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287 nehtnen liefsen : Verschiedene Arten des Quarzes, als Rerg- krystall, gemeiuer Quarz in verschiedenen Varietdten, Chal- cedon , Feuerstein, rother uiid gelber Jaspis und verscbie- deue Arten Achat; ferner Puddingsteine (Quarzgeschiebe durch quarzigen Teig verbundeii ), Labrador, Graiiit uiid Syenit ; am stgrksten Kiesel mit fossilen Thierresten, am schw~chstenverkieseltes Holz. VII. Die Richtung dcr Schwingungen des Lick- &hers irn yo farisirten Lichte. Mittheilung aus einern Schreib'len des Hrn. Prof: Stokes, nebst Berner- kungen con PY. Ha idin g e r. (3litgcheilt vom Hrn. Verf. aus d. Sitzungsber. d. Wien. Akad. April 1854.) . Ein Abschnitt des Schreibens vom Hrn. Prof. S t o k e s , den ich heute der hochrerehrten mathematisch-naturwissen- schaftlichen Classe vorzulegen die Ehre habe, bezieht sich auf die Richtung der Schwingungen des Lichtsthers in Be- zug auf die Polarisatioiis-Ebene, iind zwar enthalt er nicht niir eiiie Benrtheilung der Tragweite der Bernerkungen, welche ich als Bewcis fur die senkrechte Richtung dieser Schwiugungen gegen diese Polarisations-Ebene aus den Erscheinungen an pleochromatischen Krystallen darstellen zu durfen glaubte I), sonderii aucb seine Ansicht iiber den Gcgenstand selbst, iibereinstiminend init seiiien eigenen friihereii Arbeiten. Die Veranlassung benutzend , darf ich auch ein Wort tiber die Mittheilung des Hrn. A. J. Ang- s t r 6 m ') hinzufugeii, welche gleichfalls den Gegenstand und den von mir vorgeschlagenen Beweis in das Auge fafst, sowie Beinerkungen der HH. Dr. A. Beer ) uiid I) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wisscnschaften. Math.-naturw. 2) Pogg. Ann. 1853. Bd. 90, S. 582. 3) Einleitnng in die hiihere Optik Classe. 1852. V111. S. 52. 1855. S. 236.

Die Richtung der Schwingungen des Lichtäthers im polarisirten Lichte. Mittheilung aus einem Schreiben des Hrn. Prof. Stokes, nebst Bemerkungen

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nehtnen liefsen : Verschiedene Arten des Quarzes, als Rerg- krystall, gemeiuer Quarz in verschiedenen Varietdten, Chal- cedon , Feuerstein, rother uiid gelber Jaspis und verscbie- deue Arten Achat; ferner Puddingsteine (Quarzgeschiebe durch quarzigen Teig verbundeii ), Labrador, Graiiit uiid Syenit ; am stgrksten Kiesel mit fossilen Thierresten, a m schw~chsten verkieseltes Holz.

VII. Die Richtung dcr Schwingungen des Lick- &hers irn yo farisirten Lichte. Mittheilung aus einern

Schreib'len des Hrn. Prof: S t o k e s , nebst Berner- kungen con PY. H a i d i n g e r.

(3litgcheilt vom Hrn. Verf. aus d. Sitzungsber. d. W i e n . Akad. April 1854.)

. Ein Abschnitt des Schreibens vom Hrn. Prof. S t o k e s , den ich heute der hochrerehrten mathematisch-naturwissen- schaftlichen Classe vorzulegen die Ehre habe, bezieht sich auf die Richtung der Schwingungen des Lichtsthers in Be- zug auf die Polarisatioiis-Ebene, iind zwar enthalt er nicht niir eiiie Benrtheilung der Tragweite der Bernerkungen, welche ich als Bewcis fur die senkrechte Richtung dieser Schwiugungen gegen diese Polarisations-Ebene aus den Erscheinungen an pleochromatischen Krystallen darstellen zu durfen glaubte I ) , sonderii aucb seine Ansicht iiber den Gcgenstand selbst, iibereinstiminend init seiiien eigenen friihereii Arbeiten. Die Veranlassung benutzend , darf ich auch ein Wor t tiber die Mittheilung des Hrn. A. J. A n g - s t r 6 m ') hinzufugeii, welche gleichfalls den Gegenstand und den von mir vorgeschlagenen Beweis in das Auge fafst, sowie Beinerkungen der HH. Dr. A. B e e r ) uiid

I ) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wisscnschaften. Math.-naturw.

2) P o g g . Ann. 1853. Bd. 90, S. 582. 3 ) Einleitnng in die hiihere Optik

Classe. 1852. V111. S. 52.

1855. S. 236.

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Prof. Z a in in i n e r ') nebst einigen anderen , die sich inir in der letzteu Zeit darboteu, besoiiders hervorgerufen durch die Besprcchungen mit ineinem hochverehrten Freunde, Hrn. Regierungsrathe v. E t t i n g s h a us e 11, welclier auch selbst seine Ansichten mitzutheileii beabsichtigt.

,,Die Thatsachen, deren ich in Bezug auf die Polarisa- tion des Fluorescenz-Lichtes der Kalium -Platin- Cyanide (in einein andern Theile des Schreibens) gedachte, und die Art wie die I'olarisirnng der einfallenden Strahlen auf die- ses Licht wirkt, stiininen, so viel ich glaube, viel besser init der Annahme iiberein, dafs die Schwingungen im po- larisirteii Lichte senkrecht auf der Polarisations-Ebene ste- lien, als niit der anderen Theorie. (1

