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Due Diligence und Bewertung von europäischen Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen D I S S E R T A T I O N der Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften vorgelegt von Urs Kappler von Wattwil (St. Gallen) / Luzern Genehmigt auf Antrag der Herren Prof. Dr. Claude Bourqui und Prof. Dr. Beat Schmid Dissertation Nr. 2983

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Due Diligence und Bewertung von europäischen Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen

D I S S E R T A T I O N der Universität St. Gallen,

Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)

zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften

vorgelegt von

Urs Kappler

von

Wattwil (St. Gallen) / Luzern

Genehmigt auf Antrag der Herren

Prof. Dr. Claude Bourqui

und

Prof. Dr. Beat Schmid

Dissertation Nr. 2983

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Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen. St. Gallen, den 11. November 2004 Der Rektor: Prof. Dr. Peter Gomez

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Meinen Eltern

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VORWORT

IV

VORWORT Die vorliegende Dissertation über die Due Diligence und Bewertung von europäischen Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen hat die Zielsetzung, die wichtigsten kommerziel-len, finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Risiken von Portalen und virtuellen B2C-Markplätzen zu identifizieren, die es bei einer Akquisition im Rahmen der Due Diligence und Bewertung zu analysieren gilt. Diese praxisorientierte Dissertation beruht im Wesentli-chen auf meiner mehrjährigen Berufserfahrung bei PricewaterhouseCoopers, Transaction Services, in Zürich, wo ich nach dem Abschluss meiner Studien die Gelegenheit bekam, wichtige erste Berufserfahrungen zu sammeln. Ohne die Hilfe zahlreicher Personen wäre das Gelingen der vorliegenden Dissertation nicht möglich gewesen. Dazu zählen insbesondere auch die zahlreichen Interviewpartner, die mir wertvolle Informationen und Hinweise für die Ausarbeitung der Arbeit geben konnten. An erster Stelle möchte ich mich bei meinem Referenten Herrn Prof. Dr. Claude Bourqui und meinem Korreferenten Prof. Dr. Beat Schmid bedanken, die mir durch ihre kritischen Anregungen und fachliche Unterstützung bei der Ausarbeitung der Dissertation stets zur Seite standen. Die berufsbegleitende Ausarbeitung der vorliegenden Arbeit war nur dank der grossen Flexibilität meines Arbeitgebers PricewaterhouseCoopers, Transaction Services, möglich. Ich möchte dabei insbesondere Herrn Beat Dällenbach danken, der mich von Beginn an bei meinen beruflichen und akademischen Plänen stets förderte, sowie sich für meine Auszeit trotz voller Auftragsbücher einsetzte, ohne welche die Dissertation nicht im gesetzten Zeitrahmen hätte vollendet werden können. Ein grosser Dank gilt jedoch auch dem gesamten Transaction Services Team, das mich jederzeit fachlich unterstützte. Bedanken möchte ich mich auch bei Frau Andrea Classen, die sich grosszügigerweise bereit erklärte, das Korrekturlesen zu übernehmen und dadurch einen entscheidenden Beitrag zur vorliegenden Arbeit leistete. Ein besonderer Dank für die fachliche Unterstützung geht auch an Herrn Stefan Minder und an meinen Vater, Herrn Dr. Arnold Kappler. Neben der fachlichen Hilfe konnte ich stets auch auf vielfältige seelische Unterstützung meiner Familie und meiner Freunde in Luzern und Zürich zählen. Sie haben es immer

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VORWORT

V

wieder geschafft mich bei der Schlussbearbeitung der Dissertation im positiven Sinne abzulenken, so dass ich den nötigen Abstand und die Kraft gewinnen konnte, um meine Arbeit zu beenden. Für diese schönen Stunden in einer hektischen Zeit möchte ich mich ganz besonders bedanken. Der grösste Dank gebührt jedoch meinen Eltern für Ihre vielseitige Unterstützung und dafür, dass Sie mir meine Studien und die Dissertation in St. Gallen ermöglicht haben. Ihnen möchte ich die Dissertation widmen. Urs Kappler Zürich, im Juli 2005

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INHALTSÜBERSICHT

VI

INHALTSÜBERSICHT

1 EINLEITUNG ........................................................................................................................................ 1

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG ............................................................................................. 1 1.2 FORSCHUNGSABLAUF UND -DESIGN.................................................................................................... 4 1.3 AUFBAU DER ARBEIT .......................................................................................................................... 8

2 DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS................................................................................... 11

2.1 DER M&A-PROZESS.......................................................................................................................... 11 2.2 ASYMMETRISCHE INFORMATION ALS GRUNDLAGE FÜR DIE DUE DILIGENCE.................................. 19 2.3 DIE DUE DILIGENCE .......................................................................................................................... 22

3 DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE ...................................................... 53

3.1 DER OBERBEGRIFF DES E-COMMERCE.............................................................................................. 53 3.2 MERKMALE DER E-COMMERCE-ÖKONOMIE..................................................................................... 54 3.3 DER E-COMMERCE NACH TRANSAKTIONSBEREICHEN ..................................................................... 57 3.4 DAS PORTAL...................................................................................................................................... 59 3.5 DER VIRTUELLE B2C-MARKTPLATZ ................................................................................................. 64

4 DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE .................................................................................... 71

4.1 DAS ALLGEMEINE GESCHÄFTSMODELL ............................................................................................ 71 4.2 HABEN DIE INTERNET SERVICE PROVIDER EINEN WETTBEWERBSVORTEIL IM PORTALGESCHÄFT?......... 74 4.3 DIE UNTERNEHMENSEXTERNEN CHANCEN UND GEFAHREN............................................................. 75 4.4 DIE UNTERNEHMENSINTERNEN STÄRKEN UND SCHWÄCHEN ........................................................... 81 4.5 DIE BEURTEILUNG DES KONKURRENZUMFELDES............................................................................. 89 4.6 DIE MARKT- UND WETTBEWERBSPOSITION...................................................................................... 90 4.7 ZUSAMMENFASSUNG......................................................................................................................... 91 4.8 CHECKLISTE FÜR DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE.................................................................... 92

5 DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE........................................................................................... 95

5.1 DIE GROBANALYSE DER KOMMERZIELLEN SITUATION ALS AUSGANGSLAGE.................................. 96 5.2 BEREINIGUNG VON HANDELSRECHTLICHEN ABWEICHUNGEN (RESTATEMENT)................................ 97 5.3 ANALYSE DER HISTORISCHEN VERMÖGENS-, FINANZ- UND ERTRAGSLAGE .................................. 110 5.4 DIE NORMALISIERUNG DER HISTORISCHEN BETRIEBSERGEBNISSE ................................................ 156 5.5 DIE BEREINIGTEN NETTOAKTIVEN UND DAS NACHHALTIGE BETRIEBSERGEBNIS .......................... 158 5.6 DIE BEURTEILUNG DES ZUKÜNFTIGEN ERTRAGSPOTENTIALS ........................................................ 161

6 DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE ......................................................................................... 163

6.1 DIE ALLGEMEINEN RECHTLICHEN RISIKEN ..................................................................................... 164 6.2 DIE SPEZIFISCHEN RECHTLICHEN RISIKEN VON PORTALEN UND VIRTUELLEN MARKTPLÄTZEN ... 167

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INHALTSÜBERSICHT

VII

7 DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE ....................................................................................... 205

7.1 STEUERLICHE RISIKEN HINSICHTLICH DER GEWINNSTEUERN ........................................................ 205 7.2 CHECKLISTE FÜR DIE ANALYSE DER GEWINNSTEUERLICHEN RISIKEN........................................... 213 7.3 STEUERLICHE RISIKEN HINSICHTLICH DER MEHRWERTSTEUER..................................................... 215 7.4 CHECKLISTE FÜR DIE ANALYSE DER MEHRWERTSTEUERLICHEN RISIKEN ..................................... 230

8 DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE ...... 231

8.1 DIE AUSGANGSLAGE BEI PORTALEN UND VIRTUELLEN MARKTPLÄTZEN ...................................... 232 8.2 DIE DISCOUNTED CASH FLOW-METHODE ...................................................................................... 234 8.3 DIE MARKTWERTORIENTIERTE BEWERTUNG .................................................................................. 255 8.4 DER REALOPTIONSANSATZ ............................................................................................................. 262 8.5 BEWERTUNGSANSÄTZE BEI VENTURE CAPITAL-TRANSAKTIONEN ................................................ 267 8.6 SCHLUSSFOLGERUNGEN ZUR BEWERTUNG DER PORTALE UND VIRTUELLEN MARKTPLÄTZE ....... 270

9 SCHLUSSBETRACHTUNG ............................................................................................................ 273

9.1 ZUSAMMENFASSENDE BEMERKUNG ............................................................................................... 273 9.2 AUSBLICK ........................................................................................................................................ 275

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INHALTSVERZEICHNIS

VIII

INHALTSVERZEICHNIS

Inhaltsübersicht......................................................................................................................VI Inhaltsverzeichnis................................................................................................................VIII Abbildungsverzeichnis........................................................................................................XIV Abkürzungsverzeichnis........................................................................................................XV

1 EINLEITUNG ........................................................................................................................................ 1

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG ............................................................................................. 1 1.2 FORSCHUNGSABLAUF UND -DESIGN.................................................................................................... 4 1.3 AUFBAU DER ARBEIT .......................................................................................................................... 8

2 DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS................................................................................... 11

2.1 DER M&A-PROZESS.......................................................................................................................... 11 2.1.1 Der Begriff der Mergers & Acquisitions (M&A) .........................................................11 2.1.2 Der Ablauf einer Unternehmenstransaktion (M&A-Prozess) ......................................14

2.2 ASYMMETRISCHE INFORMATION ALS GRUNDLAGE FÜR DIE DUE DILIGENCE.................................. 19 2.3 DIE DUE DILIGENCE .......................................................................................................................... 22

2.3.1 Der Begriff der Due Diligence .....................................................................................22 2.3.2 Die Einordnung der Due Diligence in die Assurance Services....................................25

2.3.2.1 Abgrenzung der Due Diligence zur Abschlussprüfung .............................29 2.3.2.2 Audit und Non-Audit Services gemäss Sarbanes-Oxley Act.....................30

2.3.3 Anlässe einer Due Diligence ........................................................................................32 2.3.4 Überblick über die Bestandteile der Due Diligence ....................................................33

2.3.4.1 Die kommerzielle Due Diligence...............................................................35 2.3.4.2 Die finanzielle Due Diligence....................................................................38 2.3.4.3 Die rechtliche Due Diligence .....................................................................41 2.3.4.4 Die steuerliche Due Diligence ...................................................................43 2.3.4.5 Die ökologische Due Diligence .................................................................46 2.3.4.6 Die Human Resources Due Diligence........................................................47 2.3.4.7 Die technische Due Diligence....................................................................48 2.3.4.8 Die Bestandteile der Due Diligence bei Portalen und virtuellen

Marktplätzen...............................................................................................50 2.3.5 Die Zusammensetzung des Due Diligence Teams........................................................50

3 DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE ...................................................... 53

3.1 DER OBERBEGRIFF DES E-COMMERCE.............................................................................................. 53 3.2 MERKMALE DER E-COMMERCE-ÖKONOMIE..................................................................................... 54 3.3 DER E-COMMERCE NACH TRANSAKTIONSBEREICHEN ..................................................................... 57

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INHALTSVERZEICHNIS

IX

3.4 DAS PORTAL...................................................................................................................................... 59 3.4.1 Begriff und Arten von Portalen ....................................................................................59 3.4.2 Die Evolution der Portale ............................................................................................62

3.5 DER VIRTUELLE B2C-MARKTPLATZ ................................................................................................. 64 3.5.1 Kategorisierung von virtuellen Märkten ......................................................................64

3.5.1.1 Organisationsformen virtueller Märkte......................................................64 3.5.1.2 Koordinationsmechanismen virtueller Märkte...........................................66

3.5.2 Begriff des virtuellen B2C-Marktplatzes......................................................................68

4 DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE .................................................................................... 71

4.1 DAS ALLGEMEINE GESCHÄFTSMODELL ............................................................................................ 71 4.2 HABEN DIE INTERNET SERVICE PROVIDER EINEN WETTBEWERBSVORTEIL IM PORTALGESCHÄFT?......... 74 4.3 DIE UNTERNEHMENSEXTERNEN CHANCEN UND GEFAHREN............................................................. 75

4.3.1 Das Wachstum der Anzahl der Internet-Nutzer ...........................................................77 4.3.2 Die Akzeptanz der Bezahlinhalte..................................................................................78 4.3.3 Die Entwicklung der Online-Werbung .........................................................................79 4.3.4 Die Entwicklung des E-Commerce-Volumens..............................................................80

4.4 DIE UNTERNEHMENSINTERNEN STÄRKEN UND SCHWÄCHEN ........................................................... 81 4.4.1 Die Bekanntheit der Unternehmensmarke (Brand)......................................................81 4.4.2 Die Kundenbindung......................................................................................................82 4.4.3 Die Mehrkanalfähigkeit................................................................................................85 4.4.4 Die Übersichtlichkeit und Benutzerfreundlichkeit .......................................................85 4.4.5 Die Systemsicherheit und -verfügbarkeit .....................................................................87 4.4.6 Die Preise und Gebühren .............................................................................................88 4.4.7 Der Spam- und Datenschutz.........................................................................................88

4.5 DIE BEURTEILUNG DES KONKURRENZUMFELDES............................................................................. 89 4.6 DIE MARKT- UND WETTBEWERBSPOSITION...................................................................................... 90 4.7 ZUSAMMENFASSUNG......................................................................................................................... 91 4.8 CHECKLISTE FÜR DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE.................................................................... 92

5 DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE........................................................................................... 95

5.1 DIE GROBANALYSE DER KOMMERZIELLEN SITUATION ALS AUSGANGSLAGE.................................. 96 5.2 BEREINIGUNG VON HANDELSRECHTLICHEN ABWEICHUNGEN (RESTATEMENT)................................ 97

5.2.1 Einflussfaktoren auf die Ausgestaltung der nationalen Rechnungslegung ..................97 5.2.2 True & fair view kontra stille Reserven gemäss Vorsichtsprinzip .............................100 5.2.3 Stille Reserven bei Portalen und virtuellen Marktplätzen..........................................103 5.2.4 Latente Steuern (Deferred Taxes) ..............................................................................107 5.2.5 Checkliste für die Bereinigung von handelsrechtlichen Abweichungen ....................109

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INHALTSVERZEICHNIS

X

5.3 ANALYSE DER HISTORISCHEN VERMÖGENS-, FINANZ- UND ERTRAGSLAGE .................................. 110 5.3.1 Analyse der bilanziellen Charakteristiken .................................................................110

5.3.1.1 Die allgemeine Modell-Bilanz .................................................................111 5.3.1.2 Die flüssigen Mittel und Liquidität ..........................................................113 5.3.1.3 Die Kundenforderungen...........................................................................116 5.3.1.4 Die immateriellen Anlagen ......................................................................117

5.3.1.4.1 Die Aktivierungsfähigkeit von immateriellen Anlagen .....................118 5.3.1.4.2 Der Goodwill ......................................................................................119 5.3.1.4.3 Die Aktivierung von Entwicklungskosten für die Website................123 5.3.1.4.4 Die Aktivierung der Aufbaukosten für den Kundenstamm ...............126 5.3.1.4.5 Die Aktivierung der eigenen Marke ...................................................128

5.3.1.5 Die Finanzanlagen....................................................................................129 5.3.1.5.1 Die Beteiligungen...............................................................................129 5.3.1.5.2 Die Darlehensguthaben ......................................................................131

5.3.1.6 Die Rückstellungen ..................................................................................132 5.3.1.7 Die Pensionsverbindlichkeiten (Defined Benefit Asset and Liability)....133 5.3.1.8 Die allgemeinen Reserven (Agio)............................................................134

5.3.2 Checkliste für die bilanzielle Analyse ........................................................................136 5.3.3 Die Analyse der Charakteristiken der Erfolgsrechnung ............................................139

5.3.3.1 Die allgemeine Modell-Erfolgsrechnung.................................................139 5.3.3.2 Der Umsatz...............................................................................................141

5.3.3.2.1 Die Bestandteile des Umsatzes...........................................................141 5.3.3.2.2 Die Erfassung der Werbeeinnahmen..................................................144 5.3.3.2.3 Das Werbetauschgeschäft...................................................................145

5.3.3.3 Die Herstellkosten der verkauften Leistungen (COGS) ..........................147 5.3.3.4 Die Entwicklungskosten...........................................................................148 5.3.3.5 Die Werbekosten ......................................................................................149 5.3.3.6 Die Kosten der Mitarbeiteroptionen.........................................................150

5.3.4 Checkliste für die Analyse der Erfolgsrechnung........................................................154 5.4 DIE NORMALISIERUNG DER HISTORISCHEN BETRIEBSERGEBNISSE ................................................ 156 5.5 DIE BEREINIGTEN NETTOAKTIVEN UND DAS NACHHALTIGE BETRIEBSERGEBNIS .......................... 158 5.6 DIE BEURTEILUNG DES ZUKÜNFTIGEN ERTRAGSPOTENTIALS ........................................................ 161

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INHALTSVERZEICHNIS

XI

6 DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE ......................................................................................... 163

6.1 DIE ALLGEMEINEN RECHTLICHEN RISIKEN ..................................................................................... 164 6.1.1 Die gesellschaftsrechtlichen Risiken ..........................................................................164 6.1.2 Die vermögensrechtlichen Risiken .............................................................................165 6.1.3 Die vertragsrechtlichen Risiken .................................................................................165 6.1.4 Die Eventualrisiken ....................................................................................................166 6.1.5 Die prozessualen Risiken............................................................................................167

6.2 DIE SPEZIFISCHEN RECHTLICHEN RISIKEN VON PORTALEN UND VIRTUELLEN MARKTPLÄTZEN............. 167 6.2.1 Die Zuständigkeit und das anwendbare Recht ...........................................................168

6.2.1.1 Die Zuständigkeit bei vertraglichen Streitigkeiten ..................................169 6.2.1.2 Das anwendbare Recht bei vertraglichen Streitigkeiten ..........................172 6.2.1.3 Die Zuständigkeit bei urheberrechtlichen Streitigkeiten .........................173 6.2.1.4 Das anwendbare Recht bei urheberrechtlichen Streitigkeiten .................174 6.2.1.5 Die Zuständigkeit bei datenschutzrechtlichen Streitigkeiten...................175 6.2.1.6 Das anwendbare Recht bei datenschutzrechtlichen Streitigkeiten...........176 6.2.1.7 Zusammenfassung und Folgerungen für die rechtliche Due Diligence ....... 176

6.2.2 Die rechtlichen Risiken des elektronischen Vertragsabschlusses..............................179 6.2.2.1 Die elektronische Willenserklärung durch Mausklick.............................180 6.2.2.2 Die Verbindlichkeit von Angeboten auf der Website ..............................182 6.2.2.3 Widerrufsrecht der Konsumenten ............................................................183 6.2.2.4 Die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)......................................185 6.2.2.5 Zusammenfassung und Folgerungen für die rechtliche Due Diligence ....... 187

6.2.3 Checkliste für die Analyse des elektronischen Vertragsabschlusses..........................190 6.2.4 Die urheberrechtlichen Risiken der Website und deren Inhalte ................................191

6.2.4.1 Der urheberrechtliche Schutz der Website und deren Inhalte..................191 6.2.4.2 Die urheberrechtliche Problematik von Hyperlinking und Framing .......193 6.2.4.3 Zusammenfassung und Folgerungen für die rechtliche Due Diligence ....... 194

6.2.5 Checkliste für die Analyse der urheberrechtlichen Risiken .......................................194 6.2.6 Der rechtliche Schutz des Domainnamens, der Firma und der Marke......................195 6.2.7 Die datenschutzrechtlichen Risiken der Portale und Marktplätze.............................197

6.2.7.1 Die Vorgehensweise bei der Sammlung von Kundendaten.....................198 6.2.7.2 Der datenschutzrechtliche Schutz der Kundendaten................................199 6.2.7.3 Zusammenfassung und Folgerungen für die rechtliche Due Diligence ....... 201

6.2.8 Checkliste für die Analyse der datenschutzrechtlichen Risiken .................................204

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INHALTSVERZEICHNIS

XII

7 DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE ....................................................................................... 205

7.1 STEUERLICHE RISIKEN HINSICHTLICH DER GEWINNSTEUERN ........................................................ 205 7.1.1 Der Server als Betriebsstätte?....................................................................................206 7.1.2 Der Verlustvortrag .....................................................................................................208 7.1.3 Die verdeckten geldwerten Vorteile ...........................................................................210

7.2 CHECKLISTE FÜR DIE ANALYSE DER GEWINNSTEUERLICHEN RISIKEN........................................... 213 7.3 STEUERLICHE RISIKEN HINSICHTLICH DER MEHRWERTSTEUER..................................................... 215

7.3.1 Grundlagen.................................................................................................................216 7.3.2 Der Leistungs- und Besteuerungsort bei den Leistungen der Portale und virtuellen

Marktplätze.................................................................................................................218 7.3.2.1 Die mehrwertsteuerliche Qualifizierung der Bezahldienste ....................218 7.3.2.2 Der Leistungs- und Besteuerungsort bei den Bezahldiensten..................219 7.3.2.3 Der Leistungs- und Besteuerungsort der Werbeleistungen......................220 7.3.2.4 Der Leistungs- und Besteuerungsort der Marktplatz-Leistungen ............221

7.3.3 Zusammenfassung der mehrwertsteuerlichen Beziehungen mit dem Ausland...........223 7.3.4 Der Server als Betriebsstätte?....................................................................................224 7.3.5 Die Nachweispflichten................................................................................................224

7.3.5.1 Der Nachweis der Vorsteuerabzüge.........................................................224 7.3.5.2 Der Nachweis des Dienstleistungsexports ...............................................225 7.3.5.3 Die elektronische Rechnungsstellung ......................................................226

7.3.6 Folgerungen für die steuerliche Due Diligence .........................................................228 7.4 CHECKLISTE FÜR DIE ANALYSE DER MEHRWERTSTEUERLICHEN RISIKEN ..................................... 230

8 DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE ...... 231

8.1 DIE AUSGANGSLAGE BEI PORTALEN UND VIRTUELLEN MARKTPLÄTZEN ...................................... 232 8.2 DIE DISCOUNTED CASH FLOW-METHODE ...................................................................................... 234

8.2.1 Grundlagen und verschiedene DCF-Methoden .........................................................234 8.2.2 Die DCF-Methode nach dem Brutto-Verfahren (Entity-Approach) ..........................237

8.2.2.1 Grundlagen ...............................................................................................237 8.2.2.2 Die Ermittlung der zukünftigen Free Cash Flows ...................................239 8.2.2.3 Der Continuing Value ..............................................................................242 8.2.2.4 Die gewichteten Kapitalkosten (WACC).................................................244

8.2.2.4.1 Die Fremdkapitalkosten und der Marktwert des Fremdkapitals ........244 8.2.2.4.2 Die Eigenkapitalkosten.......................................................................245 8.2.2.4.3 Der Markwert des Eigenkapitals ........................................................248

8.2.2.5 Die Grenzen der DCF-Methode bei der Bewertung von Portalen und virtuellen Marktplätzen ............................................................................249

8.2.2.6 Mögliche Anpassung der DCF-Methode .................................................251

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INHALTSVERZEICHNIS

XIII

8.3 DIE MARKTWERTORIENTIERTE BEWERTUNG .................................................................................. 255 8.3.1 Arten der marktwertorientierten Bewertung ..............................................................255 8.3.2 Die Auswahl von Vergleichsunternehmen..................................................................256 8.3.3 Die Anwendung der Similar Public Company-Methode (SPCM)..............................257 8.3.4 Die Grenzen der marktorientierten Bewertung bei Portalen und virtuellen

Marktplätzen...............................................................................................................260 8.4 DER REALOPTIONSANSATZ ............................................................................................................. 262

8.4.1 Allgemein....................................................................................................................262 8.4.2 Werttreiber von Realoptionen ....................................................................................263 8.4.3 Der additive Realoptionsansatz und die Equity Realoptionen...................................264 8.4.4 Die Anwendung des Realoptionsansatzes auf Portale und virtuelle Marktplätze......265 8.4.5 Die Grenzen der Anwendung des Realoptionsansatzes .............................................266

8.5 BEWERTUNGSANSÄTZE BEI VENTURE CAPITAL-TRANSAKTIONEN ................................................ 267 8.5.1 Das Konzept des Internal Rate of Return (IRR) .........................................................267 8.5.2 Die Venture Capital-Methode ....................................................................................268

8.6 SCHLUSSFOLGERUNGEN ZUR BEWERTUNG DER PORTALE UND VIRTUELLEN MARKTPLÄTZE ....... 270

9 SCHLUSSBETRACHTUNG ............................................................................................................ 273

9.1 ZUSAMMENFASSENDE BEMERKUNG ............................................................................................... 273 9.2 AUSBLICK ........................................................................................................................................ 275

ANHANG

Anhang A: Gesprächsleitfaden der Expertengespräche...................................................... 277 Anhang B: Die untersuchten europäischen Portale und virtuellen B2C-Marktplätze........ 281 Anhang C: Interviewverzeichnis......................................................................................... 286 Literaturverzeichnis............................................................................................................. 290 Rechtsquellen und Gerichtsentscheide................................................................................ 319 Rechnungslegungsstandards................................................................................................ 322 Lebenslauf............................................................................................................................ 323

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS XIV

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abb. 1-1: Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit ...........................................................4 Abb. 1-2: Forschungsablauf .....................................................................................................8 Abb. 1-3: Aufbau der Arbeit ..................................................................................................10 Abb. 2-1: Der M&A-Prozess .................................................................................................14 Abb. 2-2: Asymmetrische Informationen im M&A-Prozess .................................................21 Abb. 2-3: Einordnung der Due Diligence in die Assurance und Consulting Services ..........28 Abb. 2-4: Die Bestandteile der Due Diligence.......................................................................34 Abb. 2-5: SWOT-Analyse......................................................................................................36 Abb. 2-6: Beispiel für eine Wettbewerbsvorteilsmatrix ........................................................37 Abb. 3-1: Kostenkurven von digitalen und physikalischen Geschäftsmodellen ...................55 Abb. 3-2: Transaktionsbereiche des E-Commerce.................................................................58 Abb. 3-3: Kategorisierung der virtuellen Marktplätze nach Organisationsformen ...............64 Abb. 4-1: Das allgemeine Geschäftsmodell...........................................................................72 Abb. 4-2: Die Entwicklung der Internet-Nutzer im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung ......78 Abb. 4-3: Fokus der Kundenbindung.....................................................................................82 Abb. 4-4: Nutzen einer übersichtlichen und benutzerfreundlichen Website .........................86 Abb. 4-5: Beispielhafte Wettbewerbsvorteilsmatrix..............................................................90 Abb. 4-6: Die unternehmensinternen und -externen Einflüsse ..............................................92 Abb. 5-1: Ablauf der finanziellen Due Diligence ..................................................................95 Abb. 5-2: Modell-Bilanz ......................................................................................................111 Abb. 5-3: Modell-Erfolgsrechnung......................................................................................140 Abb. 5-4: Die bereinigten Nettoaktiven ...............................................................................159 Abb. 5-5: Das nachhaltige operative Betriebsergebnis (EBIT)............................................160 Abb. 6-1: Allgemeine und spezifische rechtliche Risiken ...................................................164 Abb. 6-2: Zuständigkeiten und anwendbares Recht ............................................................177 Abb. 6-3: Elektronischer Vertragsabschluss ........................................................................188 Abb. 7-1: Die mehrwertsteuerlichen Beziehungen mit dem Ausland .................................223 Abb. 8-1: Überblick über die DCF-Methode (Entity-Approach).........................................238 Abb. 8-2: Ermittlung der Free Cash Flows ..........................................................................240 Abb. 8-3: Überblick über Betas kotierter Portale und Marktplätze .....................................247 Abb. 8-4: Überblick über Multiples kotierter Portale und Marktplätze...............................259 Abb. 8-5: Zusammenfassung der Bewertungsansätze .........................................................270

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS XV

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

A Abb. Abbildung AGBR Arbeitgeberbeitragsreserve APB Accounting Principles Board Abs. Absatz abzgl. abzüglich ADR American Depositary Receipts AG Aktiengesellschaft AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AICPA American Institute of Certified Public Accountants al. alteri Art. Artikel B B2B Business-to-Business B2C Business-to-Consumer BGE Bundesgerichtsentscheid bzw. beziehungsweise C ca. circa CDAX Composite Deutscher Aktienindex CFO Chief Financial Officer CH Confoederatio Helvetica (Schweiz) CHF Schweizer Franken COGS Costs of Goods Sold COO Chief Operation Officer D DBA Doppelbesteuerungsabkommen DBG Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer DCF Discounted Cash Flow d.h. das heisst DSG Bundesgesetz über den Datenschutz

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS XVI

E EBIT Earnings before Interest and Taxes EBITDA Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization EBT Earnings before Taxes et al. et alteri EFTA European Free Trade Association EFD Eidgenössisches Finanzdepartement EG Europäische Gemeinschaft EIAA European Interactive Advertising Association EK Eigenkapital ESTV Eidgenössische Steuerverwaltung etc. et cetera EU Europäische Union EVCA European Private Equity & Venture Capital Association evtl. eventuell F FAS Financial Accounting Standard FASB Financial Accounting Standards Board FCFE Free Cash Flow to Equity FCFF Free Cash Flow to the Firm F&E Forschung und Entwicklung FER Swiss GAAP FER - Fachempfehlung zur Rechnungslegung f./ff. folgende (Seite) / fortfolgende (Seite) Fifo First-in-first-out FK Fremdkapital FN Fussnote FusG Fusionsgesetz G GAAP Generally Accepted Accounting Principles GestG Gerichtsstandsgesetz GJ Geschäftsjahr GoB Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung GoR Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS XVII

H HB Handelsbilanz HGB Handelsgesetzbuch Hrsg. Herausgeber HTML Hyper Text Markup Language I IAASB International Auditing and Assurance Board IAS International Accounting Standard IASB International Accounting Standards Board IASC International Accounting Standards Committee IFAC International Federation of Accountants IFRS International Financial Reporting Standards IGE Institut für Geistiges Eigentum IM Informationsmemorandum IP Internet Protocol IPRG Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht ISA International Standards on Auditing ISP Internet Service Provider i.V.m. in Verbindung mit K kEUR Tausend Euro KIG Konsumenteninformationsgesetz KISG Bundesgesetz über die Information und den Schutz der Konsumenten KR Kotierungsreglement L LBO Leverage Buy-Out Lifo Last-in-first-out lit. litera LugÜ Lugano-Übereinkommen M M&A Mergers & Acquisitions MBO Management Buy-Out

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS XVIII

Mio. Millionen MIS Managementinformationssystem MSchG Markenschutzgesetz MWStG Mehrwertsteuergesetz MWStGV Verordnung zum Mehrwertsteuergesetz N Nr. Nummer NOPLAT Net Operating Profit Less Adjusted Taxes NUV Nettoumlaufsvermögen O OECD Organisation for Economic Co-operation and Development OR Obligationenrecht P PC Personal Computer PCAOB Public Company Accounting Oversight Board PDA Personal Digital Assistant PwC PricewaterhouseCoopers R RLFB Finanzberichterstattungs-Richtlinie Rn. Randnummer S SA Securities Act SCAS Special Committee on Assurance Services SEA Securities Exchange Act SEC Securities and Exchange Commission SIC Standing Interpretations Committee SMS Short Message Service SOA Sarbanes-Oxley Act sog. so genannte SPAM Simultaneously Posted Advertising Message SWX Swiss Exchange

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS XIX

T TA Transistorische Aktiven TP Transistorische Passiven U u.a. unter anderem URG Urheberrechtsgesetz URL Uniform Resource Locator V VDSG Verordnung zum Datenschutzgesetz vgl. vergleiche W WACC Weighted Average Cost of Capital WAP Wireless Application Protocol WLAN Wireless Local Area Network www World Wide Web Z z.B. zum Beispiel Ziff. Ziffer zit. Zitiert zuzgl. zuzüglich

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 1

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung In schnell wachsenden und dynamischen Märkten kommen den Zusammenschlüssen von Unternehmen, Akquisitionen oder Allianzen mit anderen Unternehmen zur Verwirklichung der Wachstumsstrategie eine zentrale Bedeutung zu. Durch gezielte Unternehmenstransakti-onen können in kurzer Zeit wichtige Marktanteile gegenüber der Konkurrenz gewonnen oder Zutritt zu neuen Märkten verschafft werden. Hingegen kann durch zeitintensives organisches Wachstum meistens nicht mit der Dynamik des Marktes mitgehalten werden. Die Unternehmenstransaktionen beinhalten aber auch erhebliche Risiken. Einerseits muss die übernehmende Gesellschaft bei der Akquisition meistens finanzielle Verpflichtungen für die Finanzierung des Kaufobjekts eingehen, welche die Unternehmung noch über Jahre belasten können. Andererseits beinhaltet das Akquisitionsobjekt selbst oft wesentliche Risiken, die sich erst später nach der Übernahme auf das gesamte neue Unternehmen auswirken und zu finanziellen Belastungen führen oder sogar den Fortbestand des gesamten Unternehmens gefährden können. Verschiedene Fälle in den letzten Jahren haben gezeigt, dass oft zu leichtsinnig oder viel zu teuer Unternehmen akquiriert wurden, und sich die Käufer hauptsächlich durch mögliche Wachstumsziele und Synergien leiten liessen, die letztlich nur teilweise realisiert werden konnten. Vor dem Hintergrund möglicher grosser Risiken einer Akquisition und von publik gewordenen Fehleinkäufen von Unternehmen in den vergangenen Jahren hat die Due Diligence innerhalb des M&A-Prozesses an Bedeutung gewonnen. Durch die Due Diligence führt das übernehmende Unternehmen eine tiefgründige Risikoanalyse der Zielgesellschaft vor dem Abschluss des Kaufvertrages durch. Je nach Art der Unternehmenstransaktion und der spezifischen Organisation des M&A-Prozesses wird einem potentiellen Käufer vollständig oder beschränkt Zutritt zur Zielgesellschaft und deren Management gewährt, wodurch ihm ermöglicht wird, die wichtigsten kommerziellen, finanziellen, rechtlichen, steuerlichen und andere wesentliche Risiken einzuschätzen. Die Erkenntnisse aus der Due Diligence bilden wichtige Informationen für die Verhandlungen mit der Verkäufergesell-schaft, für die Bewertung der Zielgesellschaft und für die spätere Integration der Zielgesell-schaft in das übernehmende Unternehmen. Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit das

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 2

Verfahren der Due Diligence als einen strukturierten Ansatz zur Beurteilung von wesentli-chen Risiken einer Zielgesellschaft im M&A-Prozess darzustellen. Der Internet-Boom und die Ende der Neunziger Jahre propagierte New Economy mit praktisch grenzenlosem Wachstum ist im Jahr 2001 in sich zusammengefallen und viele ehemals hochgelobte Internet-Unternehmen mussten in den vergangenen Jahren Konkurs anmelden. Die anfängliche Euphorie, die teilweise in völlig von der Realität losgelösten Börsenbewertungen gipfelte, ist heutzutage einer stark gegenteiligen pessimistischen Einstellung gegenüber den so genannten Dot-coms gewichen. Potentielle Eigen- und Fremdkapitalgeber sind heute hinsichtlich eines Engagements in Internet-Unternehmen sehr zurückhaltend. Diese Zurückhaltung ist insbesondere auch dadurch begründet, dass die zukünftige Entwicklung der Internet-Unternehmen und deren Risiken nur schwer einge-schätzt werden können. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag liefern, um ein besseres Verständnis über die generelle Funktionsweise, die zukünftige Entwicklung und die Risiken der Portale und virtuellen B2C-Marktplätze als eine Art von internetbasierten Unternehmen aufbauen zu können. Bei Business-to-Business (B2B) Plattformen ist vor allem das Transaktionsvolumen der an der Plattform angeschlossenen Unternehmen für den Erfolg entscheidend, dagegen können Unternehmen, die Business-to-Consumer (B2C) Geschäftsmodelle betreiben, nur dann bestehen, wenn es ihnen gelingt, eine grosse Anzahl von Internet-Nutzern an sich und ihre Angebote zu binden. Durch Akquisitionen, Allianzen oder Zusammenschlüsse mit anderen B2C-Unternehmen besteht dabei die Möglichkeit, den Kundenstamm schnell zu vergrössern und die kritische Masse an Kunden für das Überleben zu sichern. Die Akquisition eines Internet-Unternehmens kann aber auch für konventionelle Unternehmen (bricks-and-mortar Unternehmen) eine Möglichkeit zur Verwirklichung der Wachstumsstrategie bilden. Dadurch können rasch technologische Entwicklungen und Know-how von Internet-Unternehmen gewonnen werden, die sonst in zeitintensiven und kostspieligen Eigenent-wicklungen selber konzipiert werden müssten. Für die übernehmende Gesellschaft können durch den Kauf eines Internet-Unternehmens wertvolle Synergien entstehen. Beispiele für mögliche Synergien wären insbesondere eine engere Kundenbindung durch Nutzung des Mediums Internet oder die Schaffung eines neuen Distributionskanals über das Internet (sog. bricks-and-clicks Unternehmen). In der vorliegenden Arbeit sollen die wichtigsten kommerziellen, finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Risiken von Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen identifiziert

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 3

werden, die es bei einer Akquisition im Rahmen der Due Diligence zu analysieren gilt. Für jeden dieser potentiellen Risikobereiche wird als Ergebnis eine konkrete Checkliste für die Durchführung der Due Diligence erarbeitet. Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, dass durch die Checklisten potentielle Käufer von europäischen Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen auf mögliche Risiken sensibilisiert werden, denen bei einer Übernahme spezielle Beachtung zu schenken ist. Der potentielle Käufer versucht, die durch die Due Diligence identifizierten Risiken der Zielgesellschaft im Kaufvertrag mit der Verkäufergesellschaft abzusichern oder sie im Rahmen der Bewertung der Zielgesellschaft zu berücksichtigen. Dabei gestaltet es sich als sehr schwierig, Portale und virtuelle B2C-Marktplätze, die einen Verlust oder negativen Cash Flow ausweisen, einen kurzen Track Record besitzen und deren zukünftige Entwick-lung sehr ungewiss ist, sorgfältig zu bewerten. In der vorliegenden Arbeit sollen die in der Praxis relevanten Bewertungsmethoden dargestellt und ihre Grenzen bezüglich der Bewertung von Portalen und virtuellen Marktplätzen diskutiert werden. Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, einen Bewertungsansatz aufzuzeigen, anhand dessen auch unter Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung die Portale und virtuellen B2C-Marktplätze auf der Grundlage der Erkenntnisse der Due Diligence bewertet werden können. Die Problemstellung und die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit können folgendermassen graphisch zusammengefasst werden:

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 4

Abb. 1-1: Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit Quelle: Eigene Darstellung

1.2 Forschungsablauf und -design Die empirische Sozialforschung befasst sich mit der systematischen Erfassung und Deutung sozialer Erscheinungen. Bei der Erfassung von sozialen Tatsachen bedient man sich bestimmter Techniken wie insbesondere der Beobachtung, Experiment und Befragung. Die Forschung gilt als empirisch, wenn theoretisch formulierte Problemstellungen an spezifi-schen Wirklichkeiten überprüft werden.1

1 ATTESLANDER, 2000, 5; KROMREY, 2002, 33.

Identifikation der Risiken durch die Due Diligence

Checkliste für die

kommerziellen Risiken

Checkliste für die

finanziellen Risiken

Checkliste für die

rechtlichen Risiken

Checkliste für die

steuerlichen Risiken

Grosse Unsicherheit hinsichtlich Akquisitionen von Portalen und B2C-Marktplätzen

Absicherung der Risiken

Schwer einschätzbare

Risiken

Allgemeine pessimistische Einschätzung von

Internet-Unternehmen

Grosse Anzahl an Konkursen in den

letzten Jahren

Rücktritt von der Transaktion

Einbezug der Risiken in die Bewertung

Absicherung der Risiken im Kaufvertrag

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 5

Für alle Vorhaben der empirischen Sozialforschung werden grundsätzlich fünf Phasen durchlaufen: 2

• Phase I - Problemstellung: Die zu untersuchenden sozialen Probleme werden in wissenschaftlichen Fragestel-lungen formuliert.

• Phase II - Gegenstandsbenennung: Der Forschungsgegenstand wird eingegrenzt.

• Phase III - Forschungsdesign: Als Forschungsdesign wird der Vorgang der empirischen Überprüfung der wissen-schaftlichen Fragestellung durch den Einsatz von Forschungsinstrumenten bezeich-net.

• Phase IV - Auswertung: Die aus der empirischen Überprüfung gewonnenen Daten werden ausgewertet.

• Phase V - Verwendung: Schliesslich können Lösungen zu den wissenschaftlichen Fragestellungen formuliert werden.

Der Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit bildet die bei potentiellen Investoren vorherr-schende Unsicherheit hinsichtlich der Funktionsweise, der zukünftigen Entwicklung und der Risiken von Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen als mögliche Akquisitionsobjekte. Die Problemstellung der vorliegenden Arbeit umfasst die Identifikation der wichtigsten kommerziellen, finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Risiken, die es durch die Due Diligence bei einer Akquisition von Portalen und virtuellen Marktplätzen zu analysieren gilt, um die Unsicherheit zu reduzieren. Des Weiteren sollen die Probleme bei der Bewer-tung von Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen auf der Grundlage der Erkenntnisse der Due Diligence aufgezeigt werden. Der Forschungsgegenstand wird dadurch eingeschränkt, dass in der vorliegenden Arbeit europäische Portale und B2C-Marktplätze analysiert werden. Dies umfasst sowohl grosse kotierte Portalgruppen und Marktplätze als auch kleine Portale und Marktplätze mit

2 ATTESLANDER, 2000, 22 ff.

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 6

teilweise nur nationaler Bedeutung. Eine Liste der analysierten europäischen Portale und virtuellen Marktplätze ist im Anhang B ersichtlich.

Unter dem Forschungsdesign werden die Art und Weise des Einsatzes von Forschungsme-thoden wie Inhaltsanalyse, Beobachtung, Befragung und Experiment verstanden.3 Die empirische Sozialforschung zeichnet sich dadurch aus, dass ein allgemein anwendbares Forschungsdesign nicht existiert. Der Forscher ist stets gezwungen, immer wieder neu ein für die jeweilige Problemstellung geeignetes Forschungsdesign zu entwerfen.4 Das Forschungsdesign für die vorliegende Arbeit baut auf dem Einsatz der folgenden drei Forschungsmethoden auf:

• Inhaltsanalyse: Durch die Inhaltsanalyse werden grundsätzlich aus jeder Art von Bedeutungsträgern durch systematische und objektive Identifizierung ihrer Elemente Erkenntnisse ge-sucht, die über das einzelne analysierte Dokument hinaus verallgemeinerbar sind.5 Für die vorliegende Arbeit konnten insbesondere aus der einschlägigen Fachliteratur zur Due Diligence, zu den Portalen und virtuellen Marktplätzen sowie aus Ge-schäftsberichten der kotierten Portale und Marktplätze, Zeitungsartikeln und wissen-schaftlichen Publikationen wichtige Erkenntnisse zur Problemstellung der Arbeit gewonnen werden.

• Befragung (Interviews):

Anhand von Expertengesprächen (Interviews) konnten Erkenntnisse aus der Praxis gewonnen werden. Die Gespräche hinsichtlich der kommerziellen und finanziellen Risiken basierten auf einem vorbereiteten Gesprächsleitfaden. Hingegen wurden die Interviews für den rechtlichen und steuerlichen Bereich der Arbeit sowie für die Be-wertung nicht standardisiert. Die Wahl des Interviews aufgrund eines Gesprächsleit-fadens als empirisches Datenerhebungsmittel ist darin begründet, dass innerhalb des Interviews auf die Sichtweise des befragten Experten und seine Erfahrungen flexibler eingegangen werden konnte, als dies bei streng standardisierten Interviews und Fra-gebögen möglich gewesen wäre.6 Die Liste der Experten ist im Anhang C ersichtlich.

3 ATTESLANDER, 2000, 54 ff. 4 KROMREY, 2002, 67. 5 KROMREY, 2002, 311. 6 FLICK, 1996, 94. Der Gesprächsleitfaden ist im Anhang A ersichtlich.

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 7

• Eigene Erfahrung bzw. unstandardisierte Beobachtung: Die teilnehmende Beobachtung zeichnet sich grundsätzlich dadurch aus, dass der Forscher sich selber in das untersuchte Feld einbringt und seine Beobachtung aus der Perspektive eines Teilnehmers durchführt.7 Die Erfahrungen, die durch die vierjähri-ge Praxiserfahrung des Autors bei PricewaterhouseCoopers, Transaction Services, im Rahmen von Unternehmenstransaktionen gewonnen wurden, konnten für eine mög-lichst praxisnahe Behandlung der Problemstellung und insbesondere für die Darstel-lung der Due Diligence genutzt werden.

Das Ziel der abschliessenden Auswertung und Verwendung der Erkenntnisse aus der Inhaltsanalyse, den Expertengesprächen sowie aus der eigenen Praxiserfahrung ist es, konkrete Checklisten hinsichtlich der kommerziellen, finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Risiken für die Durchführung der Due Diligence zu erstellen. Der Forschungsablauf der vorliegenden Arbeit orientiert sich an der qualitativen empiri-schen Sozialforschung. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die zu erforschende Realität zutreffend gedeutet werden soll, indem weiche Verfahren wie Leitfadengespräche und unstandardisierte Beobachtung benutzt werden, welche das Kriterium der Angemessenheit der Forschung besser als stark standardisierte Instrumente erfüllen sollen.8 Die folgende Graphik gibt zusammenfassend einen Überblick über den gewählten qualitati-ven empirischen Forschungsablauf:

7 FLICK, 1996, 157. 8 KROMREY, 2002, 535 ff.

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 8

Abb. 1-2: Forschungsablauf Quelle: Eigene Darstellung

1.3 Aufbau der Arbeit Im 1. Kapitel wurde die Problemstellung und die Zielsetzung der Arbeit sowie das wissenschaftliche Vorgehen zur empirischen Behandlung der Problemstellung aufgezeigt. Das 2. Kapitel umfasst die theoretischen Grundlagen zum M&A-Prozess und zur Due Diligence. Insbesondere soll einen Überblick über die verschiedenen Bestandteile der Due Diligence gegeben werden. Es wird ausserdem versucht, die Dienstleistungen der Due Diligence den Bereichen der Assurance und Consulting Services zuzuordnen, um sie von den Dienstleistungen der Wirtschaftsprüfung abzugrenzen. Das 3. Kapitel beinhaltet die theoretischen Grundlagen zu den Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen, zu deren Geschäftsmodellen und Funktionsweisen. Die Portale und virtuellen B2C-Marktplätze sollen klar von anderen internetbasierten Unternehmensarten abgegrenzt werden.

Gegenstandsbenennung: Forschungsgegenstand bilden die europäischen Portale und virtuellen B2C-Marktplätze. Forschungsdesign:

Inhaltsanalyse: - Fachliteratur - Geschäftsberichte - Andere Publikationen

Befragung: - Expertengespräche

Eigene Praxiserfahrung

Auswertung und Verwendung: Entwicklung von konkreten Checklisten für die Due Diligence bei europäischen Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen.

Problemstellung: Identifikation der wichtigsten Risiken bei Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen als Akquisitionsobjekte.

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 9

Im 4. Kapitel werden die wichtigsten kommerziellen Risiken von Portalen und B2C-Marktplätzen untersucht. Dabei sollen die wichtigsten unternehmensexternen und -internen Einflüsse auf die zukünftige Wettbewerbsposition der Portale und virtuellen B2C-Marktplätze aufgezeigt werden. Das Ziel dieser Analyse ist es, eine Checkliste für die Durchführung der kommerziellen Due Diligence zu entwickeln, welche die wichtigsten kommerziellen Risiken abdeckt. Die wichtigsten gegenwärtigen und zukünftigen finanziellen Risiken von Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen gilt es im 5. Kapitel zu identifizieren. Durch die Analyse der Vergangenheitszahlen können die bereinigten Nettoaktiven und das nachhaltige Betriebser-gebnis dargestellt werden, die wichtige Grundlagen für die Plausibilisierung der Business-pläne, für die Bewertung sowie für die Verkaufsverhandlungen bilden. Schliesslich wird eine Checkliste für die Durchführung der finanziellen Due Diligence erarbeitet, welche die wichtigsten finanziellen Risiken umfasst. Häufig werden die rechtlichen Risiken hinsichtlich des anwendbaren Rechts, des elektroni-schen Vertragsabschlusses, des urheberrechtlichen Schutzes der Website und der Unter-nehmensmarke sowie datenschutzrechtlicher Bestimmungen unterschätzt. Eine detaillierte Analyse von möglichen rechtlichen Risiken von Portalen und virtuellen Marktplätzen wird im 6. Kapitel durchgeführt. Die wichtigsten rechtlichen Risiken sollen anhand einer Checkliste für die Durchführung der rechtlichen Due Diligence zusammengefasst werden. Im 7. Kapitel werden die steuerlichen Risiken sowohl in Bezug auf die direkte Steuer als auch hinsichtlich der Mehrwertsteuer und den damit verbundenen Dokumentationspflichten analysiert. Dabei sollen insbesondere auch die mehrwertsteuerlichen Risiken beim länderübergreifenden Handel in Europa einen Schwerpunkt der Betrachtungen bilden. Eine Checkliste für die Durchführung der steuerlichen Due Diligence wird das Kapital abschlies-sen. Im 8. Kapitel werden die Grenzen der herkömmlichen Anwendung von Bewertungsmetho-den wie die DCF-Methode, der marktwertorientierten Bewertung oder der Realoptionsan-satz in Bezug auf die Bewertung von Portalen und virtuellen B2C-Marktplätzen aufgezeigt. Trotz der grossen Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Entwicklung soll eine Lösungs-möglichkeit dargestellt werden, die es ermöglicht, eine möglichst zuverlässige Bewertung von einem Portal oder virtuellen Marktplatz für die Kaufpreisverhandlungen vorzunehmen.

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1. KAPITEL: EINLEITUNG 10

Abschliessend sollen im 9. Kapitel die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal zusammenge-fasst und kritisch gewürdigt werden. Des Weiteren wird ein Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen der Portale und B2C-Marktplätze gewagt. Die folgende Darstellung gibt zusammenfassend einen Überblick über den inhaltlichen Aufbau der Arbeit: Abb. 1-3: Aufbau der Arbeit Quelle: Eigene Darstellung

Problemstellung und empirischer Forschungsansatz

Due Diligence im M&A Prozess: Was ist die Due Diligence und aus

welchen Bestandteilen setzt sie sich zusammen?

Portale und B2C-Marktplätze: Was sind Portale und

B2C-Marktplätze?

Due Diligence von Portalen und B2C-Marktplätzen:

Checklisten für kommerzielle, finanzielle, rechtliche und steuerliche Due Diligence

1. Kapitel

2. – 3. Kapitel

4. – 7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel Schlussbetrachtung und Ausblick

Bewertung: - Grenzen der herkömmlichen Anwendung

von Bewertungsmethoden - Bewertungsansatz für Portale und virtuelle

B2C-Marktplätze

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 11

2 Die Due Diligence im M&A-Prozess

2.1 Der M&A-Prozess 2.1.1 Der Begriff der Mergers & Acquisitions (M&A) Der Begriff der Mergers & Acquisitions (M&A) wird auch im deutschen Sprachgebrauch für Unternehmenstransaktionen verwendet. Die Unternehmenstransaktionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie neben der Übertragung von Eigentumsrechten vor allem auch die Übertragung von Kontroll- und Leitungsbefugnissen an Unternehmen zum Gegenstand haben.9 Der Merger oder die Fusion bezweckt die liquidationslose Vereinigung der beteiligten Aktiengesellschaften zu einer einzigen juristischen Einheit.10 Gemäss dem schweizerischen Fusionsgesetz werden zwei Arten von Fusionen unterschieden:11 Absorption: Eine Gesellschaft übernimmt eine oder mehrere andere Gesellschaften. Die übernehmende Gesellschaft bleibt bestehen, wogegen die übernommenen Gesellschaften in die Käuferge-sellschaft integriert werden und dadurch untergehen. Die gesamten Aktiven und Passiven gehen auf dem Weg der Universalsukzession auf die übernehmende Gesellschaft über.12 Kombination: Zwei oder mehrere Gesellschaften werden in eine neu gegründete Gesellschaft eingebracht und gehen dadurch unter bzw. gehen in der neuen Gesellschaft auf. Die gesamten Aktiven und Passiven der beteiligten Gesellschaften gehen auf dem Weg der Universalsukzession auf die neue Gesellschaft über.13

9 MÜLLER-STEWENS et al., 1999, 1. 10 BGE 108 Ib 453. 11 FusG Art. 3 ff.; MEIER-HAYOZ & FORSTMOSER, 2004, 626 f. Das neue Fusionsgesetz wird am 1. Juli 2004 in Kraft treten und

die heutigen Vorschriften des Obligationenrechts zur Fusion ersetzen. BRENNER, 2004, 31. 12 FusG Art. 3 Abs. 1 lit. a; Botschaft zum FusG, 4355; ehemals OR Art. 748 Abs. 1. 13 FusG Art. 3 Abs. 1 lit. b; Botschaft zum FusG, 4355; ehemals OR Art. 749 Abs. 1.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 12

Aus praktischen Gründen wird die Fusion durch Absorption häufig bevorzugt, selbst wenn zwei gleichwertige Gesellschaften fusionieren.14 Im Allgemeinen Sprachgebrauch werden auch Vorgänge als Fusionen bezeichnet, die aus wirtschaftlicher Sicht mit der Absorption und Kombination gleichgestellt werden können, rechtlich jedoch als fusionsähnliche Tatbestände oder Fusion im weiteren Sinn zu qualifizieren sind:15 Unechte Fusion oder Vermögensübertragung: Als eine unechte Fusion wird die Übernahme eines Unternehmens durch die Übertragung von Teilen der Aktiven und Passiven verstanden (sog. Vermögensübertragung oder Asset Deal). Die übertragende bzw. verkaufende Gesellschaft erhält als Gegenleistung Bargeld oder Aktien der übernehmenden Gesellschaft und bleibt bestehen.16 Quasifusion: Bei einer Quasifusion erwirbt eine Gesellschaft mindestens die Mehrheit der Aktien einer anderen Gesellschaft (sog. Share Deal). Die Aktionäre der übernommenen Gesellschaft werden mit Bargeld oder mit Aktien der Käufergesellschaft (sog. Aktientausch) entschädigt. Die Quasifusion unterscheidet sich von der Absorption dadurch, dass die übernommene Gesellschaft als Tochtergesellschaft der übernehmenden Gesellschaft bestehen bleibt und nicht durch die Integration in die Käufergesellschaft aufgelöst wird. Häufig ist die Quasifu-sion auch eine Vorstufe zur Absorption. Aus rechtlicher Sicht bildet die Quasifusion einen schuldrechtlichen und keinen gesellschaftsrechtlichen Vorgang, wodurch die Bestimmungen des Fusionsgesetzes nicht zur Anwendung kommen.17 Der Begriff der Akquisition ist kein Begriff des schweizerischen Rechts. Aus wirtschaftli-cher Sicht wird als Akquisition der Kauf von ganzen Unternehmen oder einzelnen Unter-nehmensteilen verstanden. Darunter fallen sowohl der Kauf von Mehrheits- und wesentliche Minderheitsbeteiligungen (share deal) als auch die Übernahme eines Unternehmens durch die Übertragung von Aktiven und Passiven (asset deal).18 Demzufolge können die rechtlichen Begriffe der Absorption, der unechten Fusion und der Quasifusion aus wirt-schaftlicher Sicht problemlos als Akquisitionen bezeichnet werden.

14 MEIER-HAYOZ & FORSTMOSER, 2004, 627. 15 MEIER-HAYOZ & FORSTMOSER, 2004, 627 f. 16 VON SALIS-LÜTOLF, 2004, 13; OR Art. 181 i.V.m. FusG Art. 69 ff. 17 VON SALIS-LÜTOLF, 2004, 13. Eine Quasifusion kann beispielsweise aufgrund eines öffentlichen Übernahmeangebots an die

Aktionäre einer kotierten Gesellschaft zustande kommen. Vgl. BEHG Art. 32 Abs. 1. 18 MÜLLER-STEWENS et al., 1999, 1.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 13

Unter dem Begriff der Mergers & Acquisitions (M&A) können schliesslich alle Formen von Unternehmenstransaktionen subsumiert werden. Da die Fusion durch Kombination in der Praxis aufgrund des schwerfälligen Verfahrens nur selten durchgeführt wird, können die Begriffe der Akquisition und der Mergers & Acquisitions (M&A) in der vorliegenden Arbeit als praktisch deckungsgleich verwendet werden. Das Management Buy-Out (MBO) bildet eine weitere häufig durchgeführte Art von Unternehmensübernahmen. Ein MBO zeichnet sich typischerweise dadurch aus, dass die betreffende Unternehmung durch das eigene Management meistens mit Hilfe von zusätzli-chen externen Eigen- und Fremdkapitalgebern übernommen wird. Ist die Übernahme hauptsächlich mit Fremdkapital finanziert, gilt sie zusätzlich als ein so genannten Leveraged Buy-Out (LBO).19 Da bei einem MBO das übernehmende Management bereits sehr gut mit der Unternehmung vertraut ist und Zugang zu allen Daten hat, bestehen kaum Informati-onsasymmetrien zwischen der kaufenden und der verkaufenden Partei.20 In der vorliegenden Arbeit wird jedoch von einer typischen Akquisition ausgegangen, bei der asymmetrische Informationen zwischen der übernehmenden Unternehmung und der Zielgesellschaft bestehen und im Rahmen der Due Diligence reduziert werden müssen.21 Eine Akquisition kann den Erwerb von Gesellschaftsanteilen (share deal) oder den Erwerb von Teilbetrieben oder bestimmten Vermögensgegenständen und den dazugehörigen Schulden (asset deal) umfassen.22 Bei einem Share Deal werden Anteile an einer Gesell-schaft, die Träger der zugrundeliegenden Unternehmung ist, gekauft. Eine spezielle Übertragung der Aktiven und Passiven ist nicht notwendig, da beim Anteilserwerb die gekaufte Gesellschaft Träger der Unternehmung bleibt und somit keine Rechtsnachfolge stattfindet.23 Dagegen handelt es sich bei einem Asset Deal24 um den Kauf eines Unterneh-

19 GARFINKEL, 1989, 23. Als ein Leverage Buy-Out (LBO) kann jede Übernahme durch einen externen Dritten, eine andere

Gesellschaft oder durch das eigene Management bezeichnet werden, wenn die Transaktion zu einem grossen Teil fremdfinanziert ist. GARFINKEL, 1989, 23.

20 NIEMANN, 1995, 14. 21 Zur Definition und Problematik von asymmetrischen Informationen vgl. 2.2 Asymmetrische Information als Grundlage für die Due

Diligence. 22 GINTENREITER, 2002, 10; Für die rechtlichen Probleme des Asset deals aufgrund des sachenrechtlichen Spezialitätsprinzips,

wonach dingliche Rechte nur an den einzelnen Gegenständen bestellt werden können, vgl. MEIER-HAYOZ & FORSTMOSER, 2004, 129 ff. Soweit der Begriff der Akquisition in der vorliegenden Arbeit allgemein verwendet wird, soll er gemäss einer wirtschaftlichen Betrachtung sowohl den Erwerb von ausgewählten Vermögensgegenständen als auch den Erwerb von Gesell-schaftsanteilen gleichermassen umfassen.

23 BERENS et al., 1999b, 23. 24 BERENS bezeichnet den Asset Deal auch als Unternehmenskauf im engeren Sinn.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 14

mens25 durch den Erwerb der operativ notwendigen Wirtschaftsgüter und der gesetzlichen Schuldübernahme26 der für den Geschäftsbetrieb begründeten Verbindlichkeiten.27 Das Unternehmen wird von seiner bisherigen Gesellschaft getrennt und der Erwerber bildet unmittelbar den neuen Rechtsträger des Unternehmens.28 Beim Share Deal liegt demzufolge die Aufmerksamkeit auf den vertraglichen Zusicherungen und Garantien. Dagegen stehen beim Asset Deal die Übertragung der dinglichen Rechte der gekauften Vermögensgegens-tände und die genaue Spezifizierung der übernehmenden Schulden anhand eines im Kaufvertrag eingeschlossenen Inventars im Vordergrund.29 2.1.2 Der Ablauf einer Unternehmenstransaktion (M&A-Prozess) Der M&A-Prozess bei einer Akquisition kann grundsätzlich in fünf zeitlich aufeinander folgende Phasen unterteilt werden: Abb. 2-1: Der M&A-Prozess Quelle: Eigene Darstellung

25 Rechtlich wird der Kauf von Vermögen und Verbindlichkeiten dann als Unternehmenskauf gemäss OR 181 Abs. 1 qualifiziert,

falls die übernommenen Aktiven und Passiven einen in sich geschlossenen Teil des Geschäfts bilden. SCHWENZER, 2000, 490. 26 Liegt ein Geschäft mit Aktiven und Passiven vor und wurde die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern

bekannt gemacht, gehen die Schulden im Umfang der Mitteilung gemäss OR 181 Abs. 1 von Gesetzes wegen auf den Erwerber über. Es bedarf demzufolge nicht eines externen Schuldübernahmevertrages. SCHWENZER, 2000, 490 f. Der bisherige Schuldner haftet jedoch noch solidarisch mit dem Käufer für eine Dauer von zwei Jahren. OR 181 Abs. 2.

27 Beispielsweise Personalverbindlichkeiten wie aufgelaufene Sozialkosten, 13. Monatslöhne und Boni des übernommenen Personals oder Leasingverbindlichkeiten vom übernommenen und geleasten Anlagevermögen.

28 BERENS et al., 1999b, 26. Zur zwingenden Übernahme der Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten beim Asset Deal gemäss OR Art. 333 Abs. 1 und der Möglichkeit der Ablehnung des Übergangs durch den Arbeitnehmer gemäss OR Art. 333 Abs. 2 vgl. FELLNER et al., 2002, 91 ff.

29 BERENS et al., 1999b, 27; Botschaft zum FusG, 4361; vgl. auch LAJOUX & ELSON, 2000, 7.

1. Phase: Wachstums-

strategie

Unverbindliche Offerte (Letter of Intent)

3. Phase: Grob-Evaluation

Bindende Offerte (Binding Bid)

4. Phase: Fein-Evaluation/

Verhandlung

Vertragsabschluss

5. Phase: Integration

Leitung und Organisation des Prozesses durch das Management

Zeit

Kontrolle und Überwachung des Prozesses durch den Verwaltungsrat

2. Phase: Sichtung von Akquisitions-

objekten

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 15

Der oben dargestellte M&A-Prozess orientiert sich an einer typischen Akquisition mit mehreren Interessenten im Rahmen eines so genannten Auktionsverfahrens. Die Leitung und Organisation des Prozesses obliegt der Geschäftsleitung, welche diese Aufgaben häufig an den CFO oder an eine besondere Stabstelle (M&A- oder Corporate Development-Abteilung) delegiert. Für die Kontrolle des gesamten Prozesses ist der Verwaltungsrat oder ein dafür gebildeter Ausschuss des Verwaltungsrates zuständig. Die oben dargestellten fünf Phasen des M&A-Prozesses können folgendermassen um-schrieben werden:

• 1. Phase: Entwicklung der Wachstumsstrategie Durch die Entwicklung der Wachstumsstrategie gilt es festzulegen, ob organisches Wachstum gefördert oder Wachstum in Form von Akquisitionen erreicht werden soll. Dabei muss die Wachstumsstrategie mit der Gesamtstrategie des Unternehmens ver-einbar sein. In der Praxis interessieren sich Unternehmen häufig für angebotene Ak-quisitionsobjekte ohne vorgängig abzuklären, ob eine allfällige Akquisition der ent-sprechenden Zielgesellschaft wirklich zur Wachstumsstrategie und letztlich zur Ge-samtstrategie passen. Die verspätete Erkenntnis, dass die Zielgesellschaft eigentlich gar nicht mit der Unternehmensstrategie vereinbar ist, kann sich, je weiter der M&A-Prozess bereits fortgeschritten ist, als sehr kostspielig erweisen.

• 2. Phase: Sichtung von Akquisitionsobjekten Nach der Formulierung der Wachstumsstrategie können die auf dem Markt befindli-chen Akquisitionsobjekte gesichtet werden. Diese Unternehmen werden häufig durch Investmentbanken, Berater der Zielgesellschaft oder durch das Management der zu verkaufenden Gesellschaft an mögliche Käufer herangetragen. Das einkaufende Un-ternehmen kann aber auch selbst aktiv nach möglichen Akquisitionsobjekten Aus-schau halten, die zu ihrer Wachstumsstrategie passen würden und mit dem Manage-ment oder mit Hauptaktionären von möglichen Akquisitionsobjekten in Kontakt tre-ten. Wurde ein zum Verkauf stehendes Akquisitionsobjekt gefunden, das mit der Wachs-tumsstrategie vereinbar ist, kann auf erste Verhandlungen mit dem Verkäufer einge-treten werden. Der potentielle Käufer hat dafür vorgängig eine so genannte Absichts-erklärung zuhanden des Verkäufers (Letter of Intent - LOI) zu unterzeichnen. Im Let-

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 16

ter of Intent werden der Kaufgegenstand und Kaufpreisvorstellungen konkretisiert, die Bedingungen und der Zeitplan der Due Diligence, Geheimhaltungsverpflichtun-gen beider Parteien sowie eine allfällige Verpflichtung des Verkäufers zu zeitlich be-fristeten Exklusivverhandlungen mit dem Kaufinteressenten vereinbart.30 In diesem Stadium des M&A-Prozesses hat der potentielle Käufer in der Regel noch keinen Zugang zu detaillierten und unternehmensinternen Informationen über die Zielgesellschaft, sondern muss sich mit öffentlichen Informationen und dem so ge-nannten Informationsmemorandum (IM) begnügen. Das Informationsmemorandum wird durch die Zielgesellschaft oder deren Investmentbank bzw. Berater zuhanden von potentiellen Käufern verfasst und enthält die wichtigsten finanziellen und kom-merziellen Informationen über die Zielgesellschaft und deren Branche. Das Informa-tionsmemorandum gibt aber nur einen groben Überblick und kann nicht für eine de-taillierte Evaluation der Zielgesellschaft herangezogen werden.

• 3. Phase: Grob-Evaluation der Zielgesellschaft

Nachdem aufgrund von öffentlichen Informationen und des Informationsmemoran-dums eine unverbindliche Offerte durch den Käufer eingereicht wurde, wird ihm Zu-gang zu detaillierten unternehmensinternen Informationen gewährt. Diese Informati-onen können beispielsweise wichtige kommerzielle und finanzielle Daten, die wich-tigsten Lieferanten-, Kunden- und Mitarbeiterverträge sowie steuerliche Informatio-nen umfassen. Aufgrund der Geheimhaltung der gesamten Unternehmenstransaktion werden die Informationen meistens ausserhalb der Zielgesellschaft bei Beratern oder Rechtsanwälten in einem so genannten Datenraum (Dataroom) bereitgestellt. Aus-serdem kann die Zielgesellschaft Interviews mit ausgewählten Mitgliedern der Ge-schäftsleitung oder Geschäftsbereichsverantwortlichen gewähren, welche die bereit-gestellten Informationen kommentieren und weiterführende Auskünfte zur Zielge-sellschaft geben können. Je nach Zielgesellschaft wird in der Praxis der Zugang zu Informationen und Management in dieser Phase des M&A-Prozesses in zeitlicher und sachlicher Hinsicht restriktiver oder grosszügiger ausgestaltet.

30 BERENS et al., 1999b, 56. Der Letter of Intent hat juristisch gesehen keine rechtliche Bindungswirkung in Bezug auf den

Hauptvertrag. Dies folgt u.a. bereits dadurch, dass nicht alle wesentlichen Vertragspunkte (essentialia negotii) des Hauptvertrages festgelegt sind. Die Pflichten und eine allfällige Haftung aus deren Verletzung ergeben sich aus culpa in contrahendo. BERENS et al., 1999b, 56.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 17

Der Käufer muss sich aufgrund der bereitgestellten Informationen im Datenraum und durch Interviews mit dem Management möglichst schnell einen Überblick über die folgenden Bereiche verschaffen:

Identifizierung von allfälligen Geschäftsrisiken: Allfällig vorhandene kommerzielle, finanzielle, rechtliche, steuerliche und an-dere Risiken der Zielgesellschaft müssen durch den Käufer bzw. durch dessen Berater erkannt werden. Der Prozess der Identifizierung von Geschäftsrisiken wird als Due Diligence bezeichnet.

Identifizierung der Synergien:

Der Käufer muss sich einen Überblick über das Synergiepotential verschaffen, welches durch die Übernahme der Zielgesellschaft entstehen könnte. Die möglichen Synergien und deren Realisierung gilt es jedoch vorsichtig einzu-schätzen.

Möglicher Wert der Zielgesellschaft:

Für die Abgabe einer verbindlichen Offerte gilt es, den Wert der Zielgesell-schaft einzuschätzen. Dabei wird einerseits der Wert der Zielgesellschaft ohne das allfällig bestehende Synergiepotential (stand alone-Wert) und andererseits der Wert der Zielgesellschaft unter Einbezug der Synergien (Entscheidungs-wert) berechnet.31 Obwohl die Synergien und Wertsteigerungspotentiale durch den Käufer realisiert werden und nicht dem Verkäufer entschädigt werden müssen, bildet der Entscheidungswert die Obergrenze für das Kaufangebot. So kann sich beispielsweise ein potentieller Käufer bei einem Auktionsverfahren entscheiden, im Rahmen des Entscheidungswertes ein Angebot über dem stand alone-Wert abzugeben, das aber dennoch nach der Übernahme wieder realisiert werden kann.

Der Käufer muss bereits in dieser Phase des M&A-Prozesses die Transaktionsstruk-tur und die Finanzierung der möglichen Transaktion planen. Bevor eine verbindliche Offerte abgegeben werden kann, muss die Finanzierung gesichert sein. Diese Phase des M&A-Prozesses wird schliesslich durch die Abgabe einer verbindlichen Offerte durch den Käufer (sog. binding bid) abgeschlossen.

31 Vgl. 8 Die Bewertungsansätze für Portale und virtuelle Marktplätze.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 18

• 4. Phase: Fein-Evaluation der Zielgesellschaft

Nach der Abgabe der verbindlichen Offerten durch die Interessenten wählt die Ziel-gesellschaft meistens eine Unternehmung aus, welche zur Weiterverhandlung zuge-lassen wird. Dem potentiellen Käufer wird in dieser Phase des M&A-Prozesses einen noch tieferen Einblick in unternehmensinterne kommerzielle, finanzielle, rechtliche und steuerliche Informationen gewährt. Zusätzlich stehen wichtige Mitglieder der Zielgesellschaft dem Käufer für Gespräche zur Verfügung. In dieser Phase werden die Erkenntnisse der Due Diligence aus der vorgehenden Phase nachbearbeitet und eine vertiefte Analyse von weiteren möglichen Risiken durchgeführt. Aufgrund der detaillierten Informationen kann auch die Bewertung des Unternehmenswertes und der Synergien verfeinert werden. In dieser Phase des M&A-Prozesses werden die konkreten Verkaufsverhandlungen zwischen dem Käufer und dem Verkäufer geführt. In den Verhandlungen ist der Käu-fer bemüht, die durch die Due Diligence identifizierten Risiken im Kaufvertrag abzu-sichern oder den Kaufpreis entsprechend zu reduzieren. Der Abschluss des Kaufver-trages (sog. Sale and Purchase Agreement) bildet das Ende dieser Phase. Der Ab-schluss des Kaufvertrages (sog. Signing) und die rechtliche Übergabe des Kaufge-genstandes (sog. Closing) fallen meistens zeitlich auseinander. Der Zeitpunkt der rechtlichen Übergabe wird zwischen den Vertragsparteien festgelegt. Bei der Über-gabe wird zusätzlich eine kurze Due Diligence (sog. post completion due diligence oder post acquisition due diligence) durchgeführt, um sicherzustellen, dass nicht we-sentliche Veränderungen insbesondere in finanzieller, rechtlicher oder kommerzieller Hinsicht eingetreten sind. In der Regel werden im Kaufvertrag für den Zeitpunkt der Übergabe klare finanzielle Kriterien verankert, die durch die Zielgesellschaft ein-gehalten werden müssen und deren Verletzung eine Reduktion des Kaufpreises zur Folge hat oder dem Käufer sogar ein Rücktrittsrecht einräumen (sog. Closing Me-chanism).32

• 5. Phase: Integration der Zielgesellschaft Nach der rechtlichen Übergabe der Zielgesellschaft gilt es, die Zielgesellschaft mög-lichst schnell in die Käufergesellschaft zu integrieren. Schon vor dem Vertragsab-schluss und der Übergabe der Zielgesellschaft sollte der Integrationsgrad bestimmt

32 BERENS et al., 1999b, 60 f.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 19

und die Integrationsplanung abgeschlossen sein. Dabei kann grundsätzlich zwischen drei Integrationsgraden unterschieden werden:33

Angleichung:

Die übernommene Gesellschaft arbeitet selbständig innerhalb ihres Marktum-feldes weiter und behält grundsätzlich ihre eigene Geschäftsstrategie, Struktur, Systeme und Personal.

Konsolidierung:

Die übernommene Gesellschaft wird vollständig in die übernehmende Unter-nehmung eingegliedert.

Synthese:

Die übernommene Gesellschaft wird in die Käufergesellschaft soweit integ-riert, dass Synergien zwischen den beiden Gesellschaften genutzt werden können. Typischerweise bringt die Synthese einen grösseren Austausch an Personal, Systemen und Prozessen mit sich. Die Synthese steht hinsichtlich des Integrationsgrades zwischen der Angleichung und der Konsolidierung.

Nach der Bestimmung des Integrationsgrades muss die übernommene Gesellschaft möglichst schnell auf den Kurs der Käufergesellschaft gebracht werden. Die Integrati-on hat Auswirkungen auf alle Bereiche beider Gesellschaften wie beispielsweise die Entwicklung eines gemeinsamen Marktauftritts, die Auswahl der Lieferanten, gemein-same IT-Systeme, Personalentscheide oder neue Entlöhnungssysteme.

2.2 Asymmetrische Information als Grundlage für die Due Diligence Die Zustände von asymmetrischen Informationen beziehen sich allgemein auf Informations-strukturen, in denen ein Transaktionspartner über Wissen bezüglich transaktionsrelevanter Merkmale verfügt, das für den anderen Partner zunächst verborgen bleibt. Solche Informa-tionen stellen so genannte private Informationen des besser informierten Marktteilnehmers dar.34 Die schlechter informierte Partei ist unter solchen Umständen stets unsicher,

33 WALL & WALL, 2001, 45 f. 34 BENNER, 2002, 8.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 20

inwieweit sich die besser informierte Partei opportunistisch verhält und ihre privaten Informationen zum eigenen Vorteil ausnutzt.35 Der M&A-Prozess spielt sich auf dem Fundament von asymmetrischen Informationen ab. Die Unvollkommenheit der Informationen besteht zwischen dem Management des Akquisitionsobjekts und einem potentiellen Käufer und löst folglich Informationsaktivitäten aus.36 Geht dabei die Initiative vom Verkäufer aus, der Informationen über den Zustand und Leistungsfähigkeit der angebotenen Unternehmung übermittelt, wird dies informationsöko-nomisch als Wissensübertragung bzw. Signaling bezeichnet.37 Versucht dagegen der potentielle Käufer, die asymmetrische Informationslage durch die Beschaffung von zusätzlichen Informationen über das Akquisitionsobjekt und den Verkäufer abzubauen, handelt es sich informationsökonomisch um Wissenserarbeitung bzw. Screening.38 Weitere Zustände von asymmetrischen Informationen sind bei der übernehmenden sowie bei der verkaufenden Gesellschaft aufgrund der Trennung zwischen Eigentum und Management der Unternehmung zu finden.39 Trotz Informationspflichten und Kontrollrech-te besteht eine asymmetrische Informationslage zwischen der Geschäftsleitung einer Gesellschaft und den Aktionären bzw. dem Verwaltungsrat als deren Vertretung.40 Die Geschäftsleitung ist über Möglichkeiten, Aktionen und Unterlassungen im Inneren der Unternehmen sowie über äussere Ereignisse im Umfeld der Unternehmung früher und genauer informiert als die Aktionäre. Dadurch verfügt die Geschäftleitung über einen diskretionären Handlungsspielraum, der nur mit grossem Aufwand überwacht werden kann.41 Es wird angenommen, dass ein nicht am Unternehmen beteiligter Manager, sich so verhalten wird, dass er seinen persönlichen Nutzen innerhalb seiner Kompetenzen maxi-

35 BENNER, 2002, 10. 36 GINTENREITER, 2002, 12. Dabei wird im Folgenden von einer durch den potentiellen Käufer mit dem Management der

Zielgesellschaft abgestimmten Übernahme ausgegangen (friendly takeover). Der Extremfall eines Informationsungleichgewichts wäre eine mit dem Management nicht abgestimmte Übernahme (unfriendly takeover oder hostile takeover). Hierbei hat der Käufer grundsätzlich nur öffentliche Informationen zur Verfügung. BERENS et al., 1999b, 39.

37 Zur Anwendung des Signalisierungsmodell von Spence für den M&A-Markt und dessen formale Herleitung vgl. RAGOTZKY, 2003, 129 ff.

38 BERENS & STRAUCH, 1999, 5. 39 BEBCZUK, 2003, 52; SPREMANN, 1996, 674 ff.; JENSEN, 2000, 83 ff. 40 Die Organisation der aktienrechtlichen Exekutive richtet sich in diesem Kontext nach dem Schweizerischen Aktienrecht gemäss

OR 716b Abs. 1. Der Verwaltungsrat verfügt dabei über die Flexibilität, die Geschäftsführung nach Massgabe eines Organisati-onsreglements ganz oder teilweise an einzelne Mitglieder des Verwaltungsrates oder an Dritte zu übertragen. Wird die Geschäfts-führung einzelnen Mitgliedern des Verwaltungsrates übertragen, nähert sich die Organisation dem amerikanischen Board system mit executive und non-executive Mitgliedern an. Die Geschäftsführung kann aber auch Dritten übertragen werden, während der Verwaltungsrat überwiegend Aufsichtsfunktionen wahrnimmt, was dem dualistischen deutschen System bzw. Aufsichtsratssys-tem entsprechen würde. Vgl. MEIER-HAYOZ & FORSTMOSER, 2004, 443 f.

41 SPREMANN, 1996, 677.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 21

miert, selbst wenn sich dies auch zum Schaden der Kapitalgeber auswirkt. Diese Problema-tik asymmetrischer Informationen wird insbesondere durch die Principal-Agency-Theory behandelt.42 Die verschiedenen Situationen der asymmetrischen Informationen im Rahmen einer Unternehmenstransaktion lassen sich folgendermassen graphisch darstellen: Abb. 2-2: Asymmetrische Informationen im M&A-Prozess Quelle: Eigene Darstellung

Die asymmetrische Informationslage zwischen den Aktionären bzw. Verwaltungsräten und der Geschäftsführung kann nur durch eine funktionierende Corporate Governance reduziert werden. Als Corporate Governance wird hierbei das Verhältnis zwischen Aktionären, Verwaltungsrat und Geschäftsleitung bei der Führung und Überwachung des Unternehmens verstanden.43 Die Aktionäre wählen durch die Generalversammlung den Verwaltungsrat, welcher seinerseits im Auftrag der Aktionäre die Geschäftsleitung zu überwachen hat.44 Gerade bei einer Unternehmenstransaktion ist es möglich, dass die Ziele der Geschäftslei-tung nicht mit denjenigen der Aktionäre bzw. des Verwaltungsrates übereinstimmen. Beispielweise kann die Geschäftsleitung eine Akquisition in Betracht ziehen, um schnell in einen neuen geographischen Markt einzutreten. Für die Aktionäre ist jedoch dieses

42 NIEMANN, 1995, 30; JENSEN, 2000, 85 ff. 43 RUPPEN, 2001, 19. 44 OR Art. 698 Abs. 1; OR Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1; RUPPEN, 2001, 24. Zu den überindividuellen Wirkungsmechanismen zur

Managerkontrolle vgl. SPREMANN, 1996, 684 ff.

Aktionäre und Verwaltungsrat der

übernehmenden Gesellschaft

Management der übernehmenden

Gesellschaft

Aktionäre und Verwaltungsrat

der Zielgesellschaft

Management der

Zielgesellschaft

Corporate Governance im M&A-Prozess

Corporate Governance im M&A-Prozess

Due Diligence

Asymmetrische Information

Asymmetrische Information

Asymmetrische Information

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 22

Vorhaben zu risikobehaftet. Andererseits können Aktionäre den Verkauf der Gesellschaft anstreben, welcher jedoch von der Geschäftsleitung abgelehnt und bekämpft wird.45 Für die vorliegende Arbeit ist die asymmetrische Information zwischen der Käufer- und der Zielgesellschaft von grosser Bedeutung. Sie bildet die Grundlage für die Due Diligence. Die Geschäftsleitung der Käufergesellschaft möchte sich einen möglichst umfassenden Überblick über die kommerziellen, finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Risiken der Zielgesellschaft verschaffen, die es durch Garantien und Gewährleistungen im Kaufvertrag oder durch Reduktion des Kaufpreises abgesichert haben will. Dagegen will die Zielgesell-schaft nur einen beschränkten Zugang zu internen Dokumenten, Planungen und Analysen gewähren und einen möglichst hohen Verkaufspreis erzielen. Auf der Grundlage dieses Informationsungleichgewichts verhandeln der Verkäufer und der potentielle Käufer, in welche Bereiche, wie detailliert und wie lange Einblick in unternehmensinterne Daten im Rahmen der Due Diligence gegeben werden soll. Durch die Due Diligence soll eine möglichst grosse Reduktion der asymmetrischen Informationen vor dem Vertragsabschluss erreicht werden.

2.3 Die Due Diligence 2.3.1 Der Begriff der Due Diligence Der Begriff der Due Diligence entstand aus dem US-amerikanischen Kapitalmarkt- und Anlegerschutzrecht (Securities Laws46) und der in diesen Gesetzen und insbesondere im Securities Exchange Act von 1934 (SEA) kodifizierten Haftung von Wirtschaftsprüfern, Investmentbanken, Rechtsanwälten und anderen Experten bei der Emission und dem Handel mit Wertpapieren.47

45 Beispielsweise hat das Management von Mannesmann unter Klaus Esser die Übernahme durch Vodafone lange bekämpft, die

jedoch durch die grossen Aktionäre positiv beurteilt wurde. Das Management wurde daraufhin mit Abfindungszahlungen von insgesamt 57 Mio. Euro, genehmigt durch den Aufsichtsrat von Mannesmann, auf die Linie der Aktionäre gebracht. BLUM, 2004, 29.

46 Die Securities Laws umfassen neun bundesrechtliche Gesetze zur Information und Schutz von Anlegern und der Öffentlichkeit, für deren Überwachung seit 1934 die US-amerikanische Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde, die Securities and Exchange Commission (SEC), verantwortlich ist. Neben anderen Regelungen umfassen die Securities Laws insbesondere den Securities Act von 1933 (SA) für die Neuemission von Effekten und den Securities Exchange Act von 1934 (SEA) über den Handel von zugelassenen Wertpapieren. BERENS & STRAUCH, 1999, 6 ff.

47 BERENS & STRAUCH, 1999, 6 ff., GINTENREITER, 2002, 9. Für die Entwicklung des Begriffs der Diligence aus dem römischen Rechts und dessen Übernahme in das englische common law des 17. und 18. Jahrhunderts vgl. LAJOUX & ELSON, 2000, 3 f.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 23

Der Securities Exchange Act (SEA), welcher den Handel bereits zugelassener Wertpapiere und somit auch den Verkauf ganzer Unternehmen in Form eines share deals regelt, und die von der SEC im Jahre 1942 erlassene Verordnung Rule 10b-5, gelten seit Mitte der Sechziger Jahre unbestritten als Anspruchsgrundlage für Schadenersatzleistung im Zusammenhang mit unrichtigen, irrführenden oder unterlassenen Angaben des Verkäufers beim Anteilsverkauf.48 Beim share deal ergibt sich jedoch keine Haftung für falsche und unterlassene Angaben in Bezug auf das zugrundeliegende Unternehmen selbst, sondern nur für falsche und unterlassene Angaben des Verkäufers im Zusammenhang mit dem Verkauf und dem Vertragsinhalt. Demzufolge obliegt es dem Käufer, seinen Informationsbedarf zu decken sowie vertragliche Gewährleistungen und Garantien über das zugrundeliegende Unternehmen auszuhandeln.49 Für diese Phase der Informationsbeschaffung durch den Käufer hat sich auch im deutschsprachigen Raum der Begriff der Due Diligence durchge-setzt.50 Für den Begriff der Due Diligence gibt es keine eindeutige Definition. Eine sinngemässe Übersetzung von Due Diligence wäre „erforderliche, angemessene, gebührende Sorgfalt“.51 Die Hauptmerkmale der Due Diligence können anhand der folgenden unterschiedlichen Definitionen erkannt werden: Knutson & Hertzberg: „The key objective of corporate acquisition due diligence investigations is, of course, to understand every material aspect of the Target Company’s assets and liabilities, so as to be able to provide the management of acquiring company (the „Buyer”) with enough informa-

48 BERENS & STRAUCH, 1999, 9; vgl. SEC Rule 10b-5, Employment of Manipulative and Deceptive Devices. 49 BERENS & STRAUCH, 1999, 9 f. Auch wenn alle Anteile einer Unternehmung verkauft werden, sind nur die abgegebenen

Informationen relevant, da der Anteilserwerb nicht als ein Unternehmenskauf qualifiziert wird. BERENS & STRAUCH, 1999, 10. Das Schweizerische Bundesgericht hat ebenfalls in konstanter Praxis an einer formalen Betrachtungsweise festgehalten. Demzufolge bilden die Aktien den Kaufgegenstand, weshalb nur allfällige Mängel der Wertpapiere in sachlicher und rechtlicher Hinsicht, nicht aber Mängel der zum Unternehmen gehörenden Gegenstände und Werte als Kaufmängel betrachtet werden. Die neue schweizerische Lehre lehnt jedoch diese formale Betrachtungsweise ab. MEIER-HAYOZ & FORSTMOSER, 2004, 131 f. Das Bundesgericht lässt jedoch die Anfechtung von Kaufverträgen über sämtliche Aktien aufgrund von Willensmängeln grosszügig zu, falls der Käufer über grundlegende Eigenschaften oder den Wert grundlegend geirrt hat (OR 24 Abs. 1 Ziff. 4). MEIER-HAYOZ & FORSTMOSER, 2004, 132.

50 GINTENREITER, 2002, 9 f. In der Fachliteratur werden häufig für Due Diligence auch die Begriffe Due Diligence Process, Acquisition Investigation, Due Diligence Review, Acquisition Review, Business Review oder Business Investigation verwendet. ROCKHOLTZ, 1999, 68.

51 SCOTT, 2001a, 14; KOCH & WEGMANN, 1998, 3. Die erforderliche Sorgfalt orientiert sich an den vorherrschenden Grundsätzen des Berufstandes wie beispielsweise den Generally Accepted Auditing Standards (GAAS) des American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) für US-amerikanische Wirtschaftsprüfer (CPA). BERENS & STRAUCH, 1999, 8.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 24

tion to make an informed decision as to whether or not it would be worthwhile to proceed with the acquisition.”52 Begley & Yount: “Standard advice to prospective buyers is to thoroughly evaluate a potential acquisition during the due diligence phase to verify the quality of the assets and to attempt to renegoti-ate a lower purchase price. We advocate going a step further than that. Use the due diligence phase to learn about the company’s strategy, markets, operations, and employees.”53 Lajoux & Elson: “The basic function of M&A due diligence, then, is to assess the benefits and liabilities of a proposed acquisition by inquiring into all relevant aspects of the past, present, and predict-able future of the business to be purchased. Those making this assessment should focus on risk.”54 KPMG: “Um die mit dem Unternehmenserwerb verbunden Chancen und Risiken zu erkennen, sollte die Kaufentscheidung auf umfassenden und soliden Informationen beruhen. Mit der Due Diligence-Prüfung werden bestehende Informationslücken geschlossen und vorhandene Informationen verifiziert. Die im Rahmen der Due Diligence gewonnenen Erkenntnisse unterstützen den Erwerber im Verhandlungsprozess und erleichtern darüber hinaus eine Integration nach dem Kauf.“55 Berens & Strauch: “Bei der Due Diligence handelt es sich um Analysen und Prüfungen, die im Rahmen der Vorbereitung von geschäftlichen Transaktionen – meistens dem Kauf eines Unternehmens – zum Ziel der Informationsversorgung des Entscheidungsträgers in den Planungs- und Entscheidungsprozess integriert werden.”56 Aufgrund der oben ausgewählten Definitionen können insbesondere die folgenden vier Hauptmerkmale der Due Diligence abgeleitet werden: 52 KNUTSON & HERTZBERG, 1993, F-1. 53 BEGLEY & YOUNT, 1994, 28. 54 LAJOUX & ELSON, 2000, 5. 55 KPMG, 2004a, 1. 56 BERENS & STRAUCH, 1999, 12.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 25

• Die Due Diligence wird vorwiegend im Rahmen einer Unternehmenstransaktion durchgeführt.

• Die Notwendigkeit der Due Diligence wird durch die Informationsbeschaffung

aufgrund der asymmetrischen Informationen zwischen den Verkaufsparteien begrün-det.

• Durch die Due Diligence sollen alle relevanten Risiken, aber auch Chancen in den

wesentlichen Bereichen der Zielgesellschaft identifiziert und beurteilt werden. • Die Erkenntnisse der Due Diligence sind für die Verkaufsverhandlung, insbesondere

für die Preisverhandlungen und bei der späteren Integration des Akquisitionsobjekts von grossem Nutzen.

Basierend auf diesen Merkmalen kann zusammenfassend die folgende Definition des Begriffs der Due Diligence für die vorliegende Arbeit festgelegt werden: „Due Diligence bezweckt die vorherrschende Informationsasymmetrie zwischen den Transaktionsparteien im M&A-Prozess durch die Analyse der bereitgestellten Daten sowie durch die Beschaffung von zusätzlichen Informationen zu reduzieren, sodass ein potentieller Käufer bei seiner Kaufentscheidung in der Lage ist, alle relevanten Risiken und Chancen in den wesentlichen Bereichen der Zielgesellschaft einzuschätzen. Die Erkenntnisse aus der Due Diligence unterstützen den Käufer bei den Verkaufsverhandlungen, der Bewertung und insbesondere auch bei der späteren Integration der Zielgesellschaft.“ 2.3.2 Die Einordnung der Due Diligence in die Assurance Services Der Verband der amerikanischen Wirtschaftsprüfer (AICPA)57 gründete 1994 das Special Committee on Assurance Services (SCAS oder Elliott-Committee)58, welches mit der Aufgabe betraut wurde, für die Wirtschaftsprüfer-Branche nach neuen Dienstleistungen zu

57 American Institute of Certified Public Accountants (AICPA). 58 Der Vorsitzende von diesem Komitee war Robert K. Elliott, wodurch die Arbeitsgruppe auch als Elliott-Committee bezeichnet

wird.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 26

suchen, die den wachsenden Informationsbedürfnissen aller Anspruchsgruppen Rechnung tragen und über die konventionellen Attestation Services59 hinausgehen.60 Das SCAS definierte die Assurance Services folgendermassen:61 „Assurance services are defined as independent professional services that improve the quality of information, or its context, for decision makers.“ Die Assurance Services umfassen somit alle unabhängigen professionellen Dienstleistun-gen, welche die Verbesserung der Informationsqualität und der Entscheidungsfindungspro-zesse als Gegenstand haben.62 Dabei identifizierte das SCAS grundsätzlich folgende Bereiche für die zukünftige Entwicklung der Assurance Services:63

• Dienstleistungen im Bereich Risk Assessment: Als Dienstleistungen des Risk Assessments gelten jene Dienstleistungen, die Unter-nehmen unterstützen, alle Arten von Risiken, welche die Erreichung der Unterneh-mensziele gefährden können, zu erkennen, einzuschätzen und zu vermindern.

