11,53 und bei der lediglieh dutch Rei- bung gereizten Hautpartie zwischen 9,50 und 11,83.

Ferner wnrden in 10 em Schnittl/~nge bc- handeltcn und unbchan- delten Epithels unter EinschluB des in dicsem Bereich liegendcn I-Iaar- follikeltrichters die An- zahl der Verklumpungs- mitosen in den einzelnen Exeisionspr/tparaten der 13 Tiere gez/ihlt.

Wir haben im Einver- nehmen mit KLEI~r nur die Zellen, deren Kern aus der Reihe der l~uhekerne her- austreten, alsVerklumpungs- mitosen angesehen.

Es sei vermerkt, dab sich im Epithel der Meerschweinchen-Haut, wie eine •bersicht der

Pr/iparate ergibt, bedeutend weniger colchicinver/inderte Mitosen als in den Haa.rfollikelanteilen finden (Abb. 3 und 4).

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Die Meerschweinehenh~ut als dermatologisehes Testobjekt 547

Bei der Zusammenstellung der uus den Versuehsreihen errechneten Mittelwerte l~gt sieh folgende l~bersieht geben (Tab. 3).

In der mit Knpfersulfat behandelten I-[ant sind etwa ebensoviel Mitosen wie bei der Kontrolle anszuz/~hlen. Der grSBte Untersehied finder sich zwischen der mit Kupfersnlfat aDgestellten Versuehsreihe und der, deren I tant nnr der :mechanisehen lgeibung ausgesetzt war. Diese Differenz betr/igt 16,2. Der erreehnete drei- faehe mittlere Fehler der Differenz hat da- gegen den Wert 22,5.

In den einzelnen Versuehsreihen differiert die Anzahl der Verklumpungsmitosen erheblich. Bei den Kontrolltieren liegen die Werte zwischen 21 nnd 117,

Tabelle 3. Anzahl der Verklumpungsmitosen

Versuch ] 5Iittelwert

unbehandelte Kontrolltiere 49,7 Cu S0~ 48,4 Lanolin 50,6 Reibung 64,6

bei den mit Kupfersulfat behandelten zwischen 24 nnd 86, bei den mi~ Lanolin behandelten zwisehen 22 und 90 und schlieglich bei den nur meehanisch be- arbeiteten Tieren zwisehen 3i and 108.

Besprechung der Versuchsergebnisse

Die vorliegenden Befunde zeigen, dab eine Acanthose des Epithels nach Anwendung der yon PASC~OUD als am wirksamsten befundenen 0,1 molaren Kupfersulfatsalbe nicht nachzuweisen ist, wenn bei der histologischen Schnittffihrung die Haaranordnung des Meerschweinchens berficksichtigt wird. Die ocnlarmikrometrischen Messungsergebnisse der Epithelbreite sind als wei~gehend einheitlich anzusehen, da die Werte innerhalb des zweifachen mittleren Fehlers liegen. Die Epitheldicke aller vermessenen 1V[eersehweinchen stimmt in ihren Werten sowohl bei den Kontrollen als auch bei den einzelnen Versuchsreihen etwa mit der yon SC~AAr U. G~oss angegebenen Zahl yon unbehandelten Tieren fiberein (24,0 ~).

Der errechnete Acanthosefaktor betr~gt daher auch nach Applikation yon Kupfersulf~tsalbe 1,01, nach Anwendung yon Lanolin 0,98 and nach Reibung der Haut 1,06. Es ist nicht mSglich gewesen, auch nur bei einem einzigen Tier den yon Se~AAr U. GROSS ftir Kupfersulfatsalbe angegebenen Acanthosefaktor yon 4,0 in etwa zu erreichen.

Mit diesem Urteil steht das Ergebnis der Zellzs in IJberein- stimmung. Auch bier waren keine statistisch signifikanten Unterschiede :in den einzelnen Versuchsreihen zu finden. Z~hlungen yon Zellagen beziehnngsweise von Zellen sind y o n SCHAAE U. GI~OSS, SINGELMANN n. B ~ v , s durehgefiihrt worden. Allerdings finden sich nut in der Arbeit yon BEREES Zahlenangaben, durch welehe eine Zunahme der Zell~gen naeh Behandlung tier Meersehweinchenhaut evident gemaeht wird. Wie schon berichtet, hat SINGEL1VIANN diese Beobachtungen jedoch nicht best/itigen k6nnen. Dariiber hinaus sind in der Literatur keine Angaben fiber ~hnliche Untersuchungen zu finden.