> ~ D i e k veranlafst mich, der Beweisgrunde zu erwahnen, welche Sie anfuhrten, u n ~ zu zeigen, dafs im polarisirten Lichte die Schwingungeu senkrecht auf der Polarisations- Ebene stehen. Da ich glaube, Sie wurden gern ineiiie Ansicht daruber kennen, so will ich sie ausfiihrlich anfuh- ren. Zu allererst kann ich sagen, dafs ich es nicht fur na6gZich halte, durch irgend eiiie Coinbination voii aner- kannten Ergebnissen die Frage zu entscheiden. Unter den anerkannten Ergebnissen betrachte ich solche, wie diesc - dafs die Schwingungen transversal sind - dab im linear- polarisirten Lichte die Schwingungen geradlinig sind, und symmetrisch niit Beziehung der Polarisations- Ebene, iind daher entweder parallel oder senkrecht auf diese Ebene - dafs im elliptisch-polarisirteii Lichte die Schwingungeu el- liptisch sind u. s. w. Die Entscheidung m f s sich iinmer auf eine oder die andere Art auf dynamisclie oder physi- kalische Betrachtungen stutzen, welche, iniigen sie an sich noch so wahrscheinlich seyn, doch nicht zu den anerkann- tell Ergebnissen gezahlt werden kiinnen. Es ist aoch nicht schwierig zu selieii, welche die Retrachtungen dieser Art i l l dein Falle Hirer Beweisfiihruug sind. Nehinen wir den Fall eines doppelt absorbirenden einaxigen Krystalles, wie Turmalin. Es sey o C Tat". I11 Fig. 6 parallel der Axe,

1 ) Jalrresbcrirlrt 11 s. w. von L i e b i g o o d K o p p , l i ir 1892. S. 160.

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O A O B zwei Riclitungen senkrecht auf die Axe. Die eine Farbe (ich will sie 0 nennen) sielit inan i n der Richtung der Axe Co, und, i n allen Kichtungen in der Ebene B O A (oder senkrecht auf die Axe) in dein o C parallel yolari- sirten Lichte. Die andere Farbe ( E ) sieht iiiaii i u allen Richtungen i n der Ebene B o A , weiin das Eicht in dieser Ebenc polarisirt ist, und inan sieht sie gar nicht in der Richtung Co. 2))) Wenn diese Farbe nun von’ Transversal- )) Scliwingungen abhangt, so sind alle solclie Schwiugungeu, n transversal oder senkuecht gegeii die Axe, lnit einern Male )J ausgeschlossen , und die einzigen Schwingungen , welche nmiiglicherweise zu der Farbe des extraordinaren Strahles, 1) der in dem Krystall entsteht, gehiken kiinneii, sind die ,)parallel der Richtung der Axe. ~ ( 1 ~ Aber wenn voii Schwin- guiigen gesprocheii wird, welche 7;u dieser oder jener Farbe gehiiren, so wird stillschweigend vorausgcsetzt, dafs in der That die Farbe abhangig ist von der Richtung der Schwin- gungen. Nuti kann inan sic11 allerdings ganz gut vorstel- lei1 (so unwalirscheinlicli es auch iintner seyii mag) , dafs Absorption von dein gleiclizeitigen Eiiiflusse der Riclituug der Schwingungen und der Kiclitung der Fortpflanzuug ahhange, dergestalt, dafs sie als gegebeii bctraclitet wer- den kann, weiin die Richtung einer Linie gegeben ist, wel- che senkrecht auf den beiden vorerwShnten Richtungen steht. Niinint man dieseii Satz an in Rezug auf die Natur der Absorption, so ist vollkornine~i klar, dafs die experi- inentalen Tbatsachen, welche Sie in Bezug auf die dop- pelte Absorption anfiihren, zu dein Schlrisse fuhren wiirde, die Schwiugungen waren irn polarisirteli Liclite der Pola- risations-Ebene parallel. Die Wahrscheinlichkeit, rvelclie der Gruiid Ihrer Beweisfiihrung der W-ahrheit vou F r es - i iel’s Annahine giebt, reiclit also nicht bis zur absoluten Gew-ilsheit, solidern entspricht iiur der Unwahrscheinlich- keit, daEs Absorption gleiclizeitig von der Richtung der Scliwiiiguiigen und von der Richtung der Fortl~flanzung ahhangig seyn sollte, in der Art wie icli es oben er- wK11nte. (1

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1)Sie sagen: Wenn die Farbe E, welche man i n dcr Richtung Co nicht sehen kann , irgendwie auf Transrer - sal -Schwingungen beruht , so siiitl alle solche Schwiiiguw geii transvcrsal oder senkreclit auf die Axe ausgeschlos- sen , und die eiiizigen Schwingungen , welche moglictier- weise dein in dein Krystalle entstehenden extraordinaren Strahl aiigelioren kiinnen, sind daiin der Kichtung der Axe parallel. Nun kiinnte aber eine besondere Farbe in einer Kichtung voii transversalea Schwingungen abhangeii, und nicht von transversalen Schwingungen abhangcn in einer andereri Richtung. Sic kiiuiite von transversalen Schwiii- guiigen in der Richtung abhangen, in welchen sie ablriiii-. gig ist von der Wirkiing des Mittels auf das Licht, und das Licht besteht aus trausversalen Schwingungen: sie kiinnte nicht von transversalen Schwingungen abtiangen i n der Kichtung, wo sie nicht bloCs von der Richtung der Schwin- gungen bestimmt ist, sonderii auch von der Kiclitung der Fortpflanzung abhliigt. (1

1,Daher kann ich Ihre Folgcrutigeii iiicht als eiiien Be- zoeis i n dein strengen Sinne des W o r t c s betrachten. Ein solclier hangt am h i d e von gewissen physi kalischen Be- traclituugen a b , welche sich auf die Absorption bezielren. Meine eigeiien Ansichten in Bezug auf die Iirsache der Absorption fuhren mich sehr stark zu der Meinung, dafs sie blofs von der Kichtung dcr Schwingungen und der Schwingungszeit (periodic t ime) und gar nicht von der Fortpflanzungsrichtung abhangt. I n meinem Sinne haben daher Ihre Griinde sehr grofses Gewicht. Aber da diefs von ineinen eigenen individuellen Ansichten abhangt , so betrachte ich dieselben iiicht als Etmas , was nothwendiger W c i s e zu allgemeiner Beistimmung zwingen muL. 11