• Dienstleistungen im Bereich Business Performance Measurement:

Die Wirtschaftsprüfung kann Unternehmen dadurch unterstützen, indem unabhängig beurteilt wird, ob das Leistungsmessungssystem die relevanten und verlässlichen fi-nanziellen und nicht-finanziellen Messgrössen zur Steuerung des Unternehmens ent-hält. Aufgrund der grossen Branchenerfahrung kann die Wirtschaftsprüfung das Un-ternehmen unterstützen, ihr Leistungsmessungssystem zu verbessern.64

• Dienstleistungen im Bereich Systems Reliability:

Die Dienstleistungen im Bereich der Systems Reliability beinhalten die unabhängige Beurteilung der Qualität und Verlässlichkeit des Managementinformationssystems (MIS), welche die wichtigen finanziellen und nicht-finanziellen Informationen zur Führung des Unternehmens liefern.

59 Als Attestation Services gelten grundsätzlich alle Dienstleistungen, bei denen ein Experte beauftragt wird, in einem schriftlichen

Bericht die Verlässlichkeit einer schriftlichen Behauptung einer anderen Partei zu beurteilen. Darunter fallen der Audit bzw. die Jahresabschlussprüfung sowie alle mögliche Arten von Reviews. AICPA, 2003a, 4.

60 RUUD & BEER, 1998, 429 f. 61 AICPA, 2003a, 1. 62 RUUD & BEER, 1998, 430. 63 AICPA, 2003b, 2 f.; RUUD & BEER, 1998, 432 f. 64 RUUD & BEER, 1998, 432 f.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 27

Die Assurance Services bilden eine Weiterentwicklung der Attestation Services, die wiederum aus dem Audit bzw. der Jahresabschlussprüfung hervorgegangen sind. Die Assurance Services unterscheiden sich von den Consulting Services dadurch, dass durch sie grundsätzlich die Informationsqualität für die Entscheidungsfindung verbessert werden soll. Dagegen steht bei den Consulting Services die direkte Abgabe von Empfehlungen im Vordergrund. Die Unterscheidung zwischen Consulting und Assurance Services kann aber gemäss SCAS nicht immer klar vorgenommen werden, da eine Dienstleistung sowohl Elemente der Assurance als auch der Consulting Services beinhalten kann.65 Der International Auditing und Assurance Board (IAASB), welcher internationale Standards zur Abschlussprüfung66 unter der Oberleitung der International Federation of Accountants (IFAC) erarbeitet, definiert Assurance Services im International Framework for Assurance Engagements folgendermassen:67 „Assurance engagement means an engagement in which a practitioner expresses a conclusion designed to enhance the degree of confidence of the intended users other than the responsible party about the outcome of the evaluation or measurement of a subject matter against criteria.” Die Definitionen der Assurance Services gemäss SCAS und IAASB können als praktisch deckungsgleich betrachtet werden. Auch gemäss der Definition des IAASB haben die Assurance Services das Ziel, die Qualität und die Glaubwürdigkeit von Informationen zugunsten der Nutzer zu erhöhen. Dagegen grenzt das IAASB im Vergleich zum SCAS die Consulting Services klarer von den Assurance Services ab:68 „Consulting engagements employ a professional accountant’s technical skills, education, observations, experiences, and knowledge of the consulting process. The consulting process is an analytical process that typically involves some combination of activities relating to: objective-setting, fact-finding, definition of problems or opportunities, evaluation of

65 AICPA, 2003a, 5. 66 Sog. International Standards on Auditing (ISA). 67 IAASB, 2005, 178. 68 IAASB, 2005, 180.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 28

alternatives, development of recommendations including actions, communication of results, and sometimes implementation and follow-up.” Im Rahmen einer Due Diligence wird versucht, qualitativ hochwertige Informationen über die Zielgesellschaft und deren Risiken für den Käufer zur Entscheidungsfindung zu gewinnen oder die Qualität der Informationen, die durch die Zielgesellschaft dem Käufer zur Verfügung gestellt werden, zu verbessern. Demzufolge können die Dienstleistungen der Due Diligence gemäss der obigen Definitionen grundsätzlich den Assurance Services zugeordnet werden. Innerhalb der Assurance Services können sie als Dienstleistung im Bereich des Risk Assessments betrachtet werden.69 Die Dienstleistungen im Rahmen der Due Diligence beinhalten in der Praxis jedoch nicht nur die Verbesserung der Informations-qualität über Risiken der Zielgesellschaft, sondern umfassen meistens auch Empfehlungen zur Akquisition, zur konkreten Vorgehensweise des Käufers im M&A-Prozess und zur späteren Integration der Zielgesellschaft. Dadurch kann die Due Diligence teilweise auch Charakteristiken von Consulting Services aufweisen. Zusammenfassend können gemäss SCAS die verschiedenen Arten von Dienstleistungen graphisch folgendermassen zueinander in Beziehung gebracht werden: Abb. 2-3: Einordnung der Due Diligence in die Assurance und Consulting Services Quelle: AICPA, 2003a, 6; RUUD & BEER, 1998, 433.

69 Zur detaillierten Behandlung des Bereichs Risk Assessment vgl. AICPA, 2003c, 1 ff.

Attestation Services Audit, Review

Assurance Services Consulting Services

Risk Assessment

Business Performance Measurement

Systems Reliability Due Diligence

Management Consulting

Organizational Consulting, etc.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 29

2.3.2.1 Abgrenzung der Due Diligence zur Abschlussprüfung

Die Abschlussprüfung bzw. Audit besteht im Allgemeinen aus dem Vergleich eines Ist-Zustandes mit einem Soll-Zustand. Der Soll-Zustand wird aus allgemeingültigen Normen wie beispielsweise aus gesetzlichen Bestimmungen und Rechnungslegungsstandards abgeleitet. Über die Abweichungen zwischen Soll und Ist wird Bericht erstattet.70 So hat die Revisionsstelle einer Aktiengesellschaft in der Schweiz im Rahmen einer Abschlussprüfung zu prüfen, ob die Buchführung und die Jahresrechnung sowie der Antrag über die Verwen-dung des Bilanzgewinnes dem Gesetz und den Statuten entsprechen.71 Das Ergebnis der Prüfung wird durch die Revisionsstelle schriftlich der Generalversammlung mitgeteilt.72 Bei einer Due Diligence wird versucht, allfällige Risiken in allen wesentlichen Bereichen der Zielgesellschaft zu identifizieren. Dabei ist die Due Diligence im Rahmen einer Akquisition weder gesetzlich noch durch den Berufsstand geregelt. Im Rahmen der Wirtschaftsprüfung gilt es zu beurteilen, ob die Buchführung und die Jahresrechnung den gesetzlichen und statuarischen Anforderungen entsprechen. Dagegen ist der Gegenstand der Due Diligence jeweils von den konkreten Umständen der Zielgesell-schaft und deren Branche, sowie von den spezifischen Informationsbedürfnissen des Auftraggebers abhängig. Des Weiteren bildet die Einschätzung der zukünftigen Entwick-lungen auf der Grundlage der Vergangenheitszahlen einen wichtigen Bestandteil der Due Diligence.73 Bei der Revision wird den Prüfern unbeschränkt Zugang zu den unternehmensinternen Daten der zu prüfenden Unternehmung gewährt. Der Zugang zu Daten bei der Due Diligence ist dagegen meistens sehr eingeschränkt. Häufig, zumindest in einer ersten Phase, stehen nur jene Daten zur Verfügung, die im Datenraum durch den Verkäufer bereitgestellt wurden.74

70 TREUHAND-KAMMER, 1998b, 4. 71 OR Art. 728 Abs. 1. 72 OR Art. 729. Unter gewissen Bedingungen hat gemäss OR Art. 727b der besonders befähigte Revisor zusätzlich einen

Erläuterungsbericht zuhanden des Verwaltungsrates zu erstellen (OR Art. 729a). Ausserdem werden wichtige Erkenntnisse in Form eines Management Letters der Geschäftsleitung mitgeteilt. TREUHAND-KAMMER, 1998b, 462.

73 PRICEWATERHOUSECOOPERS, 1998, 9. 74 DÄLLENBACH & HERBST, 2002, 28.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 30

Ein wichtiger Unterschied zur Revision besteht darin, dass kein Bestätigungsvermerk bzw. keine Prüfungsbestätigung erteilt wird. Im Due Diligence Report werden lediglich Empfeh-lungen abgegeben.75

2.3.2.2 Audit und Non-Audit Services gemäss Sarbanes-Oxley Act

Aufgrund der Unternehmensskandale von Enron, WorldCom und anderen grossen Gesellschaften hat der US-Kongress am 30. Juli 2002 den so genannten Sarbanes-Oxley Act (SOA) in Kraft gesetzt. Es handelt sich in weiten Teilen um ein Rahmengesetz, das durch Erlasse der Securities and Exchange Commission (SEC) umgesetzt werden muss.76 Mit dem Gesetz soll die Wirtschaftskriminalität bekämpft und das Vertrauen der Investoren in die amerikanische Rechnungslegung und Überwachung wiederhergestellt werden. Konkret beinhaltet es erweiterte Anforderungen an die Ausgestaltung der Corporate Governance im Allgemeinen und des Audit Committees im Besonderen, eine verschärfte zivil- und strafrechtliche Verantwortung der obersten Leitungsorgane und eine weitere staatliche Regulierung der Wirtschaftsprüfung.77 Der Anknüpfungspunkt des Sarbanes-Oxley Acts bildet die Kotierung und nicht die Nationalität des Emittenten. Demzufolge fallen alle Unternehmen, die in den USA kotiert sind, sowie Gesellschaften, die American depositary receipts (ADR) oder Fremdkapitalinstrumente an den US-Börsen ausstehend haben, unter diese Bestimmungen. Der Sarbanes-Oxley Act gilt aber auch explizit für ausländische Prüfer, wenn das geprüfte Unternehmen in der USA kotiert bzw. zweitkotiert ist, oder wenn die ausländische Tochter eines Konzerns geprüft wird, der in der USA kotiert ist.78 Für die vorliegende Arbeit und die Einordnung der Due Diligence in die Assurance Services sind insbesondere jene Regelungen des Sarbanes-Oxley Acts von besonderer Bedeutung, welche auf eine Begrenzung des Tätigkeitsbereiches der Prüfungsgesellschaften für Revisionskunden abzielen. Die besondere Bedeutung der Begrenzung ergibt sich dadurch, dass in der Praxis die finanzielle und steuerliche Due Diligence sowie auch die Leitung des gesamten Due Diligence Teams oft durch die Prüfungsgesellschaft des Käuferunternehmens übernommen werden.79 75 KRANEBITTER, 2002, 21. 76 WERLEN & TAORMINA, 2003, 28. 77 BOURQUI & BLUMER, 2002, 22; BERTSCHINGER & SCHAAD, 2002, 883. 78 BOURQUI & BLUMER, 2002, 22. 79 Vgl. 2.3.5 Die Zusammensetzung des Due Diligence Team.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 31

Wie bereits dargelegt stand am Ende der neunziger Jahre gemäss dem Elliott-Committee eine Erweiterung der Dienstleistungspalette von den konventionellen Attestation Services zu den Assurance Services im Vordergrund.80 Hingegen sieht nun der Sarbanes-Oxlex Act vor, dass das Angebot von bestimmten Non-Audit Dienstleistungen der Prüfungsgesell-schaften für Revisionskunden eingeschränkt bzw. verboten wird. Dadurch sollen mögliche Interessenkonflikte zwischen der Prüfung und der Erbringung von Non-Audit Dienstleis-tungen verhindert werden. Ein Unternehmen kann gemäss des Sarabanes-Oxley Acts die folgenden Dienstleistungen nicht durch ihre Revisionsgesellschaft erbringen lassen:81

• Buchführungs- oder andere Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Rech-nungswesen oder der Jahresrechnung des Prüfungskunden

• Entwicklung und Einführung von Finanzinformationssystemen • Bewertungs- und Schätzungsdienstleistungen, Fairness Opinions oder Gutachten zur

Bewertung von Sacheinlagen • Dienstleistungen durch Aktuare (actuarial services) • Dienstleistungen der Internen Revision (Outsourcing der internen Revision) • Führungsaufgaben und Personaldienstleistungen • Finanzdienstleistungen wie Broker oder Dealer Services, Investment Adviser oder

Investment Banking Services • Rechtsberatung und Dienstleistungen eines Experten, die nicht im Zusammenhang

mit der Prüfung stehen • Weitere Dienstleistungen, die durch die Aufsichtsbehörde (PCAOB)82 verboten

werden Momentan besteht in der Praxis noch eine grosse Unsicherheit, ob die Due Diligence als Dienstleistungen eines Experten, die nicht im Zusammenhang mit der Prüfung stehen, zu qualifizieren sind und dadurch nicht den Revisionskunden der Prüfungsgesellschaften angeboten werden dürfen. Hier wird mit grossem Interesse die SEC-Interpretation dieser

80 Vgl. 2.3.2 Die Einordnung der Due Diligence in die Assurance Services. 81 TREUHAND-KAMMER, 2002, 10 f.; Sarbanes-Oxley Act Section 201. Mehrheitlich waren diese Dienstleistungen für

Revisionskunden schon bisher von der SEC und anderen Regulatoren wie IFAC oder EU verboten oder eingeschränkt. TREU-HAND-KAMMER, 2002, 10. Für die bestehende Regelung in der Schweiz vgl. TREUHAND-KAMMER, 2001, 12 ff.

82 Das durch die Sarbanes-Oxley Act neu geschaffene Aufsichtsgremium über die Prüfungsgesellschaften wird als Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) bezeichnet.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 32

verbotenen Dienstleistungen erwartet.83 Momentan herrscht die von der SEC tolerierte Praxis, dass die Due Diligence durch die Revisionsgesellschaft durchgeführt werden darf, sofern das Audit Committee des Revisionskunden damit einverstanden ist. Für Schweizerische Unternehmen und Prüfungsgesellschaften, die Unternehmen prüfen bzw. beraten, die nicht an US-Börsen kotiert sind, gelten nach wie vor die Richtlinien zur Unabhängigkeit der Treuhand-Kammer. Diese Richtlinien enthalten kein generelles Verbot der gleichzeitigen Prüfung und Beratung, setzen aber klare Grenzen. Die Art und das Resultat der Beratung dürfen sich nicht direkt auf die Jahresrechnung niederschlagen. Der Prüfer darf keine Sachverhalte prüfen, bei denen er vorgängig aktiv bei der Beratung mitgewirkt hat. Zudem müssen die Entscheidungsbefugnisse in jedem Fall beim Kunden liegen.84 Da die Due Diligence grundsätzlich nur Empfehlungen zu Risiken und Chancen der Akquisition erarbeitet und keine eigentliche Bewertung der Zielgesellschaft oder ihrer Vermögensgegenstände vornimmt, die sich direkt in der Jahresrechnung niederschlagen könnte, dürfen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, beziehungsweise die jeweiligen Transaction Services-Abteilungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, in der Schweiz nach wie vor die Due Diligence ihren Revisionskunden anbieten, sofern der Kunde oder dessen Muttergesellschaft nicht an einer US-Börse kotiert ist. 2.3.3 Anlässe einer Due Diligence Grundsätzlich wird eine Due Diligence immer dort durchgeführt, wo zwei oder mehrere Parteien eine vertragliche Bindung eingehen wollen, deren Konsequenzen aufgrund von asymmetrischen Informationen hinsichtlich der gegenwärtigen Tatsachen oder der zukünftigen Entwicklung unsicher sind.85 Insbesondere bei den folgenden Anlässen wird in der Praxis in der Regel eine Due Diligence durchgeführt:86

• Kauf bzw. Verkauf eines Unternehmens oder von Unternehmensteilen • Initial Public Offerings (IPO) auf Verlangen der Konsortialbanken

83 BOURQUI & BLUMER, 2002, 22. 84 MÜLLER, 2002, 25; vgl. auch TREUHAND-KAMMER, 2001, 12 ff. 85 BERENS & STRAUCH, 1999, 13. 86 SCOTT, 2001a, 14 ff.; GINTENREITER, 2002, 10 f.; BERENS & STRAUCH, 1999, 13 f.; KOCH & WEGMANN, 1998, 14 ff.;

RUPPEN, 2001, 20.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 33

• Prospekte bei öffentlichen Übernahmeangeboten (sog. takeover bid oder tender offer) • Bonitätsprüfung bzw. Fremdkapitalaufnahme bei Banken • Management Buy-Out, Management Buy-In • Sanierungen • Vergabe von Eigenkapital für Venture Capital-Finanzierungen • Joint Ventures • Umstrukturierungen, Spaltungen, Spin-off • Verschmelzungen, Vermögensübertragungen oder Umwandlungen • Gesellschaftsrechtliche Schiedsverträge • Privatisierung der öffentlichen Hand • Enteignung durch die öffentliche Hand • Erbauseinandersetzungen, Scheidungsverfahren • Ausscheiden eines Gesellschafters.

Die häufigsten Anlässe der Due Diligence sind in der Praxis insbesondere Akquisitionen von Unternehmen oder Unternehmensteilen, aber auch Initial Public Offering (IPO), Management Buy-Outs oder die Aufnahme von Eigenkapital- oder Fremdkapital bei Dritten. Aufgrund der für die vorliegende Arbeit festgelegten Definition von Due Diligence beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die Due Diligence bei Akquisitionen von Unternehmen.87 2.3.4 Überblick über die Bestandteile der Due Diligence Durch die Due Diligence soll ein potentieller Käufer in die Lage versetzt werden, die Chancen und Risiken in allen wesentlichen Bereichen der Zielgesellschaft einzuschätzen. Je nach den spezifischen Eigenarten der Zielgesellschaft und deren Branche sind unterschiedli-che Bereiche der Zielgesellschaft für die Due Diligence von Bedeutung. Es ist offensicht-lich, dass bei einem Fabrikationsunternehmen andere Schwerpunkte als bei einem Dienst-leistungsunternehmen bei der Due Diligence gesetzt werden müssen. Aber auch bei Unternehmen in der gleichen Branche mit ähnlichen Produkten können unterschiedliche Bereiche für die Due Diligence relevant sein. Im Folgenden werden die grundsätzlichen Bestandteile einer Due Diligence aufgezeigt, die je nach den konkreten Gegebenheiten der Zielgesellschaft bei der Due Diligence stärker oder schwächer gewichtet werden müssen.

87 Vgl. 2.3.1 Der Begriff der Due Diligence.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 34

Es können grundsätzlich sieben verschiedene Bestandteile der Due Diligence unterschieden werden, die je nach den spezifischen Gegebenheiten der Zielgesellschaft und den Informati-onsbedürfnissen des Käufers in ihrer Gewichtung innerhalb der gesamten Due Diligence variieren. Die Due Diligence besteht jedoch praktisch immer aus einer finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Due Diligence. Sie bilden eine Art von Basis-Bestandteilen der Due Diligence.88 Je nach Informationsbedarf des Käufers können die Basis-Bestandteile durch weitere Bestandteile wie beispielsweise die ökologische oder Human Resource Due Diligence ergänzt werden. Umfasst die Due Diligence alle sieben Bestandteile, wird dies als eine Full Scope Due Diligence bezeichnet, dagegen beinhaltet eine so genannte Limited Scope Due Diligence nur ausgewählte Bestandteile.89 Die Bestandteile der Due Diligence lassen sich folgendermassen graphisch zusammenfas-sen:90 Abb. 2-4: Die Bestandteile der Due Diligence Quelle: Eigene Darstellung

Die einzelnen Bereiche der Due Diligence dürfen keinesfalls isoliert von den anderen Bestandteilen durchgeführt werden, denn durch eine isolierte Betrachtungsweise besteht die

88 Die Basis-Bestandteile werden in der Fachliteratur auch häufig als klassische Due Diligence bezeichnet. 89 BLÖCHER, 2001, 34. 90 CANEPA, 1998, 12; LANG, 2002, 49 ff.

Technische

Due Diligence

Human Resource

Due Diligence

Ökologische Due Diligence

Kommerzielle Due Diligence

Finanzielle Due Diligence

Rechtliche Due Diligence

Steuerliche

Due Diligence

Spezifische Ausrichtung

der Due Diligence

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 35

Gefahr, dass wesentliche Risiken übersehen werden. Die Gefahr der isolierten Betrach-tungsweise entsteht insbesondere dadurch, dass in der Praxis die einzelnen Bereiche der Due Diligence durch verschiedene Berater-Teams ausgeführt werden. Es ist daher sehr wichtig, dass ein regelmässiger Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Teams durch die Projektleitung organisiert wird.91

2.3.4.1 Die kommerzielle Due Diligence

Im Rahmen der finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Due Diligence werden hauptsäch-lich die Vergangenheit und Gegenwart der Zielgesellschaft analysiert. Ein wirklicher Zukunftsbezug ist nicht gegeben: der zukünftige Wettbewerb und die zukünftige Marktent-wicklung bleiben in der Betrachtung aussen vor.92 Die Experten der finanziellen Due Diligence stützen ihre Analysen auf die Jahres- und Planrechnungen sowie unternehmensin-terne Finanzdaten. Dabei werden die zukunftsgerichteten Businesspläne hauptsächlich nur auf die Plausibilität aufgrund der Vergangenheitszahlen und auf die Übereinstimmung mit den Aussagen des Managements überprüft.93 Um jedoch das zukünftige Ertragspotential einschätzen zu können, sollte ergänzend eine kommerzielle Due Diligence durchgeführt werden. Die kommerzielle Due Diligence stellt eine markt- und umfeldorientierte Unternehmensana-lyse der Zielgesellschaft dar.94 Dabei werden im Rahmen einer internen Unternehmensana-lyse wichtige intern verfügbare Informationen mit Fokus auf die marketingrelevanten Bereiche mit den Anforderungen des Marktes verglichen und Synergiepotentiale mit dem Käuferunternehmen ermittelt. Anhand einer externen Unternehmensanalyse werden die Wettbewerbsposition der Zielgesellschaft, die zukünftige Entwicklung der Nachfrage nach den angebotenen Produkten sowie mögliche Substitutionsprodukte analysiert.95 Grundsätzlich können die Ziele der kommerziellen Due Diligence anhand der folgenden Punkte zusammengefasst werden:96

91 CANEPA, 1998, 12 f. 92 SEBASTIAN et al., 1999, 294; PRESCHERN & WINTERSBERGER, 2002, 106. 93 PRESCHERN & WINTERSBERGER, 2002, 106 f. 94 CANEPA, 1998, 18. In der Fachliteratur wird die kommerzielle Due Diligence teilweise auch als Market Due Diligence (MDD)

oder Wirtschaftliche Due Diligence bezeichnet. 95 SEBASTIAN et al., 1999, 295. 96 SEBASTIAN et al., 1999, 295; PRESCHERN & WINTERSBERGER, 2002, 108. Für eine Frageliste bezüglich Markt- und

Produktanalyse vgl. CANEPA, 1998, 18.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 36

• Die Ermittlung der Wettbewerbsposition der Zielgesellschaft • Die Abschätzung der Zukunftsträchtigkeit des Marktes • Die Einschätzung des Synergiepotentials.

Ein bekanntes Instrument für eine strukturierte Beurteilung der Wettbewerbsposition der Zielgesellschaft ist die so genannte SWOT-Analyse.97 Sie analysiert die unternehmensinter-nen Stärken und Schwächen sowie die unternehmensexternen Chancen und Gefahren, welche zusammen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung bestimmen.98 Abb. 2-5: SWOT-Analyse Quelle: PRESCHERN & WINTERSBERGER, 2002, 109 f.

Ein weiteres häufig verwendetes Instrument zur strukturierten Analyse der Wettbewerbssi-tuation einer Zielgesellschaft bildet die Wettbewerbsvorteilsmatrix. Dabei werden in einem ersten Schritt die wichtigsten kritischen Erfolgsfaktoren einer Branche durch Gespräche mit

97 SWOT ist die englische Abkürzung für Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats. 98 PRESCHERN & WINTERSBERGER, 2002, 109 f.

Unternehmensinterne Einflüsse

Wettbewerbssituation der Zielgesellschaft

Beispiele für Stärken: - Technisches Know-how - Qualifikation des Personals - Guter Ruf bei Kunden - Qualität der Produkte - etc.

Beispiele für Schwächen: - Geringe Bekanntheit - Ineffiziente Distribution - Teure Produktion - Design der Produkte - etc.

Beispiele für Chancen: - Neue Markttrends - Neue Produkte - Neue Werbeformen - etc.

Beispiele für Gefahren: - Technologiewechsel - Rechtliche Rahmen- bedingungen ändern - Preisdruck durch Wettbewerber - etc.

Schwächen Stärken

Chancen Gefahren

Unternehmensexterne Einflüsse

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 37

Führungskräften und externen Branchenexperten sowie durch die generelle Analyse von Brancheninformationen identifiziert. Die kritischen Erfolgsfaktoren werden in einem zweiten Schritt aufgrund ihres Relevanzgrades für den spezifischen Wettbewerb der Branche gewichtet. Schliesslich wird bestimmt, wie das Unternehmen im Vergleich mit der Konkurrenz hinsichtlich dieser Erfolgsfaktoren abschneidet.99 Die Ergebnisse der Analysen werden durch die Wettbewerbsvorteilsmatrix visualisiert: Abb. 2-6: Beispiel für eine Wettbewerbsvorteilsmatrix Quelle: SEBASTIAN, 1999, 303; PRESCHERN & WINTERSBERGER, 2002, 112.

Die im rechten oberen Quadranten der Graphik eingezeichneten Erfolgsfaktoren sind primär für den Wettbewerb in der Branche von grosser Bedeutung. Die Zielgesellschaft besitzt bei diesen Erfolgsfaktoren einen wichtigen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Dagegen kann die Zielgesellschaft bei den wichtigen Erfolgsfaktoren im linken oberen Quadranten nicht mit der Konkurrenz mithalten, was einen Wettbewerbsnachteil zur Folge hat. So besitzt beispielsweise die Unternehmung in der obigen Darstellung einen Wettbewerbsnachteil durch zu hohe Preise, ist jedoch hinsichtlich der Qualität ihrer Produkte der Konkurrenz überlegen.

99 PRESCHERN & WINTERSBERGER, 2002, 112; SEBASTIAN et al., 1999, 300.

Erfolgsfaktoren: 1. Preis 2. Qualität 3. Termintreue 4. Bedienungs-

freundlichkeit 5. Qualität des Kunden-

dienstes 6. Grösse des Produkt-

sortiments

Relative Leistung im Vergleich zur Konkurrenz

Rel

ativ

e W

icht

igke

it fü

r de

n W

ettb

ewer

b

Nachteil Vorteil gross

klein schlecht gut

2 1

3 4

5

6

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 38

In welchem Ausmass die Wettbewerbssituation der Zielgesellschaft im Rahmen der kommerziellen Due Diligence untersucht werden muss, hängt hauptsächlich von den Branchenkenntnissen des Käufers ab. Ein Finanzkäufer (Financial Buyer, Venture Capitalist oder Private Equity Unternehmen) mit wenig Branchenkenntnissen wird meistens eine tiefgreifende kommerzielle Due Diligence durchführen. Ein strategischer Käufer (Corporate Buyer), der bereits in derselben oder in einer verwandten Branche tätig ist, wird nur eine oberflächliche kommerzielle Due Diligence benötigen.

2.3.4.2 Die finanzielle Due Diligence

Das Ziel der finanziellen Due Diligence ist es, die finanziellen Risiken zu identifizieren sowie das zukünftige Ertragspotential der Zielgesellschaft einzuschätzen.100 Für die Einschätzung der finanziellen Risiken werden in der Regel die Jahres- und teilweise Quartalsabschlüsse der letzten zwei bis drei Geschäftsjahre sowie die interne Berichterstat-tung der vergangenen Geschäftsjahre herangezogen.101 Die Vergangenheitszahlen bilden die Grundlage, um das zukünftige Ertragspotential zu beurteilen und die durch die Zielgesell-schaft in die Zukunft projektierte Entwicklung in den Planungsrechnungen und Budgets auf ihre Plausibilität zu prüfen.102 Grundsätzlich können die Untersuchungsbereiche der finanziellen Due Diligence folgen-dermassen zusammengefasst werden:103

• Die Grobanalyse der kommerziellen Situation der Zielgesellschaft: Vor der eigentlichen finanziellen Due Diligence muss ein allgemeines Verständnis für die kommerzielle Tätigkeit und das Marktumfeld der Zielgesellschaft aufgebaut werden, um einen ersten Einblick über mögliche Risikobereiche der Zielgesellschaft zu gewinnen.

100 LANG, 2002, 50. 101 KOCH & WEGMANN, 1998, 102; NIELAND, 2001, 63. 102 NIELAND, 2001, 64. 103 CANEPA, 1998, 12 ff.; LANG, 2002, 50.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 39

• Die Analyse der historischen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gemäss den tatsächlichen Verhältnissen (true & fair view): Durch die detaillierte Analyse der Bilanzpositionen und der Erfolgsrechnungen der vergangenen Geschäftsjahre können allfällige finanzielle Risiken erkannt werden. Diese finanziellen Daten müssen gegebenenfalls vorgängig um die handelsrechtli-chen Abweichungen hinsichtlich den Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten be-reinigt werden.104

• Die Normalisierung der historischen Betriebsergebnisse (Proforma-Ergebnisse):105

Die Normalisierung beinhaltet die Bereinigung der historischen Betriebsergebnisse von nicht-betrieblichen Einflüssen (non-operating items) und von einmaligen Son-dereinflüssen (non-recurring items).106 Das Ziel der Normalisierung ist es, das nach-haltige operative Geschäftergebnis107 aufzuzeigen. Die Beurteilung der normalisier-ten Proforma Ergebnisse wird auch als die Analyse der Qualität des Erfolges (quality of earnings) bezeichnet.108 Einmalige Sondereinflüsse ergeben sich beispielsweise durch Änderungen in der Rechnungslegung, Unfälle und Naturkatastrophen, Streiks, Restrukturierungen, Prozesskosten und Bussen, einmalige Wertberichtigungen auf dem Anlagevermögen (impairment), Gewinne oder Verluste aus dem Verkauf von Anlagevermögen, Einflüsse aus nicht mehr weiter geführten oder verkauften Ge-schäftsteilen (discontinued operations) oder durch die Auflösung von Rückstellungen aus früheren Perioden. Ausserdem werden meistens bei Unternehmensteilen oder Zielgesellschaften, die in einem Konzern eingebunden sind, die internen Kosten pauschal ermittelt und be-lastet. Entsprechen die pauschalen Kosten nicht einer verursachergerechten Belas-

104 KOCH & WEGMANN, 1998, 103 f. 105 Proforma Ergebnisse sind grundsätzlich Ergebnisse nach unternehmenseigenen Definitionen. KLEY & VATER, 2003, 1. Im

Rahmen der finanziellen Due Diligence werden Proforma Ergebnisse als die ordentlichen Ergebnisse nach der Korrektur von nicht-betrieblichen und Sondereinflüssen (sog. Normalisierung) definiert.

106 KOCH & WEGMANN, 1998, 103 f. „Normalization is the term applied to the process of estimating normal operating earnings for each period“. WHITE et al., 1997, 948.

107 In der Literatur wird das nachhaltige operative Geschäftsergebnis auch als earning power, economic earnings, sustainable earnings oder maintainable earnings bezeichnet.

108 Für den Begriff der quality of earnings gibt es in der Fachliteratur keine einheitliche Definition. Die Qualität des Erfolges ergibt sich aus dem Ausmass, inwieweit sich der Erfolg aus Cash- oder Non-Cash Vorfällen, wiederkehrenden oder einmaligen Vorfälle und Schätzungen zusammensetzt. Je grösser die Sicherheit des gegenwärtigen Erfolges (wie beispielsweise grosser Cash-Anteil des Erfolges und grösstenteils wiederkehrende Vorfälle), desto höher ist die Qualität des Erfolges. DELOITTE & TOUCHE, 2002, 2. In der vorliegenden Arbeit wird die Sichtweise eines potentiellen Käufers eingenommen, welcher den vergangenen und zukünftigen nachhaltigen Erfolg einschätzen will. Die Qualität des Erfolges kann dann als hoch bezeichnet werden, wenn der nachhaltige zukünftige Erfolg zuverlässig eingeschätzt werden kann.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 40

tung, sind die Korrekturen ebenfalls im Rahmen der Normalisierung zu berücksichti-gen.109

Werden die normalisierten Proforma Ergebnisse durch den Verkäufer vorbereitet, muss die Normalisierung durch die finanzielle Due Diligence kritisch hinterfragt werden. Häufig bezweckt der Verkäufer durch eine grosszügige Normalisierung der Betriebsergebnisse, die Profitabilität der Zielgesellschaft auf der Basis von Proforma Ergebnissen wesentlich besser darzustellen, als sie in den ordentlichen Abschlüssen ausgewiesen wurde.110

• Die Beurteilung des Budgets und des Businessplanes:

Das Budget und der Businessplan werden auf der Grundlage der normalisierten nachhaltigen Betriebsergebnisse der vergangenen Geschäftsjahre auf ihre Plausibili-tät überprüft. Dabei gilt es, das zukünftige Ertragspotential der Zielgesellschaft ein-zuschätzen.

• Die Beurteilung von Informations- und Kontrollsystemen:

Durch die finanzielle Due Diligence muss überprüft werden, ob das Management-Informationssystem (MIS) alle für die Unternehmensführung relevanten Daten in transparenter und nachvollziehbarer Form liefern und das interne Kontrollsystem (IKS) eine effiziente Kontrolle der betrieblichen Prozesse gewährleisten kann.111

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die finanzielle Due Diligence eine ausgewogene Beurteilung der gegenwärtigen und zukünftigen Risiken der Zielgesellschaft beinhalten soll, um dem Käufer eine taugliche und nachvollziehbare Basis für die Akquisi-tionsentscheidung an die Hand zu geben.112

109 BREBECK & BREDY, 1999, 233. 110 Darum bezeichnete Standard and Poor’s provokativ das normalisierte Proforma Ergebnis als EBBS oder Earnings Before Bad

Stuff. CICCONE, 2003, 3. 111 LANG, 2002, 62 f.; Gemäss den neuen Regelungen des Sarbanes-Oxley Acts (Section 404) muss das Management eines SEC

Registrants, die Verantwortung für die Schaffung und Pflege eines angemessenen Internen Kontrollsystems (IKS) im Jahresab-schluss bestätigen und die Wirksamkeit beurteilen. Dadurch ergibt sich bei Unternehmenstransaktionen schon in der Phase der Due Diligence die erhöhte Notwendigkeit, das IKS der Zielgesellschaft sorgfältig zu beurteilen und die Planung des IKS für die Integration einzuschätzen. BERTISCHINGER & SCHAAD, 2002, 886; vgl. dazu auch Sarbanes-Oxley Act, Section 404 und MERKL, 2003, 1045 ff.

112 LANG, 2002, 64.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 41

2.3.4.3 Die rechtliche Due Diligence

Die Durchführung einer rechtlichen Due Diligence ist für die gesamte Unternehmensanalyse von grosser Bedeutung, da hinsichtlich des Wertes der Zielgesellschaft entscheidende Faktoren auf rechtlichen Grundlagen basieren und von deren Rechtmässigkeit und Bestand abhängig sind.113 Die durch eine rechtliche Due Diligence zu analysierenden Risiken lassen sich grundsätzlich fünf verschiedenen Bereichen zuordnen:114

• Gesellschaftsrechtliche Risiken: Die Statuten, das Organisationsreglement, die gültige Gründung der Gesellschaft so-wie deren Eintragung ins Handelsregister werden durch die rechtliche Due Diligence überprüft. Des Weiteren sind insbesondere die Beteiligungsverhältnisse zu untersu-chen und abzuklären, ob die angebotenen Anteile der Zielgesellschaft frei übertrag-bar oder möglicherweise belastet sind.115 Schliesslich müssen auch vertragliche Be-ziehungen zu Tochtergesellschaften wie beispielsweise Beherrschungs- oder Ge-winnabführungsverträge sorgfältig analysiert werden.116 Wichtige Informationen zu gesellschaftsrechtlichen Aspekten können meistens aus den Protokollen der General-versammlung, der Verwaltungsrats- und der Geschäftsleitungssitzungen gewonnen werden, sofern diese Dokumente im Datenraum zur Verfügung gestellt werden.117

• Vermögensrechtliche Risiken: Das Vermögen der Zielgesellschaft ist auf dessen rechtlichen Bestand zu überprüfen. Anhand der Grundbuchauszüge gilt es beispielsweise bei den Immobilien zu untersu-chen, inwieweit sie rechtlich belastet sind.118 Zu den Vermögenswerten gehört auch das geistige Eigentum, welches durch Patente, Lizenzen, Marken oder durch andere Schutzrechte gegenüber der Konkurrenz geschützt ist.119 Hierbei ist insbesondere zu prüfen, wie lange der entsprechende Schutz noch besteht.120

113 KOCH & WEGMANN, 1998, 93. 114 KOCH & WEGMANN, 1998, 93 ff.; FELLNER et al., 2002, 89 ff. 115 Beispielsweise eine frühere Verpfändung der Aktien durch einen Hauptaktionär zur Sicherstellung eines privaten Darlehens oder

ein früher eingeräumtes Kauf- bzw. Vorkaufsrecht an den zum Verkauf stehenden Aktien. Gegenseitige Kauf- oder Vorkaufsrech-te an Aktien werden häufig in Aktionärbindungsverträgen zwischen einzelnen Aktionären eingeräumt. Vgl. BÖCKLI, 1993, 475 ff.

116 KOCH & WEGMANN, 1998, 93 f. 117 FELLNER et al., 2002, 90. 118 Gemäss ZGB Art. 730 ff. sind dies Grunddienstbarkeiten, Grundlasten und Grundpfänder bzw. Hypotheken. 119 CANEPA, 1998, 16. 120 KOCH & WEGMANN, 1998, 94 f. Zur Problematik der Übertragung von Immaterialgüterrechten innerhalb eines Asset Deals

vgl. FELLNER et al., 2002, 98.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 42

• Vertragsrechtliche Risiken:

Die rechtliche Due Diligence befasst sich mit allen für die Unternehmung bedeuten-den vertraglichen Vereinbarungen mit Kunden, Lieferanten, Wettbewerbern und Mitarbeitern, welche wesentliche Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage des Unternehmens haben können. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, inwieweit wichtige Verträge Bestimmungen enthalten, die bei einem Eigentümer-wechsel einen Kündigungsvorbehalt vorsehen (change-of-control clause).121 Häufig müssen auch Verträge mit verbundenen Unternehmen kritisch beurteilt werden. Die-se Vertragsverhältnisse können häufig nachteilig sein, müssen aber dennoch fortge-führt werden. Oder sie sind besonders vorteilhaft, können aber nicht übernommen werden. Schliesslich sind auch die Arbeitsverträge mit dem leitenden Management auf deren Konditionen, Kündigungsfristen und Abfindungsregelungen bei einer Kün-digung zu durchleuchten.122

• Eventualrisiken:

Darunter fallen insbesondere die Analyse von Gewährleistungs- und Garantieverein-barungen für bereits erfolgte Lieferungen, Produkthaftung, latente Schadenersatzfor-derungen aus Verträgen, die nach der Akquisition der Unternehmung gekündigt wer-den sollen, Bürgschaften, Patronatsvereinbarungen, Rangrücktrittserklärungen, Pfandbestellungen und Eigentumsvorbehalte.123 Diese Eventualrisiken können we-sentliche finanzielle Konsequenzen haben und müssen ebenfalls im Rahmen der fi-nanziellen Due Diligence sorgfältig eingeschätzt werden.

• Prozessuale Risiken: Die Risiken aus laufenden Aktiv- und Passivprozessen oder administrativen Verfah-ren sind mit Hilfe der Rechtsabteilung und den Prozessanwälten der Zielgesellschaft einzuschätzen. Ausserdem müssen sie bei der finanziellen Due Diligence bei der Be-urteilung der Rückstellungen berücksichtigt werden.124

Im Vergleich zum anglo-amerikanischen Rechtssystem neigt die M&A-Praxis des kontinen-taleuropäischen Rechtssystems grundsätzlich zu einem kürzeren Gewährleistungskatalog in

121 VON DER CRONE et al., 2003, 9. 122 KOCH & WEGMANN, 1998, 95 ff. 123 KOCH & WEGMANN, 1998, 96 f.; CANEPA, 1998, 16. 124 KOCH & WEGMANN, 1998, 98; CANEPA, 1998, 16.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 43

den jeweiligen Vertragswerken. Die Haftung des Verkäufers wird dabei für die im Rahmen der Due Diligence offen gelegten Informationen ausgeschlossen.125 Es liegt daher einerseits im Interesse des Käufers eine möglichst umfangreiche Einsichtnahme in die Unterlagen der Gesellschaft zu erlangen. Andererseits will auch der Verkäufer alle wesentlichen Umstände offen legen, um die Gewährleistung auszuschliessen. Für Beweiszwecke wird daher häufig zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart, dass die offengelegten Datenraum-Unterlagen nach Vertragsabschluss notariell verwahrt werden.126

2.3.4.4 Die steuerliche Due Diligence

Das Ziel der steuerlichen Due Diligence ist eine gründliche Analyse von steuerlichen Schwachstellen und möglichen steuerlichen Risiken. Basierend auf den Erkenntnissen der steuerlichen Due Diligence kann der Käufer die allfälligen steuerlichen Risiken in den Vertragsverhandlungen absichern und eine optimale steuerliche Transaktionsstruktur konzipieren.127 Zur Quantifizierung der steuerlichen Risiken sind alle für die direkten Steuern noch nicht rechtskräftigen Veranlagungszeiträume zu analysieren und die Risiken von Steuernachbe-lastungen einzuschätzen.128 Die eingeschätzten Steuernachzahlungen sind mit den vorhan-den Steuerrückstellungen zu vergleichen. Dabei ist die Beurteilung der Steuerrückstellungen mit der finanziellen Due Diligence zu koordinieren. Grundsätzlich können in der Praxis zwei Risikobereiche für Steuernachzahlungen unter-schieden werden:

• Den ersten Risikobereich bilden mögliche verdeckte geldwerte Vorteile. Darunter fallen verdeckte Gewinnausschüttungen und Gewinnvorwegnahmen. Verdeckte geldwerte Vorteile liegen dann vor, wenn Aktionäre oder andere der Gesellschaft bzw. den Aktionären nahestehende Personen und Unternehmen in den Genuss von Leistungen der Gesellschaft kommen, die einem Fremdvergleich nicht standhalten (Arm’s-length-Prinzip).129 Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung wird die Er-

125 Zur Gewährleistung beim Unternehmenskauf vgl. MERKT, 1995, 1041 ff. 126 FELLNER et al., 2002, 84. 127 KECKER, 2001, 92. 128 UNGER et al., 2002, 66; CANEPA, 1998, 17. 129 UNGER et al., 2002, 67.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 44

folgsrechnung der Gesellschaft durch Vorgänge mit Aktionären und nahestehenden Personen und Unternehmen in unzulässiger Weise belastet. Bei einer Gewinnvor-wegnahme werden Vermögenszugänge, auf welche die Gesellschaft Anspruch hätte, vorenthalten.130 Die verdeckten geldwerten Vorteile zulasten der Erfolgsrechnung sind steuerlich unzulässig und werden bei der Veranlagung durch die Steuerbehörde zum steuerbaren Gewinn hinzugerechnet.131 Sie unterliegen ausserdem wie die offe-nen Gewinnausschüttungen der Verrechnungssteuerpflicht.132

• Liegt der steuerlich massgebende Buchwert der Aktiven über dem Buchwert der

Handelsbilanz, bestehen stille Reserven, die steuerlich nicht anerkannt werden. Die Veränderung dieser steuerlich nicht akzeptierten stillen Reserven bzw. die steuerlich nicht akzeptierten Abschreibungen werden durch die Steuerbehörde dem steuerbaren Gewinn der entsprechenden Veranlagungsperiode hinzugerechnet.133 In der steuerli-chen Due Diligence gilt es, das Risiko einzuschätzen, inwieweit steuerlich nicht ak-zeptierte Abschreibungen zu Steuernachbelastungen führen können.

In der Praxis beinhaltet häufig der Bereich der Mehrwertsteuer erhebliche steuerliche Risiken, die durch die steuerliche Due Diligence eingeschätzt werden müssen. Die mehrwertsteuerlichen Risiken ergeben sich hauptsächlich durch die ungenügende Erfüllung von Dokumentationspflichten für die Steuerbefreiung oder den Vorsteuerabzug, die dadurch nicht geltend gemacht werden können.134 Nachdem die steuerliche Situationsanalyse abgeschlossen ist und die wichtigsten Risiken identifiziert wurden, kann die steuerliche Transaktionsstruktur durch den Käufer geplant werden. Dabei sind insbesondere den folgenden Punkten im Zusammenhang mit der steuerlichen Transaktionsstruktur Rechnung zu tragen:

• Verlustvorträge: Die Verlustvorträge der Zielgesellschaft, die mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden, können grundsätzlich nur im Rahmen eines Share Deals auf den Käufer ü-

130 HÖHN & WALDBURGER, 2001, 436 f.; KOCH & WEGMANN, 1998, 99; CANEPA, 1998, 17. 131 RICHNER et al., 2003, Art. 58 N. 78 und Art. 58 N. 124. 132 HÖHN & WALDBURGER, 2001, 524 f. 133 HÖHN & WALDBURGER, 2001, 441. 134 BREBECK & BREDY, 1999, 243 f.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 45

bertragen werden. Bei einem Asset Deal verbleiben die Verlustvorträge bei der ver-kaufenden Gesellschaft.135

• Kaufpreisabschreibung: Die Steuerbelastung der erwarteten zukünftigen Erträge kann dadurch vermindert werden, dass der investierte Kaufpreis möglichst der Abschreibung zugänglich ge-macht wird.136 Die möglichen Kaufpreisabschreibungen sind abhängig davon, ob ein Share Deal oder ein Asset Deal durchgeführt wird. Bei einem Asset Deal können die gekauften Vermögenswerte zum Anschaffungswert bilanziert und über deren Nut-zungsdauer abgeschrieben werden. Dagegen kann bei einem Share Deal im steuerlich relevanten handelsrechtlichen Einzelabschluss der Muttergesellschaft nur eine Wert-berichtigung der Beteiligung vorgenommen werden, wenn der innere Wert bzw. das anteilige Eigenkapital der Beteiligung unter den bisherigen Buchwert sinkt.137

• Kaufpreisfinanzierungskosten: Die Kosten zur Finanzierung des Kaufpreises bzw. die Zinsaufwendungen können in der Schweiz grundsätzlich steuerlich geltend gemacht werden, soweit die Zinsen ei-nem Drittvergleich standhalten bzw. im Rahmen der von der Eidgenössischen Steu-erverwaltung publizierten Richtsätze liegen, und das Fremdkapital nicht als verdeck-tes Eigenkapital qualifiziert werden kann.138 Insbesondere im Kontext einer Über-nahme durch ausländische Investoren ist abzuklären, ob die Finanzierungskosten für die ausländische Investition im Domizilstaat des Käufers steuerlich abzugfähig sind (beispielsweise sind die Finanzierungskosten in Deutschland nicht abzugsfähig). Je nach effektiver Steuerbelastung ist zusätzlich zu untersuchen, ob es aufgrund des hö-heren Steuerersparnispotentials nicht sinnvoller ist, die Finanzierungsaufwendungen in den Staat der Investition zu verlagern.139

Die Bedeutung der steuerlichen Due Diligence wird häufig unterschätzt, jedoch sind es in der Praxis oft die steuerlichen Risiken, die den Abschluss einer Transaktion gefährden können.

135 UNGER et al., 2002, 77. In der Schweiz können Verluste aus sieben vorangegangenen Geschäftsjahren mit den zukünftigen

Gewinnen verrechnet werden. DBG Art. 67 Abs. 1; vgl. auch 7.1.2 Der Verlustvortrag. 136 BREBECK & BREDY, 1999, 245. 137 TREUHAND-KAMMER, 1998a, 200; KECKER, 2001, 103 f.; UNGER et al., 2002, 79 f. 138 UNGER et al., 2002, 81. Als verdecktes Eigenkapital wird allfälliges Fremdkapital verstanden, dass wirtschaftlich aber die

Bedeutung von Eigenkapital zukommt. DBG Art. 65; vgl. HÖHN & WALDBURGER, 2001, 490 ff. 139 BREBECK & BREDY, 1999, 246; INTERVIEW mit J. Niederbacher, PwC.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 46

2.3.4.5 Die ökologische Due Diligence

Durch die Durchführung einer ökologischen Due Diligence sollen alle aus der Perspektive der Umwelt resultierenden Haftungsrisiken und Kosten aufgedeckt werden. Dies beinhaltet Risikobetrachtungen beim Umweltschutz in den traditionellen Bereichen Boden, Wasser, Luft und Abfall (Alt- und Neulasten), aber auch eine Analyse des Arbeits- und Sicherheits-schutzes sowie der Produktions- und Betriebsgenehmigungen.140 Die Notwendigkeit und das Ausmass einer ökologischen Due Diligence hängen davon ab, inwieweit die Geschäfts-aktivitäten der Zielgesellschaft umweltrelevant sind. Bei Industrieunternehmen mit Produktionsstätten ist eine komplexe ökologische Due Diligence zu empfehlen. Bei Handelsunternehmen, Banken und Versicherungen besteht die Risikoanalyse grundsätzlich nur aus einer ökologischen Einschätzung allfällig zum Verkauf stehender Immobilien. Die ökologische Due Diligence kann in zwei Phasen unterteilt werden. Die Phase I umfasst eine Standortbesichtigung, Befragung von qualifiziertem Standortpersonal und Aktenein-sicht ohne vertiefende Untersuchung.141 Dabei sollen insbesondere die folgenden kritischen Bereiche auf mögliche Risiken untersucht werden:142

• Kontaminationen von Boden, Bodenluft und Grundwasser • Feste, flüssige und gasförmige Emissionen, Immissionen und Lärmbelastungen • Notwendige behördliche Genehmigungen in den Bereichen Wasserrecht, Gewerbe-

recht und Abfallwirtschaftsrecht • Ökologische Verträglichkeit der Produkte und Produktionsverfahren aus der Sicht

des Marktes bzw. des Konsumenten • Einschätzung der zukünftigen Kosten für notwendige Massnahmen und Investitio-

nen. Aufgrund der allgemeinen Erkenntnisse aus der Phase I werden in der Phase II konkrete Untersuchungen in den kritischen Bereichen vor Ort durchgeführt und der genaue Umfang der erforderlichen Sanierungs- und Verbesserungsmassnahmen erfasst. Die geschätzten Kosten für die erforderlichen Massnahmen müssen bei der Bewertung der Zielgesellschaft und den Kaufpreisverhandlungen einbezogen werden.143 140 KÖNIG & ZORN, 2001, 140. 141 KÖNIG & ZORN, 2001, 141 f. 142 STEINMÜLLER, 2002, 124. 143 BETKO et al., 1999, 335.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 47

Eine ökologische Due Diligence bringt für den Käufer den grössten Nutzen, wenn nicht nur die Altlasten untersucht werden, sondern alle umweltrelevanten Bereiche wie Produktions-prozesse oder Produkte auf mögliche Risiken untersucht werden. Dabei ist abzuschätzen, ob die Prozesse und die Produkte der Zielgesellschaft den zukünftigen Ansprüchen von Anspruchsgruppen, insbesondere der Konsumenten, genügen können. Durch eine solche Betrachtung können die zukünftigen Kosten abgeschätzt und bereits wichtige Informationen für die Integrationsphase gewonnen werden.

2.3.4.6 Die Human Resources Due Diligence

Die Human Resources Due Diligence befasst sich mit dem Faktor Mensch bzw. den personalwirtschaftlichen Fragen einer Zielgesellschaft. Dabei soll die Human Resources Due Diligence über die Beurteilung der Arbeitsverträge und die Analyse der Personalkos-ten, wie dies im Rahmen der rechtlichen und finanziellen Due Diligence durchgeführt wird, hinausgehen. Die so genannten qualitativen bzw. weichen Faktoren der Zielgesellschaft wie beispielsweise die Führungsqualifikation des Managements, Qualifikation der Mitarbeiter, Unternehmenskultur und Loyalität der Mitarbeiter sind für den Erfolg einer Unternehmens-transaktion von entscheidender Bedeutung.144 Die zu analysierenden Bereiche der Human Resources Due Diligence können folgender-massen kategorisiert werden:145

• Personalkosten und Vergütungsstrukturen:

Die geldwerten Zuwendungen einschliesslich der so genannten fringe benefits wer-den auf ihre Marktkonformität und interne Gehaltsgerechtigkeit untersucht.146 Da-durch können wichtige Aufschlüsse über die Personalpolitik gewonnen werden. Teilweise werden die Personalkostenstrukturen von zum Verkauf stehenden Unter-nehmen als zu günstig dargestellt. Dies geschieht häufig dadurch, dass ausserordent-liche Vakanzen bestehen oder minder qualifiziertes Leihpersonal und Freelancer ein-gesetzt werden.

144 ALDERING & FREIIN VON HUTTEN, 1999, 315 f. 145 UNTERKÖFLER, 2002, 128 ff.; CANEPA, 1998, 19. 146 Aufschlüsse über die Unternehmungskultur und Führungsstil können auch durch die Analyse der Spesenregelungen gewonnen

werden. In einigen Unternehmen werden den Mitarbeitern eigene Budgets zur Verfügung gestellt, die eigenverantwortlich verwaltet werden, hingegen sind in anderen Unternehmen die Spesen sehr stark reglementiert. KOCH & WEGMANN, 1998, 88.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 48

• Arbeitsrechtliche Struktur: Die Einzelarbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und Kollektiv- bzw. Gesamtar-beitsverträge sind im Licht des jeweiligen nationalen Arbeitsrechts zu analysieren. Ein grosser Teil des arbeitsrechtlichen Bereiches wird jeweils bereits schon von der rechtlichen Due Diligence abgedeckt.

• Evaluation des Managements:147

Die Evaluation von Führungskräften und Schlüsselpersonen bildet das Kernstück der Human Resource Due Diligence. Durch Interviews mit den Führungskräften werden wichtige Informationen über persönliche und fachliche Stärken und Schwächen, Zie-le, Motivation und über die zu erwartende Loyalität gewonnen. Von grosser Bedeu-tung sind dabei die Veränderungs- und Lernfähigkeit des Managements sowie die Bereitschaft des Managements, in der neuen Unternehmung mitzuarbeiten.148 Dar-über hinaus erhält der Käufer einen tiefen Einblick in die Führungskultur, angewand-ten Führungsinstrumente, Kommunikation und Informationsstil im Unternehmen.149

Durch eine sorgfältige Analyse der weichen Faktoren im Rahmen der Human Resource Due Diligence können wertvolle Informationen für die spätere Integration der Zielgesellschaft gewonnen werden. Diesen weichen Faktoren werden häufig zu wenig Bedeutung beigemes-sen, da sie nicht klar quantifizierbar sind und nicht unmittelbar in die Kaufpreisbewertung einfliessen können. Als Folge davon können beispielsweise völlig unterschiedliche Unternehmenskulturen, die bei der Integration aufeinanderprallen, oder ein grosser Verlust an Know-how durch Kündigungen von Schlüsselpersonen den Erfolg der gesamten Unternehmenstransaktion gefährden.150

2.3.4.7 Die technische Due Diligence

Je nach den spezifischen Eigenheiten der Zielgesellschaft kann es sich als notwendig erweisen, die technologischen Grundlagen zur Herstellung von Produkten oder zur

147 In der Fachliteratur häufig auch als Management-Audits bezeichnet. 148 KOCH & WEGMANN, 1998, 84. 149 Ein Schwerpunkt der Analyse bildet auch das interne Verhalten der Vorgesetzten zu den Untergebenen. Darunter fallen

insbesondere die Art der Problemlösungen, die Kontaktdurchlässigkeit von unten nach oben (beispielsweise eine immer-offene-Tür-Atmosphäre) und der Stil der Geheimhaltung von internen Daten (Daten über Auftrags- und Ertragslage, Gehälter, etc.). KOCH & WEGMANN, 1998, 89.

150 Die kulturelle Due Diligence ist eine Unterart der Human Resource Due Diligence. Vgl. SCOTT, 2001b, 173 ff.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 49

Erbringung von Dienstleistungen eingehender zu untersuchen, als sie allenfalls im Rahmen der kommerziellen oder finanziellen Due Diligence analysiert wurden. Grundsätzlich können die im Rahmen einer technischen Due Diligence zu untersuchenden Bereiche folgendermassen kategorisiert werden:151

• Produkttechnologien: Die Analyse der Produkttechnologien umfasst alle im Produkt sowie in der Produkt- und Leistungsentwicklung enthaltenen Technologien und vergleicht den gegenwärti-gen technologischen Stand mit dem Angebot der Wettbewerber. Eine zusätzliche Analyse der Aktivitäten im Bereich Forschung & Entwicklung (F&E) und der F&E-Einrichtungen kann Aufschluss über die Innovationsfähigkeit der Zielgesellschaft geben.152

• Produktionstechnologien: Die Produktionstechnologie beinhaltet alle im Rahmen der Leistungserstellung an-gewandten und vorhandenen Fertigungs- und Montagetechnologien. Eine Beurtei-lung der Produktionstechnologie umfasst beispielsweise detaillierte Analysen der Be-triebsmittelausstattung, des Qualitätsmanagements, der Arbeitssicherheit und Um-weltschutzes, der Anlagenbewirtschaftung, des Ausbildungsstandes des Personals sowie der Lagerlogistik.

• Informations- und Kommunikationstechnologien: Hierbei sind die vorhandene IT-Struktur, die verwendeten EDV-Systeme und deren Integrationsgrad innerhalb des Unternehmens sowie Informationssysteme mit Kun-den und Lieferanten zu analysieren.

Eine sorgfältige Analyse der technologischen Grundlagen und deren Vergleich mit dem gegenwärtigen allgemeinen Stand der Technik versetzt den Käufer in die Lage, den zukünftigen Investitionsbedarf abzuschätzen. Diese Informationen bilden wichtige Grundlagen für die Bewertung der Zielgesellschaft.

151 DANKL & MÜLLER, 2002, 136 ff.; KOCH & WEGMANN, 1998, 68 ff. 152 Für eine detaillierte Besprechung der möglichen Analysen im F&E-Bereich vgl. BING, 1996, 99 ff.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 50

2.3.4.8 Die Bestandteile der Due Diligence bei Portalen und virtuellen Marktplätzen

Die Due Diligence von Portalen und virtuellen Marktplätzen setzt sich einerseits aus den Basis-Bestandteilen der finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Due Diligence und andererseits aus einer kommerziellen Due Diligence zusammen. Je nach Bedarf wäre in der Praxis die Durchführung einer Human Resources und einer technischen Due Diligence durchaus denkbar. Durch die technische Due Diligence könnten beispielsweise Risiken bezüglich der Funktionsfähigkeit der eingesetzten Software oder der Zuverlässigkeit der Speicherung und Verarbeitung von Kundendaten aufgedeckt werden. Gerade technische Pannen und Schwierigkeiten können dem Ruf eines Portals oder eines virtuellen Marktplat-zes empfindlich schaden, Kunden verärgern und sich letztlich direkt auf den Umsatz und die Profitabilität auswirken.153 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit stehen die kommerzielle, finanzielle, rechtliche und steuerliche Due Diligence im Vordergrund. Auf eine vertiefte Behandlung der Human Resources und der technischen Due Diligence musste daher verzichtet werden. 2.3.5 Die Zusammensetzung des Due Diligence Teams Es werden in der Fachliteratur verschiedene Ansätze für eine ideale Zusammensetzung des Due Diligence Teams unterschieden, die sich grundsätzlich durch den Grad des Einbezugs von externen Spezialisten unterscheiden:154

• Abteilungsansatz: Die Due Diligence wird hauptsächlich durch eine eigene permanente M&A- bzw. Corporate Development-Abteilung der Käufergesellschaft durchgeführt. Je nach den erforderlichen zeitlichen und fachlichen Kapazitäten können weitere interne oder ex-terne Spezialisten hinzugezogen werden.

• Expertenansatz:

Das Due Diligence Team setzt sich aus internen Spezialisten des Käuferunterneh-mens aus verschiedenen Fachabteilungen (wie beispielsweise Finanzen, F&E, Pro-duktion, etc.) zusammen. Bei ungenügenden zeitlichen und fachlichen Kapazitäten werden zusätzlich externe Spezialisten engagiert.

153 Vgl. 4.4.5 Die Systemsicherheit und -verfügbarkeit. 154 KUNZMANN, 2002, 36. Für die Darstellung eines sog. mehrschichtigen Expertensystems für eine Due Diligence vgl. BERENS

et al., 1999a, 128.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 51

• Teamansatz:

Die Due Diligence wird durch ein individuell zusammengesetztes und hoch speziali-siertes Team aus internen und externen Spezialisten durchgeführt, wobei das Team meistens überwiegend aus externen Spezialisten bestehen kann.

Nur für grosse Unternehmen, die oft Unternehmenstransaktionen tätigen, lohnt es sich, eine eigene permanente Akquisitions- bzw. Corporate Development-Abteilung zu unterhalten. Normalerweise stellt das Käuferunternehmen ein Team aus internen Spezialisten zusammen und ergänzt es mit externen Spezialisten. In der Praxis ist der Teamansatz am weitesten verbreitet. Die Verpflichtung von externen Spezialisten ist insbesondere abhängig vom Know-how des Käufers, dem Umfang und der Komplexität der durchzuführenden Due Diligence, Sitzland des Akquisitionsobjekts und allfälligen Tochtergesellschaften sowie Branche der Zielgesellschaft.155 Für die rechtliche Due Diligence sowie die generelle rechtliche Beratung und Unterstützung des Käufers im gesamten M&A-Prozess werden hauptsächlich spezialisierte externe Rechtsanwälte herangezogen. Die finanzielle und steuerliche Due Diligence werden in der Praxis nur selten und bei wenig komplexen Transaktionen durch interne Spezialisten des Käuferunternehmens durchgeführt. Häufig werden erfahrene externe Spezialisten von Prüfungs- und Beratungsgesellschaften für das Team engagiert und teilweise mit internen Spezialisten ergänzt. Die steuerliche Due Diligence wird neben den Prüfungs- und Beratungsgesellschaften auch von Rechtsanwaltskanzleien angeboten. Für die weiteren Bestandteile der Due Diligence können je nach verfügbarem Know-how und zeitlichen Kapazitäten interne Spezialisten oder externe Berater und andere Sachver-ständige herangezogen werden.156 So betraut beispielsweise ein Financial Buyer, der nicht über ein ausgeprägtes Know-how hinsichtlich der spezifischen Branche der Zielgesellschaft verfügt, meistens ein externes Beratungsunternehmen für die Durchführung einer tiefgrei-fenden kommerziellen Due Diligence. Ein Corporate Buyer, der in der gleichen oder in einer verwandten Branche tätig ist, lässt dagegen nur eine kurze kommerziellen Due Diligence durch interne Fachpersonen durchführen.

155 KUNZMANN, 2002, 37. 156 Für das Anforderungsprofil an einen erfahrenen und kompetenten Due Diligence-Berater vgl. CANEPA, 1998, 23.

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2. KAPITEL: DIE DUE DILIGENCE IM M&A-PROZESS 52

Der Projektleiter (in der Praxis ist dies oft jene Person, welche die finanzielle Due Diligence leitet) hat die Aufgabe, die verschiedenen Arbeitsgruppen innerhalb des gesamten Due Diligence Teams zu koordinieren und das Käuferunternehmen über die Erkenntnisse aus der Due Diligence laufend zu informieren.157 Das Käuferunternehmen stellt meistens eine Ansprechperson aus der Geschäftsleitung, meistens der CFO, für das Due Diligence Team zur Verfügung, welcher den direkten Zugang und den Informationsfluss zum Management des Käuferunternehmens gewährleistet.158

157 KUNZMANN, 2002, 37. 158 BERENS et al., 1999a, 127 f.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 53

3 Die Portale und virtuellen B2C-Marktplätze

3.1 Der Oberbegriff des E-Commerce Die Vernetzung und Digitalisierung der Geschäftswelt durch das Internet liess nicht nur neue Märkte, Dienstleistungen und Absatzmöglichkeiten entstehen, sondern veränderte auch unweigerlich die herkömmlichen Strukturen, Wertschöpfungsketten und Geschäftsabwick-lungen der traditionellen Branchen und Märkte.159 Diese Entwicklung der Geschäftswelt wird häufig dem Begriff des E-Commerce zugeordnet. Der Begriff des E-Commerce erfreute sich schon immer einer inflationären Verwendung und wird nach wie vor in Wissenschaft und Praxis uneinheitlich verwendet. Eine eindeutige und allgemein akzeptierte Definition, die auch eine klare Abgrenzung zu verwandten Begriffen ermöglichen würde, hat sich nicht herausgebildet.160 Aufgrund verschiedener Definitionen in der Literatur wurde der vorliegenden Arbeit die folgende allgemeine Definition des Begriffes zugrunde gelegt:161 Unter E-Commerce werden die Anbahnung und Durchführung von Handelsaktivitäten mit Waren, Dienstleistungen und Informationen mit Hilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere durch Nutzung des Internets162, verstanden.163 Der Begriff des E-Commerce kann nicht klar vom Begriff des E-Business abgegrenzt werden. Grundsätzlich umfasst E-Business neben den E-Commerce Transaktionen auch den Austausch von Informationen, die nicht direkt die Durchführung von Handelsaktivitäten zwischen Marktteilnehmern betreffen.164 E-Business erstreckt sich über alle Geschäftspro-zesse innerhalb und ausserhalb eines Unternehmens, wogegen sich E-Commerce direkt auf den kommerziellen Austausch zwischen Unternehmen und Konsumenten bezieht.165 Da in

159 GORA, 2001, 1. 160 HERMANNS, 2001, 16. 161 MERZ, 1999, 18 f.; GORA, 2001, 1; GREENSTEIN & FEINMANN, 2000, 1 f. 162 Zu den wichtigsten elektronischen Infrastrukturen des elektronischen Handels gehören auch die Mobilfunknetze und das

interaktive, digitale Fernsehen. LATZER & SCHMITZ, 2002, 11. In der vorliegenden Arbeit wird nur auf den E-Commerce durch Nutzung des Internets eingegangen.

163 E-Commerce wird in der vorliegenden Arbeit nicht nur als Electronic Shopping bzw. Online-Shopping verstanden, da der Begriff des Shoppings auf den Handel mit Waren beschränkt ist. HERMANNS, 2001, 16 f.

164 GREENSTEIN & FEINMANN, 2000, 2. 165 MERZ, 1999, 17 f. Der Begriff des E-Business wurde erstmals 1997 im Rahmen einer grossen IBM-Kampagne gebraucht.

AMOR, 2000, 7.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 54

der vorliegenden Arbeit die Handelsaktivitäten zwischen Unternehmen und Konsumenten im Vordergrund stehen, wird ausschliesslich der Begriff des E-Commerce verwendet.166

3.2 Merkmale der E-Commerce-Ökonomie Die Begriffe der Informationsgesellschaft und Informationsökonomie können gemäss der einschlägigen Fachliteratur die heutige Wirtschaft nicht mehr ausreichend beschreiben, da die grundlegenden Veränderungen der Gesellschaft und Wirtschaft, ausgelöst durch die digitale Informations- und Kommunikationstechnologie, nicht genügend berücksichtigt werden. Die durch die neuen Medien entstandene Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung wird daher als digitale Netzwerkgesellschaft bzw. Netzwerkökonomie oder Internet-Ökonomie bezeichnet.167 Im Folgenden sollen in einem kurzen Überblick die wichtigsten Merkmale der neuen Ökonomie dargestellt werden, welche als Grundlagen für die Beurteilung der Portale und virtuellen Marktplätze von grosser Bedeutung sind:

• Zeitliche und örtliche Unabhängigkeit: Da auf den Web-Server weltweit von überall, während 24 Stunden am Tag, zugegrif-fen werden kann, wird eine zeitliche und örtliche Unabhängigkeit für den E-Commerce geschaffen. Potentielle Kunden können jederzeit und von überall generel-le Auskünfte einholen oder automatisierte Bestellungen durchführen. Spezifische An-fragen oder Bestellungen können jederzeit durch den Kunden deponiert werden und werden später durch den Anbieter beispielsweise mit Hilfe von Call-Centers oder E-Mail behandelt.168

• Dematerialisierung und Digitalisierung:

„Basis der Internet-Ökonomie ist eine elektronische Infrastruktur, die den Wechsel von physischen Atomen zu digitalen Bits beschleunigt (...).“ Dadurch verlagern sich

166 STÄHLER definiert E-Business folgendermassen: „E-Business schliesst E-Commerce mit ein und integriert mittels neuer Medien

sowohl die Austauschverhältnisse zwischen den Unternehmen und Kunden bzw. Unternehmen und Geschäftspartnern als auch die internen Koordinationsmechanismen.“ STÄHLER, 2001, 54. Bezüglich Abgrenzung des E-Commerce von E-Business vgl. auch PRICEWATERHOUSECOOPERS, 1999, 6.

167 STÄHLER, 2001, 29. Für eine ausführliche Darstellung der verschiedenartigen Definitionen und Abgrenzungen der Begriffe der Informationsgesellschaft und digitalen Netzwerkgesellschaft vgl. STÄHLER, 2001, 28 ff. und LATZER & SCHMITZ, 2002, 66 ff. SCHMID verwendet weiterhin den Begriff der Informationsgesellschaft, welche auf der digitalen Informations- und Kommunikationstechnologie basiert. Das weltweit in verschiedenen Computern gespeicherte Wissen wurde durch die Verbin-dung mit den Netzen der Telekommunikation losgelöst, und es entstand ein global verfügbarer Pool (Internet). Diese ortslos gewordenen Informationsobjekte bilden eine neue Infosphäre. SCHMID, 1999, 72.

168 TIMMERS, 1999, 9 ff.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 55

die physischen Leistungsprozesse in den virtuellen Raum und Bestandteile von Pro-dukten werden digital abgebildet.169 Elektronische Geschäftsbeziehungen ersetzen oder ergänzen klassische Marktbeziehungen und neue Formen von Intermediären wie Portale und virtuelle B2C-Marktplätze entstehen.170

• Angebotsseitige Economies of Scale:

Digitale Geschäftsmodelle weisen gegenüber physikalischen Geschäftsmodellen eine unterschiedliche Kostenstruktur auf. Sie haben einen sehr hohen Fixkostenanteil (sunk costs) bei der Produktion der ersten Kopie des Informationsobjektes oder durch die Entwicklung der Software bzw. Website, auf der das digitale Geschäftsmodell basiert. Dagegen fallen nachher sehr geringe variable Kosten in Bezug auf zusätzli-che Nutzer an.171 Aufgrund dieser Kostenfunktion werden starke Economies of Scale ermöglicht. Dies bedeutet, dass bei steigender Ausbringungsmenge die Durch-schnittskosten der gesamten Produktionsmenge sinken, da über die gesamte mögliche Ausbringungsmenge die Grenzkosten niedriger als die bisherigen Durchschnittskos-ten sind. Bei der Produktion von physischen Gütern steigen beim Erreichen der Ka-pazitätsgrenze die Durchschnittskosten wieder an, wogegen bei der Produktion von Informationsobjekten keine Kapazitätsgrenze besteht. Die optimale Produktionsmen-ge bei digitalen Gütern wird demzufolge nicht durch den Schnittpunkt der Grenz- und Durchschnittkosten bestimmt, sondern nur durch die Nachfrage des Marktes.172

Abb. 3-1: Kostenkurven von digitalen und physikalischen Geschäftsmodellen Quelle: STRÄHLER, 2001, 197.

169 PICOT, 2001a, 1 f. 170 PICOT, 2001b, 16 ff. 171 MUTTER, 2003, 57; STÄHLER, 2001, 197 f. 172 STÄHLER, 2001, 196 ff.

Kosten

Ausbringungsmenge

Durchschnittskosten

Grenzkosten

Kosten

Ausbringungsmenge

Durchschnittskosten

Grenzkosten Kapazitätsgrenze

Digitale Geschäftsmodelle Physikalische Geschäftsmodelle

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 56

• Positive Netzwerkeffekte:

Der Wert einer Gemeinschaft ist abhängig von der Anzahl der Mitglieder. Wird eine kritische Masse an Mitgliedern erreicht, bringt die Gemeinschaft den Mitgliedern ei-nen Wert. Kommt hingegen die kritische Masse an Mitgliedern nicht zustande, hat die Gemeinschaft keinen Wert. Dieser Effekt wird als so genannter positiver Netz-werkeffekt bezeichnet: bei jedem Eintritt eines neuen Mitgliedes in die Gemeinschaft erhöht sich der Nutzen der Gemeinschaft für alle Mitglieder, ohne dass der neue Mit-glieder dafür kompensiert wird. Die Netzwerkeffekte bilden somit eine Art nachfra-geseitige Grössenvorteile bzw. nachfrageseitige Economies of Scale.173 Die Nutzung der Netzwerkeffekte durch den Aufbau eines Kundenstammes sowie durch Kunden-bindung spielen bei Portalen oder virtuellen Marktplätzen eine wichtige Rolle.174

• Positive Rückkoppelungseffekte: Positive Rückkoppelungseffekte ergeben sich dadurch, dass sich die nachfrageseiti-gen positiven Netzwerkeffekte und die angebotsseitigen Economies of Scales einan-der verstärken. So steigt einerseits mit den Nutzerzahlen die Attraktivität einer Ge-meinschaft (Netzwerkeffekt) und andererseits sinkt der Preis für jeden weiteren Nut-zer (Economies of Scales). Dieses Zusammenwirken von wachsender Attraktivität einer Gemeinschaft und sinkender Preise kann zu schnellem Wachstum der Gemein-schaft bzw. des Netzwerkes führen.175

• Dis-Intermediation und Re-Intermediation: In der realen Welt gelangen die Güter über die klassische Kette aus Hersteller, Ex-porteur, Importeur, Grosshandel und Einzelhandel zum Kunden. Die einfache Kom-munikation, welche durch die Internet-Standards wie insbesondere durch das World Wide Web ermöglicht wurde, führte dazu, dass die klassischen Handelsvermittler und -plattformen ausgeschaltet wurden. Die Anbieter und Nachfrager können direkt in eine informative Beziehung treten und individuell den Kauf eines Produktes aus-handeln. Dadurch können auf beiden Marktseiten durch den Wegfall der Handels-

173 SHAPIRO & VARIAN, 1999, 179 ff.; STRÄHLER, 2001, 227. TIMMERS unterscheidet ausserdem zwischen Netzwerk

Externalitäten als Marktineffizienzen, bei denen der Nutzen nicht in den Marktpreisen reflektiert wird, und Netzwerk Effekten, die im Marktpreis berücksichtigt sind. Vgl. TIMMERS, 1999, 17 f. Dagegen machen die meisten Ökonomen zwischen Netzwerkef-fekten und Netzwerk Externalitäten keinen Unterschied. HAES, 2003, 40.

174 Für mögliche Bewertungsansätze gemäss Sarnoff’s, Metcalfe’s und Reed’s Law um abzuschätzen, wie stark der Wert von Netzwerken bzw. Gemeinschaften bei einem Anstieg der Nutzerzahlen steigt, vgl. REED, 2001, 1 ff. und REED, 2003, 2 ff.

175 LATZER & SCHMITZ, 2002, 73.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 57

spannen Transaktionskosten gespart werden. Dieser Prozess der Verkürzung der Ver-triebskette zwischen Anbieter und Nachfrager wird als Dis-Intermediation bezeich-net.176

Durch die exponentielle Vermehrung der Anbieter und Nachfrager am direkten elekt-ronischen Handel wurden die individuellen Handelsmöglichkeiten immer unüber-sichtlicher. Die Ersparnisse in den Transaktionskosten, die durch die Dis-Intermediation erzielt werden konnten, wurden durch eine Steigerung der Suchkosten wieder kompensiert. Die exponentielle Zunahme an potentiellen Handelspartnern und die dadurch entstehende mangelnde Markttransparenz bewirkte, dass eine Intermedi-ation bzw. Re-Intermediation von Handelsvermittlern und -plattformen im elektroni-schen Handel wieder notwendig wurde.177 E-Commerce veränderte somit die traditi-onelle Intermediation zu einer neuen Art der elektronischen Intermediation, wie sie insbesondere durch Portale und elektronische Marktplätze erfüllt wird.178

3.3 Der E-Commerce nach Transaktionsbereichen Die Marktteilnehmer des E-Commerce können grundsätzlich in drei Gruppen unterteilt werden: die Konsumenten, die Unternehmen und die öffentlichen Institutionen. Alle diese Akteure können dabei als Nachfrager oder als Anbieter von Leistungen untereinander in Beziehung treten. Anhand der möglichen Geschäftsbeziehungen zwischen den Marktteil-nehmern kann E-Commerce in verschiedene Transaktionsbereiche eingeteilt werden:179

176 KOLLMANN, 2001, 44; MERZ, 1999, 92 ff. 177 KOLLMANN, 2001, 44 f. 178 MAY, 2000, 90 f.; LATZER & SCHMITZ, 2002, 140. 179 HERMANNS, 2001, 26; MERZ, 1999, 19 ff.; AICPA, 2003d, 4.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 58

Abb. 3-2: Transaktionsbereiche des E-Commerce Quelle: HERMANNS, 2001, 25.

Die Bereiche Consumer-to-Administration (C2A) bzw. Administration-to-Consumer (A2C) und Administration-to-Administration (A2A) fallen nicht in den Bereich E-Commerce, da sie grundsätzlich den Austausch von nicht-kommerziellen Leistungen beinhalten. Aber dennoch gehen von diesen Transaktionsbereichen wichtige zukunftsträchtige Entwicklun-gen aus, wie beispielsweise die elektronischen Steuererklärungen, elektronischen Wahlen oder die nationalen und internationalen Kooperationen von öffentlichen Einrichtungen.180 Die grösste Bedeutung kommt den Bereichen Business-to-Business (B2B) und Business-to-Consumer (B2C) zu. Der E-Commerce im B2B-Bereich kann Transaktionen auf allen Wertschöpfungsstufen zwischen einem Unternehmen und deren Lieferanten umfassen. Durch eine gemeinsame

180 MERZ, 1999, 25.

Consumer-to-Consumer

z.B. Ebay, Internet-Kleinanzeigenmarkt,

QXL Ricardo

Consumer-to-Business

z.B. Anfrage für Dienstleistungen

Consumer-to-Administration

z.B. Online-Steuererklärung von

Privatpersonen

Business-to-Consumer

z.B. Internet Shops, virtuelle Marktplätze,

Portale

Business-to-Business

z.B. E-Plattform zwischen Lieferanten

und Unternehmen

Business-to-Administration z.B. öffentliche Beschaffungs-

verfahren

Administration-to-Consumer

z.B. Abwicklung von Arbeitslosenhilfe

Administration-to-Business

z.B. Beschaffung der Verwaltung

Administration-to-Administration

z.B. Dienst-leistungen zwischen öffentl. Institutionen

Nachfrager der Leistung Consumer Business Administration

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 59

elektronische Plattform wird versucht, die Effizienz durch die schnellere Abwicklung von Prozessen zu steigern und die Kosten zu senken.181 Gegenstand der vorliegenden Arbeit bildet der B2C-Transaktionsbereich im Allgemeinen sowie die Portale und virtuellen Marktplätze im Besonderen. Der B2C-Bereich umfasst grundsätzlich alle Unternehmen, die Waren, Dienstleistungen und Informationen an Privatkunden bzw. Konsumenten über das Internet verkaufen. Dazu gehören nicht nur die Produzenten und Konsumenten, sondern auch allfällige Intermediäre, welche die Parteien zusammenbringen und den Handel organisieren.182

3.4 Das Portal 3.4.1 Begriff und Arten von Portalen Das Internet bildet die weltweit grösste Informationsbibliothek. Es bedarf aber zur Nutzung dieser Informationen sinnvoller Mechanismen, welche die riesige Informationsmenge gemäss den Bedürfnissen der Benutzer eingrenzen können. Solche Mechanismen werden neben weiteren Dienstleistungen durch Portale183 als Einstiegsseiten ins Internet (sog. allgemeine Portale oder Webportale) angeboten.184 Ein Portal zeichnet sich in der Regel durch das Angebot der folgenden Dienstleistungen aus:185

• Informationsdienste: Rund um ein zentrales Thema wird eine Vielzahl von Informationen wie beispiels-weise Wetterberichte, Börsenkurse oder aktuelle Nachrichten angeboten. Die Inhalte werden bei verschiedenen Inhalt-Partnern (Content-Providern) eingekauft und im Portal thematisch gegliedert (z.B. Rubriken wie News, Sport, Unterhaltung, Wirt-schaft).

181 BÖING, 2001, 6. 182 In der Literatur wird häufig die Online-Marktforschung auch unter den B2C-Bereich subsumiert, wird jedoch in der vorliegenden

Arbeit nicht näher behandelt. Vgl. dazu HOLLER, 2001, 235 ff. 183 Der Begriff des Portals soll im Folgenden nur die Portale des B2C-Bereiches umfassen. Auf Portale in den B2B-, A2B- und A2C-

Bereichen wird im Rahmen der Arbeit nicht näher eingegangen. 184 HENNING, 2001, 374; AMOR, 2001, 22. 185 EISENMANN & POTHEN, 2000, 3; ANDERS & BÜCHEL, 2003, 2; CHRIST et al., 2002, 42.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 60

• Suchwerkzeuge: Zu den angebotenen Leistungen gehören in der Regel eine Suchmaschine und thema-tisch geordnete Indizes, wobei häufig nicht eigene Suchmaschinen angeboten, son-dern externe Suchmaschinen im Portal integriert werden.186 Oft werden diese Dienst-leistungen durch weitere spezifische Suchdienste wie beispielsweise Branchenver-zeichnisse, elektronische Telefonbücher oder E-Mail-Verzeichnisse ergänzt.

• Dienste zur Bildung von digitalen Gemeinschaften:

Darunter fallen insbesondere Chat-Räume, Diskussionsforen und Message Boards, Online-Grusskarten, Plattformen für den Austausch von digitalen Fotos oder Partner-vermittlungsdienste.

• Kommerzielle Angebote:

Die Portale beinhalten meistens kommerzielle Angebote wie beispielsweise Shop-ping Kataloge, Auktionen, virtuelle Marktplätze oder Website-Verzeichnisse von Einzelhändlern.

• Kommunikationsdienste:

In den Portalen stehen den Internet-Nutzern häufig Gratis-E-Mail-Services ein-schliesslich persönliche Adressbücher und Gratis-SMS-Versand zur Verfügung.

Die Websites von Unternehmen bieten oft auch einzelne oder sogar alle der oben genannten Funktionen an, um Kunden an das Unternehmen zu binden. Das Portalkonzept unterscheidet sich jedoch aufgrund der folgenden Kriterien von einer gewöhnlichen Website eines Unternehmens:187

• Personalisierbarkeit der Dienstleistungen: Der Benutzer kann das Portal nach seinen individuellen Bedürfnissen und Interessen personalisieren. Dadurch kann die Informationsflut individuell eingegrenzt werden. Neben dem Zugriff auf eine personalisierte Startseite wird den Benutzern auch er-möglicht, spezifische Informationen über WAP, SMS oder E-Mail zu abonnieren.

186 Beispielsweise besteht eine Kooperation zwischen dem Portal T-Online und Google. Der Google-Suchdienst wird dabei im Portal

von T-Online integriert. 187 CHRIST et al., 2002, 42; BAUER, 2001, 34; HENNING, 2001, 374.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 61

• Mehrkanalfähigkeit: Die Inhalte und Dienste des Portals können nicht nur über das Web, sondern auch über weitere Kanäle wie WAP, SMS, E-Mail oder Sprachdienste (Voice) abgerufen werden.

• Thematisch weit gefächerte Inhalte:

Die Inhalte des Portals stammen nicht hauptsächlich vom Unternehmen des Portal-Betreibers und werden teilweise von Inhalt-Partnern (Content-Providern) bezogen. Die Inhalte sind nicht auf Informationen über das Unternehmen des Portal-Betreibers und seine Produkte und Dienstleistungen beschränkt, sondern enthalten vielfältige In-formationen aus vielen verschiedenen thematischen Bereichen.

Aufgrund der oben beschriebenen Funktionen und Eigenschaften lässt sich ein Portal für die vorliegende Arbeit folgendermassen definieren: Ein Portal ist eine Website, die aufgrund der vielfältigen Informationen sowie aufgrund von Suchwerkzeugen, von digitalen Gemeinschaften, von kommerziellen Angeboten und Kommunikationsdiensten dem Benutzer als Startseite und Anker im Internet dient. Inhalte und Dienste eines Portals sind gemäss den Bedürfnissen der Benutzer personalisiert und können durch sie über mehrere Informationskanäle abgerufen werden. Generell lassen sich zwei Arten von Portalen unterscheiden: die horizontalen und vertikalen Portale. Die beiden Typen von Portalen unterscheiden sich bezüglich ihrer Ausrichtung auf Zielgruppen. Ein horizontales Portal, häufig auch als allgemeines Portal, Web-Portal oder Megaportale bezeichnet, will durch die Inhalte und Dienstleistungen möglichst alle Internet-Nutzer ansprechen. Demzufolge ist das thematische Angebot sehr breit und aber nur wenig tiefgründig.188 Die vertikalen Portale sind dagegen spezifisch auf gewisse Zielgruppen ausgerichtet.189 Mögliche Arten von Zielgruppen wären insbesondere Zielgruppen aufgrund von spezifischen Interessengebieten (z.B. Beruf, Night-Life, Sport, Haustiere, Hobby), demographische Zielgruppen (z.B. Studenten, 30-jährige, Senioren), regionale Zielgruppen (z.B. Region Zentralschweiz, Zürich) und Zielgruppen aufgrund eines Produktes, einer Dienstleistung oder eines Unternehmens190 (z.B. Vergleich von Versicherungen oder

188 EISENMANN & POTHEN, 2000, 4; AMOR, 2001, 23. 189 EISENMANN & POTHEN, 2000, 5. 190 Ein Portal, in dem eine spezifische Zielgruppe durch ein Unternehmen angesprochen wird, ist ein so genanntes Unternehmenspor-

tal (auch Enterprise Portal, Firmenportal, Corporate Portal genannt). AMOR, 2001, 34; ANDERS & BÜCHEL, 2003, 3 f. Ein

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 62

Softwareangeboten). Die angebotenen Inhalte und Dienstleistungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie spezifisch die Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppen abdecken, und daher im Vergleich zu den horizontalen Portalen thematisch weniger breit gefächert, aber dafür tiefgründiger sind. 3.4.2 Die Evolution der Portale Das Portalkonzept existierte schon bevor die breite Öffentlichkeit begann, das Internet zu nutzen. So betrieb beispielsweise CompuServe schon seit 1975 ein Online-Shopping mit integriertem Zahlungssystem, und AOL unterhielt und organisierte schon seit 1985 digitale Gemeinschaften.191 Mit der Nutzung des Internets durch eine breite Öffentlichkeit ab Mitte der neunziger Jahre haben sich auch die Portale weiterentwickelt. Es lassen sich grundsätzlich vier verschiedene Phasen in der Entwicklung der Portale unterscheiden:192

• 1. Phase: Internet Service Provider, Suchmaschinen und Web-Verzeichnisse Zu Beginn des Internet-Booms bildeten die frühen Suchmaschinen wie beispielswei-se Alta Vista, Web-Verzeichnisse wie Yahoo! und Startseiten der Internet Service Provider (ISP) wie AOL oder T-Online die ersten Portale.193 Das Ziel der früheren Portale war es, eine gewisse Transparenz und Struktur für die Benutzer zu bieten, sodass sie sich in dem riesigen Informationsangebot orientieren konnten. Diese Entwicklungsphase der Portale wird am besten durch eine Aussage des Geschäftsführers von Yahoo! von 1998 repräsentiert: „We know the user really wants fast access to other pages, not our“. Ein Wert für die Internet-Nutzer wurde durch die Suchmaschinen und Verzeichnisse dadurch generiert, dass sie schnell die gewünschten Informationen finden konnten. Die Informationen und Dienstleistungen des Portals selbst spielten noch keine Rolle.

Unternehmensportal kann von einer normalen Homepage eines Unternehmens dadurch abgegrenzt werden, dass sich das Portal, wie oben erwähnt, u.a. durch die Personalisierbarkeit und verschiedenste Inhalte auszeichnet. Vgl. AMOR, 2001, 34 ff.

191 KÄMPFEN, 2003, 197 f. Vor dem Internet-Boom im Juli 1994 waren nur ein paar wenige Online-Services verfügbar, die durch vier key player bereitgestellt wurden: Prodigy Information Service mit 2 Millionen Mitgliedern, CompuServe mit 1.7 Millionen Kunden (CompuServe wurde 1997 durch AOL übernommen), AOL mit 900'000 Kunden und Genie von General Electric mit 350'000 Mitgliedern. Im späteren Internet-Boom konnte nur AOL mit den neuen Konkurrenten wie Yahoo! oder MSN mithalten. KÄMPFEN, 2003, 198.

192 KÄMPFEN, 2003, 195 ff. 193 AMOR, 2000, 215 f.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 63

• 2. Phase: Angebot von Inhalt und Dienstleistungen

Die Portale entwickelten sich von den Suchmaschinen und Web-Verzeichnissen, welche die Internet-Nutzer möglichst schnell zu den gewünschten Seiten leiten soll-ten, zu zentralen Anbietern von Informationen und Dienstleistungen. Dabei sollten die Internet-Nutzer möglichst lange durch ein interessantes Angebot an das Portal gebunden werden. Die Portale entwickelten sich dadurch zu eigentlichen Informati-ons- und Dienstleistungs-Drehscheiben.

• 3. Phase: Personalisierung der Inhalte und Dienstleistungen Durch das Angebot von Informationen und Dienstleistungen in den Portalen galt es zuerst möglichst viele Internet-Nutzer auf die Website zu locken, sowie eine mög-lichst grosse Aufmerksamkeit und Bekanntheit im Internet zu erlangen. Danach wur-de versucht, eine engere Beziehung zu den Internet-Nutzern aufzubauen, indem den Benutzern die Möglichkeit gegeben wurde, das ganze Portal inhaltlich und auch ge-stalterisch gemäss eines individuellen Profils zu personalisieren.194 Dadurch entwi-ckelte sich das Portal im Umfeld der riesigen Informationsflut zu einer personalisier-ten Startseite und Anker im Internet. 4. Phase: Portal als persönliche Arbeitsumgebung Ausgehend von einer personalisierten Zusammenstellung von Informationen und Dienstleistungen entwickelte sich das Portal immer mehr zu einer persönlichen Ar-beitsumgebung für den Benutzer, indem wichtige Funktionen, wie E-Mail und SMS Service, Adressbuch, elektronische Agenda in das Portal integriert wurden und da-durch ein standortunabhängiges Arbeiten ermöglichen. Neben der persönlichen Ar-beitsumgebung werden vermehrt auch Dienste für Arbeitsgruppen und digitale Ge-meinschaften angeboten. Dadurch entwickelt sich das Portal zu einer Plattform, wel-che für Arbeitsgruppen und digitale Gemeinschaften die Zusammenarbeit und Kom-munikation ermöglichen soll.