Arch. klin. exp. Derm., Bd. 209 36

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548 HARALD OBERSTE-LEHN und FRIEDRIOtt-WILltELI~I WIEI~IANN:

Dieses Ergebnis schlie6t jedoch nicht aus, dab die behandelte Haut mehr Mitosen als die unbehande]te aufweist. Es ist zum Beispiel yon Untersueh~ngen fiber die A]tersveranderung des Epithels beim Menschen bekannt, dab die Epitheldicke trotz eines wachsenden Mitoseindex im Alter nieht zunimmt, sondern durch eine Verringernng der Lebenszeit der Epithelze]len eher eine Verdfinnung erf~hrt. Aber aueh experimen- telle Untersnehungen ffihrten zu s Ergebnissen. So hat PI~KUS an der mensehliehen Haut mit der Wolfsehen AbreiBmethode die obersten Zellagen entfernt und dadureh eine vermehrte Mitoseaktivit~t provozie- ren kSnnen. Das Ergebnis unserer bisherigen Untersuehungen kSnnte auf solchen gegenl~ufigen Vorgs basieren, dadureh das Reiben der enthaarten Meersehweinehenhaut die oberfl~ehliehen Zellagen entfernt werden und so eine Situation geschaffen wird, wie sie den Versnchs- ergebnissen yon PINKUS zugrunde liegt.

Die Dustinsche Reaktion wurde yon Bl~u~<, BUJARD, JADASSOHN, CHEI%BULIEZ, PAILLARD, GAUDILY; BRUN, BUJARD, JADASSOHN; JADAS- SOHN, BUJAltD, FII%MENICH, ISLER; GAUDIN und I~ASCtIOUD benutzt und nach Vorbehandlung ffir ,,positiv" befunden, das heiBt, es fanden sieh vermehrt Verklumpungsmitosen im Vergleich zum Leerversueh. Leider sind in den Arbeiten aber keine Zahlenangaben vorhanden, die den Grad der ,,Positivitat" angeben und einen Vergleieh mit unseren Befunden gestatten. Die Ausz~hlung der Verklumpungsmitosen erwies sich aller- dings aueh als reeht sehwierig, weil in den angeschnittenen Follikel- trichtern die Verklumpungsmitosen h~ufiger als im Deekepithel auf- zufinden waren. Eine Vorstellung hiervon vermittelt die getrennte Aus- zahlung der Verklumpungsmitosen im Deckepithel und im Follikel- epithel an Praparaten eines Tieres. Naeh Kupfersulfatbehandlung lieBen sich im Deekepithel 44 und im Follikelepithel 45 Verklumpungsmitosen beobachten. Im Leerversueh waren 49 Verklumpungsmitosen im Deckepithel und 29 im Fo]likelepithel auszuz~hlen. Unter Berficksiehti- gung des Saehverhaltes, dab im Sehnittbild des Deekepithe]s mehr Ze]len als im Follikelepithel enthalten sind, drangt sieh die Vorstellung auf, dab das Meersehweinchenepithel im Bereich der ttaarfollikel auBer- gewShnlieh stark reagiert. (Uber die Sonderstellung des Follikelepithels siehe aueh bei l~

Infolge der reehtwinklig zu den Haarreihen gefiihrten Schnittriehtung sind einmal mehr und zum anderen weniger Fo]likelanteile in den Pr~- paraten vorhanden. Hierdurch wird die Anzahl der Mitosen ia den ein- zelnen Schnitten sehr untersehiedlieh hoeh.

Die behandelte IIaut weist im Vergleieh zur unbehandelten, unter Berficksichtigung der Haaranordnung der Meersehweinchenhaut bei der histologischen Schnittffihrung, naeh unseren Untersuehungen keine statistiseh signifikante Vermehrung der Mitosen auf.

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Die Meerschweinehenhaut als dermatologisehes Testobjekt 549

