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DAS MAGAZIN DER DEUTSCHEN UMWELTHILFE 2 2008 Kormoran als Sündenbock Deutschland vernachlässigt Potentiale für Artenvielfalt GNF: Große Fortschritte in Sri Lanka Die Stromlückenlüge – gut platziert

DUHwelt 2/2008

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Aus dem Inhalt: •Die Stromlückenlüge – gut platziert •Kormoran als Sündenbock •Deutschland vernachlässigt Potentiale für Artenvielfalt •GNF: Große Fortschritte in Sri Lanka

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DAS MAGAZIN DER DEUTSCHEN UMWELTHILFE

22008Kormoran als Sündenbock

Deutschland vernachlässigt Potentiale für ArtenvielfaltGNF: Große Fortschritte in Sri Lanka

Die Stromlückenlüge – gut platziert

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Ihr

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Auf ein Wort...

Prof. Dr. Harald KächeleBundesvorsitzenderDeutsche Umwelthilfe e.V.

Eine gewisse Hektik bringt der Alltag einer vielseitigen Umweltorganisa-tion schon mit sich. Kaum eine Pressemitteilung, die nicht unter Zeitdruck entsteht, keine Kampagne, an der nicht bis zuletzt und manchmal darüber hinaus gefeilt wird.

Quasi täglich fragen wir uns: Wo gibt es altbekannte Umweltprobleme, die wir unermüdlich ins Bewusstsein der Entscheider und der Öffentlichkeit rücken müssen, damit sie gelöst werden? Und wo entwickeln sich im Ver-borgenen Umweltgefahren, die es frühzeitig abzuwenden gilt? Die DUH hat auf solche Fragen immer wieder zeitgemäße und konstruktive Antworten gefunden. Zum Themenschwerpunkt Naturschutz, den wir seit über 30 Jahren erfolgreich bearbeiten, sind nach und nach weitere hinzugekommen.

In diesem Heft stellen wir einen der jüngeren Arbeitsbereiche der DUH vor, den ökologischen Verbraucherschutz. Hier geht es uns besonders um umfas-sende Information: nur ein gut informierter Verbraucher kann ökologisch verantwortungsbewusst seine Entscheidungen treffen.

Ein anderes Thema mit aktueller Brisanz, das in der Öffentlichkeit lange ein Schattendasein führte, betrifft die Kraftwerksplanungen der Energiekon-zerne. Von Klimaschutzzielen unbeeindruckt, planen sie zahlreiche neue Kohlekraftwerke – mit Rückendeckung der Bundesregierung. Wird gebaut, was geplant ist, kann Deutschland seine Klimaschutzziele abschreiben. Unser Bericht über die Stromlückenlüge zeigt, mit welchen Tricks Energiekonzerne und Lobbyisten das schmutzige Geschäft mit der Kohle ankurbeln wollen.

In dem Zusammenhang habe ich zum Schluss eine gute Nachricht für alle, die sich gegen den Bau eines Kohlekraftwerks vor ihrer Haustür zur Wehr setzen möchten. Die DUH kann Ihnen jetzt inhaltliche und juristische Unter-stützung anbieten.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer.

Ihr

Liebe Leserin, lieber Leser,

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INHALT

DUH AKTUELL6 Internationales Symposium Transport und Umwelt

6 Japanische Umweltorganisation zu Gast bei der DUH Nord

7 Gelder für Sanierung der Deponie Spröda versickert?

7 Kyocera-Umweltpreis für Klimaschutz im Mittelstand

7 Wir trauern um Martin Wachter

IM BLICKPUNKT 8 Großschutzgebiete in Deutschland –

zu wenig Raum für Artenvielfalt

10 Wir essen Staub – ihr esst Papiere Eine Reportage über die UN-Naturschutzkonferenz und ihre Nebenschauplätze

12 Biodive – Tauch ein in die Vielfalt des Lebens

13 DUH-MARKT

NATURSCHUTZ14 Die Beute reguliert die Lebensgrundlage der Jäger

und nicht umgekehrt Am Kormoran scheiden sich die Geister

16 Messbare Erfolge für Storch & Co.

17 Grün in der Stadt: Vielfältige Naturschutzprojekte in Deutschlands Städten

LEBENDIGE FLÜSSE18 Frühjahrsimpressionen: Lenzener Kuhblänke

19 10 Jahre „Lebendiger Neckar“

20 Gütertransport: Schiene ist umweltverträglicher als Wasserstraße

22 Schätze der WeserEine historische Flusslandschaft neu entdeckt

23 Bildungsabenteuer an der Ilmenau – ein Projekt startet durch

GLOBAL NATURE FUND24 Living Lakes und Global Nature Fund

feiern ihr 10-jähriges Bestehen

26 Unternehmen verpflichten sich zu Biodiversitätszielen

27 Umeme kwa Wote – Licht für alleSolarprojekt am Viktoriasee

28 Große Fortschritte in Sri Lanka

29 Ramsar – ein Schutzinstrument für Feuchtgebiete

„UNBEKANNTE“ TIERARTEN30

Seite 10

Seite 8

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Großschutzgebiete in Deutschland – zu wenig Raum für ArtenvielfaltAuf internationaler Ebene fordert Deutschland immer wieder den Erhalt der weltweit noch verbliebenen Wild-nisgebiete und stellt dafür auch finanzielle Mittel bereit. Doch wie sieht es im eigenen Land aus? Wie viel Fläche darf die Natur ungestört einnehmen? Was ist uns die biologische Vielfalt hierzulande wert?

Wir essen Staub – ihr esst PapiereParallel zum offiziellen Treffen der Weltgemein-schaft, der UN-Biodiver-sitätskonferenz in Bonn, trafen sich Vertreter von Nichtregierungsorganisa-tionen in einem Zeltdorf nahe der großen Konfe-renzsäle. In ihrer Reporta-ge lässt DUH-Mitarbeiterin Ulrike Fokken die Vertreter indigener Völker zu Wort kommen und berichtet von jungen Erwachsenen ver-schiedener Nationen, die sich um ökologische Fuß-abdrücke sorgen. – Die Minister und ihre Delegierten sind sich immerhin einig darüber, dass etwas passieren muss.

Umeme kwa Wote – Licht für alleAm Viktoriasee in Kenia nutzten die Fischer bisher Ke-rosinlampen für ihre nächtlichen Einsätze. Sie bringen etliche Umweltprobleme mit sich. Ein Projekt des GNF schafft Abhilfe und bringt gleichzeitig soziale Fortschritte auf den Weg.

Seite 27

Mauersegler –Rasanter Luftjäger in Dorf und StadtDie perfekt an ein Leben in der Luft angepasstenMauersegler sind in vielerlei Hinsicht absoluteRekordhalter

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INHALT

UMWELT ERLEBEN32 Fokus Natur –

Naturerlebnis für die ganze Familie und Fachmesse für Naturbeobachter

34 Kinotipp: Über Wasser

34 Wer wird DUH-Umwelt-Medienpreisträger 2008?

34 Buchtipp: Weißstörche in Polen

DUH INTERN35 33 Jahre erfolgreich von Haus zu Haus

Viele Millionen Euro für Basisarbeit im Naturschutz

KREISLAUFWIRTSCHAFT36 Die deutschen Mehrwegsysteme als internationales

Vorbild

37 Aktion „Mehrweg ist Klimaschutz“ mit Rekordbeteiligung

37 Umweltschutz macht Schule – s‘cooltour 2008

38 Vorbildliche Aktivitäten rund um das Elektro-Gesetz

HAND IN HAND-FONDS39 Die Nuss, die aus dem Dschungel kommt

Aktiver Regenwaldschutz in Amazonien

VERBRAUCHERSCHUTZ40 Heute schon über den Kühlschrank nachgedacht?

Energiespargeräte senken die Stromkosten

41 DUH erhebt Beschwerde bei EU-KommissionDie Pkw-Energieverbrauchs-Kennzeichnungs-verordnung muss flächendeckend umgesetzt werden

ENERGIE UND KLIMASCHUTZ42 Die Stromlückenlüge – gut platziert

44 Die Bürgerinitiative „Kohlefreies Mainz“ will ein neues Kohlekraftwerk verhindern

46 Kommunale Klimaschützer gesucht – DUH startet neuen Wettbewerb

46 Solarpotenziale in Osnabrück: Privater Strombedarf kann von den heimischen Dächern gedeckt werden

MENSCHEN FÜR NATUR48 20 Prozent auf alles!

Die DUH ist ein ganz legales Steuersparmodell

48 Impressum

Seite 17

Seite 18

Seite 42

Vielfältige Naturschutzprojekte in Deutschlands Städten Lohmar, Tübingen, Hamm und Unterhaching geben ihren Bürgerinnen und Bürgern mehr Lebensqualität und der Natur mehr Raum. Damit sie Nachahmer finden, stellt die DUH sie vor. Regelmäßig zeichnen wir solche kommunalen Initiativen als „Projekt des Monats“ unter dem Titel „Grün in der Stadt“ aus.

UFNg

Frühjahrsimpressionen: Lenzener KuhblänkeFür Besucher der Großbaustelle in der Elbtalaue bot sich im Frühjahr das Bild einer fantastischen, flach überschwemm-ten Auenlandschaft mit Hunderten von Vögeln. Mittlerweile gedeihen junge Gehölzpflanzungen und lassen den zukünf-tigen Auwald erahnen. Das Projekt in Lenzen ist schon jetzt ein Gewinn für die Natur!

Die Stromlückenlüge – gut platziertPassend zu den steigenden Energiepreisen und hoher Infla-tionsrate schüren Politik und Energiewirtschaft die Angst vor einer Stromlücke, um eigene Interessen voranzutreiben. Sie argumentieren trickreich. Doch die Stromlücke wird es nicht geben.

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DUH AKTUELL

Eine der größten japanischen Umwelt-schutzorganisationen, die ECO System Conservation Society Japan, hat im Mai die DUH-Geschäftsstelle Hannover be-sucht.