Die Entwicklung der Portale ist gekennzeichnet durch den kontinuierlichen Versuch, Internet-Nutzer intensiver an das Portal zu binden. Zu Beginn des Internet-Booms bildeten Portale nur eine Art Wegweiser, um den Benutzer eine Orientierung in der Informationsflut des Internets zu bieten. Heutzutage bieten Portale den Kunden eine personalisierte

194 Vgl. beispielsweise die vielfältigen Personalisierungsmöglichkeiten von Yahoo! unter www.yahoo.de oder www.yahoo.fr.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 64

Arbeitsumgebung und eine Kommunikationsplattform für Arbeitsgruppen und digitale Gemeinschaften an.

3.5 Der virtuelle B2C-Marktplatz 3.5.1 Kategorisierung von virtuellen Märkten Die elektronischen Märkte lassen sich aufgrund der Organisationsform sowie aufgrund der Koordinationsmechanismen in verschiedene Unterformen unterteilen.195

3.5.1.1 Organisationsformen virtueller Märkte

Für die Organisationsform eines virtuellen Marktes ist das Interaktionsmuster der Akteure auf dem Markt ausschlaggebend. Das Interaktionsmuster ergibt sich durch die Anzahl der Anbieter und Nachfrager sowie durch den Betreiber des Marktplatzes. Dabei kann der virtuelle Marktplatz von einem Anbieter, einem Nachfrager oder einem unabhängigen Dritten betrieben werden.196 Die folgende Darstellung gibt einen Überblick über die möglichen Organisationsformen von virtuellen Marktplätzen: Abb. 3-3: Kategorisierung der virtuellen Marktplätze nach Organisationsformen Quelle: PICOT et al., 2002, 41. 195 PICOT et al., 2002, 40 ff. 196 PICOT et al., 2002, 41.

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E-Commerce-Website

Verkäufer-Website

E-Commerce-Website

Handels-plattform

Distributions-plattform

Einkäufer-Website

Einkaufs-plattform

Virtueller Marktplatz

E-Commerce-Website

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 65

Die Organisationsformen, die sich dadurch auszeichnen, dass auf der einen Seite der Interaktion nur ein Nachfrager oder nur ein Anbieter auftritt, können nicht als eigentliche Marktplätze betrachtet werden.197 Diese Interaktionen können einfacher durch eine E-Commerce Website abgebildet werden. Bestehen die kommerziellen Aktivitäten zwischen einem Nachfrager mit spezifischen Bedürfnissen und vielen Anbietern, handelt es sich um ein Einkaufsmonopol. Hinsichtlich der Organisationsform genügt dem Nachfrager, eine einfache Einkäufer-Website zu betreiben, wo die Bedürfnisse definiert und die Angebote platziert werden können. Das Gegenstück bildet die Verkäufer-Website, wo viele Nachfra-ger einem Anbieter spezialisierter Güter gegenüberstehen. Auch in diesem Fall genügt dem Anbieter, aufgrund seiner Marktmacht eine einfache Verkäufer-Website zu betreiben, wo die Güter durch die Nachfrager bestellt werden können.198 Jene Interaktionsmuster, bei denen jeweils wenige Anbieter bzw. Nachfrager vielen Nachfragern bzw. Anbietern gegenüberstehen, bilden virtuelle Marktplätze im weiteren Sinn. Im ersten Fall kooperieren einige Nachfrager miteinander und spielen ihre Markt-macht dadurch aus, dass sie eine Einkaufsplattform betreiben, auf der die zahlreichen Anbieter ihr Angebot abgeben können. Die Anbieter sind dabei in der Regel aufgrund der Transparenz des Angebots einem verstärkten Preisdruck ausgesetzt. Die Einkaufsplattfor-men sind praktisch ausschliesslich dem B2B-Transaktionsbereich zuzuordnen. Dagegen wird eine Distributionsplattform durch einige Anbieter betrieben, die gemeinsam eine grössere Anzahl von Nachfragern ansprechen wollen. Der Vorteil für die Anbieter liegt darin, dass aufgrund des gemeinsamen Auftritts Kosten für Informations- und Kommunika-tionstechnik eingespart werden können.199 Die Handelsplattform bildet ebenfalls einen virtuellen Marktplatz im weiteren Sinn, der durch einige Anbieter und einer ebenfalls überschaubaren Anzahl von Nachfragern genutzt wird. Dies kann durch registrierte Teilnehmer über ein Extranet als auch über einen unabhängigen Plattformbetreiber realisiert werden. Der Hauptunterschied zu der folgenden Organisationsform des virtuellen Marktplatzes im engeren Sinn liegt in der überschaubaren Teilnehmerzahl von registrierten Akteuren. Diese Art von Marktplatz ist eine private Veranstaltung und ist hauptsächlich im B2B-Transaktionsbereich anzutreffen.200

197 HEIL, 1999, 25. Dies umfasst die so genannten 1:1 oder 1:n Beziehungen. Vgl. HEIL, 1999, 25. 198 PICOT et al., 2002, 41 f. 199 PICOT et al., 2002, 41 f. 200 PICOT et al., 2002, 42.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 66

Der virtuelle Marktplatz im engeren Sinn zeichnet sich dadurch aus, dass sich viele Anbieter und Nachfrager einander auf der Plattform gegenüberstehen. Die Funktion des Betreibers des virtuellen Marktplatzes wird hauptsächlich durch einen unabhängigen Dritten über-nommen. Diese Marktorganisationsform wird häufig im B2C-Transaktionsbereich verwendet, da sie sich insbesondere für den Handel mit standardisierten Gütern ohne grossen Verhandlungsaufwand eignet.201

3.5.1.2 Koordinationsmechanismen virtueller Märkte

Das zweite Kriterium für eine Kategorisierung von virtuellen Marktplätzen bildet die Art des Koordinationsmechanismus bzw. die Formen der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage.202 Die folgenden Koordinationsmechanismen sind isoliert oder als Mischformen auf virtuellen Marktplätzen anzutreffen:203

• Online-Kataloge: Eine sehr weit verbreitete Form, um das Angebot und die Nachfrage auf dem virtuel-len Marktplatz zusammenzuführen, bildet der Online-Katalog.204 Anhand eines ein-heitlichen Katalogs bündelt und strukturiert der Betreiber des Marktplatzes das An-gebot der Anbieter und ermöglicht den Käufern, die Produkte auszuwählen und zu bestellen. Dabei stellt sich das Problem, dass die Produktkataloge der verschiedenen Anbieter sehr herstellerspezifisch sind und sich oft durch unterschiedliche Bezeich-nungen, Datentypen und Web-Schnittstellen unterscheiden. Die Herausforderung für den Betreiber des virtuellen Marktplatzes liegt darin, dass alle spezifischen Kataloge der Anbieter in einen neutralen Produktkatalog des Marktplatzes integriert werden können, sodass innerhalb des Marktplatz-Kataloges nicht nur auf die unterschiedli-chen Web-Angebote der Anbieter verwiesen wird, sondern auch durch eine Anbieter-Schnittstelle der Upload einzelner Angebote durchgeführt werden kann.205 Die Vor-teile des Online-Katalogs bestehen grundsätzlich in den tieferen Suchkosten bei den

201 PICOT et al., 2002, 42. 202 PICOT et al., 2002, 42. 203 RÜTHER & SZEGUNIS, 2000, 7 ff. 204 In der Fachliteratur auch als elektronischer Produktkatalog bezeichnet. 205 MERZ, 1999, 230 f.; TIMMERS, 1999, 39.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 67

Nachfragern und in den tieferen Marketing- und Verkaufskosten bei den Anbie-tern.206

• Börsensysteme: Im Rahmen des Systems von Handelsbörsen werden Angebot und Nachfrage in Echtzeit abgeglichen. Wie auf Finanzmärkten ist die Preisfindung dynamisch und schwankt je nach der vorherrschenden Angebots- und Nachfragestruktur bezüglich des gehandelten Produktes. Die durch Börsensysteme koordinierten Marktplätze eig-nen sich nur für den Handel von hoch standardisierten Gütern, für die ein liquider Markt mit volatilen Preisen besteht. Der kritische Faktor für den Erfolg von Markt-plätzen mit Börsensystemen bildet der schnelle Aufbau und die Beibehaltung einer kritischen Masse an Teilnehmern, welche die Liquidität des Marktes gewährleistet.207

• Online-Auktionsverfahren:

Eine Online-Auktion stellt die elektronische Umsetzung des bekannten Bietprozesses einer traditionellen Auktion dar. Wie das Börsensystem bildet auch die Auktion eine Art dynamischer Preisfindung. Der Betreiber eines Marktplatzes mit Auktion stellt grundsätzlich eine elektronische Plattform zur Verfügung und organisiert den Biet-prozess der Nachfrager sowie den Vertragsabschluss. Der Vorteil einer elektroni-schen Auktion liegt in den niedrigeren Transaktionskosten für Anbieter und Nachfra-ger.208 Ursprünglich haben sich insbesondere Privatpersonen ohne gewerbliche Absichten an Online-Auktionen beteiligt (C2C-Transaktionsbereich). Später wurden Online-Auktionen auch von Händlern entdeckt, um überschüssige Waren oder Einzelteile zu verkaufen (B2C-Transaktionsbereich).209 Von praktischer Relevanz bei Online-Auktionen sind heute hauptsächlich die folgen-den Auktionsverfahren:

Die Englische Auktion ist das populärste Auktionsverfahren. Die Benutzer, die sich bei der Auktion registriert haben, können während einer festgelegten Zeitspanne on-

206 VROOM et al., 2000, 45. 207 VROOM et al., 2000, 45. 208 TIMMERS, 1999, 37 f. 209 WEBER, 2001, 380.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 68

line ihre Gebote angeben. Nach Ablauf der Zeitspanne wird der Auktionsgegenstand dem höchsten Bieter zum entsprechenden Gebot verkauft.210 Im Gegensatz zur engli-schen Auktion gewinnt bei der Vickrey Auction ebenfalls der Höchstbietende, zahlt jedoch nur den Preis, der beim zweithöchsten Gebot offeriert wurde.211 Durch die Holländische Auktion wird eine Mehrzahl von identischen Gegenständen gleichzeitig in einer einzigen Runde versteigert. Der Zuschlag erfolgt in erster Linie an die Bieter, welche die höchsten Gebote abgegeben oder welche bei gleich hohen Geboten zeit-lich zuerst geboten haben. Allen Bietern werden die Auktionsobjekte zu jenem Preis überlassen, der für den zuletzt zugeschlagenen Auktionsgegenstand geboten wurde. Bei der so genannten Reverse Auction ist der Bietprozess gerade umgekehrt: Die An-bieter unterbieten sich gegenseitig im Preis für ein Produkt oder Dienstleistung, um den Zuschlag von einem Käufer zu erhalten.212

3.5.2 Begriff des virtuellen B2C-Marktplatzes Wie für viele Ausdrücke im Bereich des E-Commerce existiert auch keine einheitliche Definition für den Begriff des elektronischen Marktplatzes. Auf folgende Definitionen wurde abgestützt, um die Definition des Begriffes des virtuellen Marktplatzes für die vorliegende Arbeit herzuleiten: Schmid: “Elektronische Märkte im engeren Sinn sind mit Hilfe der Telematik realisierte Marktplätze, d.h. Mechanismen des marktmässigen Tausches von Gütern und Leistungen, die alle Phasen der Transaktion (Informationsphase, Vereinbarungsphase, Abwicklungsphase) unterstützen. (...) Unter elektronischen Märkten im weiteren Sinne sind informationstechnische Systeme zur Unterstützung aller oder einzelner Phasen und Funktionen der marktmässig organisier-ten Leistungskoordination zu verstehen.“213 Langenohl: “Ein elektronischer Markt umfasst die Gesamtheit der Austauschbeziehungen zwischen potentiell gleichberechtigten Marktpartnern. Sämtliche Interaktionsprozesse zwischen den

210 WEBER, 2001, 382 f. Häufig ist bei elektronischen Englischen Auktionen auch das System des Maximalgebotes anzutreffen, bei

welchem der Bieter zu Beginn einen Maximalbetrag eingibt, bis zu dem das Auktionshaus automatisch in seinem Namen mitbieten soll. WEBER, 2001, 383.

211 KLARREICH, 2003, 4. 212 PICOT et al., 2002, 42. 213 SCHMID, 1993, 468.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 69

Marktteilnehmern werden – zumindest bis zum Vertragsabschluss (trade matching, Ende der Vereinbarungsphase, Startpunkt der Abwicklungsphase) – durch ein elektronisches Marktsystem unterstützt oder automatisiert.“214 Frauenhofer ALB: „Elektronische Marktplätze sind virtuelle Plätze, auf denen eine (beliebige) Zahl von Käufer und Verkäufer Waren und Dienstleistungen (offen) handeln und Informationen tauschen.“215 Die wichtigsten Merkmale, welche einen virtuellen Marktplatz auszeichnen, können folgendermassen zusammengefasst werden:

• Die Teilnehmer sind mit dieser Art von Marktplätzen nur und ausschliesslich mit Hilfe einer Datenleitung bzw. elektronisch verbunden. Da folglich in diesem Medium ein physischer Kontakt fehlt, können diese Marktplätze als virtuell bezeichnet wer-den.216

• Die Anbieter und Nachfrager stehen sich auf dem Marktplatz als gleichberechtigte

Gruppen gegenüber. Dies bedeutet, dass zwischen der Angebots- und Nachfrageseite eine gleichberechtigte Machtverteilung besteht.217 Die Koordination der Akteure auf dem virtuellen Marktplatz erfolgt ausschliesslich über Angebot und Nachfrage. Dies unterscheidet die virtuellen Marktplätze von den elektronischen Hierarchien mit un-ter- und übergeordneten Wirtschaftssubjekten und elektronischen Kooperationen mit langfristigen Beziehungen zwischen selbständigen Akteuren.218

• Elektronische Märkte unterstützen den marktmässigen Tausch von Gütern und

Dienstleistungen. Die virtuellen B2C-Marktplatz lassen sich anhand der folgenden zusätzlichen Merkmale klar von anderen Arten von virtuellen Marktplätzen abgrenzen:

214 LANGENOHL, 1994, 21. 215 RÜTHER & SZEGUNIS, 2000, 3. 216 KOLLMANN, 2001, 46. 217 HEIL, 1999, 25. 218 SCHMID, 1993, 466 f. Zu einer ausführlichen Diskussion der Koordinationsmechanismen des elektronischen Marktes, der

elektronischen Hierarchie und deren Hybridformen vgl. STÄHLER, 2001, 56 ff.

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3. KAPITEL: DIE PORTALE UND VIRTUELLEN B2C-MARKTPLÄTZE 70

• Auf dem virtuellen B2C-Marktplatz treffen sich eine beliebige Anzahl von Anbietern und Nachfragern. Der Marktplatz ist grundsätzlich offen für jedermann und keine Veranstaltung eines beschränkten Teilnehmerkreises. Dadurch wird der B2C-Marktplatz grundsätzlich von den B2B-Marktplätzen abgegrenzt.219

• Die Akteure auf dem virtuellen B2C-Marktplatz sind Unternehmen, die ihre Güter

und Dienstleistungen anbieten, sowie die Konsumenten als Nachfrager. Zusammenfassend kann die folgende Definition des virtuellen B2C-Marktplatzes der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt werden: „Ein virtueller B2C-Marktplatz ist eine offen zugängliche elektronische Plattform, die den marktmässigen Tausch von Gütern und Dienstleistungen zwischen gleichberechtigten Gruppen von einer Vielzahl von Anbietern und Konsumenten unterstützt.“ Gegenstand der vorliegenden Arbeit bildet somit die Organisationsform eines virtuellen Marktplatzes, der dem Interaktionsmuster von vielen Anbietern und vielen Nachfragern entspricht. Dabei kann der Handel auf dem Marktplatz durch alle möglichen Koordinati-onsmechanismen organisiert werden, jedoch sind in der Praxis die Online-Kataloge weitaus am häufigsten anzutreffen.220

219 Dieses Merkmal der B2C-Marktplätze entspricht dem Interaktionsmuster von vielen Anbietern und vielen Nachfragern, welches

zur Marktorganisationsform des virtuellen Marktplatzes im engeren Sinn führt. Vgl. 3.5.1.1 Organisationsformen virtueller Märkte.

220 Die virtuellen B2C-Marktplätze werden im Folgenden auch verkürzt als virtuelle Marktplätze oder als Marktplätze bezeichnet.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 71

4 Die kommerzielle Due Diligence Es ist das Ziel der kommerziellen Due Diligence, den zukünftigen Markt sowie die zukünftige Wettbewerbsposition der Zielgesellschaft innerhalb dieses Marktes einzuschät-zen. Die Erkenntnisse der kommerziellen Due Diligence sind wichtige Grundlagen für die finanzielle Due Diligence und insbesondere für die Bewertung der Zielgesellschaft. Ob und wie detailliert eine kommerzielle Due Diligence durchgeführt wird, hängt hauptsächlich von den konkreten Branchenkenntnissen des potentiellen Käufers ab. Ein Finanzkäufer (Financial Buyer oder Privat Equity Unternehmen) mit geringen Branchenkenntnissen führt in der Regel eine tiefgreifende kommerzielle Due Diligence durch. Dagegen wird ein strategischer Käufer (Corporate Buyer), der bereits in derselben oder in einer verwandten Branche tätig ist, nur eine oberflächliche kommerzielle Due Diligence ausführen oder eventuell sogar ganz auf sie verzichten.221 Im Folgenden wird in einem ersten Schritt das allgemeine Geschäftsmodell der Portale und virtuellen Marktplätze dargestellt. In einem zweiten Schritt müssen die wichtigsten unternehmensexternen und -internen Einflüsse identifiziert werden, welche die zukünftige Entwicklung und Wettbewerbsposition eines Portals oder virtuellen Marktplatzes bestim-men werden.

4.1 Das allgemeine Geschäftsmodell Hinsichtlich der kommerziellen Geschäftstätigkeit können alle B2C-Portale und virtuellen Marktplätze auf ein grundlegendes allgemeines Geschäftsmodell reduziert werden. Die virtuellen Marktplätze bilden dabei häufig einen integralen Bestandteil eines Portals (beispielsweise die Rubrik Marktplatz im Portal bluewin), können aber auch als eigenstän-dige Marktplätze ohne weitere Portalfunktionen konzipiert werden (beispielsweise car4you.ch). Das allgemeine Geschäftsmodell eines Portals kann folgendermassen graphisch dargestellt werden: 221 Vgl. 5.1 Die Grobanalyse der kommerziellen Situation als Ausgangslage.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 72

Abb. 4-1: Das allgemeine Geschäftsmodell Quelle: In Anlehnung an das Geschäftsmodell des T-Online Portals. T-ONLINE, 2004, 73.

Im Allgemeinen kann das Geschäftsmodell der Portale auf vier zentrale Transaktionspartner abgestützt werden: die Kunden (Internet-Nutzer), die Werbepartner, die Inhalt-Partner und die Marktplatz-Partner:222

• Kunden (Internet-Nutzer):

Ist der Betreiber des Portals auch im Zugangsgeschäft tätig, erzielt er in der Regel ei-nen Grossteil des Umsatzes mit Gebühren für den Internet-Zugang.223 Im Portalge-schäft werden die Umsätze dadurch erwirtschaftet, dass den Kunden für die Nutzung von Informationen, digitalen Produkten oder Dienstleistungen eine einmalige Gebühr (pay per use) oder eine Gebühr für einen bestimmten Zeitraum (pay per subscription) erhoben wird. Die angebotenen Dienstleistungen und digitalen Produkte werden im Folgenden als so genannte Bezahldienste bezeichnet.

222 T-ONLINE, 2004, 20; WEB.DE, 2003, 21 f.; HASSELBRING & SAUTER, 2003, 2 f. 223 Beispielsweise erwirtschaftete Tiscali als einer der grössten europäischen Internet Service Provider in den Jahren 2001 und 2002

(hauptsächlich in Italien, Frankreich, Deutschland und Grossbritannien) ca. 69% vom totalen Umsatz im Access-Geschäft. TISCALI, 2003, 42.

Gebühren für Bezahldienste

Inhalt-Partner

Werbe- partner

Marktplatz-Partner

Kunden

(Internet- Nutzer)

Portal Evtl. Zugangsgebühr Ev

tl. Z

ugan

gsge

bühr

an

ISP

Handelsumsatz

Platzierungsgebühr & Umsatzprovision

Werbe- einnahmen

Einkauf von Inhalten

Gebühren für digital Management

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 73

Durch den integrierten virtuellen Marktplatz vermittelt das Portal als Intermediär zwischen den Marktplatz-Partnern bzw. den Anbietern von verschiedenen digitalen und physischen Gütern und den Kunden. Der Umsatz aus dem daraus folgenden Ver-kauf von Gütern und Dienstleistung wird aber direkt beim entsprechenden Markt-platz-Partner erzielt.

• Werbepartner:

Eine wichtige Erlösquelle für die Portale bilden die Werbeeinnahmen von den Wer-bepartnern. Dabei werden Teile der Website als Werbeflächen für die Werbepartner freigestellt. Die Werbebeiträge werden in der Regel auf der Basis eines vorab festge-legten Tausendkontaktpreises (Preis pro 1000 Aufrufe der Website oder sog. Cost per thousand impressions) berechnet. Je grösser der Kundenkreis, je höher die Kun-denfrequenz und je länger die durchschnittliche Verweildauer, desto attraktiver wird das Portal für Werbepartner und desto höhere Preise können für die Werbung ver-langt werden.

• Marktplatz-Partner: Das Portal ermöglicht den Marktplatz-Partnern den Zugang zu einer virtuellen Han-delsplattform innerhalb des Portals, wo sie ihre Güter und Dienstleistungen den Kun-den des Portals präsentieren und verkaufen können. Als Gegenleistung wird durch den Betreiber des Portals regelmässig eine Platzierungsgebühr und zusätzlich eine Gebühr pro abgeschlossene Transaktion, eine Gebühr pro vermittelten Kontakt (Ge-bühr für sog. click-throughs oder pay per lead) oder eine Umsatzprovision auf der Basis des erzielten Umsatzes erhoben. Im Folgenden wird der Begriff der Umsatz-provision stellvertretend für alle möglichen Abrechnungsmodelle verwendet.

• Inhalt-Partner (Content-Partner): Die Inhalte eines Portals, insbesondere News und andere Informationen, werden teilweise bei externen Inhalt-Partnern eingekauft. Andererseits übernehmen die Por-tale vielfach das Hosting und die Verwaltung der digitalen Inhalte des Inhalt-Partners (sog. digital Management).224

224 Beispielsweise übernimmt Moneycab das digitale Management der Inhalte des Inhalt-Partners Swisscontent Corp. und kann

dagegen gratis die produzierten Inhalte von Swisscontent nutzen. INTERVIEW mit H. Fuchs, Moneycab.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 74

Das Geschäftsmodell eines eigenständigen virtuellen Marktplatzes, der nicht in ein Portal eingebunden ist, kann mit Ausnahme der Inhalt-Partner auf die gleichen Transaktionspart-ner abgestützt werden.225 Den Marktplatz-Partnern wird gegen eine Platzierungsgebühr und Umsatzprovision die Möglichkeit gegeben, ihre Produkte und Dienstleistung auf dem virtuellen Markplatz zu präsentieren. Zusätzlich bilden die Werbeeinnahmen von Werb-Partnern eine wichtige Einnahmequelle für die virtuellen Marktplätze. Schliesslich werden den Kunden ebenfalls Bezahldienste angeboten, wie beispielsweise Statistiken, Hinter-grundinformationen oder Preisvergleiche von angebotenen Produkten.226

4.2 Haben die Internet Service Provider einen Wettbewerbsvorteil im Portalgeschäft?

Von den reinen Portalen sind jene Portale abzugrenzen, die zusätzlich zum Portalgeschäft auch als Internet Service Provider (ISP) tätig sind und den Internet-Nutzern gegen eine Gebühr den Zugang zum Internet verschaffen (Access-Geschäft bzw. Zugangsgeschäft).227 Die grössten europäischen Portale wie T-Online, Wanadoo, Tiscali, Freenet oder auch Bluewin zeichnen sich durch die Kombination von Zugangs- und Portalgeschäft aus. Es stellt sich die Frage, inwieweit das kombinierte Angebot von Internetzugang und Dienstleistungen eines Portals einen Wettbewerbsvorteil gegenüber jenen Portalen verschaffen kann, welche ausschliesslich im Portalgeschäft tätig sind. Durch das Angebot des Internetzugangs kann der Internet Service Provider seine Kunden gleichzeitig auf sein eigenes Portal und deren Dienstleistungen aufmerksam machen. Der Internet Service Provider ist somit einen Schritt näher beim Internet-Nutzer als ein reines Portal. Ausserdem kann der Internet Service Provider seine regelmässigen Kontakte mit den Internet-Nutzern (beispielsweise im Rahmen der periodischen Rechnungsstellung für die Zugangsgebühren) nutzen, um für neue Dienstleistungen des eigenen Portals zu werben. Jedoch darf ein möglicher Wettbewerbsvorteil durch das Zugangsgeschäft in Form eines näheren Kundenkontakts im Portalgeschäft nicht überschätzt werden. Der Internet-Nutzer

225 Eine andere Betrachtungsweise wäre, dass das Geschäftsmodell der eigenständigen virtuellen Marktplätze wie das Portal mit allen

vier Transaktionspartner in Beziehung steht, jedoch die Inhalt-Partner mit den Marktplatz-Partnern zusammenfallen. 226 Comparis.ch bietet den Kunden beispielsweise einen kostenpflichtigen Vergleich von Hypotheken an. INTERVIEW mit M.

Scherrer, comparis.ch. 227 Der Zugang zum Internet wird dadurch ermöglicht, dass der Internet-Nutzer von seinem Computer eine Verbindung zum

Computer des Internet Service Providers aufbaut, der seinerseits eine Verbindung mit dem Internet herstellt. Der Computer des Internet Service Providers bildet somit eine Art Bindeglied zwischen Nutzer und Internet. ROSENTHAL, 1997, 1.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 75

wählt grundsätzlich unabhängig von seinem Internet Service Provider jenes Portal aus, dass seine Bedürfnisse am besten abdecken kann. Dies kann durchaus das Portal des Internet Service Providers sein, welches aber mit vielen anderen Portalen in Konkurrenz steht. Dabei sind letztlich die konkreten unternehmensinternen Stärken und Schwächen eines Portals für die Wettbewerbsposition im Portalgeschäft entscheidend.228 So kann ein Internet-Nutzer den Internetzugang beispielsweise durch Bluewin erhalten, jedoch problemlos Yahoo! als Portal nutzen und als seine persönliche Startseite definieren. Da die Internet-Nutzer grundsätzlich unabhängig vom Internet Service Provider die Portale auswählen, kann das Portalgeschäft isoliert vom Zugangsgeschäft betrachtet werden. Die Ausführungen in der vorliegenden Arbeit beschränken sich auf das reine Portalgeschäft.

4.3 Die unternehmensexternen Chancen und Gefahren Die wichtigsten unternehmensexternen Einflüsse können sich sowohl als Chance wie auch als Gefahr für die zukünftige Geschäftstätigkeit eines Portals oder virtuellen Marktplatzes erweisen. Als Überblick lassen sich die relevanten unternehmensexternen Einflüsse anhand der Transaktionspartner des allgemeinen Geschäftsmodells folgendermassen zusammenfas-sen:

• Einflüsse auf die Kunden:

Die wachsende Verbreitung des Internets im Allgemeinen und der Breitbandtechno-logie im Besonderen sowie der Anstieg der durchschnittlichen Nutzung des Internets beeinflussen die Anzahl und Verweildauer der Kunden in den Portalen und auf den virtuellen Marktplätzen und steigert letztlich die Attraktivität eines Portals für alle Kunden sowie für die Werbe- und Marktplatzpartner.229 Die Portale und virtuellen Marktplätze müssen jedoch versuchen, durch attraktive Angebote das Potential an neuen Kunden zu nutzen und die Kunden an das Portal oder Marktplatz zu binden, ansonsten sie gegenüber der Konkurrenz schnell an Marktanteilen verlieren werden. Ein weiterer wichtiger Einfluss auf die kommerzielle Entwicklung der Portale und virtuellen Marktplätze bildet die steigende Akzeptanz der Kunden für hochwertige Informationen, Daten und Dienstleistungen im Internet (sog. Bezahldienste) zu be-

228 Vgl. 4.3 Die unternehmensexternen Chancen und Gefahren. 229 Vgl. 3.2 Merkmale der E-Commerce.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 76

zahlen.230 Andererseits besteht für ein Portal oder einen Marktplatz immer die Ge-fahr, mit den präsentierten Inhalten nicht oder nicht mehr den sich schnell verändern-den Bedürfnissen der Kunden zu entsprechen und folglich an Attraktivität einzubüs-sen.

• Einflüsse auf die Werbepartner: Die Entwicklung der Werbeausgaben im Allgemeinen und der Online-Werbeausgaben im Besonderen beeinflussen als wichtigste Einnahmequelle direkt die Umsätze der Portale und virtuellen Marktplätze. Für die Portale und virtuellen Marktplätze ist es daher von grosser Bedeutung, sich als attraktiven Werbeträger für die potentiellen Werbepartner zu positionieren. Die Attraktivität eines Portals als Werbeträger ist wiederum von der Entwicklung des jeweiligen Kundenkreises ab-hängig. Grundsätzlich gilt: verliert ein Portal an Kunden, verliert es auch als Werbe-träger an Attraktivität.

• Einflüsse auf die Marktplatz-Partner:

Die Entwicklung des E-Commerce beeinflusst indirekt die Umsätze aus den Platzie-rungsgebühren und Umsatzprovisionen, die von den Marktplatz-Partnern an das ent-sprechende Portal oder an den virtuellen Marktplatz bezahlt werden. Der allgemein prognostizierte Anstieg des globalen E-Commerce Volumens stellt eine wichtige Chance für die Portale und virtuellen Marktplätze dar. Gleichzeitig besteht jedoch die Gefahr darin, dass sich ein Portal oder Marktplatz gegenüber den Kunden und den Marktplatz-Partnern nicht positionieren und somit nicht von der günstigen Entwick-lung profitieren kann.

• Einflüsse auf die Inhalt-Partner (Content-Partner):

Die Produktion der Inhalte durch die Inhalt-Partner ist davon abhängig, inwieweit die Kunden wiederum bereit sind für Inhalte im Portal zu bezahlen. Durch steigende Ak-zeptanz der Bezahldienste bei den Kunden würde sich auch die Quantität und Quali-tät des Angebots an Inhalten und letztlich auch die Attraktivität des Portals erhöhen. Andererseits verändern sich die Bedürfnisse der Kunden sehr schnell, sodass ein Por-tal hinsichtlich der angebotenen Inhalte eigentlich fortwährend Gefahr läuft, den Be-dürfnissen der Kunden nicht mehr zu entsprechen.

230 EMARKET, 2003, 1.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 77

4.3.1 Das Wachstum der Anzahl der Internet-Nutzer Für die Portale und virtuellen Marktplätze ist die Verbreitung des Internets von grösster Bedeutung, denn eine steigende Anzahl von Internet-Nutzern führt letztlich zu einem erhöhten Marktpotential. In Europa nutzten 2002 ungefähr 44 Prozent der Gesamtbevölke-rung das Internet. Dies entspricht ungefähr 169 Millionen Internet-Nutzern. Für die Jahre 2002 – 2006 wird in Europa ein jährlicher durchschnittlicher Zuwachs an Internet-Nutzern von 11 Prozent prognostiziert. Das Marktpotential in Europa würde demzufolge ungefähr 258 Millionen Internet-Nutzer oder 66 Prozent der europäischen Gesamtbevölkerung umfassen.231 Insbesondere die folgenden zwei Gründe fördern die stetig wachsende Verbreitung des Internets:

• Höhere Attraktivität des Internets durch die Breitbandtechnologie: Durch die Breitbandtechnologie werden die Daten bis zu zwölfmal schneller als über die Schmalbandtechnologie ISDN transportiert. Dadurch entfallen für die Breitband-nutzer lästige Wartezeiten. Die Nutzung des Internets wurde attraktiver. Dies lässt sich auch dadurch erkennen, dass die Breitbandbenutzer im Vergleich zu den Schmalbandbenutzern im Durchschnitt täglich dreimal mehr Zeit für die Nutzung des Internets einsetzen. Da durch die Breitbandtechnologie hochwertige und grosse In-halte wie Filme, Audio-Formate oder Multimedia-Produkte schnell und überall bezo-gen werden können, steigt vermehrt die Akzeptanz der Internet-Nutzer, für hochwer-tige Inhalte zu bezahlen.232

• Höhere Attraktivität des Internets durch neue Zugänge und Geräte:

Das Internet wird zukünftig immer häufiger über unterschiedliche Zugänge und Ge-räte genutzt werden. Heutzutage wird auf das Internet immer noch mehrheitlich über den Personal Computer (PC) zugegriffen. Jedoch nimmt der Nutzungsanteil durch mobile Endgeräte wie Laptops, Mobiltelefone, Personal Digital Assistants (PDAs) und onlinefähigen Spielerkonsolen stetig zu. Der Trend zur Nutzung durch mobile Endgeräte wird durch den Aufbau von Wireless Local Area Networks (WLAN) ver-stärkt. Die WLANs sind eine Möglichkeit des mobilen breitbandigen und drahtlosen Internetzugriffs in so genannten Hotspots wie beispielsweise in Flughäfen, Bahnhö-fen, Universitäten, Messen, Hotels oder Cafés. Durch die Möglichkeiten der mobilen

231 EITO, 2003, 23. 232 T-ONLINE, 2004, 25. INTERVIEW mit R. Muntwyler, Ricardo.ch.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 78

Nutzung neuer Geräte und WLAN kann grundsätzlich von einer steigenden Attrakti-vität des Internets ausgegangen werden.233

Die folgende Graphik gibt einen Überblick über die erwartete länderspezifische Entwick-lung der Nutzerzahlen im Verhältnis zu der jeweiligen Gesamtbevölkerung von 2002 bis 2006:

66.1

67.3

58.0

55.3

65.0

67.8

70.4

81.3

82.5

43.5

43.8

32.7

34.8

40.7

45.6

50.7

63.0

63.8

0.0 20.0 40.0 60.0 80.0 100.0

Total Europa

Rest Europa

Spanien

Italien

Frankreich

Deutschland

Grossbritanninen

Schweiz

Skandinavien

Internet-Nutzer in % der Gesamtbevölkerung

2002 2006

Abb. 4-2: Die Entwicklung der Internet-Nutzer im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung Quelle: EITO, 2003, 24.

Gemäss der oben dargestellten Graphik fällt auf, dass für die kommerziell wichtigen und bevölkerungsreichsten Länder wie Frankreich, Deutschland und Grossbritannien gesamthaft Wachstumsraten von über 20 Prozent im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung bis 2006 erwartet werden. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass in Deutschland 19 Millionen und in Frankreich 15 Millionen neue Internet-Nutzer bis 2006 gewonnen werden sollen.234 4.3.2 Die Akzeptanz der Bezahlinhalte Durch den schnellen Zugang durch die Breitbandtechnologie wird das Internet grundsätzlich öfters und länger benutzt: die Attraktivität des Internets steigt. Die steigenden Nutzerzahlen 233 HOLTROP et al., 2003, 9 f. 234 EITO, 2003, 24.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 79

sowie die Breitbandtechnologie fördern das Angebot von hochwertigen Inhalten, die schnell und einfach abgerufen bzw. heruntergeladen werden können. Nach Einschätzung des Marktforschungsunternehmens Jupiter Research sollen bis ins Jahr 2007 23 Prozent der Europäer kostenpflichtige Inhalte im Internet nutzen. Im Jahr 2003 waren lediglich 9 Prozent der Europäer bereit, für Inhalte zu bezahlen. Die Umsätze durch Bezahldienste sollen von 693 Millionen Euro im Jahr 2003 auf 3.2 Milliarden Euro im Jahr 2007 ansteigen. Dabei wird geschätzt, dass ungefähr die Hälfte dieser Umsätze im Jahr 2007 mit Multimedia-Inhalten erwirtschaftet wird.235 Sobald die allgemeine Gratis-Kultur der Internet-Nutzer aufgeweicht wird, und die Bereitschaft, für hochwertige Inhalte zu zahlen, steigt, können sich die Bezahldienste der Portale und virtuellen Marktplätze neben den Werbeeinnahmen zukünftig zu einem wichtigen kommerziellen Standbein entwickeln. Die heute noch vorherrschende Abhängig-keit der Portale von den Werbeeinnahmen könnte dadurch entschärft werden.236 4.3.3 Die Entwicklung der Online-Werbung Mit der zunehmenden Verbreitung der Breitbandtechnologie entwickelten sich auch die Werbemöglichkeiten. Neben den herkömmlichen Werbe-Bannern und Pop-up Bannern können nun vermehrt hochauflösende, aufwändig animierte und flächenmässig grössere Werbeformen wie beispielsweise Internet-Werbespots in TV-Qualität oder Animationen für die Werbung genutzt werden.237 Dabei schätzt die Werbewirtschaft die neuen Online-Werbeformen als geeignet ein, um die Werbewirksamkeit bzw. die Wahrnehmung der Konsumenten zu erhöhen.238 Neben den technischen Möglichkeiten ist für die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der Online-Werbung zusätzlich dass Missverhältnis zwischen der Online-Werbung und der Gesamtwerbung von grosser Bedeutung. Gemäss einer Studie der European Interactive Advertising Association (EIAA) entfallen 10 Prozent der Zeit, welche die Europäer für die Nutzung von Medien aufwenden, auf das Internet. Dagegen liegt der Anteil der Online-Werbung am europäischen Gesamtwerbebudget momentan nur bei ungefähr 1.5 Prozent. Das Missverhältnis zeigt sich insbesondere dadurch, dass auf die Zeitschriften nur 8 Prozent

235 Jupiter Research zit. in: EMARKET, 2003, 1. 236 INTERVIEW mit R. Muntwyler, Ricardo.ch. 237 Für eine Übersicht von existierenden Online-Werbeformen wie Scroll Ad, Sticky Ad oder Interstitials vgl. VDZ, 2002, 12 ff. 238 HOLTROP et al., 2003, 25.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 80

und die Tageszeitungen 13 Prozent der Zeit der gesamten Mediennutzung entfallen, aber den Print-Medien nach wie vor ein Vielfaches des Online-Werbebudgets zufliessen.239 Aufgrund dieses Missverhältnisses wird in den nächsten Jahren ein stärkeres Wachstum der Online-Werbung im Vergleich zur Werbung in den anderen Medien prognostiziert. So erwartet der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), dass in Deutschland die Online-Werbung ungefähr auf 5 Prozent des gesamten deutschen Werbebudgets ansteigen wird.240 4.3.4 Die Entwicklung des E-Commerce-Volumens Es ist sehr schwierig, die zukünftige Entwicklung des E-Commerce-Volumens im B2C-Bereich abzuschätzen. Gemäss einer Studie von GarnterG2 wird sich das Volumen in Europa von 97.8 Milliarden Euro im Jahr 2002 auf 258.7 Milliarden Euro im Jahr 2005 steigern, was jedoch nur 5.6 Prozent des gesamten europäischen Einzelhandels entspricht. Dabei gilt insbesondere Deutschland mit einem geschätzten zukünftigen Volumen von 75.8 Milliarden Euro für das Jahr 2005 als der grösste Markt innerhalb Europas.241 Für die Portale und virtuellen Marktplätze sind insbesondere zwei Faktoren entscheidend: die Verbreitung der Breitbandtechnologie und die Förderung des Vertrauens der Konsumen-ten in E-Commerce-Transaktionen. Gemäss eines Online Shopping Survey von Infratest und Enigma GfK nutzen die Besitzer von Breitbandanschlüssen mit einem Anteil von 86 Prozent überdurchschnittlich das Angebot des Online-Shoppings. Die schnelle Verbreitung der Breitbandtechnologie in Europa kann demzufolge zu wichtigen Impulsen zugunsten des E-Commerce in den nächsten Jahren führen.242 Der zweite wichtige Faktor für die Entwick-lung des E-Commerce-Volumens ist das grundsätzliche Vertrauen der Konsumenten in E-Commerce-Transaktionen. Nach wie vor empfinden viele Konsumenten Online-Shopping unsicherer als konventionelles Einkaufen. Hier müssen die Portale und virtuellen Marktplät-ze Vertrauen schaffen und versuchen, die Sicherheitsbedenken der Konsumenten abzubau-en. Dies umfasst nicht nur die Implementierung eines sicheren Zahlungssystems, sondern auch einen vernünftigen Umgang mit den Kundendaten durch die Anbieter.243

239 EIAA, 2003, 1. 240 GOLEM, 2003, 1 f. 241 GOLEM, 2002, 1 f. 242 NFO INFRATEST, 2003, 1. 243 Vgl. 6.2.7 Die datenschutzrechtlichen Risiken der Portale und Marktplätze.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 81

4.4 Die unternehmensinternen Stärken und Schwächen Zusätzlich zu den oben dargelegten unternehmensexternen Einflüssen sind die unterneh-mensinternen Einflüsse für die gegenwärtige und zukünftige Wettbewerbsposition des Portals oder des virtuellen Marktplatzes entscheidend. Aufgrund der analysierten Portale und Marktplätze sollen im Folgenden die wichtigsten kritischen Erfolgsfaktoren der Branche aufgezeigt werden, die sich je nach deren spezifischen Ausprägung im Unterneh-men als unternehmensinterne Stärke oder Schwäche auf die Wettbewerbsposition des Portals oder des Marktplatzes auswirken können. 4.4.1 Die Bekanntheit der Unternehmensmarke (Brand) Der Bekanntheitsgrad einer Unternehmensmarke bzw. Brand eines Portals oder eines virtuellen Marktplatzes ist wohl der wichtigste Erfolgsfaktor, um im E-Commerce erfolg-reich bestehen zu können. Die Unternehmensmarke ergibt sich aus dem Domainname. Er kann einen Bezug zum angebotenen Produkt oder zum Geschäftsmodell haben oder einen völligen Phantasienamen bilden. So kann erahnt werden, dass hinter dem Brand tra-vel24.com ein Marktplatz für Reiseangebote steht, der jederzeit und von überall genutzt werden kann. Bei monster.com kann dagegen nur beschränkt auf eine der weltweit grössten Jobbörsen geschlossen werden. Entscheidend ist jedoch nur, inwieweit der Name oder die Marke bei den Internet-Nutzern bekannt ist. Ein Portal oder Marktplatz ohne eine starke Marke wird nicht überleben können. Ausserdem bildet die Marke eine hohe Markteintritts-barriere für neue Wettbewerber. Der Aufbau der Unternehmensmarke kann grundsätzlich nach zwei Arten erfolgen. Die eine Art umfasst eine gross angelegte Werbekampagne, die schnell eine grosse Bekanntheit der Marke schaffen kann, jedoch sehr teuer ist. Beispiele dafür sind die Co-Shopping Plattform LetsBuyIt.com oder das Tourismus-Portal MySwitzerland.com, für die in den Print-Medien und TV geworben werden. Eine andere Art ist die Mund-zu-Mund Propaganda. Die Unternehmung lanciert nicht eine grosse Werbekampagne, sondern vertraut auf die Qualität des Produktes, und dass sich diese über Kunden, Aktionäre und Journalisten herumspricht. So wurde beispielsweise das Finanzportal OnVista.de nur durch Mund-zu-Mund Propagan-da zu einem der grössten Finanzportale Deutschlands.244 Heute können im Vergleich zu früheren Jahren kaum mehr Investoren für ein Internet-Start-up gefunden werden, die bereit

244 SCHUBERT, 2001, 60 f.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 82

wären, einen zweistelligen Millionenbetrag für eine grosse Kampagne in Print-Medien, Radio und TV zur Verfügung zu stellen.245 Darum steht der langsame Aufbau der Marke und dessen Finanzierung aus dem Cash Flow im Vordergrund.246 4.4.2 Die Kundenbindung Eine möglichst hohe Bekanntheit des Portals oder des virtuellen Marktplatzes ist die Grundlage für den Erfolg. Danach gilt es aber, die Kunden an das Portal und den Marktplatz zu binden und einen loyalen Kundenkreis aufzubauen, der regelmässig die Website besucht und regelmässig Umsätze mit den Bezahldiensten tätigt. Grundsätzlich können gemäss der Intensität der Kundenbindung drei aufeinanderfolgende Phasen bei Portalen unterschieden werden: Abb. 4-3: Fokus der Kundenbindung Quelle: Eigene Darstellung

In der ersten Phase der Kundenbindung, im Speziellen in der Aufbauphase eines Portals, gilt es, eine allgemeine Bekanntheit zu erlangen. Möglichst viele Internet-Nutzer sollen für

245 Schätzungen gehen von 7 Millionen bis 10 Millionen Euro aus. ALTOBELLI & HANDKE-GKOUVERIS, 2001, 17. 246 NEUHAUS, 2001, 65. Beispielsweise bedienen sich Moneycab.ch oder tilllate.ch nur der Mund-zu-Mund-Propaganda und treiben

praktisch keine zusätzliche Werbung. INTERVIEW mit H. Fuchs, Moneycab; INTERVIEW mit M. Müller, tilllate GmbH.

Fokus auf allgemeine Bekanntheit

Fokus auf registrierte Kunden

Fokus auf loyale Kunden und

digitale Gemeinschaften

1. Phase 2. Phase 3. Phase Fokus der Kundenbindung

Werbung Hauptsächlich Werbung und teilweise E-Commerce

- Werbung - E-Commerce - Bezahldienste

1. Phase 2. Phase 3. Phase Umsatzgeneratoren

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 83

das Portal interessiert werden. Dabei liegt der Fokus des Portals hauptsächlich auf den Besucherzahlen (Unique Visitors)247 oder Seitenaufrufen (Page impressions). Anhand der Besucherzahlen versucht sich das Portal, den Werbepartnern als Werbefläche zu empfehlen. Der Umsatz des Portals besteht demzufolge hauptsächlich aus Werbeeinnahmen. In der zweite Phase der Kundenbindung wird versucht, die Besucher an das Portal zu binden, indem gewisse Angebote nur nach einer Registrierung in Anspruch genommen werden können. Für die Registrierung werden oft persönliche Daten abgefragt, die über die einfachen Personalien und E-Mail Adresse hinausgehen. Dadurch können die Informationen und Angebote des Portals sowie allfällige Newsletters, vorbehaltlich der datenschutzrechtli-chen Bestimmungen,248 auf die Bedürfnisse des Nutzers massgeschneidert werden.249 Oder anders ausgedrückt: das Angebot des Portals wird personalisiert. Der registrierte Nutzer kann das Portal gemäss seinen Bedürfnissen personalisieren und wird es dadurch anderen unpersonalisierten Portalen vorziehen.250 Der Fokus des Portals liegt in dieser Phase hauptsächlich auf der Anzahl registrierter Kunden. Je grösser der Kundenstamm, desto attraktiver wird das Portal als Werbeträger. Ausserdem können aufgrund der persönlichen Angaben und Interessen der Kunden ganz spezifische Werbepartner durch das Portal angesprochen werden. Auf den virtuellen Marktplätzen vermittelt der Betreiber der elektronischen Plattform zwischen den potentiellen Kunden und den Anbietern von Gütern und Dienstleistungen. Für den Marktplatz ist es daher im Vergleich zum Portal schwieriger, Nutzer zu binden. Ein grosser Kundenstamm bildet aber auch für den Marktplatz die Voraussetzung für das erfolgreiche Bestehen als Werbeträger. Der Marktplatz benutzt daher wie das Portal die Registrierung von Nutzern als Instrument der Kundenbindung. Durch die Registrierung können die Kunden den Marktplatz personalisieren, indem nur die Angebote gemäss ihrer Interessen angezeigt werden oder die Kunden durch einen Newsletter per E-Mail regelmäs-sig über neue Angebote informiert werden.251

247 Bei der Zählung der Besucherzahlen nach Unique Visitors wird die Anzahl der Besucher in einem bestimmten Zeitraum

gemessen. Mehrmalige Besuche desselben Benutzers werden nur einfach gezählt. BARTSCHERER & KUJUMDSHIEVA, 2002, 209.

248 Vgl. 6.2.7 Die datenschutzrechtlichen Risiken der Portale und Marktplätze. 249 Vgl. beispielsweise den Registrierungsprozess beim grössten spanischsprachigen Portal terra.es. 250 Vgl. 3.4.1 Begriff und Arten von Portal. 251 Vgl. beispielsweise die Dienstleistungen wie Newsletter, Speicherung von Suchabfragen, Suchagenten, etc., welche nach einer

Registrierung bei den virtuellen Marktplätzen von car4you.ch oder homegate.ch genutzt werden können.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 84

Der Umsatz in dieser Phase der Kundenbindung besteht bei Portalen und virtuellen Marktplätzen hauptsächlich aus den Werbeeinnahmen, teilweise aus den Platzierungsgebüh-ren sowie Umsatzprovisionen der Marktplatz-Partner. In der dritten Phase der Kundenbindung geht der Fokus über die Registrierung und Personalisierung hinaus. Der Kunde soll dadurch gebunden werden, dass ihm eine persönli-che Arbeitsumgebung und Zugang zu digitalen Gemeinschaften im Portal angeboten werden.252 Die persönliche Arbeitsumgebung kann beispielsweise E-Mail Service, SMS Service, elektronische Agenda enthalten, auf die jederzeit von überall zugegriffen werden kann. Die digitalen Gemeinschaften werden durch die Portale aufgebaut und können beispielsweise eine Vielzahl von Chat-Räumen nach Interessen, Regionen oder Altersklas-sen, Dating-Dienste, Plattformen zum Austausch von Fotos oder Messenger-Dienste umfassen.253 In der dritten Phase der Kundenbindung liegt der Fokus nicht nur bei den registrierten Kunden, sondern bei einer weiteren Festigung der Kundenbeziehung mit den loyalen und regelmässig wiederkehrenden Kunden. Diese Kunden sind im Portal auch grundsätzlich bereit, für hochwertige Inhalte und Dienstleistungen zu bezahlen und kaufen regelmässig auf den Marktplätzen ein. Der Umsatz der Portale umfasst daher neben den Werbeeinnah-men und Umsatzprovisionen auch direkte Einnahmen aus Bezahldiensten. Abschliessend kann grundsätzlich festgehalten werden, dass weder durch die Besucherzah-len oder die Anzahl registrierter Kunden das Ertragspotential abgeschätzt werden kann. Gerade unter den registrierten Benutzern befinden sich viele „Karteileichen“, welche die Website kaum benutzen und auch keinen Umsatz generieren. Darum ist bei der Analyse eines Kundenstamms immer Vorsicht geboten und kritisch zu hinterfragen, wie gross tatsächlich der Anteil an aktiven und umsatzgenerierenden Kunden ist.254

252 Vgl. beispielsweise den Bereich My T-Online des grössten deutschsprachigen Portals T-Online.de oder das Unternehmensportal

des Telekommunikationsanbieters Sunrise.ch. 253 Vgl. beispielsweise die Vielzahl von Chaträumen im grössten schweizerischen Portal bluewin.ch oder die Community in Form des

virtuellen Habbo-Hotels bei T-Online.de. 254 Beispielsweise könnten jene Kunden aussortiert werden, mit denen in den letzten 12 Monaten keine Umsätze getätigt wurden,

oder die sich in den letzten 3 Monaten nicht mehr in den personalisierten Bereich eingeloggt haben.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 85

4.4.3 Die Mehrkanalfähigkeit Das Portal und der Marktplatz dürfen sich nicht dem Trend verschliessen, dass immer mehr Konsumenten mit Handys die Informationen abrufen wollen. Es besteht somit ein Bedürf-nis, dass die Informationen und Dienste neben dem üblichen Kanal des Webs auch über WAP, SMS und Voice zugänglich gemacht werden. Dabei muss der Inhalt sowie das Layout der Angebote den entsprechenden Kanälen angepasst werden. Insbesondere die schon weit verbreiteten SMS-Dienste sind für Portale von grossem Interesse, da sie eine direkte Erlösquelle bilden und im Gegensatz zum Web jede Lieferung von Informationen per SMS dem Kunden verrechnet werden kann. So bietet beispielsweise das deutsche Sport-Portal Sportal.de einen SMS-Dienst an, der jeweils den aktuellen Spielstand der deutschen Bundesliga zusendet. 4.4.4 Die Übersichtlichkeit und Benutzerfreundlichkeit Der Ausspruch „Content is King!“ beschreibt die Wichtigkeit, den Benutzern fundierte Inhalte anzubieten und dadurch auch in der Lage zu sein, die Benutzer an das Angebot zu binden. Obwohl die Inhalte in den Mittelpunkt gerückt werden, darf nicht übersehen werden, dass die Übersichtlichkeit und Benutzerfreundlichkeit255 der Portale und Marktplät-ze einen ebenfalls entscheidenden Erfolgsfaktor bilden. Der Nutzen von übersichtlichen und benutzerfreundlichen Internet-Angeboten kann folgendermassen graphisch dargestellt werden:256

255 Die Begriffe der Übersichtlichkeit und Benutzerfreundlichkeit entspricht in der vorliegenden Arbeit dem englischen Begriff der

Usability. 256 ZERFASS & ZIMMERMANN, 2004, 5 ff.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 86

Abb. 4-4: Nutzen einer übersichtlichen und benutzerfreundlichen Website Quelle: Zerfass, 2004, 6 f.

Grundsätzlich kann festgehalten werden, je effizienter und effektiver ein Portal oder ein Marktplatz genutzt werden kann, umso attraktiver wird die Website für die Benutzer. Der Benutzer wird daher das entsprechende Angebot regelmässig nutzen, was zu der gewünsch-ten Kundenbindung führt. Obwohl jedoch die Website eine effiziente Nutzung ermöglichen soll, darf jedoch das Design nicht vernachlässigt werden. Ausserdem ist trotz der steigenden Anzahl an Breitbandanschlüssen noch auf jene Internet-Nutzer Rücksicht zu nehmen, die nach wie vor nur über einen analogen Zugang zum Internet verfügen. Die Portale und Marktplätze dürfen nicht mit Objekten überladen werden, die eine lange Ladezeit der Website verursachen. Die häufigsten Fehler, die immer wieder bei der Gestaltung der Websites begangen werden, können folgendermassen zusammengefasst werden:257

• Das Angebot der Website kann nicht sofort erkannt oder verstanden werden.

• Die Navigation auf der Website ist nicht sofort ersichtlich und nicht durchgängig auf den Unterseiten zu finden. Darum kann sich der Besucher nur schwerlich auf der

257 ZIMMERMANN, 2004, 9 ff.

Die Website kann durch die Besucher effizienter und effektiver genutzt werden.

Mögliche Verunsicherungen, Frustration und Lernaufwand der Benutzer sinken.

Die subjektive Zufriedenheit der Benutzer führt zu einer erhöhten Inanspruchnahme

der Inhalte und Services.

Kundenbindung

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 87

Website zurechtfinden. Häufig sind die Begriffe der Navigation generell unverständ-lich oder werden zumindest nicht von sporadischen Internet-Nutzern verstanden.

• Die Inhalte sind nicht dem Medium angepasst. Die Texte sind zu lang und nicht mehr

auf dem aktuellsten Stand. Ausserdem muss den Kunden die Möglichkeit geboten werden, die Texte in einem akzeptablen Format ausdrucken zu können.

• Die Website ist nicht zielgruppengerecht gestaltet. Den Bedürfnissen der Zielgruppe

muss nicht nur hinsichtlich des Inhalts der Website sondern auch gestalterisch Rech-nung getragen werden.

• Die Downloadzeiten sind zu lang.

• Der Nutzer wird beim Registrierungsprozess oder bei der Bestellung allein gelassen

und nicht angeleitet, oder der Registrierungs- bzw. Bestellprozess dauert zu lange. 4.4.5 Die Systemsicherheit und -verfügbarkeit Ein Portal und ein virtueller Marktplatz muss den Kunden rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Kann ein Kunde nicht ein Angebot abrufen oder einen Einkauf tätigen, ist er erstens enttäuscht und zweitens nur ein paar wenige Klicks von der Konkurrenz entfernt. Die Hochverfügbarkeit der Portale und Marktplätze ist ein kritischer Erfolgsfaktor für den Geschäftserfolg. Ab 99.99 Prozent Verfügbarkeit kann von Hochverfügbarkeit gesprochen werden, was einer Ausfallzeit von 52,6 Minuten pro Jahr entspricht. Die meisten Internet-Unternehmen erreichen oft nur 99 Prozent Verfügbarkeit, was immerhin einer Ausfallzeit von rund 3,7 Tagen pro Jahr entspricht.258 Die Portale und virtuellen Marktplätze müssen prophylaktisch Sicherheitskonzepte entwickeln, wie vorgegangen wird, wenn kritische Geschäftsabläufe durch interne oder externe Störungen ausfallen. Das Sicherheitskonzept umfasst Regelungen hinsichtlich Hard- und Software sowie organisatorische und personelle Regelungen einschliesslich der Wartung und des Notfalldienstes.259 Durch das Sicherheitskonzept kann die Gefahr reduziert 258 MICROSOFT, 2002, 4. Gemäss eigenen Angaben soll beispielsweise Ricardo.ch über eine Systemverfügbarkeit von 99.99 %

verfügen. INTERVIEW mit R. Muntwyler, Ricardo.ch. 259 MICROSOFT, 2002, 5.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 88

werden, dass Dienstleistungen während einer längeren Zeit den Kunden nicht mehr zur Verfügung stehen und die Benutzer dadurch verärgert werden. So sind beispielsweise am 23. Juli 2003 die E-Mail Services des Unternehmensportals Sunrise während zwei Tagen ausgefallen. Zusätzlich sind die auf den Mail-Servern gespeicherten E-Mails unwiderruflich verloren gegangen. Diese Panne verärgerte viele Kunden des Portals und schadete dem gesamten Image des Unternehmens. 4.4.6 Die Preise und Gebühren Wie bei herkömmlichen Geschäftsmodellen bildet auch bei Portalen und virtuellen Marktplätzen die Preis- und Gebührenpolitik einen kritischen Erfolgsfaktor. Mit den Werbepartnern müssen die Bedingungen sowie die Abrechnungsmethode für die Werbung vereinbart werden. Die Umsatzprovisionen und Platzierungsgebühren sind mit den Marktplatz-Partnern auszuhandeln. Und schliesslich sind die Preise der Bezahldienste für die Kunden festzulegen. Die Festlegung und Einführung von Preisen für die Bezahldienste gestaltet sich als sehr schwierig, da die Internet-Benutzer nach wie vor von der langjährigen Gratiskultur des Internets geprägt und teilweise heute noch nicht bereit sind, für Leistungen im Internet zu bezahlen.260 4.4.7 Der Spam- und Datenschutz Die unverlangte elektronische Massenwerbung über E-Mail, das so genannte Spam oder Spamming,261 entwickelte sich über die letzten Jahre immer mehr zu einem ernsthaften Problem für die E-Mail Benutzer und die Anbieter von E-Mail Services. So macht heute beispielsweise beim Portal Bluewin das Spam bereits zwei Drittel aller eintreffenden E-Mails aus und beim Sunrise-Portal die Hälfte.262 Das Spam-Problem hatte zur Folge, dass ein effizienter und zuverlässiger Spam-Schutz und Schutz der Kundendaten sich zu einem kritischen Erfolgsfaktor der Portale und virtuellen Marktplätze entwickelte. Das Portal muss gegenüber den Kunden gewährleisten können,

260 Beispielsweise sind die Kunden von comparis.ch nur zögerlich bereit, für den Vergleich von Hypotheken zu bezahlen. Bis anhin

war bekannt, dass alle Dienstleistungen bei comparis.ch gratis sind. INTERVIEW mit M. Scherrer, comparis.ch. 261 Es wird behauptet, dass der Begriff des Spams für unverlangte Werbe-E-Mails von einem Sketch der britischen Comedy-Gruppe

Monty Python abgeleitet worden sei. In diesem Sketch singen eine Horde von Wikingern laut "Spam, Spam, Spam" und übertönen damit alle anderen Geräusche und Unterhaltungen. Andere behaupten, dass Wort Spam sei ein Kurzwort aus den Anfangsbuchstaben von Simultaneously Posted Advertising Message. YAHOO!, 2004, 1.

262 METZGER, 2004, 117.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 89

dass erstens die bei der Registrierung aufgenommen Kundendaten und die E-Mail Adresse nicht ohne Einwilligung des Kunden für Werbezwecke weitergegeben werden und zweitens auch effektiv gegenüber unbefugten Dritten wie Hackern geschützt sind. Dieser Schutz muss ausserdem in einem verstärkten Masse für alle Zahlungssysteme gelten. Die Daten im Rahmen der Bezahlung für Bezahldienste müssen effektiv gegen Unbefugte gesichert sein. Möglichkeiten eines Spam-Schutzes bilden beispielsweise die Spam-Filter, welche in den E-Mail Services vieler Portale integriert wurden. Der Spam-Filter ist ein Programm, dass einen Grossteil der Werbesendungen erkennen kann und sie an einem separaten Ort ablegt. Dadurch kann die Anzahl der E-Mails in der Mailbox reduziert werden.263

4.5 Die Beurteilung des Konkurrenzumfeldes Die unternehmensexternen Chancen und Gefahren beeinflussen alle Wettbewerber der Branche gleichermassen. Die kritischen Erfolgsfaktoren gelten grundsätzlich ebenfalls für alle Portale und virtuellen Marktplätze. Inwieweit diese kritischen Erfolgsfaktoren letztlich eine unternehmensinterne Schwäche oder Stärke im Wettbewerb bilden, ist von der spezifischen Ausprägung im zu untersuchenden Unternehmen im Vergleich zu den direkten Konkurrenten abhängig. Bevor die Wettbewerbsposition des zu untersuchenden Portals und virtuellen Marktplatzes anhand der unternehmensexternen und -internen Einflüsse bestimmt werden kann, müssen zwei bis drei direkte Konkurrenten als Vergleichsunternehmen (sog. Peer Group) identifi-ziert werden. Die Vergleichsunternehmen sollten dabei eine möglichst grosse Übereinstim-mung hinsichtlich der Grösse des Unternehmens, der Geschäftstätigkeit, der Anzahl Kunden und der angebotenen Dienstleistungen und Produkte aufweisen. Beispielsweise könnten die grossen Portalgruppen Wanadoo, Tiscali, Terra Networks als Vergleichsunternehmen für T-Online herangezogen werden. Dagegen könnte der virtuelle Marktplatz für Autos von Car4you.ch mit den direkten Konkurrenten autowinner.ch und autoscout24.ch verglichen werden.

263 Vgl. beispielsweise den Spamfilter in den Portalen von yahoo.de oder sunrise.ch.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 90

Wurden die Konkurrenten identifiziert, kann im folgenden Schritt anhand der Wettbewerbs-vorteilsmatrix die spezifische Markt- und Wettbewerbsposition des zu untersuchenden Portals oder Marktplatzes bestimmt werden.

4.6 Die Markt- und Wettbewerbsposition Die Wettbewerbsvorteilsmatrix ist ein Hilfsmittel zur Analyse der Markt- und Wettbe-werbsposition eines bestimmten Unternehmens im Vergleich zur Konkurrenz hinsichtlich der wichtigsten Erfolgsfaktoren.264 Für die Erstellung der Wettbewerbsvorteilsmatrix müssen erstens die oben dargestellten kritischen Erfolgsfaktoren der Portale und virtuellen Marktplätze aufgrund ihrer praktischen Relevanz in eine Reihenfolge gebracht werden. Zweitens muss festgelegt werden, wie die entsprechende Unternehmung hinsichtlich dieser Erfolgsfaktoren im Vergleich zur direkten Konkurrenz (Peer Group) einzuordnen ist. Für ein fiktives spezifisches Portal oder Marktplatz könnte die Wettbewerbsvorteilsmatrix beispielsweise folgendermassen dargestellt werden: Abb. 4-5: Beispielhafte Wettbewerbsvorteilsmatrix Quelle: SEBASTIAN et al., 1999, 303; PRESCHERN & WINTERSBERGER, 2002, 112.

264 Vgl. 2.3.4.1 Die kommerzielle Due Diligence.

Erfolgsfaktoren: 1. Bekanntheit 2. Benutzerfreundlichkeit 3. Kundenbindung 4. Preise & Gebühren 5. Systemverfügbarkeit 6. Daten- und Spamschutz 7. Mehrkanalfähigkeit

Relative Leistung im Vergleich zur Konkurrenz (Peer Group)

Rel

ativ

e W

icht

igke

it fü

r de

n W

ettb

ewer

b

Nachteil Vorteil gross

klein

schlecht gut

2

1

3

4

5

6

7

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 91

Das oben dargestellte fiktive Portal ist relativ gut im Wettbewerb positioniert, da sie bei den wichtigen kritischen Erfolgsfaktoren wie Bekanntheit, Benutzerfreundlichkeit und der Kundenbindung besser als die direkten Konkurrenten abschneidet. Dagegen können die Verfügbarkeit der Website und insbesondere die Preise und Gebühren der Angebote im Portal verbessert werden. Hinsichtlich des Daten- und Spamschutzes kann sich das Portal nicht wesentlich von der Konkurrenz abheben bzw. positionieren. Die Mehrkanalfähigkeit wird zwar noch im Vergleich zu den anderen Erfolgsfaktoren als weniger relevant angese-hen. Dies könnte sich aber in der nahen Zukunft ändern, was wiederum die Wettbewerbspo-sition beeinflussen würde.

4.7 Zusammenfassung Die oben beschriebenen unternehmensexternen Einflüsse und die unternehmensinternen Erfolgsfaktoren bestimmen die spezifische Wettbewerbsituation eines Portals oder eines virtuellen Marktplatzes. Die unternehmensexternen Einflüsse beinhalten Chancen und Gefahren für die zukünftige Tätigkeit und betreffen die ganze Branche gleichermassen. Hingegen bilden die identifizierten kritischen Erfolgsfaktoren je nach deren konkreten unternehmensinternen Ausprägung eine Stärke oder eine Schwäche und bestimmen letztlich als unternehmensinterne Einflüsse die Wettbewerbsposition in Bezug auf die Konkurrenz. Die unternehmensinternen und -externen Einflüsse auf die Wettbewerbssituation eines Portals oder eines virtuellen Marktplatzes lassen sich graphisch folgendermassen zusam-menfassen:265

265 Vgl. 2.3.4.1 Die kommerzielle Due Diligence.

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 92

Abb. 4-6: Die unternehmensinternen und -externen Einflüsse Quelle: in Anlehnung an PRESCHERN & WINTERSBERGER, 2002, 109 f.

4.8 Checkliste für die kommerzielle Due Diligence Hinsichtlich Brand bzw. Unternehmensmarke:

Wie ist der Bekanntheitsgrad der Unternehmensmarke einzuschätzen? Ist die Unternehmensmarke geeignet für eine weitere Verbreitung? Wie soll die Bekanntheit gefördert werden? Durch eine Werbekampagne oder nur

durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder durch eine Kombination von beiden Mög-lichkeiten?

Passt die Unternehmensmarke zu den angebotenen Produkten oder Dienstleistungen? Verträgt sich die Unternehmensmarke der Zielgesellschaft mit den Brands der über-

nehmenden Gesellschaft? Bleibt die Unternehmensmarke auch nach der Übernahme glaubwürdig?

Ist die Unternehmensmarke rechtlich genügend geschützt? (Diese Frage wird im Rahmen der rechtlichen Due Diligence abgeklärt.)

Verletzt der Brand den rechtlichen Schutz anderer Marken? (Diese Frage wird im Rahmen der rechtlichen Due Diligence abgeklärt.)

Stärken & Schwächen: - Bekanntheit - Intensität der Kundenbindung - Mehrkanalfähigkeit - Übersichtlichkeit & Benutzerfreundlichkeit - Systemsicherheit & Systemverfügbarkeit - Preise und Gebühren - Daten- und Spamschutz

Chancen & Gefahren: - Wachstum der Anzahl Internet-Nutzer - Verbreitung der Breitbandtechnologie - Akzeptanz der Bezahlinhalte - Wachstum der Online-Werbebudgets - Wachstum des E-Commerce Volumens

Wettbewerbssituation des Portals & Marktplatzes

Schwächen Stärken

Chancen Gefahren

Unternehmensexterne Einflüsse

Unternehmensinterne Einflüsse

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 93

Hinsichtlich Kundenbindung:

In welcher Phase der Kundenbindung befindet sich das Portal bzw. der Marktplatz? Liegt der Fokus auf der allgemeinen Bekanntheit? Auf registrierten Kunden? Auf loyalen Kunden und digitalen Gemeinschaften?

Mit welchen Dienstleistungen wird versucht, die Kunden zu binden? Sind diese Dienstleistungen auch geeignet, die Kunden zu binden?

Passen die angebotenen Dienstleistungen und digitalen Gemeinschaften zur Ziel-gruppe der Kunden?

Wie gross ist der Anteil an aktiven und regelmässig umsatzgenerierenden Kunden innerhalb des gesamten Kundenstammes? Mit wie vielen Kunden des Kundenstam-mes konnten in den letzten 3, 6 und 12 Monaten mindestens einmal Umsatz generiert werden?

Wie gross ist die Bereitschaft des durchschnittlichen Kunden für Inhalte und Services zu bezahlen?

Wie häufig kauft der durchschnittliche Kunde im Internet ein? Wie passt der Kundenstamm der Zielgesellschaft zum Kundenstamm der überneh-

menden Gesellschaft? Wie kann die übernehmende Gesellschaft den neuen Kunden-stamm nutzen?

Hinsichtlich Mehrkanalfähigkeit:

Werden Informationen und Dienste auch über WAP, SMS oder Voice zugänglich gemacht?

Sind die Inhalte und das Layout der Angebote den entsprechenden Kanälen ange-passt?

Wie stark werden diese Kanäle durch die Kunden genutzt? Hinsichtlich Übersichtlichkeit und Benutzerfreundlichkeit:

Ermöglicht die Website eine effiziente und effektive Nutzung? Wie wird die Kundenzufriedenheit hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit der Web-

site eingeschätzt? Wurden diesbezüglich Erhebungen durchgeführt? Kann das Angebot sofort erkannt und verstanden werden? Ist die Navigation der Website sofort ersichtlich und durchgängig auf allen Untersei-

ten zu finden? Sind die Begriffe der Navigation auch für weniger geübte Internet-Nutzer verständlich?

Ist die Dauer der Downloadzeiten für den Kunden akzeptabel?

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4. KAPITEL: DIE KOMMERZIELLE DUE DILIGENCE 94

Wird der Kunde beim Registrierungs- und Bestellprozess angeleitet? Ist die zeitliche Dauer des Registrierungsprozesses für den Kunden akzeptabel?

Hinsichtlich Systemsicherheit und -verfügbarkeit:

Wie gross ist die prozentuale Verfügbarkeit pro Jahr? Von welchen wesentlichen Störungen war das Portal oder der virtuelle Marktplatz in

den letzten zwei Jahren betroffen? Existieren Sicherheitskonzepte, falls die Geschäftsabläufe intern oder extern gestört

werden? Entsprechen das Sicherheitskonzept und die entsprechenden Massnahmen dem

aktuellen Stand der möglichen internen und externen Bedrohungen? Hinsichtlich Preise und Gebühren:

Wie wird die Höhe der Preise für die Platzierung der Werbung im Vergleich zur Konkurrenz eingeschätzt?

Wie wird die Höhe der Umsatzprovisionen und Platzierungsgebühren im Vergleich zur Konkurrenz eingeschätzt?

Wie wird die Höhe der Preise für die Bezahldienste im Vergleich zur Konkurrenz eingeschätzt?

Wie preissensibel ist die Zielgruppe? Ist der Kunde grundsätzlich bereit für hochwer-tige Inhalte und Dienste zu bezahlen?

Hinsichtlich Spam- und Datenschutz:

Wie werden die Kundendaten gegen internen oder externen Missbrauch geschützt? Werden Teile der Kundendaten wie beispielsweise E-Mail Adresse an Dritte weiter-

gegeben? Wenn ja, wie wird die Einwilligung der Kunden eingeholt? Wie werden die Daten im Rahmen des Zahlungssystems geschützt? Wie werden die Kunden gegen Spam geschützt?

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 95

5 Die finanzielle Due Diligence Grundsätzlich ist das Ziel der finanziellen Due Diligence, die wesentlichen gegenwärtigen und zukünftigen Risiken der Zielgesellschaft aufzudecken und das zukünftige Ertragspoten-tial einzuschätzen. Die identifizierten finanziellen Risiken und die Beurteilung des zukünftigen Ertragspotentials sind wichtige Grundlagen für die anstehenden Verkaufsver-handlungen, den Kaufvertrag und die Bewertung der Zielgesellschaft. Der grundsätzliche Ablauf der finanziellen Due Diligence kann im Überblick folgendermassen dargestellt werden:266 Abb. 5-1: Ablauf der finanziellen Due Diligence Quelle: Eigene Darstellung

266 Vgl. 2.3.4.2 Die finanzielle Due Diligence.

Grobanalyse der Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft und Branche (Grobanalyse der kommerziellen Situation)

Analyse der historischen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gemäss den tatsächlichen Verhältnissen (true & fair view)

Beurteilung des zukünftigen Ertragspotentials unter Einbezug von zukünftigen Restrukturierungs- und Transitionskosten sowie der

geplanten Investitionen nach dem Unternehmenserwerb

Bereinigung der ordentlichen Abschlüsse von handelsrechtlichen Abweichungen

(Restatement)

Bereinigung der Abschlüsse gemäss true & fair view von nicht-betrieblichen

und einmaligen Einflüssen (Normalisierung)

Beurteilung der nachhaltigen operativen Ergebnisse und der bereinigten Nettoaktiven

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 96

Die einzelnen Schritte des grundsätzlichen Ablaufs der finanziellen Due Diligence werden im Folgenden in Bezug auf die Portale und virtuellen Marktplätze detailliert behandelt. Dabei können die ersten zwei Schritte, die Grobanalyse der kommerziellen Situation und die Bereinigung der handelsrechtlichen Abweichungen, als eigentliche Vorarbeiten für das Kernstück der finanziellen Due Diligence betrachtet werden: die Analyse und Normalisie-rung der Vergangenheitszahlen, die Herleitung der nachhaltigen operativen Betriebsergeb-nisse und der bereinigten Nettoaktiven, sowie die Beurteilung des zukünftigen Ertragspoten-tials.

5.1 Die Grobanalyse der kommerziellen Situation als Ausgangslage Bevor die finanzielle Due Diligence durchgeführt werden kann, muss zuerst ein allgemeines Verständnis für die entsprechende Branche und die Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft aufgebaut werden. Dies kann dadurch erreicht werden, indem Vorarbeiten oder erste Ergebnisse der kommerziellen Due Diligence genutzt werden. In der Praxis, insbesondere bei strategischen Transaktionen (corporate transactions), wird jedoch häufig auf eine detaillierte kommerzielle Due Diligence verzichtet, da der Käufer bereits über ein fundiertes Branchen- und Marktwissen verfügt. Dennoch gilt es im Rahmen der finanziellen Due Diligence eine kurze kommerzielle Grobanalyse durchzuführen, um die kommerziellen Eigenheiten der Branche und der Zielgesellschaft zu verstehen. Ausserdem sind die kommerzielle und finanzielle Due Diligence häufig nicht zeitlich aufeinander abgestimmt, sodass Resultate der kommerziellen Due Diligence bei Beginn der finanziellen Due Diligence noch nicht zur Verfügung stehen. Für die Grobanalyse der kommerziellen Situation werden einerseits externe Informationen wie Analystenberichte über die Branche und Zielgesellschaft oder öffentliche Informationen aus den Medien genutzt. Andererseits steht in der Regel ein ausführliches Informationsme-morandum (IM) des Verkäufers über die Zielgesellschaft zur Verfügung. Darin werden ausführlich die Zielgesellschaft, ihre Branche, ihre Produkte, die historischen Geschäftsab-schlüsse sowie allfällige Businesspläne präsentiert. Ausserdem finden zusätzlich zum Informationsmemorandum (IM) mündliche Präsentationen des Verkäufers bzw. der Zielgesellschaft statt, die einen ersten Einblick in die Zielgesellschaft ermöglichen.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 97

Durch die kommerzielle Grobanalyse anhand der öffentlichen Informationen, des Informa-tionsmemorandums und anhand von Management-Präsentationen können bereits zu Beginn der finanziellen Due Diligence einige wesentliche Risikobereiche erkannt werden. Beispielsweise ist bei Portalen und virtuellen Marktplätzen bereits im Vorfeld der finanziel-len Due Diligence zu erkennen, dass u.a. die Bekanntheit bei den Internet-Nutzern, die Anzahl Kunden, die Benutzerfreundlichkeit der Website und die Attraktivität für Werbe-partner kritische Erfolgsfaktoren für das erfolgreiche Bestehen bilden. Dadurch könnte abgeleitet werden, dass sich u.a. mögliche Risiken im Bereich der immateriellen Anlagen wie Name und Marke, aktivierte Entwicklungskosten der Website und der Aufbaukosten für den Kundenstamm ergeben könnten.

5.2 Bereinigung von handelsrechtlichen Abweichungen (Restatement) 5.2.1 Einflussfaktoren auf die Ausgestaltung der nationalen Rechnungslegung Jedes nationale Rechnungslegungssystem ist über einen langen historischen Entwicklungs-prozess aufgrund der Bedürfnisse der wichtigsten Anspruchsgruppen unterschiedlich entstanden. Unter anderem sind insbesondere die folgenden drei Einflussfaktoren für die spezifische Ausgestaltung der nationalen Rechnungslegungssysteme verantwortlich:267

• Das nationale Rechtssystem: Die unterschiedliche nationale Ausgestaltung der Rechnungslegung wird oft auf die Unterschiede in den nationalen Rechtssystemen zurückgeführt. Dabei kann grund-sätzlich zwischen den anglo-amerikanischen Ländern, die dem Einfluss des Ge-wohnheitsrechts unterliegen (common law), und den Ländern des kontinental-europäischen Rechtskreises, welche durch eine starke Kodifizierung des Rechts ge-prägt sind (code law), unterschieden werden. Aufgrund der geringen Kodifizierung des Handelsrechts in den anglo-amerikanischen Ländern können Wirtschaftsprüfer, Börsenaufsichtsbehörden, Wissenschaftler und andere Interessengruppen Einfluss auf die Ausgestaltung der Rechnungslegung nehmen. Die Rechnungslegung wird demzu-folge geprägt von den Bedürfnissen der Praxis und wird dynamisch an Veränderun-gen angepasst. Hingegen ist im kontinental-europäischen Rechtskreis das Handels-

267 ACHLEITNER & BEHR, 2003, 9 ff. ACHLEITNER & BEHR sehen neben den aufgezählten drei Gründen zusätzlich die

Stellung des Berufstandes der Wirtschaftsprüfer als einen weiteren Grund für die unterschiedliche Ausgestaltung der nationalen Rechnungslegung. Vgl. ACHLEITNER & BEHR, 2003, 13.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 98

recht durch den Gesetzgeber verbindlich festgeschrieben, und neuen Entwicklungen kann nur mit grossen zeitlichen Verzögerungen Rechnung getragen werden.

• Das nationale Steuersystem: Ein wichtiger Einflussfaktor für die unterschiedliche nationale Ausgestaltung der Rechnungslegung bildet das nationale Steuersystem bzw. das Verhältnis zwischen Bilanz- und Steuerrecht. Die Rechnungslegung der kontinental-europäischen Länder (mit der Ausnahme der Niederlande) wird durch das Massgeblichkeitsprinzip der handelsrechtlichen Jahresrechnung für das Steuerrecht beeinflusst. Das Massgeblich-keitsprinzip bedeutet, dass nur handelsrechtskonforme Jahresabschlüsse als Grundla-ge für die Steuerveranlagung in Betracht kommen.268 Die in der Handelsbilanz ge-wählten Vermögensansätze sind somit auch für die Steuerbilanz massgebend, und letztlich bildet auch der Gewinn gemäss Handelsbilanz die Grundlage zur Ermittlung des steuerrechtlichen Gewinns. In bestimmten Fällen wird den Steuerpflichtigen die Möglichkeit gegeben, die Steuerlast zu vermindern bzw. in zukünftige Perioden zu verschieben (beispielsweise aufgrund von steuerlich erlaubten höheren Abschreibun-gen). Gemäss dem Massgeblichkeitsprinzip werden aber diese steuerlichen Gewinn-verlagerungen nur anerkannt, wenn sie in der Handelsbilanz erfasst wurden. Die Handelsbilanz wird dadurch umgekehrt an der Steuerbilanz ausgerichtet (sog. Um-kehrung des Massgeblichkeitsprinzips).269 Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass in den kontinental-europäischen Län-dern die handelsrechtlichen Regelungen immer im Licht der nationalen steuerrechtli-chen Bestimmungen betrachtet werden müssen. Im Gegensatz dazu existiert in den anglo-amerikanischen Ländern nicht diese wechselseitige Beeinflussung von Han-dels- und Steuerrecht. Die handelsrechtlichen Normen dienen ausschliesslich der In-formationsfunktion der Rechnungslegung. Steuerliche Überlegungen sind ausgeblen-det.

• Die Eigentums- und Kapitalmarktstruktur: Ein weiterer Einflussfaktor für die unterschiedliche Ausgestaltung der nationalen Rechnungslegung bildet die Streuung des Aktienbesitzes an den grossen Aktienge-sellschaften und die Beschaffenheit des nationalen Kapitalmarktes. In den anglo-

268 HÖHN & WALDBURGER, 2001, 433. 269 COENENBERG, 2003, 18.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 99

amerikanischen Ländern sind die Aktien meistens unter einer grossen Zahl von Kleinaktionären und Pensionskassen gestreut. Eine transparente Rechnungslegung sowohl in der Konzernrechnung als auch im Einzelabschluss wird dadurch zu einem wichtigen Informationsinstrument für die Aktionäre sowie für potentielle Investoren auf dem Kapitalmarkt. Dagegen befindet sich in den kontinental-europäischen Län-dern nach wie vor ein grosser Teil der Aktiengesellschaften in Familienbesitz, unter Kontrolle des Staates oder unter Kontrolle der Banken. Diese Aktionärskreise versu-chen neben dem Jahresabschluss Informationen anderweitig einzuholen, wie bei-spielsweise die Banken durch Bonitätsprüfung bei der Kreditvergabe oder durch Ein-sitz im Verwaltungsrat. Die Jahresrechnung hatte demzufolge in den kontinental-europäischen Ländern ursprünglich nicht den gleich hohen Stellenwert als Informati-onsmittel für Aktionäre und potentielle Investoren wie in den anglo-amerikanischen Ländern.

Die oben dargestellten Einflussfaktoren bestimmen einerseits die unterschiedliche Ausges-taltung der jeweils nationalen Rechnungslegung. Andererseits können hinsichtlich der Grundphilosophie der Rechnungslegung zwei Arten von Rechnungslegungssystemen ausgemacht werden: die Rechnungslegung gemäss einer true & fair view in den anglo-amerikanischen Ländern und die Rechnungslegung gemäss Vorsichtsprinzip in den kontinental-europäischen Ländern.270 Um jedoch einen hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse und damit eine effiziente Funktionsweise des Kapitalmarktes im europäischen Binnenmarkt sicherzustellen, erliess die Europäische Union die Verordnung, dass die Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaates unterliegen, ab 2005 ihre konsolidierten Abschlüsse gemäss einer true & fair view nach den internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) zu erstellen haben, sofern ihre Wertpapiere an der Börse in einem Mitgliedsstaat gehandelt werden.271 Zudem räumt die Verordnung den Mitgliedsstaaten das Wahlrecht ein, vorzu-schreiben, dass einerseits die börsenkotierten Gesellschaften auch für ihre Einzelabschlüsse IFRS zu übernehmen haben und andererseits auch nicht-kotierte Gesellschaften ihre konsolidierten und sogar die Einzelabschlüsse nach IFRS zu erstellen haben.272 In der Schweiz müssen die im Hauptsegment der SWX kotierten Gesellschaften ihre Rechnungs-legung ab dem 1. Januar 2005 gemäss einer true & fair view nach IFRS oder nach US- 270 ACHLEITNER & BEHR, 2003, 13 f. 271 Verordnung (EG) 1606/2002 Art. 1; Verordnung (EG) 1606/2002 Art. 4. 272 Verordnung (EG) 1606/2002 Art. 5.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 100

GAAP erstellen.273 Die Gesellschaften im Segment Investmentgesellschaften, Immobilien-gesellschaften und SWX Local Caps können weiterhin nach Swiss GAAP FER Rechnung legen.274 Sofern die kotierte Gesellschaft eine Konzernrechnung veröffentlicht, muss nur der konsolidierte Abschluss nach IFRS oder nach Swiss GAAP FER erfolgen. Für den Einzelabschluss können die Bestimmungen des Obligationenrechts angewendet werden.275 Diese regulatorischen Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass auch in den kontinental-europäischen Ländern die internationale Rechnungslegung nach true & fair view, insbeson-dere die IFRS, gegenüber dem Vorsichtsprinzip erheblich an Bedeutung gewinnt. 5.2.2 True & fair view kontra stille Reserven gemäss Vorsichtsprinzip In den anglo-amerikanischen Ländern steht die Informationsfunktion der Rechnungslegung für den Anleger im Vordergrund. Das Ziel des Jahresabschlusses ist es, eine den tatsächli-chen Verhältnissen entsprechende Darstellung der wirtschaftlichen Lage (true & fair view) zu vermitteln. Hingegen hat in den meisten kontinental-europäischen Ländern, insbesondere in der Schweiz und Deutschland, eine möglichst zuverlässige Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung resp. Rechnungslegung (GoB/GoR)276 zu erfolgen. Dieser Unterschied hinsichtlich der Anforderungen an die Rechnungslegung bedeutet, dass in den kontinental-europäischen Ländern statt der true & fair view dem Vorsichtprinzip und letztlich dem Gläubigerschutz einen dominierenden Stellenwert bei der Erstellung des Jahresabschlusses eingeräumt wird.277 Das Vorsichtsprinzip besagt, dass im Interesse des Eigentümers und der Gläubiger bei den mit Ungewissheit versehenen Teilschritten der Bewertung mit Zurückhaltung zu verfahren ist: Vermögensgegenstände sollen nicht zu hoch und Posten des Fremdkapitals sowie Rückstellungen sollen nicht zu knapp bewertet werden.278 In der Praxis dient jedoch das

273 RLFB Rn. 9. 274 RLFB Rn. 10; VON DER CRONE et al., 2004, 1. Für kleinere Unternehmen mit geringer internationaler Geschäftstätigkeit, für

welche der grenzüberschreitende Handel mit den eigenen Titeln weniger wichtig ist, besteht die Möglichkeit, die kostenintensive Umstellung auf IFRS oder US-GAAP mittels einer Umsegmentierung in das SWX Local Caps-Segment zu vermeiden. SCHNEIDER, 2003, 594.

275 KR Art. 67. 276 OR Art. 662a Abs. 1. Für eine detaillierte Beschreibung der Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung (GoB) und Rechnungsle-

gung (GoR) in der Schweiz vgl. TREUHAND-KAMMER, 1998a, 13 ff. 277 ACHLEITNER & BEHR, 2003, 14. 278 TREUHAND-KAMMER, 1998a, 65.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 101

Vorsichtsprinzip oft als Vorwand, um stille Reserven zu bilden, was sich weder mit dem Vorsichtsprinzip noch mit der Ziel der Rechnungslegung, eine möglichst zuverlässige Darstellung der Vermögens- und Ertragslage zu vermitteln, verträgt.279 Die stillen Reserven sind Bestandteil des Eigenkapitals, deren Höhe nicht ersichtlich ist. Auf der Aktivseite entstehen sie durch eine zu niedrige Bewertung von Vermögensgegenstän-den. Auf der Passivseite werden sie durch die Überbewertung des Fremdkapitals und insbesondere der Rückstellungen gebildet. Ihre Auflösung unterliegt im Allgemeinen der Besteuerung.280 Je nach Art der Entstehung der stillen Reserven können weitere Unterarten unterschieden werden:281

• Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert bzw. Verkehrswert und dem gesetz-lich zulässigen Höchstwert wird als sog. Zwangsreserve bezeichnet. Diese Bezeich-nung kommt daher, dass die Zwangsreserven nur in Ausnahmefällen aufgelöst wer-den können. Die Zwangsreserve beruht auf dem Kostenwertprinzip (historical cost) d.h. die Aktiven werden höchstens zu den Anschaffungs- bzw. Herstellkosten bilan-ziert.

• Die Differenz zwischen dem gesetzlichen Höchstwert und einem vorsichtig festge-

legten Buchwert stellt die sog. Ermessensreserve dar. Gemäss dem Vorsichtsprinzip sind die Ermessensreserven im Rahmen eines objektiv begründbaren Spielraums als ordnungsmässig zugelassen.

• Bewertungen unter einem vorsichtig festgelegten Buchwert führen zu sog. Verwal-

tungs- oder Willkürreserven. Die Bildung von Willkürreserven würde in den meisten europäischen Ländern gegen zwingende nationale Bilanzierungsvorschriften verstos-sen.282 Das Obligationenrecht der Schweiz bildet dagegen einen Sonderfall, indem gemäss OR Art. 669 Abs. 3 Willkürreserven ausdrücklich zugelassen sind, obwohl

279 COENENBERG, 2003, 44. 280 COENENBERG, 2003, 297. 281 TREUHAND-KAMMER, 1998a, 71 f.; KPMG, 1998, 54 ff.; DIETERLE, 1996, 53 ff. 282 So beispielsweise auch gegen die Rechnungslegungsnormen des deutschen HGB. COENENBERG, 2003, 298. Bis zur

Aktienrechtsreform von 1962 war aber auch in Deutschland die Bildung von stillen Willkürreserven zulässig. HELBLING, 2001a, 295.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 102

sie im Widerspruch zu den Grundsätzen der ordnungsmässigen Rechnungslegung stehen.283

Gegen die Zwangsreserven kann grundsätzlich nichts eingewendet werden. Sie entstehen automatisch, indem das Kostenwertprinzip angewandt wird. Auch gemäss US-GAAP, IFRS284 oder Swiss GAAP FER285, welche auf das true & fair-Prinzip ausgerichtet sind, entstehen normalerweise Zwangsreserven auf Vermögensgegenständen oder durch die Schaffung eines ertragsabwerfenden Vermögensgegenstandes von dauerndem Wert, dessen Aktivierung jedoch gemäss den entsprechenden Rechnungslegungsbestimmungen nicht zugelassen ist.286 Die Ermessensreserven werden dadurch gebildet, dass von den eingeräumten Wahlrechten für Bilanzierung, Bewertungsverfahren und Wertansätze gemäss der jeweils konservativsten Methode bilanziert wird. Dies kann sich beispielsweise durch eine vorsichtige Schätzung der Nutzungsdauer des Anlagevermögens, durch die Wahl des Verfahrens zur Vorratsbe-wertung (beispielsweise Lifo- oder Fifo-Methode) oder durch eine vorsichtige Schätzung der Höhe der Rückstellungen ergeben.287 Die wesentlichen Ermessensreserven sind im Einzellfall darin zu überprüfen, ob sie hinsichtlich des true & fair-Prinzips noch vertreten werden können, oder ob sie darüber hinausgehen, weil sie beispielsweise aufgrund des umgekehrten Massgeblichkeitsprinzips steuerlich motiviert sind.288 Eine zu vorsichtige Bilanzierung bzw. Bewertung von einzelnen Posten, die nicht mehr mit dem true & fair-

283 Dagegen wurde im Rahmen der Aktienrechtsreform neu geregelt, dass gemäss OR Art. 663b die Auflösung der stillen Reserven

im Anhang offenzulegen ist, falls der Gesamtbetrag der im Geschäftsjahr aufgelösten stillen Reserven den Gesamtbetrag der neugebildeten stillen Reserven übersteigt. „Tiefstapeln bleibt damit weiterhin erlaubt, Hochstapelei wird dagegen unterbunden.“ MEIER-HAYOZ & FORSTMOSER, 2004, 396.