=Da ich bei diesein Gegenstande bin, so erlaubeii Sie inir Ihre Aufinerksainkeit auf gewisse Untersuchiiiigen ZCI

lenken, welche mich in einer gauzlich verschiedenen W e i s e zu einer ahnlichen Schlufsfassurig fiihrten. Sie sind iu deln 9. Bande der Cambridge Philosophical Tramactions, Part I , veroffentlicht. Eine dyiiainische Untersuchung des

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Problems der Beugung , iii anderen Wor ten eine inathe- inatische Untersuchiing der Beugung, behandelt wie ein dynainisches Problem, fiihrte inich zu folgeudein Gesetz: Wenn linear polarisirtes Licht der Beugung unterworfen wird, so ist jeder Strahl nach der Beugiing linear polari- sirt, und die Schwingungsebene des gebeugten Strahles ist parallel der Scbwingungsrichtung des eiufallenden Strahles. CJnter Schwingungsebene ist die Ebene verstanden, welche durch den Stralil und durch die Schwingungsrichtung geht. Es sey A B Taf. 111 Fig. 7 in der Ehene des Papieres der einfallende Strahl, der bei B-gebeugt wird. BE anch in der Ebene des Papieres ein gebeugter Strahl, der in das Auge eintritt, CD, in einer Ebene senkrecht auf AB, sey die ScIiwiugr~i~gsrichtung des eiiifalleiideii Strahles. Man lege eine Ebene durch BE und CD, diefs wird die Schwin- gungsebene des gebeugten Strahles seyn uiid wenn in die- ser Ebene F G senkrecht auf BE gezogen wird, so ist F G die Schwiiiguiigsrichtung. Mit andereii Worten, die Schwin- gungsrichtung in dein gebeugten Strahle ist so nahe als iniiglich der Scbwingungsrichtung in dem einfalleiiden Strahle parallel, als diefs nur i n n e r uriter der Bedingung gesche- hen kann, daCs sie senkrecht aiif dein gebeugten Strahle steht. Dieses Gesetz erscheint sehr natiirlich, selbst un- abhaiigig von allem Calcul. Nun folgt aber aus demsel- hen, dafs wenn die Schwingungsebene zuerst mit der auf A B E senkrecht stehenden Ebene zusammenf%llt, und dann allmahlich durch gleiche Winkel heruingedrebt wird, dafs dann die Schwinguugsebenen des gebeugten Strahles nicht gleichformig ausgetheilt seyn werden , sondern sie werden inehr angehauft gegen eine Ebene durch BE senkrecht auf die Ebene A B E erscheinen. W e n n a;, a, die hziinuthe der Schwingungsebene des einfallenden und des gebeug- ten Strahles sind, erhalten von Ebenen senkrecht auf A 3 E, uiid 6 das Supplement des Winkels A B E , so haben wir tang ad = cos 8 tangs:. Nun setzt uns aber der Versuch in den Stand die Richtuog und das Maafs jener Aiih#u- fring der Polarisationsehenen zu bestimmen, uiid nach dein

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Ergebnisse werden wir uns geleitet iinden, sie als parallel oder seiikrrclit auf die Sch-~ri~~gnugsebenen zu betrachten. Wenn 1 1 ~ 1 1 Fig. 8 Taf. IIL die Projection der Polarisations- Ebenen des einfalleiideii Strahles auf einer senkrecht auf diesein Strahl stehenden Ebene in verschiedene Stellungen des Polarisirers (z. B. eioes Nicol’sehen Prisinas in einer kreisforinig getlieilten Fassung) darstellt , und Fig. 9 oder Fig. 10 dasselbe fiir den gebeugteii Strahl vorstellt, SO

wurden die Ebeiien inebr gehauft seyii wie in Fig. 9 und 10, je nachdem die Polarisations-Ebe17en parallel oder srnk- recht auf die Schwingiing.sehenen sind. Die I-Iorizoatalli- nien in Fig. 8, 9, 10 stellen die Projectionen auf der Ebene A B E dar. Bei einem Glasgitter geschieht die Beugung unter einem so bedeutenden Winkel, dafs der theoretisclie Aziinuth der Polarisations -Ebene des gebeogten Strahles in inaricheii Fsllen bis zwanzig Grad variireu kaun, je iiaclidein inan voraussetzt, dafs die Schwingungen des po- larisirten Lichtes parallel oder serikrecht auf die Polarisa- tions-Ebene stehen. Das Ergebnifs der Versuche war voll- stiindig zu Gunsten von F r e s n e l ’ s Vorausselzung. (1

So weit Hr. Prof. S t o k e s iiber dieseii Gegenstand. So \vie dieser die absolute Beweiskraft der a m deal gleich- zeitigrn Restaiide der verschiedeneli Farben in pleochro- inatischen Krystallen von mir entwickelten Ansichten niclrt anerkenat, ebeiiso urtbeilt Hr. A n g s t r a m in der treff- lichen, nach inehrereii Richtungen hin umfassendeii Mit- theiluug : ’Jueber die Redeutung der Polarisations-Ebene in der 0ptik.a Nach iliin ~ ~ f a l l t bei naherer Untersuchung das Biindige des (1 voii uiir untersuchten 1) Beweises weg. (a

E r weist dabei darauf hiu, dafs eigentlich bei dersclben schon voin Anfange an eine pefit io principii liege, wodurcli die beweisfiihreude Kraft vernichtet werde, vveil n#inlich, wenn es aucli iiicht in Worteri ausgesprocben ist, der Be- weis sich auf die Voraussetzung grtinde, die Absorption des Lichtes beruhe ausschliefslich auf der Beschaffenheit des Mediums in der Richtung, in welcher die Schwingungen gescbeheo, uiid iiicht in dcr, in welcher der Stralil sic11