Die vorliegenden Befunde f/itn-en zu dem Urteil, dab die bisherigen Ergebnisse einer Unters~aehung pharmakodynamischer Wirkungen an der Meersehweinehenhaut nieht stielflmltig sind. Es ist gleiehgfiltig, ob ocularmikrometrisehe Epitheldiekenmessungen oder Ausz~hlungen yon Zellen und eine Bestimmang der Mitoserate durehgeffihrt werden. Entschei- dend ffir das Ergebnis ist die Berfieksiehtignng der Lage der Schnitt- f/ihrm~g zu den I-Iaarreihen. Leider isfes nieht m6glieh, die den einzelnen Arbeiten, die ebenf~lls die Thematik nnserer Arbeit zum Inhalt haben, beigeffigten Abbildnngen der 3[eersehweinchenhant hinsiehtlieh der histologisehen Sehnittffihrung zn fiberprfifen. Entweder sind die Ver- gr6BerungsmaBst~be der Photographien ungersehiedlich oder das Corium, bei dessen Betraehtung die histologisehe Sehnittftihrung an der Lage der Haarreihen beurteilt werden k6nnte, nieht dargestellt. Es ist jedoch fiberhaupt fmglich, ob die 5{eersehweinehenhaut ffir derartige Unter- suehungen geeignet ist. Die Form der }taaranordnnng erschwert zweifel- los die Beurteilang. Darfiber hinaus bleibt zu beaehten, dab das Meer- sehweinchen dieht behaart ist und naeh Depilation offenbar in anderer Weise reagiert als die mensehliehe Haut. Wie I~hL~ADT bei ihren ex- perimentellen Untersuehungen fiber die allergisehe ekzematfse l~eaktion der Meersehweinehenhaut beobaehtete, zeigen die un tierischer Kant sieh abspielenden Ver~nder~ngen nieht die histologischen Eigentfimliehkeiten des mensehlieben Ekzems. Die wesentliehen Vergnderungen sind vM- mehr im Bindegewebe zu finden. Im Gegensatz zum Menschen reagiert das Meersehweinehen bei toxisehen Reaktionen mit Epithelnekrose, Narbenbildung und entzfindliehen Bindegewebsver~tnderungen. Die ~ierisehe tIant verhglt sieh anatomiseh, morphologiseh und wohl aueh fimktionell anders als die menschliehe Haut. Diese Beobaehtungen sollten Veranlassung geben, an pharmakodynamisehe Priifungen auf der Meersehweinehenhaut mit gr6gerer Kritik heranzugehen.

Zusammenfassung Experimentelle Untersnehungen fiber die Wirksamkeit yon Salben

und Snbstanzen auf die }taut sind h~nfig an Meersehweinehen dureh- geffihrt worden. Als Ansdrnck einer Wirknng wurde dabei eine Ver- breiterung des 3/Ieersehweinehenepithels -- eine Aeanthose -- angesehen, Zun/iehst wies MILBRADT anf Grund eigener Untersuehnngen fiber die Ausbreitnng derAllergie in der ]-Iaut ]edoeh daranf hin, dab es bei tier Meersehweinehenhaut an Stelle der ekzemat6sen Ver/inderungen in der mensehliehen Epidermis ledig!ieh zu Entzfindungserseheinnngen im Corinm nnter v611iger Zerstfrung der Epidermis kommt. Erseheint es danaeh zweifelhaft, ob die Meersehweinehenhant fiberhaupt eine Acan- those ausbildet, so hat SING~LMA~ in der Folge gezeigt, dab alas histologische Resultat pharmakodynamischer Prfifungen weitgehend yon

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5 5 0 OBERSTE-LEIIN und WIEM~NN : Meerschweinehenhaut als dermat. Testobjekt

d e r L a g e d e r S e h n i t t f f i h r u n g z u r H a a r a n o r d n u n g de r M e e r s e h w e i n c h e n -

h a u t a b b / i n g i g is t , d a b a lso be i g e e i g n e t e r S e h n i t t l a g e e ine A e a n t h o s e

v o r g e t / t u s e h t w e r d e n k a n n . B e s t i m m t m a n be i V e r s u e h s b e g i n n v o r d e r

E n t h a a r u n g d e n H a a r s t r i e h u n d l eg t m a n d e n h i s t o l o g i s e h e n S e h n i t t

r e c h t w i n k l i g z u d e n H a a r r e i h e n , u m das z w i s e h e n d i e s e n l i egende E p i t h e l

b e u r t e i l e n z u k S n n e n , so 1/~Bt s ieh - - wie u n s e r e U n t e r s u e h u n g e n m i t

e i n e r 0,1 m o l a r e n K u p f e r s u l f a t s a l b e e r g a b e n - - i m V e r g l e i e h z u Leer -

v e r s u e h e n u n d K o n t r o l l s t e l l e n w e d e r e ine A e a n t h o s e , n o e h e ine Ver -

m e h r u n g d e r Ze l l agen , n o e h e ine , , p o s i t i v e " D u s t i n s e h e R e a k t i o r t r~aeh-

weisen . N a e h u n s e r e n U n t e r s u e h u n g e n i s t d a s M e e r s e h w e i n e h e n e p i t h e l

z u r A e a n g h o s e b i l d u n g , wie sie b e i m M e n s e h e n a u f t r i t t , a n s e h e i n e n d

unf/~hig.

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Professor Dr. HARALI)OBEt~STE-LEttN, Universit/~ts-Hautklinik, Kiel-Wik, Weimarer Strage 8