284 Wird der Begriff IFRS allgemein verwendet (analog zu US-GAAP oder Swiss GAAP FER), wird in der vorliegenden Arbeit die Gesamtheit der IAS-, IFRS-Rechnungslegungsstandards und deren Interpretationen verstanden. Wird auf einen einzelnen Standard Bezug genommen, wird er im Folgenden entweder als IAS Standard oder als neuer IFRS Standard zitiert.

285 1984 lancierte die Schweizer Treuhand-Kammer (Berufsverband der Wirtschaftsprüfer, Steuer- und Treuhandexperten) die Errichtung einer unabhängigen Kommission, in der alle interessierten Kreise vertreten sind. Die Kommission hat das Ziel, die schweizerischen Rechnungslegungsstandards weiterzuentwickeln und an das international Niveau anzunähern. Die Rechnungsle-gungsstandards, Fachempfehlungen zur Rechnungslegung FER oder Swiss GAAP FER genannt, sollen eine true & fair view vermitteln. FER, 2003, 1. Der Durchbruch der Swiss GAAP FER kam 1996 mit dem Einbezug in das Kotierungsreglement der Schweizer Börse SWX. Darin wurde für die Zulassung festgelegt, dass die Rechnungslegung des Emittenten nach true & fair view (KR Art. 66) gemäss Swiss GAAP FER (KR Art. 67) oder gemäss anderer anerkannten internationalen Rechnungslegungs-standards wie IFRS oder US-GAAP zu erfolgen hat (KR Art. 70). HELBLING, 2001a, 296.

286 KPMG, 1998, 56. 287 COENENBERG, 2003, 298. 288 Es ist auch nach US-GAAP möglich, dass Ermessensreserven gebildet werden. So führt beispielsweise die Lagerbewertung nach

dem Lifo-Verfahren bei steigenden Einkaufspreisen zu einem tieferen Inventarwert und zu tieferen Gewinnen, als wenn gemäss Fifo-Verfahren bilanziert würde. KPMG, 1998, 56.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 103

Prinzip vereinbar sind, müssen für die Analyse der Jahresabschlüsse im Rahmen der finanziellen Due Diligence korrigiert werden (Restatement). Problematisch sind jene stille Reserven, welche als Willkürreserven qualifiziert werden, da sie über das durch die Vorsicht gebotene Mass hinausgehen. Sie können die Aussagefähig-keit der Bilanz, die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse sowie eine zuverlässige Darstel-lung der Vermögenslage am Bilanzstichtag wesentlich beeinträchtigen.289 Jahresabschlüsse, die wesentliche stille Reserven beinhalten, sind für Analysen praktisch unbrauchbar und müssen im Rahmen der finanziellen Due Diligence bereinigt werden (Restatement). Wie oben dargestellt, bildet die Schweiz einen Sonderfall, indem gemäss Obligationenrecht die Bildung von Willkürreserven grundsätzlich zulässig ist. Obwohl die an der Schweizer Börse SWX kotierten Gesellschaften, und auf freiwilliger Basis auch grössere nicht-kotierte Gesellschaften, die Rechnungslegungsstandards der Swiss GAAP FER verwenden, bilanzieren in der Schweiz immer noch ein Grossteil der kleinen und mittleren Gesellschaf-ten gemäss dem Obligationenrecht. Ausserdem sind die kotierten Konzerne und Konzerne, die Swiss GAAP FER freiwillig anwenden, nur verpflichtet, die Konzernrechnung gemäss der true & fair view zu erstellen. Die Einzelabschlüsse von Tochtergesellschaften können weiterhin nach Obligationenrecht erfolgen.290 5.2.3 Stille Reserven bei Portalen und virtuellen Marktplätzen Häufig sind schweizerische Internet-Unternehmungen kleine Gesellschaften, die ihre Jahresabschlüsse gemäss Obligationenrecht erstellen. Dies führt dazu, dass im Rahmen einer Due Diligence vorgängig die Jahresabschlüsse von potentiellen Reserven bereinigt werden müssen, um eine brauchbare Grundlage für weiterführende Analysen zu erhalten.291 In der Praxis hat dies zur Folge, dass zu Beginn der finanziellen Due Diligence einige Zeit des meist sehr knappen Zeitplans im Dataraum und mit Management-Gesprächen aufge-wendet muss, um die betriebswirtschaftlichen Vergangenheitszahlen bzw. Vergangenheits-zahlen nach true & fair view aufzubereiten (sog. HB I – HB II – Überleitung).

289 COENENBERG, 2003, 299. 290 KR Art. 67 Abs. 2; FER 1.4; vgl. 5.2.1 Einflussfaktoren auf die Ausgestaltung der nationalen Rechnungslegung. 291 Der gesetzliche bzw. steuerliche Abschluss wird auch als Handelsbilanz I (HB I) und der betriebswirtschaftliche Abschluss als

Handelsbilanz II (HB II) bezeichnet. Die Unterschiede zwischen HB I und HB II werden durch die stillen Reserven gebildet. KPMG, 1998, 61.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 104

Bei der Analyse der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse von Portalen und virtuellen Marktplätzen muss den folgenden Bilanzpositionen hinsichtlich der stillen Reserven spezielle Beachtung geschenkt werden:

• Flüssige Mittel292 Die Portale und virtuellen Marktplätze zeichnen sich oft durch hohe Bestände an flüssigen Mitteln aus. So machen beispielsweise die flüssigen Mittel bei Freenet.de und bei Stepstone rund 50% der gesamten Aktiven aus. Werden flüssige Mittel in ausländischer Währung übernommen, muss geprüft werden, welche Wechselkurse angewandt wurden. Grundsätzlich sind die publizierten Devisenkurse des Bilanz-stichtages (Geldkurs) anzuwenden. In der Praxis werden jedoch häufig die Durch-schnittskurse des Monats Dezembers, die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung publiziert werden, verwendet, die vom Stichtagskurs stark abweichen können.293 Die flüssigen Mittel sollten jedenfalls keine stillen Reserven beinhalten, indem die aus-ländischen Guthaben durch einen tieferen internen Kurs umgerechnet werden.

• Forderungen und Wertberichtigung auf Forderungen (Delkredere):

Die mutmasslichen Debitorenverluste werden meistens sehr vorsichtig eingeschätzt, was zu stillen Reserven auf der Position der Netto-Forderungen führt. Der Betrag der Wertberichtigung (Delkredere) muss deshalb überprüft werden, ob er wirklich be-triebsnotwendig ist. Beispielsweise wurde eine Forderung um 50% wertberichtigt, weil allgemein bekannt ist, dass der entsprechende Werbepartner finanziell stark un-ter Druck steht. Dies könnte im Einzelfall als realistisch angesehen werden. Neben der Einzelwertberichtigung können die restlichen Kundenguthaben pauschal für noch nicht absehbare Verlustrisiken wertberichtigt werden. Dabei bestimmt die kantonale Steuerpraxis die Höhe der Wertberichtigung auf den Kundenguthaben, die in der Handelsbilanz gemäss des Massgeblichkeitsprinzips verbucht werden muss. Die kantonale Steuerpraxis wird für die direkte Bundessteuer, die durch die kantona-len Steuerbehörden veranlagt wird, übernommen, da die Praxis des Bundes darin be-steht, dass grundsätzlich die im jeweiligen Veranlagungskanton geltende kantonale

292 Unter liquiden bzw. flüssigen Mitteln werden Bargeld, in- und ausländische Postcheckguthaben, in- und ausländische

Bankguthaben (Kontokorrente, Callgelder bei Banken, Festgelder bei Banken, Depositen- und Sparhefte) zusammengefasst. TREUHAND-KAMMER, 1998a, 122 f.

293 TREUHAND-KAMMER, 1998a, 125. Die Devisenkurse der ESTV sind unter http://www.estv.admin.ch ersichtlich.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 105

Praxis akzeptiert wird.294 So wird beispielsweise nach der Steuerpraxis des Kantons St. Gallen ein pauschaler Einschlag von 10% auf alle inländischen und ausländischen Forderungen gewährt.295 Die steuerliche Pauschale entspricht aber letztlich nicht dem Verlustrisiko, mit dem realistischerweise bzw. in betriebswirtschaftlicher Hinsicht gerechnet werden müsste. Wie die Einzelwertberichtigung muss auch die Pauschalwertberichtigung im Einzel-fall an die Realität angepasst werden. Als einen wichtigen Anhaltspunkt für die Ein-schätzung der Höhe der betriebswirtschaftlichen Wertberichtigung dient die Höhe der historischen tatsächlichen Debitorenverluste.

• Die Sachanlagen in Form von Hardware:

Die Sachanlagen in Form von Hardware machen in der Regel wertmässig nur einen kleinen Teil des gesamten Anlagevermögens der Portale und Marktplätze aus.296 Doch gerade bei der Hardware ist es oft sehr schwierig, ihre Werthaltigkeit einzu-schätzen. Betriebswirtschaftlich (true & fair view) haben die planmässigen Abschrei-bungen über die Nutzungsdauer zu erfolgen.297 Zusätzlich ist die Werthaltigkeit jähr-lich zu überprüfen und allfällige ausserplanmässige Abschreibungen sind vorzuneh-men.298 Steuerlich sind die Datenverarbeitungsanlagen (Hardware und Software) jährlich degressiv mit 40% oder linear über fünf Jahre abzuschreiben.299 Vorgängig zu einer finanziellen Due Diligence ist demzufolge zu prüfen, ob die gewählte Nut-zungsdauer als realistisch betrachtet werden kann, oder ob aufgrund hoher Abschrei-bungen oder Sofortabschreibungen stille Reserven auf den Sachanlagen gebildet wurden. Werden die steuerlichen Abschreibungssätze (degressiv 40% oder linear ü-ber fünf Jahre) aufgrund des umgekehrten Massgeblichkeitsprinzips angewendet,

294 Häufig wird die Praxis des Bundes bezüglich der Wertberichtigung von Debitoren darin umschrieben, dass 5% der inländischen

Forderungen und 10% der ausländischen Forderungen pauschal wertberichtigt werden können. HÖHN & WALDBURGER, 2001, 463. Die ESTV hat jedoch die Praxis nicht in einem Merkblatt (wie beispielsweise das Merkblatt A, das die maximalen Abschreibungssätze für das Anlagevermögen festlegt) geregelt.

295 KANTONALES STEUERAMT ST. GALLEN, 2004, 1. 296 Beispielsweise machen die Sachanlagen ca. 2% der Bilanzsumme bei T-Online, 2% bei QXL ricardo und 5% bei Ebay aus. 297 FER 18.9. Die planmässige Abschreibung kann nach den Methoden der linearen, degressiven oder leistungsproportionalen

Abschreibung erfolgen. FER 18.24. 298 FER 18.10. 299 ESTV, 1995, 1. Die zulässige prozentmässige Abschreibung der direkten Bundessteuer hat verbindlichen Charakter. Die meisten

Kantone haben ebenfalls feste Abschreibungssätze erlassen, welche teilweise die Sätze der direkten Bundessteuer übernehmen oder davon abweichen. Nur in Einzelfällen kann der Steuerpflichtige die Bewertung frei bestimmen. HÖHN & WALDBURGER, 2001, 460 f.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 106

kann die Analyse der Werthaltigkeit der kurzlebigen Hardware jedoch durchaus auch ergeben, dass diese Sachanlagen überbewertet sind.300

• Immaterielle Anlagen: Die immateriellen Anlagen bei Portalen und virtuellen Marktplätzen machen wert-mässig den grössten Teil des Anlagevermögens aus.301 Sie bestehen meistens aus ak-tivierten Entwicklungskosten für den Aufbau der Website, Software im Zusammen-hang mit dem Betrieb der Website, aktivierte Kosten für den Aufbau des Kunden-stammes und insbesondere aus Goodwill von übernommenen Tochtergesellschaften im Konzernabschluss.302 Die immateriellen Anlagen müssen über ihre Nutzungsdau-er oder, falls die Nutzungsdauer nicht eindeutig bestimmt werden kann, über fünf Jahre abgeschrieben werden.303 Zusätzlich ist an jedem Bilanzstichtag die Werthal-tigkeit der immateriellen Anlagen zu überprüfen und gegebenenfalls sind ausser-planmässige Abschreibungen vorzunehmen.304 Steuerlich sind die immateriellen Werte und Software jährlich degressiv mit 40% oder linear über 5 Jahre abzuschrei-ben.305 Im Einzelfall ist zu überprüfen, ob die gewählte Nutzungsdauer der immate-riellen Anlagen als realistisch beurteilt werden kann, oder ob stille Reserven durch zu hohe Abschreibungen gebildet wurden. Stille Reserven können auch dadurch entste-hen, dass aktivierungsfähige immaterielle Vermögenswerte nicht aktiviert werden.306 Andererseits kann die Prüfung der Werthaltigkeit der immateriellen Vermögenswerte ergeben, dass der Netto-Marktwert (Net Selling Price) oder der Nutzwert (Value in Use) geringer als der Buchwert ist.307 Demzufolge wäre die entsprechende immate-rielle Anlage überbewertet.

300 Aufgrund der Interviews stellte sich heraus, dass die Hardware meistens über eine sehr kurze Nutzungsdauer von zwei bis drei

Jahren abgeschrieben wird. Beispielsweise schreibt die Winner-Gruppe die Hardware über drei Jahre ab. INTERVIEW mit M. Sennhauser, Tamedia AG. Dagegen schreibt tilllate GmbH die Hardware in der Regel direkt vollständig im ersten Jahr ab. INTERVIEW mit M. Müller, tilllate GmbH.

301 Die immateriellen Anlagen betragen beispielsweise ca. 44% der Bilanzsumme bei Tiscali und 42% bei lastminute.com. 302 Der Goodwill bildet einen Sonderfall, da er im Konzernabschluss gesondert unter den immateriellen Anlagen ausgewiesen wird,

jedoch im Einzelabschluss meistens im betreffenden Posten (normalerweise Beteiligungen) aktiviert und nicht separat ausgewie-sen wird. FER 7.3; FER 9.1; TREUHAND-KAMMER, 1998a, 183.

303 FER 9.8. 304 FER 9.11; FER 20.2. 305 ESTV, 1995, 1. 306 DIETERLE, 1996, 73. 307 FER 20.4.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 107

• Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten: Bei den Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten handelt es sich um Aufbau- und Anlaufkosten, die im Handelsabschluss gemäss Aktienrecht aktiviert werden können.308 Sie bilden jedoch keine immateriellen Werte, sondern sind Posten der Kostenverteilung, die innerhalb von fünf Jahren abgeschrieben werden müs-sen.309 Gemäss Swiss GAAP FER wird die Aktivierung dieser Aufwendungen tole-riert, dagegen verstösst sie gegen IAS 38.310 Da der Sinn der Aktivierung in der Kos-tenverteilung liegt und kein eigentlicher immaterieller Vermögenswert geschaffen wird, sollten die Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten für die Analysen der finanziellen Due Diligence eliminiert werden.

• Rückstellungen: Gemäss Swiss GAAP FER bilden die Rückstellungen eine auf einem Ereignis in der Vergangenheit begründete wahrscheinliche Verpflichtung, deren Höhe oder Fällig-keit noch ungewiss aber schätzbar ist.311 Aufgrund der Ungewissheit der Rückstel-lung werden durch das Management oft handelsrechtlich höhere Rückstellungen ge-bildet, als dies für die mutmasslichen Verluste betriebsnotwendig wäre. Dadurch ent-stehen stille Reserven.312 Die handelsrechtlichen Rückstellungen sind darum vor der Due Diligence auf ihre Angemessenheit und Notwendigkeit gemäss dem true & fair-Prinzip zu überprüfen.

Wurden die Vergangenheitszahlen von stillen Reserven bereinigt, kann die eigentliche Analyse der Vergangenheitszahlen auf Basis von true & fair view im Rahmen der finanziel-len Due Diligence durchgeführt werden. 5.2.4 Latente Steuern (Deferred Taxes) Die Ertragssteuern knüpfen an dem nach steuerlichen Regeln ermittelten Ergebnis der unternehmerischen Tätigkeit an. Weicht das zu versteuernde Ergebnis des handelsrechtli-chen und steuerrechtlichen Abschlusses vom Vor-Steuer-Gewinn auf der Basis von true & fair view (beispielsweise in einem Abschluss nach IFRS) ab, entsprechen die tatsächlich

308 OR Art. 664. 309 TREUHAND-KAMMER, 1998a, 185 f. 310 FER 9.17; IAS 38.69 a; SWX, 2002, 1. 311 FER 23.1. 312 DIETERLE, 1996, 75.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 108

geschuldeten Steuern nicht der Steuerbelastung, die der Besteuerung des true & fair view-Ergebnisses entsprechen müsste. Die tatsächlichen gezahlten Steuern (sog. laufenden Steuern) weichen von den aufgrund des true & fair view-Ergebnisses ermittelten, fiktiven Steuern (sog. Steueraufwand) ab.313 Um trotzdem eine korrekte Periodenabgrenzung der Ertragsteuern zu erreichen, werden im Abschluss nach true & fair view latente Steuern gebildet bzw. aufgelöst. Latente Steuern sind vorübergehende, nicht zahlungswirksame Steuern, die sich im Zeitablauf wieder aufheben (sog. temporäre Differenzen).314 Die temporären Differenzen entstehen beispiels-weise bei unterschiedlichen Abschreibungsregelungen, verschieden hohen Rückstellungen oder durch Verlustvorträge, die steuerlich mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden können. Auf Unterschiede, die sich im Zeitablauf nicht wieder ausgleichen (sog. permanen-te Differenzen), werden keine latente Steuern gebildet.315 Bei der Bereinigung der Vergangenheitszahlen sind die latenten Steuern auf den stillen Reserven bzw. auf der Veränderung der stillen Reserven zu berücksichtigen. Werden die Aktiven im handelsrechtlichen Abschluss schneller abgeschrieben, liegt der Wert gemäss einer true & fair view über dem steuerlichen Wert. Der Gewinn gemäss einer true & fair view ist infolge des geringeren Abschreibungsbetrages höher als der steuerliche Gewinn, und es muss eine latente Steuerverpflichtung gebildet werden. Wenn gegen das Ende der Nutzungsdauer des Aktivums die Abschreibungen gemäss true & fair view die steuerlichen Abschreibungen übersteigen, wird die latente Steuerverpflichtung erfolgswirksam aufgelöst. Bei niedrigeren Rückstellungen und steuerlichen Verlustvorträgen im handelsrechtlichen Abschluss werden dagegen latente Steuerguthaben aktiviert, die bei der Auflösung zu einem späteren Zeitpunkt zu latenten Steueraufwendungen führen.316 Im Rahmen der Bereinigung von handelsrechtlichen Abweichungen (Restatement) bei Portalen und virtuellen Markplätzen müssen die temporären Steuerdifferenzen durch latente Steuern korrekt eingeschätzt werden. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet jedoch die Analyse und Normalisierung der wichtigsten und charakteristischen Positionen der Bilanz und der Erfolgsrechnung von Portalen und virtuellen Marktplätzen.317 Die

313 TANSKI, 2002, 110 f. 314 Der Steueraufwand setzt sich somit aus laufenden und latenten Steuern zusammen. 315 KUHN et al., 2003, 637 ff. 316 KUHN et al.; 2003, 637f.; GRÜNBERGER & GRÜNBERGER, 2002, 87. 317 Vgl. 5 Die finanzielle Due Diligence.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 109

Analyse der latenten Steuern ist dabei von geringerer Bedeutung und wird in den folgenden Ausführungen nicht näher behandelt. 5.2.5 Checkliste für die Bereinigung von handelsrechtlichen Abweichungen Hinsichtlich der verwendeten Rechnungslegungsstandards:

Gemäss welchen Rechnungslegungsstandards wurde bilanziert? Gewährleisten die verwendeten Rechnungslegungsstandards eine true & fair view? Wurden die Rechnungslegungsstandards über den Beobachtungszeitraum (meistens

zwei bis drei Geschäftsjahre) einheitlich angewandt, oder wurde die Anwendung der Rechnungslegungsstandards in gewissen Bereichen über den Beobachtungszeitraum geändert?

Wurde von einzelnen Rechnungslegungsstandards bewusst abgewichen bzw. einzel-ne Standards nicht angewendet (im Sinne eines gegen die Standards verstossenden IAS-Light oder FER-Light)?

Falls die Jahresabschlüsse nicht einer true & fair view entsprechen:

Wird vom Management eine Überleitung vom handelsrechtlichen (steuerlichen) zum betriebswirtschaftlichen Abschluss (true & fair view) zur Verfügung gestellt (sog. HB I – HB II Überleitung)?

Wurden die flüssigen Mittel in ausländischer Währung zu den Devisenkursen des Bilanzstichtages umgerechnet oder wurde ein interner Wechselkurs angewendet?

Ist die Höhe der Einzelwertberichtigung der Forderungen gerechtfertigt oder wurden stille Reserven gebildet?

Ist die Höhe der Pauschalwertberichtigung der Forderungen gerechtfertigt und be-wegt sie sich im Rahmen der historischen tatsächlichen Debitorenverluste?

Über welche Nutzungsdauer werden die Sachanlagen abgeschrieben? Kann diese Nutzungsdauer als angemessen betrachtet werden?

Wie wird die Werthaltigkeit der Sachanlagen, insbesondere der Hardware, einge-schätzt? Bestehen stille Reserven auf den Sachanlagen? Oder sind die Sachanlagen überbewertet?

Über welche Nutzungsdauer werden die immateriellen Anlagen amortisiert? Kann diese Nutzungsdauer als angemessen betrachtet werden?

Wie wird die Werthaltigkeit der immateriellen Anlagen, insbesondere der allfällig aktivierten Entwicklungskosten und der Goodwill, eingeschätzt? Bestehen stille Re-serven auf den immateriellen Anlagen?

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 110

Wann wurde das letzte Mal die Wertbeeinträchtigung der immateriellen Anlagen überprüft (impairment test)? Können Unterlagen der finanziellen Due Diligence zur Verfügung gestellt werden, die aufzeigen, wie die Werthaltigkeit beim letzten im-pairment test überprüft bzw. geschätzt wurde?

Wurden Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten aktiviert? Können die gebildeten Rückstellungen als angemessen und vollständig betrachtet

werden? Wie wurden die Rückstellungen berechnet bzw. geschätzt? Sind alle bilan-zierten Rückstellungen nach wie vor notwendig?

Beinhalten weitere Bilanzpositionen stille Reserven durch Nicht-Aktivierung von Vermögenswerten oder Überbewertung von (ausländischen) Kreditoren?

5.3 Analyse der historischen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage Anhand der historischen Jahres- und Quartalsabschlüsse von europäischen Portalen und virtuellen Marktplätzen sowie durch Interviews konnten die allgemeinen Charakteristiken der Bilanz und Erfolgsrechnung erarbeitet werden.318 Sie werden im Folgenden in einer verallgemeinerten Modell-Bilanz und Modell-Erfolgsrechnung dargestellt. Durch die Analyse der Vergangenheitszahlen müssen grundsätzlich die finanziellen Risiken in den einzelnen Positionen der Bilanz und Erfolgsrechnungen identifiziert werden. Auf der Grundlage dieser detaillierten Analyse kann im nächsten Schritt die Normalisierung des Betriebsergebnisses vorgenommen und das Eigenkapital bzw. die Nettoaktiven bereinigt werden. 5.3.1 Analyse der bilanziellen Charakteristiken Ausgehend von einer allgemeinen Modell-Bilanz für Portale und Marktplätze sollen im Folgenden die möglichen und praxisrelevanten Risiken der wesentlichen Bilanzpositionen dargestellt werden.

318 Die analysierten europäischen Portale und virtuellen Marktplätze sind in Anhang B ersichtlich. Dabei wurde insbesondere auf die

Jahres- und Quartalsberichte dieser Unternehmen, soweit verfügbar, abgestützt. Weitere wichtige Informationen konnten aus Firmenmitteilungen, den entsprechenden Websites und insbesondere aus Interviews gewonnen werden (vgl. Anhang C).

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 111

5.3.1.1 Die allgemeine Modell-Bilanz

Die einzelnen Bilanzpositionen der unten dargestellten Modell-Bilanz sind wertmässig als Prozentsätze dargestellt. Die Prozentsätze entsprechen Durchschnittswerten der analysierten Jahres- und Quartalsabschlüsse nach Bereinigung von einzelnen Ausreissern. Die Prozent-sätze sollen das Gewicht der einzelnen Bilanzpositionen zur gesamten Bilanzsumme (100%) aufzeigen.

Modell Bilanz GJ 04 Anlagevermögen Sachanlagen 9% Finanzanlagen 12% Immaterielle Anlagen 28% 49% Nettoumlaufsvermögen Flüssige Mittel 30% Forderungen 13% Vorräte 0% Transitorische Aktiven (TA) 8% Kurzfristige Verbindlichkeiten -20% Kurzfristige Finanzverbindlichkeiten -5% Kurzfristige Rückstellungen -8% Transitorische Passiven (TP) -2% 16% Langfristige Verbindlichkeiten Langfristige Verbindlichkeiten -3% Rückstellungen -2% -5%

Nettoaktiven/Eigenkapital 60%

Eigenkapital

Aktienkapital 12% Allgemeine Reserven (Agio) 46% Freie Reserven 20% Bilanzverlust -18% 60%

Abb. 5-2: Modell-Bilanz Quelle: Eigene Darstellung

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 112

Die Aktivseite der Bilanzen von Portalen und virtuellen Marktplätzen zeichnet sich häufig durch einen grossen Bestand an flüssigen Mitteln (30% der Modell-Bilanzsumme) und durch hohe immaterielle Vermögenswerte (28% der Modell-Bilanzsumme) aus. Auf diese zwei Bilanzpositionen wird im Folgenden näher eingegangen. Eine weitere wesentliche Bilanzposition bilden jeweils die Forderungen (13% der Modell-Bilanzsumme). Sie bestehen hauptsächlich aus den offenen Werbebeiträgen der Werbepart-ner sowie den offenen Platzierungsgebühren und Verkaufsprovisionen der Marktplatz-Partner. Der Bestand an Forderungen ist abhängig von der Höhe des Umsatzes, der Zahlungsmentalität der Kunden sowie von der Effizienz des eigenen Debitorenmanage-ments. Ist das Portal zugleich im Access-Geschäft bzw. als Internet Service Provider (ISP) tätig, sind die Kundenforderungen in der Regel wesentlich höher. Bei den Portalen und Marktplätzen besteht oft ein wesentlicher Anteil des Anlagevermö-gens aus Finanzanlagen (12% der Modell-Bilanzsumme). Die Finanzanlagen umfassen einerseits nicht-konsolidierte Beteiligungen an anderen Internet-Gesellschaften, Software-Entwicklungsgesellschaften oder an anderen konventionellen Gesellschaften, bei denen sie einen massgeblichen Einfluss ausüben. Andererseits bestehen häufig langfristige Darle-hensguthaben gegenüber den nicht-konsolidierten Unternehmen und (nahestehenden) Dritten. Die Finanzanlagen, deren Bewertung und die Frage, ob es sich dabei um betriebs-notwendige Aktiven handelt, werden im Folgenden näher betrachtet. Wie bereits erwähnt, bilden die Sachanlagen im Allgemeinen nur einen geringen Teil der gesamten Aktiven der Portale und Marktplätze (9% der Modell-Bilanzsumme). Die Sachanlagen bestehen hauptsächlich aus der Hardware wie Server, Computer, Netzwerke und Drucker sowie aus weiteren Sachanlagen wie beispielsweise das Geschäftsmobiliar. Die Passivseite der Bilanz von Portalen und Marktplätzen zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die meisten Unternehmen über einen hohen Anteil an Eigenkapital verfügen (60% der Modell-Bilanzsumme). Das Eigenkapital besteht in der Regel neben dem Aktienkapital zu einem Grossteil aus den allgemeinen Reserven, die durch das Agio319 bei der Ausgabe von Aktien gebildet wurden. Die Portale und Marktplätze verfügen meistens nur über einen

319 Bei der Ausgabe von Aktien entspricht das Agio dem über den Nennwert erzielten Mehrerlös nach Deckung der Ausgabekosten.

OR Art. 671 Abs. 2 Ziff. 1.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 113

geringen Anteil an langfristigem Fremdkapital (3% der Modell-Bilanzsumme). Die Gründe für den meist hohen Eigenfinanzierungsgrad werden nachfolgend detailliert erläutert. Andere wesentliche Passiven sind normalerweise die kurzfristigen Verbindlichkeiten (20% der Modell-Bilanzsumme) und teilweise die kurz- und langfristigen Rückstellungen (zusammen 10% der Modell-Bilanzsumme). Die kurzfristigen Verbindlichkeiten umfassen die Verbindlichkeiten gegenüber den Lieferanten für EDV-Dienstleistungen und -Material, Verbindlichkeiten gegenüber den Inhalt-Partner für den eingekauften Content, Werbeauf-wendungen sowie weitere Leistungen von Lieferanten. Die Rückstellungen stehen meistens im Zusammenhang mit zukünftigen Aufwendungen für Restrukturierungen wie beispiels-weise die Schliessung und Liquidation von Tochtergesellschaften. Zusätzlich stehen die Rückstellungen auch häufig im Zusammenhang mit hängigen Rechtsstreitigkeiten.

5.3.1.2 Die flüssigen Mittel und Liquidität

Die flüssigen Mittel (Cash and Cash Equivalents) umfassen die Kassenbestände, Postcheck- und Bankguthaben, Callgelder bei Banken sowie Festgelder bei Banken mit einer Laufzeit von höchstens drei Monaten.320 Wie bereits anhand der Modell-Bilanz dargestellt wurde, besteht meistens ein wesentlicher Teil der gesamten Aktiven bei Portalen und virtuellen Marktplätzen aus flüssigen Mitteln. Dieser hohe Bestand an flüssigen Mitteln lässt sich u.a. folgendermassen begründen:

• Unsicherer Geschäftsgang: Viele Portale und Marktplätze haben über die letzten Jahre grosse Verluste erwirt-schaftet. Auch der zukünftige Geschäftsgang ist trotz der eher optimistischen Ein-schätzungen des kommerziellen Umfeldes nach wie vor sehr ungewiss. Konsequen-terweise wird durch die Unternehmen bewusst ein hoher Bestand an flüssigen Mitteln gehalten, um die Liquidität auch bei weiteren zukünftigen Verlusten jederzeit sicher-stellen zu können.

• Finanzielle Sicherung der Innovationsbereitschaft: In dem sehr dynamischen Marktumfeld der Portale und Marktplätze können sich kurzfristig neue Geschäftsmöglichkeiten u.a. aufgrund von technologischen Entwick-

320 IAS 7.6 f.; TREUHAND-KAMMER, 1998a, 122 ff.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 114

lungen ergeben. Dadurch ist es für ein Unternehmen in diesem Marktumfeld sehr wichtig, dass es jederzeit über genügende flüssige Mittel verfügt, um solche Mög-lichkeiten zu nutzen.321

• Zugang zu Fremdkapital: Der Zugang zu Fremdkapital bzw. die Einräumung von Kreditlinien durch Banken ist aufgrund der vorherrschenden sehr vorsichtigen und pessimistischen Einstellung ge-genüber Internet-Unternehmungen sehr eingeschränkt. Dadurch ist es sehr schwierig, den Bedarf an Liquidität kurzfristig und graduell durch Kreditlinien bei Banken zu sichern. Dies hat zur Folge, dass weitere Liquidität praktisch nur durch Kapitalerhö-hungen (sog. Finanzierungsrunden) gewonnen werden kann. Durch eine Kapitaler-höhung wird jedoch dem Unternehmen auf einen Schlag ein höherer Bestand an flüs-sigen Mitteln zur Sicherung der zukünftigen Liquidität zugeführt, als dies bei einer graduellen Inanspruchnahme von Kreditlinien der Fall wäre.

Da die flüssigen Mittel einen wesentlichen Posten der Aktiven ausmachen, ist im Rahmen der finanziellen Due Diligence anhand der aktuellen Bankbestätigungen zu prüfen, zu welchen Teilen, in welche Anlagen und zu welchen Bedingungen die flüssigen Mittel angelegt wurden. Letztlich ist auch zu überprüfen, ob die richtigen Wechselkurse zur Umrechnung angewandt wurden.322 Aufgrund der hohen Bestände an flüssigen Mitteln ergeben sich bei vielen der analysierten Unternehmen eine gute Liquiditätslage mit einer durchschnittlichen Cash-Ratio323 zwischen 75% – 120% (Modell-Bilanz: 86%) d.h. ein grosser Teil oder die gesamten kurzfristigen Verbindlichkeiten können bereits durch die flüssigen Mittel gedeckt werden. Werden die Kundenforderungen zur Einschätzung der Liquidität hinzugenommen, ergibt sich eine durchschnittliche Quick-Ratio324 von 120% – 150% (Modell-Bilanz: 134%) d.h. die kurzfristigen Verbindlichkeiten können in den meisten Fällen durch die flüssigen Mittel und die Kundenforderungen gedeckt werden.325

321 INTERVIEW mit M. Scherrer, comparis.ch. 322 Vgl. 5.2.3 Stille Reserven bei Portalen und virtuellen Marktplätzen. 323 Cash Ratio: (Cash + kurzfristige Wertschriften) / Kurzfristige Verbindlichkeiten. WHITE et al., 1997, 159. 324 Quick Ratio: (Cash + kurzfristige Wertschriften + Kundenforderungen) / Kurzfristige Verbindlichkeiten. WHITE et al., 1997,

159. 325 Die durchschnittliche Current Ratio (Umlaufvermögen / Kurzfristige Verbindlichkeiten) beträgt bei den untersuchten

Unternehmen zwischen 140% – 180% (Modell-Bilanz: 154%). Da jedoch Portale und virtuelle Marktplätze praktisch keine Warenlager besitzen, ist diese Kennzahl nur beschränkt aussagefähig.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 115

Diese Einschätzung der Liquidität ist sehr statisch und zeigt nur die Liquiditätslage zum Bilanzstichtag. Zur weiteren Beurteilung der Liquidität muss der zukünftige Geschäftsgang eingeschätzt werden. Ist absehbar, dass ein Portal oder Marktplatz (weiterhin) Verluste erwirtschaftet, sind auch bei einer momentanen guten Liquiditätslage zukünftig bald neue finanzielle Mittel zur Sicherung der Liquidität erforderlich. Die Liquidität kann daher nur in Bezug auf die erwartete zukünftige Ertragslage zuverlässig beurteilt werden. Aus der Perspektive eines Käufers stellt sich bei einem hohen Bestand an flüssigen Mitteln die Frage, inwieweit diese Mittel betriebsnotwendig sind. Im Rahmen eines Share Deals müssten die gesamten flüssigen Mittel inklusive allfälliger nicht-betriebsnotwendiger Mittel übernommen werden, was letztlich nur den Kaufpreis für den Käufer auf der Grundlage der Nettoaktiven (Net Assets) erhöhen würde. Ausserdem besteht nach der Bundesgerichtspraxis zur direkten Bundessteuer die Möglichkeit, dass der Kauf von nicht-betriebsnotwendigen frei ausschüttbaren Mitteln durch die Steuerbehörden zum Nachteil des Verkäufers als eine indirekte Teilliquidation qualifiziert werden könnte. Eine indirekte Teilliquidation könnte durch die Steuerbehörden dann ausgemacht werden, wenn es sich beim Verkäufer um eine Privatperson handelt, und die Vertragsparteien übereinkommen, dass der Käufer den gesamten Kaufpreis einschliesslich der nicht-betriebsnotwendigen flüssigen Mittel dem Verkäufer bezahlt, jedoch der Käufer nach der Transaktion die nicht-betriebsnotwendigen flüssigen Mittel ausschüttet und zur Finanzierung des Kaufpreises heranzieht.326 Bei kleinen Unternehmen werden deshalb in der Praxis die überschüssigen Mittel den Aktionären vor der Transaktion als Dividende ausgeschüttet, sodass nur betriebsnotwendiges Vermögen durch den Käufer übernommen werden kann. Eine andere Möglichkeit wäre mit den Steuerbehörden ein entsprechendes Ruling327 abzuschliessen, welches in der Praxis meistens eine Sperrfrist von fünf Jahren für die Ausschüttung von nicht-betriebsnotwendigen Mitteln vorsieht.328 Im Rahmen der finanziellen Due Diligence muss daher im Einzelfall unter der Einschätzung der zukünftigen Ertragslage festgelegt werden, wieviel der flüssigen Mittel als betrieblich notwendig erachtet werden, und wieviel dem Verkäufer vorgängig ausgeschüttet werden sollte. Beispielsweise kann die finanzielle Due Diligence zur Einschätzung gelangen, dass

326 Zu den Voraussetzungen gemäss der Bundesgerichtspraxis zur direkten Bundessteuer für das Vorliegen einer indirekten

Teilliquidation vgl. HÖHN & WALDBURGER, 2001, 332. 327 Für die Definition des Begriffs des Tax-Rulings vgl. 7.1.2 Der Verlustvortrag. 328 INTERVIEW mit J. Niederbacher, PwC.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 116

jener Bestand an flüssigen Mitteln ausreichend ist, der zusammen mit den Kundenforderun-gen das kurzfristige Fremdkapital abdeckt. Einen Überschuss könnte dann dem Verkäufer vorgängig ausgeschüttet werden. Die möglichen finanziellen Risiken hinsichtlich der flüssigen Mittel können folgendermas-sen zusammengefasst werden:

• Das Risiko, dass die Liquidität hinsichtlich des zu erwartenden zukünftigen Ge-schäftsgangs nicht ausreichend ist. Der Käufer würde nach der Übernahme gezwun-gen sein, weitere Liquidität zur Verfügung zu stellen.

• Das Risiko der Unter- oder Überbewertung der flüssigen Mittel in ausländischer

Währung durch Anwendung eines zu tiefen bzw. zu hohen Wechselkurses.

• Das Risiko, dass ein wesentlicher Teil der flüssigen Mittel aufgrund der Einschät-zung der zukünftigen Profitabilität als nicht betriebsnotwendig qualifiziert werden kann und dadurch eigentlich nur der Kaufpreis erhöht wird, ohne dem Käufer einen eigentlichen betrieblichen Mehrwert zu bieten.

5.3.1.3 Die Kundenforderungen

Die Höhe der Kundenforderungen bilden im Vergleich zu konventionellen Unternehmen nicht eine Eigenheit der Portale und virtuellen Marktplätze. Sie bestehen hauptsächlich aus offenen Werbebeiträgen, Verkaufsprovisionen der Marktplatz-Partner und Forderungen gegenüber Kreditkarten-Gesellschaften für durch Internet-Benutzer in Anspruch genomme-ne Bezahldienste. Im Rahmen jeder finanziellen Due Diligence muss ein Überblick über die Zahlungsmentali-tät der Kunden, die mutmasslichen Debitorenverluste (Delkredere) sowie über das Debitoren-Management geschaffen werden. Hohe Debitoren binden Kapital, welches gewinnbringender eingesetzt werden könnte. Die Analyse der Forderungen kann durch die einschlägigen Kennzahlen des durchschnittlichen Zahlungsziels329 und des Debitorenum-

329 Durchschnittliches Zahlungsziel der Kunden: (durchschnittlicher Bestand an Kundenforderung x 365) / Umsatz. WHITE et al.,

1997, 152.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 117

schlages330 durchgeführt werden. Beispielsweise kann bei einem Portal oder Marktplatz mit einem durchschnittlichen Zahlungsziel von über 60 Tagen grundsätzlich abgeleitet werden, dass die Zahlungsmentalität der Kunden oder das eigene Debitoren-Management ungenü-gend ist. Weitere wichtige Bereiche hinsichtlich der Kundenforderungen, die durch die finanzielle Due Diligence abgedeckt werden müssen, sind die Wertberichtigung der Forderungen bzw. die mutmasslichen Debitorenverluste (Delkredere) sowie allfällig bestehende Klumpenrisi-ken durch einige grosse Debitoren. Die Kundenforderungen sind dahin zu überprüfen, ob sie genügend wertberichtigt sind. Dafür können aus Gesprächen mit dem Management der Zielgesellschaft über die Bonität der wichtigen Kunden und über die Höhe der tatsächlichen Debitorenverluste in den vergangenen Jahren wichtige Anhaltspunkte gewonnen werden. Spezielle Vorsicht ist dann geboten, wenn die Forderungen weniger Kunden oder Ge-schäftspartner im Sinne eines Klumpenrisikos einen Grossteil der gesamten ausstehenden Forderungen ausmachen (beispielsweise ausstehende Forderung gegenüber dem grössten Werbepartner bei einem Portal). Hierbei muss das Ausfallrisiko anhand von Gesprächen mit dem Management sorgfältig eingeschätzt werden. Durch die Analyse der Kundenforderungen soll grundsätzlich das Risiko möglichst eingeschränkt werden, dass der Käufer den Nominalbetrag für Forderungen bezahlt, die sich danach als nicht- oder nur teilweise einbringbar erweisen.

5.3.1.4 Die immateriellen Anlagen

Die Unternehmen der so genannten New Economy zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass die immateriellen Werte eine zentrale Quelle der unternehmerischen Wertschöpfung darstellen.331 Gemäss der Definition nach Swiss GAAP FER werden erworbene oder selbsterarbeitete identifizierbare, nicht-montäre Werte ohne physische Existenz als immaterielle Anlagen bezeichnet.332 Sie bilden den wertmässig grössten Teil der Aktiven bei den meisten Portalen und virtuellen Marktplätzen und bestehen hauptsächlich aus Goodwill von übernommenen Tochtergesellschaften und aktivierten Entwicklungskosten

330 Debitorenumschlag: Umsatz / durchschnittlicher Bestand an Kundenforderungen. WHITE et al., 1997, 151. 331 BEHR & LEIBFRIED, 2001, 1127. 332 FER 9.1. Gleiche Definition unter IAS 38.8: „An intangible asset is an identifiable non-montary asset without physical

substance.“

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 118

für die Website sowie teilweise aus weiteren immateriellen Anlagen. Auf diese immateriel-len Vermögenswerte und die zusammenhängenden finanziellen Risiken wird im Folgenden näher eingegangen. 5.3.1.4.1 Die Aktivierungsfähigkeit von immateriellen Anlagen

Gemäss IFRS und Swiss GAAP FER müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, dass erworbene (derivative) oder selbsterstellte (originäre) immaterielle Werte aktiviert werden müssen bzw. dürfen:333

• Für alle immateriellen Anlagen gelten:

- Der immaterielle Wert muss identifizierbar sein (IAS 38.11 f., FER 9.1, FER 9.4).

- Der immaterielle Wert muss dem Unternehmen einen messbaren wirtschaftlichen

Nutzen (Kosteneinsparungen oder Erlössteigerungen) über mehrere Jahre bringen (IAS 38. 17, FER 9.2, FER 9.4).

- Die Unternehmung hat die Verfügungsmacht (control), den zukünftigen Nutzen

zu kontrollieren und vor dem Zugriff Dritter zu schützen (nur IAS 38.13 ff.).

• Zusätzlich gelten für selbstentwickelte immaterielle Werte:

- Die Aufwendungen für die Entwicklung des immateriellen Wertes können ver-lässlich erfasst und gemessen werden. (IAS 38.21, IAS 38.57, FER 9.4).

- Es ist wahrscheinlich, dass die zur Fertigstellung und Vermarktung oder zur Ei-

gennutzung des immateriellen Wertes nötigen Mittel (technische, finanzielle und andere Mittel) zur Verfügung stehen oder zur Verfügung gestellt werden (FER 9.4, IAS 38.57).

- Das Unternehmen hat nachzuweisen, dass für die Produkte des immateriellen

Wertes oder für den immateriellen Wert selbst ein Markt besteht (nur IAS 38.57d).

333 IAS 38.9 ff.; FER 9.1 ff.; TEITLER-FEINBERG, 2002, 313 f.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 119

Ein wichtiger Unterschied zwischen IFRS und Swiss GAAP FER besteht darin, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen die Aktivierung der selbsterstellten immateriellen Anlagen gemäss Swiss GAAP FER fakultativ ist. Dagegen besteht gemäss IFRS eine Aktivierungs-pflicht.334 Die immateriellen Anlagen werden über eine vorsichtig geschätzte zukünftige Nutzungs-dauer planmässig abgeschrieben.335 Kann gemäss Swiss GAAP FER die Nutzungsdauer nicht eindeutig bestimmt werden, hat die Abschreibung in der Regel über fünf Jahre zu erfolgen.336 An jedem Bilanzstichtag ist aufgrund von Anzeichen zusätzlich zu prüfen, ob die immateriellen Anlagen in ihrem Wert beeinträchtigt sind (sog. impairment test).337 Eine Wertbeeinträchtigung (impairment) liegt dann vor, wenn der Buchwert höher als der erzielbare Wert (recoverable amount) ist. Als erzielbarer Wert gilt der höhere Wert von Netto-Marktwert (Net selling price) und Nutzwert (Value in Use). Bei einer Wertbeeinträch-tigung ist durch eine ausserplanmässige Abschreibung der Buchwert auf den erzielbaren Wert zu reduzieren.338 Die oben genannten Voraussetzungen für die Aktivierung von immateriellen Anlagen, deren geschätzte Nutzungsdauer sowie die Werthaltigkeit der immateriellen Anlagen gilt es im Rahmen der finanziellen Due Diligence kritisch zu überprüfen. 5.3.1.4.2 Der Goodwill

Der grösste Teil der immateriellen Vermögenswerte bei (grossen) Portalen und virtuellen Marktplätzen besteht in der Regel aus Goodwill. Er entstand hauptsächlich durch die Akquisition von Softwareunternehmen (beispielsweise an einem Unternehmen, welches die Zahlungssoftware für das Portal entwickelt), Inhalt-Partnern, Unternehmen, welche die Website entwickeln, sowie an kleineren spezialisierten Portalen und Marktplätzen. Für die Übernahmen wurde in der Vergangenheit oft ein erheblicher Goodwill bezahlt. So zahlt beispielsweise Ebay 1.9 Milliarden Dollar für die Übernahme von sieben Gesellschaften im Zeitraum von Februar 2001 bis Oktober 2002. Davon werden 1.5 Milliarden Dollar als 334 ACHLEITNER & BEHR, 2003, 112; TEITLER-FEINBERG, 2002, 313. Andererseits besteht nach deutschem HGB ein

Aktivierungsverbot für selbsterstellte immateriellen Anlagen vgl. COENENBERG, 2003, 138. 335 FER 9.8; IAS 38.97 ff. 336 FER 9.8. 337 FER 20.2; IAS 36.9. 338 FER 20.4; FER 20.10; IAS 36.59.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 120

Goodwill ausgewiesen.339 Yahoo! bezahlte 651 Millionen Dollar für fünf Übernahmen im Zeitraum von 2000 bis 2002. Dabei werden 461 Millionen Dollar bzw. 70% des Kaufpreises als Goodwill ausgewiesen.340 Diese hohen Beträge an Goodwill lassen sich erstens dadurch begründen, dass über die vergangenen Jahre bei einer Akquisition hauptsächlich das zukünftige mögliche Ertragspotential der Zielgesellschaft den Kaufpreis beeinflusste und weniger der reale Wert der Nettoaktiven. Zweitens wird der Unternehmenswert bei Portalen und Marktplätzen hauptsächlich durch immaterielle „Vermögensgegenstände“ wie beispielsweise die Bekanntheit des eigenen Namens bzw. der eigenen Marke beeinflusst, welche nicht aktiviert werden können und daher nicht in den buchhalterischen Wert der Nettoaktiven einfliessen.341 Als Goodwill (oder Geschäftswert) wird die Differenz zwischen den Anschaffungskosten der Akquisition und den anteilig erworbenen Vermögensgegenständen und Schulden zu Marktwerten (fair values) verstanden. Eine positive Differenz bzw. Goodwill ergibt sich, wenn die Anschaffungskosten der Beteiligung höher als die erworbenen Nettoaktiven sind. Dagegen liegt bei einer negativen Differenz ein so genannter negativer Goodwill oder Badwill vor.342 Gemäss IFRS (vor 31. März 2004) und Swiss GAAP FER wird der Goodwill als immate-rielle Anlage aktiviert und jährlich über eine vorsichtig geschätzte zukünftige wirtschaftli-che Nutzungsdauer planmässig amortisiert.343 Bei einer Wertbeeinträchtigung des Good-wills müssen zusätzlich ausserplanmässige Abschreibungen vorgenommen werden.344 Nach IFRS ist die Nutzungsdauer auf 20 Jahre beschränkt, soweit nicht Gründe für eine längere Nutzungsdauer geltend gemacht werden können.345 Nach Swiss GAAP FER ist der Goodwill über einen Zeitraum von fünf Jahren zu amortisieren, sofern die Nutzungsdauer nicht eindeutig bestimmt werden kann. In begründeten Fällen darf höchstens über eine Nutzungsdauer von 20 Jahren amortisiert werden.346

339 EBAY, 2003, 108. 340 YAHOO!, 2003, 54. 341 Vgl. 8.1 Die Ausgangslage bei Portalen und virtuellen Marktplätzen. 342 ACHLEITNER & BEHR, 2003, 290; IFRS 3.51 (in Kraft seit 31. März 2004). 343 IAS 22.44 (bis 31. März 2004); FER 9.8. Auf die Möglichkeit der Verrechnung des Goodwills mit dem Eigenkapital im Zeitpunkt

der Erstkonsolidierung wird hier nicht eingegangen. Vgl. FER 9.3. 344 IAS 22.43 (bis 31. März 2004); FER 20.2. 345 IAS 22.44 (bis 31. März 2004). 346 FER 9.8.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 121

Gemäss US-GAAP und IFRS (ab 31. März 2004) wird der Goodwill nicht amortisiert, sondern einem jährlichen Impairment Test (Prüfung einer Wertminderung) unterzogen.347 Durch den Impairment Test wird in einem ersten Schritt der sog. recoverable amount oder erzielbare Betrag der Unternehmenseinheit (bzw. der einzelnen Reporting Units oder Cash-generating Units)348 mit dem Buchwert der entsprechenden Nettoaktiven (inklusive dem Goodwill) verglichen. Als recoverable amount gilt der höhere Betrag von Netto-Verkaufspreis, falls bestimmbar, und Nutzwert, der in der Regel durch den Barwert der zukünftigen Cash Flows bestimmt wird. Wenn der recoverable amount der Unternehmens-einheit kleiner ist als der Buchwert der entsprechenden Nettoaktiven, liegt eine Wertminde-rung (sog. impairment) vor.349 Wird eine Wertminderung festgestellt, muss in einem zweiten Schritt die Höhe der Wertminderung des Goodwills bestimmt werden. Die Wertminderung ergibt sich aus der Differenz zwischen dem implizierten fair value des Goodwills (sog. implied goodwill) und dessen Buchwert. Der implizierte fair value des Goodwills wird aus der Differenz zwischen dem recoverable amount der Unternehmenseinheit und dem Verkehrswert der entsprechen-den Nettoaktiven (fair value) ermittelt, wie wenn der Goodwill erstmals zum Zeitpunkt des Impairment Test erfasst werden müsste.350 Dagegen wird nach Swiss GAAP FER weiterhin der Goodwill planmässig über die zukünftige Nutzungsdauer amortisiert und, falls der buchmässige Goodwill den Marktwert (Net Selling Price) oder den Nutzwert (Value in Use) übersteigt, durch zusätzliche ausserplanmässige Abschreibungen wertberichtigt.351 Im Rahmen der finanziellen Due Diligence interessiert in erster Linie die Werthaltigkeit des Goodwills im Vergleich zu dessen Buchwert. Ansonsten läuft der Käufer Gefahr, dass er für einen überbewerteten Goodwill zu viel bezahlt. Im Idealfall kann sich die finanzielle Due Diligence auf einen aktuellen Management Letter der Revisionsstelle stützen und deren Ausführungen zur Werthaltigkeit des Goodwills auf ihre Plausibilität prüfen. Häufig muss jedoch die Werthaltigkeit des Goodwills selbständig beurteilt werden, insbesondere dann,

347 FAS 142.18; IFRS 3.55; IAS 36.90. Für die Unterschiede bezüglich der Behandlung von Goodwill zwischen IFRS und US-GAAP

vgl. BUCHER et al., 2003, 133 f. 348 Zur Abgrenzung der Reporting Units nach FAS 142 vgl. PFEIL & VATER, 2002, 587. 349 IAS 36.90; FAS 142.19; BUCHER et al., 2003, 131; GRÜNBERGER & GRÜNBERGER, 2002, 16. 350 FAS 142.20 ff.; IAS 36.90; IAS 36.104; BUCHER et al., 2003, 131. PFEIL & VATER, 2002, 587. 351 FER 9.8; FER 20.3.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 122

wenn seit dem Jahresabschluss schon einige Monate vergangen sind und sich der Ge-schäftsgang der entsprechenden Tochterunternehmen volatil gestaltet. Gemäss US-GAAP werden beispielhaft einige Indikatoren aufgelistet, die auf eine mögliche Wertbeeinträchtigung des Goodwills schliessen lassen.352 Aufgrund dieser allgemeinen Indikatoren lassen sich in diesem Kontext spezifische Indikatoren für jene Portale und Marktplätze ableiten, die andere Portale und Marktplätze als Tochtergesellschaften besitzen:353

• Allgemeine Verschlechterung der gesamten Branche, wie beispielsweise rückläufiges Online-Shopping Volumen, gesunkene Akzeptanz der Bezahldienste und reduzierte Online-Werbebudgets.

• Erhöhter Wettbewerbsdruck oder Markteintritt von einem neuen Wettbewerber mit

grossem Bekanntheitsgrad bei den Internet-Nutzern.

• Bei der Tochtergesellschaft ist ein hoher Betriebsverlust zu erwarten oder Verluste wurden budgetiert.

• Wichtige Personen der Tochtergesellschaft im Bereich der Entwicklung, des Ver-

kaufs oder in anderen Bereichen haben das Unternehmen verlassen.

• Technische Probleme mit Produkten oder längere Ausfallzeiten der Website, die zu einer Vielzahl von Kundenreklamationen führten.

• Rückläufige Anzahl an Besuchern oder registrierten Benutzern sowie die Schliessung

von digitalen Gemeinschaften lassen auf eine abnehmende Attraktivität des entspre-chenden Portals oder Marktplatzes schliessen.

Für die Beurteilung einer Wertminderung des Goodwills bei Portalen und Marktplätzen kann nur selten auf einen Netto-Verkaufspreis von der Tochtergesellschaft abgestützt werden. Demzufolge muss der Nutzwert der Tochtergesellschaft anhand der Discounted Cash Flow-Methode berechnet werden. Durch die Bewertung des Nutzwertes ergibt sich

352 FAS 142.28. 353 Vgl. FAS 142.28; TEITLER-FEINBERG, 2001, 333.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 123

jedoch ein grosser Ermessensspielraum, da im Einzelfall unter Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Entwicklung die zukünftigen Free Cash Flows, die Wachstumsraten der Free Cash Flows und der Diskontierungsatz geschätzt werden müssen.354 Hierbei ergeben sich auch Probleme für die finanzielle Due Diligence. Einerseits sollte der Wert des Goodwills sorgfältig eingeschätzt werden, andererseits besteht oft ein grosser Zeitdruck, der eine detaillierte Bewertung verunmöglicht. Bildet jedoch der Goodwill einer der grössten Vermögenswerte der Zielgesellschaft kann nicht auf detaillierte Bewertung des Goodwills durch Bewertungsexperten verzichtet werden. Ansonsten besteht für den Käufer das Risiko, dass er für einen überbewerteten Goodwill zuviel bezahlt. 5.3.1.4.3 Die Aktivierung von Entwicklungskosten für die Website

Eine Vielzahl der analysierten Portale und virtuellen Marktplätze aktivieren die Entwick-lungskosten der Website als immaterielle Vermögenswerte. Die Entwicklungskosten der Website beinhalten die Softwareentwicklung für den Betrieb der Website, das Füllen der Website mit Inhalten und die graphische Gestaltung.355 Ob eine Aktivierung der Website gemäss Swiss GAAP FER und IFRS erlaubt ist, wird anhand der oben dargelegten allgemeinen Voraussetzungen für die Aktivierung von selbstentwickelten immateriellen Anlagen überprüft:356

• Identifizierbarkeit: Die Website ist klar identifizierbar und abgrenzbar.

• Messbarer zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen:

Durch die Website können die Umsätze in Form von Werbeeinnahmen, Bezahldiens-te, Platzierungsgebühren oder Verkaufsprovisionen über einen Zeitraum von mehre-ren Jahren generiert werden.

• Verfügungsmacht über den zukünftigen Nutzen (nur Voraussetzung gemäss IFRS): Die durch die Website generierten Umsätze können durch die Unternehmung kon-trolliert werden.

354 FER 20.6 f.; TEITLER-FEINBERG, 2002, 318; vgl. 8.2.2.5 Die Grenzen der DCF-Methode bei der Bewertung von Portalen und

virtuellen Marktplätzen. 355 PFITZER & ORDEMANN, 2002, 41. 356 Vgl. 5.3.1.4.1 Die Aktivierungsfähigkeit von immateriellen Anlagen; FER 9.1 ff.; IAS 38.11 ff.; PFITZER & ORDEMANN,

2002, 45 f.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 124

• Verlässliche Erfassung und Messung der Entwicklungskosten:

Das Unternehmen sollte grundsätzlich fähig sein, die Entwicklungskosten (Mitarbei-terstunden und Materialkosten) zuverlässig zu ermitteln.

• Die notwendigen Mittel zur Fertigstellung der Website: Es ist im Einzelfall zu überprüfen, ob die Unternehmung auch die Absicht, die tech-nischen und finanziellen Mittel sowie das Know-How hat, die Website fertigzustellen und zu vermarkten.

• Nachweis eines Marktes (nur Voraussetzung gemäss IFRS): Für die Dienstleistungen und digitalen Produkte, die durch die Website angeboten werden können, besteht ein Markt.

Die Website kann demzufolge grundsätzlich zu ihren Entwicklungskosten aktiviert und über eine vorsichtig geschätzte Nutzung abgeschrieben werden. Die Nutzungsdauer sollte eher kurz angesetzt werden. In der Praxis wird meistens von einer Nutzungsdauer zwischen zwei und vier Jahren ausgegangen. Das Standing Interpretations Committee (SIC)357 hat in SIC-32 zur Aktivierung der Entwicklungskosten der Website Stellung genommen. Dabei wird hinsichtlich der Website-Entwicklungskosten anhand eines Phasenmodells argumentiert. Die Kosten der Planungs-phase werden mit den Forschungskosten gleichgestellt und sind demnach direkt als Aufwand zu verbuchen.358 Die Kosten der Website-Anwendungs- und Infrastrukturentwick-lungsphase gelten dagegen als Entwicklungskosten und müssen, falls die obigen Vorausset-zungen erfüllt sind, aktiviert werden. Dies beinhaltet insbesondere auch die Software-Entwicklung für den Betrieb der Website sowie das Testen der Software.359 Die Kosten der Graphik- und Inhaltsentwicklungsphase werden ebenfalls aktiviert werden, falls die obigen Voraussetzungen erfüllt sind. Sie beinhalten die Kosten hinsichtlich des Designs der Website (Hintergründe, Farben, Rahmen, Buttons, etc.).360 Dagegen sind die Kosten der

357 Das Standing Interpretations Committee (SIC) ist ein Komitee des International Accounting Standards Committee (IASC),

welches sich mit laufenden Fragen (unbefriedigende Praxis in der Anwendung der IFRS) oder mit neu entstehenden Fragen (neue Themen, die bei der Entwicklung des entsprechenden Standards noch nicht bekannt waren) befasst. TANSKI, 2002, 11 f.

358 SIC-32.9a; PFITZER & ORDEMANN, 2002, 46. 359 SIC-32.9b; PFITZER & ORDEMANN, 2002, 46 f. 360 SIC-32.9b; SIC-32.9c; PFITZER & ORDEMANN, 2002, 47 f.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 125

operativen Phase als Aufwand zu erfassen, soweit sie nicht zu einem zusätzlich wirtschaft-lichen Nutzen führen, der über den ursprünglichen Nutzen der Website hinausgeht.361 Bei der finanziellen Due Diligence liegt der Schwerpunkt hauptsächlich bei der Beurteilung der Werthaltigkeit des immateriellen Vermögensgegenstandes. Das Risiko, dass der Käufer für eine nicht werthaltige bzw. überbewerte Website zu viel bezahlt, soll möglichst reduziert werden. Demzufolge müssen folgende Punkte abgeklärt werden:

• Erfüllung der Voraussetzungen der Aktivierbarkeit: Bei fertiggestellten oder in der Entwicklung befindlichen Websites oder Teile einer Website muss überprüft werden, ob die oben dargelegten Voraussetzungen der Akti-vierung erfüllt sind. Dabei muss insbesondere analysiert werden, ob die Personal- und Materialkosten verlässlich erfasst und zugeordnet werden können bzw. konnten. Ausserdem müssen die aktivierten Entwicklungskosten den tatsächlichen Kosten ent-sprechen und dürfen nicht interne Zuschläge beinhalten, wie dies teilweise intern in den Unternehmen zwischen verschiedenen Profit-Centern organisiert wird.

• Bestandteile der aktivierten Entwicklungskosten:

Es ist sicherzustellen, dass nur die Entwicklungskosten der Website-Anwendungs- und Infrastrukturentwicklungsphase sowie der Graphik- und Inhaltsentwicklungspha-se aktiviert wurden. Die Entwicklungskosten dürfen keine Planungskosten enthalten.

• Die Nutzungsdauer der Website:

Die Nutzungsdauer der Website, über welche die Entwicklungskosten abgeschrieben werden, muss im Einzelfall kritisch hinterfragt werden. Eine Website (zumindest der graphische Teil) ist sehr schnell veraltet. Eine Nutzungsdauer von drei Jahren kann als Richtwert herangezogen werden.

• Wertbeeinträchtigung der Website:362 Liegen Anzeichen vor, dass die Website im Vergleich zur Konkurrenz veraltet ist o-der für Internet-Benutzer an Attraktivität eingebüsst hat, müsste geprüft werden, ob eine Wertbeeinträchtigung der Website (impairment) vorliegt. Liegt eine Wertminde-

361 SIC-32.9d; PFITZER & ORDEMANN, 2002, 48 f. 362 Vgl. 5.3.1.4.1 Die Aktivierungsfähigkeit von immateriellen Anlagen.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 126

rung der Website vor, müsste der Wert der aktivierten Entwicklungskosten für die Darstellung der bereinigten Nettoaktiven korrigiert werden.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die aktivierten Entwicklungskosten für die Website hinsichtlich ihrer Bestandteile, der Zuordnung der Kosten, der Nutzungsdauer sowie der aktuelle Wert kritisch zu hinterfragen sind. Häufig sind in der Praxis die aktivierten Entwicklungskosten überbewertet, weil die Entwicklungskosten nicht verlässlich erfasst wurden oder von einer zu langen Nutzungsdauer ausgegangen wird. 5.3.1.4.4 Die Aktivierung der Aufbaukosten für den Kundenstamm

Ein grosser Kundenkreis an loyalen Kunden ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg von Portalen und virtuellen Marktplätzen, jedoch ist dessen Aufbau meistens mit grossen Kosten verbunden. Die Kosten können beispielsweise Gratisleistungen als Anreize für die Registrierung oder Zahlungen an Geschäftspartner oder an andere Websites für die Vermittlung von Kunden beinhalten.363 Für die Bilanzierung stellt sich die Frage, ob die Aufbaukosten für den Kundenstamm als immaterielle Anlage aktiviert werden können oder direkt als Aufwand verbucht werden müssen. Die Aktivierung ist wieder anhand der folgenden Voraussetzungen zu überprü-fen:364

• Identifizierbarkeit: Der Kundenstamm ist identifizierbar und abgrenzbar.

• Messbarer zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen:

Durch den Kundenstamm können direkte Umsätze durch Bezahldienste und indirekte Umsätze durch Werbeeinnahmen von Werbe-Partnern und Umsatzprovisionen von Marktplatz-Partnern generiert werden.

• Verfügungsmacht über den zukünftigen Nutzen (nur Voraussetzung gemäss IFRS):

Die Portale und Marktplätze können die Loyalität der Kunden und demzufolge auch den wirtschaftlichen Nutzen aus den Kundenstämmen nicht kontrollieren. Die Kun-

363 PFITZER & ORDEMANN, 2002, 60. 364 Vgl. 5.3.1.4.1 Die Aktivierungsfähigkeit von immateriellen Anlagen.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 127

den können sofort und ohne Kosten mit ein paar wenigen Klicks das Portal wechseln oder auf einem anderen Marktplatz einkaufen. Diese Voraussetzung für die Aktivie-rung ist gemäss IFRS demnach nicht erfüllt.

• Verlässliche Erfassung und Messung der Aufbaukosten:

Die Kosten für den Aufbau des Kundenstammes können grundsätzlich verlässlich er-fasst werden.

• Die notwendigen Mittel zum Aufbau des Kundenstammes: Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Unternehmung die notwendigen technischen und finanziellen Mittel hat, einen Kundenstamm aufzubauen.

• Nachweis eines Marktes (nur Voraussetzung gemäss IFRS) : Kundenlisten bzw. -stämme können, vorbehaltlich der datenschutzrechtlichen Be-stimmungen, gehandelt werden.

Der Kundenstamm erfüllt nicht alle Voraussetzungen für die Aktivierbarkeit gemäss IFRS, denn der wirtschaftliche Nutzen aus dem Kundenstamm kann nicht durch das Unternehmen kontrolliert werden. Demzufolge können weder der selbstaufgebaute Kundenstamm noch eingekaufte Kundenlisten als immaterielle Anlagen aktiviert werden. Die Aktivierung von Kundenstämmen wird sogar explizit in IAS 38 ausgeschlossen.365 Dagegen wären gemäss Swiss GAAP FER alle Voraussetzungen erfüllt und ein selbstauf-gebauter Kundenstamm wie auch erworbene Kundenlisten könnten grundsätzlich zu den Aufbau- oder Anschaffungskosten aktiviert werden.366 Ausserdem werden explizit in FER 9 Kundenkarteien als ein mögliches Beispiel von immateriellen Anlagen genannt. Da jedoch die Kunden Portale und Marktplätze sehr schnell wechseln können, und demnach der Wert des Kundenstammes sehr schlecht eingeschätzt werden kann, ist eine Aktivierung des Kundenstammes nicht zu empfehlen. Die Kosten für den Aufbau des Kundenstammes sollten analog zu IFRS als Aufwand erfasst werden.367 Aus der Perspektive der finanziellen Due Diligence bilden aktivierte Kundenstämme bei Portalen und Marktplätzen immaterielle Vermögensgegenstände, deren Wert und Werthal- 365 IAS 38.16; IAS 38.63. 366 FER 9.2; FER 9.4. 367 IAS 38.63.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 128

tigkeit sehr unsicher sind. Aufgrund der grossen Kundenfluktuation bei Portalen und virtuellen Marktplätzen besteht das Risiko, dass der Kundenstamm überbewertet ist. Sorgfältige Analysen anhand von Kennzahlen wie beispielsweise Umsatz pro Kunde in den letzten drei und zwölf Monaten sowie die Anzahl regelmässiger Kunden im Verhältnis zu Neukunden können einen Eindruck vermitteln, wie wertvoll und nachhaltig der aufgebaute Kundenstamm wirklich ist. Grundsätzlich kann jedoch festgehalten werden, dass der Kundenstamm eines Portals oder Marktplatzes aufgrund der grossen Kundenfluktuation nur schwerlich als werthaltige immaterielle Anlage betrachtet werden kann. Demnach wären aktivierte Kundenstämme für die Beurteilung der Nettoaktiven abzuziehen. 5.3.1.4.5 Die Aktivierung der eigenen Marke

Einer der wichtigsten kritischen Erfolgsfaktoren für Portale und virtuelle Marktplätze bildet deren Bekanntheitsgrad bzw. die Bekanntheit der eigenen Marke bei den Internet-Nutzern.368 Der Aufbau der Bekanntheit der eigenen Marke ist dabei sehr kostenintensiv, wenn sich das Unternehmen nicht auf reine Mund-zu-Mund-Propaganda verlassen will. Dabei stellt sich die Frage, ob die Kosten für den Aufbau der eigenen Marke nicht als eine selbsterarbeitete immaterielle Anlage aktiviert werden kann. Die Aktivierung der eigenen Marke muss anhand der generellen Voraussetzungen gemäss Swiss GAAP FER und IFRS geprüft werden.369 Es zeigt sich jedoch schnell, dass die Bekanntheit der eigenen Marke nicht von der Bekanntheit des gesamten Unternehmens abgegrenzt werden kann.370 Die eigene Marke ist demnach nicht als ein eigenständiger Vermögenswert klar identifizierbar. Aus diesem Grund wird eine Aktivierung der Aufbau-kosten der eigenen Marke gemäss IFRS sogar explizit abgelehnt.371 Da die Identifizierbar-keit als Voraussetzung für die Aktivierbarkeit nicht erfüllt ist, müsste auch gemäss Swiss GAAP FER die Aktivierung der eigenen Marke abgelehnt werden, obwohl es in der FER 9 nicht explizit erwähnt wird. Zusammenfassend lässt sich hinsichtlich der eigenen Marke festhalten, dass für Portale und Marktplätze die Bekanntheit der eigenen Marke den wichtigsten immateriellen „Vermö-genswert“ bildet, jedoch nicht aktiviert werden kann und somit auch nicht in den Wert der

368 Vgl. 4.4.1 Die Bekanntheit der Unternehmensmarke (Brand). 369 Vgl. 5.3.1.4.1 Die Aktivierungsfähigkeit von immateriellen Anlagen. 370 IAS 38.64. 371 IAS 38.63.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 129

Nettoaktiven einfliesst. Die Kosten für den Aufbau der eigenen Marke müssen demnach als Aufwand erfasst werden.372

5.3.1.5 Die Finanzanlagen

Durch die Analyse der Jahresabschlüsse von Portalen und virtuellen Marktplätzen konnte erkannt werden, dass häufig eine wesentliche Position des Anlagevermögens durch Finanzanlagen gebildet wird. Dabei wurden hauptsächlich nicht-konsolidierte Beteiligungen und Darlehensforderungen als Finanzanlagen ausgewiesen. 5.3.1.5.1 Die Beteiligungen

IFRS und Swiss GAAP FER unterscheiden zwei Arten von Anteilen an nicht-konsolidierten Unternehmen, nämlich Anteile an einem assoziierten Unternehmen mit massgeblichem Einfluss (IFRS) bzw. Beteiligungen mit massgeblichem Einfluss (FER) und Anteile ohne massgeblichem Einfluss.373 Gemäss IFRS wird unter einem massgeblichen Einfluss eine mögliche Mitwirkung des Anteilseigners auf die Finanz- und Geschäftspolitik des Unternehmens verstanden, ohne dabei jedoch tatsächlich den Ausgang der Entscheidungsprozesse bestimmen zu können.374 Dabei wird unterstellt, dass bei einem Stimmrecht von mindestens 20% ein massgeblicher Einfluss durch den Anteilseigner besteht.375 Eine Beteiligung liegt gemäss Swiss GAAP FER dann vor, wenn der Anteilseigner über ein Stimmrecht von mindestens 20% und zusätzliche Möglichkeiten der Einflussnahme, wie beispielsweise Einsitz im Verwaltungs-rat, besitzt.376 Die Beteiligungen mit massgeblichem Einfluss werden sowohl nach IFRS als auch nach Swiss GAAP FER nach der so genannten Equity-Methode bilanziert.377 Dabei wird die jeweilige Gesellschaft mit ihrem anteiligen Eigenkapital in der Konzernbilanz erfasst. Bei 372 Häufig werden jedoch die eigene Marke oder Name im handelsrechtlichen Abschluss als immaterielle Anlage aktiviert und jedes

Jahr neu bewertet. Beispielsweise aktiviert car4you.ch den Namen bzw. Marke als immaterielle Anlage. INTERVIEW mit K. Treuthardt, car4you.ch.

373 IAS 28.6; FER 2.19; FER 2.20; TANSKI, 2002, 231 ff. 374 TANSKI, 2002, 233; IAS 28.2. 375 TANSKI, 2002, 233; IAS 28.6. 376 FER 2.19; OR Art. 665a Abs. 3. 377 IAS 28.13; FER 2.6; vgl. IAS 28.13c für Ausnahmen bezüglich der Anwendung der Equity-Methode.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 130

der erstmaligen Anwendung wird die Beteiligung zu den Anschaffungskosten bilanziert und in den Folgejahren um den anteiligen Jahresgewinn bzw. -verlust erhöht oder vermindert. Dividendenzahlungen sind vom Wert der Beteiligung abzuziehen.378 An jedem Bilanzstich-tag ist die Beteiligung auf eine allfällige Wertbeeinträchtigung (impairment test) zu überprüfen und gegebenenfalls muss der Wert der Beteiligung erfolgswirksam korrigiert werden.379 Anteile ohne einen massgeblichen Einfluss werden nach Swiss GAAP FER zu den Anschaffungskosten bewertet.380 Gemäss IFRS kommt bei Anteilen ohne massgebli-chen Einfluss IAS 39 zur Anwendung, der bestimmt, dass die Anteile grundsätzlich zum Marktwert (fair value) zu erfassen sind, der den Anschaffungskosten bei der Erstbewertung entspricht.381 Kann ein zuverlässiger Marktwert nicht bestimmt werden, müssen die Anteile zu Anschaffungskosten bewertet werden.382 Portale und virtuelle Marktplätze besitzen oft Minderheitsbeteiligungen mit massgeblichem Einfluss an Partner-Portalen und -Marktplätzen, Softwareunternehmen oder anderen Partner-Unternehmen. Im Rahmen der finanziellen Due Diligence gilt es die Bewertung der entsprechenden Beteiligungen kritisch zu durchleuchten. Dabei ist insbesondere die Zusammensetzung der anteilsmässigen Nettoaktiven der Beteiligung von Bedeutung. Bestehen die Nettoaktiven der Beteiligung aus einem hohen Anteil an immateriellen Anlagen, ist zu überprüfen, inwieweit die immateriellen Vermögenswerte der Beteiligung als werthaltig betrachtet werden können. Zusätzlich muss untersucht werden, ob die betreffenden Beteiligungen für die Geschäftstätigkeit des Portals oder Marktplatzes als betriebsnotwendig qualifiziert werden können. Ein Käufer wird nicht interessiert sein, für Beteiligungen zu bezahlen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen. 378 IAS 28.11; ACHLEITNER & BEHR, 2003, 295 f. 379 IAS 28.31 i.V.m. IAS 39.58 ff.; FER 20.1 ff. Ein allfälliger Goodwill, der in der Beteiligung enthalten ist und nicht separat

ausgewiesen wird, muss gemäss IAS 36 Impairment of Assets auch nicht separat auf eine Wertbeeinträchtigung überprüft werden. IAS 28.33.

380 FER 2.20. 381 IAS 39.43. Gemäss IAS 39 können Anteile ohne massgeblichen Einfluss, die börsenkotiert sind oder deren Wert zuverlässig

bestimmt werden kann, als financial asset at fair value through profit and loss oder als available-for-sale assets klassifiziert werden. Der Unterschied liegt darin, dass die Veränderungen der Fair Values der Anteile bei den financial assets at fair value through profit and loss erfolgswirksam in der Erfolgsrechnung erfasst werden, dagegen die Veränderungen bei den available-for-sale assets über das Eigenkapital ausgeglichen werden. IAS 39.55.

382 IAS 39.46c. Bezüglich der Bewertung von nicht-kotierten Anteile vgl. IAS 39 AG 74 ff.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 131

5.3.1.5.2 Die Darlehensguthaben

Bei den gewährten Darlehen ist anhand der Gegenpartei zu unterscheiden, ob ein Darle-hensguthaben gegenüber nahestehenden Unternehmen und Personen (related parties) oder gegenüber Dritten vorliegt. Als nahestehende Unternehmen und Personen gelten natürliche und juristische Personen, die direkt oder indirekt auf finanzielle oder operative Entscheide der Gesellschaft einwirken können.383 Beispielsweise werden nicht-konsolidierte Unter-nehmen, Aktionäre mit Stimmrechtsanteilen von 20% oder mehr, Schlüssel-Personen der Unternehmung und deren Familienmitglieder als nahestehende Personen angesehen.384 Die nicht-kotierten Portale und virtuellen Marktplätze besitzen häufig Darlehensguthaben gegenüber den nicht-konsolidierten Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, und gegen-über Aktionären oder dem Geschäftsführer. Im Rahmen der finanziellen Due Diligence sind die Konditionen der gewährten Darlehen sorgfältig zu analysieren, denn meistens werden den nahestehenden Personen und Unternehmen tiefere als marktübliche Zinssätze gewährt. Es kann jedoch nicht im Interesse des Käufers sein, für Darlehensguthaben mit tiefen Zinsen zu bezahlen und dadurch eigenes Kapital ineffizient zu binden. In einem solchen Fall müsste der Käufer aushandeln, dass das Darlehen beim Verkäufer verbleibt und nicht übernommen wird.385 Werden die Darlehensguthaben gegenüber verbundenen Personen trotzdem durch den Käufer übernommen, ist wie bei den Darlehensguthaben gegenüber unabhängigen Dritten abzuklären, ob der bilanzierte Wert des Darlehens den geschätzten erzielbaren Betrag (recoverable amount) übersteigt und somit eine Wertminderung des Darlehensguthabens vorliegt.386 Dies kann sich beispielsweise durch die absehbare Zahlungsunfähigkeit einer nicht-konsolidierten Unternehmung ergeben, der ein Darlehen gewährt wurde. Allfällige Wertminderungen der Darlehensguthaben müssen bei der Darstellung der bereinigten Nettoaktiven bereinigt werden.

383 FER 15.1; FER 15.6 ff.; IAS 24.9. 384 IAS 24.9; FER 15.7. 385 Für Richtwerte hinsichtlich der marktüblichen Zinsen von Darlehen vgl. 7.1.3 Die verdeckten geldwerten Vorteile. 386 IAS 39.58 ff.; FER 20.3.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 132

5.3.1.6 Die Rückstellungen

Viele Portale und virtuelle Marktplätze befanden sich über die letzten Jahre in einem fortlaufenden Prozess der Restrukturierung und sind auch zukünftig gezwungen, die Restrukturierungen weiterzuführen, um eine verbesserte Profitabilität zu erwirtschaften. Die Restrukturierungen können beispielsweise die Schliessung von unprofitablen Tochterunter-nehmen, Neu-Organisation der Unternehmung, Reduktion des Personalbestandes und die Reduktion von Angeboten umfassen. Für die zukünftigen Kosten in Verbindung mit den Restrukturierungen werden jeweils Rückstellungen gebildet. Die Rückstellungen, welche Verpflichtungen decken sollen, die innert einem Jahr anfallen, werden als kurzfristige Rückstellungen ausgewiesen. Eine Rückstellung ist gemäss IFRS und Swiss GAAP FER eine auf einem Ereignis in der Vergangenheit begründete wahrscheinliche Verpflichtung, deren Höhe oder Fälligkeit jedoch ungewiss aber schätzbar ist.387 Die wahrscheinliche Verpflichtung kann sich rechtlich aus Gesetz, Reglement oder Vertrag ergeben, oder sie kann faktisch aus vergange-nen Unternehmensentscheidungen begründet werden (sog. constructive obligation).388 Im Rahmen der finanziellen Due Diligence muss die Berechnung der Rückstellungen sorgfältig analysiert werden. Es besteht das Risiko, dass die Rückstellungen für die zukünftigen Kosten der laufenden oder beschlossenen Restrukturierungen unterbewertet sind. Dabei muss versucht werden, die zukünftigen Restrukturierungskosten wie beispiels-weise restliche Lohnzahlungen bzw. Abfindungen für gekündigtes Kaderpersonal oder Kosten aus der Schliessung von Tochtergesellschaften möglichst zuverlässig einzuschätzen. Für den Käufer ist es von grossem Interesse, den Kaufpreis um die zukünftigen Kosten, die durch diese vergangenen Restrukturierungsentscheide ausgelöst werden, zu reduzieren. Ansonsten müsste der Käufer für Restrukturierungen aufkommen, an deren Planung und Entscheidungen er nicht mitwirken konnte. Wurden neben den Rückstellungen für Restrukturierungen noch weitere Rückstellungen für andere wahrscheinliche zukünftige Verpflichtungen der Zielgesellschaft gebildet (bei-

387 FER 23.1; IAS 37.14. 388 FER 23.2; FER 23.13; IAS 37.17.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 133

spielsweise Rückstellungen für hängige Rechtsstreitigkeiten), sind auch diese Rückstellun-gen durch die Due Diligence auf ihre Angemessenheit zu überprüfen.389

5.3.1.7 Die Pensionsverbindlichkeiten (Defined Benefit Asset and Liability)

Betriebspensionen werden über externe Fonds oder Versicherungsgesellschaften finanziert (sog. pension plans). Diese Pensionspläne können entweder beitragsorientiert (sog. defined contribution plan) oder leistungsorientiert (sog. defined benefit plan) ausgestaltet werden. Bei beitragsorientierten Pensionsplänen werden regelmässige Beiträge geschuldet, die je nach Anfall als Aufwand verbucht werden. Bei leistungsorientierten Pensionsplänen ist das Unternehmen verpflichtet, Pensionszahlungen in einer bestimmten Höhe zu leisten. Der Pensionsfonds veranlagt die Beiträge des Unternehmens, jedoch ist das Unternehmen letztlich zur Leistung der Pensionen verpflichtet und trägt das wirtschaftliche Risiko.390 Gemäss IFRS ist bei den leistungsorientierten Pensionsplänen die Differenz zwischen dem Barwert der zukünftigen Pensionsverpflichtungen (sog. projected benefit obligation – PBO) und dem Tageswert des Fondsvermögens als Pensionsverbindlichkeit (sog. defined benefit liability) bzw. Pensionsvermögen (sog. defined benefit asset) in der Bilanz auszuweisen.391 Im Rahmen jeder Due Diligence gilt es einzuschätzen, ob die Zielgesellschaft eine ausreichende Pensionsverbindlichkeit für den leistungsorientierten Pensionsplan ausweist und ob ein allfällig ausgewiesenes Pensionsvermögen wie beispielsweise aktivierte

389 Vgl. 6.1.5 Die prozessualen Risiken. 390 GRÜNBERGER & GRÜNBERGER, 2002, 64. 391 IAS 19.54; GRÜNBERGER & GRÜNBERGER, 2002, 73. Gemäss US-GAAP wird die Pensionsverpflichtung als Differenz

zwischen dem Tageswert des Fondsvermögens und den kumulierten Pensionsverpflichtungen auf Basis der gegenwärtigen Gehälter berechnet (sog. accumulated benefit obligation – ABO). GRÜNBERGER & GRÜNBERGER, 2002, 71.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 134

Arbeitgeberbeitragsreserven392 für leistungs- oder beitragsorientierte Pensionspläne werthaltig sind.393 Gegebenenfalls ist sogar eine Neuberechnung der Pensionsverpflichtungen gemäss IAS 19 durchzuführen bzw. bei der Zielgesellschaft zu verlangen. Ausserdem ist zu überprüfen, ob es sich bei einer allfälligen Arbeitgeberbeitragsreserve um eine Beitragsreserve im engeren oder weiteren Sinn handelt, denn nur die Beitragsreserve im engeren Sinn kann bei einer Teilliquidation und (Teil-) Fusion der Vorsorgeeinrichtungen im Rahmen der Unterneh-menstransaktion weiterhin durch den Arbeitgeber für zukünftige Beitragszahlungen genutzt werden. Beitragsreserven im weiteren Sinn werden bei Teilliquidationen, Teilfusionen und Fusionen der Vorsorgeeinrichtungen als freie Mittel behandelt und entsprechend in die Verteilpläne zugunsten der Destinatäre einbezogen.394 In der vorliegenden Arbeit wird nicht näher auf Risiken bezüglich Vorsorgeverpflichtungen eingegangen, denn einerseits sind diese Risiken nicht charakteristisch für Portale und virtuelle Marktplätze und aufgrund der häufig kleinen Personalbestände von Portalen und virtuellen Marktplätzen stehen andererseits die Risiken aus Vorsorgeverpflichtungen im Vergleich zu anderen finanziellen Risiken nicht im Vordergrund.

5.3.1.8 Die allgemeinen Reserven (Agio)

Eine bilanzielle Eigenheit von Portalen und virtuellen Marktplätzen ist zweifellos der verhältnismässig hohe Bestand an Eigenkapital im Vergleich zum verzinslichen Fremdkapi-tal. Dabei besteht das Eigenkapital zu einem grossen Teil aus den allgemeinen Reserven, die hauptsächlich durch das Agio bei der Emission von Aktien aufgebaut wurden. Beispielswei-

392 Der Arbeitgeber kann seine Beiträge für den Pensionsplan entweder aus eigenen Mitteln oder aus vorgängig geäufneten

Arbeitgeberbeitragsreserven (AGBR) erbringen. Dabei wird zwischen Arbeitgeberbeitragsreserven im engeren und im weiteren Sinn unterschieden. Arbeitgeberbeitragsreserven im engeren Sinn sind durch freiwillige Zuwendungen des Arbeitgebers gebildet worden, die er ausdrücklich zugunsten der Beitragsreserve geleistet hat. Die Verfügungsmacht liegt beim Arbeitgeber, der die Reserve vollumfänglich und ohne Einschränkung zur Finanzierung von zukünftigen Arbeitgeberbeiträgen heranziehen kann. Arbeitgeberbeitragsreserven im weiteren Sinn sind vor dem 1. Januar 1985 (Inkrafttreten von OR Art. 331 Abs. 3) durch Ausscheidung von freien Mitteln gebildet worden, die aus nicht zweckbestimmten freiwilligen Zuwendungen des Arbeitgebers, aus Überschussrückvergütungen, aus Vermögenserträgen, etc. entstanden sind. Die Entscheidungsgewalt über die Arbeitgeberbei-tragsreserven im weiteren Sinn liegt beim Stiftungsrat. LOSER, 2002, 41.

393 Die Arbeitgeberbeitragsreserve muss gemäss IAS 19.58 zum Barwert der künftigen Beitragsersparnisse aktiviert werden. Gemäss FER 16 und Obligationenrecht besteht die Möglichkeit, die AGBR bei leistungsorientierten Pensionsplänen zu aktivieren. Die Aktivierung von AGBR bei beitragsorientierten Vorsorgeplänen ist gemäss FER 16 verboten, was sachlich nicht gerechtfertigt ist. LOSER, 2003, 744 f.

394 LOSER, 2002, 41 f.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 135

se wies die Portal-Gruppe Wanadoo bei einer gesamten Bilanzsumme von 3’220 Millionen Euro Eigenkapital von 1'838 Millionen Euro per 31. Dezember 2002 aus. Das Eigenkapital besteht aus der allgemeinen Reserve aus Agio von 6’244 Millionen Euro, der jedoch ein Bilanzverlust von 4'884 Millionen Euro gegenübersteht. Im Vergleich dazu betrug das langfristige verzinsliche Fremdkapital nur 269'000 Euro; das kurzfristige verzinsliche Fremdkapital belief sich auf 115 Millionen Euro.395 Dies entspricht einem Eigenfinanzie-rungsgrad von 57% und einer Debt-Equity Ratio von 6%.396 Das Agio ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Nennwert der Aktie und deren Ausgabepreis bei der Emission oder bei der Kapitalerhöhung. Der Nennwert wird als Aktienkapital bilanziert, hingegen wird das Agio in der Schweiz der allgemeinen (gesetzli-chen) Reserve397 zugewiesen.398 Der normalerweise grosse Bestand an Eigenkapital und Agio bei Portalen und virtuellen Marktplätzen lässt sich grundsätzlich dadurch begründen, dass über die letzten Jahre, und auch noch heute, eine pessimistische Haltung gegenüber den Portalen und virtuellen Marktplätzen seitens der Banken als Fremdkapitalgeber vorherrscht. Dadurch ist der Zugang zu Kreditlinien bei Banken sehr erschwert. Die Portale und Marktplätze müssen somit ihr Kapital hauptsächlich durch Emission von Aktien im Rahmen von Kapitalerhö-hungen (sog. Finanzierungsrunden) beschaffen. Die meisten Portale und Marktplätze haben in den Boom-Jahren von 1999 und 2000 ihre Aktien emittiert und konnten einen hohen Ausgabepreis erzielen. Es resultierte ein hohes Agio, das über die letzten Jahre für die Verrechnung mit den Verlusten herangezogen werden konnte. Der hohe Anteil an Agio bei der Emission von Aktien ist insbesondere auch darin begrün-det, dass die Bilanzverluste in den Anfangsjahren eines Portals oder virtuellen Marktplatzes mit der allgemeinen Reserve verrechnet werden können. Werden indessen die Aktien zu einem höheren Nennwert ausgegeben und als Aktienkapital bilanziert, können keine Reserven zur Verrechnung herangezogen werden, und der kumulierte Bilanzverlust würde

395 WANADOO, 2003, 42. 396 Eigenfinanzierungsgrad: Eigenkapital / Gesamtkapital. TREUHAND-KAMMER, 1998b, 192. Debt-Equity Ratio: Kurzfristiges und langfristiges verzinsliches Fremdkapital / Eigenkapital. WHITE et al., 1997, 162. 397 Im Gegensatz zur Schweiz wird das Agio in den anglo-amerikanischen Ländern als eine separate Reserve ausgewiesen (share

premium account, additional paid-in-capital, paid-in-surplus). BOEMLE, 2002, 503. In der Schweiz werden in die allgemeinen Reserven gemäss OR Art. 671 Abs. 1 neben dem Agio auch fünf Prozent des Jahresgewinnes zugewiesen, bis die Reserve 20% des einbezahlten Aktienkapitals erreicht hat. Des Weiteren sind 10% der Beträge, die nach einer Dividende von 5% ausgeschüttet werden, der allgemeinen Reserve zuzuweisen (OR Art. 671 Abs. 2 Ziff. 3).

398 OR Art. 671 Abs. 2 Ziff. 1; BOEMLE, 2002, 502 f.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 136

als Abzugsposten im Eigenkapital oder als aktiver Berichtigungsposten in der Bilanz ausgewiesen werden.399 Dadurch würde die Gefahr bestehen, dass der kumulierte Bilanzver-lust die Hälfte des Aktienkapitals übersteigen könnte und die Gesellschaft bereits in den Anfangsjahren einen Kapitalverlust gemäss OR Art. 725 Abs. 1 ausweisen müsste. Dies hätte zur Folge, dass der Verwaltungsrat unverzüglich eine Generalversammlung einberufen und Sanierungsmassnahmen beantragen müsste.400 Grundsätzlich ist die Aufteilung zwischen Nennwert und Agio finanzwirtschaftlich unbedeutend, obwohl ein hohes Agio bei gewissen Aktionären immer noch negative Reaktionen auslöst.401 Im Rahmen der Gewinnverteilung wird der Aktionär die erhaltene Dividende nicht mit dem Nennwert der Aktie, sondern mit dem vollen einbezahlten Betrag in Bezug setzen. Der Unterschied liegt einzig darin, dass es sich bei einem hohen Bestand an Aktienkapital durch die Emission von Aktien mit wenig Agio schwieriger gestaltet, Tantiemen und Superdividenden (inklusiv der Zuweisung von 10% in die gesetzliche Reserven) auszuzahlen, da dies erst vorgenommen werden kann, wenn eine Grunddividende von 5% des einbezahlten Aktienkapitals den Aktionären ausbezahlt wurde.402 5.3.2 Checkliste für die bilanzielle Analyse Hinsichtlich der flüssigen Mittel:

Wie setzen sich die flüssigen Mittel zusammen? Kann der Bestand an flüssigen Mitteln mit aktuellen Bankbestätigungen abgeglichen

werden? Zu welchen Wechselkursen wurden die flüssigen Mittel in ausländischer Währung

umgerechnet? Sind diese flüssigen Mittel überbewertet? Wie wird die Liquidität in Bezug auf die kurzfristigen Verbindlichkeiten und den zu

erwartenden Gewinn (Verlust) eingeschätzt? Ist die Liquidität ausreichend? Kann bei guter Liquidität und Geschäftsgang ein wesentlicher Teil der Liquidität als

nicht-betriebsnotwendig angesehen werden? Verfügt das Unternehmen über ein Cash-Management? Wie ist es organisiert?