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fortpflarizt. Abcr iiicht die Wahrscheinliclikeit der Sache selbst, iiur die geniigende Kraft des Beweises wurde an- gefochten, so dak ich gerne mich bei dem Lesen beruhigte, besonders da Hr. A n gs t r o in noch aus niehrereu ander- weitigen Retrachtungen immer wieder dasseibe Ergebnib folgert. Er benutzt zu diesem Zwecke die Reziehungen der Lichtintensitlt ffir den ordiniiren und den extraordi- naren Strahl einaxiger Krystalle zu ihrer Leitungsfahigkeit fur die Warme in der Richtung der Hauptaxe und senk- recht auf dieselbe, die Beziehungen der Ausdebnuog durch Warme und die relativen Geschwindigkeiten des ordinlren und des extraordinaren Strahles, die Beziehungen der Aen- derungen der Verhaltoisse der Lichtpolarisation hei man- cherlei verschiedenartigen Aenderungeii der Molecularzu- stande uberhaupt, durch Magnetismus, Compression u. s. w., endlich den Zustand des von einer dispergirenden matt- geschliffenen Glasylatte, die von polarisirtem Lichte be- leucbtet ist, nach verschiedenen Azimuthen zerstreuteii Lich- tes, wobei auch der Arbeiten von S t o k e s gedacht wird, vou welchen der heutige Abschnitt seines Briefes einen Umrifs enthalt.

Hr. Dr. B e e r erwahnt des von inir versuchten Re- weises, betrachtet ilin aber als illusoriscb. E r seIbst niinmt jedocb an ( 5 . 61), dafs die Schwingungen auf der Polari- satious-Ebene senkrecht steheu, die Frage selbst als eine offeiie betrachtend, init der Bemerkung: )) Auf diese Frage giebt uiis weder die Theorie eine unbestreitbare Antwort, noch findet sic in irgend eineni der bekannten Lichtphano- niene ihre Entscheiduug.

Hr. Prof. Z a in in i n e r urtheilt: JJ Man mufs gestehen, die Gesichtspunkte dieser Beweisfuhrung sind einleuchtend uad treffend, aberct - und hier strciche ich die Flagge - sie sind keineswegsAieu.tt Er fuhrt nun an, dafs er bereits in dem Jahresbericbte fur 1849 (Seite 106) )>die Betrach- tung uber die Durchsichtigkeitsverhaltnisse des Turmalins als eiii bekaiintes Argument dafiir angefiihrt, dafs die Schwin- ;;tingeti des polarisirten Lichtes rechtwinklig zur Polariea-

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tioiis-Ebene gerichtet sind, C( ferner, dafs er die Demon- stration selbst bereits 15 Jalire vorher ”in den Vortragen des Prof. N o r r e m b e r g in Tubingen keiiiien gelcrnt hat. (C

I)ec Vorwurf, der inir geinacht wird, zu weriig die deutsche Literatur der hierher gehorigeu Abtheilung zu kennen, wah- rend ich ausfiihrlich aus M o i g n 0’s Rkpertoire d’0ptique modeme citirte, lnochte sicli vielleicht gerade durcli den Umstand etwas weniges mildern, dafs das letztere eben nur cin eiiiziges Werk ist, in dew ich mich iiber das Fruhere Baths erholen konnte, wHhrend das Studium der Quellen gewifs schon durcli seiiie Ausdehnuug schwierig ist. Doch diirfte wohl auch inir dieser Mange1 an vollstaudiger Kennt- nil‘s nachgesehen werden, da ihn ja auch andere Manner zu theilen scheineii, die doch init dein eigeutlichen Gegen- stande der Frage weit genauer bekannt sind als ich. Aber ich bin gerne bereit, fruhere Anspruche in voller Ausdeh- nung anzuerkenuen , hier zu Gunsten des hochverehrten Pbysikers, dem wir den schonen Polarisations - Apparat und so viele andere werthvolle Mittheilungen verdanken. Gewifs kann die Frage se!bst durch die Berichtigung iiur gewinnen. Mir bleibt vielleicht, dab idi die Aufinerksarnkeit auf deli Gegenstaud, ohne von fruheren Hinweisungen zu wissen, doc11 in etwas auffallenderer oder melir ausfiihrlicher Weise hingelenkt, als es bis dahin der Fall war.

Jedenfalls ist mein Versuch von nalnhafteii wissenschaft- lichen Autoritliten einer gunstigen Beurtheilung gcwurdigt worden, weiin auch noch die eigentliche unbedingte Be- weiskraft nicht zugestanden werden konnte. So vie1 ist wohi gewifs, Alles neigt sich in die Richtung, durcli Deduc- tioneii der verschiedeusten Art, uin dem Satze: dafs die Schwinguagen senkrecht auf der Polarisations-Ebene ste- hen, das Uebergewicht uber jenen zu geben, dafs sie in der Polarisations - Ebeiie liegen.

Wahrend aber auch die von anderen Betrachtungcn uiid Quellen fliersenden Darstellungen der Sache von der grofsten Wichtigkeit siiid, uiid diese selbst dadurch iminer mehr an Klarheit und Sicherheit gewinnt, so scheint mir