Anlass für den Besuch war der DUH-Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Naturschutz“, denn Hannover könnte beispielhafte Ansätze und neue Impulse für ähnliche Vorhaben in japanischen Städten bieten.

Hannover wurde 2007 als „Bundes-hauptstadt im Naturschutz“ in der Ka-tegorie der Städte über 100.000 Ein-wohner ausgezeichnet. Dagmar Israel, Geschäftsführerin des DUH-Regional-verbandes Nord, hat der Delegation

Mit dem Anstieg der motorisierten Mo-bilität wachsen auch deren Auswirkun-gen auf die Umwelt stetig. Die aktuellen Luftverschmutzungs- und Klimadaten sind alarmierend. Zu diesem Themen-komplex haben die amerikanische Hewlett-Stiftung und das International Council of Clean Transportation (ICCT)

Internationales Symposium Transport und Umwelt

gemeinsam mit der Deutschen Umwelt-hilfe am 24. und 25. Juni zu einem Ver-kehrs- und Transport-Symposium nach Berlin eingeladen. Das ICCT ist ein in-ternational besetztes Fachgremium aus Mobilitäts- und Fahrzeugexperten, das sich für Luftreinhaltung, Gesundheits- und Umweltschutz einsetzt.

Experten aus aller Welt folgten der Ein-ladung mit dem Titel „Future Challenges of Transport and Environment“ (Zukünf-tige Herausforderungen für Transport und Umwelt). Hier hatten sie erstmals Gelegenheit, im Rahmen einer Konfe-renz über globale Strategien zu beraten, die die Lücke zwischen den notwen-digen Reduktionszielen und den Ent-wicklungsprognosen schließen könnten. Sie diskutierten über Forschungsergeb-nisse aus verkehrstechnischen Brenn-punktregionen wie China, Indien und Südamerika sowie über Konzepte zur Verkehrsverlagerung oder Erfahrungen mit Null-Emissions-Fahrzeugen.

Dr. Axel Friedrich, der als Leiter der Ver-kehrsabteilung des Umweltbundesamts in Dessau Ende Juni aus seinem Amt ausschied, war Initiator und Ideengeber der Veranstaltung. Die ICCT-Mitglieder haben erklärt, dass sie die Konferenzer-gebnisse für konkrete Vorschläge an die nationalen Regierungsverantwortlichen nutzen wollen. Zum Redaktionsschluss der DUHwelt waren die Diskussionen noch nicht abgeschlossen.

Messe und Kultur, Informationen und Genuss,

Musik und Spaß für Groß und Klein

12. bis 14. September 2008 in Legau/Allgäu

Ansprechpartner:Rapunzel Naturkost AG

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bestehend aus Herrn Ikeya, dem Präsi-denten der Organisation, und vier seiner Mitarbeiter/innen, einen umfassenden Überblick über die Ziele und Arbeits-schwerpunkte der DUH gegeben.

RAPUNZELEine Welt Festival

im September 2008

Japanische Umweltorganisation zu Gast bei der DUH

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Dagmar Israel und Kevin Schulz vom DUH- Regionalverband Nord mit der japanischen Delegation.

Referent Anders Levermann (PIK), Jürgen Resch (DUH) und Dr. Axel Friedrich (UBA).

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DUH AKTUELL

Die ordnungsgemäße Sanierung und Rekultivierung der Abfalldeponie Sprö-da (Landkreis Delitzsch, Nordsachsen) wird immer fraglicher. Der Deponie-betreiber Kreiswerke Delitzsch GmbH (KWD) klagt derzeit gegen den auf eigenen Antrag ergangenen Bescheid über die Genehmigung der Rekultivie-rungsmaßnahmen. Es ist zu befürchten, dass ihm die finanziellen Mittel für die aufwändigen Maßnahmen fehlen.

Wegen der bestehenden Risiken für das Grundwasser lehnte das Regierungsprä-

Am 6. April 2008 verstarb völlig überraschend Martin Wachter, Chef der Wachter GmbH, ein langjähriger Partner der DUH. Er hat den klassi-schen Druckereibetrieb zum ganz-heitlich ausgerichteten Serviceun-ternehmen weiterentwickelt. Dabei ist es ihm gelungen, Ökologie und Ökonomie zu vereinen und diese Firmenphilosophie in befreundete Betriebe hineinzutragen.

Unsere überaus positive Partner-schaft – auch die DUHwelt wird seit vielen Jahren in der Druckerei Wach-ter in Bönnigheim gedruckt – begann 1991, als wir anlässlich der Drehar-beiten für die ARD-Sendung „Jetzt oder nie“ Martin Wachter kennen lernten. Das gemeinsame Filmprojekt hatte zum Ziel, in 37 Stunden ein „Sauberes Witzbuch“ zu produzie-ren, dessen Erlös aus drei Auflagen der DUH zugute kam.

Dank seiner beeindruckenden Gabe, Menschen zu motivieren, hat er im eigenen Team und außerhalb des Unternehmens Spuren hinterlassen. Martin Wachter bleibt uns in jeder gedruckten Ausgabe der DUHwelt gegenwärtig.

Um die hochgesteckten Klimazie-le erreichen zu können, bedarf es in Deutschland intensiver gemeinsamer Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Als Beitrag dazu ha-ben Kyocera, der Bundesverband mit-telständische Wirtschaft (BVMW) und die Deutsche Umwelthilfe einen Um-weltpreis ins Leben gerufen.

Klimarelevanz, Innovations-grad, Zukunfts- und Einsatzfä-higkeit wurden bewertet

Der mit 100.000 Euro dotierte Kyocera-Umweltpreis wurde im Mai auf dem Tag der Wirtschaft verliehen. Der erste Preis (50.000 Euro) ging an das Aache-ner Solarunternehmen Solitem Group. Die Hochtemperatur-Solarthermie-Anlage überzeugte die Jury auf ganzer Linie. Die von Solitem konstruierten Parabolrinnenkollektoren erreichen im Gegensatz zu herkömmlichen Lösun-gen einen dreifachen Wirkungsgrad und benötigen zugleich als weltweit erste dachintegrierbare Kollektoren 60 Pro-zent weniger Fläche.

Der mit 30.000 Euro bedachte zweite Platz ging an das auf energie-optimiertes Bauen spezialisierte IpeG-Institut. Die Einrichtung bietet Handwerksbetrieben Schulungen für die Wärmedämmung von Gebäuden an und entwickelt mo-

Gelder für Sanierung der Deponie Spröda versickert? sidium Leipzig die zeitliche Verschie-bung ab. Die Rekultivierung ist spätes-tens bis November 2009 durchzuführen. Ob dies gelingt, steht jedoch derzeit in den Sternen.

Die Bürgerinnen und Bürger des Land-kreises, die seit 1993 mit ihren Abfall-gebühren auch die spätere Sanierung der Deponie finanzieren sollten, sind gleich doppelt betroffen: Zunächst zahl-ten sie viele Jahre außergewöhnlich hohe Abfallgebühren, nun wächst die Gefahr einer schleichenden Vergiftung

des Grundwassers rund um die Deponie Spröda. Der DUH vorliegende Unterla-gen deuten auf massive Liquiditätspro-bleme der KWD hin. Rund 8,7 Millionen Euro Rücklagen aus den Abfallgebühren scheinen zumindest zum großen Teil im Firmengeflecht um die KWD versickert zu sein.

derne Dämmstoffe. Inzwischen hat das IpeG-Institut die Dämmtechnik in zehn Städten zum Ausbildungsberuf gemacht.

Die bub Druckguss GmbH aus Solingen steht für die Herstellung von Zink- und Aluminium-Druckgussteilen. Das Un-ternehmen erlangte mit seinem langjäh-rigen umweltorientierten Trinkwasser- und Abfall-Management Platz drei. Die 20.000 Euro Preisgeld wird die Firma für ein konsequentes Energieeffizienz-Management verwenden.

Einen Sonderpreis erhielt eine studenti-sche Initiative der Hochschule Konstanz. Die jungen Forscher der ECON-Gruppe entwickeln einen Zwei-Sitzer-Elektro-Pkw.

Weitere Informationen: www.kyocera-umweltpreis.de

Wir trauern um Martin Wachter

Kyocera-Umweltpreis für Klimaschutz im Mittelstand

Die Gewinner (vlnr): Arnold Drewer (IPEG), Dr. Ahmert Lokurlu (Solitem Group), Marco Steyer (BUB Druckguss GmbH).

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IM BLICKPUNKT

Drei Prozent aller weltweit bisher be-schriebenen Tierarten und rund sieben Prozent aller Pflanzenarten leben in Deutschland. Von den 48.000 Tierar-ten gehören allein gut zwei Drittel zur Gruppe der Insekten. Von den 28.000 Pflanzen zählen 3.300 zu den Farn- und Blütenpflanzen, die restlichen verteilen sich auf die Pilze, Moose, Algen und Flechten.

Diese Artenfülle ist im Bundesgebiet jedoch ungleich verteilt. Besonders hoch ist sie in den Wäldern der Mittel-gebirge und entlang der großen Ströme Elbe, Donau und Rhein, eher geringe Dichtewerte finden sich in Tieflagen mit ärmeren Böden oder den großflächig agrarisch genutzten Räumen. Zu den „Hotspots“ der Artenvielfalt, also den Zonen mit besonders hoher Artenzahl,

gehören aber die Großschutzgebiete Deutschlands.

Deutschland geizt mit Platz für Wildnis

Wenngleich die 15 Nationalparks und 13 Biosphärenreservate sich in der Wei-te des Landes mit 0,6 Prozent und drei Prozent der Bundesfläche verlieren, sind sie hinsichtlich ihrer ökologischen Be-deutung als Reservoir für Arten, Gene und Lebensraumtypen unersetzlich. Allerdings fordern die internationalen Kriterien für Nationalparks, dass sie auf drei Vierteln ihrer Fläche frei von jeglichen Nutzungen sein sollten, um die „Urnatur“ wirklich wieder einkeh-ren zu lassen. Und auch in den von der UNESCO anerkannten Biosphären-reservaten sind gemäß den geltenden

Richtlinien mindestens auf drei Prozent ihrer Fläche so genannte Wildnisgebiete einzurichten. Doch um auch nur diese geringen Anforderungen zu erfüllen, hat Deutschland noch viel zu tun.