399 Das Aktien- und Partizipationskapital können nur unter der Einhaltung der strengen gesetzlichen Formvorschriften der

Herabsetzung des Aktienkapitals gemäss OR Art. 732 ff. vermindert werden. 400 OR Art. 725 Abs. 1. 401 BOEMLE, 2002, 502. 402 OR Art. 671; OR Art. 677.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 137

Hinsichtlich der Kundenforderungen: Wie hoch ist das durchschnittliche Zahlungsziel und der Debitorenumschlag? Wie wird anhand des durchschnittlichen Zahlungsziels die Zahlungsmentalität der

Kunden und das Debitoren-Management beurteilt? Wie setzen sich die Kundenforderungen zusammen? Gibt es Klumpenrisiken in Form

von ein paar wenigen grossen Debitoren? Können die Einzelwertberichtigungen der Kundenforderungen als genügend betrach-

tet werden? Ist die pauschale Wertberichtung der Kundenforderung (Delkredere) für mutmassli-

che Debitorenverluste angemessen? Wie wird die Bonität der wichtigen Kunden ein-geschätzt?

Hinsichtlich des Goodwills:

Über welche Nutzungsdauer wird der Goodwill amortisiert (falls Bilanzierung nach Swiss GAAP FER erfolgt)? Ist diese Nutzungsdauer angemessen?

Liegen Indikatoren (beispielsweise technische Probleme oder ein hoher zu erwarten-der Betriebsverlust der Tochtergesellschaft) für eine Wertminderung des Goodwills vor?

Wann wurde der letzte Impairment-Test durchgeführt? Wurden dazu Unterlagen vom Management oder von der Revisionsstelle für die finanzielle Due Diligence zur Ver-fügung gestellt?

Wieviel beträgt der recoverable amount der Unternehmenseinheit? Ist er kleiner als das bilanzielle Eigenkapital inklusive Goodwill? Falls dies der Fall ist: wieviel be-trägt die Wertminderung des Goodwills?

Müssen zur sorgfältigen Einschätzung des Goodwills Bewertungsspezialisten hinzu-gezogen werden?

Hinsichtlich der Aktivierung der Website:

Sind die Voraussetzungen für die Aktivierung gemäss IFRS oder Swiss GAAP FER erfüllt?

Können bzw. konnten insbesondere die Entwicklungskosten der Website zuverlässig ermittelt werden?

Hat das Unternehmen die Absicht sowie die technischen und finanziellen Mittel, um die Website fertig zu stellen?

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 138

Aus welchen Phasen der Erstellung der Website wurden die Kosten als Entwick-lungskosten aktiviert? Wurden fälschlicherweise auch Kosten aus der Planungsphase oder Kosten aus der operativen Phase bzw. dem Betrieb der Website aktiviert?

Über welche Nutzungsdauer wird die Website abgeschrieben? Ist diese Nutzungs-dauer angemessen?

Liegen Indikatoren (beispielsweise rückläufige Benutzerzahlen) vor, die auf eine Wertminderung der Website schliessen lassen? Wie hoch kann die Wertminderung eingeschätzt werden?

Hinsichtlich anderer immaterieller Anlagen:

Sind die Voraussetzungen für die Aktivierung gemäss IFRS oder Swiss GAAP FER erfüllt?

Wurden die Aufbaukosten für den Kundenstamm aktiviert (nur möglich gemäss Swiss GAAP FER)? Kann der Wert des Kundenstammes verlässlich eingeschätzt werden?

Hinsichtlich der Finanzanlagen:

Wie wurden die Minderheitsbeteiligungen mit massgeblichem Einfluss bewertet? Wie setzen sich die entsprechenden Nettoaktiven der Beteiligung zusammen? Besteht das Risiko, dass die Beteiligung überbewertet ist?

Welchem Zweck hinsichtlich der Geschäftstätigkeit dienen die Beteiligungen? Kön-nen alle Beteiligungen als betriebsnotwendig betrachtet werden?

Bestehen Darlehensguthaben mit nahestehenden Unternehmen und Personen? Was sind die Konditionen der gewährten Darlehen? Weichen sie wesentlich von den marktüblichen Konditionen ab?

Gibt es Anzeichen, dass ein gewährtes Darlehen durch einen Schuldner nicht voll-ständig zurückgezahlt werden kann? Falls ja: um wieviel wurde das entsprechende Darlehensguthaben wertberichtigt?

Hinsichtlich der Rückstellungen:

Wurden Rückstellungen für zukünftige Kosten als Folge von laufenden oder be-schlossenen Restrukturierungen gebildet?

Wie wurden die Rückstellungen bemessen? Kann die Höhe der Rückstellungen zum jetzigen Zeitpunkt als angemessen betrachtet werden?

Sind weitere Rückstellungen gebildet worden (wie beispielsweise für laufende Rechtsstreitigkeiten)? Ist deren Höhe angemessen?

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 139

Ist in anderen Bereichen ein Rückstellungsbedarf erkennbar? 5.3.3 Die Analyse der Charakteristiken der Erfolgsrechnung Aufgrund der analysierten Jahres- und Quartalsabschlüsse und Interviews konnten bestimmte Merkmale hinsichtlich der Erfolgsrechnung von europäischen Portalen und virtuellen Marktplätzen abgeleitet werden.403 Ausgehend von der allgemeinen Modell-Erfolgsrechnung, welche die durchschnittlichen Proportionen der untersuchten Erfolgsrech-nungen aufzeigen sollen, werden im Folgenden typische Probleme und Risiken hinsichtlich der Erfolgsrechnung behandelt.

5.3.3.1 Die allgemeine Modell-Erfolgsrechnung

Die einzelnen Positionen der Modell-Erfolgsrechnung nach Umsatzkostenverfahren sind nachfolgend als Prozentsätze dargestellt, die den Durchschnittswerten der analysierten Jahres- und Quartalsabschlüsse nach Bereinigung von einzelnen Ausreissern entsprechen. Die Prozentsätze sollen einen allgemeinen Eindruck über die Proportionen der einzelnen Kosten und Erträge im Vergleich zum Umsatz (100%) vermitteln.

403 Die analysierten europäischen Portale und virtuellen Marktplätze sind in Anhang B ersichtlich. Dabei wurde insbesondere auf die

Jahres- und Quartalsberichte dieser Unternehmen, soweit verfügbar, abgestützt. Weitere wichtige Informationen konnten aus Firmenmitteilungen, den entsprechenden Websites und insbesondere aus Interviews gewonnen werden (vgl. Anhang C).

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 140

Modell-Erfolgsrechnung GJ 03 Umsatz 100% Herstellkosten der verkauften Leistungen -28% Bruttoergebnis 72%

Entwicklungskosten -15% Marketing und Werbung -33% Administrative Kosten -18% Andere betriebliche Erträge 2% Andere betriebliche Kosten -2% EBITDA* 6%

Abschreibungen / Amortisation -5% Amortisation Goodwill -9% EBIT** -8%

Zinsergebnis 4% Ergebnis nicht-konsol. Beteiligungen 0% EBT*** -4%

* Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen ** Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern *** Betriebsergebnis vor Steuern

Abb. 5-3: Modell-Erfolgsrechnung Quelle: Eigene Darstellung

Der Umsatz wird bei Portalen hauptsächlich mit den Werbepartnern, Marktplatz-Partnern sowie mit den Benutzern bzw. Kunden generiert. Er setzt sich demzufolge aus Werbeein-nahmen für die Bereitstellung von Werbeflächen auf der Website, Umsatzprovisionen von den Marktplatz-Partnern für die vermittelten Geschäfte und den Einnahmen aus dem Verkauf von kostenpflichtigen Inhalten an Kunden zusammen. Die virtuellen Marktplätze erwirtschaften ihre Umsätze hauptsächlich durch Verkaufsprovisionen und Werbeeinnah-men. Der Umsatz und deren Erfassung wird im Folgenden näher behandelt. Die betrieblichen Kosten setzen sich grundsätzlich aus fünf verschiedenen Kostenpositionen zusammen: den Herstell- bzw. Einkaufskosten zur Bereitstellung der Inhalte und Leistungen (COGS) (28% des Modell-Umsatzes), den Entwicklungskosten für die angebotenen Dienstleistungen und digitalen Produkte sowie für die Website (15% des Modell-Umsatzes), den Kosten für Marketing und Werbung (33% des Modell-Umsatzes), die allgemeinen

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 141

Verwaltungskosten (18% des Modell-Umsatzes) sowie den Abschreibungen auf Sachanla-gen und Amortisationen auf immateriellen Werten inklusive Goodwill (zusammen 14% des Modell-Umsatzes).404 Aufgrund des hohen Bestandes an liquiden Mitteln und des relativ geringen Anteils an verzinslichem Fremdkapital weisen die meisten Portale und Marktplätze ein positives Zinsergebnis aus (4% des Modell-Umsatzes). Die meisten Portale und virtuellen Marktplätze weisen nach wie vor ein negatives Betriebs-ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) (8% des Modell-Umsatzes) aus.

5.3.3.2 Der Umsatz

5.3.3.2.1 Die Bestandteile des Umsatzes

Die üblichen Bestandteile des Umsatzes von Portalen und virtuellen Marktplätzen variieren je nach dem konkreten Geschäftsmodell. Portale, die sich vor allem auf das Angebot von Werbeflächen, Verkauf von Inhalten und die Bereitstellung von digitalen Gemeinschaften konzentrieren, werden ihren Umsatz hauptsächlich durch Werbung und Bezahldienste erwirtschaften. Virtuelle Marktplätze und Portale mit integrierten Marktplätzen werden dagegen den Umsatz hauptsächlich durch Werbung, Platzierungsgebühren von Marktplatz-Partnern und Verkaufsprovisionen generieren.405 Anhand des allgemeinen Geschäftsmodells lassen sich grundsätzlich die folgenden Bestandteile des Umsatzes unterscheiden:406

• Werbeeinnahmen von den Werbepartnern: Durch die Bereitstellung von Werbeflächen auf der Website von Werbepartnern wird heute noch der grösste Teil des Umsatzes generiert. Die Möglichkeiten der Werbung sind vielseitig und können beispielsweise die einfache Bannerwerbung, die Einblen-dung von Werbefenstern oder sogar kurze Werbespots in TV-Qualität umfassen. Die

404 Die meisten der untersuchten europäischen und schweizerischen Portale bilanzieren gemäss IFRS oder Swiss GAAP FER. Die

analysierten Vergangenheitszahlen der IFRS anwendenden Unternehmen umfassen noch nicht die Neuerungen von IFRS 3 (in Kraft seit 31. März 2004), sodass nach wie vor planmässige Amortisationen des Goodwills in der Modell-Erfolgsrechnung ausgewiesen sind.

405 Teilweise sind Portale auch im Access-Geschäft als Internet Service Provider (ISP) tätig. Die Umsätze aus der Bereitstellung des Internetzugangs werden nachfolgend ausgeklammert. Nur die reine Portaltätigkeit wird in der vorliegenden Arbeit behandelt. Vgl. 4.2 Haben die Internet Service Provider einen Wettbewerbsvorteil im Portalgeschäft?

406 Vgl. 4.1 Das allgemeine Geschäftsmodell.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 142

Preise für die Bereitstellung der Werbefläche sind dabei abhängig von der Bekannt-heit und dem Kundenkreis des entsprechenden Portals oder Marktplatzes, sowie vom Ort der Platzierung auf der Website und der Anzahl Werbeeinblendungen.407 Die konkreten Werbeverträge mit den Werbepartnern werden ebenfalls sehr unterschied-lich ausgestaltet. Sie können eine einmalige, monatliche, quartalsweise oder eine halbjährliche Bezahlung der Werbebeiträge vorsehen. Oft sind die Werbeverträge mit Mindestgarantien über eine Anzahl page impressions, hits oder click-throughs ver-knüpft. Wird die entsprechende Anzahl nicht in einer festgelegten Periode erreicht, läuft der Werbevertrag weiter, bis die Mindestanzahl erreicht wird oder nur ein be-stimmter Teil der Werbebeiträge ist geschuldet.408 Üblich sind auch so genannte Werbetauschgeschäfte. Die Portale und Marktplätze können dadurch gegenseitig kos-tenlos auf der jeweiligen Partner-Website werben. Solche Vereinbarungen werden als banner for banner, button for button, click-through for click-through oder Wechsel-werbung bezeichnet.409

• Umsatzprovisionen und Platzierungsgebühren von Marktplatz-Partnern:

Die Marktplätze und Portale mit integrierten Marktplätzen erwirtschaften neben den Werbeeinnahmen einen grossen Teil des Umsatzes durch Umsatzprovisionen und Platzierungsgebühren. Sie vermitteln als Intermediär zwischen den Kunden den Marktplatz-Partnern und erhalten dafür eine Umsatz- oder Vermittlungsprovision durch den Marktplatz-Partner. Die Provision kann auf der Grundlage der erzielten Umsätze, welche die vermittelten Kunden beim Marktplatz-Partner generierten, oder lediglich auf der Grundlage der Anzahl Kunden (Klicks), die über das Portal oder den Marktplatz die Website des Marktplatz-Partners besuchten, abgerechnet werden.410 Für die Präsentation der Produkte und Leistung auf der Website wird zusätzlich zur Umsatzprovision meistens eine pauschale Platzierungsgebühr durch den Marktplatz oder das Portal erhoben. Die Preise für die Platzierung auf der Website variieren je nach Bekanntheit und Grösse des Kundenkreises der Marktplätze und Portale.

407 Vgl. beispielweise WEB.DE, 2003, 21. 408 PFITZER & ORDEMANN, 2002, 100 f. 409 PFITZER & ORDEMANN, 2002, 103. 410 So wird beispielsweise die Provision der Marktplatz-Partner an Bluewin auf der Grundlage von Klicks abgerechnet, die von der

Bluewin Website zum betreffenden Marktplatz-Partner zu verzeichnen waren. INTERVIEW, T. Huwiler, Bluewin AG.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 143

• Umsätze aus Bezahldienste für Kunden: Im Vergleich zu den Werbeeinnahmen und Umsatzprovisionen spielen die Einnah-men von Kunden für Inhalte und Leistungen noch eine untergeordnete Rolle. Mit der weiteren Verbreitung der Breitbandtechnologie und zunehmender Akzeptanz der Be-zahldienste kann sich dies verändern.411 Häufige Bezahldienste sind beispielsweise die Bereitstellung von Publikationen gegen eine Gebühr, E-Mail Accounts gegen ei-ne Gebühr und kostenpflichtige Mitgliedschaften in digitalen Gemeinschaften (bei-spielsweise Dating-Gemeinschaften).412

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass heutzutage noch der Hauptteil des Umsatzes durch Werbung und Verkaufsprovisionen generiert wird. Ein vernachlässigbarer Teil des Umsatzes wird teilweise noch durch kostenpflichtige Leistungen für Inhalts-Partner wie Verwaltung und Hosting der Inhalte erzielt.413 Bekannte Portale und Marktplätze wie beispielsweise QXL Ricardo können ausserdem einen kleinen Teil des Umsatzes durch Merchandise-Produkte erwirtschaften.414 Für die finanzielle Due Diligence sind hinsichtlich der Bestandteile des Umsatzes insbeson-dere zwei Aspekte von grosser Bedeutung, die sorgfältig analysiert werden müssen:

• Die historische Entwicklung der Bestandteile des Umsatzes: Die Analyse der historischen Entwicklung der Werbeeinnahmen, Verkaufsprovisio-nen, der Einnahmen aus Bezahldiensten und anderen Einnahmen gibt einen Anhalts-punkt, wie sich die Umsätze zukünftig entwickeln können. Die Einschätzung der zu-künftigen Entwicklung ist von zentraler Bedeutung für die spätere Bewertung des Portals oder Marktplatzes.415

• Allfällige Klumpenrisiken bezüglich Werbepartnern und Marktplatz-Partnern:

Die Kundenstruktur hinsichtlich der Werbeeinnahmen und Umsatzprovisionen ist kritisch zu durchleuchten. Wird der Umsatz nur mit einigen wenigen grossen Werbe- oder Marktplatz-Partnern erwirtschaftet, besteht das Risiko, dass bei Abbruch der Geschäftsbeziehungen ein wesentlicher Teil des Umsatzes verloren gehen kann. Die

411 Vgl. 4.3.2 Die Akzeptanz der Bezahlinhalte. 412 Beispielsweise E-Mail Accounts unter www.gmx.ch oder E-Mail Office Premium Account bei www.freenet.de, vgl.

FREENET.DE, 2004, 62. 413 So auch bei T-Online, vgl. T-ONLINE, 2003, 20. 414 QXL RICARDO, 2003, 26. 415 Vgl. 8.2.2.2 Die Ermittlung der zukünftigen Free Cash Flows.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 144

Analyse der Kundenstruktur muss demzufolge den prozentualen Anteil der wesentli-chen Kunden am Gesamtumsatz aufzeigen, um allfällige Klumpenrisiken zu erken-nen. Bestehen Klumpenrisiken, sind diese Geschäftsbeziehungen mit dem Manage-ment der Zielgesellschaft eingehend zu diskutieren. Dadurch soll das Risiko einge-schätzt werden, dass ein wesentlicher Geschäftspartner aufgrund vergangener Prob-leme oder nach der Übernahme der Zielgesellschaft die Geschäftsbeziehungen ab-bricht.

5.3.3.2.2 Die Erfassung der Werbeeinnahmen

Bei der Erfassung der Werbeeinnahmen können sich zwei Probleme ergeben. Erstens stellt sich das Problem der Abgrenzung jener Werbeeinnahmen, die für einen längeren Zeitraum bezahlt wurden. Zweitens gilt es zu beurteilen, wie Werbekontrakte mit Mindestgarantien über eine gewisse Anzahl von page impressions oder click-throughs umsatzmässig zu erfassen sind. Die Werbeeinnahmen, die für einen bestimmten Zeitraum bezahlt wurden, der über das Geschäftsjahr hinausgeht, muss abgegrenzt werden (Grundsatz der Periodenabgrenzung oder accrual principle).416 Beispielsweise werden durch einen Werbepartner Werbebeiträge für einen Zeitraum von sechs Monaten bezahlt, wovon vier Monate bereits ins neue Geschäftsjahr fallen. Demzufolge dürfen nur zwei Monate bzw. ein Drittel der Werbeein-nahmen als Umsatz erfasst werden und der restliche Teil der Bezahlung wäre als Voraus-zahlung von Kunden als kurzfristige Verbindlichkeit zu bilanzieren. In der Praxis werden die Werbeeinnahmen meistens auf monatlicher Basis erfasst und abgegrenzt. Bei Werbekontrakten mit Mindestgarantien über eine gewisse Anzahl von Besuchern ist zu überprüfen, wann die entsprechenden Werbeeinnahmen als Umsatz erfasst werden können. Gemäss IFRS stehen zwei Voraussetzungen für die Erfassung der Werbeerträge im Vordergrund:417

416 TANSKI, 2002, 159. 417 TANSKI, 2002, 158 f.; IAS 18.20a; IAS 18.20b. Obwohl nicht explizit in Swiss GAAP FER erwähnt, steht analog zu IFRS bei

der Auslegung des Realisationsprinzips gemäss FER die Realisierbarkeit und nicht die Realisation der Erträge im Vordergrund. ACHLEITNER & BEHR, 2003, 111.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 145

• Die Werbeerträge müssen verlässlich bestimmbar sein. • Es kann als wahrscheinlich erachtet werden, dass die Erträge dem Unternehmen

zufliessen (beispielsweise weil die erbrachte Leistung vom Werbepartner anerkannt ist und keine Vorbehalte bestehen).

Je nach der konkreten Ausgestaltung des Werbekontraktes mit Mindestgarantie, ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Werbeeinnahmen wahrscheinlich und verlässlich bestimmbar sind. Beispielsweise können bei einer Vorabvergütung die gesamten Werbeein-nahmen direkt als Umsatz oder auf monatlicher Basis erfasst werden, weil es als sehr wahrscheinlich erachtet wird, dass die Mindestgarantie erfüllt werden kann. Bestehen jedoch Zweifel, sollten die Werbeeinnahmen gemäss IAS 18.25 erst dann als Umsatz erfasst werden, wenn die Mindestgarantie erfüllt wurde.418 Im Rahmen der finanziellen Due Diligence sind die Werbekontrakte mit den wichtigsten Werbepartnern zu analysieren. Dabei muss die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung von allfälligen Mindestgarantien beurteilt werden. Sind Umsätze verbucht worden, die jedoch noch unsicher sind, müssten sie für die Darstellung des nachhaltigen Ergebnisses korrigiert werden. Ausserdem muss überprüft werden, ob die Abgrenzung der Werbeeinnahmen sorgfältig durchgeführt wurde. 5.3.3.2.3 Das Werbetauschgeschäft

Bei einem Werbetauschgeschäft wirbt ein Portal oder Marktplatz auf der Website eines anderen Portals oder Marktplatzes und umgekehrt. Dies kann beispielsweise in Form von gegenseitiger Bannerwerbung oder eines Links zu der anderen Website erfolgen. Dabei wird der gleiche Betrag, der für die Werbung bezahlt werden müsste bzw. für die Werbung eingenommen würde, sowohl als Umsatz als auch als Werbekosten erfasst. Soweit der gleiche Betrag als Umsatz und als Werbekosten verbucht wird, hat dies keinen Einfluss auf das Betriebsergebnis, jedoch wird möglicherweise ein falscher Eindruck von der Höhe des Umsatzes vermittelt.419

418 „When a specific act is much more significant than any other acts, the recognition of revenue is postponed until the significant act

is executed.“ IAS 18.25; PFITZER & ORDEMANN, 2002, 100 f. 419 PFITZER & ORDEMANN, 2002, 103 f.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 146

Das Standing Interpretations Committee (SIC) des IASC hat sich in SIC-31 zu den Werbetauschgeschäften geäussert. Gemäss IAS 18 sind die Umsätze in der Höhe des fair value zu erfassen. Dabei gilt der fair value als jener Betrag, zu dem zwischen sachverständi-gen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern der Vermögenswert getauscht würde.420 Da der fair value der erhaltenen Werbung in einem Tauschgeschäft nicht verlässlich gemessen werden kann, muss anhand eines Nicht-Werbetauschgeschäftes der fair value bestimmt werden. Das zu vergleichende Nicht-Tauschgeschäft muss dabei die folgenden Voraussetzungen erfüllen:421

• Die Werbung muss ähnlich zur getauschten Werbung sein.

• Das Nicht-Tauschgeschäft muss häufig vorkommen.

• Die Nicht-Tauschgeschäfte müssen im Vergleich zu den Tauschgeschäften eine bedeutende Erlösquelle bilden.

• Das Entgelt des Nicht-Tauschgeschäftes erfolgt in Barmitteln oder anderen Mitteln,

die eine verlässliche Bewertung des fair value zulassen.

• Das Nicht-Tauschgeschäft findet nicht mit derselben Partei statt, die auch am Tauschgeschäft beteiligt ist.

Ist es möglich, den fair value der getauschten Werbung anhand eines Nicht-Tauschgeschäftes, das die oben erwähnten Voraussetzungen erfüllt, zu bestimmen, kann der Wert gemäss IFRS als Umsatz verbucht werden. Im Rahmen der finanziellen Due Diligence ist der Anteil der Werbetauschgeschäfte am Umsatz zu eruieren. Der Wert der getauschten Werbeeinnahmen ist kritisch zu überprüfen und mit den entsprechend verbuchten Werbekosten zu vergleichen. In Bezug auf die Darstellung des nachhaltigen Ergebnisses stellt sich die Frage, inwieweit die entsprechen-den Werbeeinnahmen bzw. ein Cash Inflow hätte erzielt werden können, wenn das Werbegeschäft nicht als Werbetauschgeschäft ausgestaltet worden wäre. Wären die Werbeeinnahmen ohne das Tauschgeschäft nicht generiert worden, sollten der Umsatz und

420 IAS 18.9; IAS 18.7; FEDERMANN & IASCF, 2002, 155. 421 SIC-31.5; PFITZER & ORDEMANN, 2002, 108.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 147

die Werbekosten entsprechend bereinigt werden. Obwohl das Werbetauschgeschäft durch die Verbuchung als Umsatz und als Werbekosten letztlich das Betriebsergebnis (EBIT) nicht beeinflusst, wird trotzdem ein verzerrtes Bild des Umsatzes und der Bruttomarge vermittelt, da Teile des Umsatzes nicht auf einem Cash Inflow beruhen. Daher ist in Bezug auf die Darstellung des nachhaltigen Ergebnisses im Zweifelsfall zu empfehlen, die Werbetausch-geschäfte im Umsatz und in den Werbekosten zu eliminieren.

5.3.3.3 Die Herstellkosten der verkauften Leistungen (COGS)

Die Herstellkosten für die verkauften Leistungen (COGS) (28% des Modell-Umsatzes) beinhalten im Allgemeinen alle im Zusammenhang mit der Leistungserstellung angefalle-nen direkten und indirekten Personalkosten, Materialkosten, Abschreibungen und sonstigen Kosten.422 In der Regel besteht ein grosser Teil der Herstellkosten aus den Gebühren für den Netzzu-gang gegenüber dem Netzbesitzer, Standleitungen und allfällige Gebühren für das Hosting der Website.423 Die Kosten für den von den Inhalts-Partnern eingekauften Content, der im Portal präsentiert oder wiederum an die Kunden verkauft wird, sind ebenfalls Bestandteil der Herstellkosten. Ausserdem umfassen die Herstellkosten alle Personalaufwendungen, die mit der Leistungserstellung in Verbindung stehen. Darunter fallen beispielsweise die Personalaufwendungen für die Platzierung der Angebote auf dem Marktplatz oder die Erfassung der Werbung auf der Website. Im Rahmen der finanziellen Due Diligence gilt es die einzelnen Bestandteile der Herstell-kosten zu analysieren. In der Regel sind diese Kosten kaum mit grösseren Risiken behaftet. Trotzdem müssen insbesondere zwei möglichen Problembereichen Beachtung geschenkt werden. Es gilt erstens zu prüfen, ob alle direkt oder indirekt mit der Leistungserstellung im Zusammenhang stehenden Kosten vollständig in den Herstellkosten erfasst wurden. Ansonsten würde eine zu hohe Bruttomarge (Gross profit) ausgewiesen und ein falscher Eindruck über die Profitabilität vermittelt werden. Zweitens sind auch allfällig bestehende Lieferantenverträge (beispielsweise mit dem Inhalts-Partner) auf die Angemessenheit der Konditionen, mögliche nachteilige Abnahmeverpflichtungen, lange Kündigungsfristen oder

422 KPMG, 1997, 45. 423 Vgl. beispielsweise FREENET.DE, 2004, 70.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 148

change-of-control Klauseln424 zu untersuchen, um festzustellen, ob der Käufer nach der Übernahme an gewisse Lieferanten gebunden ist, wichtige Lieferanten verlieren kann oder anderweitig Sonderkosten anfallen können.

5.3.3.4 Die Entwicklungskosten

Die Entwicklungskosten umfassen alle Kosten, welche die gegenwärtige Funktionalität der Website (beispielsweise eine bessere Navigation auf der Website) oder allgemein die angebotenen Leistungen verbessern.425 Diese Entwicklungskosten können nicht einem bestimmten Projekt zugeordnet werden und erfüllen demnach nicht die Voraussetzungen der Aktivierungsfähigkeit.426 In die Entwicklungskosten fliessen ausserdem die Kosten der Planungsphase der Website und der angebotenen Leistungen.427 Bilanziert das Unternehmen nach Swiss GAAP FER ist die Aktivierung der Entwicklungskosten für die Website und die angebotenen Leistungen fakultativ und könnte auch vollumfänglich als Entwicklungskosten in der Erfolgsrechnung ausgewiesen werden.428 Im Rahmen der finanziellen Due Diligence sind die Bestandteile der Entwicklungskosten zu analysieren. Hierbei interessiert insbesondere, welcher Teil der Entwicklungskosten als nachhaltig beurteilt werden kann, und welcher Teil der Entwicklungskosten als einmalige Sonderkosten eingeschätzt werden kann. Bei der Einschätzung der einmaligen Sonderkosten ist jedoch Vorsicht geboten. Die Entwicklungskosten für allgemeine Verbesserungen der Website und der Leistungen sind normale wiederkehrende Kosten, obwohl sie vielleicht als einmalige Aufwendungen erscheinen. Dagegen wären die Kosten für die grundlegende Erstellung der Website, falls sie nach Swiss GAAP FER nicht aktiviert wurden, als einmalige Kosten zu betrachten, die in den nächsten Jahren in dieser Höhe nicht mehr anfallen werden bzw. nicht nachhaltig sind.

424 Unter change-of-control Bestimmungen werden Vertragsklauseln verstanden, welche bei einem Parteiwechsel bzw. Eigentümer-

wechsel einen Kündigungsvorbehalt für die Gegenpartei vorsehen. VON DER CRONE et al., 2003, 9. Beispielsweise hat sich T-Online auf die change-of-control Klausel berufen und den Vertrag mit der Suchmaschine Overture gekündigt, weil Yahoo! die Übernahme von Overture angekündigt hatte. T-Online hat darauf einen mehrjährigen Vertrag mit Google abgeschlossen. OLSEN, 2003, 1.

425 Vgl. beispielsweise QXL RICARDO, 2003, 26. 426 Vgl. 5.3.1.4.1 Die Aktivierungsfähigkeit von immateriellen Anlagen. 427 Vgl. beispielsweise EBAY, 2003, 104; vgl. 5.3.1.4.3 Die Aktivierung von Entwicklungskosten für die Website. 428 ACHLEITNER & BEHR, 2003, 112; FER 9.4.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 149

5.3.3.5 Die Werbekosten

Die Werbeaufwendungen bilden in der Regel den grössten Teil der operativen Kosten eines Portals und eines Marktplatzes. Sie sind insbesondere davon abhängig, wie gross der Bekanntheitsgrad des Portals oder des Marktplatzes durch das Management eingeschätzt wird. Demnach können die Werbeaufwendungen von Unternehmen zu Unternehmen teilweise stark variieren. Beispielsweise investierte Freenet.de im Jahr 2003 nur gerade 4% des Umsatzes in Werbung, dagegen hatte Travel24.com Werbeaufwendung in der Höhe von 106% des Umsatzes im Geschäftsjahr 2002.429 Etablierte Portale und Marktplätze, deren Name bzw. Marke eine grosse Bekanntheit geniessen, können es sich leisten, die Werbe-aufwendungen zu reduzieren. Beispielsweise investierten T-Online im Jahr 2003 und Ebay im Jahr 2002 unter 30% des Umsatzes in Werbung.430 Dagegen können sich vor allem junge und kleine Portale und Marktplätze hohe Werbekosten nicht leisten und vertrauen der Mund-zu-Mund-Propaganda.431 Die Werbeaufwendungen umfassen grundsätzlich die Kosten für die Werbung in allen Medien (TV, Print-Medien, andere Websites) sowie Kooperationsprämien und Werbkosten-zuschüsse an andere Internet-Unternehmen und Werbepartner.432 Die Werbekosten für den Aufbau des Bekanntheitsgrades und des Kundenstammes können nicht aktiviert werden und werden direkt als Kosten der Erfolgsrechnung belastet.433 Da ein grosser Bekanntheitsgrad bei den Internet-Nutzern den wichtigsten „Vermögensgegenstand“ eines Portals oder virtuellen Marktplatzes bildet, ist den Werbekosten bei der finanziellen Due Diligence insbesondere in den folgenden Bereichen eine spezielle Beachtung zu schenken:

• Der Bekanntheitsgrad und die historischen Werbekosten: Die historischen Werbekosten (normalerweise der letzten zwei bis drei Geschäftsjah-re) sind im Vergleich zum bestehenden Bekanntheitsgrad zu analysieren. Dem Käu-fer sollte ermöglicht werden, die zukünftigen jährlichen Werbekosten abzuschätzen.

429 FREENET.DE, 2004, 72; TRAVEL24.COM, 2003, 22. 430 T-ONLINE, 2004, 101; EBAY, 2003, 104. 431 So beispielsweise das Portal von Moneycab.ch. INTERVIEW mit H. Fuchs, Moneycab. 432 Vgl. beispielsweise T-ONLINE, 2004, 101. 433 Vgl. 5.3.1.4.4 Die Aktivierung der Aufbaukosten für den Kundenstamm.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 150

Für die Einschätzung des Bekanntheitsgrades können die Erkenntnisse einer allfällig durchgeführten kommerziellen Due Diligence herangezogen werden.434

• Die Werbetauschgeschäfte:

Beim Tausch von Bannern und Links mit anderen Websites kann unter Umständen der fair value der Werbung als Umsatz und als Werbekosten erfasst werden.435 Auch auf der Kostenseite ist die Ermittlung des fair value der erhaltenen Werbung zu über-prüfen. Ausserdem müssen die Beträge, die als Werbeumsatz und als Werbekosten verbucht wurden, übereinstimmen.

• Ermittlung von einmaligen Werbeaufwendungen: Für die Darstellung des nachhaltigen Ergebnisses müssen allfällige einmalige Son-derkosten ermittelt werden. Die Kosten von Werbekampagnen oder Präsentationen gelten dabei nicht als einmalige Sonderkosten. Solche Kosten fallen regelmässig an, auch wenn sie in ihrer spezifischen Form den Anschein von einmaligen Werbeauf-wendungen erwecken.

5.3.3.6 Die Kosten der Mitarbeiteroptionen

Wie in vielen Unternehmen sind gerade bei Internet-Unternehmen Aktienoptionspläne für Mitarbeiter sehr verbreitet. Die Optionen geben dem Mitarbeiter das Recht, in einem festgelegten zukünftigen Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis die zu Grunde liegende Aktie zu erwerben. Zusätzlich wird eine Sperrfrist (sog. Vestingperiode) festgelegt, bis zu deren Ende die Option nicht ausgeübt werden kann. Dadurch sollen die Mitarbeiter an das Unternehmen gebunden werden. Häufig werden auch gewisse Leistungs- und Unterneh-mensziele im Voraus definiert, deren Erreichen die Mitarbeiter zur Ausübung der Option berechtigen.436 Der Grund für die Ausgabe von Mitarbeiteroptionen liegt darin, dass Internet-Unternehmen zwar möglichst hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter engagieren wollen, jedoch andererseits die verfügbaren flüssigen Mittel möglichst restriktiv eingesetzt werden sollen. Die Mitarbeiter erhalten demzufolge neben einem relativ tiefen Grundlohn Mitarbeiteropti- 434 Vgl. 4.4.1 Die Bekanntheit der Unternehmensmarke (Brand). 435 Vgl. 5.3.3.2.3 Das Werbetauschgeschäft. 436 KUIPERS, 2004, 34.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 151

onen für den Erwerb von Aktien des Arbeitsgebers. Teilweise werden auch Lieferanten von Dienstleistungen oder Produkten mit Optionen entschädigt.437 Gemäss US-GAAP bzw. nach Auffassung des FASB bilden Mitarbeiteroptionen stets eine Entlohnung für bereits erbrachte oder zukünftig zu erbringende Arbeitsleistungen, die zwingend im Personalaufwand abzubilden sind.438 Bei der Verabschiedung von SFAS 123 sah sich das FASB jedoch aufgrund starken Gegenwindes gezwungen, ein Wahlrecht in Bezug auf die Bewertung der Mitarbeiteroptionen einzuräumen.439 Den Unternehmen stehen bei der Verbuchung von Mitarbeiteroptionen demnach zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder kann der Verkehrswert (fair value) der Optionen gemäss SFAS 123 im Zeitpunkt der Optionszusage (grant date)440 oder der innere Wert der Optionen (intrinsic value) gemäss APB 25 am measurement date als Personalaufwand verbucht werden. Dieses Wahlrecht zu APB 25 gilt nicht für die Bewertung von Optionen, die an Nicht-Mitarbeiter (z.B. Lieferanten) ausgegeben wurden. Solche Optionen sind zwingend zum Verkehrswert als Aufwand zu erfassen. Wurde ausserdem die Bewertung zum Verkehrswert gemäss SFAS 123 gewählt, ist es nicht mehr gestattet, später zur Bewertung zum inneren Wert gemäss APB 25 zurückzuwechseln.441 Das measurement date ist jener Zeitpunkt, an dem erstmals sowohl der Basispreis der Optionen als auch die Anzahl der bei der Optionsausübung benötigten Aktien endgültig feststehen. In Bezug auf das measurement date gemäss APB 25 kommt der Unterscheidung zwischen fixen und variablen Optionsplänen eine zentrale Bedeutung zu.442 Bei fixen Optionsplänen liegen der Basispreis der Optionen und die Anzahl der bei der Optionsausübung benötigten Aktien im Zeitpunkt der Zuteilung unwiderruflich fest und die Differenz zwischen dem Aktienkurs und dem Ausübungspreis der Optionen (intrinsic value) wird als Personalaufwand erfasst. Demzufolge fallen das grant date und das measurement date zusammen. Die variablen Optionspläne knüpfen dagegen an zukünftige Erfolgsziele an. Im Zeitpunkt der Optionszusage (grant date) ergibt sich der Personalaufwand zwar wiederum aus der Differenz zwischen Aktienkurs und dem Ausübungspreis der Optionen

437 BERTSCHINGER et al., 2001, 1085 f. 438 VATER, 2004, 112. 439 VATER, 2004, 112. 440 Als Zeitpunkt der Optionszusage gilt jener Zeitpunkt, an dem erstmals alle Determinanten der Optionszusage feststehen und kann

demzufolge vor dem Zeitpunkt der eigentlichen Optionsausgabe liegen. VATER, 2004, 113. 441 WASER, 2003, 2; WILLIAMS, 2002, 44.02 f.; VATER, 2004, 116. 442 VATER, 2004, 116.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 152

(intrinsic value), jedoch muss die Anzahl und der Wert der tatsächlich ausgegebenen Optionen auf dem Wege einer Schätzung ermittelt werden. Die Bewertung der Optionen ist somit im Gegensatz zu den fixen Optionsplänen nicht abschliessend, und der Personalauf-wand muss in den Folgeperioden bis zum Erreichen des measurement date laufend dem Aktienverlauf angepasst werden.443 In der Praxis wurden in den meisten Fällen die Mitarbeiteroptionen, insbesondere bei fixen Optionsplänen, gemäss APB 25zum inneren Wert im Zeitpunkt der Optionszusage bewertet. Da der innere Wert der Option zum Ausgabezeitpunkt bei fixen Optionsplänen meistens null ist, konnten die Unternehmen auf die Verbuchung eines Personalaufwandes für Mitarbeiteroptionen verzichten.444 Um die Jahresabschlussadressaten wenigstens minimal über die Auswirkungen der Optionspläne zu informieren, schreibt das FASB den APB 25 anwendenden Unternehmen die Veröffentlichung von Proforma-Angaben im Rahmen der significant accounting policies und im Anhang vor. Die Proforma-Angaben beinhalten jedoch nur den Teil der Aufwendungen, der sich aus der Periodisierung für das entspre-chende Jahr ergibt, und nicht die gesamten Aufwendungen aus der Optionsausgabe.445 Gemäss IFRS und Swiss GAAP FER mussten die Mitarbeiteroptionen mangels einer Regelung nicht verbucht werden. IAS 19 verlangte jedoch eine detaillierte Offenlegung im Anhang.446 Das IASB verabschiedete im Februar 2004 den neuen Standard IFRS 2 über Share-Based Payment. Darin wird geregelt, dass die Mitarbeiteroptionen zum Verkehrswert (fair value) als Personalaufwand verbucht werden müssen. Die Bewertung des Verkehrswertes wird dabei im Zeitpunkt der Zuteilung (grant date) vorgenommen.447 Sie kann mit Hilfe von Lattice-Modellen (z.B. Binominal Model) oder geschlossenen Modellen (z.B. Black & Scholes-Modell) durchgeführt werden, falls kein Marktwert besteht, wobei IFRS 2 diesbezüglich keine Präferenzen zwischen den Modellen zeigt.448 Am 31. März 2004 veröffentlichte die amerikanische FASB ebenfalls einen Vorschlag, wie die Mitarbeiteropti-onen verbucht werden sollen. Der Exposure Draft des FASB verlangt analog zu IFRS 2 ebenfalls die Bewertung und Verbuchung der Mitarbeiteroptionen zu Verkehrswerten, 443 VATER, 2004, 116 f. 444 BERTSCHINGER et al., 2001, 1089. 445 VATER, 2004, 116. 446 IAS 19.144 ff.; BERTSCHINGER et al., 2001, 1089. 447 VOGEL, 2003, 9. 448 DELOITTE, 2004, 21; KPMG, 2004b, 1.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 153

wobei die Lattice-Modelle zur Bewertung der Optionen präferiert werden. Der FASB Exposure erlaubt Unternehmen aber weiterhin, die Bewertung zum inneren Wert vorzu-nehmen, falls deren Anteile nicht an der Börse kotiert sind.449 Aufgrund dieser geplanten Änderungen in den Rechnungslegungsstandards werden vor allem in der USA zuweilen hitzige Debatten geführt. Die Befürworter argumentieren, dass Mitarbeiteroptionen einen monetären Wert darstellen und demzufolge in der Erfolgsrech-nung zu erfassen sind. Demgegenüber weisen die Gegner, vor allem Technologie-Unternehmen, darauf hin, dass ohne Mitarbeiteroptionen die besten Mitarbeiter, insbesonde-re in der Start-up Phase, nicht verfügbar wären.450 Ende Dezember 2004 veröffentlichte das FASB das überarbeitete SFAS 123R „Share-Based Payment“. Die wesentliche Neuerung des SFAS 123R ist insbesondere, dass die alternative Anwendung von APB 25 abgeschafft wurde. Damit müssen unter anderem die fixen Optionspläne zwingend zu Verkehrswerten als Personalaufwand verbucht werden. Börsenkotierte Unternehmen haben die Mitarbeiteroptionen im Zeitpunkt der Optionszusage (grant date) zum Verkehrswert (fair value) zu bewerten und über den Erdienungszeitraum als Personalaufwand zu erfassen. Nicht börsennotierte Unternehmen können bei der Ermittlung des Verkehrswertes Erleichterungen in Anspruch nehmen.451 Im Rahmen der finanziellen Due Diligence interessieren den Käufer hauptsächlich die Höhe der nachhaltigen Personalkosten. Wird ein Teil der Personalkosten über Mitarbeiteroptionen abgegolten, bedeutet dies, dass nicht die vollständigen Personalkosten in der Erfolgsrech-nung ausgewiesen werden. Letztlich werden die Mitarbeiteroptionen in Form einer nachteiligen Verwässerung durch die Aktionäre „bezahlt“, da neue Aktionäre hinzukom-men.452 Aus Sicht des Käufers gilt es aber einzuschätzen, mit welchen Personalaufwendun-gen gesamthaft zu rechnen ist, wenn die betreffenden qualifizierten Mitarbeiter für das Unternehmen weiterhin zur Verfügung stehen sollen. Dies ist insbesondere dann von grosser Bedeutung, wenn der Käufer beabsichtigt, die Ausgabe von Mitarbeiteroptionen zu reduzieren oder abzuschaffen. Im Gegenzug müssten zwangsläufig die Löhne der betreffen-den Mitarbeiter erhöht werden, was das Betriebsergebnis vermindern würde. Mit den Änderungen der Rechnungslegungsstandards hinsichtlich der Verbuchung von Mitarbeiter-

449 KPMG, 2004b, 1. 450 WASER, 2003, 3. 451 KPMG, 2005, 1 f. 452 WASER, 2003, 3.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 154

optionen gemäss IFRS und US-GAAP werden die gesamten Personalaufwendungen erfasst und reduzieren demzufolge das Betriebsergebnis. Für den Käufer sind dadurch die gesamten Personalaufwendungen direkt erkennbar. Aber auch bei einer vollständigen Erfassung der Personalaufwendungen ist zu vergegenwärtigen, dass die Mitarbeiteroptionen im Prinzip einen nicht-liquiditätswirksamen Aufwand bilden und nicht in die Berechnung des Cash Flows und somit nicht in die Bewertung nach der DCF-Methode einfliessen.453 5.3.4 Checkliste für die Analyse der Erfolgsrechnung Hinsichtlich des Umsatzes:

Aus welchen Bestandteilen setzt sich der Umsatz zusammen? Wie gross sind an-teilsmässig der Umsatz aus Werbeeinnahmen, Umsatzprovisionen, die Einnahmen aus Bezahldienste und anderen Einnahmen?

Wie haben sich diese Bestandteile des Umsatzes in den letzten zwei bis drei Ge-schäftsjahren entwickelt?

Besteht die Gefahr, dass bei Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit einzelnen Wer-bepartnern oder Marktplatz-Partnern auch ein wesentlicher Teil des Umsatzes verlo-ren gehen könnte?

Gibt es Anhaltspunkte anhand vergangener Probleme, dass wesentliche Werbe- oder Marktplatz-Partner planen, die Geschäftsbeziehungen abzubrechen?

Gibt es Anhaltspunkte, dass aufgrund der Übernahme wesentliche Werbe- oder Marktplatz-Partner verloren gehen könnten?

Hinsichtlich der Erfassung der Werbeeinnahmen:

Wurden die Werbeeinnahmen für einen bestimmten Zeitraum sorgfältig abgegrenzt? Bestehen Werbekontrakte mit Mindestgarantien? Wie sind diese Kontrakte im Ein-

zelnen ausgestaltet? Sind die Werbeeinnahmen aus Werbekontrakten mit Mindestgarantien verlässlich

bestimmbar? Ist es wahrscheinlich, dass diese Werbeerträge zufliessen werden? Wie wurden diese Werbeerträge verbucht?

453 WASER, 2003, 4. Die Vergabe von Mitarbeiteroptionen beeinflusst nicht den Cash Flow in Bezug auf den Personalaufwand.

Jedoch kann die Vergabe von Mitarbeiteroptionen einen Einfluss auf den Cash Flow haben, wenn Steuervorteile für Optionspläne im nationalen Steuerrecht vorgesehen sind. Ausserdem kann die Beschaffung der Aktien für die Optionspläne (z.B. bei Aktien-rückkauf mit Put Warrants) den Cash Flow beeinflussen. KPMG, 2005, 2.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 155

Hinsichtlich der Werbetauschgeschäfte: Wurden mit anderen Websites Werbetauschgeschäfte getätigt, die als Werbeeinnah-

men verbucht wurden? Was war der Grund für die Gestaltung eines Werbetauschgeschäfts? Wie gross ist der Anteil des Umsatzes, der durch Tauschgeschäfte generiert wurde? Wie wurde der Gegenwert bzw. fair value der erhaltenen Werbung berechnet? Wäre der Umsatz aus den Tauschgeschäften auch durch Nicht-Tauschgeschäfte

erwirtschaftet worden? Hinsichtlich der Herstellkosten der verkauften Leistungen (COGS):

Durch welche Bestandteile werden die Herstellkosten gebildet? Wie haben sich diese Bestandteile über die letzten zwei bis drei Geschäftsjahre

anteilsmässig entwickelt? Sind die Herstellkosten der verkauften Leistungen vollständig erfasst worden? Kann

die Bruttomarge als verlässlich betrachtet werden? Bestehen schriftliche Lieferantenverträge mit Geschäftspartnern? Wie werden die Konditionen dieser Lieferantenverträge beurteilt? Gibt es Abnahme-

verpflichtungen? Wie lange sind die Kündigungsfristen? Beinhalten die Lieferanten-verträge „change-of-control“ Klauseln?

Hinsichtlich der Entwicklungskosten:

Wie setzen sich die Entwicklungskosten zusammen? Wie haben sich die Entwicklungskosten über die letzten zwei bis drei Geschäftsjahre

entwickelt? Wurde ein Teil der Entwicklungskosten aktiviert oder wurden alle Entwicklungskos-

ten als Aufwand erfasst? Ist diese Praxis mit den angewandten Rechnungslegungs-standards vereinbar? Wurde diese Praxis über die vergangenen Geschäftsjahre geän-dert?

Können einzelne wesentliche Entwicklungskosten als einmalige Sonderkosten be-trachtet werden?

Hinsichtlich der Werbekosten:

Wie ist die Höhe der Werbeaufwendungen im Vergleich zur Bekanntheit des betref-fenden Portals oder Marktplatzes einzuschätzen?

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 156

Wie haben sich die Werbeaufwendungen in den letzten zwei bis drei Jahren entwi-ckelt? Besteht die Gefahr, dass die Zielgesellschaft die Werbung über die letzten Jah-re im Vergleich zum Bekanntheitsgrad vernachlässigt hat?

Falls Werbetauschgeschäfte getätigt wurden: deckt sich der Betrag, der als Werbe-einnahmen erfasst wurde, mit jenem Betrag, der als Werbeaufwendungen verbucht wurde?

Können einzelne Werbekosten als einmalige Sonderkosten angesehen werden, die zukünftig nicht mehr anfallen?

Hinsichtlich der Mitarbeiteroptionen:

Bestehen Aktienoptionspläne mit Mitarbeitern oder Lieferanten? Was sind die zugrunde liegenden Bedingungen für die Mitarbeiteroptionen? Wie

lange ist die Sperrfrist? Wurden Leistungs- und Unternehmensziele definiert? Wieviele Mitarbeiteroptionen sind ausstehend? Wurden die Mitarbeiteroptionen als Personalaufwand verbucht oder nur im Anhang

offengelegt? Falls die Mitarbeiteroptionen verbucht wurden: Wie wurde der Wert der Mitarbeiter-

optionen festgelegt? Zum inneren Wert oder zum Verkehrswert am Zuteilungszeit-punkt? Wie wurde der Verkehrswert errechnet?

Wenn das Mitarbeiteroptionsprogramm eingestellt würde bzw. wenn gemäss IFRS und US-GAAP ab 2005 die Mitarbeiteroptionen zum Verkehrswert als Personalauf-wand erfasst werden müssen, wie gross wären die wirklichen nachhaltigen Personal-kosten? Wie hätte sich eine vollständige Erfassung der Personalkosten auf die Be-triebsergebnisse der vergangenen zwei bis drei Geschäftsjahre ausgewirkt?

5.4 Die Normalisierung der historischen Betriebsergebnisse Durch die Normalisierung sollen die historischen Betriebsergebnisse von nicht-betrieblichen Einflüssen (non-operating items) und einmaligen Sondereinflüssen (non-recurring items) bereinigt werden. Dabei wird auf die gewonnenen Erkenntnisse aus der Analyse der historischen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aufgebaut. Das Ziel der Normalisierung stellt die Darstellung des nachhaltigen operativen Ergebnisses (EBIT) (maintainable earnings) bzw. die Einschätzung der so genannten earning power dar.454 454 Vgl. 2.3.4.2 Die finanzielle Due Diligence.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 157

Aus der vorgängigen Analyse der Bilanzpositionen konnten jene Vermögensgegenstände identifiziert werden, die nicht der normalen operativen Geschäftstätigkeit eines Portals oder virtuellen Marktplatzes zuzurechnen sind. Aufwendungen und Erträge aus nicht-betrieblichen Vermögensgegenständen können einen falschen Eindruck über die wirkliche Profitabilität des Portalgeschäfts oder Marktplatzgeschäfts vermitteln. Besitzt beispielsweise ein Portal Immobilien, die weitervermietet werden, verfälschen die Aufwendungen und Erträge aus der Liegenschaft das Bild der Ertragslage des reinen Portalgeschäfts. Ausser-dem ist der Käufer am Portalgeschäft oder Marktplatzgeschäft interessiert und möchte meistens nicht zusätzlich für Vermögensgegenstände, die nicht mit der betrieblichen Tätigkeit in direkter Verbindung stehen, einen höheren Kaufpreis bezahlen. Die nicht betrieblichen Vermögensgegenstände sind ein wichtiger Bestandteil der Kaufverhandlungen mit dem Verkäufer. Sie können dem Verkäufer vorgängig übertragen werden, sodass sie bei einem share deal nicht mehr Bestandteil des Vermögens der Zielgesellschaft bilden. Bei einem asset deal wird der Käufer nur jene Vermögensgegenstände übernehmen wollen, die mit der betrieblichen Tätigkeit in Verbindung stehen. Andere Vermögensgegenstände würden demnach bei der Zielgesellschaft verbleiben. Im Rahmen der finanziellen Due Diligence gilt es, die Erfolgsrechnung und die Bilanz ohne allfällige nicht-betriebliche Einflüsse darzustellen. Durch die Normalisierung müssen die operativen Betriebsergebnisse neben den nicht-betrieblichen Einflüssen auch von einmaligen Sondereinflüssen (non-recurring items) bereinigt werden. Unter einmaligen Sondereinflüssen werden hier Aufwendungen und Erträge verstanden, die nicht als wiederkehrend betrachtet werden können und somit nicht nachhaltig sind. Der Käufer will die zukünftige Ertragslage auf Basis der nachhaltigen operativen Ergebnis-se einschätzen können. Einmalige Aufwendungen und Erträge können das Bild der historischen Profitabilität verfälschen und dadurch die Einschätzung der nachhaltigen Betriebsergebnisse erschweren. Durch die Normalisierung sollen die nicht-betrieblichen und einmaligen Sondereinflüsse eliminiert werden, die in der vorgängigen Analyse der Erfolgsrechnung identifiziert wurden. Einmalige Sondereinflüsse können sich im Einzelfall aus sehr verschiedenen Ereignissen ergeben. Beispiele für Portale und Marktplätze wären Kosten aus laufenden Rechtsverfahren, die Auflösung von nicht benötigten Rückstellungen, die in einer früheren Periode gebildet wurden, Verlust aus dem Verkauf oder Liquidation eines Tochterunternehmens, die grundlegende Entwicklung der Website, die vollumfänglich als Entwicklungskosten in einem Geschäftsjahr erfasst wurden, oder beispielsweise Kosten

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 158

aus gravierenden Systemunterbrechungen, die in dieser Art und Umfang als einmalig betrachtet werden können. Bei der Normalisierung von einmaligen Sondereinflüssen besteht jedoch auch die Gefahr, dass gewisse Aufwendungen zu leichtfertig als einmalig qualifiziert werden, um eine verbesserte Profitabilität darzustellen. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn der Verkäufer selbst normalisierte Ergebnisse erstellt und dem Käufer präsentiert. Hier ist es Aufgabe der finanziellen Due Diligence zu untersuchen, inwieweit die normalisierten Aufwendungen und Erträge wirklich als einmalig betrachtet werden können.

5.5 Die bereinigten Nettoaktiven und das nachhaltige Betriebsergebnis Durch die Analyse der Bilanzpositionen und der Erfolgsrechnung sowie durch die Normali-sierung von nicht-betriebsnotwendigen und einmaligen Sondereinflüssen können nun schliesslich die bereinigten Nettoaktiven und die nachhaltigen Betriebsergebnisse der vergangenen Geschäftsjahre proforma dargestellt werden. Die zu berücksichtigenden Korrekturen aufgrund der Analyse der Positionen der Bilanz und der Erfolgsrechnung sowie die einmaligen Sondereinflüsse auf die Erfolgsrechnung können im Einzelfall sehr unterschiedliche Bereiche betreffen. Anhand der oben aufgeführten finanziellen Risiken von Portalen und virtuellen Marktplätzen wurde im Folgenden eine Darstellung der bereinigten Nettoaktiven und des nachhaltigen Betriebsergebnisses konstruiert. Dadurch soll beispielhaft aufgezeigt werden, welche Korrekturen möglicher-weise im Einzelfall vorzunehmen sind, um die bereinigten Nettoaktiven und das nachhaltige Betriebsergebnisses zu bestimmen:

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 159

Die bereinigten Nettoaktiven in kEUR GJ 03 Ausgewiesene Nettoaktiven/Eigenkapital (true & fair view) 98'100

Korrekturen aus der Bilanzanalyse Korrektur der Überbewertung der flüssigen Mittel (45) Korrektur der Unterbewertung des Delkredere (15) Wertbeeinträchtigung bei Sachanlagen (34) Wertbeeinträchtigung des Goodwills von "Tochter-Portal" (4'200) Elimination nicht aktivierungsfähiger Entwicklungskosten (178) Elimination nicht aktivierungsfähiger Aufbaukosten für Kundenstamm (223) Wertbeeinträchtigung der Beteiligung "Partner-Portal" (354) Wertberichtigung Darlehen an "Partner-Marktplatz" (512) Unterbewertung der Rückstellungen für Restrukturierung (587) Zusätzliche Rückstellung für laufende Rechtsverfahren (256)

Bereinigung von nicht-betriebsnotwendigem Vermögen Vermietete Wohnliegenschaft (1'500) Beteiligung am Golfclub (250)

Proforma Nettoaktiven/Eigenkapital 89'946

Abb. 5-4: Die bereinigten Nettoaktiven Quelle: Eigene Darstellung

Die Darstellung der bereinigten Nettoaktiven umfasst alle Korrekturen die im Rahmen der Analyse der Bilanzpositionen festgestellt werden konnten. Dies sind beispielsweise Korrekturen des Wertes von ausländischen flüssigen Mitteln, weil ein falscher Wechselkurs angewendet wurde, Korrekturen aufgrund von Wertbeeinträchtigungen von Sachanlagen und immateriellen Anlagen sowie Korrekturen aufgrund unterdotierten Rückstellungen. Zusätzlich werden die Nettoaktiven um die nicht-betriebsnotwendigen Vermögenswerte bereinigt, die nicht mit der normalen Geschäftstätigkeit der Portale und Marktplätze im Zusammenhang stehen. Von ihnen wird angenommen, dass der Käufer sie nicht überneh-men will. Nach der Erfassung dieser Korrekturen kann somit der Buchwert der zu überneh-menden Nettoaktiven bzw. des zu übernehmenden Eigenkapitals proforma aufgezeigt werden. Der Wert der Nettoaktiven bildet später unter Umständen eine wichtige Grundlage für die Kaufverhandlungen und die Bewertung.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 160

Das nachhaltige Betriebsergebnis in kEUR GJ 03 Ausgewiesenes Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) 800 Korrekturen aus der Analyse der Erfolgsrechnung/Bilanz Elimination von Umsatz aufgrund von Werbetauschgeschäften (300) Elimination von Werbekosten aufgrund von Werbetauschgeschäften 300 Elimination nicht aktivierungsfähiger Entwicklungskosten (178) Korrektur der Unterbewertung des Delkredere (15) Erfassung der Mitarbeiteroptionen als Personalaufwand (200) Normalisierung von einmaligen Sondereinflüssen Korrektur einmaliger Entwicklungskosten 50 Korrektur einmaliger Werbekosten 30 Korrektur einmaliger Rückstellungen für Restrukturierung 65 Korrektur der Auflösung von nicht benötigten Rückstellungen (226) Normalisierung von nicht-betriebsnotwendigen Einflüssen Mieterträge aus Wohnliegenschaft (130) Aufwendung für die Wohnliegenschaft 20 Normalisiertes Proforma Ergebnis (EBIT) 216

Abb. 5-5: Das nachhaltige operative Betriebsergebnis (EBIT) Quelle: Eigene Darstellung

Für die Darstellung der Qualität des Ergebnisses müssen in einem ersten Schritt die Korrekturen aus der Analyse der Erfolgsrechnung sowie aus der Analyse der Bilanz, soweit sie auch einen Einfluss auf die Erfolgsrechnung haben, erfasst werden. Jene Bilanzkorrektu-ren, die zwar einen Einfluss auf die Erfolgsrechnung hätten, aber auch gleichzeitig einmalige Sonderaufwendungen oder -erträge bilden, werden nicht erfasst. Beispielsweise müssten ausserplanmässige Abschreibungen auf Sachanlagen, Goodwill und andere immaterielle Anlagen auch in der bereinigten Erfolgsrechnung aufgezeigt werden. Sie müssten jedoch als einmalige Sonderaufwendungen wieder eliminiert werden. Dagegen sind jene Korrekturen zu erfassen, welche als nachhaltig eingeschätzt werden können. Dazu

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 161

gehören auch die Kosten der Mitarbeiteroptionen, falls sie nicht erfasst wurden, um die wirklichen nachhaltigen Personalkosten darzustellen. In einem zweiten Schritt wird das Betriebsergebnis von den festgestellten einmaligen Sonderaufwendungen und -erträgen sowie von den verbuchten nicht-betrieblichen Einflüs-sen bereinigt. Dadurch resultiert letztlich das nachhaltige Betriebsergebnis, welches eine wichtige Grundlage für die Einschätzung des zukünftigen Ertragspotentials sowie für die Bewertung bildet.

5.6 Die Beurteilung des zukünftigen Ertragspotentials Die nachhaltigen operativen Betriebsergebnisse der vergangenen Geschäftsjahre können im Rahmen der finanziellen Due Diligence herangezogen werden, um die durch das Manage-ment der Zielgesellschaft zur Verfügung gestellten Budgets und Businesspläne auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Gerade bei Portalen und virtuellen Marktplätzen wird in den Businessplänen die Entwicklung der Ertragslage häufig sehr optimistisch durch die Zielgesellschaft dargestellt. Dabei werden hohe Wachstumsraten des Umsatzes bzw. des Betriebsergebnisses unterstellt, die teilweise völlig losgelöst von der historischen Entwick-lung erscheinen. In diesen Fällen müssen die Businesspläne bei der finanziellen Due Diligence mit dem Management der Zielgesellschaft, falls möglich, diskutiert werden. Es muss untersucht werden, auf welchen grundlegenden Annahmen die Businesspläne beruhen. Können die Annahmen aufgrund historisch bereinigter Vergangenheitszahlen oder aufgrund anderer plausibler Gründe nicht nachvollzogen werden, sind diese Differenzen für den Käufer und die Bewertung aufzuzeigen. Bei der Beurteilung von Businessplänen von Portalen und virtuellen Marktplätzen durch die finanzielle Due Diligence sind insbesondere die folgenden möglichen Fehlerquellen zu beachten:455

• Hohe Wachstumsraten des Umsatzes: Die geschätzten zukünftigen Wachstumsraten des Umsatzes sind viel höher als die historisch erreichten Wachstumsraten („hockey stick“ growth).

• Missverhältnis zwischen Wachstumsraten des Umsatzes und der Werbekosten: Häufig werden den zukünftigen Umsätzen hohe Wachstumsraten unterstellt, aber die Werbekosten werden auf dem historischen Niveau belassen oder nur wenig über die

455 PAUL, 2003, 1.

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5. KAPITEL: DIE FINANZIELLE DUE DILIGENCE 162

zukünftigen Jahre erhöht. Dieses Missverhältnis vernachlässigt die Tatsache, dass neue Kunden und somit Umsatzwachstum meistens die Folge von verstärkten Wer-bebemühungen sind.

• Missverhältnis zwischen Wachstumsraten des Umsatzes und den Personalkosten:

Hohe Wachstumsraten des Umsatzes sind in der Regel abhängig vom Angebot von neuen Leistungen, wie beispielsweise digitale Gemeinschaften und attraktive Inhalte, oder von den Werbebemühungen. Dies bedeutet, dass sowohl im Bereich der Wer-bung als auch in der Entwicklung und Administration die Personalkosten ebenfalls ansteigen werden. Häufig wird jedoch die Entwicklung der Personalkosten unter-schätzt, indem nur von einem geringen Anstieg über die zukünftigen Jahre ausgegan-gen wird.

Bei der Beurteilung des zukünftigen Ertragspotentials sind ausserdem die Kosten und Umsatzeinbussen einzubeziehen, die sich durch die Übernahme selbst oder durch Restruktu-rierungen ergeben können, die der Käufer beabsichtigt, nach der Übernahme durchzuführen. Beispielsweise können sich Umsatzeinbussen ergeben, wenn wesentliche Werbepartner, Marktplatz-Partner oder Inhalts-Partner nach der Übernahme nicht mehr mit dem neuen Unternehmen zusammenarbeiten wollen. Für die Beurteilung des zukünftigen Ertragspotentials durch den Käufer sind insbesondere auch die Kosten für geplante Restrukturierungen nach der Übernahme einzubeziehen, welche das Betriebsergebnis in den ersten Jahren belasten werden. Diese Restrukturierungs-kosten können beispielsweise Kosten für die Entlassung des ehemaligen Geschäftsführers der Zielgesellschaft oder Kosten im Zusammenhang mit der Neu-Organisation und Integration der Zielgesellschaft beinhalten. Mit der Beurteilung des zukünftigen Ertragspotentials anhand der historischen nachhaltigen Betriebsergebnisse und des Businessplanes kann die finanzielle Due Diligence abgeschlos-sen werden. Die Erkenntnisse aus der Beurteilung des zukünftigen Ertragspotentials bilden eine wichtige Grundlage für die Verkaufsverhandlungen des Käufers und insbesondere für die Bewertung.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 163

6 Die rechtliche Due Diligence Die rechtliche Due Diligence dient im Allgemeinen der Absicherung der wirtschaftlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen, die ihrerseits die Werthaltigkeit und Profitabilität eines Unternehmens bestimmen. So ist beispielsweise ein höchst profitables Portal oder ein virtueller Marktplatz für einen Käufer praktisch wertlos, wenn der Auftragsbestand auf rechtlich anfechtbaren Verträgen beruht oder die Gesellschaftsanteile nicht frei übertragbar sind.456 Es ist Aufgabe der rechtlichen Due Diligence solche rechtlichen Risiken zu erkennen. Die Erkenntnisse aus der rechtlichen Due Diligence bilden wichtige Grundlagen für den Käufer bei den Verkaufsverhandlungen sowie für die Bewertung. Die durch die rechtliche Due Diligence zu analysierenden Risiken lassen sich grundsätzlich fünf verschiedenen Bereichen zuordnen: gesellschaftsrechtliche, vermögensrechtliche, vertragsrechtliche Risiken sowie Eventualrisiken und prozessuale Risiken.457 Diese Risiken stellen sich bei jeder rechtlichen Due Diligence. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei der Zielgesellschaft um ein konventionelles Unternehmen oder um ein Portal oder einen virtuellen Marktplatz handelt. In der vorliegenden Arbeit sollen die spezifischen rechtlichen Risiken von Portalen und von virtuellen Marktplätzen den Schwerpunkt bilden. Beispielsweise können Arbeitsverträge von Kader-Mitarbeitern rechtliche Risiken beinhalten, weil Abfindungen oder lange Kündigungsfristen vertraglich fixiert wurden, jedoch bildet dies nicht eine rechtliche Spezialität der Portale und Marktplätze. Dagegen können insbesondere rechtliche Risiken bezüglich des anwendbaren Rechts, des elektronischen Vertragsabschlusses, des urheber-rechtlichen Schutzes der Website, des rechtlichen Schutzes des Domainnamens und hinsichtlich des Datenschutzes von Kundendaten bestehen. Der folgende Überblick zeigt die rechtlichen Risiken bei Portalen und virtuellen Marktplät-zen auf, die es im Rahmen der rechtlichen Due Diligence abzudecken gilt:

456 BRAUNER & FRITZSCHE, 1999, 269. 457 Vgl. 2.3.4.3 Die rechtliche Due Diligence.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 164

Abb. 6-1: Allgemeine und spezifische rechtliche Risiken Quelle: Eigene Darstellung

6.1 Die allgemeinen rechtlichen Risiken Die möglichen allgemeinen rechtlichen Risiken von Portalen und virtuellen Marktplätzen werden im Folgenden dargestellt. Die angesprochenen Risiken haben dabei beispielhaften Charakter und können nicht als vollständig betrachtet werden. Je nach der spezifischen Situation eines Unternehmens können sich weitere Risiken ergeben. 6.1.1 Die gesellschaftsrechtlichen Risiken Gesellschaftsrechtliche Risiken können sich bei Portalen und Marktplätzen insbesondere dadurch ergeben, dass die angebotenen Gesellschaftsanteile nicht frei übertragbar sind, weil ein wesentlicher Aktionär sie verpfändet hat oder ein Vorkaufsrecht seitens anderer Aktionäre besteht. Beispielsweise werden häufig unter den Gründern von Portalen und Marktplätzen gegenseitige Vorkaufsrechte für den Fall vereinbart, dass ein Gründer sein Aktienpaket verkaufen möchte. Ausserdem kann sich die schwierige geschäftliche Situation auch auf die privaten finanziellen Verhältnisse von Gründern oder anderen wesentlichen Aktionären auswirken, sodass zur Kapitalbeschaffung Aktien verpfändet wurden. Wurden Mitarbeiter oder sogar Lieferanten mit Mitarbeiteroptionen entschädigt, ist abzuklären, in welchem Ausmass zukünftig durch diese neuen Aktionäre eine Verwässerung stattfinden

Allgemeine rechtliche Risiken:

• Gesellschaftsrechtliche Risiken • Vermögensrechtliche Risiken • Vertragsrechtliche Risiken • Eventualrisiken • Prozessuale Risiken

Spezifische rechtliche Risiken der Portale und Marktplätze:

• Risiken bezüglich des anwendbaren Rechts • Elektronischer Vertragsabschluss • Urheberrechtlicher Schutz der Website • Rechtlicher Schutz des Domainnamens • Datenschutz von Kundendaten

Die rechtliche Due Diligence

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 165

wird.458 Des Weiteren muss geprüft werden, ob die übertragbaren Aktien unterschrieben sind und das Aktienbuch sorgfältig geführt wurde. Solche allgemeinen gesellschaftsrechtli-che Risiken gilt es durch die Prüfung der Beteiligungsverhältnisse im Rahmen jeder rechtlichen Due Diligence zu erkennen. 6.1.2 Die vermögensrechtlichen Risiken Durch die rechtliche Due Diligence ist der rechtliche Bestand der Vermögensgegenstände zu überprüfen. Aufgrund des in der Regel hohen Anteils an immateriellen Anlagen und insbesondere an Goodwill dürften vermögensrechtliche Risiken in Bezug auf Sachanlagen bei der rechtlichen Due Diligence von Portalen und Marktplätzen vernachlässigbar sein. Auf den urheberrechtlichen Schutz der Website als eine immaterielle Anlage wird detailliert unter den spezifischen rechtlichen Risiken von Portalen und Marktplätzen eingegangen. 6.1.3 Die vertragsrechtlichen Risiken Vertragsrechtliche Risiken können sich aus allen wesentlichen Vereinbarungen mit Geschäftspartnern, Lieferanten, Wettbewerbern und Mitarbeitern ergeben. Bei Portalen und virtuellen Marktplätzen müssen insbesondere wichtige Verträge mit Werbe-, Marktplatz- und Inhalts-Partnern auf ihre Konditionen untersucht werden. Lange Kündigungsfristen, Mindestgarantien an „Klicks“, Konventionalstrafen und „change-of-control“-Klauseln müssen vom Käufer erkannt werden. Für den Käufer ist es von grosser Bedeutung, ob er durch lange Kündigungsfristen an Geschäftspartner gebunden ist, oder ob aufgrund eines vereinbarten Kündigungsvorbehaltes bei einem Eigentümerwechsel („change-of-control clause“) die Gefahr besteht, dass nach einer Übernahme wichtige Geschäftspartner die Geschäftsbeziehung aufkündigen. Häufig beinhalten die Arbeitsverträge vertragsrechtliche Risiken. Dabei werden oft Schlüsselpersonen der Zielgesellschaft vertraglich lange Kündigungsfristen und hohe Abfindungen („golden parachute“) gewährt. Für den Käufer ist es wichtig, einschätzen zu können, welche Kosten nach der Übernahme anfallen würden, wenn das Arbeitsverhältnis mit gewissen Schlüsselpersonen, wie beispielsweise mit dem Geschäftsführer der Zielge-sellschaft, nicht mehr weitergeführt werden soll. Die Analyse der Arbeitsverträge der

458 Vgl. 5.3.3.6 Die Kosten der Mitarbeiteroptionen.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 166

Kader-Mitarbeiter und der Muster-Arbeitsverträge der untergeordneten Mitarbeiter ist ein wichtiger Bestandteil jeder rechtlichen Due Diligence. Oft wurden durch Internet-Unternehmen in der Euphorie während den Boom-Jahren teuere Mietverträge für Büroräumlichkeiten mit einer Laufzeit von teilweise über fünf Jahren eingegangen. Bei schlechtem Geschäftsgang wurden diese Mietkosten für viele Internet-Unternehmen zu einer grossen finanziellen Belastung. Da bei einer Übernahme auch die Mietverträge der Zielgesellschaft übernommen werden müssen, gilt es die Konditionen, die Laufzeit der Verträge und die zukünftigen Verpflichtungen aus den Mietverträgen im Rahmen der rechtlichen Due Diligence sorgfältig einzuschätzen. Die vertraglichen Risiken in Verbindung mit dem elektronischen Vertragsabschluss, die besonderen Bestimmungen des europäischen Konsumentenschutzes sowie datenschutzrecht-liche Überlegungen hinsichtlich der Kundendaten werden als spezifische Risiken von Portalen und Marktplätzen im Folgenden detailliert behandelt. 6.1.4 Die Eventualrisiken Eventualrisiken können sich vor allem aus gewährten Bürgschaften, rechtlich verpflichten-den Patronatsvereinbarungen und Rangrücktrittserklärungen sowie Pfandbestellungen und Eigentumsvorbehalten auf Sachanlagen ergeben. Sie müssen im Anhang des Jahresab-schlusses ausgewiesen werden.459 Vertragliche Lieferungs- oder Abnahmeverpflichtungen gehören ebenfalls zu den Eventualrisiken und können gleichzeitig zu den vertraglichen Risiken eingeordnet werden.460 In jeder rechtlichen Due Diligence sind Eventualrisiken zu identifizieren, um allfällig entstehende Kosten für den Käufer einschätzen zu können. Sie bilden aber keine spezifisch rechtlichen Risiken von Portalen und virtuellen Marktplätzen. Den steuerlichen Eventualrisiken von Portalen und virtuellen Marktplätzen, insbesondere in Bezug auf die Mehrwertsteuer, gilt ist, im Rahmen der steuerlichen Due Diligence grosse Beachtung zu schenken.461

459 Vgl. FER 10.1; FER 10.3. 460 Vgl. FER 10.12. 461 Vgl. 7 Die steuerliche Due Diligence.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 167

6.1.5 Die prozessualen Risiken Die prozessualen Risiken umfassen alle Risiken, die mit laufenden Rechtsverfahren und administrativen Verfahren im Zusammenhang stehen. Im Rahmen der rechtlichen Due Diligence wird mit Hilfe des Managements und der Prozessanwälte der Zielgesellschaft versucht, die möglichen finanziellen Konsequenzen der Verfahren abzuschätzen. Die Einschätzung der finanziellen Konsequenzen muss dabei mit der finanziellen Due Diligence koordiniert werden, welche zu beurteilen hat, ob genügend Rückstellungen für allfällige Schadenersatzansprüche, Bussen, Anwalts- und Prozesskosten gebildet wurden.462 Bei Portalen und Marktplätzen können sich wie bei konventionellen Unternehmen aus verschie-denen Bereichen prozessuale Risiken ergeben. Sie können beispielsweise Verfahren über die rechtliche Durchsetzung des Markenschutzes für die Verwendung des eigenen Domain-Namens463, Verfahren aus vertraglichen Ansprüchen oder arbeitsrechtliche Verfahren beinhalten.

6.2 Die spezifischen rechtlichen Risiken von Portalen und virtuellen Marktplätzen

Der Markt der Portale und virtuellen Marktplätze ist von Schnelllebigkeit geprägt. Ständige technische Neuerungen eröffnen neue Möglichkeiten, um potentielle Kunden anzusprechen und sie an das Portal oder an den Marktplatz zu binden. Eine möglichst grosse Bekanntheit und die Kundenbindung sind wichtige kritische Erfolgsfaktoren, die entscheiden, ob ein Portal oder Marktplatz auch längerfristig bestehen kann. Obwohl sich alle Portale und Marktplätze in einem Wettlauf um Marktanteile befinden und möglichst schnell möglichst viele Internet-Nutzer als loyale Kunden gewinnen möchten, darf die rechtliche Seite der Geschäftstätigkeit nicht vernachlässigt werden. Mit diesen dynamischen wirtschaftlichen Entwicklungen können das jeweilige nationale sowie das europäische Recht grundsätzlich nicht mithalten, aber anzunehmen, dass es sich beim Internet um einen rechtsfreien Raum handelt, wäre völlig falsch. Viele rechtliche Fragen hinsichtlich der Geschäftstätigkeit im Internet können nach wie vor direkt durch geltendes schweizerisches und europäisches Recht oder indirekt mittels Analogieschluss aus verwandten Rechtsgebieten gelöst werden.

462 Vgl. 5.3.1.6 Die Rückstellungen. 463 Beispielsweise musste T-Online gegen Konkurrenten mit den Domainnamen „tonline.ch“ und „Donline“ den Markenschutz auf

dem Prozessweg geltend machen. Vgl. JURIUS, 2004, 1.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 168

Im Rahmen der rechtlichen Due Diligence müssen wesentliche Risiken aus der Geschäftstä-tigkeit der Portale und Marktplätze erkannt werden. Dies gestaltet sich umso schwieriger, als die europäischen Portale und Marktplätze nicht nur innerhalb der nationalen Grenzen tätig sind, sondern europaweit ihre Geschäftstätigkeit ausüben und dadurch mit verschiede-nen nationalen Rechtsordnungen sowie mit europäischem Recht in Kontakt kommen. Die wichtigsten spezifischen rechtlichen Risiken können sich aus dem elektronischen Vertragsabschluss mit europäischen Konsumenten, der Gewinnung, Nutzung und Verarbei-tung von Kundendaten sowie aus urheberrechtlichen Überlegungen hinsichtlich der Website ergeben. Sie werden im Folgenden detailliert behandelt. Bevor jedoch die rechtlichen Risiken aufgezeigt werden können, muss abgeklärt werden, welches nationale Recht bei der europäischen Geschäftstätigkeit überhaupt zur Anwendung kommt und welches Gericht im Streitfall zuständig wäre. 6.2.1 Die Zuständigkeit und das anwendbare Recht Die Website der europäischen Portale und virtuellen Marktplätze ist weltweit abrufbar und ihr Angebot in Form von Bezahldiensten kann global von Kunden in Anspruch genommen werden. Die Geschäftsbeziehungen zu Werbe-, Marktplatz- und Inhalts-Partnern sind international und nicht auf den jeweiligen nationalen Heimmarkt beschränkt. Durch die Geschäftstätigkeit besitzen die Portale und Marktplätze viele Daten von Kunden aus verschiedenen Ländern und versuchen diese Daten beispielsweise für Werbung und Newsletters zu nutzen. Diese internationalen Beziehungen zwischen den Portalen oder Marktplätzen und deren Kunden bzw. Geschäftspartnern tangieren verschiedene Rechtsordnungen, die je nach Einzelfall in einem allfälligen Rechtsstreit zur Anwendung gelangen können. In der normalen Geschäftigkeit eines Portals oder Marktplatzes wird dieser rechtliche Aspekt der internationalen Geschäftsbeziehungen vernachlässigt. Im Rahmen der rechtlichen Due Diligence gilt demzufolge zu prüfen, inwieweit rechtliche Risiken darin bestehen, dass wesentliche Verträge, urheberrechtliche Aspekte der Website und deren Inhalte sowie datenschutzrechtliche Aspekte in Bezug auf Kundendaten nicht nach einheimischem nationalen Recht, sondern bei einem ausländischen Gericht nach einem fremden Recht beurteilt werden, das vom einheimischen Recht abweicht.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 169

Im Folgenden wird nur der Fall eines in der Schweiz ansässigen Portals oder Marktplatzes behandelt. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich sowohl die Gesellschaft als auch die Infrastruktur der Geschäftstätigkeit (Server) in der Schweiz befinden. Die Kunden bzw. Nutzer der Bezahldienste und die Werbe-, Marktplatz-, sowie die Inhalts-Partner befinden sich dagegen im gesamten EU-Raum. Auf weitere Kombinationen von Gesellschaften, die in der Schweiz oder in einem anderen europäischen Land ansässig sind, mit ausser-europäischen Kunden und Geschäftspartnern kann im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden.

6.2.1.1 Die Zuständigkeit bei vertraglichen Streitigkeiten

Gemäss des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Lugano-Übereinkommen)464 gilt der allgemeine Grundsatz, dass natürliche oder juristische Personen mit Wohnsitz oder Sitz in einem Vertragsstaat ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen sind (allgemeiner Gerichtsstand).465 Für Verbrauchersachen wurde jedoch eine Sonderregelung getroffen, welche der allgemeinen Zuständigkeit vorgeht. Dabei gelten als Verbraucher, jene Personen, die einen Vertrag abgeschlossen haben, der nicht in Verbindung mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person steht.466 Die Sonderregelung für Verbrauchersachen gilt insbesondere für Verträge, welche die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung von beweglichen Sachen beinhalten, „sofern dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorge-nommen hat“.467

464 Das Lugano-Übereinkommen vereinheitlicht die Regeln der Zuständigkeit sowie der Anerkennung und Vollstreckung zwischen

den EFTA-Staaten und im Verhältnis zu den EU-Staaten. Die Vereinheitlichung der Gerichtszuständigkeiten bezweckt die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit in der Steuerung der Konfliktlösungen. SCHWANDER, 1997, 373 ff. Als völkerrechtli-cher Vertrag bzw. Staatsvertrag geht das LugÜ dem Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) vor. IPRG Art. 1 Abs. 2. Vertragsstaaten des LugÜ sind: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Irland, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweiz, Schweden und Spanien. LugÜ, Anhang.

465 LugÜ Art. 2 Abs. 1; SCHWANDER, 1997, 377. 466 LugÜ Art. 13 Abs. 1. Als Konsumentenverträge gemäss dem schweizerischen Gerichtsstandsgesetz (GestG) gelten Verträge über

Leistungen des üblichen Verbrauchs, die für die persönlichen oder familiären Bedürfnisse des Konsumenten bestimmt sind und von der anderen Partei im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit angeboten werden. GestG Art. 22 Abs. 2. Im Kontext dieser Arbeit sollen die Begriffe des Verbrauchers, Konsumenten und (privaten) Kunden als deckungsgleich verwendet werden.

467 LugÜ Art. 13 Abs. 1 Ziff. 3.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 170

Die von den Portalen und virtuellen Marktplätzen des B2C-Bereichs angebotenen Leistun-gen richten sich primär an private Kunden, die im Sinne des Lugano-Übereinkommens als Verbraucher qualifiziert werden können. Die Verträge der Portale und Marktplätze mit Kunden beinhalten Dienstleistungen und Bezahldienste. Das Angebot für diese Leistungen wird auf der Website präsentiert, die am Wohnsitz des Verbrauchers abgerufen wird. Der Vertragsabschluss erfolgt sodann ebenfalls über die Website im Wohnsitzstaat des Verbrauchers. Demzufolge sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Sonderrege-lung hinsichtlich der Zuständigkeit gemäss LugÜ Art. 13 Abs. 1 erfüllt. Die Klagen aus vertraglichen Leistungen gegen ein Portal oder Marktplatz können gemäss der Sonderregelung durch die Verbraucher bzw. Kunden entweder vor den Gerichten des Vertragsstaates eingereicht werden, wo das Portal oder Marktplatz domiziliert ist, oder vor den Gerichten jenes Vertragsstaates, wo der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.468 Dagegen können Klagen der Portale und Marktplätze gegen Kunden nur vor den Gerichten jenes Vertragstaates eingereicht werden, wo der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.469 Dieser Gerichtsstand kann nicht durch eine Gerichtsstandklausel im Vertrag mit dem Kunden durch den Anbieter ausgeschlossen werden.470 Bei vertraglichen Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Portal oder Marktplatz mit natürli-chen oder juristischen Personen, die den Vertrag aufgrund der beruflichen oder gewerbli-chen Tätigkeit abgeschlossen haben, wie beispielsweise die Werbe-, Marktplatz- oder Inhalts-Partner, ist alternativ zum allgemeinen Gerichtsstand gemäss LugÜ Art. 2 auch das Gericht am Erfüllungsort der Verpflichtung zuständig.471 Der Erfüllungsort ist entweder vertraglich vereinbart oder bestimmt sich nach dem auf die vertragliche Verpflichtung anwendbaren Rechts.472 Bei synallagmatischen Verträgen ist für jede Verpflichtung ein gesonderter Erfüllungsort nach dem anwendbaren Recht zu bestimmen.473 Der Anknüp-fungspunkt des Erfüllungsortes für Werbe-, Marktplatz- oder Inhaltsverträge von Portalen und Marktplätzen mit ihren Geschäftspartnern erscheint auf den ersten Blick als nicht

468 LugÜ Art. 14 Abs. 1. 469 LugÜ Art. 14 Abs. 2. 470 LugÜ Art. 15 i.V.m. LugÜ Art. 17 Abs. 3. Auch im nationalen Verhältnis ist in der Schweiz das Gericht am Wohnsitz des

Konsumenten für Klagen des Anbieters zuständig. Der Konsument kann ebenfalls nicht im Voraus oder durch Einlassung auf diesen Gerichtsstand verzichten. GestG Art. 22 Abs. 1 lit. b i.V.m. GestG Art. 21.

471 LugÜ Art. 5 Abs. 1 Ziff. 1; SCHWANDER, 1997, 377. 472 WEBER, 2001, 95 f.; BGE 124 III 189. 473 BGE 122 III 45.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 171

praktikabel. Jedoch bildet die Erfüllung von einer vertraglichen Verpflichtung über das Internet nur eine Erfüllungsmodalität und beeinflusst nicht die Frage des Erfüllungsortes.474 Für die Portale und Marktplätze bedeutet dies, dass für die Bestimmung der Zuständigkeit bei Streitigkeiten bezüglich der Platzierung der Werbung und der Angebote der Markt-Platzpartner sowie der Lieferung der digitalen Inhalte durch die Inhalts-Partner zuerst der Erfüllungsort aufgrund des anwendbaren Rechts bestimmt werden muss. Wurde von den Vertragsparteien kein auf den Vertrag anwendbares Recht vereinbart, untersteht der Vertrag gemäss IPRG475 dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt.476 Dabei besteht der engste Zusammenhang mit jenem Staat, in dem die Partei, welche die charakte-ristische Leistung des Vertrages erbringt, ihren Aufenthalt oder Niederlassung hat.477 Bei Verträgen über Dienstleistungen wie die Platzierung von Werbung und Angeboten auf der Website sowie die Lieferung von unkörperlichen bzw. digitalen Inhalten gilt die Leistung des Veräusserers als charakteristische Leistung.478 Der Erfüllungsort für die Platzierung der Werbung und Angebote bei schweizerischen Portalen und Marktplätzen wird somit gemäss schweizerischem Recht bzw. Obligationen-recht bestimmt und ergibt sich am Wohnsitz des Schuldners bzw. am Domizil des Portals oder Marktplatzes.479 Da sich der Erfüllungsort in der Schweiz befindet, wird eine alternati-ve Zuständigkeit eines schweizerischen Gerichts gemäss Lugano-Übereinkommen begründet, die jedoch hier mit der allgemeinen Zuständigkeit zusammenfällt.480 Dagegen richtet sich der Erfüllungsort für die Lieferung von digitalen Inhalten nach dem Aufent-haltsort bzw. Ort der Niederlassung des Inhalts-Partners. Anhand des dort anwendbaren Rechts ist der Erfüllungsort der Verpflichtung und letztlich das zuständige Gericht zu identifizieren.481 Analog kann bei der Verpflichtung zur Bezahlung der Dienstleistung verfahren werden. Da auf die Werbe- und Marktplatz-Verträge schweizerisches Recht angewendet werden kann,

474 WEBER, 2001, 96. 475 Das Haager Übereinkommen als auch das UN-Kaufrechtsübereinkommen (sog. Wiener Kaufrecht) kommen i.V.m. IPRG Art. 118

Abs. 1 und IPRG Art. 1 Abs. 2 nicht zur Anwendung, da keine beweglichen körperlichen Sachen den Gegenstand der Werbe-, Marktplatz- oder Inhaltsverträge bilden. Vgl. SCHWANDER, 1997, 245 ff.

476 IPRG Art. 117 Abs. 1. 477 IPRG Art. 117 Abs. 2. 478 IPRG Art. 117 Abs. 3 lit. a. 479 OR Art. 74 Abs. 2 Ziff. 3. 480 LugÜ Art. 5 Ziff. 1. 481 LugÜ Art. 5 Ziff. 1.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 172

liegt der Erfüllungsort am Wohnsitz bzw. Domizil des Portals oder Marktplatzes.482 Dadurch wird eine alternative Zuständigkeit eines schweizerischen Gerichts bezüglich der Bezahlung aus Werbe- und Marktplatz-Verträgen begründet. Bei den Inhalts-Verträgen richtet sich der Erfüllungsort und schliesslich die Zuständigkeit gemäss dem anwendbaren Recht am Wohnsitz bzw. Domizil des Inhalts-Partners.483

6.2.1.2 Das anwendbare Recht bei vertraglichen Streitigkeiten

Grundsätzlich kann gemäss IPRG das auf den Vertrag anwendbare Recht durch die Vertragsparteien frei gewählt werden (sog. subjektive Anknüpfung der Schuldverträge).484 Haben die Rechtsparteien keine gültige Rechtswahl getroffen, untersteht der Vertrag subsidiär dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt (sog. objektive Anknüpfung der Schuldverträge).485 Dabei richtet sich der engste Zusammenhang nach der charakteristischen Leistung des Vertrages. Dies ist meistens jene Leistung des Vertrages, die nicht in Geld besteht.486 Bei Werbe- und Marktplatzverträgen mit Portalen und virtuellen Marktplätzen bilden die Dienstleistungen in Form der Platzierung der Werbung und der Angebote auf der Website die charakteristische Leistung. Demzufolge wären hieraus entstehende vertragliche Streitigkeiten nach dem Recht des Domizilstaates der Portale und Marktplätze zu beurteilen, falls keine gültige Rechtswahl durch die Vertragsparteien getroffen wurde.487 Dagegen bildet die Lieferung von digitalen Inhalten die charakteristische Leistung bei Verträgen mit Inhalts-Partnern. Solche vertragliche Streitigkeiten müssten nach dem Recht des Domizil-staates des Inhalts-Partners beurteilt werden, falls keine gültige Rechtswahl getroffen wurde.488 Verträge zwischen Portalen und ihren Kunden für Bezahldienste gelten gemäss IPRG als Verträge mit Konsumenten, sofern die Dienste zum persönlichen oder familiären Gebrauch

482 OR Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1. 483 LugÜ Art. 5 Ziff. 1. 484 IPRG Art. 116 Abs. 1; SCHWANDER, 1997, 219; vgl. auch VISCHER et al., 2000, 11 ff. 485 IPRG Art. 117 Abs. 1; SCHWANDER,1997, 231. 486 SCHWANDER, 1997, 233; IPRG Art.117 Abs. 2. 487 IPRG Art. 116 Abs. 1 i.V.m. Art. 117 Abs. 1. 488 IPRG Art. 116 Abs. 1 i.V.m. Art. 117 Abs. 1. Das Haager Übereinkommen als auch das UN-Kaufrechtsübereinkommen (sog.

Wiener Kaufrecht) kommen i.V.m. IPRG Art. 118 Abs. 1 und IPRG Art. 1 Abs. 2 nicht zur Anwendung, da keine beweglichen körperlichen Sachen den Gegenstand der Werbe-, Marktplatz- oder Inhaltsverträge bilden. Vgl. SCHWANDER, 1997, 245 ff.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 173

dienen und nicht im Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Kunden bzw. Konsumenten stehen.489 Bei den Verträgen mit Konsumenten kommt nur das Recht jenes Staates zur Anwendung, in welchem das Angebot oder die Werbung für das Angebot erfolgte, und der Konsument die zum Vertragsabschluss erforderlichen Rechts-handlungen getätigt hat.490 IPRG Art. 120 geht als lex specialis den Regelungen gemäss IPRG Art. 117 vor. Zusätzlich ist eine Rechtswahl zwischen den Vertragsparteien ausge-schlossen, um die Konsumenten als schwächere Partei vor allfälligen Rechtswahlklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu schützen.491 Dies hat zur Folge, dass alle vertraglichen Streitigkeiten zwischen Kunden und den Portalen und Marktplätzen hinsichtlich der Bezahldienste zwingend nach dem Recht jenes Staates zu beurteilen sind, wo der Kunde Zugang zum Internet hat und den elektronischen Vertragsab-schluss tätigt. Dies wird in den meisten Fällen auf seinen Wohnsitz- bzw. Aufenthaltsstaat zutreffen.