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docli, dais die Gcgensiitze des Vorkoinmeiis verschiedener Farben an den pleochromatisclien Krystallen noch besser ausgebeutet werdeii konnteu, als es inir in meinern ersten Versuche gelang. Ich mochte zweierlei Dinge dabei unter- scheiden. Eiiiinal das Vorkoinincu der Farbeii selbst, - diefs scheint mir in sich von wahrhaft iiberwaltigeiider Beweiskraft, dann aber uieiiie Darstelluiig oder Nacliwei- sung der Beziehnngen, - uiid diese will ich gerne als sehr mangelhaft uud unvollkoininen zugeben, namentlicli dariu, dafs ich suchte, die moglichste Kurze zu erreichen, wodurch innuche Verhzltnisse und Gcgensatze, kauni in wenigen Worten angedeutet, sogleich wieder entscliwiiiden. Eine iiiihere Bctrachtung durfte dadurch wohl gerechtfertigt seyn, selbst auf die Gefahr hiu, nun etwas zu weitlaufig zu werden. Doch mochte ich jetzt eine audere Form der Beweisfuhrung wablen als Jamals, und k6nnte fur diese in der Tha t keine schonerc Motiviruiig finden, als sie der verewigte A r a g o in seiiier Gedachtnifsrede auf J a rn es W a t t giebt I ) : ~~Vr7eiiii die Matheinatiker zwischen zwci eiaander vollig entgegeiisteliciideii Satzen die Wahl haben, von deneri der eine nothwendig falsch ist, sobald der an- dere richtig ist, und wenn von voru herein Niclits auf eine veriiunftige Wahl zu leiteu scheiut: so nehmen sie heide entgegenstehende Satze an , verfolgen sie sorgfiiltig durch alle Verzweigungen, nod lassen die letzten €ogischen Fol- gerungeri derselbeii hervortreten. Null geschieht es in der Kegel, dafs der unrichtige Satz, und dieser alleia, bei die- ser Probe zu einigeii Ergcbiiissen fuhrt, die ciii klarer Verstand nicht zugeben kann. Versuchen auch wir einen Augenblick dieses Beweisverfahren , voii dein E u k l i d e s haufig Gebraiich gewacht hat, und das inan so treffend die Methode der Zuriickfuhrung auf Widerspricehe ( reductio ad absurdurn) bezeichnet. 11

Sollte inir auch mein Vornchmen iticht vollstandig ge- lingen , so hoffe ich doch die Stellung der Folgerungen 1) k'r;rnL X r a g o ' s ~511in11~id1e Werke, Bd. I, S. 34'7. Deutscli~ Origi-

nal-Ausgabe. Herausgegeben %on Dr. W. C H a n k e l .

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aus der Natur pleochrolnatischcr Krystallc gegeii die fru- lieren um Etwas zu verbessern. Nainentlich wiinschte ich diefs im Angesicht der Theilnahme, die inir Hr. Prof. S t o k e s durch sein freundliches Schreiben bewiesen hat, in welchetn e r inir d i e Lage derselben eigentlich erst in ein recht helies Licht setzte. Freilich kijniite man sagen: W a s niclit vollstandig gelingt, gelingt gar niclit, w o es auf mathematische Evidenz ankommt. Dieser Gefahr ent- gegen, glaube ich aber gerade die folgendeii Erorterungen wageii zu durfen.

Der Gegenstand sey ein dichromatischer Krystall, und werde bei gleichen Dicken seiner Kiirpermasse unter- sucht.

11, Folgende Siitze werden als vollstandig bezaiesen our- ausgesetat, als anerkannte Ergebnisse, wie sic oben Hr. Prof. S t o k e s verlangt:

I.

1. 2.

Bemerkungen.

Die Schwingungen des Lichtathers sind transversal. Zu gleichen Farben gelloren gleiche WellenI8ngen;

zu verschiedenen Farbeii verscliiedene Wellenlangen. Gleiclie Farbeu kiinnen bekanutlich init

alleii tnoglichen Polarisations - Zustanden verbunden seyii, uiid sie sind demnach ganzlich unabhangig von deui Azi- inuth der Schwingungen, sofern diese nur transversal sind. Unter Farbe miichte ich liier nu r die Erscheinung derselben, die Thatsache des Vorkominens nehmen, zu gralserer Ein- fachheit. Allerdings ist Licht von einer bestimmteii Farbe, was von wejfsem oder iiberhaupt von einfallendetn Lichte iiach der Absorption iibrig bleibt. Aber man untersucht den Krystall nur bei gleichen Dicken; der Fortschritt der Absorption bei verschiedenen Dicken , und alle theoreti- schen Betrachtungen uber die Natur derselben scheinen mir daher fur den gegenwartigen Zweck ganzlich eliminirt. Alle Betrachtungen wurdeii sich ebenso gut auf weifses Licht beziehen, sie werdeii iiur hier mehr i n die Augen fal- lend dadurch, dafs gcwissermahen die verschiedenen Licht- bundel oder Liclitstriirne verscliiedenfarbig gemalt sind.

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111. Untersuchungs - Verfahren. 1. Beobachtung. In der horizontalen Zone, deren Kau-

ten der Axe parallel sind, rund herum in allen Azimuthen. Ein Strahl oder Lichtstroin (Bild der dichroskopischen Lupe oder irgend eiiies doppeltbrechenden Prismas), der ordinare, ist polarisirt paraltel der Axe mit der Farbe A , und eiii Strahl oder Lichtstrom (Bild), der extraordinare, ist pola- risirt senkrecht auf die Axe mit der Farbe B.

Die Schwingungeii stehen entweder senk- recht auf cler I’olarisations-Ebene oder sie liegen in der- selben.

Folgerung.

V o r a u s s e t z u 11 g. 2. Die Schwingungen fin-

hen senkrecht auf der Pola- den in der Polarisatious- risations -Ebeiie. Ebene statt.

1. Die Schwiugungen ste-

F o 1 g e r u n g. 1. Die Schwingungsrich-

tung des ordinaren Strahles steht seiikrecht auf d. Ebene desselben. Es giebt unend- licli vide solcher Richtun- gen, sie stehen senkreclit auf der Axe.

2. Zu einer Farbe A oder Wellen1;inge gehoren un- endlich viele Schwingungs- richtungen, aber in eben so vielen verschiedenen Polari- sations- Ebenen. 3. Zu unendlich vielen

Polarisations - Ebenen der Farbe A geharen unendlich viele Schwingiingsrichtun- gen; zu jeder die auf der- selben senkrechte.

Die Schwingungsriclituii~ des ordinaren Strahles liegt in der Ebene desselbeii. Es giebt fur alle Azimuthe iiur Eine solche Schwingungs- richtung. Sie liegt in der Richtung der Axe.

Zu einer Farbe A , oder Wellealange gehort iiur Eine Schwingungsrichtung.

Zu unendlich vielen Po- larisations - Ebenen gehort nur Eine Schwingungsrich- tung.