Bislang können nämlich nur die aller-wenigsten Nationalparks und nur knapp die Hälfte aller Biosphärenreservate die erforderlichen Anteile solcher Kernzo-nen vorweisen. Nach wie vor spricht man daher in Deutschland von Entwick-lungs-Nationalparks. Ein solcher „Ent-wicklungsprozess“ kann jedoch lange dauern, wie das Beispiel Nationalpark Bayerischer Wald zeigt. Obwohl als äl-tester Nationalpark Deutschlands bereits vor knapp 40 Jahren gegründet, liegt der derzeitige Kernzonenanteil bei 43 Pro-zent. Auf weiteren 36 Prozent der Fläche bleibt eine ungestörte Waldentwicklung

Großschutzgebiete in Deutschland – unsere Potentiale für Artenvielfalt werden zu wenig entwickelt

Sie gelten als „Schatztruhen der Biodiversität“ – doch Bund und Länder fördern sie

viel zu wenig. Weltweit wird der Schutz unberührter Wälder gefordert,

im eigenen Land gibt es davon nur noch klägliche Reste.

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IM BLICKPUNKT

vorerst solange eingeschränkt, bis die für notwendig erachteten Bekämpfungs-maßnahmen gegen den Borkenkäfer un-terbleiben können. Erst später einmal wird also das 75 Prozent-Kriterium im Bayerischen Wald erfüllt sein. Behält man das Umsetzungstempo in den deutschen Nationalparks bei, es würden noch Ewigkeiten allein für die Erfüllung der Mindestvorgaben vergehen.

Alte Wälder haben große Potentiale für die Artenvielfalt

Für die Sicherung einer hohen Artenviel-falt kommt den wirklich alten Wäldern eine Schlüsselfunktion zu. Nutzungs-freie, ursprüngliche Wildnisgebiete mit allen Alters- und Zerfallstadien der Bäu-me sind ein El Dorado für beispielswei-se viele Gruppen von Insekten. Allein unter den Käfern sind in Mitteleuropa rund 1300 Arten vom Totholz abhän-gig. Nur Wälder, in denen die natürli-chen Prozesse von Alterung, Zerfall und Verjüngung ungestört ablaufen dürfen, können sich daher zu den Urwäldern von morgen entwickeln.

Besonders beklagenswert ist die Situ-ation in einer weiteren Kategorie bun-desdeutscher Großschutzgebiete – den 99 Naturparks. Wenngleich sie insge-samt fast 25 Prozent der Bundesfläche überdecken, fehlt es hier erst recht an

einer gezielten Gebietentwicklung und konsequentem Naturschutz zum Erhalt der Artenvielfalt. In der Regel dominiert hier die Erholungsnutzung. Immerhin bemühen sich hier und da Akteure vor Ort , in der Kulturlandschaft eine Vielfalt an Nutzpflanzen und Tierrassen einzu-setzen.

Deutschlands Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel

Obwohl ihre Bedeutung für den Erhalt der Artenvielfalt bekannt ist, steht es in Deutschland um alle Formen der Groß-schutzgebiete schlecht. Politiker aller Parteien sprechen zwar von Schatz-truhen, doch statt den Kapitalstock zu erhöhen, zehrt man weiterhin von den Zinsen. Das ist mehr als erstaunlich. Schließlich entwickeln sich Großschutz-gebiete immer mehr zu einem touris-tischen Wirtschaftsfaktor. 70 Prozent

Die DUH setzt sich seit langem dafür ein, dass die Großschutzge-biete in Deutschland als „Schatz-truhen“ der Artenvielfalt das erhalten, was sie benötigen: eine deutliche Flächenausweitung, eine naturschutzfachlich optimale Betreuung, ausreichende Finanz-mittel und vor allem mindestens fünf Prozent der Bundesfläche, auf denen die Natur sich selbst überlassen bleibt.

aller Deutschen wollen nämlich ihren Urlaub dort verbringen, wo der Schutz der Natur im Vordergrund steht. Doch der Ansturm in den Gebieten muss mit immer weniger Personal und Finanzmit-teln bewältigt werden. In Brandenburg, einst führend beim Aufbau von Groß-schutzgebieten, liegt der bereits erfolg-te und geplante Stellenabbau zwischen 2002 und 2009 bei 41 Prozent! Auch in den Großschutzgebieten Thürin-gens, Mecklenburg-Vorpommerns und Nordrhein-Westfalens sieht die Situation nicht besser aus.

Zu Recht steht daher zunehmend die Glaubwürdigkeit einer Nation auf dem Spiel, welche bei internationalen Na-turschutzkonferenzen den dringenden Schutz der weltweit noch verbliebenen Wildnisgebiete einfordert, im eigenen Haus jedoch nicht aus dem Knick kommt.

(Quelle: www.nationale-naturlandschaften.de)

Der Hirschkäfer lebt im Totholz von alten Eichen- und Buchenwäldern.

Großschutzgebiete in Deutschland: Nationalparks und Biosphärenreservate nehmen nicht einmal vier Prozent der Fläche ein. In Naturparks, die in Deutschland einen großen Flächenanteil belegen, kommen echte Wildnisgebiete kaum vor.

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IM BLICKPUNKT

Die Sache mit dem Fußabdruck wird Gabriel Zeballos Castellón noch beschäftigen. Barfuss, in Jeans und T-Shirt hält der 26jährige Bolivianer auf der UN-Artenschutzkonferenz in Bonn einen Vortrag über den ökologischen Fußabdruck der Menschen auf der Welt. In Industrie- und Schwellenländern ver-brauchen die Menschen ein Vielfaches der natürlichen Ressourcen, die sie im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung nutzen dürften. Menschen aus Ländern

wie Deutschland gehen quasi mit den Füßen eines Riesen über die Erde und hinterlassen mit ihren ökologischen Abdrücken wüstes Land. Gemessen an den von den UNO-Organisationen ermittelten Kriterien gibt es nur ein ein-ziges Land, in dem Naturverbrauch und Entwicklung ein ausgeglichenes ökolo-gisches Maß erreichen. Einzig auf Kuba passen Schuhgröße und ökologischer Fußabdruck zusammen, haben Gabriel und die anderen 45 jungen Erwachse-nen auf dem Jugend-Gipfel zur UN-Bio-diversitätskonferenz herausgefunden.

Wir können etwas verändern – wenn wir wollen

Zehn Tage lang waren die jun-gen Leute aus Bolivien und Vietnam, Namibia, Deutsch-land, Brasilien, Mongolei, Tschechien und neun an-deren Staaten im Wald-camp des Nationalparks

Bayerischer Wald zusammen, bevor sie zur UN-Konferenz nach Bonn gefahren sind. Eingeladen hatte sie Entwicklungs-hilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die die Entscheider von morgen zu einem Austausch über Umwelt, Natur-schutz und Entwicklung zusammenbrin-gen wollte. „Die zwei Wochen werden mein ganzes Leben verändern“, ist Joary Niaina Andriamiharimanana (24), Land-wirtschaftsingenieur aus Madagaskar, überzeugt. Er habe so viele neue Dinge und Methoden für den Artenschutz und vor allem für die Vermittlung von Wissen erfahren, die er in seinem Land umset-zen möchte und habe sehr wertvolle Kontakte geknüpft. Auch Birgit Heraeus (21), die in Frankfurt Wirtschaftswissen-schaften studiert, glaubt, dass die Wo-chen im Wald ihr Leben in der Welt der Wirtschaft beeinflussen werden.

Zusammen haben die jungen Erwach-senen eine Deklaration zum Schutz der Biodiversität erarbeitet, eine Cho-reografie für einen „Tanz der Vielfalt“ einstudiert, offensichtlich sehr viel Spaß gehabt und hunderte von bunten Glas-fußabdrücken gegossen, die sie auf der UN-Konferenz an die Delegierten und Besucher als Erinnerung und Mahnung verteilen. „Wir können etwas verän-dern – wenn wir wollen“, sagt Gabriel, der in La Paz Biologie studiert hat und nun vor den Ministeriumsvertretern aus lateinamerikanischen Staaten spricht. Selbstverständlich hält er seinen Vor-trag nicht in den Sälen der offiziellen Verhandlungen, sondern im Dorf-Zelt der Nichtregierungsorganisationen, die ebenso wie etliche Unternehmen rings um das UN-Gipfel-Zentrum ihre Zelte aufgeschlagen haben. Dort haben auch Deutsche Umwelthilfe, Global Nature Fund und die Bodensee-Stiftung ihren

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Wir essen Staub, ihr esst PapiereMinister, Naturschützer, Unternehmer und Vertreter indigener Völker haben auf

der Artenschutzkonferenz in Bonn über die biologische Vielfalt diskutiert.

Die Positionen sind so vielfältig wie 7000 Menschen aus 190 Ländern sein können.

Aber in einem sind sich alle einig: Wir verhandeln weiter.

von Ulrike Fokken

Sie werden weiter verhandeln: Im Sitzungssaal der Delegierten und Regierungsbeamten auf der Bonner Artenschutzkonferenz.

Vereinte Jugend für Biodiversität: TeilnehmerInnen des Jugendgipfels für Natur- und Artenschutz.