6.2.1.3 Die Zuständigkeit bei urheberrechtlichen Streitigkeiten

Bei einer Verletzung des urheberrechtlichen Schutzes hinsichtlich der Website und deren Inhalte liegt eine unerlaubte Handlung im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 des Lugano-Übereinkommens vor, für deren Beurteilung alternativ das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.492 Die Klagen aus Verletzung des Urheberrechts können Klagen auf Schadenersatz-, Gewinnherausgabe- und Genugtuungs-klagen sowie Unterlassungs- und Beseitigungsklagen und Klagen auf Feststellung der Widerrechtlichkeit umfassen.493 Neben dieser alternativen Zuständigkeit gilt ebenfalls die allgemeine Zuständigkeit, bei der die schädigende Partei im Staat ihres Wohnsitzes eingeklagt werden kann.494

489 IPRG Art. 120 Abs. 1. 490 IPRG Art. 120 Abs. 1 lit. b. Die alternativen Voraussetzungen gemäss IPRG Art. 120 Abs. 1 lit. a und lit. c sind in diesem

Zusammenhang für die Geschäftstätigkeit der Portale und virtuellen Marktplätze nicht relevant. 491 SCHWANDER, 1997, 254 ff.; IPRG Art. 120 Abs. 2; VISCHER et al., 2000, 329. 492 LugÜ Art. 5 Ziff. 3; SPAHR, 2001, 89. Bei Bestandesklagen von Immaterialgüterrechten, die einer Hinterlegung oder

Registrierung bedürfen, sowie für Registerklagen sind ausschliesslich die Gerichte jenes Staates zuständig, bei dem die Hinterlegung oder Registrierung vorgenommen wurde (ausschliessliche Zuständigkeit). LugÜ Art. 16 Ziff. 4; SCHWANDER, 1997, 203. In der vorliegenden Arbeit werden jedoch nur urheberrechtliche Verletzungsklagen näher erläutert.

493 SCHWANDER, 1997, 202. 494 LugÜ Art. 2 Abs. 1.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 174

Da das schädigende Ereignis aufgrund der globalen Abrufbarkeit einer Website überall eintreten kann, müsste grundsätzlich in allen Staaten des Lugano-Übereinkommens die Zuständigkeit begründet werden. Da ja das schädigende Ereignis auch im Wohnsitzstaat des Geschädigten eintritt, wird eine alternative Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzstaates des Geschädigten begründet, welche primär in dessen Interesse liegen dürfte.495

6.2.1.4 Das anwendbare Recht bei urheberrechtlichen Streitigkeiten

Für die Immaterialgüterrechte und somit auch für das Urheberrecht gilt das Schutzlandprin-zip im IPRG. Dies bedeutet, dass die Immaterialgüterrechte dem Recht des Staates unterstehen, für den der Schutz der Immaterialgüter beansprucht wird.496 Ausserdem können bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten die Parteien nach Eintritt des schädigenden Ereignisses vereinbaren, dass das Recht am Gerichtsort (materielle lex fori) anzuwenden ist.497 Diese Rechtswahlmöglichkeit beschränkt sich aber nur auf die Verletzung der Immaterialgüterrechte wie Beseitigungs- und Unterlassungsklagen sowie Schadenersatzan-sprüche und Klagen auf Gewinnherausgabe.498 Das Spezielle bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten im Internet ergibt sich darin, dass sich das verletzende Material in jedem Staat abrufen lässt und somit die Verletzung des entsprechenden Immaterialgutes auf der ganzen Welt gegeben ist.499 Wird das Urheberrecht eines Portals oder Marktplatzes hinsichtlich deren Website oder Inhalte verletzt, genügt dem Verletzten zur Durchsetzung eines Beseitigungsanspruches (Sperrung der Abrufmöglichkeit oder Löschung der entsprechenden Inhalte auf der Website) die erfolgreiche Klage nach dem Recht eines Schutzlandes und die Vollstreckbarkeit des Urteils im Staat, wo der Server steht.500 Wollen die Portale oder Marktplätze jedoch Schadenersatz aus der urheberrechtli-chen Verletzung geltend machen, müssen sie aufgrund des Territorialitätsprinzips die Schadenersatzansprüche, die in einem bestimmten Staat entstanden sind, nach dessen Recht durchsetzen. Das heisst, dass der Schadenersatz beispielsweise vor einem schweizerischen

495 WEBER, 2001, 114 f. 496 IPRG Art. 110 Abs. 1; SCHWANDER, 1997, 197. 497 IPRG Art. 110 Abs. 2. 498 SCHWANDER, 1997, 200. 499 BURMEISTER, 2000, 30 f. 500 WEBER 2001, 72 f.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 175

Gericht nach jedem betreffenden Schutzlandrecht zu erstreiten ist und nicht alle Ansprüche gesamthaft nach einem Recht eingeklagt werden können.501 Andererseits besteht für die Portale und Marktplätze als Betreiber der Server aufgrund des Schutzlandprinzips das Risiko, mit einer Beseitigungsklage nach einem strengeren Recht konfrontiert zu werden, das ihnen nicht bekannt ist.502

6.2.1.5 Die Zuständigkeit bei datenschutzrechtlichen Streitigkeiten

Bei datenschutzrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kunden und Portalen bzw. Marktplätzen gilt ebenfalls die allgemeine Zuständigkeit der Gerichte im Wohnsitzstaat bzw. Domizilstaat des Beklagten.503 Wie bei den urheberrechtlichen Streitigkeiten sind alternativ die Gerichte jenes Staates zuständig, wo das schädigende Ereignis eingetreten ist.504 Unter dem Ort des schädigenden Ereignisses wird der Erfolgsort oder Handlungsort verstanden. Dabei dürfte der Handlungsort mit dem Domizilstaat des Schädigers zusam-menfallen, was keine Alternative zur allgemeinen Zuständigkeit begründet. Dagegen liegt der Erfolgsort grundsätzlich am Wohnsitz des Geschädigten, weil dort seine Persönlich-keitsrechte hinsichtlich der Kundendaten verletzt werden. Dadurch können die Gerichte des Wohnsitzstaates des Geschädigten alternativ für datenschutzrechtliche Streitigkeiten zuständig sein.505 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Portale und Marktplätze für datenschutz-rechtliche Streitigkeiten in Bezug auf Kundendaten von den Kunden sowohl bei den Gerichten des Domizilstaates der Portale und Marktplätze als auch bei den Gerichten des Wohnsitzstaates des Kunden eingeklagt werden können.

501 WEBER, 2001, 73. 502 WEBER, 2001, 73; BURMEISTER, 2000, 30. 503 LugÜ Art. 2 Abs. 1. 504 LugÜ Art. 5 Ziff. 3. 505 WEBER, 2001, 105.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 176

6.2.1.6 Das anwendbare Recht bei datenschutzrechtlichen Streitigkeiten

Für die Ansprüche aus einer widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzung durch das Bearbeiten von Personendaten besteht für den Geschädigten ein Wahlrecht hinsichtlich des anwendbaren Rechts:506

• Das Recht jenes Staates, in dem der Geschädigte seinen Aufenthalt hat, sofern der Schädiger mit dem Eintritt des Erfolges in diesem Staat rechnen musste.507

• Das Recht jenes Staates, in dem der Schädiger seine Niederlassung bzw. Aufenthalt

hat.508

• Das Recht jenes Staates, in dem der Erfolg der verletzenden Handlung eintritt, sofern der Schädiger mit dem Eintritt des Erfolges in diesem Staat rechnen musste.509

Unter dem Begriff des Erfolges wird gemäss IPRG in diesem Zusammenhang die Verlet-zung der Persönlichkeit des Kunden hinsichtlich seiner Daten verstanden.510 Demzufolge werden datenschutzrechtliche Streitigkeiten zwischen Portalen bzw. Marktplätzen und ihren Kunden je nach Wahl des Kunden entweder nach dem Recht des Domizilstaates der Portale bzw. Marktplätze oder nach dem Recht des Aufenthaltsstaates des Kunden beurteilt.

6.2.1.7 Zusammenfassung und Folgerungen für die rechtliche Due Diligence

Die jeweiligen Zuständigkeiten und das anwendbare Recht in den oben dargestellten rechtlichen Bereichen der Portale und virtuellen Marktplätze können folgendermassen zusammengefasst werden:

506 IPRG Art. 139 Abs. 3 i.V.m. IPRG Art. 139 Abs. 1; SCHWEIZER, 1999, 344. 507 IPRG Art. 139 Abs.1 lit. a. 508 IPRG Art. 139 Abs.1 lit. b. 509 IPRG Art. 139 Abs.1 lit. c. 510 WEBER, 2001, 62. Der Erfolgsort fällt dabei häufig nicht mit dem Ort des Schadenseintritts zusammen. Der Schaden tritt beim

Geschädigten an dessen Aufenthaltsort ein. Dagegen kann der Erfolgsort einer Persönlichkeitsverletzung auf einer Website weltweit, falls Zugang zum Internet besteht, lokalisiert werden. WEBER, 2001, 62. Bei den hier zu behandelnden Persönlich-keitsverletzungen hinsichtlich der Kundendaten fallen jedoch Erfolgsort und Ort des Schadenseintritts zusammen.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 177

Zuständigkeit

Sachverhalt CH-Gericht Gericht eines EU-Staates

Vertragliche Streitigkeiten Klage von Kunden bzw. Konsumenten X X Klage gegen Kunden bzw. Konsumenten X Klage von Werbe-/Marktplatzpartnern (bez. Leistung) X Klage von Inhalts-Partnern (bez. Bezahlung) X *) Klage gegen Werbe-/Marktplatzpartner (bez. Bezahlung) X X Klage gegen Inhalts-Partner (bez. Leistung) *) X

Urheberrechtliche Streitigkeiten Klage gegen Schädiger X X Klage gegen Portal/Marktplatz X X

Datenschutzrechtliche Streitigkeiten Klage gegen Portal/Marktplatz X X

Anwendbares Recht

Sachverhalt CH-Recht Recht eines EU-Staates

Vertragliche Streitigkeiten mit Kunden bzw. Konsumenten X mit Werbe- und Marktplatz-Partnern X **) mit Inhalts-Partnern **) X

Urheberrechtliche Streitigkeiten Klage vom Portal/Marktplatz gegen Schädiger X X Klage gegen Portal/Marktplatz als Schädiger X X

Datenschutzrechtliche Streitigkeiten Klage vom geschädigten Kunden X X

*) abhängig vom anwendbaren nationalen Recht

**) falls keine gültige Rechtswahl getroffen wurde

Abb. 6-2: Zuständigkeiten und anwendbares Recht Quelle: Eigene Darstellung

Für die rechtliche Due Diligence ergeben sich durch die Analyse der gerichtlichen Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts die folgenden Erkenntnisse, die bei den nachfolgenden Analysen der rechtlichen Risiken zu beachten sind:

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 178

• Hinsichtlich der Verträge mit Kunden über Bezahldienste:

Vertragliche Streitigkeiten mit Kunden werden nach dem Recht des Aufenthaltsstaats des Kunden beurteilt. Die Klage gegen einen Kunden muss zwingend bei einem Ge-richt des Aufenthaltsstaates des Kunden eingereicht werden. Klagt der Kunde gegen das Portal oder Marktplatz, wird er ebenfalls mit grosser Wahrscheinlichkeit ein ein-heimisches Gericht des Aufenthaltsstaates wählen. Anhand einer Kundenanalyse ist zu untersuchen, ob es gewisse Kundenkonzentrationen hinsichtlich eines Aufent-haltsstaates gibt. Ist dies der Fall, muss im Rahmen der rechtlichen Due Diligence abgeklärt werden, ob die Kundenverträge auch dem Recht jenes Staates entsprechen, wo sich ein wesentlicher Teil der Kunden aufhält. Besitzt beispielsweise ein schwei-zerisches Portal viele deutsche Kunden, gilt es zu prüfen, wie der elektronische Ver-tragsabschluss hinsichtlich des deutschen Rechts zu beurteilen ist, und ob zusätzlich zum schweizerischen Recht abweichende Bestimmungen beachtet werden müssen.

• Hinsichtlich der Verträge mit Werbe-, Marktplatz- und Inhaltspartnern:

Die vertraglichen Streitigkeiten mit Werbe- und Marktplatz-Partnern unterliegen dem schweizerischen Recht. Vertragliche Streitigkeiten mit einem Inhalts-Partner werden nach dem Recht des Domizilstaates des Inhalts-Partners beurteilt. Das schweizeri-sche Portal oder Marktplatz sollte darum versuchen, eine Rechtswahl zugunsten des schweizerischen Rechts als anwendbares Recht vertraglich mit dem Inhalts-Partner zu vereinbaren. Konnte keine gültige Rechtswahl getroffen werden, müssen im Rah-men der Due Diligence wichtige Verträge mit Inhalts-Partnern nach dem Recht des entsprechenden Domizilstaates des Inhalts-Partners untersucht werden.

• Hinsichtlich urheberrechtlichen Streitigkeiten: Urheberrechtliche Streitigkeiten bezüglich der Website und deren Inhalte können durch schweizerische Portale und Marktplätze nach schweizerischem Recht oder nach einem Recht eines anderen europäischen Staates eingeklagt werden. Allfällige Schadenersatzansprüche müssen jedoch nach dem Recht jedes einzelnen europäi-schen Staates eingeklagt werden, wo die urheberrechtliche Verletzung stattgefunden hat. Auf der anderen Seite kann das schweizerische Portal oder Marktplatz nach je-dem Recht eines europäischen Staates eingeklagt werden. Bei der rechtlichen Due Diligence gilt es demzufolge abzuklären, ob das schweizerische Portal oder der

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 179

schweizerische Marktplatz eine Website oder Inhalte nutzt, die nach dem Recht eines europäischen Landes als eine urheberrechtliche Verletzung beurteilt werden könnte.

• Hinsichtlich datenschutzrechtlicher Streitigkeiten:

Im Rahmen der rechtlichen Due Diligence ist zu prüfen, ob die Nutzung der Kun-dendaten auch mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen der anderen europäi-schen Länder vereinbar ist. Dies gilt insbesondere für jene europäischen Länder, in welchen ein wesentlicher Teil der Kunden ihren Aufenthalt hat. Verfügt beispiels-weise ein schweizerisches Portal über einen grossen Kundenkreis in Frankreich, gilt es bei der rechtlichen Due Diligence zu beurteilen, ob die Nutzung dieser Kundenda-ten auch mit den französischen datenschutzrechtlichen Bestimmungen vereinbar sind.

6.2.2 Die rechtlichen Risiken des elektronischen Vertragsabschlusses Für die Internet-Nutzer ergeben sich heute viele Möglichkeiten, um einen elektronischen Vertrag über das Internet abzuschliessen und mit der fortlaufenden technischen Entwicklung werden weitere Möglichkeiten dazu kommen. Die über das Internet abzuschliessenden Verträge lassen sich in die folgenden Kategorien einteilen:511

• Verkauf von Waren: Verschiedenste Arten von Waren wie beispielsweise Bücher, Kleider oder Esswaren können über das Internet gekauft werden. Der Vertrag wird elektronisch über das In-ternet abgeschlossen. Die Lieferung der Waren erfolgt mit der Post und Kurierdiens-ten. Die Bezahlung wird durch den Kunden per Kreditkarte oder Rechnung getätigt.

• Verkauf von digitalen Produkten: Die digitalen Produkte können beispielsweise Software, Bücher in digitaler Form, digitale Zeitungsartikel, Musik, Filme oder Multimedia-Produkte umfassen. Dabei erfolgt nicht nur der Vertragsabschluss sondern auch die Lieferung über das Internet. Der Kunde bezahlt per Kreditkarte oder Rechnung.

• Verkauf von Dienstleistungen: Gegen die Bezahlung einer Gebühr per Kreditkarte oder Rechnung werden den Inter-net-Nutzern Dienstleistungen angeboten. Die Dienstleistungen können beispielsweise

511 WIDMER & BÄHLER, 2000, 139 f.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 180

die Bereitstellung eines E-Mail Accounts, Beratungsleistungen, Aufbereitung von In-formationen oder Portfolio-Auswertungen eines Finanzportals beinhalten.

• Mitgliedschaft in einer digitalen Gemeinschaft:

Den Internet-Benutzern wird die Mitgliedschaft in einer digitalen Gemeinschaft ge-gen eine einmalige oder monatliche Gebühr angeboten. Beispiele für solche digitalen Gemeinschaften sind beispielsweise Dating- oder Partnervermittlungsgemeinschaften oder Gemeinschaften für Online-Spiele.512

Die von den Portalen und virtuellen Marktplätzen angebotenen Bezahldienste können ausser dem Verkauf von physischen Waren alle der oben genannten Kategorien umfassen. Die Portale verkaufen digitale Produkte wie beispielsweise Texte aus einem digitalen Archiv, bieten Dienstleistungen an und betreiben oft digitale Gemeinschaften. Die Marktplätze bieten häufig kostenpflichtige Dienstleistungen wie die Bereitstellung von Informationen, Statistiken oder Auswertungen bezüglich der präsentierten Waren an.

6.2.2.1 Die elektronische Willenserklärung durch Mausklick

Die Willenserklärung oder Willensäusserung ist das grundlegende Element jedes Rechtsge-schäfts und wird definiert als die private Willenskundgabe, die auf die Erzielung einer Rechtsfolge gerichtet ist.513 Zum Abschluss eines Vertrages müssen die gegenseitigen Willensäusserungen der Parteien übereinstimmen.514 Die Gültigkeit einer Willenserklärung ist dabei nicht an ein Übertragungsmedium gebunden und wird grundsätzlich auch nicht dadurch eingeschränkt, weil sie über das Internet abgegeben wurde.515 Trotzdem besteht bei der elektronischen Willenserklärung die Besonderheit, dass die Willensäusserung nur durch einen Mausklick getätigt wird. Da ein Internet-Nutzer eine Vielzahl von Mausklicks tätigt, besteht die Gefahr, dass er sich nicht bewusst ist, dass er durch einen bestimmten Mausklick eine rechtlich bindende Annahme einer verbindlichen Offerte oder ein verbindliches Angebot getätigt hat, oder lediglich die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots durch den Kunden ausgelöst wurde.516 512 Beispielsweise die Dating-Website www.friendscout24.ch oder das Fussball Online-Spiel www.hattrick.org. 513 SCHWENZER, 2000, 148. 514 OR Art. 1 Abs. 1. 515 GISLER, 1999, 96. 516 WEBER, 2001, 312.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 181

Unter der Annahme, dass der Internet-Nutzer mit Wissen und Willen den Klick getätigt hat, bildet dieser Klick eine rechtlich relevante Willensäusserung. Meistens kommen jedoch die Willensäusserungen seitens der Portale und Marktplätze auf der Verkäuferseite ohne die Mitwirkung einer Person zustande. Ein Computer auf der Gegenseite gibt zuhanden des Internet-Nutzers die rechtlich relevante Willensäusserung ab (sog. Computererklärungen). Dabei stellt sich rechtlich die Frage, ob ein Computer überhaupt eine gültige Willenserklä-rung machen kann, und ob letztlich Verträge, die der Computer abschliesst, rechtlich gültig zustande gekommen sind.517 Da jedoch die automatisierten Erklärungen durch ein Pro-gramm generiert werden, welches auf dem allgemeinen Handlungs- und Erklärungswillen des Anlagenbetreibers gründet, müssen sie rechtlich dem Anlagenbetreiber als eigene Erklärungen zugerechnet werden.518 Die Willensäusserungen im Rahmen eines Vertragsabschlusses wie das Angebot und die Annahme sind so genannte empfangsbedürftige Willenserklärungen. Dies bedeutet, dass die Willenserklärung dann wirksam wird, wenn sie von der Empfängerin wahrgenommen werden kann.519 Da zwischen dem Portal oder Marktplatz und den Kunden keine direkte Kommunikation besteht, handelt es sich bei den elektronischen Willensäusserungen um so genannte Erklärungen unter Abwesenden.520 Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Willenserklärungen richtet sich demzufolge nach dem Zugangsprinzip beim Erklärungs-empfänger. Empfangsbedürftige Willenserklärungen werden erst mit Zugang bzw. mit Eintreffen bei dem Empfänger wirksam. Dabei bedeutet Zugang, dass die Willensäusserung in den Machtbereich des Empfängers gelangt.521 Analog zum Briefverkehr gilt auch in der elektronischen Kommunikation, dass gemäss dem Zugangsprinzip eine Willenserklärung dann wirksam wird, wenn sie das System des Empfängers dergestalt betritt, dass sie von diesem bearbeitet werden kann (z.B. durch den Eingang auf dem E-Mail Account des Empfängers).522

517 BRINER, 2002, 42 ff.; ROSENTHAL, 1999, 29. 518 WEBER, 2001, 313. 519 SCHWENZER, 2000, 151. 520 OR Art. 5 Abs. 1; GISLER, 1999, 104. 521 SCHWENZER, 2000, 153. 522 GISLER, 1999, 106 f.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 182

6.2.2.2 Die Verbindlichkeit von Angeboten auf der Website

Beim Angebot von Dienstleistungen und digitalen Produkten auf der Website eines Portals stellt sich die Frage, ob dies als eine rechtserhebliche Willenserklärung bzw. als ein verbindliches Angebot zu betrachten ist. Kann das Angebot auf der Website einem Katalog gleichgestellt werden, würde gemäss Obligationenrecht nur eine so genannte unverbindliche Auskündigung vorliegen. Das Angebot wäre nicht verbindlich, sondern würde lediglich eine Einladung zur Offertstellung darstellen.523 Wird jedoch das Angebot auf der Website mit der Auslage von Waren mit Angabe des Preises gleichgestellt, besteht ein verbindliches Angebot.524 Die Lehre ist sich nicht einig, ob das Web-Angebot als unverbindliche Auskündigung oder als verbindliche Auslage klassifiziert werden kann. Für sie ist relevant, ob die Ware auf dem betreffenden Server selbst bereitgestellt wird oder sie lediglich dort abgebildet und beschrieben ist. Sind die digitalen Produkte wie Informationen oder Software auf dem Server gespeichert und können durch den Internet-Benutzer direkt nach Bezahlung heruntergeladen werden, gibt es keinen vernünftigen Grund, warum dieses Angebot anders als die Warenauslage in einem Schaufenster in der realen Welt nicht als ein verbindliches Angebot beurteilt werden soll. Werden dagegen auf der Website Autos, Blumen, physische Bücher, Kleider, andere physische Waren oder Dienstleistungen eines externen Marktplatz-Partners angeboten, ist dies eher mit einem unverbindlichen Angebot eines Katalogs zu vergleichen.525 Da die digitalen Produkte keiner mengenmässigen Beschränkung unterliegen und praktisch unendlich repliziert werden können, sind die Behaftung bzw. die Verbind-lichkeit ablehnende Erklärungen, wie beispielsweise „solange Vorrat“ oder „vorbehaltlich einer Rückbestätigung“, für das Angebot von digitalen Produkten nicht relevant.526 Da das unverbindliche Angebot von physischen Waren und externen Dienstleistungen eines Marktplatz-Partners als eine Einladung zur Offertstellung klassifiziert wird, gilt die Willenserklärung per Mausklick des Konsumenten als eine verbindliche Offerte zuhanden des Marktplatz-Partners. Dabei stellt sich die Frage, wie lange der Konsument an seine Offerte gebunden ist. Gemäss Obligationenrecht bleibt der Antragsteller bei einem Verhältnis unter Abwesenden bis zu jenem Zeitpunkt gebunden, wo er den Eingang der

523 OR Art. 7 Abs. 2; WEBER, 2001, 314. 524 OR Art. 7 Abs. 3; WEBER, 2001, 314. 525 ROSENTHAL, 1997, 324; WEBER, 2001, 315. 526 OR Art. 7 Abs. 1.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 183

Antwort bei einer ordnungsmässigen und rechtzeitigen Absendung erwarten darf.527 Durch die hohe Übertragungsgeschwindigkeit elektronischer Mitteilungen wird diese Zeitspanne im Vergleich zum Postweg relativ kurz bemessen. Gemäss der EU-Richtlinie zum elektroni-schen Geschäftsverkehr hat der Anbieter den Empfang der Bestellung des Konsumenten sogar unverzüglich auf elektronischem Weg zu bestätigen.528 In der Praxis sollte es vorerst noch genügen, wenn die Annahme der Offerte am folgenden Werktag eintrifft. Mit der erhöhten Automatisierung darf jedoch der Konsument zukünftig eine sofortige Bestätigung durch den Anbieter erwarten.529 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Angebote von digitalen Produkten, Dienstleistungen und Mitgliedschaften an digitalen Gemeinschaften, die durch die Rechner des betreffenden Portals oder Marktplatzes selbst erbracht werden, als verbindliche Angebote gelten. Für das Zustandekommen eines Vertrages braucht der Internet-Nutzer demzufolge nur das Angebot per Mausklick anzunehmen. Werden physische Waren oder Dienstleistungen eines externen Marktplatz-Partners angeboten, bildet dies für die Internet-Nutzer eine Einladung zur Offertstellung. Ein Vertrag kommt erst zustande, wenn der Verkäufer die entsprechende Offerte des Kunden annimmt. Will somit ein Internet-Nutzer eine physische Ware oder eine Dienstleistung eines externen Marktplatz-Partners auf einem virtuellen Marktplatz kaufen, kann er per Maus-Klick beim betreffenden Produkt eine Offerte an den Marktplatz-Partner des Marktplatzes stellen. Der Marktplatz-Partner kann darauf das Angebot des Kunden annehmen.530

6.2.2.3 Widerrufsrecht der Konsumenten

Das Obligationenrecht kennt ein grundsätzliches Widerrufsrecht bei Verträgen unter Abwesenden. Dabei muss der Widerruf bei der Gegenpartei vor oder mit der Annahmeer-klärung eingehen.531 Im elektronischen Geschäftsverkehr mit einem Portal oder Marktplatz dürfte dies jedoch aufgrund der schnellen Übertragungsgeschwindigkeit technisch nicht zu bewerkstelligen sein. Jedoch stellt das Konsumentenschutzrecht den Konsumenten

527 OR Art. 5 Abs. 1. 528 WEBER, 2001, 317; Richtlinie 2000/31/EG Art. 11 Abs. 1. Beispielsweise erfolgt direkt nach der Bestellung von Blumen auf

www.fleurop.ch umgehend eine Bestätigung der Bestellung, was als Annahme der Offerte durch den Anbieter klassifiziert werden kann. Dadurch kommt der Kaufvertrag über die Blumen zustande. OR Art. 1 Abs. 1; vgl. auch SPAHR, 2001, 49 ff.

529 GISLER, 1999, 146. 530 OR Art. 7 Abs. 2; OR Art. 7 Abs. 3; ROSENTHAL, 1997, 324; WEBER, 2001, 315. 531 OR Art. 9.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 184

besondere zusätzliche Widerrufsrechte zur Verfügung.532 Die konsumentenschutzrechtli-chen Widerrufsrechte bezwecken den Schutz des Konsumenten vor einem unüberlegten und nachteiligen Vertragsabschluss. Es soll dem Konsumenten ermöglicht werden, den Vertrag in Kenntnis aller Umstände und nach reiflicher Überlegung abzuschliessen.533 Gemäss Obligationenrecht können Kunden bzw. Konsumenten534 ihre Annahmeerklärung oder ihren Antrag auf Vertragsabschluss über bewegliche Sachen und Dienstleistungen, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Kunden bestimmt sind, innert sieben Tagen schriftlich widerrufen.535 Hat der Kunde widerrufen, müssen die Vertragsparteien bereits empfangene Leistungen zurückerstatten.536 Wurde vom Anbieter bereits eine Dienstleistung erbracht, muss der Kunde für allfällige Auslagen und Verwendungen aufkommen.537 Die Bestimmungen des Widerrufsrechts sind anwendbar, wenn der Anbieter im Rahmen einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gehandelt hat und die Leistung des Kunden CHF 100 übersteigt.538 Die Portale und virtuelle Markplätze handeln zwar im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit, jedoch sind die Preise für digitale Produkte, Dienstleistungen und Mitgliedschaften in digitalen Gemeinschaften häufig unter CHF 100, sodass für solche Geschäfte kein Widerrufsrecht innerhalb von sieben Tagen besteht. Übersteigt die Leistung des Kunden CHF 100 kommen die Bestimmung des Widerrufs-rechts gemäss OR 40a –g zur Anwendung. Der Kunde bzw. Konsument kann seine Willenserklärung widerrufen, falls ihm das Angebot entweder an seinem Arbeitsplatz, in Wohnräumen oder in deren unmittelbarer Umgebung oder in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf öffentlichen Strassen und Plätzen gemacht wurde.539 Da der Internet-Nutzer in der Regel das Angebot eines Portals oder Marktplatzes von zuhause aus oder an seinem Arbeitsplatz nutzt, wird diese Bedingung für das Widerrufsrecht erfüllt. Tätigt der Kunde Geschäfte mit einem mobilen Endgerät

532 WEBER, 2001, 318. 533 SCHMELZER, 1995, 87. 534 Obwohl bei der Schaffung von OR Art. 40a-g der Begriff des Konsumenten vermieden wurde und von Kunden die Rede ist, bleibt

der Anwendungsbereich de iure auf den Konsumentenvertrag beschränkt. SCHMELZER, 1995, 86. 535 OR Art. 40a Abs. 1; OR Art. 40b; OR Art. 40e. Der Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Information und den Schutz der

Konsumentinnen und Konsumenten (KISG; Revision des KIG) befindet sich bis 15. Juli 2004 in der Vernehmlassung. Das KISG sieht subsidiär zu OR Art. 40e ebenfalls ein Widerrufsrecht von sieben Tagen ab Kenntnisnahme der erforderlichen Informationen vor, wenn der Anbieter seine Informationspflichten nicht erfüllt hat. Vorentwurf zum KISG, Art. 5.

536 OR Art. 40f Abs. 1. 537 OR Art. 40f Abs. 3. 538 OR Art. 40a Abs. 1. 539 OR Art. 40b lit. a; OR Art. 40b lit. b. Die Bedingung gemäss OR Art. 40b lit. c betrifft die so genannten Kaffee-Fahrten und ist in

diesem Kontext nicht relevant.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 185

beispielsweise durch Wireless Local Area Networks (WLAN) auf Flughäfen, Bahnhöfen oder anderen öffentlichen Plätzen steht auch ihm in diesem Fall ein Widerrufsrecht von sieben Tagen zu.540 Die europäischen nationalen Rechtsordnungen gewähren bei Verbraucherverträgen ebenfalls ein Widerrufsrecht von sieben Tagen gemäss der europäischen Fernabsatzrichtli-nie, die im Jahr 2000 in die nationalen Rechtsordnungen umgesetzt werden musste.541 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Portale und Marktplätze für digitale Produkte, Dienstleistungen oder anderen Leistungen, die den Preis von CHF 100542 übersteigen, den Kunden eine Frist zum Widerruf von sieben Tagen einräumen müssen. Die Anbieter der Leistung müssen die Kunden über das Widerrufsrecht, Form und Frist des Widerrufs sowie über die Adresse des Anbieters für den Widerruf orientieren.543

6.2.2.4 Die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

Die allgemeinen Geschäftsbedingungen sind vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss des Vertrages stellt und nicht im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt werden.544 Dagegen wird die Inhaltsgestaltungsfreiheit der Gegenpartei bzw. des Kunden eingeschränkt, da der Kunde nur die Wahl hat, den Vertrag gemäss den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als Ganzes anzunehmen oder auf den Vertragsabschluss zu verzichten.545 Bei den AGBs mit Konsumenten im B2C-Bereich ist zu beachten, dass weder der Gerichts-stand noch das anwendbare Recht frei gewählt werden dürfen. Gegen den Kunden kann grundsätzlich nur in seinem Wohnsitzstaat Klage erhoben werden.546 Eine Rechtswahl bei Konsumentenverträgen wird kategorisch ausgeschlossen.547

540 OR Art. 40b i.V.m. OR Art. 40e Abs. 2. 541 Richtlinie 97/7/EG Art. 6 Abs. 1; Richtlinie 97/7/EG Art. 15 Abs. 1. 542 Diese so genannte Bagatellgrenze richtet sich nach dem auf den Konsumentenvertrag anwendbaren europäischen Recht. Die

Fernabsatz-Richtlinie legt keine Untergrenze fest. Vgl. 6.2.1.2 Das anwendbare Recht bei vertraglichen Streitigkeiten. 543 OR Art. 40d Abs. 1. 544 SCHWENZER, 2000, 270. 545 GIGER, 1983, 25. 546 LugÜ Art. 14 Abs. 2; vgl. 6.2.1.1 Die Zuständigkeit bei vertraglichen Streitigkeiten. 547 IPRG Art. 120 Abs. 2; vgl. 6.2.1.2 Das anwendbare Recht bei vertraglichen Streitigkeiten.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 186

Wie bei konventionellen Vertragsabschlüssen gilt auch bei den elektronischen Vertragsab-schlüssen: wenn ein Kunde eine Bestellung tätigt, in der auf die AGB verwiesen wird, ist er an diese AGB genauso gebunden, wie wenn er die AGB selbst unterzeichnet hätte. Dabei ist irrelevant, ob der Kunde die AGB tatsächlich gelesen hat. Jedoch muss die Möglichkeit bestanden haben, dass er vor dem Vertragsabschluss in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis hätte nehmen können.548 Als zumutbar gelten AGB, wenn sie gut lesbar, gut auf der Website platziert und übersichtlich sind, sowie einen vertretbaren Umfang aufwei-sen.549 Damit die AGB Bestandteil des elektronischen Vertrages werden, müssen sie demzufolge im Bestellungsvorgang der Portale und Marktplätze so integriert werden, dass der Kunde deren Bestehen zwingend zur Kenntnis nehmen muss. Häufig wird im Rahmen des Bestellvorgangs explizit gefragt, ob der Kunde mit den AGB einverstanden ist. Der Kunde kann über den platzierten Link die AGB lesen und darauf mit einem entsprechenden „OK-Klick“ die AGB annehmen. Die AGB selber können auch automatisch in einem separaten Fenster eingeblendet werden und erst wenn der Kunde durch Anklicken sein Einverständnis gibt, kann er die Bestellung weiterführen.550 Hinsichtlich des Inhalts von AGB kennt das schweizerische Recht keine materielle Inhaltskontrolle. Das Bundesgericht beschränkt sich auf die Frage, ob die AGB überhaupt Vertragsbestandteil geworden sind (sog. Geltungskontrolle). Dabei wurden von der schweizerischen Gerichtspraxis insbesondere drei Regeln entwickelt.551

• Die Ungewöhnlichkeitsregel: Nach der Ungewöhnlichkeitsregel sind einzelne Bestimmungen der AGB nicht gül-tig, wenn die Gegenpartei nicht mit dem Inhalt dieser Bestimmungen rechnen muss-te, weil sie ungewöhnlich bzw. nicht üblich sind.552

• Die Unklarheitenregel: Die Unklarheitenregel besagt, dass wenn einzelne Bestimmungen der AGB nicht eindeutig ausgelegt werden können, die Bestimmungen in dem für den Kunden güns-

548 ROSENTHAL, 1997, 329. 549 WEBER, 2001, 327. 550 WIDMER & BÄHLER, 2000, 164. 551 WEBER, 2001, 329; BRINER, 2002, 129. 552 BRINER, 2002, 131 f.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 187

tigsten Sinn auszulegen sind.553 Verfasst der Anbieter unklare AGB, soll er nicht noch daraus einen Nutzen ziehen können.

• Der Restriktionsgrundsatz:

Der Restriktionsgrundsatz bestimmt, dass Bestimmungen der AGB, welche die Stel-lung des Kunden verschlechtern, restriktiv ausgelegt werden müssen.554

Im Gegensatz zum schweizerischen Recht bestehen in den europäischen Ländern klare materielle Vorschriften hinsichtlich der AGB bei Verbraucherverträgen, zu denen auch die Verträge von Portalen und Marktplätzen mit privaten Kunden gehören. Da bei Verträgen mit europäischen Kunden zwingend das jeweilige nationale Recht des Konsumenten zur Anwendung kommt, gilt es AGB zu erstellen, die vereinbar mit dem nationalen Recht der europäischen Länder sind.555

6.2.2.5 Zusammenfassung und Folgerungen für die rechtliche Due Diligence

Die einzelnen Bestandteile des elektronischen Vertragsabschlusses eines Portals oder Marktplatzes mit den Internet-Nutzern können folgendermassen graphisch zusammenge-fasst werden:

553 SCHWENZER, 2000, 275. 554 BRINER, 2002, 133. 555 Vgl. Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, die bis spätestens 31. Dezember 1994 in den

Ländern der Europäischen Union umgesetzt werden musste.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 188

Abb. 6-3: Elektronischer Vertragsabschluss Quelle: Eigene Darstellung

Die Portale und virtuellen Marktplätze bieten den Internet-Nutzern digitale Produkte, Dienstleistungen und Mitgliedschaften in digitalen Gemeinschaften an. Dieses Angebot auf der entsprechenden Website bildet rechtlich ein verbindliches Angebot, dass der Kunde mit der Bestellung annimmt. Dadurch kommt der elektronische Vertrag zustande. Die Allge-meinen Geschäftsbedingungen (AGB) sind Bestandteil des Kaufvertrages, soweit der Kunde die Bestimmungen in zumutbarer Weise zur Kenntnis nehmen konnte. Regelungen der AGB, mit denen der Kunde nicht rechnen musste, oder Bestimmungen, die den zwingenden Gerichtsstand oder das anwendbare Recht abändern, sind ungültig. Übersteigt der Gegens-tand des Vertrages CHF 100, kann der Kunde den Vertrag innert sieben Tagen schriftlich widerrufen.

Web-Angebot als Einladung zur Offertstellung

Portal oder Marktplatz

Kunde Web-Angebot als verbindliches Angebot

Bestellung als Annahme des Angebots

Verträge über digitale Produkte, Dienstleistungen und Mitgliedschaften in digitalen Gemeinschaften

Evtl. Widerruf innert sieben Tagen (Wert > CHF 100)

Elektronischer Vertrag (inkl. AGB)

Markt-platz-

Partner

Kunde

Bestellung als Offerte (inkl. AGB)

Verträge über Dienstleistungen von Dritten und physische Waren

Evtl. Widerruf innert sieben Tagen (Wert > CHF 100)

Elektronischer Vertrag (inkl. AGB)

Empfangsbestätigung und Vertragsannahme der Offerte

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 189

Das Web-Angebot von physischen Waren oder Dienstleistungen von externen Marktplatz-Partnern bildet rechtlich eine Einladung zur Offertstellung. Durch die Bestellung gibt der Kunde eine verbindliche Offerte ab, die sofort oder spätestens am folgenden Werktag durch den Anbieter angenommen werden kann. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Anbieters werden durch den Kunden bei der Bestellung akzeptiert und sind somit Bestandteil der Offerte des Kunden. Durch die Annahme der Offerte kommt der elektroni-sche Vertrag zustande. Bei Verträgen mit einem Wert von über CHF 100 kann der Kunde innerhalb von sieben Tagen den Vertrag widerrufen. Im Rahmen der rechtlichen Due Diligence ist zu überprüfen, ob der Bestellungsvorgang auf der Website eines Portals oder Marktplatzes so ausgestaltet ist, dass ein gültiger Vertrag mit den Kunden zustande kommen kann. Dem Kunden muss klar ersichtlich sein, dass er einerseits bei der Bestellung mit dem finalen „OK-Klick“ eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages abgibt, und dass ihm andererseits soweit der Kaufgegenstand CHF 100 übersteigt ein Widerrufsrecht zusteht.556 Werden physische Waren oder Dienst-leistungen von Marktplatz-Partnern über die Website des Portals oder Marktplatzes angeboten, ist auch hierbei die rechtliche Gültigkeit des Bestellungsvorgangs zu analysie-ren. Ist der Marktplatz-Partner nicht in der Lage, Bestellungen innerhalb kurzer Fristen zu bestätigen bzw. anzunehmen, ist der Kunde nicht mehr an seine Offerte gebunden, und es kommt kein Vertrag zustande. Ausserdem wird der bestellende Kunden nicht nur verärgert über den Marktplatz-Partner sein, sondern auch das vermittelnde Portal oder Marktplatz zukünftig meiden. Der Bestellungsvorgang und der elektronische Vertragsabschluss samt den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) müssen nicht nur mit dem schweizerischem sondern auch mit dem nationalen Recht der europäischen Staaten, insbesondere mit dem europäischen Konsumentenschutzrecht, vereinbar sein. Bestehen Kundenkonzentrationen in gewissen Ländern, gilt es in der rechtlichen Due Diligence zu prüfen, wie das dort anwendbare Recht den elektronischen Vertragsabschluss regelt, denn im Streitfall müsste dieses Recht zur Beurteilung der rechtlichen Situation zwingend herangezogen werden.

556 Viele Kunden sind sich bei der Bestellung von Dienstleistungen und digitalen Produkten nicht bewusst, dass sie einen Vertrag

eingehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Portal immer gratis Leistungen angeboten und nun ein kostenpflichtiges Angebot eingeführt hat. Als Folge davon werden die Rechnungen nicht bezahlt und die Kunden sind verärgert. Darum muss der Bestellungsvorgang so ausgestaltet werden, dass der Kunde sich wirklich bewusst ist, dass er eine Leistung bestellt, für die er zu bezahlen hat. INTERVIEW mit Martin Scherrer, comparis.ch.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 190

Die rechtliche Due Diligence soll hinsichtlich des elektronischen Vertragsabschluss grundsätzlich beurteilen, ob die Erzielung des Umsatzes aus dem Angebot auf der Website mit schweizerischen und europäischen Kunden aus rechtlicher Sicht gesichert ist. Ein rechtlich ungenügender Bestellungsvorgang und Vertragsabschluss kann zu Umsatzverlus-ten, verärgerten Kunden oder sogar zu Rechtsstreitigkeiten führen. 6.2.3 Checkliste für die Analyse des elektronischen Vertragsabschlusses

Ist der Bestellungsvorgang so konzipiert, dass sich der Kunde bewusst ist, dass er mit dem entsprechenden Klick einen Vertrag über eine kostenpflichtige Leistung ab-schliesst (gilt insbesondere für so genannte „One-Click-Shops“)?

Gab es häufige Kundenreklamationen beim Portal oder Marktplatz oder bei den Marktplatz-Partnern, weil Kunden sich nicht bewusst waren, dass sie einen Vertrag abschliessen?

Besteht eine angemessene interne Organisation des Bestellwesens beim Portal oder Marktplatz, sodass eingegangene Bestellungen für physische Waren und Dienstleis-tungen von Dritten sofort zu den Marktplatz-Partnern weitergeleitet werden?

Verfügen auch die Marktplatz-Partner über eine angemessene interne Organisation zur Bearbeitung der vermittelten Bestellungen?

Werden Offerten von Konsumenten über physische Waren und Dienstleistungen von Marktplatz-Partnern sofort oder spätestens am nächsten Werktag bestätigt (Vertrags-annahme)?

Gab es häufige Kundenreklamationen bei Portalen und Marktplätzen sowie bei Marktplatz-Partnern, dass die Ausführung der Bestellung oder die Bestätigung der Bestellung zu lange gedauert hat?

Wird der Konsument über die Form und Frist eines allfällig bestehenden Widerrufs-rechts orientiert?

Ist die Bestellungsannahme so organisiert, dass bei Bestehen eines Widerrufsrechts die Bestellung erst nach sieben Tagen ausgelöst wird?

Wird der Kunde explizit sowie in übersichtlicher und verständlicher Weise auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) aufmerksam gemacht?

Kann der Kunde schnell und ohne Probleme auf die Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen (AGB) zugreifen?

Beinhalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Klauseln, mit denen der Kunde in der Regel nicht rechnen muss?

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 191

Ist der Bestellvorgang so konzipiert, dass der Kunde die Allgemeinen Geschäftsbe-dingungen (AGB) explizit annehmen muss (z.B. „OK-Kästchen“ in separatem Fens-ter)?557

Besteht ein wesentlicher Teil des Kundenkreises aus europäischen Kunden? Ist der Bestellungsvorgang und Abschluss des elektronischen Vertrags vereinbar mit dem nationalen Konsumentenschutzrecht des entsprechenden europäischen Staates?

6.2.4 Die urheberrechtlichen Risiken der Website und deren Inhalte Die Website setzt sich aus vielen Bestandteilen wie Texte, Audio- und Videosequenzen, Graphiken und Bildern zusammen und führt über Links zu fremden Websites oder integriert Inhalte fremder Websites in ein Fenster der eigenen Website (sog. Framing). Eine klare Zuordnung der Inhalte zur entsprechenden Website ist dann nicht immer möglich, sodass urheberrechtliche Konflikte entstehen können.558 Eine gut gestaltete und übersichtliche Website mit hohem Wiedererkennungswert bei den Internet-Nutzern ist ein wichtiger „Vermögensgegenstand“ eines Portals oder Marktplatzes. In der rechtlichen Due Diligence gilt es einerseits zu beurteilen, ob dieser Vermögensge-genstand und seine Inhalte gegenüber Konkurrenten rechtlich geschützt ist, und andererseits ob das Risiko besteht, von Konkurrenten urheberrechtlich belangt werden zu können.

6.2.4.1 Der urheberrechtliche Schutz der Website und deren Inhalte

Das schweizerische Urheberrecht schützt den Urheber von Werken der Literatur und Kunst.559 Als Werk gelten geistige Schöpfungen der Literatur und Kunst, die einen individuellen Charakter haben.560 Dazu gehören beispielsweise literarische, wissenschaftli-che und andere Sprachwerke, Werke der Musik, Werke der Malerei, Bildhauerei und Graphik, Werke der Baukunst, choreographische Werke sowie Computerprogramme.561

557 Wichtig ist, dass der Kunde das „Häckchen“ oder „Klick“ zur Annahme der AGB tätigen muss. Der umgekehrte Fall, indem die

Annahme der AGB bereits automatisch durch ein „Häkchen“ gekennzeichnet ist, und der Kunde einfach im Bestellvorgang weiterfahren kann, gewährleistet nicht, dass der Kunde auf das Bestehen von AGB aufmerksam wurde.

558 WIDMER & BÄHLER, 2000, 99. 559 URG Art. 1 Abs. 1 lit. a. 560 URG Art. 2 Abs. 1. 561 URG Art. 2 Abs. 2 lit. a-h.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 192

Damit ein Inhalt als Werk geschützt ist, muss er zwei Voraussetzungen erfüllen. Es muss sich um eine geistige Schöpfung handeln und einen individuellen Charakter haben. Hinter einer geistigen Schöpfung verbirgt sich ein Mensch, der schöpferisch tätig war. Ein Inhalt, der von einer Maschine generiert wurde, gilt nicht als geistige Schöpfung. Dagegen kann ein Computerprogramm, das die Programmbefehle eines Softwareentwicklers umsetzt, als eine geistige Schöpfung betrachtet werden.562 Eine geistige Schöpfung wird aber erst dann zum urheberrechtlich relevanten Werk, wenn sie einen individuellen Charakter aufweist. Ein individueller Charakter ist dann gegeben, wenn die geistige Schöpfung nicht dem Gemeingut zuzuordnen ist, sondern eine Individualität oder Originalität besitzt. Die Individualität oder Originalität kann sich dadurch ergeben, dass das Werk den Stempel der Persönlichkeit seines Urhebers trägt, unverkennbar charakteristische Züge aufweist und sich von Darstellungen der gleichen Werksgattungen deutlich unterscheidet.563 Teile eines Werkes sind ebenfalls urheberrechtlich geschützt, sofern es sich dabei ebenfalls um geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter handelt.564 Eine Website besteht aus Textdateien, die in einem spezifischen Format (sog. Hyper Text Markup Language - HTML) gespeichert und in logischer Verweise miteinander verbunden sind. Der Webbrowser bedient sich dieser Textdateien bzw. HTML-Skripts, um die Website auf dem Bildschirm aufzubauen.565 Die Darstellung einer Website bzw. deren Programmie-rung kann als eine geistige Schöpfung des Entwicklers betrachtet werden. Der individuelle Charakter ist einer Website dann zuzusprechen, wenn sie genügend Merkmale besitzt, die sie von anderen Websites abhebt.566 Da es sich bei einer Website um eine geistige Schöp-fung mit einem individuellen Charakter handelt, ist sie urheberrechtlich geschützt.567 Dasselbe gilt für die Bestandteile der Website wie Graphiken, Audio- und Filmsequenzen, Bilder und Texte, soweit sie ebenfalls einen individuellen Charakter aufweisen.568 Das Urheberrecht entsteht automatisch mit der Erstellung der Website. Im Gegensatz zum Marken- oder Patenrecht bedarf es keiner Anmeldung, Bekanntmachung oder Eintragung in ein Register. Da die Schweiz mit vielen anderen Staaten der Revidierten Berner Überein-

562 ROSENTHAL, 1997, 161. 563 BGE 113 II 196; REHBINDER, 1993, 54 ff. 564 URG Art. 2 Abs. 4. 565 WEBER, 2001, 198. 566 WIDMER & BÄHLER, 2000, 103. 567 URG Art. 2 Abs. 1. Da die HTML-Skripts einer Website im Vergleich zu den Computerprogrammen keine selbständig lauffähige

Befehlsfolge besitzen, kann die Website nicht als Computerprogramm qualifiziert werden. Die Website wird daher urheberrecht-lich als Werk der Literatur und Kunst betrachtet. WEBER, 2001, 199 ff.

568 URG Art. 2 Abs. 4; WIDMER & BÄHLER, 2000, 103 f.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 193

kunft zum Schutz der Literatur und Kunst569 angehört, ist es nicht nötig, auf das Urheber-recht auf der Website hinzuweisen (Copyright-Zeichen ist nicht nötig).570

6.2.4.2 Die urheberrechtliche Problematik von Hyperlinking und Framing

Sichtbare Hyperlinks von einer Website zu einer anderen sind grundsätzlich hinsichtlich des Urheberrechts unproblematisch. Das geschützte Werk der anderen Website wird nicht wahrnehmbar gemacht, vervielfältigt oder verbreitet. Der Hyperlink bietet nur eine Zugriffsmöglichkeit auf den fremden Inhalt bzw. Website.571 Eine weitere Form des Hyperlinking bildet das so genannte Inlinelinking oder Deeplinking. Durch das Inlinelinking können insbesondere fremde Logos, Graphiken, Bilder oder Texte einer fremden Website direkt in die eigene Website integriert werden. Für den Internet-Nutzer ist häufig nicht erkennbar, dass die entsprechenden Objekte zu einer anderen Website gehören.572 Soweit diese integrierten Bestandteile der fremden Website urheber-rechtlich geschützt sind, liegt eine urheberrechtliche Verletzung vor.573 Das Framing geht im Ergebnis noch über das Inlinelinking hinaus. In den einzelnen Feldern oder Frames der Website werden Bestandteile einer fremden Website durch einen Link integriert. Dabei kann das Format der geframten Bestandteile in Grösse und Erscheinung der framenden Website angepasst werden. Der Nutzer wird kaum bemerken, dass die entsprechenden Objekte von einer fremden Website stammen, da die Anzeige für den Uniform Resource Locator (URL) nur die Adresse der framenden Website anzeigt. Soweit die geframten Bestandteile der fremden Website urheberrechtlich geschützt sind, liegt eine urheberrechtliche Verletzung vor.574 569 Die Revidierte Berner Übereinkunft ist ein mehrseitiger völkerrechtlicher Vertrag, durch den sich die beigetretenen Staaten zum

Zweck des internationalen Schutzes des Urheberrechts zu einem Staatenverband mit eigener Rechtspersönlichkeit zusammenge-schlossen haben. REHBINDER, 1993, 174.

570 ROSENTHAL, 1997, 163. Staaten, die nur dem Welturheberrechtsabkommen beigetreten sind, verlangen teilweise das Copyright-Zeichen, den Namen des Urheberrechtsinhabers sowie die Jahreszahl der Erstveröffentlichung. Nachdem die USA aber 1989 der Revidierten Berner Übereinkunft beigetreten ist, wurde das Welturheberrechtsabkommen weitgehend bedeutungslos. ROSENTHAL, 1997, 163; REHBINDER, 1993, 176.

571 WEBER, 2001, 247 f. 572 BURMEISTER, 2000, 21. 573 Beispielsweise klagte die Washington Post gegen den Internet Content Provider, Total News Inc., weil die Internet-Nutzer von der

Website der Beklagten die Marke des Klägers anklicken konnten und darauf durch einen Inlinelink die jeweilige Webpage der Klägerin heruntergeladen wurde, die jedoch von der Website der Beklagten umrahmt wurde. Der Rechtsstreit wurde 1997 durch Vergleich beendet. BURMEISTER, 2001, 26.

574 BURMEISTER, 2000, 24.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 194

6.2.4.3 Zusammenfassung und Folgerungen für die rechtliche Due Diligence

Die Website und deren Bestandteile wie beispielsweise Texte, Graphiken, Bilder, Audio- und Filmsequenzen oder Animationen sind als geistige Schöpfungen als Werke der Literatur und Kunst urheberrechtlich geschützt, sofern sie einen gewissen Grad an Individualität oder Originalität aufweisen. Die Übernahme von Bestandteilen einer fremden Website und deren Integration in die eigene Website durch Inlinelinking und Framing bildet eine urheberrecht-liche Verletzung, sofern die fremden Bestandteile urheberrechtlich geschützt sind. Dagegen sind die sichtbaren Hyperlinks als Verweise zur fremden Website urheberrechtlich unproblematisch. Im Rahmen der rechtlichen Due Diligence ist aus einer urheberrechtlichen Perspektive zu überprüfen, wie die Website konzipiert ist. Dabei gilt es zu erkennen, ob allfällige Verweise oder fremde Bestandteile in die eigene Website integriert werden. Keinesfalls dürfen Texte oder andere Objekte in die Website eingefügt werden, ohne dass darüber mit dem Urheber als Inhalts-Partner eine Vereinbarung besteht. Die Konditionen dieser Vereinbarungen mit den Inhalts-Partnern sind sorgfältig zu analysieren und mit dem Management der Zielgesell-schaft zu diskutieren. Das Risiko, dass das Portal oder der Marktplatz aufgrund von urheberrechtlichen Verletzungen eingeklagt wird, muss durch die rechtliche Due Diligence abgeschätzt werden. Eine Verurteilung aufgrund urheberrechtlichen Verletzungen kann zu einem Imageverlust und schmerzhaften Schadenersatzzahlungen führen. 6.2.5 Checkliste für die Analyse der urheberrechtlichen Risiken

Welche Teile der Website können als urheberrechtlich geschützt betrachtet werden? Wurden Teile der Website wie beispielsweise Graphiken, Bilder, Texte, Audio- und

Filmsequenzen oder Animationen nicht selber geschaffen? Wie werden diese Bestandteile in die Website integriert? Werden die Bestandteile

mit Hilfe von Inlinelinking oder Framing in die Website integriert? Bestehen (schriftliche) Vereinbarungen mit dem Urheber der integrierten Bestandtei-

le? Was sind die Konditionen dieser Vereinbarungen? Gab es in der Vergangenheit Reklamationen oder sogar gerichtliche Auseinanderset-

zungen mit Inhalts-Partnern oder anderen Parteien, deren Inhalte für die eigene Web-site genutzt wurden?

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 195

Gab bzw. gibt es Anzeichen, dass eigene Inhalte durch fremde Websites genutzt werden?

Wie wird die Website und deren Inhalt gemäss dem Urheberrecht der europäischen Staaten beurteilt? Besteht das Risiko, dass das Portal oder Marktplatz aufgrund des Schutzlandprinzips mit einer Klage nach einem strengeren Urheberrecht konfrontiert wird?

6.2.6 Der rechtliche Schutz des Domainnamens, der Firma und der Marke Bei Portalen und Marktplätzen fallen häufig der Domainname575, Firma und Marke zusammen. Die Bekanntheit des Namens bzw. der Marke ist aus kommerzieller Sicht der wichtigste immaterielle „Vermögensgegenstand“, obwohl die eigene Marke gemäss dem true & fair-Prinzip nicht als immaterielle Anlage aktiviert werden kann.576 Im Rahmen der rechtlichen Due Diligence muss überprüft werden, inwieweit der Domainname, die Firma bzw. die Marke rechtlich geschützt ist. Die Registrierung eines Domainnamens erfolgt nicht, wie beispielsweise bei der Registrie-rung einer Marke durch staatliche Behörden, sondern auf privater Basis bei den Registrie-rungsorganisationen der einzelnen Länder.577 Diese nationalen Registrierungsstellen prüfen jedoch nicht ausdrücklich, ob der Anmelder eines Domainnamens auf denselben einen Rechtsanspruch hat oder durch die Anmeldung Rechte Dritter verletzt. Der angemeldete Domainname wird nur zurückgewiesen, wenn er mit früher eingetragenen Namen identisch ist.578 Eine Schutzmöglichkeit des Domainnamens ergibt sich aus dem Namensrecht für natürliche und juristische Personen gemäss dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch.579 Dabei liegt gemäss Schweizerischem Bundesgericht eine Verletzung des Namensschutzes in jenen Fällen vor, wo die Kennzeichnungswirkung eines fremden Namens für eigene Zwecke missbraucht wird. Die Verwendung eines fremden Namens gilt dann als missbräuchlich,

575 Für die Kommunikation im Internet ist eine eindeutige Identifizierung der am Netz beteiligten Computer erforderlich. Diese

Identifizierung erfolgt im TCP/IP über die IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) aus vier durch Punkte getrennten Zahlen. Da diese Zahlenkombinationen nicht benutzerfreundlich sind, wird zusätzlich zur IP-Adresse ein Name, der so genannte Domainna-me, zugeordnet. Die Domainnamen ermöglichen, einen Namen, Firma oder Marke für ein bestimmtes Angebot im Internet zu verwenden. FALLENBÖCK, 2001, 12.

576 Vgl. 5.3.1.4.5 Die Aktivierung der eigenen Marke. 577 Das Unternehmen SWITCH ist die Registrationsstelle für die Schweiz und Liechtenstein. 578 BÄHLER et al., 1996, 81 ff. 579 ZGB Art. 29.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 196

wenn der Anschein erweckt wird, dass der fremde Name etwas mit dem neuen Namensträ-ger persönlich oder seinem Geschäft zu tun hat, oder dass eine enge Verbindung zum fremden Namensträger besteht, die aber in Tat und Wahrheit fehlt.580 Da oft der Domain-name gleichzeitig den Geschäftsnamen des Portals oder Marktplatzes bildet, kann gegen dessen unbefugte Verwendung durch Dritte aus dem Namensrecht vorgegangen werden. Dabei muss der verletzende Domainname nicht identisch mit dem geschützten Namen sein. Es genügt, dass eine Verwechslungsgefahr besteht.581 Eine mögliche weitere Schutzmöglichkeit des Domainnamens bietet das Firmenrecht. Gemäss dem Schweizerischen Obligationenrecht steht die im Handelsregister eingetragene Firma dem Berechtigten zum ausschliesslichen Gebrauch zu und darf von keinem anderen Geschäftinhaber am demselben Ort verwendet werden.582 Der Firmenschutz ist jedoch gegenüber einem identischen oder verwechselbaren Domainnamen nur dann gegeben, wenn der Domainname durch das Portal oder Marktplatz firmenmässig gebraucht wird. Des Weiteren kann der Firmenschutz nur gegen Unternehmen durchgesetzt werden, die am gleichen Ort ihren Sitz haben. Der örtliche Schutzbereich einer Firma ist beschränkt.583 Das Firmenrecht schützt nur die Firma, wie sie im Handelsregister eingetragen ist, und bietet keinen eigenständigen Schutz für den Domainnamen. Auch wenn ein Portal oder Marktplatz den Domainnamen als Firma benutzt, gilt der Schutz einzig der Firma am Ort des Unter-nehmenssitzes und nicht dem Domainnamen.584 Schliesslich kann der Domainname, der gleichzeitig als Name, Firma und Marke eines Portals und Marktplatzes benutzt wird, gemäss dem Markenrecht geschützt werden. Als eine Marke gilt gemäss dem Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsan-gaben (MSchG) ein Zeichen, „das geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden“.585 Die Marke kann insbesondere aus Wörtern, Buchstaben und Zahlen bestehen.586 Für die Entstehung des Markenschutzes muss die Marke im Markenregister beim Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eingetragen werden. Der Markenschutz ist jedoch gemäss dem Territorialitätsprinzip

580 BGE 112 II 371. 581 SPAHR, 2001, 95; ROSENTHAL, 1997, 130. 582 OR 946 Abs. 1; OR 956 Abs. 1. 583 BÄHLER et al., 1996, 98; OR 946 Abs. 1. 584 WEBER, 2001, 152 f.; BÄHLER et al., 1996, 98. 585 MSchG Art. 1 Abs. 1. 586 MSchG Art. 1 Abs. 2.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 197

auf die Schweiz beschränkt.587 Für einen internationalen Schutz kann die Marke ins internationale Register der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO/OMPI) eingetragen werden. Für den Schutz im EU-Raum kann die Marke beim EU-Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in Alicante hinterlegt werden.588 Der Domainname eines Portals oder Marktplatzes kann grundsätzlich markenrechtlich geschützt werden, soweit der Domainname mit der Marke identisch oder ähnlich ist, und der Domainname im Zusammenhang mit den gleichen oder gleichartigen Produkten oder Dienstleistungen verwendet wird, für welche die Marke registriert wurde.589 Falls diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist es den Portalen und Marktplätzen zu empfehlen, den Namen bzw. Domainnamen im Markenregister der IGE und auch international registrieren zu lassen. Durch die internationale Registrierung können die Marke und der Name des Portals oder Marktplatzes am effektivsten für die Geschäftstätigkeit geschützt werden. Bei der rechtlichen Due Diligence ist es demnach von grosser Bedeutung sicherzustellen, dass der Domainname des Portals oder Marktplatzes als Marke für die angebotenen Leistungen international genügend geschützt ist. Dabei müssen insbesondere die Dokumen-te der Markenregistrierung sorgfältig analysiert werden. 6.2.7 Die datenschutzrechtlichen Risiken der Portale und Marktplätze Die Fähigkeit, Kunden zu gewinnen und an das Portal oder an den Marktplatz zu binden, ist ein wichtiger kritischer Erfolgsfaktor für das erfolgreiche Bestehen. Dabei gilt es insbeson-dere Daten über den Kunden zu sammeln, sodass die Angebote gezielt auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werden können. Jedoch kann die Sammlung von Kundendaten und deren Verwendung erhebliches datenschutzrechtliches Konfliktpotential enthalten, das bei einer reinen Fokussierung auf die kommerzielle Kundenbindung häufig nicht beachtet wird. Im Rahmen der rechtlichen Due Diligence gilt es zu beurteilen, ob die Art und Weise, wie Kundendaten gesammelt und genutzt werden, datenschutzrechtliche Risiken beinhalten.

587 MSchG Art. 5; BÄHLER et al., 1996, 90 f. 588 SPAHR, 2001, 108 f. 589 ROSENTHAL, 1997, 125.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 198

6.2.7.1 Die Vorgehensweise bei der Sammlung von Kundendaten

Jeder Besuch eines Internet-Benutzers hinterlässt beim Zugriff auf den Server eine „Datenspur“ mit der IP-Adresse des Rechners des Benutzers, Zeit und Datum des Zugriffs sowie Angaben über die Inhalte, auf die zugegriffen wurde. Der Server erfasst alle Zugriffe und Zugriffsversuche in so genannten Log-Büchern (Log-files).590 Die IP-Adresse ist eine vierteilige Zahl, die sich einem Internet Service Provider oder einem Unternehmen zuordnen lässt. Anhand der IP-Adresse können noch keine Rückschlüsse auf einen bestimmten Nutzer gemacht werden. Um einen Internet-Benutzer bei jedem seiner Besuche wiedererkennen und ein Profil des Kunden über seine Interessen, Gewohnheiten und Bedürfnisse anfertigen zu können, werden grundsätzlich zwei Methoden angewendet.591 Die erste Methode bedient sich der Kundenregistrierung. Der Kunde kann sich mit einem Benutzernamen und einem Passwort für den Zugang zu Teilen des Portals oder zum Marktplatz registrieren lassen. Durch die jeweilige Anmeldung kann genau verfolgt werden, auf welche Inhalte der Benutzer im Portal oder auf dem Marktplatz zugreift, was wiederum Schlüsse auf seine Interessen zulässt.592 Die zweite Methode verwendet eine Technik, die als Cookies bekannt ist. Ein Cookie ist eine Datei, die durch den Anbieter beim Besuch auf der Website auf dem Rechner des Besuchers bzw. Internet-Benutzers gespeichert wird. In der Datei werden wichtige Informationen über den Nutzer gespeichert. Diese Informationen können beispielsweise Name, E-Mail Adresse des Nutzers oder Arbeitgeber des Nutzers, soweit der Nutzer diese Informationen irgendwann auf der Website bekannt gegeben hat, sowie Informationen über die vom Nutzer zugegriffenen Inhalte beinhalten. Bei jedem Besuch des Nutzers kann das Cookie durch den Anbieter aktualisiert werden.593 Mit Hilfe von speziellen Datenverarbeitungssystemen können aus den Informationen der Kundenregistrierung und der Cookies wichtige Kundendaten gewonnen werden, die Aufschluss über den Namen und Adresse des Kunden (sog. Stammdaten) sowie über das Nutzungsverhalten, die Bedürfnisse und die Interessen eines Kunden geben.594 Diese

590 WEBER, 2001, 449 f. 591 ROSENTHAL, 1999, 36. 592 ROSENTHAL, 1999, 36. 593 EICKEMEIER & STOLZ, 2001, 159 f. 594 WEBER, 2001, 450 f.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 199

Kundendaten werden dazu benutzt, den Kunden seinen Interessen und Bedürfnissen gerecht ansprechen zu können.

6.2.7.2 Der datenschutzrechtliche Schutz der Kundendaten

Das Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) regelt den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte natürlicher und juristischer Personen, über die Daten bearbeitet werden.595 Als Bearbeiten von Kundendaten gilt „jeder Umgang mit Personendaten, insbesondere das Beschaffen, Aufbewahren, Verwenden, Umarbeiten, Bekanntgeben, Archivieren oder Vernichten von Daten“.596 Das Datenschutzgesetz zielt darauf ab, die Privatsphäre von Individuen insbesondere in der digitalen und global vernetzten Informationsgesellschaft zu wahren.597 Gemäss dem Datenschutzgesetz dürfen Personendaten nur rechtsmässig (legal) beschafft werden und ihre Bearbeitung hat einerseits nach Treu und Glauben zu erfolgen und muss verhältnismässig und zweckgebunden sein.598 Dabei verstösst die Datenbearbeitung insbesondere dann gegen Treu und Glauben, wenn der Betroffene über den eigentlichen Beschaffungszweck nicht oder falsch informiert wird, wenn nachträglich der Zweck der beschafften Personenarten geändert wird, oder wenn die Datenbeschaffung für die betroffe-ne Person nicht erkennbar oder intransparent erfolgt.599 Der Grundsatz der Verhältnismäs-sigkeit bedeutet, dass nur jene Kundendaten beschafft werden dürfen, die für den konkreten Beschaffungszweck notwendig sind. Dadurch soll erstens verhindert werden, dass potentiell nützliche Personendaten auf Vorrat gesammelt werden, ohne dass ein konkreter Beschaf-fungszweck vorliegt. Zweitens soll eingeschränkt werden, dass Kundendaten über Interes-sen, Neigungen und Kaufverhalten direkt gesammelt oder indirekt durch Data Mining600 aus den Rohdaten erzeugt werden, ohne dass diese Daten für den Beschaffungszweck notwen-dig sind.601 Der Grundsatz der Zweckbindung bestimmt, dass die Personendaten nur zu jenem Beschaffungszweck bearbeitet werden dürfen, der bei der Beschaffung angegeben

595 DSG Art. 1 i.V.m. DSG Art. 2 Abs. 1. 596 DSG Art. 3 lit. e. 597 SCHWEIZER, 1999, 110. 598 DSG Art. 4. 599 SCHWEIZER, 1999, 167 f.; WEBER, 2001, 463. 600 Data Mining ist die Analyse von grossen Datenmengen mit Hilfe von speziellen Analyseprogrammen. Beispielsweise kann der

Anbieter ein bestimmtes Kundenprofil definieren und darauf in seinen Kundendaten nach Personen suchen, die diesem Profil entsprechen. ROSENTHAL, 1999, 39.

601 SCHWEIZER, 1999, 170 ff.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 200

wurde oder aus den Umständen ersichtlich oder gesetzlich vorgesehen war. Demzufolge sind Daten, welche nicht mehr benötigt werden, zu löschen.602 Einen besonders strengen Schutz geniessen die so genannten Persönlichkeitsprofile. Durch die Auswertung der angegebenen Kundendaten bei der Registrierung und der Informationen der Cookies kann ein Profil des Kunden erstellt werden, dass seine Interessen, Bedürfnisse und Internet- bzw. Kaufverhalten aufzeigt. Die Bekanntgabe solcher Persönlichkeitsprofile der Kunden gelten als Persönlichkeitsverletzungen.603 Die Bearbeitung von Kundendaten (durch private Personen) ist grundsätzlich erlaubt, sofern keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung begangen wird.604 Eine widerrechtli-che Persönlichkeitsverletzung liegt insbesondere dann vor, wenn die oben dargestellten Grundsätze von Treu und Glauben, Verhältnismässigkeit und Zweckbindung verletzt werden oder Persönlichkeitsprofile an Dritte bekannt gegeben werden, ohne dass dafür ein Rechtfertigungsgrund geltend gemacht werden kann.605 Als Rechtfertigungsgrund gilt die Einwilligung des Betroffenen, ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder gesetzliche Bestimmungen.606 Für einen Teil der Lehre erscheint es als problematisch, dass die Einwilligungsklausel bei einem Vertrag mit Kunden meistens in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) platziert wird.607 Die Einwilli-gung des betroffenen Kunden kann durch die AGB oder separat im Bestellungsvorgang gegeben werden. Letztlich ist wichtig, ob dem Kunden klar ist, dass er die Einwilligung abgibt, dass seine Daten für einen bestimmten Zweck bearbeitet werden. Ein überwiegendes privates Interesse des Anbieters gilt nur insoweit als Rechtfertigungsgrund, als die Kundendaten unmittelbar für die Abwicklung und Erfüllung des Vertrages erforderlich sind.608 Die Rechtfertigungsgründe des öffentlichen Interesses und gesetzliche Rechferti-gungsgründe sind für die Bearbeitung von Kundendaten bei Portalen und Marktplätzen nicht relevant. 602 DSG Art. 4 Abs. 3; WEBER, 2001, 466 f. In der Praxis ergibt sich beim Backup von Kundendaten das Problem, dass jene Daten

eingelagert sind und die Löschung von vereinzelten Daten nur mit grossem administrativen Aufwand durchgeführt werden könnte. Dadurch wird in der Praxis auf die Löschung der Kundendaten auf den Backups verzichtet. INTERVIEW mit N. Herzog, BrainsToVentures AG.

603 DSG Art. 12 Abs. 2 lit. c; WIDMER & BÄHLER, 2000, 248 f. 604 DSG Art. 12 Abs. 1; SCHWEIZER, 1999, 178. 605 DSG Art. 12 Abs. 2. 606 DSG Art. 13 Abs. 1. 607 WEBER, 2001, 471 ff. 608 SCHWEIZER, 1999, 188; Ein überwiegendes privates Interesse an der Aufzeichnung von Kundendaten besitzt beispielsweise ein

Portal, das die Kundendaten für die Rechnungsstellung benötigt.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 201

Bei der Bearbeitung der Kundendaten durch einen Anbieter wird gemäss Datenschutzgesetz verlangt, dass die betreffenden Personendaten technisch und organisatorisch gegen unbefugtes Bearbeiten geschützt werden.609 Dadurch ist der Anbieter verpflichtet ein Sicherheitskonzept aufzubauen, dass technischen Schutz beispielsweise durch passwortge-schützte Computersysteme, organisatorischen Schutz durch Dokumentation und Überwa-chung der Datenbearbeitung als auch räumlichen Schutz durch räumliche Zutrittsbeschrän-kungen zu Datenverarbeitungsanlagen gewährleisten.610 Detaillierte Bestimmungen zu den technischen und organisatorischen Massnahmen werden in der Verordnung zum Bundesge-setz über den Datenschutz geregelt.611

6.2.7.3 Zusammenfassung und Folgerungen für die rechtliche Due Diligence

Aufgrund der oben dargestellten Anforderungen an das Bearbeiten von Kundendaten können zusammenfassend insbesondere die folgenden datenschutzrechtlichen Persönlich-keitsverletzungen durch Portale und virtuelle Marktplätze vorliegen:612

• Verstoss gegen Treu und Glauben ohne Rechtfertigungsgrund: Das Portal oder Marktplatz informiert nicht oder unrichtig über den Beschaffungs-zweck der Kundendaten. Im Bestellungsvorgang und bei der Registrierung werden beispielsweise vom Kunden die Eingabe von Daten wie Name, Adresse und Interes-sen verlangt. Der Kunde wird jedoch nicht informiert, für welchen Zweck, wie bei-spielsweise die Versendung eines Newsletters oder Werbung, die Daten verwendet werden. Eine solche Bearbeitung von Kundendaten verstösst gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und bildet eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung, soweit sie nicht durch ein überwiegendes Interesse des Portals oder Marktplatzes rechtfertigt werden kann.613 Beispielsweise stellt das Erstellen von Log-Büchern in anonymisierter Form keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung dar, da das In-teresse des Portals oder Marktplatzes zur Protokollierung der Zugriffe zum Zweck

609 DSG Art. 7 Abs. 1. 610 WEBER, 2001, 468. 611 VDSG Art. 8 ff. 612 SCHWEIZER, 1999, 178 f. 613 DSG Art. 4 Abs. 2 i.V.m. DSG Art. 12 Abs. 2 lit. a.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 202

der Systemkontrolle und Fehlerbehebung höher als der Wille der anonymisierten In-ternet-Nutzern zu bewerten ist.614

• Verstoss gegen die Verhältnismässigkeit ohne Rechtfertigungsgrund:

Das Portal oder Marktplatz sammelt viele verschiedene Kundendaten aus der Kun-denregistrierung und mit dem Einsatz von Cookies. Durch die Sammlung dieser Kundendaten können vollständige Kundenprofile erstellt werden, die Aufschluss ü-ber Name und Adresse des Kunden, dessen Interessen und Internet-Verhalten geben. Jedoch würde das Portal oder Marktplatz nur jene Kundendaten brauchen, die zur Abwicklung der Bezahldienste oder zur Personalisierung der Website notwendig sind. Eine solche über den Zweck hinausgehende Bearbeitung von Kundendaten, insbesondere durch den Einsatz von Cookies, verstösst gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und bildet eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung, so-weit der Kunde in diese Bearbeitung von Kundendaten nicht einwilligte.615

• Verstoss gegen die Zweckbindung der Kundendaten ohne Rechtfertigungsgrund:

Die gesammelten Kundendaten werden nach Erfüllung des Beschaffungszwecks, wie beispielsweise die Abwicklung der Bezahldienste oder der Personalisierung der Website, für weitere Zwecke wie Werbung genutzt, ohne dass der Kunde dafür ein-willigen konnte. Eine solche Nutzung der Kundendaten würde gegen den Grundsatz der Zweckbindung verstossen und bildet eine widerrechtliche Persönlichkeitsverlet-zung.616

• Ungenügender technischer und organisatorischer Schutz der Personendaten:

Eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung liegt dann vor, wenn das Portal oder der Marktplatz nicht über die notwendigen technischen, organisatorischen oder bau-lichen Massnahmen verfügt, welche den Schutz gegen eine unbefugte Nutzung der gesammelten Personendaten gewährleisten können.617

• Die Bekanntgabe von Persönlichkeitsprofile an Dritte:

Die durch die Kundenregistrierung, durch den Einsatz von Cookies und Data Mining erstellten Persönlichkeitsprofile der Kunden geben Aufschluss über deren Namen

614 ROSENTHAL, 1997, 233 f. 615 DSG Art. 4 Abs. 2 i.V.m. DSG Art. 12 Abs. 2 lit. a. 616 DSG Art. 4 Abs. 3 i.V.m. DSG Art. 12 Abs. 2 lit. a. 617 DSG Art. 7 Abs. 1 i.V.m. DSG Art. 12 Abs. 2 lit. a.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 203

und Adressen, Interessen, Bedürfnisse sowie über deren Kauf- und Internet-Verhalten. Falls diese für die Werbung wertvollen Persönlichkeitsprofile ohne Ein-willigung der Kunden an Dritte bekannt gegeben bzw. verkauft werden, liegt eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung vor.618

In der rechtlichen Due Diligence gilt es abzuklären, auf welche Weise das betreffende Portal oder Marktplatz Kundendaten sammelt und verwendet. Das Vorgehen von der Sammlung bis zur Löschung der Kundendaten ist daraufhin zu überprüfen, ob es daten-schutzrechtlich einwandfrei gestaltet ist. Spezielle Beachtung muss dabei dem Einsatz von Cookies und Data Mining-Anwendungen zur Sammlung von Kundendaten geschenkt werden. Des Weiteren muss analysiert werden, ob und wie transparent aus einer daten-schutzrechtlichen Sicht die Einwilligung der Kunden zur Sammlung und Verwendung der Kundendaten für einen bestimmten Beschaffungszweck eingeholt wird.619 Die entsprechen-de Einwilligungsklauseln und Datenschutzregelungen der Portale und Marktplätze sind auf ihre datenschutzrechtliche Vereinbarkeit zu überprüfen. Schliesslich ist zu untersuchen, wie die Kundendaten technisch und organisatorisch durch die Portale und Marktplätze gegen unbefugte Nutzung geschützt werden. Wird der Datenschutz bei der kommerziellen Kundengewinnung und -bindung zuwenig beachtet, besteht das Risiko, dass das betreffende Portal oder Marktplatz vom Eidg. Datenschutzbeauftragten620 oder von Konsumenten-schutzorganisationen gerügt wird, oder dass Kunden sogar gerichtlich gegen das Unterneh-men vorgehen. Dadurch würde ein grosser Imageverlust bei den Internet-Nutzern entstehen, welcher die heute nach wie vor vorherrschende Unsicherheit hinsichtlich der Verwendung von Kundendaten und des Schutzes der Privatsphäre verstärken würde. Eine Verurteilung im Rahmen eines Rechtsprozesses könnten ausserdem schmerzhafte Schadenersatzzahlun-gen zur Folge haben. Es ist daher Aufgabe der rechtlichen Due Diligence, diese daten-schutzrechtlichen Risiken im Gespräch mit dem Management der Zielgesellschaft zuhanden des Käufers einzuschätzen.

618 DSG Art. 12 Abs. 2 lit. c. 619 Vgl. beispielsweise die Datenschutzregelung von Yahoo! Deutschland unter http://privacy.yahoo.com/privacy/de/index.html. Die

Regelung gibt dem Kunden einen guten Überblick über den Beschaffungszweck der Daten sowie über den Einsatz von Cookies. Dagegen ist die Regelung nur über einen Link in den AGB abrufbar und könnte transparenter gestaltet werden.

620 Der Datenschutzbeauftragte klärt von sich aus oder auf Meldungen Dritter einen Sachverhalt näher ab, wenn insbesondere Bearbeitungsmethoden geeignet sind, die Persönlichkeit einer grösseren Anzahl von Personen zu verletzten. Aufgrund dieser Untersuchung kann er empfehlen, das Bearbeiten zu ändern oder zu unterlassen. Falls die Empfehlung nicht befolgt wird, kann er die Angelegenheit der Eidgenössischen Datenschutzkommission vorlegen. DSG Art. 29. In Fällen von allgemeinem Interesse kann der Datenschutzbeauftragte die Öffentlichkeit über seine Feststellungen und Empfehlungen informieren.

DSG Art. 30 Abs. 2.

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6. KAPITEL: DIE RECHTLICHE DUE DILIGENCE 204

6.2.8 Checkliste für die Analyse der datenschutzrechtlichen Risiken

Wie werden grundsätzlich Daten über die Kunden gesammelt und genutzt? Werden neben der Kundenregistrierung auch Logfiles, Cookies und Data Mining-

Anwendung eingesetzt, um die Kunden und deren Interessen und Internet-Verhalten zu analysieren?

Wie wird der Kunde über den Zweck der Sammlung und Verwendung seiner Daten informiert?

Wird der Kunde über den Einsatz und den gespeicherten Inhalt der Cookies infor-miert?

Ist die Information über die Verwendung von Kundendaten auf der Website leicht ersichtlich?

Für welchen Beschaffungszweck werden die Kundendaten gesammelt und verwen-det?

Wie erfolgt die Einwilligung des Kunden, dass seine Daten für diesen bestimmten Zweck genutzt werden? Ist die Einwilligungsklausel Bestandteil der AGB?

Werden nur Daten über die Kunden gesammelt, die in direktem Zusammenhang mit dem Beschaffungszweck stehen oder werden zusätzlich weitere Kundendaten bear-beitet?

Werden die Kundendaten, sobald der Beschaffungszweck erfüllt ist, gelöscht? Werden erstellte Kundenprofile an Dritte weitergegeben oder verkauft? Sind die Kundendaten angemessen technisch, organisatorisch und baulich gegen

unbefugte Verwendung geschützt? Gab es in der Vergangenheit Reklamationen oder sogar gerichtliche Auseinanderset-

zungen mit Internet-Nutzern in Bezug auf die Verwendung der Kundendaten? Ist die konkrete datenschutzrechtliche Bearbeitung der Kundendaten auch mit dem

Recht jener europäischer Staaten vereinbar, in denen ein wesentlicher Teil der Kun-den ihren Aufenthalt hat?

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 205

7 Die steuerliche Due Diligence Durch die steuerliche Due Diligence müssen grundsätzlich allfällig vorhandene steuerliche Risiken in Bezug auf die direkte Steuer (Besteuerung des Gewinns und des Kapitals), auf die Mehrwertsteuer oder bezüglich anderer Steuerarten erfasst werden, die zu einer späteren wesentlichen Steuernachzahlung bzw. Steuerverlusten führen können.621 Im Folgenden sollen insbesondere die steuerlichen Eigenheiten hinsichtlich der Gewinnbesteuerung und der Mehrwertsteuer von Portalen und virtuellen Marktplätzen aufgezeigt werden. Dabei wird von einem schweizerischen Unternehmen ausgegangen, dass im gesamten europäi-schen Raum tätig ist.

7.1 Steuerliche Risiken hinsichtlich der Gewinnsteuern Bei Portalen und virtuellen Marktplätzen können sich hinsichtlich der Gewinnsteuern insbesondere drei Bereiche spezifischer Risiken ergeben:

• Es stellt sich erstens die Frage, wo der Gewinn zu besteuern ist, wenn sich der Server nicht im gleichen Land wie der Unternehmenssitz des Portals oder Marktplatzes be-findet.

• Da viele Portale und virtuelle Marktplätze in den letzten Jahren häufig Verluste

auszuweisen hatten, ist es zweitens für den Käufer von grossem Interesse, ob er den Verlustvortrag der Zielgesellschaft übernehmen und ihn mit zukünftigen Gewinnen verrechnen kann.

• Letztlich gilt es in der steuerlichen Due Diligence zu erkennen, ob verdeckte geld-

werte Vorteile an nahestehende Personen oder Unternehmen geleistet wurden, die zu Steuernachzahlungen in Bezug auf die Gewinn- und Verrechnungssteuer führen kön-nen.

621 Vgl. 2.3.4.4 Die steuerliche Due Diligence.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 206

7.1.1 Der Server als Betriebsstätte? Grundsätzlich sind juristische Personen dort uneingeschränkt steuerpflichtig, wo sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung in der Schweiz befindet.622 Dadurch wird zur Bestimmung der steuerrechtlichen Zugehörigkeit primär auf den zivilrechtlichen bzw. statutarischen Sitz abgestellt. Ist der Sitz der Gesellschaft nur formeller Natur (sog. Briefkastendomizil), wird alternativ an den Ort angeknüpft, wo sich die tatsächliche Verwaltung befindet. Die tatsächliche Verwaltung befindet sich dort, wo die Fäden der Geschäftsführung zusammenlaufen und die wesentlichen Unternehmensentscheide gefällt werden.623 Auch im internationalen Kontext ist ein Unternehmen gemäss dem OECD-Musterabkommen624 in jenem Land steuerpflichtig, wo sich der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung befindet.625 Gemäss dem nationalen und internationalen Steuerrecht wird einem Land ein Besteuerungs-recht eingeräumt, wenn dort ein lokales Engagement mindestens in der Form einer Betriebsstätte besteht. Die Kriterien zur Beurteilung, ob eine Betriebsstätte vorliegt, sind im nationalen und internationalen Steuerrecht weitgehend übereinstimmend.626 Für die Portale und Marktplätze stellt sich die Frage, wo der Gewinn zu versteuern ist, wenn sich der Server in einem anderen Staat befindet, als die tatsächliche Geschäftsleitung ausgeübt wird. Dabei gilt es zu klären, ob der Server steuerrechtlich als Betriebsstätte qualifiziert werden kann. Damit eine Betriebsstätte gemäss Schweizerischem Steuerrecht und OECD-Musterabkommen vorliegt, muss es sich um eine feste Geschäftseinrichtung handeln, durch welche die Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise ausgeübt wird:627

• Der Server als feste Geschäftseinrichtung: Als feste Geschäftseinrichtungen gelten Räumlichkeiten, Einrichtungen, Anlagen o-der Ausrüstungen, die zur Ausübung der Geschäftstätigkeit benötigt werden. Fest ist

622 DBG Art. 50 i.V.m. DBG Art. 52 Abs. 1. 623 RICHNER et al., 2003, Art. 50 N. 3 ff. Für die Kriterien zur Feststellung eines bloss formellen Charakters des statutarischen

Sitzes vgl. RICHNER et al., 2003, Art. 50 N. 6. 624 Die meisten vom Bund abgeschlossenen Staatsverträge zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (sog. Doppelbesteuerungsab-

kommen – DBA) beruhen auf dem Musterabkommen der OECD, welche als Vorlage für Gestaltung der DBA dient, aber selber keinen Rechtsquellencharakter hat. Die DBA bilden Bundesrecht und gehen kantonalem Steuerrecht vor. HÖHN & WALDBUR-GER, 2000, 880.