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4. 1)ie Seliwii~guiigsrich- tungd. extraordiiiiren Strah- les steht senkrecht auf der Ebene desselben. Es giebt nur Eine solche Schwin- gungsrichtnng. Sie ist der Axe parallel.

5. Eine Farbe B, das ist Eiue Wellenlange, ist i n ai- leu Azimuthen init Eiuer Sch wiugungsrichtung ver- bunden.

6. Zu Einer Polarisations- Ebeiie gehiirt Eine Schwin- guugsrichtung.

Die Scbwi~igungsrichtu~i~g des extraordinaren Strahles liegt in der Ebeae der ex- extraordinaren Polarisation. Es giebt uneiidlich viele sol- cher Schwingungsrichtun- gen. Sie stehen in alleii Azimutlieii senkrecbt auf der Axe.

Eine Farbe B, ist init UII-

endlich vieleii Schwinguogs- riclitungen verbunden, in je- dein Azimuth init eiiier an- dern.

Zu Einer Polarisations- Ebene gehijren uneiidlich v ide Schwinguiigsrichtuii- geu.

2. Beobachtung. Iu den verticalen Zonen, deren Kan- ten senkrecht auf der Axe des Rrystalls stebeii, in alleii Azimuthen. Ein Strahl ( Bild), der ordinare, ist polarisirt In der Richtung der Axe mit der Farbe A. Das aiidere Bild , der extraordin3re Strabl , ist polarisirt senkrecht auf die Axe, und gelit von der Beobachtuiigsriclituilg senkrecht auf die Axe beginnend, bis zu der in der Richtung der Axe selbst uber, von der Farbe B bis in die Farbe A.

In der Kichtung der Axe beobachtet, sind die Farben beider Stralilen seiikrecht auf eiiiarider in allen Azimuthen vollkoinlnen eiiiaiider gleich und besitzen den Ton A.

F o l g e r u n g e n und V o r a u s s e t z u n g e n wie oben. 7. Die Schwingungsrich- Die Schwingungsrichtung

tung des ordiniren Strah- des ordinaren Strahles liegt lcs steht senkreclit auf der in der Ebeiie desselben. Es Ebene desselben. Es giebt giebt uneiidlicli viele Rich- uiir Eiiic solchc Kichtuug tungen fur jede Ebene. Sie

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fur jede Ebene. Sie steht senkrecht auf der Axe.

8. Zu Einer Farbe oder Wellenlange gehort uur Eiiie Scliwiiiguugsrichtung.

9. Die Schwiiigungsrich- tuugd. extraordinaren Strah- les steht senkrecht aiif d. Po- larisations-Ebene desselbeu. Es giebt iu jedem Haupt- schnitte unendlich viele sol- che Ricbtungen zwischen O o der Axe parallel uud 90° seiikrecht auf die Axe.

10. Zu der Aufeinauder- folge der Farbeu oder Wel- lerilangen von B bis A ge- horeu uiiendlich viele nach Maafsgabe derselben , von 0" bis 90" geiieigte Schwin- guugsrich tuugen.

schliefsen alle n18glicheii Wiukel mit der Axe eiii, VOII O o bis 90'.

Zu Einer Farbe oderWel- lenlaiige geharen uiiendlich viele Schwinguugsrichtun- gen.

Die Schwi~~gungsrichtung des extraordiniiren Strahles liegt in der Polarisations- Ebene desselben. Es giebt fur jeden Hauptschnitt iiur Eiue solche Richtung. Sie steht seiikrecht auf der Axe.

Zu der gauzen Farben- folge von B bis A gehort, ungeaclitet der verschiede- nen Wellenllngeu, nur eine einzige Schwiiigungsrich-- tung.

3. Combinationen der Beobachtuagen und Schliisse in 111. 1 uiid 111. 2.

11. Die gleiche Schwin- Die gleiclie Schwiiiguugs- guagsrichtung ist iiiit dein riclituiig ist mit dem glei- gleicheii Farbenton, der cheu Farbenton verbunden gleichen Wellenlange, ver- nur seukrecht auf die Axe bunden. und in der Ricbtung der

Axe; in allen anderen Rich- tuugen ist sie mit alleu inoglicheii Abstufungeii der Farben verbunden.

12, 10 der Richtuug der In der Richtuug der Axe Axe sieht man die Farbe B sieht inan die Farbe B nicht, iiicht, weil die derselben obwohl die derselben ange-

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nngehorige Schwinguugs- richtung eine longitudinale Lage erhiilt.

13. Die constanten (oder Grlnz-) Farbentiine A u. B sind verbunden mit Schwin- gungen, B in der Richtung der Axe, A senkrecht auf di eselbe.

14. In der Richtung der Axe sieht man die Farbo A darch Schwingungen seiik- recht auf die Axe, in der Kichtung senkrecht auf die Axe sieht man dieselbe Farbe A ebenfalls durch Schwin- guiigen senkrecht auf die Axe.

15. Schwingungen senk- recht auf die Axe finden iiur fur die Farbe A statt.

16. Schwingungen in der Kicbtung der Axe finden nur fur die Farbe B statt. Sie ist in der Richtung der Axe eben deshalb unsichtbar.

17. Fur die Farbe A fin- den die Schwingungen iiur senkrecht auf die Axe statl.

horigen Schwingungen in allen Azimuthen senkrecht aaf der Axe- stehen.

Die constanten Farbeu- tone A und B sind verbun- den mit Schwingungen, B senkrecht auf die Axe, A in der Riclitung der Axe, seiik- recht auf dieselbe und in allen Zwischenrichtungen.

In der Richtung der Axe sieht man die Farbe A durch Schwingungen senkrecht auf die Axe, in der Richtung senkrecht auf die Axe sieht man dieselbe Farbe A da- gegen durch Schwingungen in der Richtung der Axc.

Schwinguugen senkrecht auf die Axe finden statt fur A, fur B und fur alle Zwi- schentone.

Schwingungen senkrecht auf die Axe finden fur die Farbe B statt. Sie ist unge- achtet dessen in der Rich- tung der Axe unsichtbar. Ebeii solche Schwingungen finden aber auch fur die Farbe A statt, und diese ist in der Richtung der Axe siclitbar.