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IM BLICKPUNKT

Stand, neben T-Mobile, Deutsche Luft-hansa und der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Indigene Völker sprechen Klartext

Geredet und verhandelt wird in bei-den Lagern der Artenschutzkonferenz. Während die Beamten aus 190 Staaten um juristische Feinheiten und den spar-samen Gebrauch des Wortes „besorgt“ in ihren Kommuniques feilschen, spre-chen die Delegierten der indigenen Völ-ker Klartext. „Wir können über Biodi-versität nicht mit leeren Mägen reden“, sagt Mary vom Stamme der Massai aus Kenia. Sie beklagt den Mangel an Land für die nomadisch lebenden Massai ebenso wie für die sesshaften Bauern in Ostafrika. In der Zeltstadt verhan-delt Mary mit Entwicklungshilfe- und Nichtregierungsorganisationen, auf den Hotelfluren spricht sie die offizi-ellen UN-Delegierten an und versucht, ihre Entscheidungen zu beeinflussen. „Biodiversität und die Menschen sind untrennbar miteinander verbunden“, sagt sie und fällt als Lobbyistin in ihrem orange-rotem Gewand, mit Ketten und Armreifen ebenso auf, wie die indigenen Vertreter aus dem brasilianischen Ama-zonas mit türkisfarbigem Federschmuck und die Aserbaidschaner in Cowboystie-feln und Filzkappe.

Die im vergangenen Jahr von der DUH als „Bundeshauptstadt im Naturschutz“ ausgezeichnete Stadt Heidelberg warb auf der Naturschutzkonferenz in Bonn mit dieser Ehrung. Ein schöner Beleg für die Wirksamkeit unserer Projekte im kommunalen Naturschutz.

Biodiversität braucht eine öffentliche Wahrnehmung und Brisanz in Wirtschaft und Politik

Die Abgesandten der Völker haben sich geschmückt für das Treffen der Weltge-meinschaft. Es ist ein ernster Anlass, geht es in Bonn doch um so existentielle Fra-gen wie die wirtschaftliche Beteiligung indigener Völker an den Gewinnen der Konzerne aus Patenten auf Pflanzen. Wer darf, wer muss an der Naturausbeu-tung verdienen? Welche Wälder, wel-che Meeresgebiete werden geschützt? Dürfen Unternehmen mit Dünger die

Algenproduktion in Meeren ankurbeln, um damit die CO2-Emissionen der In-dustriestaaten zu binden? Dürfen gen-manipulierte Bäume im Wald gepflanzt werden? Die Fragen sind komplex und der gesunde Menschenverstand reicht in den Konferenzsälen nicht aus, um nach zwölf Tagen einen Konsens zum Schutz der biologischen Vielfalt zu fin-den. Einig sind sich die Delegierten und ihre ebenfalls in Bonn tagenden Minister unter der Präsidentschaft von Umwelt-minister Sigmar Gabriel darüber, dass sie sich einig sind und etwas passieren muss. Immerhin haben sie sich darauf festgelegt, dass sie bis zur nächsten Biodiversitätskonferenz 2010 in Japan weiterverhandeln und dann mit einem Protokoll an die Öffentlichkeit gehen. Konferenzleiter Sigmar Gabriel wünscht sich, dass das Thema Biodiversität eine öffentliche Wahrnehmung und Brisanz in Wirtschaft und Politik erfährt wie der Klimawandel. „Der Artenschutz ist schwerer zu fassen als der Klimaschutz“, sagt Kanzlerin Angela Merkel und be-dauert, dass „Respekt und Demut uns manchmal verloren gegangen sind.“

Aber alles Bemühen um den Schutz der Biodiversität führt in Bonn nur zu um-fangreichen Aktenbergen. Mary von den Massai hat damit Erfahrung: „Wir essen Staub, ihr esst Papiere.“

Die Deutsche Umwelthilfe war im Zeltdorf der Nichtregierungs-organisationen präsent. Der DUH-Stand war von einem natur-getreu nachgebildeten Feuchtwald umrahmt. Ein passendes Symbol für Schwerpunkte unserer Arbeit, denn Feuchtwälder leisten wichtige Beiträge zum Natur- und Klimaschutz.

Die Ureinwohner Amazoniens kamen mit existentiellen Anliegen nach Bonn.

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IM BLICKPUNKT

BioDiveDay – ein Aktionstag

Zwei Tage vor dem UN-Naturschutz-Gipfel fand am

17. Mai 2008 der große Bio-DiveDay in Berlin statt.

Der breiten Öffentlichkeit wurde hier In-formation und Unterhaltung angeboten: eine Podiumsdiskussion, ein Improvi-sationstheater sowie ein Literatur-Wett-streit (neudeutsch: Poetry Slam) standen auf dem Programm. Der BioDive-Super-man und das Mach-mit!-Kindermuseum Prenzlauer Berg luden Groß und Klein zum Formulieren von Wünschen für den Erhalt der Natur ein. Eine Fotoreise durch die Wildnis Europas und Infor-mationen über regionale Artenvielfalt und den Naturschutz in Berlin rundeten das Programm ab. Für gute Stimmung sorgten Songs der Berliner Bands Tapete und The Charcoal Sunset.

Hoher Besuch

Nicht rein zufällig stieß Häuptling Láza-ro vom Stamm der Kiriri-Indianer aus Brasilien auf den BioDiveDay. Seit 1995 konnte er ein rund 12.300 Hektar gro-ßes Gebiet für seinen Stamm zurückbe-kommen, das die Kiriri nun eigenständig bewirtschaften. So versorgen sie sich mit lebensnotwendigen Dingen wie Nahrung, Brennholz und Kleidung. Mittlerweile sind wieder kleine Wälder entstanden. Gürteltiere, Ameisenbären, Kolibris und Eulen sind zurückgekehrt. So funktioniert Erhaltung der Artenviel-falt getreu dem Motto Lázaros: „Wir le-ben mit der Natur – nicht gegen sie.“

Eingeladen wurde Häuptling Lázaro von der TU Berlin, die mit der Universität San Salvador ein traditionelles Gäste-haus im Gebiet der Kiriri baut. Weitere Infos zum Projekt: www.a.tu-berlin.de/mertes/download/071023_ausschrei-bung.pdf

Mit der Kampagne BioDive fordert die DUH zum genauen Hinschauen auf:

Wo gibt es Biodiversität vor der eigenen Haustür und wo ist sie bedroht?

Vor allem Jugendliche werden mit dem Foto- und Videoportal www.biodive.de

und zahlreichen Begleitaktionen angesprochen.

Was bedeutet Biodiversität und warum ist sie wichtig?

Biodiversität ist die Kurzform des Begriffs „biologische Vielfalt“.

Genetische Vielfalt plus Artenviel-falt plus Vielfalt an Lebensräumen ergibt Biodiversität. So definieren Wissenschaftler den Begriff. Bio-diversität ist eine Grundvoraus-setzung für stabil funktionierende Ökosysteme.

Artenschutz durch regionale Projekte

Im April rief die DUH gemeinsam mit dem Deutschen Naturschutzring zum „Länderaktionstag zur biologischen Vielfalt“ im Vorfeld der UN-Naturschutz-konferenz auf. Bundesweit haben im Rahmen des Aktionstags mehr als 200 Veranstaltungen den regionalen Artenschutz in den Mittelpunkt gestellt.

In seiner Heimat in der Provinz Bahia im Nordosten Brasili-ens sorgen Cacique Lázaro und die Kiriri-Gemeinde für die biologische Vielfalt in einer ehemals von Weißen gebrand-schatzten Region.

Der BioDive-Superman wirbt für den Aktionstag.

Im Naturschutzzentrum Pfrunger-Burgweiler Ried fanden eine 3D-Diashow und Fledermausexkursion statt. Oben: der Kleine Abendsegler.

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IM BLICKPUNKT

Erschienen sind unter anderem:

welt 4/2007DUH

DUH INTERN

Informationsblätter:Die sechsseitigen Informationsblätter behandeln die wichtigsten Themen des Natur- und Umweltschutzes. Stückpreis 0,50 Euro, bei größeren Abnahmemengen Rabatt auf Anfrage.

HerausforderungKlimawandel

Über ihre DUH Umweltschutz-Service GmbH vertreibt die DUH Bücher und Broschüren zur Umweltbildung. Eine kleine Auswahl stellen wir Ihnen hier vor. Das komplette Angebot – mit Postkarten, Informationsblättern und einzelnen

Produkten aus unseren Kooperationsprojekten – erhalten Sie kostenlos bei der DUH Umweltschutz-Service GmbH, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell. Die Versandkostenpauschale für die hier angebotenen Produkte beträgt 3,50 (Kalender: 5,00).

Ihre Bestellung direkt per Telefon: 07732 999518

HerausforderungKlimawandelProf. Dr. Mojib Latif, Heyne Verlag, 2007, Taschenbuch, 160 Seiten; Eine bündige Darstellung der wissenschaftlichen Grundlagen der Klimaforschung und der Prognosen für die Entwicklung des Klimas sowie Handlungsmöglichkeiten.

7,95 Bestell-Nr: 2046

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Datum/UnterschriftAn die DUH Umweltschutz-Service GmbHFritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Fax 07732/99 95 77

2/2008

DUHmarkt

EnergiesparlampenTreibhaus ErdeDie Geburt des Plopp (4-seitig)AmphibienErfolge und Defizite im VogelschutzBiberEulen und Käuze HornissenSpinnenLibellenFledermäuseRettet die WaleSoziale FaltenwespenKleinwale in Nord- und OstseeGrundwasserAktion Biberschutz Lebendiger Neckar Lebendige ElbeEnergie aus lebendigen WäldernLebendige WerraLebendige Radolfzeller AachLebendige DonauLebendige Weser

CDs

rmationsblätter

Lanzarote,Kragentrappen,blinde Krebse und VulkaneHorst Wilkens, 144 Seiten, zahlreiche farbige Abb.,1999,

12,00Bestell-Nr: 2020

Elbtalaue, Landschaft am großen StromF. Neuschulz, W. Plinz, H. WilkensNaturreiseführer, Überar-beitete Auflage Naturerbe Verlag Jürgen Resch, 2002, 154 Seiten, zahlreiche farbige Abb.

12,00Bestell-Nr: 2031

Wolga-DeltaNaturoase zwischen Meer und HalbwüsteNorbert Hölzel, German Russanow, Stefan Schleuning 160 Seiten, zahlreiche farbige Abb.,1996,

12,00Bestell-Nr: 2036

Naturreiseführer aus dem Naturerbe Verlag Jürgen Resch:

EaFHNbNJ1f

KlimaProf. Dr. Mojib Latif, Fischer Verlag, 2004,Sachbuch broschiert, 130 Seiten; Antworten auf Fragen zum Klima-wandel, wissenschaftliche Hintergründe verständlich erklärt. Wie kann die Klimapolitik eingreifen?