625 OECD-MA Art. 4 Abs. 1 i.V.m. OECD-MA Art. 4 Abs. 3. 626 CADOSCH, 2001, 102. 627 OECD-MA Art. 5 Abs. 1; DBG Art. 4 Abs. 2; CADOSCH, 2001, 103.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 207

die Geschäftseinrichtung, wenn sie nicht nur vorübergehenden Charakter hat, son-dern von einer gewissen Dauer ist.628

Nach Auffassung der OECD gilt der Server grundsätzlich als eine Geschäftseinrich-tung. Dabei ist die Anwesenheit von Personal nicht für die Beurteilung als Betriebs-stätte ausschlaggebend. Auch vollautomatisierte Geschäftsabläufe können eine Be-triebsstätte begründen. Dagegen müssen am Ort der Betriebsstätte Aktiven der Un-ternehmung vorhanden sein, welche die Geschäftstätigkeit ermöglichen. Wird die Website durch Dritte in Form eines Web-Hostings auf dem Server des Dritten betrie-ben, kann dies nicht als Betriebsstätte betrachtet werden, da das Unternehmen nicht über den Web-Server verfügen bzw. tatsächlich benutzen kann. Dadurch wird die Möglichkeit der Bildung von virtuellen Betriebsstätten verhindert.629

• Die Ausübung der Geschäftstätigkeit:

Eine Betriebsstätte kann erst dann vorliegen, wenn das Unternehmen sie grundsätz-lich für ihre Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise benutzt. Dabei gelten nach dem OECD-Musterabkommen Geschäftseinrichtungen nicht als Betriebsstätten, wenn de-ren Tätigkeit vorbereitender Art ist oder eine Hilfstätigkeit darstellt.630 Ob der Server die Geschäftstätigkeit oder nur eine Hilfstätigkeit ausübt, ist in der Lehre sehr umstritten und im Einzelfall zu prüfen. Der OECD-Fiskalauschuss unter-scheidet grundsätzlich zwischen Offline-Leistungen und Online-Leistungen. Bei den Offline-Leistungen erfolgt zwar die Werbung, Präsentation und der Vertragsab-schluss über den Server, die Lieferung der physischen Waren wird jedoch durch die Post oder andere Kurierdienste ausgeführt. Dadurch wird die Tätigkeit des Servers als vertragsanbahnende Hilfsfunktion gewertet. In diesen Fällen wird der Server-Standort nicht als Betriebsstätte betrachtet. Bei den Online-Leistungen werden neben der Werbung und dem Vertragsabschluss auch die Lieferung der digitalen Produkte oder die Erbringung von Dienstleistungen sowie die Bezahlung per Kreditkarte über den Server durchgeführt. In diesen Fällen liegt gemäss dem OECD-Fiskalausschuss mehr als nur eine Hilfstätigkeit vor, sodass der Server-Standort als Betriebsstätte qualifiziert werden kann.631

628 CADOSCH, 2001, 103 f. 629 PFITZER & ORDEMANN, 2002, 129; ROBINSON & WEIGEND, 2001, 377. 630 OECD-MA Art. 5 Abs. 1 i.V.m. OECD-MA Art. 5 Abs. 4 lit. f. 631 KESSLER & PETER, 2002, 158; ROBINSON & WEIGEND, 2001, 377.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 208

Ein Teil der Lehre verlangt, dass der Server nur sehr restriktiv als Betriebsstätte qualifiziert werden darf. Die Vertreter dieser Lehre verlangen, dass neben der Erfüllung der oben genannten Voraussetzungen auch Personal am Server-Standort beschäftigt sein muss, welches Einfluss auf den Server nehmen kann. Dabei wird insbesondere der Umstand als stossend empfunden, dass durch eine weite Auslegung des Begriffs der Betriebsstätte den Unternehmen die Möglichkeit gegeben wird, Gewinne des Server-Standortes im Land ihrer Wahl zu versteuern.632 Die momentane Praxis der schweizerischen Steuerbehörden zum Betriebsstättenbegriff sieht keine Besteuerung von Einnahmen ausländischer Gesellschaften vor, die ihren Server in der Schweiz betreiben. Andererseits muss die Schweiz auch nicht auf die Besteuerung von Einnahmen verzichten, die von schweizerischen Unternehmen mit im Ausland gelegenen Servern erzielt wurden. Es gilt jedoch festzuhalten, dass nach wie vor in der Praxis keine Rechtssicherheit hinsichtlich des Server-Standortes als Betriebsstätte besteht.633 Neben der eher theoretischen Qualifizierung von Servern als Betriebsstätten, gilt es ebenfalls zu bedenken, dass es sich aus praktischer Sicht international und interkantonal als sehr schwierig erweisen dürfte, die Gewinnabgrenzung vorzunehmen bzw. die Gewinne einem Server zuzuordnen.634 Im Rahmen der steuerlichen Due Diligence gilt zu überprüfen, ob sich ein Server mit Infrastruktur und allfälligem Personal in einem anderen Kanton oder Land befindet, und ob dieser Server steuerrechtlich als Betriebsstätte qualifiziert werden könnte. Obwohl die Praxis der Steuerbehörden momentan den Begriff der Betriebsstätte bezüglich Server sehr restriktiv auslegt, ist trotzdem zu überprüfen, ob ein Risiko darin bestehen kann, dass der Server durch die Steuerbehörde zukünftig als Betriebsstätte eingeschätzt werden kann und dadurch das Unternehmen von nachteiligen steuerlichen Auswirkungen betroffen wird. 7.1.2 Der Verlustvortrag Gemäss schweizerischem Steuerrecht können Verluste aus sieben der Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren vom Reingewinn der Steuerperiode abgezogen werden,

632 CADOSCH, 2001, 136 ff.; WEBER, 2001, 562. 633 CADOSCH, 2001, 136; WEBER, 2001, 563. 634 INTERVIEW mit J. Altorfer, Kantonales Steueramt Zürich; CADOSCH, 2001, 138.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 209

soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinns dieser Jahre nicht schon berücksichtigt werden konnten.635 Die Summe der verrechenbaren Vorjahresverluste der vorgegangen sieben Jahre bildet den so genannten (ordentlichen) Verlustvortrag, der mit den zukünftigen steuerbaren Reinge-winnen verrechnet werden kann. Dabei werden die Verluste in der Reihenfolge ihrer Entstehung mit dem steuerbaren Gewinn verrechnet. Die Verluste müssen aber stets im nächstmöglichen Jahr mit dem Gewinn verrechnet werden. Es ist ausgeschlossen, einen Verlust zunächst nicht geltend zu machen und dann später nach Belieben zu verrechnen.636 Für den Käufer einer Zielgesellschaft, die über die vergangenen Jahre Verluste ausweisen musste, stellt sich die Frage, ob der Verlustvortrag für die Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen nach der Übernahme für das neue Unternehmen genutzt werden kann. Obwohl das Steuergesetz keine explizite Regelung enthält, inwiefern Verlustvorträge bei Unterneh-mensumstrukturierungen übertragen werden können, wird von der Lehre und der Verwal-tungspraxis grundsätzlich die Meinung vertreten, dass nicht nur die stillen Reserven, sondern auch die Verlustvorträge auf die überlebende Gesellschaft übergehen. Zugrunde liegt der Gedanke, dass die integrierte Gesellschaft in der übernehmenden weiterlebt. Wird dagegen die Zielgesellschaft nach der Übernahme als selbständige Tochtergesellschaft weitergeführt, kann der Verlustvortrag gemäss dem schweizerischen Steuerrecht nur in dieser Tochtergesellschaft mit allfälligen Gewinnen verrechnet und nicht für andere Betriebe des Konzerns genutzt werden.637 Ausgeschlossen ist dagegen die Übertragung der Verlustvorträge bei einem Mantelhandel638 oder im Fall von Steuerumgehung. Von der vorherrschenden Verwaltungspraxis wird insbesondere dann eine Steuerumgehung angenommen, wenn der Verlustbetrieb kurz nach der Fusion liquidiert wird.639 In der Praxis wird jeweils durch den Käufer vor der Übernahme der Zielgesellschaft mit den Steuerbehörden im Rahmen von so genannten Rulings (oder sog. Vorbescheid der Steuer-behörden)640 die Übertragung des Verlustvortrages verbindlich festgelegt. Der Käufer muss dabei den Steuerbehörden darlegen, dass er den integrierten Betrieb, inklusive den

635 DBG Art. 67 Abs. 1. 636 BRÜLISAUER, 2000, 844. 637 KURZ, 2001, 858; SPORI, 1993, 313. 638 Ein Mantelhandel liegt dann vor, wenn eine Gesellschaft den Betrieb liquidiert und die Beteiligungsrechte an Dritte verkauft,

anstatt dass eine formelle Liquidation durchgeführt wird. KURZ, 2001, 858. 639 RICHNER et al., 2003, Art. 67 N. 7; KURZ, 2001, 858; HÖHN & WALDBURGER, 2002, 544. 640 Zur rechtlichen Natur des Tax-Rulings bzw. des Vorbescheids der Steuerbehörden vgl. HÖHN & WALDBURGER, 2001, 933 f.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 210

Verträgen und Mitarbeitern, über einen gewissen Zeitraum weiterführt. Akzeptiert die Steuerbehörde die Vorgehensweise des Käufers und wird sie vom Käufer eingehalten, kann der Verlustvortrag zur Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen auf das neue Unternehmen übertragen werden.641 Durch die steuerliche Due Diligence ist im Einzelfall abzuklären, wie hoch der Bestand des Verlustvortrages des zu übernehmenden Portals oder Marktplatzes ist, der nach der Übernahme genutzt werden kann. Dabei wird die Höhe des von der Zielgesellschaft ausgewiesenen Verlustvortrages dadurch verifiziert, dass die handelsrechtlichen mit den steuerlichen Abschlüssen abgeglichen und allfällige Differenzen aufgrund von steuerlichen Korrekturen analysiert werden. Letztlich besteht jedoch eine grosse Unsicherheit, in welcher Höhe der errechnete Verlustvortrag zukünftig durch die übernommene Tochtergesellschaft oder durch die Käufergesellschaft, falls die Zielgesellschaft integriert wurde, mit zukünfti-gen Gewinnen verrechnet werden kann, oder ob der Verlustvortrag oder Teile davon verfallen.642 Je nach der konkreten Einschätzung der zukünftigen Gewinnsituation kann sich der Käufer entscheiden, beispielsweise 40% des Tax Assets (steuerliche Forderung)643 aufgrund des Verlustvortrages zu bezahlen. Falls es absehbar ist, dass die Tochtergesellschaft auch in naher Zukunft keinen Gewinn erwirtschaftet, wird der Käufer kaum bereit sein, dem Tax Assets aufgrund des Verlustvortrages einen Wert beizumessen. Die steuerliche Due Diligence unterstützt den Käufer bei der Bewertung des Verlustvortrages und versucht das Risiko möglichst zu vermindern, dass der Käufer für einen Verlustvortrag bezahlt, der in der Höhe der Bezahlung nicht genutzt werden kann. 7.1.3 Die verdeckten geldwerten Vorteile Aufgrund der gesetzlich verankerten wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Kapitalgesell-schaft und Anteilsinhabern werden geldwerte Vorteile in jenen Fällen durch die Steuerbe-hörde korrigiert, in denen sie nicht aus den versteuerten offenen Reserven, sondern in verdeckter Form geleistet werden. Als geldwerte Vorteile gelten die verdeckten Gewinnaus-schüttungen und die Gewinnvorwegnahmen. Bei den verdeckten Gewinnausschüttungen

641 INTERVIEW mit R. Heuberger, Homburger. 642 INTERVIEW mit R. Heuberger, Homburger. 643 In diesem Kontext wird unter Tax Asset bzw. steuerliche Forderung der Wert des Steuereffekts aufgrund der gegenwärtigen oder

zukünftigen Steuersätze verstanden (in der Schweiz in der Regel 25% des Verlustvortrages). TANSKI, 2002, 113.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 211

wird die Aufwandseite in unzulässiger Weise belastet. Diese Belastung wird gewinnsteuer-lich durch die Steuerbehörde korrigiert. Bei den Gewinnvorwegnahmen werden der Gesellschaft Vermögenszugänge und Erträge vorenthalten, die gewinnsteuerlich durch die Steuerbehörde korrigiert werden bzw. der Erfolgsrechnung gutgeschrieben werden.644 Bei den Portalen und virtuellen Marktplätzen besteht neben anderen möglichen Arten von verdeckten geldwerten Vorteilen insbesondere das Risiko, dass in Bezug auf gewährte Darlehen oder erhaltene Darlehen gegenüber nahestehenden Personen, wie beispielsweise den Gründern, geldwerte Vorteile geleistet werden, die zu steuerlichen Nachzahlungen in Bezug auf die Gewinn- und Verrechnungssteuer führen können.645 Die geldwerten Vorteile können sich einerseits durch die Bezahlung von zu hohen Zinsen auf ein Darlehen von einem Anteilsinhaber oder nahestehenden Dritten (verdeckte Gewinnausschüttung) ergeben. Andererseits wäre ebenfalls die Bezahlung von zu tiefen Zinsen auf ein an einen Anteilsin-haber oder nahestehenden Dritten gewährtes Darlehen als geldwerter Vorteil bzw. als Gewinnvorwegnahme zu betrachten. Als Referenzzinssatz zur Beurteilung, ob verdeckte geldwerte Vorteile durch die Zielgesell-schaft geleistet wurden, dient grundsätzlich der Marktzinssatz, der durch die Eidgenössische Steuerwaltung für die Berechnung der geldwerten Leistungen standardisiert wird. So hat die Eigenössische Steuerverwaltung für das Jahr 2004 beispielsweise für gewährte Darlehen einen Mindestzinssatz von 2.5% festgelegt, falls das Darlehen aus Eigenkapital finanziert wird.646 Dagegen gilt der Höchstzinssatz von 4.5% für ein erhaltenes Darlehen (Betriebs-kredit).647 Die Differenz zwischen den Zinsen aufgrund des Mindestzinssatzes und den erhaltenen Zinsen bzw. die Differenz zwischen den gezahlten Zinsen und den Zinsen aufgrund des Höchstzinssatzes wird der Erfolgsrechnung hinsichtlich der Gewinnsteuer durch die Steuerbehörden gutgeschrieben. Verdeckte Gewinnausschüttungen können sich auch beispielsweise dadurch ergeben, dass Lebenshaltungskosten eines Aktionärs wie private Reisen oder Kleider, Prämien für eine private Lebensversicherung oder private Autokosten, soweit sie nicht zur Berufsausübung notwendig sind, der Gesellschaft belastet wurden. Diese übermässigen Belastungen würden

644 HÖHN & WALDBURGER, 2001, 436 f. 645 Vgl. 5.3.1.5.2 Die Darlehensguthaben. 646 Falls das Darlehen aus Fremdkapital finanziert wurde, gilt ein Mindestzinssatz von 3% (bis CHF 10 Mio.) bzw. 2.75% (über CHF

10 Mio.) für das Jahr 2004. ESTV, 2004, 1. 647 ESTV, 2004, 1 f.; HÖHN & WALDBURGER, 2001, 458.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 212

ebenfalls gewinnsteuerlich durch die Steuerbehörde der Erfolgsrechnung wieder gutge-schrieben.648 Bei der steuerlichen Due Diligence gilt es insbesondere bei kleineren Gesellschaften von Portalen und virtuellen Marktplätzen, bei denen einzelne Gründer oder Aktionäre einen grossen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben, den Transaktionen mit nahestehenden Personen und Gesellschaften spezielle Beachtung zu schenken. Wie bei der finanziellen Due Diligence aufgezeigt wurde, bestehen einerseits oft Darlehensguthaben gegenüber Gründern oder Aktionären. Andererseits werden von Aktionären teilweise Darlehen zur Verfügung gestellt, da der Zugang zu Fremdkapital für kleinere Portale und Marktplätze sehr erschwert ist. Sowohl die Darlehensguthaben als auch erhaltene Darlehen sind im Rahmen der steuerlichen Due Diligence sorgfältig auf zwei steuerliche Risikobereiche zu analysieren:

• Zinssatz des Darlehens: Die vereinbarten Zinssätze sind mit den Marktzinssätzen gemäss der Eidgenössi-schen Steuerverwaltung zu vergleichen, um das Risiko abzuschätzen, dass aufgrund von verdeckten geldwerten Vorteilen zukünftige Steuernachzahlungen in Bezug auf die Gewinn- und Verrechnungssteuer anfallen können.

• Verdecktes Eigenkapital: Unter verdecktem Eigenkapital wird erhaltenes formelles Fremdkapital von Aktionä-ren oder nahestehenden Personen verstanden, dem wirtschaftlich jedoch die Bedeu-tung von Eigenkapital zukommt. Die wirtschaftliche Bedeutung von Eigenkapital ist dann gegeben, wenn eine Gesellschaft im Verhältnis zu ihren Aktiven mit unange-messen niedrigem Eigenkapital ausgestattet ist und das fehlende Eigenkapital durch Darlehen von nahestehenden Personen ergänzt wird. Steuerlich wird dieses Fremd-kapital von nahestehenden Personen als Eigenkapital behandelt, wodurch die ent-sprechenden Schuldzinsen steuerlich nicht als abzugsfähiger Aufwand anerkannt werden.649 Die Berechnung des steuerlich zulässigen Fremdkapitals wurde durch das Kreisschreiben Nr. 6 der Eidgenössischen Steuerverwaltung festgelegt.650 Da die Por-tale und virtuellen Marktplätze meistens hohe Eigenkapitalquoten aufweisen, dürften hinsichtlich verdecktem Eigenkapital keine erheblichen steuerlichen Risiken auftre-ten.

648 RICHNER et al., 2003, Art. 58 N. 108 ff. 649 RICHNER et al., 2003, Art. 65 N. 1 ff. 650 Vgl. ESTV, 1997, 1 ff.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 213

Neben den Darlehen sind bei der steuerlichen Due Diligence auch allfällige weitere Beziehungen mit Aktionären zu analysieren, insbesondere ob private Kosten der Aktionäre der Zielgesellschaft belastet wurden, die zu Steuernachzahlungen hinsichtlich der Gewinn- und Verrechnungssteuer führen könnten. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es Aufgabe der steuerlichen Due Diligence ist, mögliche verdeckte geldwerte Vorteile, die an nahestehende Personen oder Unternehmen geleistet wurden, zu erkennen und das Risiko abzuschätzen, dass aufgrund dieser verdeckten geldwerten Vorteile gewinnsteuerliche und verrechnungssteuerliche Nachzahlungen geleistet werden müssen. Da die geldwerten Vorteile bereits an die entsprechenden nahestehenden Personen geleistet wurden, können sie nicht mehr um die Verrechnungssteuer gekürzt werden. Das bedeutet, dass für die Verrechnungssteuer der Wert der erbrachten Leistung (65% der steuerbaren Leistung) ins Hundert hochgerechnet werden muss. Von dieser hochgerechneten steuerbaren Leistung sind 35% bzw. letztlich 53.8% der effektiv erbrachten Leistung als Verrechnungssteuer geschuldet.651 Die geldwer-ten Vorteile können demzufolge zu erheblichen verrechnungssteuerlichen Nachzahlungen führen und bilden darum meistens einen Schwerpunkt jeder steuerlichen Due Diligence.

7.2 Checkliste für die Analyse der gewinnsteuerlichen Risiken Hinsichtlich des Server-Standorts:

Befindet sich der Server des Portals oder Marktplatzes nicht im gleichen Land oder Kanton wie der Sitz der Gesellschaft oder der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung?

Verfügt die Gesellschaft am Server-Standort über feste Geschäftseinrichtungen wie Räumlichkeiten, Anlagen, Ausrüstungen und Personal?

Kann die Geschäftstätigkeit, die durch den Server erbracht wird, als Kern-Geschäftstätigkeit des Portals oder Marktplatzes betrachtet werden oder handelt es sich nur um eine Hilfstätigkeit? Werden die Werbung, die Lieferung der digitalen Produkte, die Erbringung von Dienstleistungen sowie die Bezahlung durch den Kun-den über den Server erbracht, sodass demzufolge die Tätigkeit des Servers als Kern-Geschäftstätigkeit betrachtet werden kann?

Wie wird die zukünftige Entwicklung der Praxis der betreffenden Steuerbehörden hinsichtlich der Qualifizierung des Servers als Betriebsstätte eingeschätzt?

651 HÖHN & WALDBURGER, 2001, 539 f.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 214

Falls der Server als Betriebsstätte durch die Steuerbehörde qualifiziert würde, wären nachteilige steuerliche Auswirkungen zu erwarten?

Hinsichtlich des Verlustvortrages:

Wie hoch ist der ordentliche Verlustvortrag der Zielgesellschaft? Wurde der Verlustvortrag anhand der handelsrechtlich und steuerlichen Abschlüsse

verifiziert? Kann der Verlustvortrag durch den Käufer, falls die Zielgesellschaft integriert wird,

oder durch die Zielgesellschaft selbst, falls sie als Tochtergesellschaft weitergeführt wird, übernommen werden?

Besteht das Risiko, dass die Verlustvorträge verfallen, weil eine allfällig geplante Restrukturierung oder Liquidation der Zielgesellschaft von den Steuerbehörden als Steuerumgehung beurteilt wird?

Wurde die Übernahme der Verlustvorträge und deren Bedingungen in Rulings mit den Steuerbehörden verbindlich festgelegt?

Wie hoch wird der realisierbare Wert des Verlustvortrages bzw. des Tax Assets anhand der Einschätzung der zukünftigen Gewinnsituation bewertet? Kann diese Bewertung als angemessen beurteilt werden?

Hinsichtlich der verdeckten geldwerten Leistungen:

Wurden Transaktionen mit nahestehenden Personen oder Unternehmen durchgeführt, die einem Fremdvergleich nicht standhalten würden?

Bestehen Darlehensguthaben gegenüber Aktionären, anderen nahestehenden Perso-nen oder Unternehmen? Liegt der Zinssatz dieser Darlehen unter dem Marktzinssatz (2.5% – 3% gemäss ESTV), sodass das Risiko besteht, dass die Differenz zu den Marktzinsen als Gewinnvorwegnahme durch die Steuerbehörden beurteilt werden könnte?

Wurden der Zielgesellschaft Darlehen von Aktionären, anderen nahestehenden Personen oder Unternehmen gewährt? Liegt der zu bezahlende Zinssatz über dem Marktzinssatz (4.5% gemäss ESTV), sodass das Risiko besteht, dass die Differenz zu den Marktzinsen als verdeckte Gewinnausschüttung durch die Steuerbehörden beur-teilt werden könnte?

Besteht das Risiko, dass Darlehen von Aktionären, von nahestehenden Personen oder Unternehmen als verdecktes Eigenkapital durch die Steuerbehörden beurteilt werden könnten?

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 215

Wurden private Kosten von Aktionären der Gesellschaft belastet, die als verdeckte Gewinnausschüttung betrachtet werden können?

Wie hoch werden die gewinnsteuerlichen Nachzahlungen in Bezug auf die verdeck-ten geldwerten Leistungen eingeschätzt?

Wie hoch werden die verrechnungssteuerlichen Nachzahlungen in Bezug auf die verdeckten geldwerten Leistungen eingeschätzt?

7.3 Steuerliche Risiken hinsichtlich der Mehrwertsteuer Die schweizerische Mehrwertsteuer ist eine so genannte Netto-Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug (Mehrwertsteuer) und hat den Rechtscharakter einer allgemeinen Verbrauchssteuer. Der Vorsteuerabzug führt dazu, dass nur der Nettoumsatz bzw. der beim einzelnen Steuerpflichtigen realisierte Mehrwert besteuert wird.652 Das Steuergut der Mehrwertsteuer bildet der Verbrauch bzw. die Einkommensverwendung des Endverbrau-chers. Aus praktischen Gründen kann die Mehrwertsteuer nicht beim Endverbraucher erhoben werden, sondern wird auf der Grundlage der erzielten Umsätze der steuerpflichti-gen Unternehmen erfasst. Die Unternehmen müssen die aufgrund ihrer steuerbaren Umsätze berechnete Mehrwertsteuer dem Fiskus abliefern, können aber die Mehrwertsteuer auf die Verbraucher überwälzen.653 Für die Portale und virtuellen Marktplätze, die digitale Produkte und Dienstleistungen an Kunden in Europa verkaufen, stellt sich die mehrwertsteuerlich wichtige Frage, in welchem Land die Mehrwertsteuer zu bezahlen, und in welchem Land der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Die mehrwertsteuerliche Situation kann sich noch komplexer gestalten, wenn der Server in einem anderen Land liegt als jener Staat, in dem das Portal oder Marktplatz den Unternehmenssitz hat. Die mehrwertsteuerliche Seite der Geschäftstä-tigkeit von Portalen und virtuellen Marktplätzen und die dabei zu beachtenden Risiken sollen im Folgenden detailliert aufgezeigt werden. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf Portale oder Marktplätze, die ihren Unternehmenssitz in der Schweiz haben und die digitalen Produkte und Dienstleistungen an inländische und ausländische Kunden in Europa verkaufen.

652 CAMENZIND & HONAUER, 1995, 23. 653 MWStG Art. 1 Abs. 1; CAMENZIND et al., 2000, 10.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 216

7.3.1 Grundlagen Als Steuerobjekt unterliegen der Mehrwertsteuer die im Inland erzielten Umsätze der steuerpflichtigen Personen, sofern sie nicht ausdrücklich durch das Gesetz von der Steuer (MWStG Art. 18) ausgenommen wurden. Es handelt sich hierbei um die im Inland gegen Entgelt erbrachte Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, Eigenverbrauch im Inland sowie der Bezug von Dienstleistungen gegen Entgelt von Unternehmen mit Sitz im Ausland.654 Als Steuerobjekt gilt ausserdem die Einfuhr von Gegenständen.655 Gemäss MWStG Art. 18 werden aus sozialpolitischen Gründen gewisse Tatbestände von der Mehrwertsteuer ausgenommen. Bei den ausgenommen Umsätzen können grundsätzlich die bezahlten Mehrwertsteuern von Gütern und Dienstleistungen, die zur Erzielung des entsprechenden Umsatzes verwendet wurden, nicht als Vorsteuer abgezogen werden. Die Option für die Versteuerung von ausgenommen Umsätzen gemäss MWStG Art. 26 bleibt vorbehalten.656 Da bei den ausgenommen Umsätzen kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann, handelt es sich hierbei um so genannte unechte Steuerbefreiungen.657 Dagegen sind Umsätze im Zusammenhang mit Ausfuhren von Gegenständen gemäss MWStG Art. 19 von der Mehrwertsteuer befreit. Die bezahlten Mehrwertsteuern auf den Gütern und Dienstleistungen, welche für die Erzielung des befreiten Umsatzes benötigt wurden, können jedoch als Vorsteuer abgezogen werden.658 Diese steuerbefreiten Umsätze werden daher als echte Steuerbefreiungen bezeichnet. Der Grund der Steuerbefreiung liegt im so genannten Bestimmungslandprinzip, das sicherstellen soll, dass der Endverbraucher mit der gleichen Steuer belastet wird, unabhängig davon, aus welchem Land die Lieferung oder Dienstleistung stammt. Um das Bestimmungslandprinzip einzuhalten, müssen demzufolge die Exporte echt befreit und die Importe belastet werden.659 Als Steuersubjekt ist grundsätzlich steuerpflichtig, wer eine mit der Erzielung von Einnah-men verbundene gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, sofern seine Leistungen, seine Dienstleistungen und sein Eigenverbrauch im Inland jährlich gesamthaft

654 MWStG Art. 5. 655 MWStG Art. 73. 656 MWStG Art. 17. Die Option zur freiwilligen Versteuerung kann auf ein schriftliches Gesuch durch die ESTV bewilligt werden.

Sie dient der Wahrung der Wettbewerbsneutralität oder der Vereinfachung der Steuererhebung. ESTV, 2000, 17. 657 CAMENZIND et al., 2000, 31. 658 MWStG Art. 19 Abs. 1. 659 CAMENZIND et al., 2000, 17.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 217

CHF 75'000 übersteigen.660 Ausserdem ist steuerpflichtig, wer im Inland Wohnsitz, Geschäftssitz oder eine Betriebsstätte hat und in einem Kalenderjahr für mehr als CHF 10'000 steuerbare Dienstleistungen von Unternehmen mit Sitz im Ausland bezieht. Sofern der Bezüger der Dienstleistungen nicht bereits aufgrund seiner Umsätze steuerpflichtig ist, beschränkt sich die Steuerpflicht auf die bezogenen Dienstleistungen.661 Die Dienstleistun-gen können beispielsweise Leistungen auf dem Gebiet der Werbung, Dienstleistungen von Beratern und Anwälten, die Überlassung von Informationen oder den Bezug von Daten oder Computerprogrammen über eine Fernleitung umfassen.662 Dies bildet eine wichtige Ausnahme vom grundsätzlichen Prinzip, dass die Mehrwertsteuer beim Leistungserbringer erhoben wird, ist jedoch notwendig, um inländische Erbringer von Dienstleistungen gegenüber den ausländischen Anbietern nicht zu benachteiligen.663 Durch die Bestimmung des Ortes des steuerbaren Umsatzes wird zugleich festgelegt, ob die schweizerische Mehrwertsteuer geschuldet ist, oder ob ein Auslandumsatz vorliegt, der nicht der schweizerischen Mehrwertsteuer unterworfen ist.664 Bei der Lieferung von Gegenständen gilt eine Lieferung an jenem Ort als ausgeführt, wo sich der Gegenstand im Zeitpunkt der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht befindet (sog. Abhollie-ferung). Wird der Liefergegenstand vom Lieferanten selbst oder von einem von ihm beauftragen Dritten befördert oder versandt, gilt jener Ort als Lieferungsort, wo die Beförderung bzw. der Versand zum Abnehmer beginnt (sog. Beförderungs- oder Versen-dungslieferungen).665 Die Grundregel für die Bestimmung des Dienstleistungsorts besagt, dass eine Dienstleistung grundsätzlich an jenem Ort als erbracht gilt, an dem die dienstleistende Person oder die Unternehmung ihren Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebstätte besitzt (sog. Erbringerortsprinzip). Besitzt die dienstleistende Person keinen Sitz oder Betriebsstätte, so gilt die Dienstleistung am Wohnort des Dienstleistenden oder am Ort, von wo aus der Dienstleistende tätig wird, als ausgeführt.666 Für verschiedene Arten von Dienstleistungen sind jedoch Ausnahmebestimmungen vorbehalten. So gelten beispielsweise Dienstleistun-gen im Zusammenhang mit dem Abtreten oder Einräumen von Immaterialgüter- und

660 MWStG Art. 21. 661 MWStG Art. 24; ESTV, 2000, 14. 662 MWStG Art. 24 i.V.m. MWStG Art. 14 Abs. 3; ESTV, 2000, 14. 663 CADOSCH, 2001, 185. 664 CADOSCH, 2001, 188. 665 MWStG, Art. 13; CAMENZIND et al., 2000, 146 f.; BÜHLER et al., 2001, 10. 666 MWStG Art. 14 Abs. 1; CAMENZIND et al., 2000, 155.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 218

ähnlichen Rechten wie Markenrechte, Softwareleistungen, Datenverarbeitungsleistungen, Betrieb von Datenbanken, Beratungsleistungen und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Werbung sowie Telekommunikationsdienstleistungen an jenem Ort als ausgeführt, wo der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder die entsprechende Betriebs-stätte hat (sog. Empfängerortsprinzip).667 7.3.2 Der Leistungs- und Besteuerungsort bei den Leistungen der Portale und

virtuellen Marktplätze

7.3.2.1 Die mehrwertsteuerliche Qualifizierung der Bezahldienste

Die Bezahldienste von Portalen und virtuellen Marktplätzen umfassen hauptsächlich den Verkauf von digitalen Inhalten wie Texte, Bilder oder Multimedia-Animationen sowie Dienstleistungen wie E-Mail- und SMS-Services, Bereitstellung und Aufbereitung von Daten wie Statistiken, Preisvergleiche oder Detailinformationen zu Produkten. Aus der mehrwertsteuerlichen Sicht stellt sich vorab die Frage, wie diese Bezahldienste mehrwert-steuerlich zu qualifizieren sind. Grundsätzlich gilt jede Leistung als Dienstleistung, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist. Die Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) behandelt jedoch geistige Leistungen auf Trägern wie Papier oder Diskette und geistige Leistungen in digitaler Form, die über eine Datenfernleitung übermittelt werden, uneinheitlich.668 Geistige Leistungen in Form eines Manuskripts669 oder einer Urkunde werden generell als Dienstleistungen qualifiziert (mit der Ausnahme von Gegenständen mit Sammelwert). Dabei spielt es keine Rolle, ob diese geistigen Leistungen auf einem Datenträger oder über eine Datenfernleitung übertragen werden. Werden dagegen geistige Leistungen in Form von Büchern, Software, graphischen Leistungen, Musik und Spielfilmen auf einem Träger wie CD, Diskette oder Papier übermittelt, liegt eine Lieferung vor. Findet jedoch die Lieferung in digitaler Form über eine Datenfernleitung statt, werden sie mehrwertsteuerlich als Dienstleistung qualifi-ziert.670 667 MWStG Art. 14 Abs. 3; ESTV, 2000, 26 ff. 668 MWStG Art. 7 Abs. 1; ESTV, 2000, 23; CADOSCH, 2001, 204. 669 Manuskripte werden als handschriftliche oder maschinell geschriebene Vorlagen für die Vervielfältigung definiert, die nur für

einen begrenzten Leserkreis bestimmt sind. ESTV, 2001b, 11. 670 CADOSCH, 2001, 204 ff.; ESTV, 2001b, 15 ff.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 219

Diese Praxis der ESTV ist teilweise in der Lehre umstritten, da kaum verstanden wird, warum beispielsweise ein Buch, das auf einer Diskette gespeichert wird, mehrwertsteuerlich als Lieferung behandelt wird, der Download eines Buches über das Internet dagegen als Dienstleistung gilt. Der Verkauf von digitalen Texten, Bildern, Musik, Filmen und Multimedia-Animationen bei Portalen und virtuellen Marktplätzen über das Internet kann demzufolge mehrwertsteu-erlich als Dienstleistung qualifiziert werden. Andere Bezahldienste über das Internet wie beispielsweise die Bereitstellung von E-Mail oder SMS-Services, Datenverarbeitung und den Betrieb von Datenbanken sowie kostenpflichtige Online-Recherchen und News-Dienste gelten ebenfalls als Dienstleistungen, sofern kein Gegenstand abgeliefert wird.671

7.3.2.2 Der Leistungs- und Besteuerungsort bei den Bezahldiensten

Die entgeltlichen Dienstleistungen von Portalen und virtuellen Marktplätzen in Form von digitalen Texten, Büchern, Musik, Filmen oder Multimedia-Animationen, die über das Internet den Kunden zum Download bereitgestellt werden, sowie die Bereitstellung von E-Mail und SMS-Services, Datenverarbeitung und den Betrieb von Datenbanken können mehrwertsteuerlich den Dienstleistungen der Datenverarbeitung, Überlassung von Informationen und ähnlichen Dienstleistungen oder den Telekommunikationsdienstleistun-gen zugeordnet werden.672 Für beide Dienstleistungsarten gilt gemäss Mehrwertsteuergesetz das Empfängerortsprinzip. Die Dienstleistungen gelten somit an jenem Ort als erbracht, wo der Empfänger ansässig ist, weil der Ort des Verbrauchs im Normalfall mit dem Empfängerort zusammenfällt.673 Dabei ist nicht relevant, wo die Nutzung der Bezahldienste stattfindet. Nutzt der Empfänger die Bezahldienste (beispielsweise der Download von kostenpflichtigen News) während einer Reise, ändert dabei der Leistungsort nicht. Ausserdem ist ebenfalls irrelevant, wo der Server

671 MWStG Art. 14 Abs. 3 lit. d; ESTV, 2000, 26. 672 MWStG Art. 14 Abs. 3 lit. d; MWStG Art. 14 Abs. 3 lit. e; MWStGV Art. 1 Abs. 1; CAMENZIND et al., 2000, 183. Aufgrund

der weiten Definition der Telekommunikationsdienstleistungen gemäss MWStGV Art. 1 Abs. 1 können die digitalen Produkte teilweise sowohl als Telekommunikationsdienstleistungen wie auch als Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Überlassung von Informationen qualifiziert werden. Letztlich ist jedoch diese Unterscheidung nicht von grosser Relevanz, da für beide Dienstleistungsarten gemäss MWStG Art. 14 Abs. 3 das Empfängerortsprinzip gilt.

673 MWStG Art. 14 Abs. 3; CAMENZIND et al., 2000, 178.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 220

des Anbieters steht. Die steuerliche Anknüpfung erfolgt nur an jenem Ort, wo der Empfän-ger der Dienstleistung ansässig ist.674 Befindet sich der Empfänger der Dienstleistung bzw. der Nutzer des Bezahldienstes im Ausland gilt der Ansässigkeitsstaat des Nutzers als Leistungsort. Da der Leistungsort der Dienstleistung den Steuerbarkeitsort bestimmt und damit auch das anwendbare Mehr-wertsteuerrecht, müssen die Dienstleistungen in Form der Bezahldienste nach dem Mehrwertsteuerrecht des Ansässigkeitsstaates beurteilt werden und sind somit von der schweizerischen Mehrwertsteuer befreit.675 Andererseits kann aber nach wie vor der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Gegenstände und Dienstleistungen, welche zur Erzielung dieses Umsatzes benötigt wurden, durch den Dienstleister geltend gemacht werden, da der Umsatz steuerbar wäre, wenn er im Inland getätigt worden wäre.676 Der Umsatz aus Bezahldiensten mit inländischen Internet-Nutzern unterliegt dagegen der schweizerischen Mehrwertsteuer. Die bezahlten Vorsteuern für Gegenstände und Dienstleis-tungen, die zur Erzielung des Umsatzes benötigt wurden, können abgezogen werden.677 Der Einkauf von digitalen Produkten wie digitale Texte, News, Filme oder Animationen durch Portale und virtuelle Marktplätze sind als Dienstleistungen analog am Sitz des Portals bzw. Marktplatzes in der Schweiz der schweizerischen Mehrwertsteuer unterworfen (Empfängerortsprinzip). Befinden sich die entsprechenden Inhalts-Partner im Ausland und haben keine Betriebsstätte im Inland, sind die gesamten eingekauften Dienstleistungen trotzdem zu versteuern, sofern der Wert der eingekauften Dienstleistungen CHF 10'000 pro Kalenderjahr übersteigt.678

7.3.2.3 Der Leistungs- und Besteuerungsort der Werbeleistungen

Die Werbeleistungen von Portalen und virtuellen Marktplätzen werden als Dienstleistungen qualifiziert. Dabei ist es unerheblich, welcher Mittel sich der Leistungserbringer bedient (graphische, zeichnerische, fotographische, filmische oder akustische Art von Werbung),

674 CADOSCH, 2001, 238. 675 MWStG Art. 5 lit. b; CAMENZIND et al., 2000, 153 f. 676 MWStG Art. 38 Abs. 3 i.V.m. MWStG Art. 19 Abs. 2; ESTV, 2000, 184. 677 MWStG Art. 5 lit. b; MWStG Art. 38 Abs. 2 lit. b. 678 MWStG Art. 10 lit. a i.V.m. MWStG Art. 24.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 221

oder in welcher Form die Werbung verbreitet wird (beispielsweise Fernsehwerbung, Internet oder E-Mail).679 Wie die Bezahldienste gelten gemäss schweizerischem Mehrwertsteuergesetz auch die im Zusammenhang mit der Werbung erbrachten Dienstleistungen am Sitz des Empfängers als erbracht.680 Demzufolge ist auf die Werbeumsätze von Portalen und virtuellen Marktplätzen mit ausländischen Werbepartnern das entsprechende ausländische Mehrwertsteuerrecht des Sitzstaates des Empfängers anwendbar. Die Werbeleistungen für ausländische Werbepartner sind somit von der schweizerischen Mehrwertsteuer befreit, jedoch kann trotzdem der Vorsteuerabzug für die Dienstleistungen und Gegenstände, die zur Erzielung des Werbeum-satzes benötigt wurden, geltend gemacht werden, da der Werbeumsatz steuerbar wäre, wenn er im Inland getätigt worden wäre.681 Die Werbeeinnahmen mit inländischen Werbepartnern unterliegen der schweizerischen Mehrwertsteuer.682 Beziehen die Portale oder Marktplätze Werbeleistungen für die eigene Werbung von Dritten mit Sitz oder Betriebsstätte im Inland, unterliegen diese einkauften Dienstleistungen grundsätzlich der Mehrwertsteuer am Sitz des Portals oder Marktplatzes (Empfängerorts-prinzip) und können als Vorsteuer abgezogen werden.683 Werden die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Werbung von einem Dritten mit Sitz im Ausland bezogen, müssen die gesamten Dienstleistungen durch das Portal oder Marktplatz als Empfänger der Leistung versteuert werden, sofern der Wert der eingekauften Werbeleistungen CHF 10'000 im Kalenderjahr übersteigt.684

7.3.2.4 Der Leistungs- und Besteuerungsort der Marktplatz-Leistungen

Die Dienstleistungen eines Portals oder Marktplatzes, die gegenüber den Marktplatz-Partnern erbracht werden, umfassen meistens eine Platzierungsgebühr für das Angebot auf der Website sowie eine Umsatzprovision aufgrund des Umsatzes, den der Marktplatz-Partner durch die Vermittlung des Portals oder Marktplatz erzielen konnte.

679 ESTV, 2000, 38. 680 MWStG Art. 14 Abs. 3 lit. b. 681 MWStG Art. 38 Abs. 3 i.V.m. Art. 19 Abs. 2; ESTV, 2000, 184. 682 MWStG Art. 5 lit. b. 683 MWStG Art. 14 Abs. 3 lit. b; MWStG Art. 38 Abs. 2 lit. b. 684 MWStG Art. 10 lit. a i.V.m. MWStG Art. 24.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 222

Durch die Platzierungsgebühren werden die Portale oder Marktplätze dafür entschädigt, dass sie die Angebote auf der Website erfassen und präsentieren sowie die Website mit der entsprechenden Anbieter-Websites verknüpfen (Links). Diese Dienstleistungen können mit den Dienstleistungen im Bereich der Werbung gleichgestellt werden.685 Dem Anbieter wird im Portal oder auf dem Marktplatz die Möglichkeit geboten, seine Produkte oder Dienstleis-tungen den Internet-Nutzern zu präsentieren und anzubieten. Die Platzierungsgebühren können demzufolge mehrwertsteuerlich gleich wie die Werbeleistungen behandelt werden. Dagegen wird eine Umsatzprovision von Marktplatz-Partnern gezahlt, wenn aufgrund der Platzierung des Angebots im Portal oder auf dem Marktplatz Kunden vermittelt wurden, die letztlich Umsatz beim entsprechenden Marktplatz-Partner generieren. Die Umsatzprovision bildet somit die Entschädigung für eine Art von Vermittlungsleistung. Als Vermittlungsleis-tungen gemäss dem schweizerischen Mehrwertsteuergesetz werden Dienstleistungen verstanden, bei welchen der Vermittler ausdrücklich in fremden Namen und für fremde Rechnung vermittelt, sodass zwischen dem Vertretenen und einem Dritten direkt ein Umsatzgeschäft zustande kommt (sog. direkte Stellvertretung).686 Da jedoch das Portal sowie der Marktplatz nicht ausdrücklich im Namen und auf Rechnung eines Anbieters handeln, sondern lediglich die informationstechnischen Voraussetzungen schaffen, dass ein Internet-Nutzer über die Website des Portals und des Marktplatzes zur Website des Anbieters gelangt, wird diese Dienstleistung im mehrwertsteuerlichen Sinne nicht als Vermittlungsleistung qualifiziert, sondern ebenfalls den Dienstleistungen auf dem Gebiet der Werbung oder den Telekommunikationsdienstleistungen zugeordnet.687 Demzufolge gelten gemäss dem schweizerischen Mehrwertsteuergesetz die Umsatzprovisi-onen als Entgelt für Dienstleistungen im Bereich der Werbung oder der Telekommunikati-on, die am Sitz des Empfängers erbracht werden.688 Die Umsatzprovisionen von ausländi-schen Marktplatz-Partnern sind somit von der schweizerischen Mehrwertsteuer befreit und sind nach dem entsprechenden ausländischen Mehrwertsteuerrecht zu beurteilen.689 Trotzdem können die bezahlten Mehrwertsteuern für eingekaufte Güter und Dienstleistun-

685 CADOSCH, 2001, 218. 686 MWStG Art. 11 Abs. 1; VOGEL, 2003, 314. 687 INTERVIEW mit F. Feuerle, ESTV; INTERVIEW mit M. Bopp, PwC; Es ist in diesem Kontext nicht relevant, ob es sich bei der

Umsatzprovision um das Entgelt für eine Dienstleistung im Bereich der Werbung oder für eine Telekommunikationsdienstleis-tung handelt. Für beide Dienstleistungsarten gilt das Empfängerortsprinzip. MWStG Art. 14 Abs. 3.

688 MWStG Art. 14 Abs. 3 lit. b; MWStG Art. 14 Abs. 3 lit. d; INTERVIEW mit F. Feuerle, ESTV. 689 MWStG Art. 5 lit. b.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 223

gen, die zur Erzielung der Umsatzprovisionen benötigt wurden, als Vorsteuer in der Schweiz abgezogen werden.690 7.3.3 Zusammenfassung der mehrwertsteuerlichen Beziehungen mit dem Ausland Die oben dargelegten mehrwertsteuerlichen Beziehungen der Portale und virtuellen Marktplätze mit ihren ausländischen Kunden und Partnern können folgendermassen graphisch zusammengefasst werden: Abb. 7-1: Die mehrwertsteuerlichen Beziehungen mit dem Ausland Quelle: Eigene Darstellung

Die Umsätze aus Bezahldiensten mit ausländischen Kunden bzw. Internet-Nutzern, die Werbeumsätze mit ausländischen Werbepartnern sowie Umsätze aus den Platzierungsge-bühren und Umsatzprovisionen mit ausländischen Marktplatz-Partnern sind von der schweizerischen Mehrwertsteuer befreit und werden nach dem entsprechenden ausländi-schen Mehrwertsteuerrecht beurteilt. Trotzdem kann in der Schweiz der Vorsteuerabzug für diese befreiten Dienstleistungen geltend gemacht werden. Werden Werbeleistungen oder

690 MWStG Art. 38 Abs. 3 i.V.m. MWStG Art. 19 Abs. 2; ESTV, 2000, 184.

Kunde Portal &

virtueller Marktplatz

Steuerbefreite Bezahldienste; Vorsteuerabzug möglich

Mehrwertsteuerpflichtiger Einkauf der Inhalte, falls Wert > CHF 10’000

Steuerbefreite Platzierungsgebühren, Vorsteuerabzug möglich

Mehrwertsteuerpflichtige Werbekosten, falls Wert > CHF 10’000

Steuerbefreite Werbeumsätze, Vorsteuerabzug möglich

Steuerbefreite Umsatzprovisionen, Vorsteuerabzug möglich

Inhalts-Partner

Werbepartner

Werbelieferant

Marktplatz-Partner

Ausland

Schweiz

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 224

Inhalte von ausländischen Werbelieferanten oder Inhalts-Partnern bezogen, so müssen sie durch die schweizerischen Portale und Marktplätze versteuert werden, falls deren Wert CHF 10'000 pro Kalenderjahr übersteigt. 7.3.4 Der Server als Betriebsstätte? Für die Definition des Begriffs der Betriebstätte wird auch im schweizerischen Mehr-wertsteuerrecht, wie bei den Doppelbesteuerungsfragen im Recht der direkten Steuern, auf den Art. 5 des OECD-Musterabkommens abgestellt.691 Der Server kann demzufolge theoretisch nur als Betriebsstätte betrachtet werden, wenn am Serverstandort eine feste Geschäftseinrichtung besteht und durch den Server eine Kern-Geschäftstätigkeit und nicht nur eine Hilfstätigkeit ausgeübt wird.692 Im Bezug auf mehrwertsteuerlichen Risiken spielt die Frage, ob ein Server eine Betriebs-stätte begründen kann, nur eine untergeordnete Rolle, da für die Dienstleistungen der Bezahldienste, die Werbeleistungen, die Umsatzprovisionen und die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Platzierung von Angeboten das Empfängerortsprinzip gilt. Es ist dadurch irrelevant, wo der Server steht, denn diese Dienstleistungen werden am Ort des Empfängers besteuert.693 7.3.5 Die Nachweispflichten

7.3.5.1 Der Nachweis der Vorsteuerabzüge

Um den Vorsteuerabzug der eingekauften Gegenstände und Dienstleistungen in der Steuerabrechnung geltend machen zu können, müssen die in Rechnung gestellten Steuern nachgewiesen werden.694 Der Vorsteuerabzug ist davon abhängig, dass Rechnungen über die gelieferten Gegenstände und erbrachten Dienstleistungen mit den folgenden gesetzlich erforderlichen Angaben vorliegen:695

691 VOGEL, 2003, 251 f. 692 Für detaillierte Ausführungen, ob der Server eine Betriebsstätte bilden kann vgl. 7.1.1 Der Server als Betriebsstätte? 693 MWStG Art. 14 Abs. 3. 694 MWStG Art. 38 Abs. 1. 695 MWStG Art. 37 Abs. 1; CAMENZIND et al., 2000, 375.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 225

• Die Rechnung muss den Namen und Adresse des steuerpflichtigen Erbringers sowie die MWSt-Nummer, unter welcher der Erbringer im Register der steuerpflichtigen Personen eingetragen ist, enthalten.

• Die Rechnung muss den Namen und Adresse des Empfängers der Lieferung und

Dienstleistung enthalten.696

• Das Datum oder der Zeitraum der Lieferung oder der Dienstleistung muss auf der Rechnung angegeben werden.

• Die Art, Gegenstand und Umfang der Lieferung oder der Dienstleistung muss aus der

Rechnung ersichtlich sein.

• Das Entgelt und der Steuersatz für die Leistung oder die Dienstleistung müssen in der Rechnung ausgewiesen werden.

Entdeckt die Steuerverwaltung im Rahmen einer Revision formell ungenügende Rechnun-gen hinsichtlich der oben genannten zwingenden Angaben, muss der entsprechende Vorsteuerabzug nachträglich bezahlt werden.697 Nach einer Revision können nur bei gewissen formellen Mängeln der Rechnungen wie beispielsweise bei falscher MWSt-Nummer des Erbringers, fehlendem Datum oder falschem Steuersatz anhand des Formulars 1310 die nicht akzeptierten Vorsteuerabzüge wieder geltend gemacht werden. Bei einem falschen oder fehlenden Namen des Empfängers bestehen keine Korrekturmöglichkeiten. Für den Zeitraum des ungerechtfertigten Vorsteuerabzug bis zum Vorliegen des Formulars 1310 oder bis zur Zurückzahlung des nicht akzeptierten Vorsteuerabzuges wird von der ESTV ein Verzugszins berechnet.698

7.3.5.2 Der Nachweis des Dienstleistungsexports

Für die Werbeleistungen, Bezahldienste, Platzierungsgebühren und Umsatzprovisionen für Dienstleistungen mit ausländischen Geschäftspartnern muss ebenfalls zuhanden der Steuerbehörde nachgewiesen werden, dass der Verbrauch oder Nutzung dieser Dienstleis- 696 Kassenzettel und Coupons bis CHF 200 müssen den Namen des Empfängers nicht enthalten. BECKMANN, 2003, 431. 697 CAMENZIND et al., 2000, 376. 698 BECKMANN, 2003, 431 f.; HONAUER, 2003, 544 f.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 226

tungen im Ausland erfolgt. Für den Nachweis verlangt die ESTV Fakturakopien, Zahlungs-belege und Verträge oder Aufträge, sofern solche abgeschlossen wurden. Aus diesen Dokumenten müssen der Name bzw. Firma und Adresse des Abnehmers sowie detaillierte Angaben über die Art und Nutzung der erbrachten Dienstleistungen zweifelsfrei hervorge-hen.699 Die ESTV kann zusätzliche Belege wie beispielsweise eine amtliche Bestätigung des betreffenden ausländischen Staates einfordern, wenn Zweifel daran bestehen, ob der Leistungsempfänger tatsächlich einen ausländischen Geschäfts- oder Wohnsitz hat.700 Kann die Nutzung der Dienstleistung im Ausland anhand der oben erwähnten notwendigen Dokumente nicht klar nachgewiesen werden, besteht das Risiko, dass aufgrund einer Steuerrevision der Steuerbehörden für Teile der Umsätze die Mehrwertsteuer nachbezahlt werden muss.

7.3.5.3 Die elektronische Rechnungsstellung

Mehrwertsteuerlich stellt sich die Frage, ob Rechnungen elektronisch empfangen werden dürfen, oder ob das Risiko besteht, dass diese Rechnungen von der ESTV nicht akzeptiert werden und dadurch der Empfänger der Rechnung die entsprechende Vorsteuer nicht abziehen kann. Beim Verkauf von digitalen Leistungen per Kreditkarte auf der Website an einen ausländischen Kunden stellt sich die Frage, welche Anforderungen erfüllt sein müssen, dass der Nachweis des Dienstleistungsexports geltend gemacht werden kann. Eine Gutschriftsanzeige einer Kreditkartenorganisation als Zahlungsnachweis wird dabei der ESTV nicht als Nachweis ausreichen, dass die Dienstleistungen im Ausland genutzt wurden.701 Gemäss der Verordnung zum Mehrwertsteuergesetz und den Ausführungsbestimmungen des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) müssen neben den allgemeinen gesetzli-chen Rechnungsangaben702 die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein, dass elektronisch übermittelte und aufbewahrte Rechnungen für den Vorsteuerabzug, die Steuererhebung oder den Steuerbezug die gleiche Beweiskraft wie jene Daten und Informationen haben, die ohne Hilfsmittel lesbar sind:703 699 VPB 64.112, 2000, 3; MWStGV Art. 16 Abs. 1 lit. b; ESTV, 2000, 82. 700 ESTV, 2000, 82. 701 STEIGER & GRÜNAUER, 2001, 1282 ff. 702 Vgl. 7.3.5.1 Der Nachweis der Vorsteuer und 7.3.5.2 Der Nachweis des Dienstleistungsexports. 703 MWStGV Art. 43 Abs. 1.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 227

• Nachweis des Ursprungs:

Die Authentizität der Herkunft der Rechnung muss gewährleistet sein. Der Empfän-ger der Rechnung muss davon ausgehen können, dass die Rechnung tatsächlich von demjenigen stammt, der aus der Rechnung ersichtlich ist.704

• Nachweis der Integrität: Die Überprüfung der Integrität muss sicherstellen, das die Daten zwischen Sender und Empfänger nicht verändert wurden oder nachträglich abgeändert werden.705

• Nichtabstreitbarkeit von Versand und Empfang: Der Versand und Empfang jeder elektronischen Rechnung oder Beleges müssen beim Sender und Empfänger eindeutig nachgewiesen werden können. Es muss si-chergestellt sein, dass die Rechnung tatsächlich vom Absender gesandt oder vom Empfänger tatsächlich erhalten worden ist.706

Gemäss den Ausführungsbestimmungen des EFD werden diese Voraussetzungen dadurch erfüllt, dass die Daten mittels digitaler Signaturen abgesichert werden, die auf einem Zertifikat beruhen, das nach den Bestimmungen der Zertifizierungsdiensteverordnung (ZertDV) von einem anerkannten Anbieter stammt.707 Die digitalen Signaturen sind aber heute vor allem bei kleineren Unternehmen noch wenig verbreitet. Trotzdem werden durch die ESTV nur digital signierte elektronische Rechnungen für den Vorsteuerabzug akzep-tiert.708 Für den Nachweis des Dienstleistungsexports werden insbesondere Rechnungskopien, Zahlungsbelege, schriftliche Vollmachten und Verträge, sofern solche abgeschlossen wurden, verlangt.709 Die elektronischen Rechnungen an ausländische Kunden müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllen, sodass deren Kopien als Nachweis des Dienstleis-tungsexports durch die ESTV akzeptiert werden:710

704 ROBINSON & WEIGEND, 2001, 381. 705 CADOSCH, 2001, 246. 706 CADOSCH, 2001, 246. 707 EGGER & NIEDERBERGER, 2002, 607; EIDI-V Art. 3 Abs. 1. 708 INTERVIEW mit M. Niederberger, ESTV. 709 ESTV, 2000, 82. 710 STEIGER & GRÜNAUER, 2001, 1284; ESTV, 2001a, 7 f.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 228

• Für den Nachweis des Dienstleistungsexports müssen die Kunden zwingend ihren Namen und den Wohnsitz angeben. Falls möglich sollten diese Angaben anhand ei-nes automatischen Plausibilitätstests direkt überprüft werden.

• Die elektronischen Rechnungen müssen wie die Papierrechnungen alle gesetzlich

notwendigen Angaben beinhalten. Die Rechnungen sind so zu speichern, dass keine nachträgliche Abänderung möglich ist.

• Jede einzelne Transaktion muss mit allen gesetzlich notwendigen Angaben gespei-

chert werden und sollte regelmässig auf Papier ausgedruckt werden. Die Kreditkar-tengutschriften müssen eindeutig den einzelnen gespeicherten Transaktionen zuge-ordnet werden können.

• Die elektronischen Rechnungen müssen digital signiert sein. Können die Rechnun-

gen nicht digital signiert werden, müssen sie auf dem Postweg zugesandt werden. Rechnungen per E-Mail oder Fax sind keine ausreichenden Nachweise.711

In der Praxis werden oft die Rechnungen an ausländischen Kunden per E-Mail versandt. Obwohl alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind, kann die ESTV Kopien dieser Rechnun-gen nicht als Nachweis des Dienstleistungsexports akzeptieren. Der entsprechende Umsatz wäre demzufolge durch den Anbieter nachträglich zu versteuern.712 7.3.6 Folgerungen für die steuerliche Due Diligence Im Rahmen der steuerlichen Due Diligence bei Portalen und virtuellen Marktplätzen ergeben sich die mehrwertsteuerlichen Risiken hauptsächlich in Bezug auf den Nachweis des Vorsteuerabzugs sowie hinsichtlich des Nachweises des Dienstleistungsexports von an ausländischen Kunden und Geschäfts-Partnern erbrachten Dienstleistungen:

• Ungenügende Abgrenzung von inländischen und ausländischen Umsätzen: Mehrwertsteuerliche Risiken können dadurch entstehen, dass die Zielgesellschaft nicht in der Lage ist, die steuerbefreiten Umsätze von im Ausland erbrachten Dienst-leistungen klar von den inländischen Umsätzen abzugrenzen. Dadurch besteht die

711 ESTV, 2001a, 8; INTERVIEW mit M. Niederberger, ESTV. 712 INTERVIEW mit M. Niederberger, ESTV.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 229

Gefahr, dass an sich steuerpflichtige inländische Umsätze fälschlicherweise nicht versteuert wurden und nachträglich als Folge einer Steuerrevision versteuert werden müssen.

• Ungenügender Nachweis des Vorsteuerabzuges:

Die (elektronischen) Rechnungen für die eingekauften Güter und Dienstleistungen können sich als formell ungenügend erweisen. Daher besteht das Risiko, dass bei ei-ner Steuerrevision durch die Steuerbehörden aufgrund der formell ungenügenden Rechnungen Teile des Vorsteuerabzuges nicht akzeptiert werden und nachgezahlt werden müssen.

• Ungenügender Nachweis des Dienstleistungsexports: Bei den an ausländischen Kunden und Geschäftspartnern erbrachten Dienstleistungen können mehrwertsteuerliche Risiken dadurch entstehen, dass die Nutzung oder der Verbrauch der Dienstleistung im Ausland nur ungenügend nachgewiesen werden kann oder andere formelle Mängel (beispielsweise Versendung der Rechnung per E-Mail) hinsichtlich des Nachweises des Dienstleistungsexports vorliegen. Eine Steuer-revision durch die Steuerbehörden könnte dazu führen, dass formell ungenügende Nachweise des Dienstleistungsexports nicht akzeptiert werden und ausländische Um-sätze nachträglich versteuert werden müssen.

Diese Risiken, dass aufgrund einer Steuerrevision durch die Steuerbehörden Vorsteuerabzü-ge oder die Steuerbefreiung von Umsätzen nicht akzeptiert werden und nachträglich versteuert werden müssen, sind durch die steuerliche Due Diligence sorgfältig einzuschät-zen. Dabei gilt es einerseits zu überprüfen, ob die wesentlichen Lieferantenrechnungen, für welche die Vorsteuern abgezogen wurden, formell einwandfrei sind. Andererseits muss durch die steuerliche Due Diligence eingeschätzt werden, ob der Nachweis des Dienstleis-tungsexports an die ausländischen Kunden und Geschäftspartner für die Bezahldienste, Werbeleistungen, Platzierungsgebühren und Umsatzprovisionen gemäss dem Mehr-wertsteuergesetz und der Praxis der ESTV als formell genügend betrachtet werden kann.

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7. KAPITEL: DIE STEUERLICHE DUE DILIGENCE 230

7.4 Checkliste für die Analyse der mehrwertsteuerlichen Risiken Hinsichtlich der steuerpflichtigen Umsätze:

Welche Arten von Umsätzen werden durch das Portal oder virtuellen Marktplatz erbracht?

Sind die Umsätze mehrwertsteuerlich als Dienstleistungen zu qualifizieren? Wie werden die steuerpflichtigen inländischen Umsätze von den Umsätzen mit

ausländischen Kunden und Geschäftspartnern, die steuerbefreit sind, abgegrenzt? Besteht ein Risiko, dass inländische Umsätze fälschlicherweise als ausländische

behandelt und somit nicht versteuert wurden? Kann ein genügender Nachweis des Dienstleistungsexports in Form von Fakturako-

pien, Zahlungsbelegen und allfälligen Verträgen für die ausländischen Dienstleistun-gen erbracht werden?

Sind aus diesen Dokumenten der Name und Adresse des Abnehmers sowie detaillier-te Angaben über die Art und Nutzung der erbrachten Dienstleistungen ersichtlich?

Besteht ein Risiko, dass aufgrund ungenügender Angaben zur Nutzung und Verbrauch Exportnachweise für Teile der erbrachten ausländischen Dienstleistungen durch die Steuerbehörden nicht akzeptiert werden und nachträglich versteuert werden müssen?

Erfüllen die elektronischen Rechnungen an ausländische Kunden die rechtlichen Voraussetzungen für den Nachweis des Dienstleistungsexports?

Hinsichtlich der Vorsteuerabzüge:

Kann ein genügender Nachweis der Vorsteuerabzüge erbracht werden? Beinhalten die Rechnungen für die eingekauften Güter und Dienstleistungen alle

gesetzlich erforderlichen Angaben? Besteht das Risiko, dass aufgrund ungenügender Angaben Teile der Vorsteuerabzüge

nicht durch die Steuerbehörden akzeptiert werden und nachgezahlt werden müssen? Erfüllen allfällige elektronische Rechnungen von Lieferanten die rechtlichen Voraus-

setzungen für den Vorsteuerabzug?

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 231

8 Die Bewertungsansätze für Portale und virtuelle Marktplätze Die Unternehmensbewertung ist theoretisch eine Investitionsrechnung. Der Unternehmens-wert wird aus dem Barwert aller aus der Investition einem Aktionär in Zukunft zufliessen-den Netto-Einnahmen gebildet. Zu den Netto-Einnahmen gehören die Kapitalrückzahlungen abzüglich den Kapitaleinzahlungen, die Gewinnauszahlungen des Unternehmens sowie sonstige Netto-Einnahmen wie Bezugsrechtserlöse oder Steuerrückvergütungen. Die theoretische Investitionsrechnung kann aber aufgrund der unsicheren Zukunftswerte nicht direkt in der Praxis angewendet werden, sondern es müssen aussagekräftige Annäherungs-rechnungen für die Bewertung gefunden werden. Dabei sind Annäherungsrechnungen abhängig vom Gütegrad der zur Verfügung stehenden Schätzungswerte, die als Parameter eingesetzt werden.713 Im Rahmen von Unternehmenstransaktionen werden grundsätzlich zwei Unternehmenswer-te berechnet. Erstens wird ein käuferorientierter Wert der Zielgesellschaft, der so genannte stand-alone Wert, ermittelt, und zweitens wird unter zusätzlichem Einbezug von möglichen Wertsteigerungspotentialen und Synergie-Effekten der so genannte Entscheidungswert der Zielgesellschaft berechnet. Davon ist der so genannte Schiedswert zu unterscheiden, bei dem unabhängig von den beteiligten Parteien einen möglichst objektiver Wert des Unter-nehmens berechnet werden soll (beispielsweise bei einem neutralem Gutachten).714 Der stand-alone Wert, der Entscheidungswert und der Schiedswert sind vom Preis abzugrenzen. Der Preis für ein Unternehmen ergibt sich aus Angebot und Nachfrage bzw. aus den Kaufpreisverhandlungen mit dem Verkäufer. Der Unternehmenswert ist dagegen eine Schätzung. Die Unternehmenstransaktion kommt aber nur zustande, wenn der Preis zwischen den jeweiligen subjektiven Entscheidungswerten des Käufers und Verkäufers liegt.715 Die subjektiven Entscheidungswerte können somit als die Grenzen der Konzessi-onsbereitschaft der Verhandlungsparteien angesehen werden: den maximal zahlbaren Preis aus Sicht des Käufers und den minimal zu erzielenden Preis aus Sicht des Verkäufers.716 713 HELBLING, 2002, 735; HELBLING, 2001b, 607. 714 In den 50er Jahren bestand in der Lehre eine Kontroverse zwischen der objektiven und subjektiven Unternehmensbewertung.

Nach Auffassung der subjektiven Unternehmensbewertung gibt es keinen objektiven allgemeingültigen Unternehmenswert, sondern ein Unternehmenswert ist immer einen subjektiver Wert für einen konkreten Käufer oder Verkäufer. Diese Kontroverse konnte in den 70er Jahren vor allem mit dem Konzept der funktionalen Unternehmensbewertung der Kölner Schule überwunden werden, welches besagt, dass der Bewertungszweck einen massgeblichen Einfluss auf das Bewertungsergebnis hat, sodass unterschiedliche Bewertungszwecke auch zu unterschiedlichen Unternehmenswerten führen. MANDL & RABEL, 1997, 6 ff.

715 HELBLING, 2002, 735 f. 716 MANDL & RABEL, 1997, 7 f.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 232

Ausgehend von den Erkenntnissen der Due Diligence und insbesondere von den bereinigten Vergangenheitszahlen und Businessplänen wird die Zielgesellschaft bewertet, sodass dem Käufer ein stand-alone Wert und Entscheidungswert als Richtwerte für die Kaufpreisver-handlungen zur Verfügung stehen. Im Folgenden sollen anhand der in der Praxis und der Literatur verbreitetsten Bewertungsansätze717 deren spezifische Grenzen hinsichtlich einer zuverlässigen Bewertung von Portalen und virtuellen Marktplätze aufgezeigt werden. Zu den in der Praxis und Literatur am häufigsten angewendeten Bewertungsansätzen gehören die Discounted Cash Flow Methode, die marktwertorientierte Bewertung anhand von Multiples, das Konzept des Internal Rate of Return (IRR) und die Venture Capital-Methode. Bei hoher Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Unternehmensentwicklung und deren Geschäftsfeldern kann zusätzlich zur Bewertung auf den Realoptionsansatz zurückge-griffen werden. Auf die Unternehmensbewertung nach dem EVA-Konzept718 (Economic Value Added) wird in der vorliegenden Arbeit nicht näher eingegangen, da das EVA-Konzept, sowohl in der Literatur als auch in der Praxis, mehr als Instrument zur Performan-cemessung als gebräuchlicher Ansatz zur Unternehmensbewertung angesehen wird. Dies soll nicht ausschliessen, dass die Anwendung des EVA-Konzepts einen praktikablen Ansatz für die Bewertung von Portalen und virtuellen Marktplätzen bilden könnte, jedoch beschränken sich die Ausführungen auf die gebräuchlichsten Bewertungsansätze.719

8.1 Die Ausgangslage bei Portalen und virtuellen Marktplätzen Bei der Bewertung von Portalen und virtuellen Marktplätzen stellen sich insbesondere die folgenden Probleme, welche die Anwendung der herkömmlichen Bewertungsansätze sehr erschweren: 717 Für die vorliegende Arbeit sollten die in der Literatur und insbesondere in der Praxis gebräuchlichsten Bewertungsansätze

ausgewählt und deren Anwendung auf die Portale und virtuellen Marktplätze diskutiert werden. Dabei stützte sich der Autor bei der Auswahl auf eigene Erfahrungen in Bezug auf die Auswahl von Bewertungsansätzen im Rahmen von Unternehmenstransak-tionen in der Praxis, auf Interviews (beispielsweise INTERVIEW mit M. Schmidli, PwC; INTERVIEW mit U. Breitenstein, PwC und INTERVIEW mit E. Gordon, UBS) und auf die in Literatur gebräuchlichsten Ansätze (beispielsweise WIPFLI, 2001, 109 ff., PEEMÖLLER & KUNOWSKI, 2005, 201 ff., ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 24 ff.).

718 Durch das EVA-Konzept wird das Residualeinkommen oder die wirtschaftliche Wertschöpfung (Economic Value Added) ermittelt. Der Economic Value Added ist die Differenz zwischen dem betrieblichen Gewinn und den Kapitalkosten für das betrieblich gebundene Vermögen (oder auch Übergewinn genannt). Der Shareholder Value oder der Marktwert des Eigenkapitals kann daraufhin auf der Basis von den diskontierten prognostizierten EVAs als alternativer Ansatz zur DCF-Methode berechnet werden. HOSTETTLER, 1997, 32 ff.; EHRBAR, 1999, 9.

719 Vgl. FN 717.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 233

• Betriebsverluste und negativer Cash Flow: Viele Portale und virtuelle Marktplätze wiesen über die vergangenen Jahre Betriebs-verluste und negative Cash Flows aus. Trotzdem wird davon ausgegangen, dass auf-grund der Marktprognosen720 ein Teil der Verlustbetriebe in naher Zukunft Gewinne erwirtschaften werden. Ausgehend von den negativen normalisierten Vergangen-heitszahlen der finanziellen Due Diligence gestaltet es sich als sehr schwierig, einen Verlustbetrieb mit zukünftigen Gewinnpotential zuverlässig zu bewerten.

• Unsichere Zukunftsaussichten:

Die allgemeinen Prognosen für die Entwicklung des Marktes für Portale und virtuelle Marktplätze sind sehr unsicher. Zwar soll beispielsweise die Verbreitung der Breit-bandtechnologie zu verstärktem Wachstum an Internet-Nutzern und höherer Akzep-tanz der Bezahldienste führen, ob und in welchem Ausmass sich diese zukünftigen Entwicklungen auf die Ertragslage eines spezifischen Portals oder Marktplatzes nie-derschlagen, kann jedoch nur sehr schwer eingeschätzt werden.

• Missverhältnis zwischen dem Wert der Nettoaktiven und dem Unternehmenswert: Im Gegensatz zu vielen konventionellen Unternehmen (bricks and mortar-Unternehmen) ist insbesondere bei Portalen und virtuellen Marktplätzen der Wert der bilanzierten Vermögensgegenstände bzw. der Nettoaktiven nur wenig aussagekräftig für die Bestimmung des Unternehmenswertes. Die wichtigsten „Vermögensgegens-tände“ eines Portals oder Marktplatzes wie beispielsweise die Bekanntheit des eige-nen Namens bzw. der eigenen Marke bei den Internet-Nutzern oder ein grosser Kun-denstamm an loyalen Kunden können nicht bilanziert werden und fliessen somit nicht in den Wert der Nettoaktiven ein. Jedoch sind gerade diese immateriellen Werte die dominierenden Werttreiber, die aber nur schwer bewertet werden können.721 Trotzdem bildet der Wert der bereinigten Nettoaktiven eine wichtige Vergleichsgrös-se für die Bewertung und die Kaufpreisverhandlungen, da er grundsätzlich den ei-gentlichen Wert der zu übernehmenden Vermögensgegenstände darstellt. Wesentli-che Differenzen zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Wert der gekauften Nettoaktiven müssen begründet werden können.722

720 Vgl. 4.3 Die unternehmensexternen Chancen und Gefahren. 721 BEHR & CALIZ, 2001, 1140. 722 Vgl. 5.5 Die bereinigten Nettoaktiven und das nachhaltige Betriebsergebnis.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 234

• Kurzer Track-Record: Die Portale und virtuellen Marktplätze sind teilweise junge Unternehmen, die nur über einen kurzen Track-Record verfügen. Es ist daher besonders schwer, die zu-künftige Entwicklung zuverlässig einzuschätzen.723

Im Folgenden sollen Lösungsansätze bei den verschiedenen Bewertungsansätzen gefunden werden, die es trotz der oben erwähnten Probleme erlauben, einen möglichst zuverlässigen Unternehmenswert für Portale und Marktplätze zu ermitteln.

8.2 Die Discounted Cash Flow-Methode 8.2.1 Grundlagen und verschiedene DCF-Methoden Mit der Discounted Cash Flow-Methode (DCF-Methode) wird der Unternehmenswert als Barwert der Erwartungswerte der zukünftigen Free Cash Flows (Present Value of Expected Free Cash Flows) berechnet. Die DCF-Methode unterscheidet sich von der klassischen Ertragswertmethode darin, dass nicht ein durchschnittlicher, nachhaltiger Zukunftsgewinn kapitalisiert wird, sondern dass die in der näheren Zukunft liegenden Free Cash Flows einzeln geschätzt und diskontiert werden. Für die Free Cash Flows, die weiter in der Zukunft liegen und dadurch nicht mehr klar eingeschätzt werden können, wird stellvertre-tend ein so genannter Continuing Value724 berechnet und auf das Bewertungsdatum diskontiert.725 Aufgrund der Definition der bewertungsrelevanten Cash Flows und Diskontierungssätze können drei verschiedene Arten von DCF-Methoden unterschieden werden: das Brutto-Verfahren (WACC- oder Entity-Approach), das Netto-Verfahren (Equity-Approach) oder das Adjusted Present Value-Verfahren (APV-Verfahren).726

723 BERGAMIN, 2002, 1117. 724 Der Continuing Value wird auch als Terminal Value, Residual Value oder als Schluss-, Fortführungs- oder Restwert bezeichnet.

Darunter wird der Barwert der ewigen Rente ab einem gewissen Zeitpunkt (z.B. ab dem fünften Jahr) oder allenfalls der Exit- bzw. Liquidationswert verstanden. WIPFLI, 2001, 125.

725 KNÜSEL, 1994, 91. 726 MANDL & RABEL, 1997, 37 f.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 235

Das Brutto-Verfahren bzw. der Entity-Approach ist das am weitesten verbreitete Bewer-tungsverfahren.727 Der Marktwert des Eigenkapitals wird dabei in einem zweistufigen Prozess berechnet, indem in einem ersten Schritt zunächst der Marktwert des Gesamtkapi-tals durch Diskontierung der zukünftig erwarteten Free Cash Flows mit einem gewichteten Kapitalkostensatz (sog. weighted average cost of capital – WACC) bestimmt und in einem zweiten Schritt der Marktwert des Fremdkapitals abgezogen wird.728 Im Gegensatz zum Brutto-Verfahren wird beim Netto-Verfahren der Marktwert des Eigenkapitals direkt ermittelt. Dabei werden die Freien Cash Flows bestimmt, die allein den Eigenkapitalgebern zur Verfügung stehen (sog. Free Cash Flow to Equity – FCFE). Im Gegensatz zu den Free Cash Flows des Brutto-Verfahrens (sog. Free Cash Flow to the firm – FCFF) werden beim FCFE die zukünftigen Fremdkapitalzinsen und Veränderungen des Fremdkapitalbestandes (die Aufnahme abzüglich der Tilgung von verzinslichem Fremdka-pital) berücksichtigt. Dadurch sind die FCFE im Gegensatz zu den FCFF direkt abhängig von den jeweiligen spezifischen Finanzierungsverhältnissen. Es mag auf den ersten Blick überraschen, dass die Aufnahme von Fremdkapital die erwarteten FCFE an die Eigentümer erhöhen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die erwarteten FCFE in den Folgejahren durch Fremdkapitalzinsen und Tilgungsleistungen vermindert werden.729 Die erwarteten FCFE werden mit dem Eigenkapitalkostensatz bzw. der risikoäquivalenten Renditeforde-rungen der Eigentümer diskontiert.730 Das Netto- und das Brutto-Verfahren führen zum gleichen Ergebnis, wenn identische Annahmen über das zukünftige Finanzierungsverhalten getroffen werden.731 Nach dem Adjusted Present Value-Verfahren (APV-Verfahren) wird der Marktwert des Eigenkapitals ebenfalls schrittweise berechnet. In einem ersten Schritt wird der Wert des Unternehmens bestimmt, den dieses bei vollständiger Eigenfinanzierung hätte. Die finanzierungsneutralen Free Cash Flows werden dabei mit der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber für das unverschuldete Unternehmen diskontiert.732 In einem zweiten Schritt wird der Steuervorteil der Fremdfinanzierung bestimmt und zum Marktwert des unverschuldeten Unternehmens addiert. Der Steuervorteil der Fremdfinanzierung ergibt sich

727 Gemäss verschiedener Umfragen in der Praxis wird weltweit in über der Hälfte der befragten Unternehmen das Brutto-Verfahren

gewählt.Vgl. beispielsweise WIPFLI, 2001, 128. Dies wurde auch durch das INTERVIEW mit M. Schmidli, PwC, bestätigt. 728 DOLEZYCH, 2003, 9. 729 BAETGE et al., 2005, 277. 730 KNÜSEL, 1994, 94 f.; MANDL & RABEL, 1997, 40 f.; BAETGE et al., 2005, 277. 731 MANDL & RABEL, 1997, 41. 732 DRUKARCZYK, 2003, 214 ff.; DOLEZYCH, 2003, 13.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 236

aus dem Barwert der zukünftigen Steuerersparnisse aufgrund der steuerlichen Abzugsfähig-keit der Fremdkapitalzinsen (sog. Tax Shield). Schliesslich wird der Marktwert des Fremdkapitals vom Gesamtwert abgezogen, sodass daraus der Marktwert des Eigenkapitals resultiert. Der Vorteil des APV-Verfahrens liegt darin, dass der Wert des Eigenkapitals nicht durch die Finanzstruktur beeinflusst und die Steuerwirkung des Fremdkapitals transparent dargestellt wird. Änderungen in der Finanzstruktur wirken sich nur auf die Höhe des Tax Shields und nicht auf den Diskontierungssatz aus. Trotzdem ist das APV-Verfahren in der Praxis weit weniger verbreitet als das Brutto-Verfahren.733 In der vorliegenden Arbeit wird auf die Bewertungsproblematik von Portalen und virtuellen Marktplätzen nur anhand der Brutto-Methode eingegangen, da sie einerseits in der Praxis am weitaus häufigsten zur Anwendung kommt.734 Andererseits soll gemäss der Brutto-Methode von einer konstanten Zielkapitalstruktur ausgegangen werden, welche nur über den Diskontierungssatz erfasst wird. Der Vorteil in der Anwendung des Brutto-Verfahrens gegenüber dem Netto- und dem APV-Verfahren liegt darin, dass eine klare Trennung zwischen dem Leistungs- und Finanzierungsbereich des Unternehmens erfolgt.735 Finanziel-le und operative Werttreiber können anhand des Brutto-Verfahrens identifiziert werden, wogegen bei der Anwendung des Netto-Verfahrens der Free Cash Flow aus dem Leistungs-bereich direkt um den Cash Flow an die Fremdkapitalgeber reduziert wird.736 Ausserdem wird bei der Anwendung des Netto-Verfahrens eine autonome Finanzierungs-strategie unterstellt und demnach die Höhe des Fremdkapitals für alle Perioden festgelegt. Die Cash Flows an die Fremdkapitalgeber und an die Eigenkapitalgeber lassen sich errechnen, jedoch ergibt sich durch die festgelegte Höhe des Fremdkapitals ein Verschul-dungsgrad, der sich im Zeitablauf ändert und der mit Unsicherheit behaftet ist. Eigentlich müssten dadurch theoretisch die Eigenkapitalkosten bei schwankendem Verschuldungsgrad jeweils angepasst werden. In der Praxis wird jedoch einfachheitshalber bei der Anwendung des Netto-Verfahrens nach der autonomen Finanzierungsstrategie von konstanten Eigenka-pitalkosten ausgegangen.737 Bei der Anwendung des Bruttoverfahrens kann dieses Problem umgangen werden, indem gemäss einer unternehmenswertorientierten Finanzierungsstrate-gie ein konstanter Verschuldungsgrad festgelegt wird und dementsprechend auf unveränder-

733 DRUKARCZYK, 2003, 214 ff.; DOLEZYCH, 2003, 13; MANDL & RABEL, 1997, 41 f.; Siehe FN 727. 734 Siehe FN 727; ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 62. 735 Vgl. 8.2.2.1 Grundlagen. 736 MANDL & RABEL, 1997, 369; ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 57. 737 ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 58.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 237

liche Eigenkapitalkosten zurückgegriffen werden kann. Problematisch wäre hingegen die Festlegung von einem konstanten Verschuldungsgrad bei der Anwendung des Netto-Verfahrens zur Berechnung der Cash Flows an die Eigenkapitalgeber, da die Höhe des Fremdkapitals und der Cash Flows an die Fremdkapitalgeber nicht festgelegt werden kann.738 8.2.2 Die DCF-Methode nach dem Brutto-Verfahren (Entity-Approach)

8.2.2.1 Grundlagen

Bei der DCF-Methode nach dem Brutto-Verfahren wird die Kapitalstruktur einzig über den Diskontierungssatz erfasst. Bei der Ermittlung der Free Cash Flows werden die Zahlungs-ströme von bzw. an Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber sowie die damit verbundenen Ertragssteuerwirkungen nicht berücksichtigt. Dadurch erfolgt eine Aufspaltung in einen Leistungs- und in einen Finanzierungsbereich. Der Barwert der im Leistungsbereich erwirtschafteten Free Cash Flows entspricht dem Marktwert des Gesamtkapitals, welches gesamthaft den Eigenkapital- und Fremdkapitalgebern zur Verfügung steht. Demzufolge müssen auch die Barwerte der zukünftigen Cash Flows aus dem Finanzierungsbereich dem Marktwert des Gesamtkapitals aus dem Leistungsbereich entsprechen. Dies bedeutet, dass die Summe der Marktwerte des Eigen- und Fremdkapitals aus dem Finanzierungsbereich mit dem Marktwert des Gesamtkapitals aus dem Leistungsbereich übereinstimmen müssen.739 Die Komponenten der DCF-Methode können folgendermassen graphisch dargestellt werden:

738 ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 56 ff. Vgl. 8.2.2.4.3 Der Markwert des Eigenkapitals. 739 COPELAND et al., 2000, 132; MANDL & RABEL, 1997, 312. Von der Trennung zwischen Leistungs- und Finanzierungsbereich

wird aber darin abgewichen, dass nur das verzinsliche Fremdkapital im Finanzierungsbereich erfasst wird. Zahlungsströme aus unverzinslichem Fremdkapital wie beispielsweise die Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung werden als Veränderungen des Nettoumlaufsvermögens (NUV) bei der Ermittlung des Free Cash Flows im Leistungsbereich erfasst. MANDL & RABEL, 1997, 313.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 238

Abb. 8-1: Überblick über die DCF-Methode (Entity-Approach) Quelle: In Anlehnung an MANDL & RABEL, 1997, 313.

Ausgehend vom Businessplan der Zielgesellschaft und vom bereinigten nachhaltigen EBIT aus der finanziellen Due Diligence können die zukünftigen Free Cash Flows (FCF) für die detaillierte Planungsperiode bzw. für die nähere Zukunft von normalerweise fünf bis acht Jahren (t) und der Continuing Value für die weitere Zukunft (CVn) ab dem Ende der detaillierten Planungsperiode (n) geschätzt und mit dem gewichteten Kapitalkostensatz (k) auf das Bewertungsdatum diskontiert werden.740 Der daraus resultierende Barwert der zukünftigen Free Cash Flows entspricht dem Marktwert des Gesamtkapitals, von dem der Marktwert des Fremdkapitals (VF) abgezogen wird, um den Marktwert des Eigenkapitals bzw. den Shareholder Value zu erhalten. Die Berechnung des Shareholder Value (Vs) kann anhand der folgenden Formel durchgeführt werden:741

740 Zur Festlegung des Zeitraumes für die detaillierte Planungsperiode vgl. 8.2.2.2 Die Ermittlung der zukünftigen Free Cash Flows. 741 ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 55; SPREMANN, 1996, 470 f.

Lei

stun

gsbe

reic

h Bereinigter

EBIT Brutto Cash Flow

Fina

nzie

rung

sber

eich

abzgl. adjustierte Steuern

zuzgl. Abschreibungen

zuzgl. / abzgl. Veränderung

der Rückstellungen

abzgl. Investitionen ins Anlagevermögen (Capital Expenditures)

abzgl. Erhöhung des NUV;

zuzgl. Verminderung des NUV

Free Cash Flows von Jahr 1 bis Jahr n

Diskon-tierung

Fremdkapitalkosten

Eigenkapitalkosten Gewichteter Kapitalkostensatz

(WACC)

Marktwert Gesamtkapital

abzgl. Marktwert

Fremdkapital

Marktwert Eigenkapital

(Shareholder Value)

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 239

( ) ( )

( ) ( ) ( ) Fnn

n

tt

tS

Fnn

n

tt

tS

Vgkk

FCFk

FCFV

oder

Vk

CVk

FCFV

−∗+

++

=

+

++

=

+

=

=

11

11

1

1

1

Im Folgenden wird auf die Ermittlung der einzelnen Komponenten für die DCF-Methode näher eingegangen.

8.2.2.2 Die Ermittlung der zukünftigen Free Cash Flows

Ausgangspunkt für die Ermittlung der Free Cash Flows bilden die normalisierten nachhalti-gen Betriebsergebnisse (EBIT), die im Rahmen der finanziellen Due Diligence von nicht betrieblichen (non-operating items) und einmaligen Sondereinflüssen (non-recurring items) bereinigt wurden.742 Auf der Basis der nachhaltigen EBITs der vergangenen zwei bis vier Jahre und des Businessplanes der Zielgesellschaft, der anhand der historischen EBITs auf seine Plausibilität überprüft wurde, können das zukünftige nachhaltige Betriebsergebnis sowie letztlich die zukünftigen Free Cash Flows folgendermassen eingeschätzt werden:

742 5.5 Die bereinigten Nettoaktiven.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 240

Nachhaltiges Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT)

./. Adjustierte Steuern des EBIT Betriebsergebnis vor Zinsen nach adjust. Steuern

(NOPLAT) + Abschreibungen

+ Erhöhung der Rückstellungen ./. Verminderung der Rückstellungen

Brutto Cash Flow ./. Erhöhung des Nettoumlaufsvermögens (NUV)

+ Verminderung des Nettoumlaufsvermögens (NUV) ./. Investitionen ins Anlagevermögen

(Capital Expenditures) Free Cash Flow

Abb. 8-2: Ermittlung der Free Cash Flows Quelle: In Anlehnung an BORN, 1995, 108 f.

Vom zukünftigen nachhaltigen EBIT sind die adjustierten Steuern abzuziehen. Die adjustierten Steuern sind jene Steuern, welche das Unternehmen bezahlen würde, wenn keine Fremdkapitalzinsen bezahlt und keine Zinseinnahmen generiert sowie keine nicht betrieblichen oder einmaligen Sondereinflüsse bestehen würden.743 Diese adjustierten Steuerzahlungen zur Ermittlung des Free Cash Flows entsprechen bewusst nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Da jedoch der Free Cash Flow finanzierungsneutral ermittelt werden soll, werden die Steuerersparnisse aufgrund der Fremdkapitalzinsen (Tax Shield) erst bei der Bestimmung des Diskontierungssatzes berücksichtigt.744 Können Verlustvorträ-ge der Zielgesellschaft in der Zukunft genutzt werden, muss der angewandte Steuersatz zur Ermittlung der adjustierten zukünftigen Steuern entsprechend angepasst werden oder als eigene Position bewertet werden.745 Das Betriebsergebnis vor Zinsen und nach Abzug der adjustierten Steuern (NOPLAT)746 muss um die Abschreibungen und Veränderungen der Rückstellungen korrigiert werden.

743 COPELAND et al., 2000, 164 f. 744 MANDL & RABEL, 1997, 317. 745 INTERVIEW mit M. Schmidli, PwC. Vgl. 7.1.2 Der Verlustvortrag. 746 Das Betriebsergebnis vor Zinsen und nach dem Abzug der adjustierten Steuern wird in der Literatur auch als Net operating profit

less adjusted taxes (NOPLAT) bezeichnet. COPELAND et al., 2000, 163.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 241

Die Abschreibungen sind zu addieren, da die Investitionsausgaben für die Berechnung der Free Cash Flows bereits vollständig als Investitionen ins Anlagevermögen (Capital Expenditures) abgezogen wurden. Die Rückstellungen wurden für ungewisse zukünftige Verpflichtungen gebildet, die aber (noch) keinen Einfluss auf den Free Cash Flow haben. Die zurückgestellten Mittel stehen der Zielgesellschaft nach wie vor zur Verfügung.747 Da die Free Cash Flows diejenigen Überschüsse des Unternehmens repräsentieren sollen, die nach der Durchführung aller Investitionsprojekte den Eigen- und Fremdkapitalgebern zur Verfügung stehen, sind somit die Investitionen ins Umlaufvermögen und ins Anlage-vermögen vom Brutto Cash Flow abzuziehen.748 Die Investitionen ins Umlaufvermögen werden anhand der Veränderung des Nettoumlaufsvermögens (net working capital) berechnet und dem Brutto Cash Flow hinzugerechnet bzw. abgezogen. Für die Ermittlung der zukünftigen Free Cash Flows müssen die zukünftigen Entwicklungen der einzelnen oben dargestellten Komponenten des Free Cash Flows eingeschätzt werden. Diese Einschätzung kann auf folgende Informationen abgestützt werden:

• Die Free Cash Flows der vergangenen zwei bis vier Jahre: Durch die Analyse der Entwicklung der Free Cash Flows in den vergangenen zwei bis vier Jahren können wichtige Anhaltspunkte über die Entwicklung bzw. Wachs-tum der zukünftigen Free Cash Flows gewonnen werden. Das bedeutet nicht, dass die vergangenen Wachstumsraten auf die Zukunft übertragen werden können, jedoch kann die zukünftige Entwicklung auch nicht völlig losgelöst von der historischen Entwicklung eingeschätzt werden.

• Die Businesspläne: Durch die finanzielle Due Diligence wurden die Businesspläne der Zielgesellschaft aufgrund der Vergangenheitszahlen und Interviews mit dem Management auf ihre Plausibilität überprüft. Aus den Businessplänen können wichtige Informationen hin-sichtlich des zukünftigen Geschäftsgangs, der geschätzten Wachstumsraten und der Investitionen ins Anlagevermögen (Capital Expenditures) gewonnen werden.749

747 KNÜSEL, 1994, 130 f. 748 DOLEZYCH, 2003, 9. 749 Vgl. 5.6 Die Beurteilung des zukünftigen Ertragspotentials.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 242

• Die Ergebnisse der kommerziellen Due Diligence: Die Ergebnisse einer allfällig durchgeführten kommerziellen Due Diligence können Aufschluss über die zukünftigen Marktentwicklungen und die Marktpositionierung der Zielgesellschaft geben, die wiederum Rückschlüsse auf die spezifischen zukünf-tigen Wachstumsraten der Zielgesellschaft zulassen.750

• Planungen und Synergien des Käufers: Der errechnete Wert der Unternehmung bildet im Rahmen einer Unternehmenstrans-aktion einen Entscheidungswert für den Käufer.751 Dadurch müssen auch die Planun-gen des Käufers hinsichtlich einer allfälligen Restrukturierung, Rationalisierung oder Stillegung von Verlustquellen sowie die realisierbaren Synergien bei der Einschät-zung der zukünftigen Entwicklung des Free Cash Flows berücksichtigt werden. Es können beispielsweise durch den Käufer Restrukturierungen und erhöhte Investitio-nen nach der Übernahme geplant sein, deren Effekte in die Ermittlung der zukünfti-gen Free Cash Flows einfliessen müssen.752

Die Free Cash Flows für die nähere Zukunft werden normalerweise über eine detaillierte Planungsperiode von fünf bis acht Jahren eingeschätzt. Für die weitere Zukunft wird das so genannte Continuing Value berechnet. Für die Festlegung des Zeitraums für die detaillierte Planungsperiode gibt es keine allgemeingültige Regel. Als Untergrenze kann jene Zeitspan-ne angesehen werden, in der noch keine stetige Entwicklung des Unternehmens angenom-men werden kann und daher die Anwendung von gleichbleibenden Wachstumsraten nicht angemessen wäre.753

8.2.2.3 Der Continuing Value

Nach der Planung und Ermittlung der Free Cash Flows für die nähere Zukunft von fünf bis acht Jahren muss für die weitere Zukunft von vereinfachten Annahmen ausgegangen

750 Vgl. 4 Die kommerzielle Due Diligence. 751 Vgl. 8.2.1 Grundlagen und verschiedene DCF-Methoden. 752 BERNASCONI & FÄSSLER, 2003, 622. 753 MANDL & RABEL, 1997, 157. MANDL & RABEL empfehlen einen Detailprognosezeitraum von mindestens sieben Jahren.

Gemäss COPELAND et al. gilt: „the explicit forecast should be long enough so that the business will have reached a steady state of operations by the end of the period. (..) The business must be operating at an equilibrium level for the continuing value approaches to be useful.” COPELAND et al., 2000, 273 f. Nach WIPFLI sollte der berücksichtigte Detailprognosezeitraum einen ganzen Investitionszyklus umfassen, innerhalb dessen sich Investitionen und Abschreibungen ausgleichen. Bei langlebigen Anlagen könnte der detaillierte Prognosezeitraum bis zu zehn Jahre umfassen. WIPFLI, 2001, 127.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 243

werden. Es wird daher ein so genannter Continuing Value754 auf das Ende der detaillierten Planungsperiode (CVn) berechnet, der mit dem gewichteten Kapitalkostensatz vom Ende der detaillierten Planungsperiode auf das Bewertungsdatum diskontiert (CV0) wird. Trotz der vereinfachten Annahme zur Ermittlung ist dem Continuing Value grosse Bedeutung zuzumessen. Insbesondere bei jungen Unternehmen bildet er den grössten prozentualen Anteil an den totalen diskontierten Free Cash Flows, da in den ersten Jahren oft ein grosser Teil des Cash Flows zur Finanzierung des Wachstums bzw. für Investitionen benötigt wird.755 Für die Berechnung des Continuing Value (CV) wird vereinfachend angenommen, dass ab dem Ende der detaillierten Planungperiode (n) der Free Cash Flow mit einer konstanten Wachstumsrate (g) zu den gleichen konstanten Kapitalkosten (k) über einen unendlichen Zeitraum wächst. Dadurch kann der Continuing Value am Ende der detaillierten Planungs-periode (CVn) mit Hilfe der Barwertformel für die ewige Rente bestimmt werden:756

( )( ) ( )

( ) ( )gkkFCFCV

odergk

FCFgk

gFCFCV

nn

nnn

−∗+=

−=

−+

=

+

+

1

1

10

1

Die Schätzung der langfristigen konstanten Wachstumsrate (g) ist mit grosser Unsicherhei-ten behaftet. Befindet sich das zu bewertende Unternehmen nicht in einer Wachstumsbran-che, wäre eine Wachstumsrate in der Höhe der Inflationsrate angemessen. Aber auch in Wachstumsbranchen muss die Wachstumsrate vorsichtig geschätzt werden, denn hohe Wachstumsraten ziehen neue Wettbewerber an, was grundsätzlich eine Senkung der individuellen Wachstumsraten der einzelnen Unternehmen zur Folge hat.757 Für die

754 Der Continuing Value wird auch als Terminal Value, Residual Value oder als Schluss-, Fortführungs- oder Restwert bezeichnet.

Darunter wird der Barwert der ewigen Rente ab einem gewissen Zeitpunkt (z.B. ab dem fünften Jahr) oder allenfalls der Exit- bzw. Liquidationswert verstanden. WIPFLI, 2001, 125.

755 BORN, 1995, 117. Gemäss einer Analyse von COPELAND et al. beläuft sich beispielsweise der Barwert des Continuing Value von Unternehmen in der Tabakindustrie auf 56% des Barwerts der gesamten diskontierten Free Cash Flows, 81% in der Sportindustrie, 100% in der Kosmetikindustrie und 125% bei Hightech Unternehmen. COPELAND et al., 2000, 267 f.

756 MANDL & RABEL, 1997, 156; DOLEZYCH, 2003, 34 ff.; ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 55. 757 BORN, 1995, 118.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 244

Einschätzung der langfristigen konstanten Wachstumsraten ist insbesondere auf die Erkenntnisse aus der kommerziellen Due Diligence abzustützen.