Fur die Farbe A finden Schwiiigungen statt in allen Aziinuthen senkrecbt auf die Axe, in allen Aziinuthen ent-

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18. In den gemischten Tonen erscheint jede Farbe iiach Maafsgabe der Lage der zugehorigen Schwin- gnngsrichtung abhan,'g "I von dem Cosinus der Neigung der Letzteren gegen die Sehrichtung.

19. Die gleiche Schwin- gungsrichtung gehijrt zu der Farbe A bei der Beobach- tung in der Richtung der Axe und bei der Beobach- tung senkrecht auf dieselbe.

20. Fur gleiche Schwin- giingsrichtung gleiche Farbe durch den ganzen Krystall hindurch, bei gleicher Wel- lenlange.

lang der Axe u. iu alleii Azi- muthen der Bauptschnitte.

Die gemischten Farben- tone treten ein, ohne dafs sich die Schwingungsrich- tung andert.

Zur Farbe A gehoren bei d. Beobachtung in d. Rich- tung der Axe Schwingun- gen senkrecht auf die Axe, zu derselben Farbe A ge- hbren bei der Beobachtung senkrecht auf die Axe, die auf den sgmmtlichen vorher-

- gehendeu senkrechtstehen- den Schwingungen in der Richtung der Axe. Von ei- ner Einwirkung der erste- ren keine Spur.

Fur gleiche Schwingungs- richtring verschiedene Far- hen, also verschiedene Wel- lenlangen.

Es sey mir erlaubt zu bemerken, dafs ich durch Schwin- gungen, die Z.U einer Farbe geharen, nichts weiter auszu- druckeii beabsichtige, aIs dafs sie mit derselben verbunden sind.

W e n n man die Folgerungen aus der einen und dcr andercn Voraussetzuiig vergleicht, so wird gewils Jeder- inaan versucht seyn, lieber das Rlare, Einfaclie, Folgerechte iind Zusaminenihangende, wenn die Schwingungen senkrecht niif die Polarisations-Ebene vorausgesetzt werden, als der

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Wirklichlieit cntsprechend anzucrkennen oder a~~zunehincn , als die unklaren, willkiirlicheri , iiberladenrn und wider- sprechenden Vorstellungen, welche von der zweiten Bc- trachtungsart, den S c h w i ~ ~ g u n g e n in der Polarisations- Ebcne, uiizertrennlich sind.

Die vorhergehenden Betrachtangen beziehen sich grii- fserer Einfachheit wegen auf eioaxige, dichromatische Kry- stalle, und es wird dabei von den Eigenschaften ausge- gangen: welche der natiirlichc Kiirper, der Krystall zeigt.

Man konnte den entgegengesetzten W e g eiuschlageii. Mali kiinnte eiuinal einen KBrpcr denken, zur Festhal-

tung des Begriffes in6chte ich ihn monodrom nennen, durch- aus hoinogen und VOLI einer solchen Beschaffenheit, dafs er fur den Durchgang des Lichtes nu r Schwingungen in eiiier eiiizigeii Richtung zulafst, welche also auch als Axen- richtung aogenominen werden kann. Ferner werde das Licht, seiikreclit auf dessen Fortpflanzungsrichtung die Schwingun- gen stattfinden, gar uicht absorbirt, dagegen finde gar kein lJichtdurchgang vermiige Schwingungen statt, welche senk- recht auf jener Axe stehend gedacht werdcn konnen. Gewifs zeigt ein solcher Kiirper. im gewohnlicheu Lichte Eigen- schaften eines, man miichte sagen, idealisirten Turmalius, e r wird vollkominen undurchsichtig seyn in der Riclrtiing der Axe , abcr vollkominen durchsichtig senkrecht auf die Axe, deiin in jeder der senkrecht auf die letztere stehenden Richtungen sind traiisversalc Schwingungen als moglich vor- nnsgesetzt. Die vollkonimene Durchsichtigkeit entspricht gauz deiii extraordiuiiren Strahlc, das dorchgelassene Liclit mrifs auch wie dieser polarisirt seyn, weil die Scbwingun- gen iiur nach Eiuer Kichtung stattfiuden. Die Aunahine tlrr Schwiugangen i n der Riclituiig der Axe fuhrt also auch ganz zu dcr Vorstellung, wie sic der Krystall in der NR tu r d a rb ie te t.

Man kiinnte in einem zweiten Falle einen ebenfalls zur Festhaltung des Cegriffes, peridrow zu ~ i e n ~ i e n d e n Kbrper anuehinen, i n welchein in allen Aziinutheu senkrecht auf pine beliebige Linie, dic also auch als Axe betrachtet wird,

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und sonst i n keiner Richtung, Schwingungen stattfinden kiinnea. Jede Ebene senkrecht auf die Axe, in welchcr Richtung iinnier betrachtet, hat Schwingungen senkrecht auf dieselbe, aber nur in einer Richtung, das durchfallende Licht ist also polarisirt. In der Richtuiig der Axe be- trachtet, finden Schwingungen in allcn Azimuthcn senkrecht auf die Axe statt, man hat also in der Linie der Beobach- twig ordinsres, nicht polarisirtes Licht. Beide Erschei- nungen zusammengenommen entsprechen vollstaiidig dein Vorkommeii des orclinlren Strahles einaxiger Krystalle i n der Natur.

Denkt man das Licht in jedcin der beiden Falle ver- schiedcn a n Farbe, und combinirt sie dann noch in eineni einzigen Kiirper, so ist das Ergebnifs ein dichrolaatischer einaxiger Krystall. Aus der einzelnen Schwi~igungsrichtung folgt der extraordiniire Strahl , aus den Sc.hwingungsrich- tungen senkrecht auf die Axe, oder um es anders auszii- driicken in der Ebene senkrecht auf die Axe, folgt dcr ordinare Strahl in samint~ichen Hauptschnitten nach a h n Azimuthen. Ich kann mir iiicht denken, was man anstellen iiiiifste, inn aus den Schwinguogen in der Ebene senkrecht auf die Axe die Erscheinungen des cxtraordin:dren Strnhlcs abtuleiten.