8,95 Bestell-Nr: 2045

Vogelstimmen in Feld und FlurCD MusikverlagEdition Ample,Heimische Vögel, 26 Fotos und ausführlicheVogelbeschreibungen,

9,90 Bestell-Nr: 4050

Ein Jahr in der NaturCD MusikverlagEdition Ample, Pavel Pelz, Ein akustischer Spaziergang in der Natur von Januar bis Dezember,

9,90 Bestell-Nr: 4052

CEH2V

ECEPSND

Atlas der Globalisierung spezial. KlimaLe Monde diplomatique (Hrsg.), broschiert, 96 Seiten, über 100 farbige Karten und Schaubilder, taz Verlag, 2008

10,00 Bestell-Nr: 2047

„Dieser Atlas ist einzigartig. Er zeigt die globalen Wirkungen unseres Handelns, und er zeigt, wie wir anders leben, produzieren und transportieren können. Wer aktiv sein will, findet hier seine Pflichtlektüre. Gleich morgen früh.“(Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen)

Unter StromUlla Gahn, Pendo Verlag, 2008, broschiert, 200 Seiten; Während andere noch über das Klima debattieren, ergreift Ulla Gahn die Initia-tive und organisiert Wechselstrompartys bei denen sie alle nötigen Informationen vermittelt. Ein Buch, das Mut macht und zum Mitmachen einlädt.

16,90 Bestell-Nr: 2067

NEU

NEU

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NATURSCHUTZ

Die Beute reguliert die Lebensgrundlage der Jäger und nicht umgekehrt

Am Kormoran scheiden sich die Geister. Das ist nichts Neues. Allerdings haben sich die

Methoden geändert, mit dem „Problem“ fertig zu werden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts

machte man den Populationen mit herkömmlichen Jagdmethoden den fast völligen Garaus.

Heutzutage geht das Töten sauber und aus der Distanz. Kein Blut, keine Kadaver,

nur eine so genannte Vergrämungsaktion.

In der Nacht zum 9. April 2008 wurde die einzige Kormorankolonie am deut-schen Bodenseeufer von einem Killer-kommando der besonderen Art heimge-sucht. Mit Halogenscheinwerfern wur-den im Naturschutzgebiet Radolfzeller Aachried die Elternvögel aufgeschreckt und über Stunden daran gehindert, die Eier und geschlüpfte Brut zu wärmen. Ziel war, die Kolonie aus 75 bis 90 Brut-paaren zu „regulieren“, um Schäden von der Fischerei fernzuhalten. Genehmigt hatte die Aktion das Regierungspräsidi-um Freiburg. Der Antrag hierfür wurde schon Anfang 2006 von deutschen und schweizerischen Berufs- und Angelfi-schern gestellt.

RechtswidrigeTötungsaktion

Die DUH und der NABU protestieren nachdrücklich gegen die Tötungsaktion. Für DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake ist die Vernichtungsaktion skanda-lös und „eines Rechtsstaats unwürdig“. Der Regierungspräsident von Freiburg

beruft sich in seinem Bescheid auf die ausdrückliche

Zustim-

mung des vorgesetzten Ministeriums für Ernährung und Ländliche Entwick-lung. „Minister Peter Hauk trägt für das rechtswidrige Handeln seiner Behörde die volle politische Verantwortung und muss zur Rechenschaft gezogen wer-den“, so Rainer Baake. Die DUH hat nun mit dem NABU Klage beim Ver-

waltungsgericht eingereicht.

Kormoran als Sündenbock

Das Bundesnaturschutz-gesetz schützt den Kor-moran nicht nur als heimisches Wildtier. Er zählt zu den „besonders geschützten“ Arten. Euro-parechtlich verpflichtete

sich Deutschland in der Vogelschutz-richtlinie von 1979, dem Kormoran be-sondere Schutzmaßnahmen in seinen Lebensräumen zukommen zu lassen.

Kormorane sind nicht die Ursache von Fangrückgängen

Das Fischwachstum und damit die po-tentiellen Fänge für die Fischer ebenso wie für die Kormorane unterliegen etli-chen natürlichen Einflussfaktoren. Dies sind vor allem Temperaturen, Windver-hältnisse und Sauerstoffzirkulation. Die erfreuliche Sauberkeit des Bodensees führt aufgrund von weniger Nährstoffen zu geringerem Fischbestand.

Die rund 30 Haupt- und Nebenerwerbs-fischer beklagen seit Jahren rückgehen-

Das Radolfzeller Aachried ist ein Naturschutzgebiet, das außerdem als EU-Vogelschutz-gebiet gemeldet ist. Hier wurden im April mit Genehmigung des Regierungspräsidiums Freiburg Kormorane beim Brüten gestört.

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NATURSCHUTZ

Retten Sie die Kormorankolonie!

Bei der DUH sind zahlreiche Protest-Postkarten eingegangen, mit denen sich Bürger gegen die Aktion des Regierungspräsidium Freiburg wenden. Wenn Sie sich dem Protest an-schließen möchten, können Sie vorgedruckte Karten bei uns anfordern: Tel.07732-99 95 0 oder www.duh.de

Gewinnen Sie auch Ihre Freunde und Bekannte für diese Aktion. Die gesam-melten Unterschriften werden wir im Sommer dem Verantwortlichen für die Kormorantötung, Regierungspräsident Julian Würtenberger, übergeben.

ktion Fritz-Reichle-Ring 478315 RadolfzellTel. 07732 9995-0Spendenkonto: 8190002BLZ 370 205 00

www.duh.de

NaturDenkmalWir machen uns stark für Natur und Umwelt.Jetzt und in Zukunft.Mit einem Legat in Ihrem Testament haben Sie Anteil daran. Die kostenlose Broschüre„Lebenszeichen Legat“ zeigt Ihre Möglichkeiten.

Steckbrief Kormoran:Aussehen:

schwarzes Federkleid, bis 90 cm Körpergröße

Nahrung:ausschließlich Fisch, ca. 350 bis 500 Gramm pro Tag,während der Brutzeit bis 700 Gramm

Sozialverhalten:Koloniebrüter, beide Eltern-tiere bauen das Nest und versorgen die Jungen

Verbreitung: Ende des 19. Jahrhunderts

nahezu ausgerottet in Deutschland. Europäische Verbreitungsschwerpunkte in den Niederlanden, Däne-mark und Polen. In Deutsch-land insgesamt 15.000 Brutpaare, stärkere Vorkom-men in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein.

de Fangerträge. Sie fürchten um ihre Existenz und das Ende des seetypischen Handwerks.

Jagende Kormorane, die bis zu 40 Meter tief tauchen können, zerstören die feinen Netze, was die Fischer nach eigenen

Angaben 25.000 Euro im Jahr kostet. Den von Kormoranen über die Win-tersaison erbeuteten Fisch beziffern die Fischer lediglich mit 10.000 Euro.

Die ökologischen Zusammen-hänge sind bekannt

Die weitgehend intakten Bodenseeufer mit ihrer einzigartigen Naturausstattung sind nicht zuletzt dem Einsatz haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Na-turschutzverbände und Spendengeldern aus ganz Deutschland zu verdanken. „Dass sich der Kormoran wieder ein-gestellt hat, ist ein klares Indiz dafür, dass Konzepte für Artenvielfalt und Le-bensraumqualität Früchte tragen,“ so Dr. Frank Neuschulz, Leiter Naturschutz der DUH.

Bei den Brutbeständen der Kormorane zeichnet sich seit Jahren eine Konso-lidierung ab. „Die Beute reguliert die Lebensgrundlage der Jäger und nicht umgekehrt“, sagt Dr. Neuschulz. Ein er-heblicher fischereiwirtschaftlicher Scha-den, der für die Tötungsaktion als Be-gründung herangezogen wird, liegt am Bodensee nicht vor. Die Berufsfischer sollten für nachgewiesene Schäden einen finanziellen Ausgleich erhalten. Als Nahrungskonkurrenten kommen die Kormorane für uns Menschen jedoch

nicht ernstlich in Betracht.

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NATURSCHUTZ

Erstmals arbeiteten Naturschutzbehör-den und private Naturschutzorganisati-onen aus den vier Ländern im Boden-seeraum gemeinsam an einem umfang-reichen Projekt: zwei Behörden, zwei Stiftungen, das Naturkundemuseum inatura in Dornbirn, ein Naturschutz-Institut und drei Verbände.

Vielfältige Naturschutz-Maßnahmen und Aktionen zur Umweltbildung wur-den umgesetzt. Schwerpunkte waren die Entbuschung und Biotop-Verbesserung in Feuchtwiesen. Außerdem bauten die Projektpartner Storchenhorste auf, ge-stalteten feuchte Waldbiotope und orga-nisierten ein Projekt mit Weidetieren.

Seltene Arten gedeihen

Von Anfang an war eine Erfolgskontrolle im Projekt vorgesehen. Hier einige Bei-spiele aus Deutschland:

Im Hepbacher-Leimbacher Ried bei Markdorf (Bodenseekreis) wachsen heu-te auf einer Oberboden-Abtragsfläche

Prachtnelke und Teufelsabbiss sowie 120 weitere Pflanzenarten. Neue seltene Tierarten hier sind Große Sumpfschre-cke und Brauner Feuerfalter. In Isny, Kreis Ravensburg, gelang die Ansied-lung von drei Brutpaaren des Braun-kehlchens, fünf Paaren der Rohrammer und drei Paaren des Wiesenpiepers. In den 2006 neu gestalteten Feuchtwie-sen in Salem, Bodenseekreis, ergab die zoologische Erfassung bereits im April 2007 folgende Arten: Gelbbauchunke,

Von 2005 bis Juni 2008 lief das Interreg-Projekt

„Feuchtgrünland und Storchenlebensräume zwischen Donau

und Alpenrhein“. Die DUH betreute die Pressearbeit und die

Internetseite www.feuchtwiesen-stoerche-bodensee.net

Laubfrosch, Wasserfrosch, Grasfrosch, Teichmolch und Bergmolch. Im Staffel-wald Gailingen, Kreis Konstanz, nah-men Gras-, Spring- und Laubfrosch so-wie Gelbbauchunken erfreulich zu. Auf neu entstandenem Rohboden gelang die Wiederansiedlung des in Baden-Württemberg als verschollen geglaubten Bunten Laichkrauts.