8.2.2.4 Die gewichteten Kapitalkosten (WACC)

Die zukünftigen Free Cash Flows der detaillierten Planungsperiode sowie der Continuing Value der weiteren Zukunft werden durch die Kapitalkosten auf das Bewertungsdatum diskontiert. Dadurch wird der Zeitwert des Geldes in der Bewertung berücksichtigt. Beim Brutto-Verfahren erfolgt die Diskontierung anhand der gewichteten Fremdkapital- und Eigenkapitalkosten (weighted average capital costs – WACC) nach Steuern. Die Gewich-tung der Eigen- und Fremdkapitalkosten innerhalb der gesamten Kapitalkosten ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital auf Marktwertbasis. Die Berechnung der Kapitalkosten kann folgendermassen dargestellt werden:758

( )hverzinslic

EKhverzinslic

FK FKEKEKk

FKEKFKskk

++

+−= 1

Die Berechnung der Komponenten zur Bestimmung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten, der Fremdkapital- und Eigenkapitalkosten sowie der Marktwerte des Fremd- und Eigenkapitals, wird im Folgenden dargestellt. 8.2.2.4.1 Die Fremdkapitalkosten und der Marktwert des Fremdkapitals

Das verzinsliche Fremdkapital (FK) setzt sich aus verschiedenen Positionen wie Darlehen, Anleihen, kurz- und langfristige Bankkredite sowie Leasingverbindlichkeiten zusammen. Aufgrund der geplanten zukünftigen Zusammensetzung des verzinslichen Fremdkapitals wird der gewichtete durchschnittliche Fremdkapitalkostensatz (kFK) berechnet. Die restlichen Fremdkapitalpositionen wie Verpflichtungen aus Lieferung und Leistung sowie Rückstellungen wurden bereits bei der Ermittlung des Free Cash Flows berücksichtigt. Für die Gewichtung des Fremdkapitals (FK/[EK+FK]) bei der Berechnung der gewichteten 758 KNÜSEL, 1994, 199.

Fremdkapitalkosten nach Steuern

Eigenkapitalkosten

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 245

durchschnittlichen Kapitalkosten (k) wird das Fremdkapital zu Marktwerten einbezogen. Wird das Fremdkapital marktgerecht verzinst, entspricht grundsätzlich der Marktwert der Fremdkapitalposition dem nominell ausstehenden Rückzahlungsbetrag und somit dem Buchwert der Fremdkapitalposition.759 Der Marktwert des Fremdkapitals dient einerseits der Berechnung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten, andererseits wird er danach vom berechneten Unternehmenswert abgezogen, sodass schliesslich der Marktwert des Eigenkapitals (Shareholder Value) bestimmt werden kann. Für Fremdkapitalpositionen, die nicht marktgerecht verzinst werden (beispielsweise Darlehen von nahestehenden Personen oder Unternehmen), muss der Marktwert und die marktübliche Verzinsung bestimmt werden. Da die Fremdkapitalzinsen von den Steuern abgezogen werden können, müssen die Fremdkapitalkosten nach Steuern (kFK x [1-s]) in die Berechnung der gewichteten durch-schnittlichen Kapitalkosten einfliessen.760 8.2.2.4.2 Die Eigenkapitalkosten

Die Eigenkapitalkosten (kEK) repräsentieren die Renditeerwartungen der Eigenkapitalgeber. Für die Bestimmung der Eigenkapitalkosten werden kapitalmarkttheoretische Modelle herangezogen. Am weitesten verbreitet ist die Berechnung der Renditeerwartungen auf der Grundlage des capital asset pricing model (CAPM):761

( )[ ]rmjrEK irik −+= µβ

Grundsätzlich setzen sich die Eigenkapitalkosten aus der Rendite für risikolose Kapitalanla-gen (ir) und einer Risikoprämie zusammen. Als risikoloser Zinssatz wird in der Praxis meistens der Zinssatz für öffentliche Anleihen bzw. Bundesobligationen mit einer Laufzeit von zehn oder zwanzig Jahren verwendet (entspricht momentan einem Zinssatz von

759 ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 56 f.; Grundsätzlich gilt der Buchwert des Fremdkapitals als eine angemessene

Approximation des Marktwertes. Der Buchwert kann jedoch insbesondere bei ändernden Renditen auf dem Bondmarkt vom Markwert abweichen. SUPERINA, 2000, 255 f.

760 MANDL & RABEL, 1997, 326 f.; VETTIGER & VOLKART, 2002, 752. 761 COPELAND et al., 2000, 54 f.; MANDL & RABEL, 1997, 288 ff. Der Risikokomponentenansatz und die Arbitrage Pricing

Theory (APT) bilden weitere Ansätze zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten. Sie werden jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt. Vgl. KNÜSEL, 1994, 204 ff.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 246

ungefähr 3.5%).762 Die Risikoprämie bildet die Differenz zwischen der durchschnittlichen erwarteten Rendite des Gesamtmarktes (u[rm]) und dem risikolosen Zinssatz (ir), korrigiert um das gegenüber dem durchschnittlichen Risiko am Aktienmarkt höhere oder niedrigere individuelle Risiko der Einzelanlage (Beta).763 Die Marktrisikoprämie ist die Differenz zwischen der Rendite des Gesamtmarktes bzw. des so genannten Marktportfolios (u[rm]) und dem risikolosen Zinssatz (ir) vor der Korrektur durch den Beta-Faktor. Gemäss langfristigen empirischen Untersuchungen kann grundsätz-lich von einer Marktrisikoprämie zwischen 4.5% und 5.5% pro Jahr ausgegangen werden.764 Das Beta steht für das Mass der Sensitivität zwischen der erwartenden Rendite aus einer Einzelanlage j und der erwartenden Rendite des Gesamtmarktes m. Es bezeichnet das Ausmass der Veränderung der Rendite einer Einzelanlage bei Veränderungen der Marktren-dite. Ein Beta von 1 bedeutet, dass die Rendite des Einzeltitels im gleichen Ausmass schwankt wie die Rendite des Gesamtmarktes, wogegen bei einem Beta von 0.2 der Einzeltitel im Vergleich zur Rendite des Gesamtmarktes weniger stark schwankt. Portale und virtuelle Marktplätze besitzen meistens Betas weit über 1, so beträgt beispielsweise das Beta von Yahoo! 3.199 und von Ebay 1.592.765 Dies bedeutet, dass die Renditen dieser Einzelanlagen überproportional auf Schwankungen der Marktrendite reagieren. Dieses höhere Risiko im Vergleich zum Gesamtmarkt muss zusätzlich entschädigt werden und schlägt sich letztlich in höheren Eigenkapitalkosten nieder.766 Die folgende Darstellung gibt einen Überblick über die Betas der grössten kotierten Portale und virtuellen Marktplätze:

762 SUPERINA, 2000, 248; BORN, 1995, 124; VETTIGER & VOLKART, 2002, 754; INTERVIEW mit M. Schmidli, PwC. Für

eine Zusammenstellung der ausstehenden öffentlichen Anleihen der Schweizerischen Eidgenossenschaft vgl. SNB, 2004, 1. 763 BORN, 1995, 125. 764 Eine Marktrisikoprämie von 4.5% bis 5% wird durch COPELAND et al. für die USA empfohlen. COPELAND et al., 2000, 220 f.

Eine Marktrisikoprämie von 5.3% für den deutschen Kapitalmarkt gemäss einer Studie von Bimberg (1991). DOLEZYCH, 2003, 27. MANDL & RABEL gehen von einer Marktrisikoprämie von 4.5% bis 5.5% aus. MANDL & RABEL, 1997, 296. Ibbotson veröffentlichte die Renditen verschiedener Kapitalanlagen von 1926 bis 1993 in der USA, woraus eine Risikoprämie von 5.1% für eine Anlage von 1926 – 1993 abgeleitet werden konnte. Born, 1995, 135 ff. Für den schweizerischen Aktienmarkt ergibt sich von 1973 bis 2001 eine Marktrisikoprämie von 4% nach geometrischer Mittelbestimmung und von 6.5% nach arithmetischer Mittelbestimmung. VETTIGER & VOLKART, 2002, 756.

765 Beta-Werte vom 7. Juni 2004, Quelle: Reuters 3000Xtra. 766 SPREMANN, 1996, 541; MANDL & RABEL, 1997, 297.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 247

Unternehmen Beta

Ebay 1.59 Freenet.de 1.33 Lastminute.com 1.86 Monster worldwide 1.47 NetonNet 0.95 QXL Ricardo.com 1.65 Stepstone.com 0.70 Terra networks 1.46 Tiscali 3.27 T-Online 1.12 Wanadoo 1.56 Yahoo! 3.20

Abb. 8-3: Überblick über Betas kotierter Portale und Marktplätze Quelle: Reuters 3000Xtra per 7. Juni 2004

Das Beta kann durch die unten aufgeführte Formel definiert werden. Dabei bildet die Varianz die statistische Beschreibung der Schwankungsbreite um den Mittelwert (Erwar-tungswert) der Rendite des Gesamtmarktes, wogegen die Kovarianz angibt, in welchem Mass sich beide Variablen miteinander bewegen:767

( ))(

,teMarktrendiVarianz

teMarktrendiiteAktienrendianzvarKo=β

Die Bestimmung des Betas bereitet in der Praxis die grössten Probleme, da die zu bewer-tenden Zielgesellschaften oft nicht-kotierte Unternehmen sind und daher nicht auf publizier-te Beta Werte (Beta Books) zurückgegriffen werden kann. Die in der Praxis gebräuchlichste Art, um Betas für nicht-kotierte Unternehmen zu berechnen, erfolgt entweder durch die Anwendung von Branchen-Betas, falls solche verfügbar sind, oder durch die Verwendung von Betas vergleichbarer Unternehmen. Vor der Anwendung von Betas vergleichbarer Unternehmen (β Vergleich) muss in einem ersten Schritt die Risikowirkung des Leverage aus

der spezifischen Fremdfinanzierung der Vergleichsunternehmen sowie die Steuereffekte der 767 BORN, 1995, 126.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 248

Fremdfinanzierung neutralisiert werden (sog. Enthebelung). Dies kann anhand der folgenden Formel ausgedrückt werden:768

[ ]( )VergleichVergleich

Vergleichungehebelt EKFKs /11 −+

β

Nach der Bestimmung des ungehebelten Durchschnittsbetas von Vergleichsunternehmen (allfällige Ausreisser werden nicht berücksichtigt), muss das Durchschnittsbeta wiederum mit der Zielkapitalstruktur multipliziert bzw. gehebelt werden, um das gesuchte Beta der Zielgesellschaft zu erhalten:769

+=

Ziel

ZielttDurchschniZiel EK

FK1ββ

8.2.2.4.3 Der Markwert des Eigenkapitals

Der Marktwert des Fremdkapitals770 kann im Allgemeinen verhältnismässig einfach berechnet werden, wogegen sich bei der Bestimmung des Marktwertes des Eigenkapitals zur Gewichtung der Eigenkapitalkosten ein Zirkularitätsproblem ergibt: der Marktwert des Eigenkapitals ist eine Grösse zur Bestimmung des Kapitalkostensatzes (WACC), kann aber erst nach der Berechnung des Kapitalkostensatzes bzw. nach der Unternehmensbewertung bestimmt werden.771 Zur Bestimmung des Marktwerts des Eigenkapitals und des Kapitalkostensatzes ist die Finanzierungsstrategie des Unternehmens zu berücksichtigen. Bei einer autonomen Finanzierungsstrategie werden im Bewertungszeitpunkt die Fremdkapitalbestände für alle künftigen Perioden spezifisch festgelegt und demzufolge unabhängig vom Unternehmens-wert geplant. Dadurch führt die autonome Finanzierungsstrategie zu variierenden Kapital-strukturen und Verschuldungsgraden. Die schwankenden Verschuldungsgrade verändern wiederum über das Beta die Eigenkapitalkosten der einzelnen Perioden und ändern die 768 SUPERINA, 2000, 275 f. Dabei wird unterstellt, dass die Fremdkapitalkosten dem risikolosen Zinsfuss entsprechen. Ausserdem

sind das Fremd- und Eigenkapital zum Marktwert zu berücksichtigen. MANDL & RABEL, 1997, 300. 769 SUPERINA, 2000, 276 f. 770 Vgl. 8.2.2.4.1 Die Fremdkapitalkosten und der Marktwert des Fremdkapitals. 771 MANDL & RABEL, 1997, 322; ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 55.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 249

periodenspezifischen Gewichtungsfaktoren für die Berechnung des WACC. Dagegen wird bei einer unternehmenswertorientierten Finanzierungsstrategie ein konstanter Verschul-dungsgrad für die künftigen Perioden festgelegt, sodass der absolute Fremdkapitalbestand anzupassen ist und dadurch der im Bewertungszeitpunkt fixierte Verschuldungsgrad eingehalten wird. Durch die Festsetzung eines konstanten Verschuldungsgrades kann auf unveränderliche Eigenkapitalkosten und Gewichtungsfaktoren für alle Perioden zurückge-griffen und der Unternehmenswert zirkularitätsfrei ermittelt werden.772 Eine andere Möglichkeit, um das Zirkularitätsproblem zu lösen, bildet eine mathematisch iterative Vorgangsweise. In einem ersten Schritt wird ein vorläufiger Marktwert des Eigenkapitals geschätzt. Aufgrund dieses Marktwerts des Eigenkapitals kann eine vorläufi-ge Kapitalstruktur ermittelt, sowie der entsprechende WACC und letztlich ein neuer vorläufiger Marktwert des Eigenkapitals abgeleitet werden. Dieses Verfahren wird so lange weitergeführt, bis der Marktwert des Eigenkapitals und die Kapitalstruktur mit der gewünschten Genauigkeit bestimmt sind.773 In der Praxis wird meistens gemäss einer unternehmenswertorientierten Finanzierungsstra-tegie eine konstante Zielkapitalstruktur bzw. ein konstanter Verschuldungsgrad für das zu bewertende Unternehmen festgelegt. Beispielsweise kann bestimmt werden, dass das verzinsliche Fremdkapital einen Viertel und das Eigenkapital drei Viertel des gesamten relevanten Kapitals (EK + verzinsl. FK) ausmachen. Demzufolge können bei der Berech-nung der Kapitalkosten die Eigenkapitalkosten zu drei Viertel und die Fremdkapitalkosten zu einem Viertel gewichtet werden, wodurch das Zirkularitätsproblem gelöst wird.774

8.2.2.5 Die Grenzen der DCF-Methode bei der Bewertung von Portalen und virtuellen Marktplätzen

Bei der Anwendung der DCF-Methode bei Portalen und virtuellen Marktplätzen stellen sich hauptsächlich die drei folgenden Probleme, die eine zuverlässige Bewertung erheblich erschweren:

772 BAETGE et al., 2005, 302; ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 56. 773 MANDL & RABEL, 1997, 322 f. 774 ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 56; INTERVIEW M. Schmidli, PwC.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 250

• Grosse Unsicherheit bezüglich des zukünftigen Geschäftsgangs: Die Einschätzung der zukünftigen Wachstumsraten eines Portals oder virtuellen Marktplatzes für die detaillierte Planungsperiode und insbesondere für die Ermittlung des Continuing Value für die weitere Zukunft ist aufgrund der technologischen Dy-namik mit grosser Unsicherheit behaftet. Niemand kann nur annähernd zuverlässig abschätzen, wie sich das Verhalten der Internet-Nutzer und der Markt für Portale und Marktplätze in den nächsten zehn Jahren entwickeln wird, und welche kritischen Er-folgsfaktoren zukünftig entscheidend sind, ob ein Portal oder Marktplatz bestehen kann.

• Keine zuverlässigen Vergangenheitsdaten (kurzer Track-Record):

Viele Portale und virtuelle Marktplätze sind junge Unternehmen, die häufig erst seit fünf oder weniger Jahren bestehen. In der Regel sind junge Unternehmen in der Auf-bauphase grossen Schwankungen hinsichtlich Investitionen, Umsatz, Gewinn und Cash Flow ausgesetzt. Es gestaltet sich daher als sehr schwierig, das zukünftige Marktumfeld, Wachstum, die zukünftigen Investitionen und Profitabilität sowie letzt-lich die zukünftigen Free Cash Flows einzuschätzen, ohne dass auf zuverlässige Ver-gangenheitsdaten abgestützt werden kann.

• Grosser Anteil des Continuing Value am Barwert der Free Cash Flows:

In der Anfangsphase der Portale und virtuellen Marktplätze besteht noch ein geringes Umsatzvolumen. Erhöhte Investitionen für die Weiterentwicklung der Website und für die Infrastruktur müssen jedoch getätigt werden. Ausserdem fallen für den Auf-bau des Kundenstammes und die Bekanntheit der Website bzw. Marke sowie für die Entwicklung der digitalen Produkte hohe Anfangskosten an. Alle diese Investitionen und Kosten in der Aufbauphase führen dazu, dass häufig negative oder nur geringe Free Cash Flows erzielt werden können. Die geringen oder sogar negativen Free Cash Flows der Portale und virtuellen Marktplätze in der detaillierten Planungsperiode haben zur Folge, dass der Barwert der diskontierten Free Cash Flows hauptsächlich durch den Barwert des Continuing Value gebildet wird. Im Extremfall kann der Anteil des Continuing Value 100% oder sogar über 100% des Barwertes der gesamten Free Cash Flows ausmachen. Jedoch gestaltet sich gerade die Einschätzung der weiteren Zukunft (beispielsweise schon ab

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 251

dem 5. Jahr nach dem Bewertungsdatum) hinsichtlich der Free Cash Flows und Wachstumsraten als sehr schwierig und ungewiss.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Hauptproblem bei der Anwendung der DCF-Methode bei Portalen und virtuellen Marktplätzen darin liegt, dass das Continuing Value der weiteren Zukunft nicht zuverlässig eingeschätzt werden kann, da die Schätzungen des zukünftigen Free Cash Flows und der konstanten Wachstumsrate nach der detaillierten Planungsperiode mit grosser Unsicherheit behaftet sind. Dies bedeutet, dass demzufolge die DCF-Methode an und für sich auf Portale und virtuelle Marktplätze angewendet werden kann, jedoch die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der relevanten Grössen mit grosser Unsicherheit behaftet ist. Es liegt somit kein Problem der Methodik, sondern ein Problem der Prognose vor.775

8.2.2.6 Mögliche Anpassung der DCF-Methode

Um die DCF-Methode zur Bewertung von Portalen und virtuellen Marktplätzen mit negativen und stark schwankenden Free Cash Flows anwenden zu können, wird in der Lehre, insbesondere durch Copeland et al. als bekannteste Vertreter der DCF-Methode, folgende Anpassung der DCF-Methode empfohlen:776

• Verschiebung des Zeitpunktes der Analyse in die Zukunft: Statt von der Gegenwart aus die zukünftigen Cash Flows einzuschätzen, wird die Analyse auf jenen Zeitpunkt in der Zukunft verlegt, von dem erwartet wird, dass sich die extrem hohen und volatilen Wachstumsraten auf ein moderates und nachhaltiges Niveau eingependelt haben, sowie ein nachhaltiger positiver Free Cash Flow erzielt werden kann (Zeitpunkt u). Je nach der Einschätzung der spezifischen Situation kann dieser Zeitpunkt fünf, zehn oder fünfzehn Jahre in der Zukunft liegen. Zu dem festge-legten Zeitpunkt in der Zukunft wird versucht, die entsprechenden bewertungsrele-vanten Grössen wie beispielsweise die Marktgrösse, Marktanteil, durchschnittlicher Umsatz pro Kunde, Anzahl Kunden, Bruttomarge und die Wachstumsrate zu definie-ren. Aus diesen Grössen können wiederum die Free Cash Flows und Wachstumsraten für eine detaillierte Planungsperiode (Periode u+n) von fünf bis zehn Jahre abgelei-tet, sowie ein Continuing Value für den Zeitraum danach bestimmt werden (CVu+n).

775 BEHR & CALIZ, 2001, 1141. 776 COPELAND et al., 2000, 315 ff.; BEHR & CALIZ, 2001, 1143 ff.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 252

Schliesslich werden die Free Cash Flows und der Continuing Value wie bei der her-kömmlichen Anwendung der DCF-Methode vom Bewertungszeitpunkt (Zeitpunkt u) auf die Gegenwart (Zeitpunkt 0) abdiskontiert. Die Formel der DCF-Methode zur Berechnung des gesamten Unternehmenswertes (VGesamt) kann bei der Verschiebung des Bewertungszeitpunkts folgendermassen mo-difiziert werden:777

( ) ( )

( )uGesamt

Gesamt

nnu

nu

utut

tGesamt

k

VV

kCV

kFCFV

u

u

+=

++

+= +

+

+=−∑

1

11

0

1

• Anwendung wahrscheinlichkeitsgewichteter Szenarien:

Da die in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren in der Zukunft liegende Situation des be-wertenden Unternehmens mit grosser Unsicherheit behaftet ist, werden verschiedene Unternehmenswerte anhand von unterschiedlichen Szenarien berechnet. Ein optimis-tisches Szenario (best case) kann vorsehen, dass beispielsweise das Portal oder der virtuelle Marktplatz in zehn Jahren zu den meist bekannten und genutzten Portalen und Marktplätzen in Europa gehört. In einem weiteren Szenario kann angenommen werden, dass das betreffende Portal oder der Marktplatz zu den zwanzig bekanntes-ten und meist genutzten Portalen und Marktplätzen in Europa gehört. Weitere pessi-mistischere Szenarien (worst cases) können beispielsweise davon ausgehen, dass das Portal oder der Marktplatz zu den bekanntesten Portalen und Marktplätzen in der Schweiz und Deutschland gehört oder im schlechtesten Fall nur eine gewisse natio-nale Bedeutung zukommt. Für jedes Szenario wird der entsprechende Unterneh-menswert anhand der DCF-Methode berechnet und die prozentuale Wahrscheinlich-keit eingeschätzt, dass dieses Szenario eintritt. Die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller Szenarien ergibt 100%. Schliesslich ergibt die Summe der Unternehmenswerte jedes Szenarios gewichtet mit der entsprechenden Eintretenswahrscheinlichkeit den gesuchten Unternehmenswert.

777 Vgl. 8.2.2.1 Grundlagen.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 253

• Analyse der Werttreiber für die Festlegung der Szenarien: Um die oben beschriebenen Szenarien festlegen zu können, müssen die relevanten Werttreiber identifiziert und untersucht werden. Für Portale und virtuelle Marktplätze können insbesondere die folgenden Werttreiber identifiziert werden:

Durchschnittlicher jährlicher Umsatz pro Kunde aus Bezahldiensten Durchschnittlicher jährlicher Werbeumsatz pro Werbepartner Durchschnittlicher jährlicher Umsatz pro Marktplatz-Partner Bruttomarge bei den Bezahldiensten, Werbe- und Marktplatzeinnahmen Durchschnittliche Akquisitionskosten je Kunde, Werbepartner und Markt-

platz-Partner Jährliche Abwanderungsquote von Kunden, Marktplatz- und Werbepartnern

Durch die Verschiebung des Zeitpunktes der Analyse in die Zukunft scheint, das Problem von negativen oder stark schwankenden Free Cash Flows umgangen werden zu können. Durch die Einführung der wahrscheinlichkeitsgewichteten Szenarien aufgrund der identifizierten Werttreiber kann der Flexibilität der zukünftigen Unternehmensentwicklung Rechnung getragen werden. Negative zukünftige Entwicklungen bis hin zu einem mögli-chen Scheitern können einfach anhand der Szenarien einbezogen werden, ohne dass der Diskontsatz um eine zusätzliche Risikoprämie erhöht werden muss. Grundsätzlich bringen die Anpassungen der DCF-Methode eine Verbesserung im Vergleich zur herkömmlichen Anwendung, da die Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der bewertungs-relevanten Grössen durch die Anwendung der Szenariotechnik auf eine einfache Weise vermindert werden kann.778 Copeland et al. geben jedoch keine Anhaltspunkte wie die Brücke von der Gegenwart zum Bewertungszeitpunkt in der Zukunft und insbesondere negative Free Cash Flows in dieser Periode (sog. Cash Drains) in die Bewertung einfliessen sollten. Die negativen Free Cash Flows in der Anfangsperiode können jedoch nicht einfach ignoriert werden. Sie entstehen häufig aufgrund erhöhter Forschungs- und Entwicklungskosten für die Website und die digitalen Produkte, durch Werbekosten für den Aufbau des Brands und des Bekanntheits-grades des Portals oder des virtuellen Marktplatze sowie durch Investitionen ins Anlage-vermögen wie beispielsweise in die Hardware. Die Schlussfolgerung, der Wert des Unternehmens würde erst in der Zukunft geschaffen, ist nicht korrekt, da gerade diese

778 BEHR & CALIZ, 2001, 1144.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 254

Anfangsinvestitionen hauptsächlich den Grundstein für die spätere Unternehmensentwick-lung und das Wertschaffungspotenzial bildet.779 Werden die negativen Free Cash Flows in der Periode zwischen Gegenwart und dem Bewertungszeitpunkt in der Zukunft als Anfangsinvestitionen für die spätere Unterneh-mensentwicklung betrachtet, muss konsequenterweise der Unternehmenswert um diese Beträge reduziert werden. Dabei sind die negativen Free Cash Flows in einem ersten Schritt entweder auf die Gegenwart abzudiskontieren (VCash Drains 0) oder zum Bewertungszeitpunkt in der Zukunft aufzurechnen und in einem zweiten Schritt vom Unternehmenswert des entsprechenden Zeitpunktes in Abzug zu bringen. Die Diskontierung der negativen Free Cash Flows kann jedoch nicht mit den gewichteten Kapitalkosten (WACC) erfolgen, da ein höherer WACC bzw. eine höhere Risikoprämie zu einem tieferen negativen Barwert führt, wogegen die Anwendung eines tieferen WACC einen höheren negativen Barwert ergibt. Dieses Dilemma kann durch eine Annäherung gelöst werden, indem anstelle des WACC der risikolose Zinssatz (r), z.B. 3.5%, zur Hilfe genommen wird oder auf eine Diskontierung verzichtet wird und einfach die kumulierten negativen Free Cash Flows vom Unterneh-menswert in der Gegenwart abgezogen werden.780 Die Anpassung der DCF-Methode zur Berechnung des gesamten Unternehmenswertes (VGesamt) unter Berücksichtigung von negativen Free Cash Flows kann demzufolge folgendermassen zusammengefasst werden:

( ) ( )

( )

( ) 00

0

1

1

11

1

1

DrainsCashuGesamt

Gesamt

u

tt

tDrainsCash

nnu

nu

utut

tGesamt

Vk

VV

rFCFV

kCV

kFCFV

u

u

−+

=

+=

++

+=

=

++

+=−

779 ACHLEITNER & NATHUSIUS, 2004, 45. 780 INTERVIEW mit M. Schmidli, PwC.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 255

8.3 Die marktwertorientierte Bewertung Der Grundgedanke der marktwertorientierten Bewertung liegt darin, dass nicht auf subjektiv eingeschätzte Grössen wie die Free Cash Flows, der Diskontierungssatz oder die Wachs-tumsraten abgestützt werden soll, sondern die Beurteilungsbasis durch den Quervergleich mit Drittunternehmen und durch die Einschätzung des Kapitalmarktes objektiviert wird. Der Wert der Unternehmen wird aus Börsenkurswerten oder anderen realisierten Marktpreisen vergleichbarer Unternehmen abgeleitet. Demzufolge ist ein funktionsfähiger Kapitalmarkt, welcher sich durch die Eigenschaften der Informationsverarbeitung, Liquidität, geringe Transaktionskosten und Markteffizienz auszeichnet, die Voraussetzung für die Anwendung dieser Bewertungsmethode.781 8.3.1 Arten der marktwertorientierten Bewertung Folgende Arten der marktwertorientierten Bewertung können unterschieden werden:782

• Die Similar Public Company-Methode (SPCM) • Die Recent Acquisitions-Methode (RAM)783 • Die Initial Public Offerings-Methode (IPO)

Die drei Methoden unterscheiden sich lediglich darin, dass verschiedene Basisgrössen zur marktwertorientierten Bewertung herangezogen werden. Bei der Similar Public Company-Methode dient der Marktwert von vergleichbaren börsennotierten Unternehmen als Basisgrösse. Die Recent Acquisitions-Methode stützt sich auf die tatsächlich gezahlten Kaufpreise für vergleichbare Unternehmen. Da jedoch bei Akquisitionen häufig der Kaufpreis nicht öffentlich bekannt gegeben wird, kann die Datenbeschaffung bei der RAM-Methode zu erheblichen Problemen führen.784 Bei der Initial Public Offerings-Methode wird der Emissionspreis der Börseneinführung von vergleichbaren Unternehmen als Vergleichs-grösse verwendet.785

781 HAIL & MEYER, 2002, 575; CHERIDITO & HADEWICZ, 2001, 321. 782 MANDL & RABEL, 1997, 259. 783 Die Recent Aquisitions-Methode wird häufig auch als Comparable Transactions-Ansatz bezeichnet. ACHLEITNER &

NATHUSIUS, 2004, 123. 784 Wichtig ist hierbei, dass nicht der Kaufpreis, der mit der Bekanntgabe der Transaktion publik gemacht wurde, als Basisgrösse in

die Bewertung einfliesst, sondern der Kaufpreis nach dem definitiven Abschluss des Geschäfts (Closing) für den Vergleich herangezogen wird. Diese Daten werden jedoch nur selten publik gemacht. WIPFLI, 2001, 153 f.

785 KRINGS & DIEHM, 2001, 1134; CHERIDITO & HADEWICZ, 2001, 322.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 256

Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die SPCM-Methode, da sie in der Praxis des Investment Banking und Private Equity aufgrund der Einfachheit der Unternehmens-wertbestimmung neben der RAM-Methode am häufigsten verwendet wird und sich im Vergleich zur RAM-Methode die Datenbeschaffung wesentlich einfacher gestaltet.786 Durch den Austausch der zugrunde liegenden Basisgrössen können jedoch auch die anderen Methoden leicht nachvollzogen werden. 8.3.2 Die Auswahl von Vergleichsunternehmen Die Auswahl von geeigneten Vergleichsunternehmen (sog. Peer Group) gilt als eine der Hauptschwierigkeiten bei der marktorientierten Bewertung. Dabei kann die Auswahl beispielsweise anhand der folgenden Kriterien erfolgen:787

• Branchenzugehörigkeit • Geographische Verbreitung bzw. Absatzmärkte • Grösse des Unternehmens • Phase des Lebenszyklus • Produktsortiment • Image und Marktposition • Rentabilität und Margen • Umsatz-, Kosten- und Ergebnisentwicklung • Marktliquidität der Aktien • Vermögens- und Kapitalstruktur • Aktionärsstruktur

Grundsätzlich muss jedoch festgehalten werden, dass keine vollständig vergleichbaren Unternehmen gefunden werden können. Bei jeder marktorientierten Bewertung gilt es die Kriterien für die Auswahl der Vergleichsunternehmen neu zu definieren, sodass eine möglichst weitgehende Vergleichbarkeit mit der zu bewertenden Gesellschaft erreicht werden kann.788

786 WIPFLI, 2001, 249. INTERVIEW mit M. Schmidli, PwC. 787 CHERIDITO & HADEWICZ, 2001, 321 f.; BORN, 1995, 175. 788 CHERIDITO & HADEWICZ, 2001, 322.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 257

8.3.3 Die Anwendung der Similar Public Company-Methode (SPCM) Nach der Auswahl von geeigneten Vergleichsunternehmen müssen deren Eigenkapital- bzw. Gesamtkapitalmarktwerte erhoben werden und mit der gewählten Vergleichsgrösse wie Umsatz, EBITDA, Cash Flow oder Buchwert in Beziehung gesetzt werden:789

×=

nunternehmeVergleichs

nunternehmeVergleichsZielZiel V

MWVMW

Der Marktwert (MW) der Zielgesellschaft ergibt sich aus der Multiplikation der Vergleichs-grösse (V) der Zielgesellschaft mit dem Quotient aus dem Marktwert und der Vergleichs-grösse des Vergleichsunternehmens. Der Quotient des Vergleichsunternehmens wird als Multiplikator oder Multiple bezeichnet. Für alle Vergleichsunternehmen der Peer Group werden die entsprechenden Multiplikatoren bestimmt, worauf gemäss den Einschätzungen des Bewerters ein repräsentativer Multiplikator, der Median oder ein Durchschnittswert der Multiplikatoren zur Bewertung des Marktwertes der Zielgesellschaft verwendet werden kann.790 Wie bei der DCF-Methode ist auch bei der marktwertorientierten Bewertung zu entschei-den, ob das Unternehmen auf der Gesamtkapitalebene (Entity-Approach) oder auf der Eigenkapitalebene (Equity-Approach) bewertet werden soll. Dabei bestimmt jeweils die gewählte Vergleichsgrösse im Nenner der Multiples, ob im Zähler der Marktwert des Gesamtkapitals (Marktwert des Eigenkapitals und Marktwert des verzinslichen Fremdkapi-tals) oder nur der Marktwert des Eigenkapitals verwendet wird. Wird der Umsatz, EBITDA, EBIT oder Cash Flow als Vergleichsgrösse gewählt, muss der Marktwert des Gesamtkapi-tals als Zähler verwendet werden, da diese Vergleichsgrössen mit dem gesamten investier-ten Kapital generiert wurden. Bildet hingegen der Reingewinn die Vergleichsgrösse, wird er mit dem Marktwert des Eigenkapitals in Beziehung gesetzt, da beim Reingewinn die Fremdkapitalkosten bereits abgezogen wurden.791 789 MANDL & RABEL, 1997, 261. 790 MANDL & RABEL, 1997, 261. 791 CHERIDITO & HADEWICZ, 2001, 322 f.

Multiplikator / Multiple

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 258

Da (junge) Portale und virtuelle Marktplätze häufig einen Reinverlust ausweisen, müssen der Umsatz, EBITDA, EBIT und Cash Flow, sofern sie positiv sind, als Multiples zur Bewertung verwendet werden. Ausserdem kann die Anzahl der registrierten Kunden als Vergleichsgrösse dienen. Je nach der spezifischen Situation des zu bewertenden Portals oder des Marktplatzes kann die Bewertung anhand der folgenden Multiples durchgeführt werden:792

• Marktwert des Gesamtkapitals/Umsatz-Multiple • Marktwert des Gesamtkapitals/EBITDA-Multiple • Marktwert des Gesamtkapitals/EBIT-Multiple • Marktwert des Gesamtkapitals/Cash Flow-Multiple • Marktwert des Gesamtkapitals/Anzahl Kunden-Multiple

Gemäss einer Branchenanalyse anhand der CDAX-Unternehmen wurden per Juni 2004 für die Internet-Branche in Deutschland ein EBIT-Multiple von 13.4x und ein Umsatz-Multiple von 0.6x berechnet. Dabei handelt es sich um gewichtete Branchendurchschnitte, die jedoch im Einzelfall nur beschränkt angewendet werden können.793 Je nach spezifischen Eigenhei-ten des Portals oder Marktplatzes muss eine möglichst vergleichbare Peer-Group gebildet werden, woraus die für die Bewertung benötigen Multiples abgeleitet werden können. Die Schwierigkeit eine passende Peer-Group von Vergleichsunternehmen zu finden und angemessene Multiples für die Zielgesellschaft abzuleiten, lässt sich anhand der grossen Spannbreite der Multiples der kotierten Portale und virtuellen Marktplätze in der folgenden Zusammenstellung illustrieren:

792 WIPFLI, 2001, 151. In der Praxis wird insbesondere bei Banken und Versicherungen häufig die Bewertung anhand des

Eigenkapital/Buchwert-Multiple (Market/Book-Multiple) durchgeführt. Für Portale und virtuelle Marktplätze wäre jedoch dieses Multiple bedeutungslos, da nur ein geringer Zusammenhang zwischen Substanz und Marktwert des Eigenkapitals besteht. CHERIDITO & HADEWICZ, 2001, 323.

793 DENTZ, 2004, 2.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 259

Umsatz- EBITDA- P/E-Multiple Unternehmen Multiple Multiple (Forward)

Ebay 23.04 70.44 55.99 Freenet.de 2.90 13.16 23.51 Lastminute.com 5.66 N/A N/A Monster worldwide 4.36 38.92 33.04 Terra networks 2.46 N/A N/A T-Online 6.81 33.83 39.48 Wanadoo 2.91 30.42 42.02 Web.de 7.30 N/A 78.02 Yahoo! 20.46 95.08 73.89

Abb. 8-4: Überblick über Multiples kotierter Portale und Marktplätze Quelle: OnVista.de per 8. Juni 2004

So wird beispielsweise für T-Online ein Umsatz-Multiple von 6.81x errechnet. Dagegen besitzt Wanadoo nur ein Umsatz-Multiple von 2.91x, obwohl beide zu den grössten europäischen Portalen gehören und ihre Geschäftsmodelle zu einem grossen Teil deckungs-gleich sind. Der durch die Multiples ermittelte Unternehmenswert beruht auf Börsenkurswerten, welche sich auf Minderheitsanteile an börsennotierten Unternehmen beziehen. Handelt es sich beim zu bewertenden Unternehmen um eine nicht-kotierte Gesellschaft ist aufgrund der geringen Fungibilität (discount for lack of marketability) der Aktien ein so genannten Immobilitäts-abschlag vom Unternehmenswert vorzunehmen. Ein objektives Mass für die Höhe des Immobilitätsabschlages existiert nicht und muss individuell durch den Bewerter einge-schätzt werden. In der Regel liegt der Immobilitätsabschlag bei Minderheitsbeteiligungen zwischen 25% und 45%.794 Übernimmt ein Käufer das gesamte Unternehmen bzw. die Mehrheit der Anteile gilt es auf den errechneten Unternehmenswert, der auf börsennotierte Minderheitsanteile beruht, einen pauschalen Zuschlag, die so genannte Kontrollprämie (control premium) oder Paketzu-

794 BORN, 1995, 178; MANDL & RABEL, 1997, 263.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 260

schlag, zu erheben. Der Zuschlag kann je nach den Absichten des Käufers zwischen 20% und 50% des errechneten Unternehmenswertes liegen.795 8.3.4 Die Grenzen der marktorientierten Bewertung bei Portalen und virtuellen

Marktplätzen Die Grenzen der Anwendung von Multiples zur Bewertung von Portalen und virtuellen Marktplätzen lassen sich folgendermassen zusammenfassen:796

• Reinverlust und negativer Cash Flow: Weist das Portal oder der Marktplatz einen Reinverlust oder einen negativen Cash Flow aus, können die in der Praxis am weitesten verbreiteten Price/Earnings-Multiple (P/E-Multiple oder Kurs-Gewinn-Verhältnis – KGV) sowie die Cash Flow-Multiples nicht angewendet werden. Es ist daher auf EBITDA- oder sogar auf Umsatz-Multiples auszuweichen. Die Umsatz-Multiples sind jedoch wenig aussagekräftig, da sie nicht die Kostenstruktur berücksichtigen.797

• Vergleichbare Unternehmen: Es gestaltet sich als sehr schwierig, eine sinnvolle Peer Group von vergleichbaren Unternehmen für Portale und virtuelle Marktplätze zu finden. Für grosse börsenko-tierte Portalunternehmen wie Wanadoo, T-Online, Tiscali sind Marktdaten verfügbar, jedoch sind diese Unternehmen meistens auch im Access-Geschäft (ISP) tätig, wo-durch die Vergleichbarkeit mit einem reinen Portal wieder eingeschränkt ist.798

• Fungibilität der Aktien: Börsenkotierte Unternehmen sind viel liquider als privat gehaltene Gesellschaften. Demzufolge können kotierte Unternehmen nur beschränkt mit nicht-kotierten Unter-nehmen verglichen werden. Nicht-kotierte Portale und Marktplätze werden demzu-folge mit einem hohen Immobilitätsabschlag belastet, was den berechneten Unter-nehmenswert erheblich senkt.

795 BORN, 1995, 179; MANDL & RABEL, 1997, 263. 796 WIPFLI, 2001, 153. 797 INTERVIEW mit M. Schmidli, PwC. 798 Vgl. 4.2 Haben die Internet Service Provider einen Wettbewerbsvorteil im Portalgeschäft?

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 261

• Über- oder Unterbewertung des gesamten Marktes: Falls der gesamte Markt oder der Markt für einzelne Branchen aufgrund übertriebe-ner Erwartungen sowie aufgrund einer allgemeinen Aktien- und Börseneuphorie überbewertet ist, wird die entsprechende Überbewertung der Vergleichsunternehmen bei der Bewertung der Zielgesellschaft übernommen.799 Das gleiche Problem stellt sich analog bei Unterbewertungen des gesamten Marktes oder einzelner Branchen.

• Unterschiede in der Rechnungslegung: Werden bei der Zielgesellschaft und den Vergleichsunternehmen sowie zwischen den Vergleichsunternehmen verschiedene Rechnungslegungsstandards angewendet, kann dies dazu führen, dass die entsprechenden Vergleichsgrössen nur noch beschränkt miteinander vereinbar sind. Beispielsweise verbuchen einige Portale und Marktplätze Werbetauschgeschäfte unter gewissen Bedingungen als Umsatz, wogegen andere Un-ternehmen sie kategorisch nicht erfassen. Ein Teil der Portale und Marktplätze ver-sucht möglichst viele Aufbaukosten und Entwicklungskosten zu aktivieren, hingegen werden sie bei anderen Gesellschaften direkt als Kosten ausgewiesen.

• Kreative Multiples: Da viele Portale und Marktplätze einen Reinverlust und negativen Cash Flow aus-weisen, wird häufig versucht Hilfskonstrukte, wie Anzahl Kunden oder Durch-schnittseinkommen pro Kunde, als Vergleichsgrössen zur Bewertung heranzuziehen. Bei einer Vergleichsgrösse auf der Grundlage von Anzahl Kunden ist jedoch grosse Vorsicht geboten. Es ist unklar, welche Kunden einbezogen wurden und lässt da-durch Spielraum für mögliche Manipulationen. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob alle registrierten Kunden eines Portals oder nur die umsatzgenerienden Kunden gezählt werden. Es ist dadurch zu empfehlen, dass solche kreativen Multiples nur zu-sammen mit klassischen Multiples wie EBITDA- oder Umsatz-Multiples angewendet werden.

Abschliessend kann festgehalten werden, dass die marktwertorientierte Bewertung zwar im ersten Moment als leicht und schnell durchführbar erscheint. Muss jedoch der spezifischen Situation eines bestimmten (jungen) Portals oder Marktplatzes in Privatbesitz Rechnung getragen werden, sind der marktorientierten Bewertung erhebliche Grenzen gesetzt. Es

799 BEHR & CALIZ, 2001, 1140.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 262

empfiehlt sich, die marktwertorientierte Bewertung zur Ergänzung oder Plausibilisierung von anderen Bewertungsmethoden wie beispielsweise der DCF-Methode anzuwenden.

8.4 Der Realoptionsansatz 8.4.1 Allgemein Unter einer Realoption wird das Recht, aber nicht die Pflicht, verstanden, während eines vereinbarten Zeitraumes im Sinne einer amerikanischen Option oder zu einem festgelegten Zeitpunkt im Sinne einer europäischen Option zu im Voraus festgelegten Kosten (dem Basis- oder Ausübungspreis) in bestimmter Weise tätig zu werden. Die Realoptionen sind eine Weiterentwicklung von Finanzoptionen, wobei sie nicht Rechte im juristischen Sinne darstellen, sondern wirtschaftliche Handlungsspielräume bzw. Flexibilität des Manage-ments.800 Es werden grundsätzlich drei Arten von Realoptionen unterschieden: die Wachstums- und Erweiterungsoptionen, die Verschiebungsoptionen sowie die Ausstiegsoptionen. Die Wachstums- und Erweiterungsoptionen (Call-Option) umfassen alle Bereiche, welche Möglichkeiten für eine zukünftige positive Entwicklung des Geschäftsfeldes schaffen; beispielsweise Akquisitionen, Ausbau der bestehenden Kapazitäten oder Investitionen in IT-Infrastruktur. Die Verschiebungsoptionen ergeben sich dadurch, dass unter Unsicherheit eine nicht reversible Investitionsentscheidung durch das Management bis zum Eintreffen neuer, verbesserter Informationen verschoben werden kann. Schliesslich bilden die Ausstiegsoptionen (Put-Option) die Möglichkeit, bei schlechter Entwicklung aus einem Projekt auszusteigen. So kann beispielsweise bei schlechter Auftragslage die Kapazität entsprechend gesenkt werden.801 Die Unternehmensentscheidungen müssen jeweils unter Unsicherheit getroffen werden und basieren auf den Einschätzungen der zukünftigen Chancen und Risiken am entsprechenden Entscheidungszeitpunkt. Erhält das Management zu einem späteren Zeitpunkt neue Informationen, welche sich nicht mehr mit den ursprünglichen Einschätzungen decken, ist es gezwungen, ihren ursprünglichen Entscheid an die neue Ausgangslage anzupassen (beispielsweise kann eine Investition verschoben, verändert, ausgebaut oder gestoppt

800 COPELAND & ANTIKAROV, 2002, 21; BUCHER et al., 2002, 779; OBRIST & MUFFLER, 2000, 35. 801 BUCHER et al., 2002, 780; SCHÄRER & BOTTERON, 2001, 1122 f.; REICH-ROHRWIG, 2001, 46 f.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 263

werden). Diese Flexibilität des Managements in der operativen Umsetzung der Strategie wird als Realoption betrachtet und schafft einen zusätzlichen Wert für das Unternehmen. Je grösser die Unsicherheit, desto wertvoller wird die Flexibilität bzw. die Realoption.802 8.4.2 Werttreiber von Realoptionen Analog zu den Finanzoptionen wird der Wert der Realoptionen durch fünf Basis-Werttreiber bestimmt:803

• Der Wert des zugrundliegenden risikobehafteten Objektes: Steigt der Wert der zugrundeliegenden Investition, steigt auch der Wert der entspre-chenden Option. Der Wert des zugrundeliegenden Objektes ergibt sich durch den Barwert der erwarteten Cash Flows.

• Der Basis- oder Ausübungspreis bzw. der Barwert der Investitionsausgaben: Der Ausübungspreis einer Option bildet jener Geldbetrag, der bei der Optionserfül-lung fällig wird. Bei den Realoptionen wird der Ausübungspreis durch die Investiti-onskosten repräsentiert. Steigen die Investitionskosten, verringert sich der Netto-Barwert der Investition (Barwert der erwarteten Cash Flows abzüglich Barwert der Investitionsausgaben). Dadurch sinkt auch der Wert der Call-Option bzw. steigt der Wert der Put-Option.

• Die Zeitspanne der Investitionsmöglichkeit: Je länger die Laufzeit der Option, desto höher ist grundsätzlich der Optionswert.

• Volatilität bzw. Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Cash Flows:

Je grösser die Streuung bzw. die Volatilität der erwarteten Cash Flows, desto höher ist der Optionswert.

• Der risikolose Zinssatz: Steigt der risikolose Zinssatz, erhöht sich auch der Wert der Option.

802 SCHÄRER & BOTTERON, 2001, 1122 f. 803 COPELAND et al., 2000, 399 f.; COPELAND & ANTIKAROV, 2002, 22 f.; BUCHER et al., 2002, 782.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 264

Nach der Festlegung dieser Parameter kann anhand eines Optionspreismodells (Black & Scholes- oder Binominalmodell) der Wert der einzelnen Realoptionen berechnet werden.804 8.4.3 Der additive Realoptionsansatz und die Equity Realoptionen Bei der Bewertung nach dem Realoptionenansatz können zwei verschiedene Verfahren unterschieden werden: der additive Realoptionsansatz und die Equity Realoptionen. Beim additiven Realoptionsansatz werden zuerst die einzelnen Optionen einer Gesellschaft identifiziert und mit Hilfe eines Optionspreismodells bewertet. Diese Optionen bilden Handlungsflexibilitäten, die einen zusätzlichen Wert zum statischen Unternehmenswert der DCF-Methode erbringen. Dies lässt sich anhand der folgenden Formel veranschaulichen:

AusstiegngVerschiebu Wachstum DCFerweitert OptionOptionOptionUWUW +++=

Der erweiterte Unternehmenswert (UWerweitert) setzt sich somit aus dem Barwert der zukünftigen Free Cash Flows (UWDCF) und den Optionswerten aus allfällig vorhanden Wachstums-, Verschiebungs- und Ausstiegsoptionen zusammen. Der erweiterte Unterneh-menswert kann nie kleiner als der statische DCF-Wert werden, da ein Optionswert nicht negativ sein kann.805 In der oben dargestellten Formel des erweiterten Unternehmenswertes (UWerweitert) werden die einzelnen Optionswerte zum DCF-Wert addiert. Es wird jedoch vernachlässigt, dass die einzelnen Realoptionen untereinander interagieren können. Die Interaktion zwischen den Realoptionen fällt dabei meistens negativ aus: der gesamthafte Wert aller Realoptionen unter Berücksichtigung der Interaktionseffekte ist kleiner als die Summe der einzelnen Optionswerte. Eine negative Interaktion ergibt sich beispielsweise zwischen einer Aus-stiegsoption und einer Wachstumsoption, wenn durch die Ausübung der Ausstiegsoption die Wachstumsoption vernichtet wird. Dementsprechend gilt es immer vorsichtig zu prüfen, inwieweit die Realoptionen einzeln oder aufgrund von Interaktionseffekten in ihrer Gesamtheit bewertet werden können.806 804 BUCHER et al., 2002, 780. Auf die konkrete Berechnung anhand des Black & Scholes-Modells wird auf die weiterführende

Literatur verwiesen. Vgl. KRAUS, 1997, 213 ff. 805 SUTER, 2003, 109; KRINGS & DIEHM, 2001, 1136; BUCHER et al., 2002, 780. 806 SUTER, 2003, 115.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 265

Die Equity Realoptionen basieren auf der Analogie zwischen dem bezahlten Aktienpreis und einer bezahlten Optionsprämie. Der Wert einer Aktie wird dabei als Realoption bewertet. Der maximale Verlust eines Aktionärs ist analog zu den Finanzoptionen auf die Höhe des Kaufpreises der Aktie beschränkt. Der Basiswert der zugrundeliegenden Unternehmung wird durch den Barwert der zukünftigen Free Cash Flows gebildet. Als Ausübungspreis gilt der Barwert des Fremdkapitals. Gemäss der Idee der Equity Realoptio-nen besitzt ein Unternehmen nur dann einen Wert, wenn der Basiswert (DCF-Wert) den Ausübungspreis (Barwert des Fremdkapitals) übersteigt. Wird beispielsweise ein Unter-nehmen verkauft, erhalten die Aktionäre theoretisch die Differenz zwischen dem Barwert der zukünftigen Cash Flows und dem Barwert des Fremdkapitals. Wird die Gesellschaft liquidiert, besitzt das Unternehmen nur dann einen Wert, wenn der Liquidationserlös das Fremdkapital übersteigt. Der Wert einer Equity Realoption in Form einer Aktie besteht demzufolge aus dem inneren Wert der Option (Basiswert abzüglich Ausübungspreis) sowie aus dem Zeitwert. Der Zeitwert repräsentiert dabei die Chance, dass über die Restlaufzeit der Option der Barwert der zukünftigen Free Cash Flows den Barwert des Fremdkapitals übersteigt.807 8.4.4 Die Anwendung des Realoptionsansatzes auf Portale und virtuelle Marktplätze Die Bewertung von Portalen und virtuellen Markplätzen zeichnet sich durch hohe Unsi-cherheit aus, was die Anwendung des Realoptionsansatzes empfehlen würde. Folgende Realoptionen können dabei insbesondere identifiziert werden:

• Grosse Werbekampagnen zur Förderung des Bekanntheitsgrades: Grosse Werbekampagnen im Internet, Print-Medien und TV zur Förderung des Be-kanntheitsgrades des Portals oder Marktplatzes und zur Positionierung des Namens bzw. der Marke können als Realoptionen betrachtet werden. Das Management besitzt die Flexibilität, die Werbekampagne je nach Resonanz zu verschieben, auszubauen oder einzustellen.

• Entwicklung der Website und von digitalen Produkten:

Im Rahmen der Entwicklung bzw. Weiterentwicklung der Website und des Angebots in Form von digitalen Produkten besteht die Flexibilität des Managements, diese Pro-jekte auszubauen, sie zu verschieben bis bessere Informationen über die Kundenbe-

807 BUCHER et al., 2002, 782.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 266

dürfnisse und Markttrends vorhanden sind, oder sie sogar einzustellen, wenn sie nicht die gewünschte Anerkennung bei den Kunden finden.

• Investitionen in die IT-Infrastruktur:

Die kostspieligen Investitionen in die IT-Infrastruktur (Server, Netzwerke, etc.) kön-nen als Realoptionen angesehen werden. Das Management besitzt die Flexibilität, solche Investitionen zu verschieben, zu erweitern, oder die Investitionen zu reduzie-ren.

In diesen drei Bereichen gilt es die entsprechende Flexibilität des Managements bzw. die Realoptionen anhand eines Optionspreismodells zu bewerten. Der resultierende Optionswert aller Realoptionen kann zum statischen DCF-Wert addiert werden (additiver Realoptions-ansatz), sodass im Vergleich zum DCF-Wert ein angemessener Unternehmenswert bestimmt und der hohen Unsicherheit Rechnung getragen werden kann. 8.4.5 Die Grenzen der Anwendung des Realoptionsansatzes Der Realoptionsansatz stellt eine gute Ergänzung zu anderen Verfahren der Unternehmens-bewertung wie die DCF-Methode oder die marktorientierte Bewertung dar, denn gerade in einem dynamischen und risikoreichen Marktumfeld kann das Management nicht an einem festgelegten Investitions- und Geschäftsplan festhalten, sondern muss situationsbedingt hinsichtlich der zukünftigen Chancen und Gefahren flexibel reagieren. Die Vernachlässi-gung der Handlungsflexibilität des Managements würde zu einer Unterbewertung des Portals oder Marktplatzes führen.808 Die Grenzen der Anwendung des Realoptionsansatzes liegen in der Komplexität des Modells. Die relevanten Werttreiber müssen geschätzt oder anhand von Vergleichsunter-nehmen hergeleitet werden und bilden meistens sehr subjektive Annahmen (beispielsweise hinsichtlich der Volatilität der zukünftigen Free Cash Flows oder hinsichtlich des Zeitrau-mes der Option). Die Komplexität der Herleitung der Werttreiber ist der Grund, warum das Konzept des Realoptionsansatzes in der Praxis als akademisch beurteilt wird und wenig verbreitet ist.809

808 BEHR & CALIZ, 2001, 1142. 809 WIPFLI, 2001, 147; BEHR & CALIZ, 2001, 1142; BUCHER et al., 2002, 785.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 267

8.5 Bewertungsansätze bei Venture Capital-Transaktionen Im Rahmen einer Übernahme durch einen Venture Capitalist werden die oben dargelegten Methoden zur Bewertung der Zielgesellschaft modifiziert, sodass sie dem Hauptanliegen des Venture Capitalist Rechnung tragen: die von ihm geforderte Mindestrendite der Investition (Internal Rate of Return – IRR). Im Folgenden werden zwei Methoden darge-stellt, die in der Praxis im Rahmen von Venture Capital-Transaktionen am häufigsten verwendet werden, um eine Zielgesellschaft zu bewerten.810 8.5.1 Das Konzept des Internal Rate of Return (IRR) Dem Konzept des Internal Rate of Return (oder auch sog. Konzept des internen Zinsfusses) liegt das Bewertungsverfahren des Net Present Value (Kapitalwert) zugrunde. Gemäss dem Net Present Value-Verfahren wird eine Investition dann durchgeführt, wenn der Barwert der zukünftigen Cash Flows (DCF-Wert) mindestens die Ausgaben der Investition übersteigen bzw. der Net Present Value (NPV) positiv ist:811

nInvestitioDCFNPV schaftZielgesellschaftZielgesell −=

Aufbauend auf dem Net Present Value-Verfahren kann der Internal Rate of Return berechnet werden. Der Internal Rate of Return bildet denjenigen Zinssatz, mit dem die zukünftigen Free Cash Flows der Unternehmung (Cash Inflows) und der Restwert der Unternehmung über einen Zeitraum N diskontiert werden müssen, um nach Abzug der Investitionsausgaben (Cash Outflows) einen Net Present Value von Null zu erhalten:812

( ) ( ) ( )0

11 00

=+

−+

++ ∑∑

==

N

ii

iN

ii

iNN

IRROutflowCash

IRRInflowCash

IRR1Restwert

In der Praxis wird meistens eine Mindestverzinsung der Investition als Internal Rate of Return durch den Venture Capitalist vorgegeben (sog. Target Rate). Sie beruht auf der

810 Als Venture Capital werden in diesem Kontext Investitionen in junge Unternehmen in der Entwicklungsphase verstanden. Der

Begriff des Private Equity bezeichnet die Investitionen in nicht-kotierte Unternehmen und umfasst ebenfalls Venture Capital. EVCA, 2003a, 1 f.

811 RUDOLF, 1997, 74 ff. 812 EVCA, 2003b, 102 f.; RUDOLF, 1997, 76;

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 268

Einschätzung von alternativen Investitionsmöglichkeiten und deren Risikoaspekte.813 Entspricht die errechnete Internal Rate of Return mindestens der geforderten Mindestverzin-sung des Venture Capitalist wird er die Investition bzw. die Übernahme tätigen, ansonsten wird er von der Transaktion zurücktreten. Aufgrund der vergangenen Performance von Venture Capital kann angenommen werden, dass ein Venture Capitalist von einer Mindest-verzinsung oder Target IRR zwischen 25% und 30% ausgehen wird.814 8.5.2 Die Venture Capital-Methode Die Venture Capital-Methode815 geht ebenfalls von einer festgelegten Mindestverzinsung der Investition aus und berechnet den Zukunftswert der Investition zu jenem zukünftigen Zeitpunkt, an dem der Exit geplant wird (beispielsweise in fünf Jahren):

( ) nInvestitioditeMindestrenrtZukunftswe ExitbisJahre

nInvestitio ×+= 1

In einem zweiten Schritt gilt es, den Unternehmenswert zum Zeitpunkt des Exits anhand der DCF-Methode oder Multiples zu berechnen. Beispielsweise kann der zukünftige Unterneh-menswert anhand eines EBITDA-Multiples geschätzt werden:816

EBITDArzukünftigeMultipleEBITDArtZukunftswe ngUnternehmu ×−=

Wird nun der Zukunftswert der Investition mit dem Zukunftswert des Unternehmens in Beziehung gesetzt, kann die Höhe der zukünftigen Beteiligung am Unternehmen errechnet werden:

( )ngUnternehmu

nInvestitio

rtZukunftswertZukunftsweingBeteiligunZukünftige =%

oder: 813 MANDL & RABEL, 1997, 138 f. 814 EVCA, 2003c, 2; INTERVIEW mit E. Gordon, UBS AG. 815 Die Darstellung der Venture Capital-Methode in diesem Abschnitt entspricht weitgehend den Ausführungen von WIPFLI, 2001,

147 ff. 816 Vgl. 8.3 Die marktwertorientierte Bewertung.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 269

( )nswertesUnternehmenzukünftigedesBarwert

nssummeInvestitioHeutigeingBeteiligunZukünftige =%

Die errechnete Höhe der zukünftigen Beteiligung als Verhältnis zwischen dem Zukunfts-wert der Investition und dem Zukunftswert des Unternehmen wird der Venture Capitalist auch zum heutigen Zeitpunkt fordern (unter der Annahme, dass keine weiteren Finanzie-rungsrunden bis zum Zeitpunkt des Exits durchgeführt werden). Demzufolge lässt sich der Wert des Unternehmens zum heutigen Zeitpunkt folgendermassen ableiten:

gBeteiliguneprozentualHeutigenInvestitioderWertHeutigervaluationmoneypost =−

Wird der Unternehmenswert nach der Investition durch den Venture Capitalist betrachtet, wird dies als post-money valuation bezeichnet. Der Unternehmenswert vor der Finanzie-rungsrunde (sog. pre-money valuation) errechnet sich durch die Subtraktion der Investiti-onssumme. Zusammenfassend lässt sich die Venture Capital-Methode an folgendem Beispiel illustrie-ren:817 Der Kapitalbedarf einer Unternehmung beträgt CHF 2 Mio. Der Venture Capitalist fordert eine Mindestverzinsung von 30% und plant den Exit nach fünf Jahren. Demzufolge ergibt sich einen Zukunftswert der Investition zum Zeitpunkt des Exits von CHF 7.4 Mio. Für die Zielgesellschaft wird einen EBITDA von CHF 3.5 Mio. im fünften Jahr geschätzt und von einem EBITDA-Multiple von 4x ausgegangen. Der Zukunftswert des Unterneh-mens beträgt somit CHF 14 Mio. Die Höhe der zukünftigen Beteiligung, die auch zum heutigen Zeitpunkt gefordert wird, beträgt 52.9% (Quotient aus CHF 7.4 Mio. und CHF 14 Mio.). Der heutige Unternehmens-wert nach der Finanzierung beträgt somit CHF 3.8 Mio. (Quotient aus CHF 2 Mio. und 52.9%) oder CHF 1.8 Mio. vor der Finanzierung (CHF 3.8 Mio. abzüglich CHF 2 Mio.).

817 In Anlehnung an WIPFLI, 2001, 148 f.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 270

Die Venture Capital-Methode ist eine einfach anwendbare Methode, die bei Venture Capital Projekten mit mehreren Finanzierungsrunden den Investor unterstützt, den Überblick über die erforderlichen Beteiligungshöhen in jeder Runde nicht zu verlieren. Sie ist in der Praxis weit verbreitet und akzeptiert.818

8.6 Schlussfolgerungen zur Bewertung der Portale und virtuellen Markt-plätze

Die oben dargestellten Bewertungsansätze und deren Grenzen hinsichtlich der Anwendung auf Portale und virtuelle Marktplätze können folgendermassen zusammengefasst werden: Abb. 8-5: Zusammenfassung der Bewertungsansätze Quelle: Eigene Darstellung

818 WIPFLI, 2001, 150.

Marktorientierte Bewertung anhand von Umsatz- und

EBITDA-Multiples

Venture Capital orientierte Ansätze:

- Internal Rate of Return - Venture Capital Methode

Finanzielle Due Diligence:

- Bereinigter nachhaltiger EBIT - Bereinigter Businessplan

Bewertung durch die Discounted Cash Flow-Methode mit Szenariotechnik

Bewertung der Realoptionen (additiver Realoptionsansatz)

Kommerzielle Due Diligence:

Einschätzung der zukünftigen Entwicklung des Marktes und der

Zielgesellschaft

Post-Akquisition:

- Restrukturierungspläne des Käufers - Einschätzung der Synergie-Effekte

Gru

ndla

gen

für

die

Bew

ertu

ng

Bew

ertu

ng

Kontrolle &

Ergänzung

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 271

Die bereinigten nachhaltigen Ergebnisse (EBIT) der vergangenen Geschäftsjahre sowie der bereinigte Businessplan der Zielgesellschaft sind wichtige Resultate aus der finanziellen Due Diligence und bilden die Grundlage für die Bewertung. Zusätzlich kann bei der Bewertung auf die Erkenntnisse der kommerziellen Due Diligence hinsichtlich der Einschätzung der zukünftigen Entwicklung des Marktes und der Zielgesellschaft abgestützt werden. Insbesondere zur Schätzung der zukünftigen Wachstumsraten nach der detaillierten Planungsperiode und bei der Auswahl von Vergleichsunternehmen bei der marktwertorien-tierten Bewertung können die Erkenntnisse der kommerziellen Due Diligence sehr hilfreich sein. Schliesslich sind immer auch den konkreten Plänen des Käufers nach der Übernahme sowie allfälligen Synergieeffekten in der Bewertung, vor allem bei der Einschätzung der zukünftigen Free Cash Flows, Rechnung zu tragen. Auf der Grundlage der Erkenntnisse der finanziellen und kommerziellen Due Diligence empfiehlt es sich, trotz den Problemen aufgrund des geringen oder teilweisen negativen Free Cash Flows in der detaillierten Planungsperiode und dem dadurch dominierenden Einflusses des Continuing Values, den Unternehmenswert grundsätzlich anhand der DCF-Methode zu errechnen. Trotz der Unzulänglichkeiten der DCF-Methode unter hoher Unsicherheit erscheint sie dennoch zuverlässiger als die marktwertorientierte Bewertung, die in grossem Masse die Stimmung und die Erwartungen der Börse widerspiegeln.819 Ausserdem gestaltet sich die Auswahl einer geeigneten Gruppe von Vergleichsunternehmen in der Praxis als sehr schwierig. Um die Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung im Rahmen der DCF-Methode einzuschränken, empfiehlt es sich, den Unternehmenswert anhand verschiedener wahrscheinlichkeitsgewichteter Szenarien zu berechnen. Dadurch kann auch der Fall eines Scheiterns in die Bewertung einbezogen werden. Um der Handlungsflexibilität des Managements Rechnung zu tragen, müssen die Realopti-onen des Portals oder Marktplatzes identifiziert und bewertet werden. Der Wert der Realoptionen wird zum DCF-Wert addiert (additiver Realoptionsansatz) und kann somit die statische DCF-Bewertung verfeinern.

819 Im Rahmen einer empirischen Untersuchung von verschiedenen Bewertungsmethoden und deren jeweiliger Abweichung vom

effektiven Unternehmenswert durch WIPFLI lag die DCF-Methode deutlich auf dem ersten Rang. Keine andere Bewertungsme-thode konnte präzisere Voraussagen treffen. Die mediale Abweichung von lediglich –1% und eine Abweichung vom arithmeti-schen Mittel von 3% gegenüber dem effektiven Unternehmenswert übertraf jegliche Erwartungen. Vgl. WIPFLI, 2001, 288.

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8. KAPITEL: DIE BEWERTUNGSANSÄTZE FÜR PORTALE UND VIRTUELLE MARKTPLÄTZE 272

Die marktwertorientierte Bewertung des Portals und virtuellen Marktplatzes sowie die Venture Capital orientierten Ansätze können zur Ergänzung und zur Kontrolle des durch die DCF-Methode und Realoptionen errechneten Unternehmenswertes herangezogen werden. Eine ausschliessliche marktwertorientierte Bewertung, ohne dass auf den DCF-Wert als Vergleichsgrösse zurückgegriffen werden kann, wäre zu unsicher. Abschliessend kann somit festgehalten werden, dass es sich empfiehlt, auf der Grundlage der Erkenntnisse der Due Diligence den Unternehmenswert durch die DCF-Methode mit verschiedenen Szenarien zu berechnen und ihn durch die Anwendung des Realoptionsansat-zes zu verfeinern. Durch die Anwendung weiterer Bewertungsmethoden wie die marktori-entierte Bewertung und die Venture Capital orientierten Bewertungsmethoden können wichtige Kontrollgrössen gewonnen werden, um den errechneten Unternehmenswert weiter abzustützen.

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9. KAPITEL: SCHLUSSBETRACHTUNG 273

9 Schlussbetrachtung

9.1 Zusammenfassende Bemerkung Die Akquisition eines Portals oder eines virtuellen Marktplatzes kann für einen potentiellen Käufer in vieler Hinsicht Vorteile bringen. Betreibt der potentielle Käufer selbst ein Portal oder einen virtuellen Marktplatz, können durch die Akquisition die Bekanntheit des eigenen Portals gefördert und schnell neue Kunden gewonnen werden, die auch für das eigene Angebot genutzt werden können. Durch die Übernahme eines Portals oder Marktplatzes, das in einem europäischen Land national grosse Bekanntheit geniesst (beispielsweise Moneycab.ch oder Comparis.ch in der Schweiz), können ausserdem rasch neue geographi-sche Märkte erschlossen werden. Die vorliegende Arbeit hat aufgezeigt, dass die Bekannt-heit bei den Internet-Nutzern und ein loyaler Kundenstamm kritische Erfolgsfaktoren für das Bestehen eines Portals oder Marktplatzes bilden. Eine Akquisition ist dabei ein geeignetes Mittel, um die Realisierung dieser kritischen Erfolgsfaktoren zu fördern. Für konventionelle Unternehmen (bricks-and-mortar Unternehmen) können sich ebenfalls durch die Akquisition eines Portals oder virtuellen Marktplatzes neue Möglichkeiten ergeben. Einerseits können die herkömmlichen sowie auch neue Kunden durch ein Portal indirekt an das Unternehmen und ihre Produkte gebunden werden. Andererseits wird eine direktere und günstigere Kommunikation zwischen Kunden und Unternehmen ermöglicht (beispielsweise durch Newsletter, elektronischer Kundendienst, Präsentation von neuen Produkten auf der Website). Letztlich können je nach den angebotenen Produkten neue Distributionskanäle etabliert werden. So kann der Betreiber des Portals oder des virtuellen Marktplatzes auch eigene Produkte anbieten, die über die Website bestellt oder bei digitalen Produkten wie beispielsweise Software, digitale Bücher oder Musik sogar direkt herunterge-laden werden können. Im Rahmen einer Akquisition eines Portals und eines virtuellen Marktplatzes gilt es der Due Diligence grosse Beachtung zu schenken. Durch die Durchführung einer kommerziellen Due Diligence können wichtige Informationen zur zukünftigen Entwicklung des Marktes und zu den Stärken und Schwächen der betreffenden Zielgesellschaft gewonnen werden. Dadurch kann auf die zukünftige Wettbewerbsposition des Portals oder Marktplatzes und letztlich auf das zu erwartende Ertragspotential geschlossen werden. Durch die Identifikati-on kommerzieller Risiken wie beispielsweise eine unübersichtliche Website, ein ungenü-

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9. KAPITEL: SCHLUSSBETRACHTUNG 274

gender Bekanntheitsgrad bei der Zielgruppe oder die fehlende Fähigkeit, Kunden zu binden, wird einem potentiellen Käufer aufgezeigt, in welche Bereiche nach einer allfälligen Übernahme verstärkt investiert werden muss, um die Zielgesellschaft zukünftig im Wettbewerb gut zu positionieren. Durch die finanzielle Due Diligence werden die finanziellen Risiken der Bilanz und Erfolgsrechnungen der letzten zwei bis drei Jahre identifiziert. In bilanzieller Hinsicht ist insbesondere zu prüfen, ob die Zielgesellschaft über genügend Liquidität verfügt, um einerseits im zukünftigen unsicheren Geschäftsgang in der Lage zu sein, (weitere) Verluste zu verkraften, und andererseits über die finanziellen Mittel verfügt, um neue technologische Möglichkeiten hinsichtlich der Produkte oder neue Geschäftsideen schnell verwirklichen zu können. Die immateriellen Anlagen wie Goodwill von Tochtergesellschaften und aktivierte Entwicklungskosten bilden in der Regel den grössten Teil der Aktiven eines Portals oder Marktplatzes. Diese immateriellen Anlagen gilt es auf allfällige Wertbeeinträchtigungen (impairment) zu prüfen. Das Ziel der Analyse der Erfolgsrechnungen der letzten zwei bis drei Jahre ist die Darstellung des normalisierten nachhaltigen Betriebsergebnisses nach der Bereinigung von nicht-betrieblichen und Sondereinflüssen. Das nachhaltige Betriebsergeb-nis ist eine wichtige Grundlage für die Plausibilisierung des Businessplanes und für die Bewertung. Durch die rechtliche Due Diligence muss grundsätzlich untersucht werden, ob aus einer rechtlichen Sicht die Geschäftstätigkeit der Portale und virtuellen Marktplätze einwandfrei organisiert ist. Dabei gilt es insbesondere abzuklären, wie der elektronische Vertragsab-schluss ausgestaltet ist, wie die Website und der Name geschützt werden können und inwieweit die Nutzung der Kundendaten mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen vereinbar ist. Vor einer Übernahme der Zielgesellschaft sind im Rahmen der steuerlichen Due Diligence die steuerlichen Risiken einzuschätzen. Bei Portalen und virtuellen Marktplätzen können sich insbesondere durch den Verkauf von Dienstleistungen und digitalen Produkten an ausländische Kunden steuerliche Risiken hinsichtlich der Dokumentation des Exportnach-weises ergeben. Eine ungenügende Dokumentation kann bei einer Steuerrevision zu schmerzhaften Nachzahlungen führen. Schliesslich gilt es der Zielgesellschaft auf der Grundlage der identifizierten Risiken durch den potentiellen Käufer einen Wert für die Verkaufsverhandlungen zuzumessen. Da die

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9. KAPITEL: SCHLUSSBETRACHTUNG 275

Portale und virtuellen Markplätze oft Verluste und nur einen geringen Free Cash Flow ausweisen, sind der herkömmlichen Anwendung der Bewertungsansätze Grenzen gesetzt. In der vorliegenden Arbeit ist ersichtlich geworden, dass trotz einigen Unsicherheiten die Bewertung anhand der DCF-Methode mit verschiedenen Szenarien erfolgen sollte und durch den additiven Realoptionsansatz verfeinert werden kann. Durch eine detaillierte Due Diligence und sorgfältige Bewertung kann die Gefahr einge-schränkt werden, dass ein potentieller Käufer ein Portal oder einen virtuellen Marktplatz übernimmt, deren Risiken er nicht kannte und somit nicht in der Bewertung berücksichtigen oder im Kaufvertrag absichern konnte.

9.2 Ausblick Die wichtigsten unternehmensexternen Einflüsse auf den Markt der Portale und virtuellen Marktplätze wie die Verbreitung der Breitbandtechnologie, die steigende Akzeptanz von Bezahldiensten bei den Internet-Nutzern, das steigende Online-Werbe- und E-Commerce Volumen wurde in der vorliegenden Arbeit aufgezeigt. Dabei handelt es sich lediglich um Prognosen, die auch nicht eintreten oder sich verzögern können. Nichtsdestotrotz kann ein Trend erkannt werden, dass das Marktumfeld für Portale und virtuelle Marktplätze in den nächsten Jahren an Attraktivität gewinnen wird. Die grossen europäischen Portal- und Marktplatz-Gruppen wie T-Online, Wanadoo, Tiscali oder QXL Ricardo versuchen sich gezielt in den einzelnen europäischen Ländern durch Übernahmen oder durch den Aufbau von eigenen Plattformen zu positionieren. Inwieweit aber von weiteren zukünftigen Konzentrationstendenzen ausgegangen werden kann, muss vorerst abgewartet werden. Aber auch kleinere und spezialisierte Portale und Marktplätze, die national im jeweiligen europäischen Land gut verankert sind, können durchaus national gegen die grossen Portale und Marktplätze bestehen. So ist beispielsweise tilllate.ch oder usgang.ch eine beliebte Startseite für junge Night-Life Freunde und Moneycab.ch für Wirtschaftsnachrichten. Die zukünftige Entwicklung der Portale und virtuellen Marktplätze wird ebenfalls entschei-dend davon abhängen, inwieweit die Betreiber der Portale und Marktplätze es schaffen, die heute noch vorherrschenden Zweifel der Internet-Nutzer hinsichtlich der Sicherheit und

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9. KAPITEL: SCHLUSSBETRACHTUNG 276

Vertraulichkeit von Kundendaten zu entkräften. Dies kann nur durch einen transparenten und restriktiven Umgang mit den Kundendaten bewerkstelligt werden. Letztlich ist es für ein bestimmtes Portal oder Marktplatz entscheidend, ob es die Vorausset-zungen geschaffen hat, um von den günstigen zukünftigen Trends des Marktumfeldes möglichst profitieren zu können. Dazu gehören insbesondere aus kommerzieller Sicht eine übersichtliche Website mit einer einfachen Navigation, die Fähigkeit Kunden an das Portal oder Marktplatz zu binden, die Mehrkanalfähigkeit sowie ein hoher Bekanntheitsgrad bei den Internet-Nutzern. Diese Voraussetzungen können und müssen heute verwirklicht werden, um im Markt auch zukünftig bestehen zu können.

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ANHANG A

277

Anhang A:

Gesprächsleitfaden der Expertengespräche im Bereich der kommerziellen und finanziellen Due Diligence

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ANHANG A

278

Interview-Leitfaden

Kommerzielle Aspekte der Portale und virtuellen Marktplätze

Unternehmensexterne Einflüsse:

Welches sind die wichtigsten Trends und externen Einflüsse auf die

Geschäftstätigkeit und auf den gesamten Wettbewerb der Branche?

Wie schätzen sie die Entwicklung der Akzeptanz der Bezahldienste ein?

Wie schätzen sie die Entwicklung der Online-Werbung ein?

Wie schätzen sie die Entwicklung des E-Commerce Volumens ein?

Unternehmensinterne Einflüsse:

Welches sind für Sie die wichtigsten unternehmensinternen Einflüsse

auf die Geschäftstätigkeit bzw. die kritischen Erfolgsfaktoren des Ge-

schäftsmodells?

Wie würde eine Reihenfolge nach Wichtigkeit der oben genannten

Erfolgsfaktoren aussehen?

Wie bauen Sie den Brand auf und erhöhen die Bekanntheit?

Wie binden Sie ihre Kunden?

Wie gross ist die Systemverfügbarkeit?

Welche Preise und Gebühren werden von den Werbepartnern, E-

Commerce Partnern und Kunden verlangt? Wie erfolgt die Abrechnung?

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ANHANG A

279

Interview-Leitfaden

Finanzielle Aspekte der Portale und virtuellen Marktplätze

Bilanz:

Welches sind die grössten Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten? Wie ist

ihr ungefährer prozentualer Anteil an der Bilanzsumme? Wie hoch ist der Anteil des

Eigenkapitals an der Bilanzsumme?

Wie gross ist der Anteil an flüssigen Mitteln an der Bilanzsumme?

Wie setzen sich die Forderungen aus Lieferung und Leistung zusammen?

Was beinhalten die Sachanlagen? Wie werden sie abgeschrieben?

Welche immateriellen Vermögensgegenstände wurden in der Bilanz aktiviert? Über

welche Nutzungsdauer werden sie amortisiert?

Wie und wie oft wird der Goodwill auf seine Werthaltigkeit geprüft?

Wie werden die Entwicklungskosten für die Website und die Aufbaukosten für den

Kundenstamm erfasst? Über welche Nutzungsdauer werden die Entwicklungskosten

amortisiert?

Wie werden die Minderheitsbeteiligungen bewertet? Was ist der Zweck der Minder-

heitsbeteiligung für die betriebliche Tätigkeit?

Wurden Darlehen an Aktionäre, Mitarbeiter oder nahestehende Unternehmen ge-

währt? Welche sind die grundsätzlichen Konditionen der gewährten Darlehen?

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ANHANG A

280

Wurden wesentliche Rückstellungen gebildet? Aus welchem Grund wurden Rück-

stellungen gebildet? Wie werden sie berechnet?

Erfolgsrechnung:

Aus welchen Bestandteilen setzt sich der Umsatz zusammen?

Wann werden die Werbeeinnahmen als Umsatz erfasst? Bestehen Werbekontrakte

mit Mindestgarantien an „Klicks“?

Wie werden die Umsatzprovisionen erfasst?

Werden Werbetauschgeschäfte getätigt? Wie werden sie verbucht?

Welche sind im Vergleich zum Umsatz die grössten Aufwendungen?

Was beinhalten die Herstellkosten für die erbrachten Leistungen?

Was beinhalten die Entwicklungskosten?

Wie setzen sich die Werbekosten zusammen? In welcher Form und wo wird Wer-

bung betrieben?

Werden Mitarbeiteroptionen gewährt? Wie werden sie verbucht?

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ANHANG B

281

Anhang B:

Die untersuchten europäischen Portale und virtuellen B2C-Marktplätze

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ANHANG B

282

Die analysierten europäischen Portale und virtuellen B2C-Marktplätze Unternehmen Geschäftsmodell Branche Markt Lastminute.com Marktplatz Reiseangebote UK, NL, S, ES, D, I, F, BE

Travel24.com Marktplatz Reiseangebote Deutschland Freenet

Freenet.de Portal & ISP Deutschland

Aktiencheck.de Portal Finanzen Deutschland

Fondscheck.de Portal Finanzen Deutschland Web.de Portal Deutschland T-Online Gruppe

Club Internet Portal Frankreich

Terravista.pt Portal Portugal T-Online.ch Portal Schweiz

T-Online.at Portal Österreich

T-Online.de Portal & ISP Deutschland

Ya.com Portal Spanien Wanadoo Gruppe

Wanadoo.fr Portal & ISP Frankreich

Wanadoo.es Portal & ISP Spanien

Wanadoo.nl Portal & ISP Niederlande

Wanadoo.co.uk Portal & ISP Grossbritannien

Kompass.fr Portal Frankreich

Kompass.be Portal Belgien

MyWeb.nl Portal Niederlande

Pagesjaunes.fr Portal Frankreich

Voila.fr Portal Frankreich

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ANHANG B

283

Unternehmen Geschäftsmodell Branche Markt Car4you.com

Car4you.ch Marktplatz Autos Schweiz

Car4you.at Marktplatz Autos Österreich

Car4you.de Marktplatz Autos Deutschland Sunrise Portal Telekom Schweiz

Bluewin Portal & ISP Schweiz

EMB.net Portal Schweiz MARKTPLAATS Gruppe

Marktplaats.nl Marktplatz C2C Niederlande

Intoko.de Marktplatz C2C Deutschland

Intoko.es Marktplatz C2C Spanien AON.AT Portal & ISP Österreich

Letsbuyit.com Marktplatz Co-shopping Deutschland

Pricerunner.com Marktplatz Preisvergleiche UK, S, DK, F

Comparis.ch Marktplatz Preisvergleiche Schweiz

Crocus.uk.com Portal Garten UK Winner Gruppe (Tagesanzeiger.ch) Jobwinner.ch Marktplatz Jobbörse Schweiz

Immowinner.ch Marktplatz Immobilien Schweiz

Autowinner.ch Marktplatz Autos Schweiz

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ANHANG B

284

Unternehmen Geschäftsmodell Branche Markt QXL ricardo Gruppe

Ricardo.ch Marktplatz C2C Schweiz

Ricardo.nl Marktplatz C2C Niederlanden

Ricardo24.de Marktplatz C2C Deutschland

QXL.dk Marktplatz C2C Dänemark

QXL.no Marktplatz C2C Norwegen

QXL.se Marktplatz C2C Schweden

QXL.it Marktplatz C2C Italien

QXL.com Marktplatz C2C Grossbritannien

Aukcje24.pl Marktplatz C2C Polen

Aucland.fr Marktplatz C2C Frankreich Ciao Gruppe

Ciao.com Marktplatz Preisvergleiche Deutschland

Ciao.fr Marktplatz Preisvergleiche Frankreich

Ciao.es Marktplatz Preisvergleiche Spanien

Ciao.co.uk Marktplatz Preisvergleiche Grossbritannien Tiscali Gruppe

Tiscali.at Portal & ISP Österreich

Tiscali.be Portal & ISP Belgien

Tiscali.ch Portal & ISP Schweiz

Tiscali.de Portal & ISP Deutschland

Tiscali.dk Portal & ISP Dänemark

Tiscali.it Portal & ISP Italien

Tiscali.es Portal & ISP Spanien

Tiscali.co.uk Portal & ISP Grossbritannien Zuerich.com Portal & Marktplatz Tourismus Schweiz

MySwitzerland.com Portal & Marktplatz Tourismus Schweiz

Swissflirt.ch Portal Dating Schweiz

Tilllate.ch Portal Night-Life Schweiz

Foodguide.ch Portal Restaurant-Führer Schweiz

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ANHANG B

285

Unternehmen Geschäftsmodell Branche Markt Usgang.ch Portal Night-Life Schweiz

Sportal.ch Portal Sport Schweiz

Eniro.se Portal Schweden

Sol.dk Portal Dänemark

Sol.no Portal Norwegen

Monster.ch Marktplatz Jobbörse Europaweit Stepstone.com Marktplatz Jobbörse Europa

Onvista.de Portal Finanzen Deutschland

Moneycab.ch Portal Wirtschaft Schweiz

Homegate.ch Marktplatz Immobilien Schweiz

Jobpilot.ch Marktplatz Jobbörse Schweiz Scout24 Gruppe (T-Online)

Autoscout24 Marktplatz Autos A, BE, CH, F, D, I, NL, ES, S

FinanceScout24 Marktplatz Preisvergleiche Deutschland

FriendScout24 Portal Dating A, D, CH

JobScout24 Marktplatz Jobbörse A, D, CH

ShoppingScout24 Marktplatz Deutschland Yahoo Gruppe Portal Weltweit Ebay Gruppe Marktplatz C2C Weltweit

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ANHANG C

286

Anhang C:

Interviewverzeichnis

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ANHANG C

287

Verzeichnis der Interviewpartner

Unternehmen Gesprächspartner Datum des Interviews Bluewin AG

Thomas Huwiler, Executive VP Portal

18. Mai 2004

BrainsToVentures AG

Nicole Herzog, Partner & COO 21. Mai 2004

Bundesamt für Justiz Felix Schöbi 12. Mai 2004 Car4you.ch Katja Treuthardt, Finanzen 6. Mai 2004 Comparis.ch Martin Scherrer, CFO 11. Mai 2004 Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV

Franziska Feuerle, Hauptab-teilung Mehrwertsteuer

25. Mai 2004

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV

Hei Le, Hauptabteilung direkte Bundessteuern

17. Mai 2004

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV

Marcel Niederberger, Hauptab-teilung Mehrwertsteuer

27. Mai 2004

Homburger Dr. Reto Heuberger 18. Mai 2004 IDS Scheer Schweiz AG

Marco Bardola, Senior Consultant

4. Juni 2004

Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement Universität St. Gallen

Prof. Dr. Beat Schmid, Managing Director

26. April 2004

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ANHANG C

288

Unternehmen Gesprächspartner Datum des Interviews

Kantonales Steueramt Zürich Dr. Jürg Altorfer 17. Mai 2004

Merck Sharp & Dohme-Chibret AG

Maya Brechbühl, E-Marketing Project Manager

4. Juni 2004

Moneycab Helmuth Fuchs, CEO 6. Mai 2004 PricewaterhouseCoopers (PwC), Basel

Urs Breitenstein, Manager Corporate Finance

14. Juni 2004

PricewaterhouseCoopers (PwC), Zürich

Dr. Mathias Bopp, Manager TLS VAT

26. Mai 2004

PricewaterhouseCoopers (PwC), Zürich

Beat Dällenbach, Partner Transaction Services

10. Juni 2004

PricewaterhouseCoopers (PwC), Zürich

Claudia Meister Iff, Director Transaction Services

1. Juni 2004

PricewaterhouseCoopers (PwC), Zürich

Jürg Niederbacher, Senior Manager TLS International Tax

3. Juni 2004

PricewaterhouseCoopers (PwC), Zürich

Marc Schmidli, Manager Corporate Finance

9. Juni 2004, 13. Juli 2005

Ricardo.ch

Raymond Muntwyler, Leiter Marketing und Verkauf

8. Juni 2004

Stefan Minder Rechtsanwalt Stefan Minder 7. Juni 2004

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ANHANG C

289

Unternehmen Gesprächspartner Datum des Interviews

Tamedia AG Marcel Sennhauser, Leiter interaktive Medien

14. Mai 2004

tilllate GmbH Matthias Müller, CFO 27. Mai 2004 UBS AG

Edward J. Gordon, Director Investment Solutions

26. Mai 2004

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RECHTSQUELLEN UND GERICHTSENTSCHEIDE

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RECHTSQUELLEN UND GERICHTSENTSCHEIDE Botschaft zum Bundesgesetz über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertra-gung (Fusionsgesetz; FusG) vom 13. Juni 2000. Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. März 1911, Stand 13. April 2004 (zit. OR). Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) vom 18. Dezember 1987, Stand 16. März 1999 (zit. IPRG). Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) vom 9. Oktober 1992, Stand 23. März 2004 (zit. URG). Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) vom 19. Juni 1992, Stand 3. Oktober 2000 (zit. DSG). Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen (Gerichtsstandsgesetz, GestG) vom 24. März 2000, Stand 3. Oktober 2000 (zit. GestG). Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) vom 28. August 1992, Stand 25. Juni 2002 (zit. MSchG). Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG) vom 24. März 1995, Stand 1. Februar 1997 (zit. BEHG). Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) vom 14. Dezember 1990, Stand 21. Mai 2002 (zit. DBG). Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWStG) vom 2. September 1999, Stand 16. Dezember 2003 (zit. MWStG). Bundesgesetz über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung (Fusionsge-setz, FusG) vom 3. Oktober 2003 (zit. FusG).

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RECHTSQUELLEN UND GERICHTSENTSCHEIDE

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BGE 108 Ib 450: Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Dezember 1982 i.S. X. AG gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Verwaltungsge-richtsbeschwerde). BGE 112 II 369: Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. November 1986 i.S. Leo Sutter gegen Kanton Appenzell I.Rh. und Mitbeteiligte (Berufung). BGE 113 II 190: Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Mai 1987 i.S. Firma X. gegen Firma Z. (Berufung). BGE 122 III 43: Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Januar 1996 i.S. Firma T. S.r.l. gegen Firma S. AG (Berufung). BGE 124 III 188: Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. März 1998 i.S. A. AG gegen B. (Berufung). General Rules and Regulations promulgated under the Securities Exchange Act of 1934: Rule 10b-5, Employment of Manipulative and Deceptive Devices, www.cybersecuritieslaw.com, Datum des Downloads: 27. Januar 2004. Kotierungsreglement der SWX Swiss Exchange vom 1. Oktober 1996, Stand 1. März 2003 (zit. KR). OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung (zit. OECD-MA). Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz („Fernabsatz-Richtlinie“). Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektroni-schen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäfts-verkehr“).

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RECHTSQUELLEN UND GERICHTSENTSCHEIDE

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Richtlinie betr. Anforderungen an die Finanzberichterstattung (Finanzberichterstattungs-Richtlinie, RLFB) der Zulassungsstelle der SWX vom 29. Januar 2004. Sarbanes-Oxley Act of 2002, elektronisch veröffentlicht unter: http://www.law.uc.edu/CCL/SOact/soact.pdf, Datum des Downloads: 22. Februar 2004. Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, Stand 6. April 2004. Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Lugano-Übereinkommen) vom 16. September 1988, Stand 5. November 1999 (zit. LugÜ). VBP 64.112: Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 29. Mai 2000 i.S. H. AG (zit. VBP 64.112). Verordnung des EFD über elektronisch übermittelte Daten und Informationen (EIDI-V) vom 30. Januar 2002, Stand am 19. Februar 2002 (zit. EIDI-V). Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards. Verordnung zum Bundesgesetz über den Datenschutz vom 14. Juni 1993, Stand 16. Mai 2000 (zit. VDSG). Verordnung zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (MWStGV) vom 29. März 2000, Stand am 16. Dezember 2003 (zit. MWStGV). Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Information und den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten (KISG) vom 16. März 2004 (zit. Vorentwurf zum KISG).

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RECHNUNGSLEGUNGSSTANDARDS

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RECHNUNGSLEGUNGSSTANDARDS International Financial Reporting Standards 2004 (zit. IFRS und IAS). Statements of Financial Accounting Standards (zit. FAS). SIC-31: Revenue – Barter Transactions Involving Advertising Services (zit. SIC-31). SIC-32: Intangible Assets – Website Costs (zit. SIC-32). Swiss GAAP FER 2004 – Fachempfehlung zur Rechnungslegung (zit. FER).

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LEBENSLAUF

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LEBENSLAUF Urs A. Kappler

1974 Geboren am 5. Juli 1974 in Luzern 1981 – 1987 Primarschule in Luzern 1987 – 1994 Kantonsschule Alpenquai, Luzern, Matura Typus E 1994 – 1999 Studium der Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen (HSG) Abschluss im März 1999 als lic. oec. HSG 1999 – 2000 Assistent der Betriebswirtschaftlichen Abteilung der Universität St.

Gallen (HSG) bei Prof. Dr. Beat Bernet 1999 – 2000 Doktorandenstudium im Fachprogramm Management Accounting 1999 – 2001 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität St. Gallen (HSG) Abschluss im Oktober 2001 als lic. iur. HSG 2000 – 2002 Assistent für Wirtschaftskriminalistik bei Prof. Paolo Bernasconi und

Prof. Dr. Claude Bourqui seit 2000 Consultant bei PricewaterhouseCoopers, Transaction Services, Zürich