Iin Krystall ist aber der extraordinare Strahl senkrecht auf die Axe, der ordinare in jedein I-Iauptschnitte in der Richtung der Axe polarisirt. Diese Thatsache, verbunden init der unabhzngig von derselben aus der Kichtung der Schwingungen abgeleiteten verschiedenen Fortpflanzungs- fahigkeit fur Lichtstrbme, vollcndet deu Beweis dafur, dafs wirklich im polarisirten Licbte die Schwingungen senkrecht auf die Polarisations-Ebene stattfinden.

Aehnliche Betrachtungen wie bei den einaxigcn, dichro- inatischen Krystallen kiinnte man auch bei den optisch zwci- axigen , trichrolnatischen Krystalleo in Gegeasdtzen tabel- lariscb verfolgen , welche drei verschiedeue Gr#nzfarben zeigeii, und zwar jede derselben in deli Richtungcn senk- reclit auf die drei Elasticitats- Axcii polarisirt. Zu jedcr

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Farbe gehiirt Eine Scl~wi~igungsriclitu~~g, wenn diese senk- reclit auf der Polarisations- Ebene steht, zu teder Farhe wiirden unendlich viele Schwi~igiingsrichtrlllge~~ gebiiren, wenn diese in den Polarisations-Ebeneii liegen. Die drei eiiizelncir Scliwiiigungsrichtutlgell sind den Elasticitats - Axen parallel, die unendlich vielen lagen in deli drei seukrecht auf den Elasticitats- Axen stehenden Ebenen. Wenn man von der Annahme der drci senkrecht auf einander stehenden Schwingiiugen in einem nach der Analogie triorthodrona zu nennenden Korper ausginge, so wurde die Constructioii der Eigenscliaften im gewiiliiilichen und polarisirten Liclitc genau denjenigen entsprechen, welche uns die in der Natur vorkommendcn trichromatischen Krystalle darbieten.

Die Austheilung der trichromatischen Farbenthe zeigt. eine Eigenthumlichkeit, arif welcher ich an dein gegenwgrti- gen Orte noch einen Arigenblick verweilen zu sollen glaubc. Es scheint mir i181nlich, dafs sie i n dein Gange der Erkiute- rungen und Beweisfiihrungen in den Lehrbiichern sehr an- schauliche Beitrage liefert, fur die Existenz von Transversal- Schwingungen iiherhnupt, und gegeii die von Longitudinal- Schwingungen oder Emanationen.

Man k6nnte untersuchen, ob es maglich ist, dafs es liomogcne Korper gebe, welche bei einfallendem gewiihn- lichen Lichte i n drei senkrecht auf einander stehenden I<ich- tungen verschiedene Farben zeigen, wahrend das austretendr Licht noch immer gewohnliches Licht ist. Unter dieser Vor- aussetzung wiirden die Zwischentone zwischen zwei Farberi in den Quadranten der grofsten Kreise liegen, die Zwischen- tone zwischen drei Farben in den Kauin-Octanten der Kngel. Diese Farbenaristheilung ware allein miiglicb unter der Vor- aussetzu~ig eiiier wahrcri Emaoatioii von Lichtstoff, der sich beiin Durchgange durcli den Korper farbt, oder weiiigsteiis unter der von Loiigitudiiial-Scliwi~iguugen. Alles wzre d a m Uehergang, nirgends ciii Wendepankt. Aber es giebt keirie solche Austheilung dcr Farben, also auch weder Longitudinal-Sdiwingungeii noch Emanation. In den drei scnkreclit auf einander stehenden Kichtungen sind die For-

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beutone aus je zwei verschiedenen senkrecht auf eiiiander polarisirten Gruiidfarben zusammengesetzt, und zwar der- gestalt, dais drei derselbeo an jedem trichromatischen Kry- stalle erscheinen, dais sie zu je zweien verbunden sind, und dafs jeder der Tone in der Riclitung einer der Axen in dem eiiien Falle gar nicht erscheiot, wenn er in allen Rich- tungen senkrecht auf die Axe und zwar init der Polarisation senkrecht auf die Axe verfolgt werden kann. In der Rich- tung der Axe sind aber die Longitudinal-Schwingungeu durch die friiheren Betrachtuiigen ausgeschlossen, also blei- ben nur die transversalen iibrig. Das Wichtigste hei sol- cheii Auseinandersetzungeii bleibt , dafs man fortwiihrend den gleichseitigen Zustand in jedem Theile des homogenen Krystalls vor Augen halt, also auch in den drei grofsten Kreisen, iii welchen sodanii sich von selbst die drei Schwin- gungsriehtungen scnkrecht auf die Polarisations-Ebenen der drei Farben ergeben.

VIII. Mittheilung aus einem Schreiben Ctes Hrn. Pro$ S t o k e s , uber das optische Schachbrettmuster;

von W . H a i d i n g e r . (Mitgetlieilt vom Hrn. Verf. aus d. Sitzungsbericht. d. Wien. Akad.

April 1854.)

H r . Prof. S t o k e s in Cambridge erfreute mich vor eiiiiger Zeit durch ein in mannigfaltigen Beziehungen so wichtiges Schreiben, dafs ich es nicht iinterlassen darf, inchrere Ab- scbnitte desselben der hochverehrten mathematisch-natur- wisseuschaftlichen Klasse vorzulegen, wozu mich nameiit- lich ahch inein hochverehrter Freund, Hr. Regieruiigsrath v o n E t t i n g s h a u s e n , aufinuiiterte, dem ich jenes Schrei- ben gleich nacb Erhalt desselben bereits mitgetheilt hatte. Es kommen darin , nebst eiaigen Erarteruagell uber die von Hrn. S t o k e s so griilidlich untersuchte Fluorescenz,

Poggendorff's Anna]. Bd. XCVI. 20