Die Abschlussbroschüre „Feuchtgrün-land und Storchenlebensräume zwi-schen Donau und Alpenrhein“ (Mitte)erhalten Sie kostenlos unter Telefon 07732 / 9995-18 oder E-Mail [email protected]

EUROPÄISCHE UNIONGefördert aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung

Schweizerische EidgenossenschaftConfédération suisseConfederazione SvizzeraConfederaziun svizra

Förderer:

Messbare Erfolge für Storch & Co.

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NATURSCHUTZ

Gefördert durch:

Im „Grünen Klassenzimmer“ in Lohmar sind Groß und Klein willkommen

Maßstäbe in der Naturpädagogik setzt die Naturschule Aggerbogen in Lohmar, einer Stadt zwischen Köln und Bonn. Dort lernen Kinder, Jugendliche und Erwachsene in über 350 Kursen jährlich die Wunderwelt Natur im Landschafts-garten entlang der Agger kennen.

Ökologisch orientierte Friedhofspflege in Tübingenfördert Artenreichtum

In Tübingen werden durch naturnahes Friedhofs-Management Rückzugsräu-me für Tieren und Pflanzen geschaffen. Dies wurde auch durch das europäische Zertifizierungssystem für ökologisches Management EMAS bescheinigt. Damit verpflichtet sich die Stadt zur Fortset-zung und Verbesserung des Projektes. Die Bürgerinnen und Bürger werden bei der ökologischen Grabpflege von

Vielfältige Naturschutzprojekte in Deutschlands Städten

den Stadtbaubetrieben unterstützt, und umweltfreundliche Alternativen werden aufgezeigt.

Hamm lässt der Lippe wieder freien Lauf

Durch die Renaturierung der Lippe gibt die Stadt Hamm bedrohten Arten wie dem Eisvogel und der Uferschwalbe ihre Lebensräume zurück (Bild rechts). Auch selten gewordene Pflanzen können sich an dem Fluss am Stadtrand wieder aus-breiten. Für Erholungssuchende wurden Wege und Informationstafeln angelegt. Hochwasserschutz, Naherholung und Naturschutz sind im Einklang und brin-gen die Natur nahe an die Stadt heran.

Unterhaching – Vom Militär-flughafen zum Landschaftspark

Durch die Umwandlung des stillge-legten Militärflughafens in den Land-schaftspark, Unterhachinger Tal, zeigt die Gemeinde Unterhaching, wie die Interessen von Natur und Mensch zu-sammengeführt werden können. Nun brüten hier sogar Vogelarten, die auf der Roten Liste besonders bedrohter Tierar-ten stehen, wie Feldlerche, Neuntöter, Dorngrasmücke und Wachtel. Durch die Mitarbeit in Arbeitskreisen können sich Bürgerinnen und Bürger aktiv an der Gestaltung und Parkpflege betei-ligen.

Nennen Sie uns weitere Projekte!

Für die zweite Jahreshälfte 2008 können noch Projektvorschläge eingereicht wer-den. Bewerbungsunterlagen und mehr Informationen: www.stadt-gruen.de

Unter dem Titel „Grün in der Stadt“ zeichnet die DUH Städte

aus, die vorbildliche Naturschutzprojekte umsetzen. Damit

zeigen wir Kommunen, wie sie ihre Handlungsspielräume

für ökologische Planung, Gestaltung und Pflege ausnutzen

und so der Natur eine Chance geben können. Hier stellen

wir die „Projekte des Monats“ von Februar bis Mai vor.

Die Raupen des Widderchens – auch Bluts-tröpfchen genannt – leben auf Magerrasen.

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LEBENDIGE FLÜSSE

Durch den Bau eines neuen, landeinwärts zurückverlegten Hochwasserdeichs wird in Lenzen

an der Elbe das derzeit größte Vorhaben dieser Art realisiert. Noch ist der alte Elb-deich bei Lenzen zwar nicht geschlitzt, dennoch bot sich in diesem Frühjahr das weite Bild einer fantastischen, flach überschwemmten Auenlandschaft mit Tausenden von Vögeln und einem Kon-zert Hunderter melodisch rufender Rot-bauchunken. Da die Elbe monatelang ein hohes Wasser führte, drückte das Wasser unter dem Altdeich hindurch und überstaute fast ganzflächig den neu-en Überschwemmungsraum. Umgehend belebten Hunderte von Löffel-, Spieß-, Krick- und Knäkenten die Flachwasser-zonen und Kraniche, Störche, Grau- und Silberreiher suchten nach Nahrung. Auch ungewöhnliche Brutgäste und of-fenkundige Vorboten des Klimawandels stellten sich ein: erstmals brüteten Stel-zenläufer und Sandregenpfeifer.

Frühjahrsimpressionen

Das Deichrückverlegungsprojekt an der Elbe ermöglicht schon jetzt großartige Natur-

erlebnisse. Die DUH-Spendenaktion für das Projekt bei Lenzen war überaus erfolgreich.

Lenzener Kuhblänke

Zunächst bereiteten die hohen Wasser-stände den Akteuren vor Ort eher Sor-gen. Man befürchtete, dass die neuen Anpflanzungen, die auch dank vieler Spender der DUH realisiert wurden, lei-den oder gar absterben könnten. Doch alsbald erwies sich dies als unbegründet. Mit den sommerlichen Temperaturen Mitte Mai gingen die Wasserstände zurück und die jungen Auwaldpflan-zungen gedeihen nun in bester Vitalität.

Jedem Naturfreund, aber auch jedem, der sich für neue Wege im Hochwasser-schutz interessiert, sei ein Besuch die-ses bundesweit einzigartigen Projekts wärmstens empfohlen! Allen Spendern und den Naturschutzaktiven vor Ort danken wir ganz herzlich!

Die jungen Gehölze überlebten das Hochwasser (Mitte).

Stelzenläufer als neuer Brutvogel an der Elbe.

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LEBENDIGE FLÜSSE

Der Neckar ist der einzige große Fluss Baden-Württembergs, der von der Quelle bis zur Mündung fast nur durch dieses Bundesland fließt. Dem Straßen-, Siedlungs- und Gewerbebau im wirtschaftsstarken Ländle mussten das Gewässer und seine Auen zahlrei-che Opfer bringen. Um dem Neckar wieder Leben einzuhauchen, stehen die Vernetzung der restlichen Auen-gebiete und die Wiederherstellung der biologischen Durchgängigkeit im Pro-jekt an erster Stelle. Damit sollen auch die Lebensqualität und Naturerlebnis-möglichkeiten für die Menschen in den Neckargemeinden verbessert werden. Mit kreativen Aktionen setzen sich seit vielen Jahren zahlreiche ehrenamtliche Gruppen von BUND und NABU für ih-ren Neckarabschnitt ein. Auf Anregung des BUND Regionalverbands Neckar-Alb wurden verbandsübergreifende Arbeitskreise gegründet, die Fachwis-sen und Engagement bündeln und die

für andere Flussregionen Vorbild sein können. Die Gemeinschaftsaktion der Flussaktiven hat starke Verbündete: Die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Würt-temberg unterstützte sie in den ersten drei Projektjahren. Umweltministerium Baden-Württemberg und Regierungs-präsidium Stuttgart sind seit Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie die engsten Partner des Büros am Fluss.

Ein erfolgreiches Jahrzehnt liegt hinter dem „Lebendigen Neckar“

Viele wichtige Renaturierungsprojekte wurden am Neckar und seinen Zuflüs-sen umgesetzt. Beispielsweise gelang es dem NABU in Mannheim und Ess-lingen, zusammen mit der Integrieren-den Konzeption Neckar-Einzugsgebiet (IKoNE) des Landes Baden-Württem-berg, naturnahe Nebengewässer am Neckar zu schaffen. Im Katzenneckar

Jubiläum

10 Jahre „Lebendiger Neckar“Die Aktion Lebendiger Neckar ist eines der ersten

Projekte im Flussnetzwerk der DUH. 1998 wurde es

von der DUH und den baden-württembergischen Landes-

verbänden von BUND und NABU gestartet. Gemeinsam

mit vielen Partnern und Gästen feierten die Initiatoren

am 14. Juni im Büro am Fluss in Plochingen ihre zehn-

jährige Zusammenarbeit.

bei Mannheim-Seckenheim profitieren vor allem die Grünfrösche von der tem-porär durchflossenen Schlute. In Esslin-gen entstand ein neuer Altarm, in dem Jungfische Rückzugsraum finden. Auch Wasservögel, Libellen und Amphibien siedelten sich dort an.

Nach dem Fest geht die Arbeit weiter

Neben einem Erfolgsbericht benannte Johannes Reiss, Leiter des Büros am Fluss in Plochingen, beim Jubiläumsfest die wichtigsten Herausforderungen aus Sicht der Umweltverbände:

Der obere Neckar soll naturnah entwickelt und die Wasserkraft-nutzung unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte ertüchtigt werden.

Die Altneckarschleifen zwischen Stuttgart und Mannheim sollen revitalisiert werden.

Viele weitere Freunde für den Neckar sollen in seinem Einzugs- gebiet gewonnen werden. Hierzu soll ein Umweltbildungs- und Naturerlebnis-Netzwerk entlang des Neckars aufgebaut werden.

Ministerialdirektor Bernhard Bauer bei der Jubiläumsfeier: „Uns allen liegt ein Lebendiger Neckar am Herzen!“

Auwaldrelikte am unteren Neckar nahe Mannheim.

Förderer des Netzwerks „Lebendige Flüsse“:

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LEBENDIGE FLÜSSE

Am 14. März stellte Bundesverkehrs-minister Wolfgang Tiefensee einen Mas-terplan für die künftige Verkehrspolitik und die Entwicklung des Wirtschafts-standortes Deutschland vor. Der so genannte Masterplan „Güterverkehr und Logistik“ findet im Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) wenig Begeisterung. Der Präsident des BDB, Dr. Gunther Jaegers, hat das Kon-zeptpapier, das die Weichen für die Verkehrspolitik der kommenden Jahre stellen soll, als „Schlag ins Gesicht für die gesamte Binnenschifffahrtsbranche“ bezeichnet. Denn während die Güter-transportleistung der Bahn um rund zwei Drittel gegenüber heute steigen soll, tauchen die Binnenschifffahrt und ihr logistisches Potenzial in der Unter-lage kaum auf.

Die Bundesregierung hat offensichtlich erkannt, dass die Schiene als umwelt-verträglichere Alternative für den Güter-transport dienen kann. Doch angesichts dieser erfreulichen Einsicht fragen Fluss-schützer sich nun erst recht, ob Investiti-onen in Millionenhöhe für den Wasser-straßenausbau gerechtfertigt sind.

Gütertransport

Regionalen Umweltgruppen leisten wichtige Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit vor Ort. Das Aktionsbündnis Elbe-Saale organisiert jährlich ein Sommercamp, bei dem die Begegnung der Menschen mit dem lebendigen Fluss im Mittelpunkt steht. Die DUH ist 2008 zum dritten Mal Finanzierungspartner des Camps.

Kommt die Wende in der Binnenschifffahrtspolitik?Beispiel: Untere Saale

Seit Jahren gibt es Streit um den Saale-Elbe-Kanal, der als etwa sieben Kilome-ter langer Schleusenkanal am Unterlauf der Saale realisiert werden soll. Mit dem Seitenkanal soll die felsen- und kurven-reiche Strecke vor der Mündung in die Elbe umgangen werden. Derzeit wird

die Planung behördlich geprüft. Der Bau würde die Flussaue und ihre Wälder zer-stören. Bislang werden Güter in diesem Raum hauptsächlich auf der Schiene transportiert. Der Frachtschiffverkehr auf der Elbe bewegt sich auf geringem Ni-veau: durchschnittlich haben die Schiffe 400 Tonnen geladen. Die Wirtschaft-lichkeit des 80-Millionen-Projekts ist höchst fragwürdig. Denn während der neue Seitenkanal an der Saale gemäß den Planungen eine garantierte Tiefe von 3,00 Metern aufweisen soll, kann für die Elbe nur eine Fahrrinnentiefe von 1,40 Metern garantiert werden. So ge-nannte Europaschiffe mit 1000 Tonnen oder mehr werden also gar nicht bis nach Hamburg fahren können.

Ein Bündnis aus 18 Umwelt- und Ver-kehrsverbänden, dem Bund der Steu-erzahler, Angler- und Fischereiverbän-den und dem Deutschen Kanuverband startete einen gemeinsamen Aufruf mit einer Unterschriftenaktion gegen den geplanten Saale-Elbe-Kanal. Die Deut-sche Umwelthilfe unterstützt diese Petition. Auf der Internetseite www.elbe-saale-kanal-nein.de können Sie sich unserem Protest anschließen und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und den sachsen-anhaltinischen Minis-terpräsidenten Wolfgang Böhmer auffor-dern, die Planung zu stoppen.

Schiene umweltverträglicher als Wasserstraße

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21welt 4/2007DUH

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LEBENDIGE FLÜSSE

Im Stromgebiet der Weser hatte die Flößerei eine große Bedeutung. Bereits im Mittel-

alter war sie ein wesentlicher Faktor für die Holzversorgung des Mittel- und vor allem des holzarmen Unterweserraums. Der Mittellandkanal erweiterte den Wir-kungsraum nach Ost und West. Im Jahr 1964 sind die letzten sechs gewerbli-chen Flöße die Weser hinab gelenkt worden. Bis zu dieser Zeit sind jährlich bis zu 70.000 Festmeter Stammholz we-serabwärts transportiert worden. Noch heute ist die Geschichte der Flößer in den Dörfern und Kleinstädten lebendig. Man trifft auf ehemalige Flößer, findet die Einbindestellen und hört von Floßbe-gegnungen beim Baden in der Weser.

FloßfahrtLebendige Weser 2008

Vom 12. Juli bis 26. Juli sind das Büro am Fluss Lebendige Weser e.V. und die Flößerfreunde Reinhardshagen auf 360 Kilometern per Floß auf der Weser unter-wegs. Gestartet wird in Reinhardshagen, und das Ziel ist Bremen. Privatpersonen können nicht mitfahren, sind jedoch ein-geladen, das Floß an den 14 Landestellen zu empfangen und dort an vielfältigen Aktionen teilzunehmen. Die Naturschät-ze und die Schönheit der Weser stehen im Mittelpunkt der Informations- und Erlebnisangebote. Außerdem wird es

historische Rückblicke geben: Sie zei-gen, dass Gewässer, Wald und Gewerbe wirtschaftlich sowie sozial miteinander verflochten sind. Nicht zuletzt werden alle begleitenden Aktionen rund um die Floßfahrt für den Schutz unserer Flüsse werben. Schirmherr der Fahrt ist Bun-desminister a. D. Professor Dr. Klaus

Die Kunst des Flößens ist uralt. Die erste Blütezeit der Flößerei dauerte bis zum Dreißigjährigen Krieg. Großen Aufschwung nahm sie durch den Holländer(holz)handel, als aus dem Schwarzwald die „Wälder auf Reisen“ gingen.

Bis in das 20. Jahrhundert hinein wurden riesige Mengen von Nadelholz auf Rhein, Main, Donau, Neckar, Elbe, Weser, Oder und Weichsel sowie deren Nebenflüssen stromabwärts geflößt. Das Baugewerbe in den Städten und die Wirtschaft profitierten davon.

Das schwere Laubholz und Handwerks- und Industrieprodukte packte man als Oblast auf die Flöße. Auch für den Personentransport hatten sie Bedeu-tung.

Die Flöße auf dem Rhein hatten vor 200 Jahren Ausmaße von 360 m in der Länge und 27 m in der Breite. In großen Wohnhütten lebte die Besatzung von mehreren hundert Floßknechten. Die Regulierung der Flüsse durch Schleusen, der Bau des Eisenbahnnetzes und schließlich die Konkurrenz durch den Lkw sorgten in Deutschland für das Ende der Flößerei. In Skandinavien, Russland,Nordamerika und im Baltikum wird diese hocheffiziente Technik noch heute genutzt.

Eine historische Flusslandschaft neu entdecktSchätze der Weser

Töpfer. Die Lebendige Weser wurde mit Zuschüssen von der DUH gefördert. Fahrplan sowie weitere Infos bei:Büro am Fluss – Lebendige Weser e. V.Christian SchneiderTel. [email protected]

Der NDR filmte die Reise des letzten Weser-Flößers mit gültigem Patent. So entstand 2005 die Dokumentation „Willis letzte Floßfahrt“.

Die schöne Weserlandschaft lädt zur Floßfahrt ein.

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LEBENDIGE FLÜSSE

Im Flussnetzwerk der DUH ist die Ilmenau eines der kleineren lebendigen

Gewässer. Für die Lüneburger Heide hat der Fluss große ökologische Bedeu-tung. Seine von Grünland dominierte Aue ist durchsetzt von Baumreihen, ein-gestreuten Sümpfen sowie kleinen Erlen-au- und Bruchwäldern. Die Gewässer-strukturen sind vielfältig und der Arten-reichtum groß. Bachmuschel, Groppe, Fischotter, die Grüne Keiljungfer und viele andere gefährdete Tiere finden teil-weise ideale Lebensbedingungen. Mit Umweltbildungsangeboten macht das Projektbüro auf diese Naturschätze auf-merksam. Die GPS-Entdeckungstouren für Schüler sind das neueste Projekt.

Mit neuen Mediender Natur auf der Spur

Mai 2008: Vor dem Umweltbildungs-zentrum der Hansestadt Lüneburg

(SCHUBZ) stehen 30 Fahrräder zur Abfahrt bereit.

Bildungsabenteuer an der Ilmenau

Viele Kooperationspartner haben das SCHUBZ Lüneburg bei der Realisierung dieses Bildungsprojektes unterstützt: die Leuphana-Universität, das Projektbü-ro Lebendige Ilmenau, die Landesver-messung + Geobasisinformation Nie-dersachsen sowie das Biosphärenreser-vat Elbtalaue.

Lebensräumeganzheitlich betrachten

Welche Funktion erfüllen heutzutage die alten Mühlen? Wie sauber ist die Ilmenau? Was machen die Pferde des NABU auf den Ilmenau-Wiesen?

Das GPS-Gerät lotst die Schüler zu Or-ten, an denen sie selbständig eine Ant-wort auf solche Fragen finden können. Dabei ist nicht nur ökologisches Wissen gefragt; auch wirtschaftliche und kul-turelle Aspekte müssen berücksichtigt werden. Die Internet-Seite www.geolife-schule.de bietet den Schulklassen ein Portal, um ihre Ergebnisse öffentlich zu kommunizieren.

Bei seiner Fachtagung „GPS-Bildungs-routen für eine nachhaltige Entwicklung in Schulen“ am 26.09.2008 präsentiert das SCHUBZ Lüneburg dieses neue Umweltbildungsprojekt.

Weitere Informationen: SCHUBZ (Umweltbildungszentrum Lüneburg) Dipl. Biologin Katja DurekTelefon: 04131-41474E-Mail: [email protected]: www.schubz.org undwww.lebendige-ilmenau.de

Es ist ein kühler Frühlingsmorgen. Das Sonnenlicht bricht sich in den Tautrop-fen und der Atem kondensiert an der kalten Luft. Die Schüler der Klasse 6 der Herderschule Lüneburg erhalten die letzten Instruktionen, ehe sie in Grup-pen starten.

Den Weg kennen sie noch nicht, aber jede Gruppe hat ein GPS-Gerät dabei. Am Fahrradlenker befestigt, bestimmt es

mit Hilfe von Satelliten im Weltall die Position der Schüler und führt sie entlang der Ilmenau durch Stadt,

Bruchwald und Feuchtwiesen. Na-türlich ist das eine spannende Sache – und der Weg ist das Ziel!

Was heißt eigentlich GPS?

Die drei Buchstaben stehen für Glo-bal Positioning System. Das vom amerikanischen Verteidigungsmi-nisterium realisierte System besteht aus 30 Satelliten, die Signale aus-senden, welche die genaue Orts-bestimmung eines GPS-Empfängers ermöglichen.

Ein Projekt startet durch

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Living Lakes – Engagement für Seen und Feuchtgebiete

Im Juni 1998 – kurz nach seiner Grün-dung – rief der GNF das internationale Seennetzwerk Living Lakes ins Leben. Bis heute ist es sein wichtigstes Projekt. Der GNF und seine Partner tragen mit Living Lakes zum Schutz der Seen als wichtige Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten und als Süßwasserreser-ven der Erde bei. Die Renaturierung von Seen, Projekte zu ihrem Schutz und die Förderung einer umwelt- und sozialver-träglichen Entwicklung der Seenregionen sind die zentralen Ziele. Die Erhaltung aller Seen, Feuchtgebiete und Gewässer dieser Welt als intakte Lebensräume ist das übergeordnete Leitbild.

Zu den vier Gründungsmitgliedern – Bodensee in Deutschland, Biwasee in Japan, St. Lucia See in Südafrika und

Mono Lake in den USA – sind in den zehn Jahren viele weitere Partner hin-zugekommen. Heute sind 53 Seen und Feuchtgebiete weltweit mit mehr als 60 Partnerorganisationen dem Netzwerk angeschlossen.

Internationales Informations- und Austauschforum

Vor zehn Jahren gab es für Umweltorga-nisationen an den Seen der Welt kaum Möglichkeiten, über Probleme, Erfah-rungen und übertragbare Lösungen zu diskutieren. Das Seennetzwerk Living Lakes schloss diese Lücke. Gemeinsame Projekte und Strategien für die Öffent-lichkeitsarbeit wurden entwickelt.

Gemeinsame Projekte mit Partnern vor Ort

Im Jubiläumsjahr können die Living Lakes-Partner auf mehr als 50 erfolg-reich realisierte Projekte zurückblicken. Darunter sind sowohl Artenschutzpro-jekte, wie im indonesischen Mahakam-Feuchtgebiet (Irrawaddy-Delfin) oder am sibirischen Baikalsee (Baikalrobbe), als auch die Verbesserung der Lebens-

Global Nature Fund und Living Lakes feiern ihr 10-jähriges Bestehen

Weltweit sind 53 Partnerseen und Feuchtgebiete dem Seennetzwerk angeschlossen.

Mehr als 50 Projekte konnten bisher realisiert werden. Der Global Nature Fund (GNF)

verbindet mittlerweile 60 Partnerorganisationen und verhilft ihnen seit 1998

zu Fachwissen, Schlagkraft und Selbstvertrauen.

Am 29. April 1998 wurde die gemeinnützige und rechtlich selbstständige Umweltstiftung Global Nature Fund (GNF) gegrün-det. Das Präsidium des GNF wird vom DUH-Bundesvorstand alle vier Jahre neu gewählt. Durch das gemeinsame Bemühen um Natur- und Umweltschutz besteht eine enge Verbindung zur DUH.

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GLOBAL NATURE FUND

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qualität der Bevölkerung im Einklang mit Natur- und Seenschutz. Die GNF-Projekte gelingen, weil sie örtliche Part-ner einbeziehen: die Wiederaufforstung von Mangroven in Sri Lanka, das Auf-forstungsprojekt „Bäume für Leben“ in Südafrika, die Wiederbelebung traditi-oneller Landwirtschaft am Poyang See in China, die Verbesserung der Was-serqualität am mexikanischen Chapala See oder Solarenergie für Fischerdörfer in Kenia leben von der gemeinsamen Projektplanung und Umsetzung. Um-weltbildungsaktivitäten wie die Summer Nature Camps oder Jugend für Delfine (Kids for Dolphins) sensibilisieren und mobilisieren die Bevölkerung für den Schutz „ihrer“ Seen.

GNF und Wirtschaftsunterneh-men – gemeinsam erfolgreich

Global denken – lokal handeln: Der GNF initiiert und begleitet konkrete örtliche Aktivitäten seiner Living Lakes-Partner und leistet so einen Beitrag zur Lösung globaler Probleme. Im Rahmen des Living Lakes-Klimawandel-Programms und der Initiative „Wirtschaft und Bio-diversität“ spricht der GNF Unterneh-men an, sich aktiv für den Schutz des Klimas und den Erhalt der biologischen Vielfalt zu engagieren. Die Bandbrei-te der möglichen Projekte ist groß und umfasst insbesondere den Ausgleich des CO2-Ausstoßes und die Einbindung von Artenschutzkriterien in die Produktion oder die Dienstleistungen eines Unter-nehmens.

Das Ziel, Wirtschaftsunternehmen aller Branchen für Living Lakes zu begeis-tern, verfolgt der GNF von Anfang an. Zu den Wirtschaftspartnern der ersten Stunde gehören Lufthansa und Daim-ler. Unilever hat Living Lakes 10 Jahre lang gefördert. Weitere Unternehmen sind hinzugekommen: SIKA, Ziemann, T-Mobile und Osram. Sie unterstützen das Netzwerk sowohl finanziell als auch fachlich.

12. Living Lakes Konferenz im September 2008

Ein runder Geburtstag und eine lange Liste von Erfolgen sind gute Gründe zum Feiern. Dazu wird die 12. Living Lakes-Konferenz vom 23. bis 26. September 2008 am Trasimeno See in Italien Gele-genheit bieten. Die Living Lakes-Partner aus aller Welt werden die Bedeutung ihrer Seen darstellen und Strategien dis-kutieren, wie kulturelle und ethische Werte zum Schutz der Seen beitragen können. Der Gastgeber – Living Lakes-Italien – repräsentiert inzwischen ein nationales Netzwerk der sieben be-kanntesten italienischen Seen. Für ei-nen eindrucksvollen Rahmen sorgt das mittelalterliche Städtchen Castiglione del Lago mit dem phantastischen Blick auf den Lago Trasimeno. Es wird eine Woche lang ganz im Zeichen von Living Lakes stehen. Alle, die sich mit dem Schutz von Seen und Wasser befassen, sind herzlich eingeladen. Das Programm der 12. Living Lakes-Konferenz steht auf der Webseite www.globalnature.org zur Verfügung oder kann direkt beim GNF angefordert werden.

Living Lakes-Förderer:

Living Lakes stellt sich großenHerausforderungen.

Untersuchungen der Vereinten Nationen zeigen, dass bereits heu-te 1,7 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasserhaben und 2,5 Milliarden ohne sanitäre Hygieneeinrichtungenleben. Täglich sterben laut UNICEFweltweit 4.500 Kinder an ver-schmutztem Trinkwasser.

Bild links:Das Pantanal ist das größte zusammenhängende Feuchtgebiet der Welt.

Biwasee, ein Gründungsmitglied von Living Lakes.

„Bäume für Leben“ hilft südafrikanischen Kindern und der Natur.

Die bedrohten Hyazintharas müssen dringend geschützt werden.

Umweltbildung auf der Solarfähre am Bodensee.

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GLOBAL NATURE FUND

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GLOBAL NATURE FUND

Intakte Natur als Grundlage für erfolgreiches Wirtschaften

Auf der Bonner Konferenz stellten Un-ternehmen wie Bionade, Unilever, Chi-quita, HeidelbergCement und Weleda Ansätze vor, den Erhalt der Artenvielfalt als Ziel in die Unternehmensstrategie zu integrieren. In Vorträgen informierten sie über ihre Maßnahmen.

Bas Schneiders, Geschäftsführer von Weleda, erläuterte in seinem Vortrag, wie das Naturheilmittel- und Kosmetik-unternehmen durch den direkten Ein-kauf und die enge Zusammenarbeit mit Herstellern eine nachhaltige Rohstoff-beschaffung sicherzustellen versucht. Kontrollierter Anbau und die Einhaltung von Fair-Trade-Richtlinien beim Bezug von Pflanzen aus Entwicklungsländern sind wichtige Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt.

Messbare Ziele in der Unternehmensführung

Die Initiative „Wirtschaft und Biodiver-sität“ des Bundesumweltministeriums bezieht Unternehmen in die UN-Bio-diversitäts-Konvention ein. Mit Unter-zeichnung einer so genannten Leader-ship-Erklärung erkennen sie folgende Ziele an: 1. Erhaltung der biologischen Vielfalt, 2. nachhaltige Nutzung sowie 3. gerechte Aufteilung der Vorteile,

Unternehmen verpflichten sich zu Biodiversitätszielen

Wirtschaft und Biodiversität. So lautete der Titel einer internationalen Konferenz des

Global Nature Fund (GNF) und der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit

(GTZ). Vom 2. bis 3. April gingen in Bonn 250 Experten der Frage nach, wie Unternehmen

die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten auf die Vielfalt von Arten und Ökosystemen

reduzieren können.

die sich aus der Nutzung genetischer Ressourcen ergeben. Ein unterzeich-nendes Unternehmen verpflichtet sich, die Auswirkungen seines Wirtschaftens zu analysieren und messbare Ziele zur Verbesserung des Schutzes der biolo-gischen Vielfalt festzulegen. Darüber hinaus erklärt es, Einfluss auf Zuliefe-rer zu nehmen und Kooperationen mit Naturschutzverbänden anzustreben. Bei der nächsten internationalen UN-Biodiversitätskonferenz im Jahre 2010 in Japan werden sich die Fortschritte der einzelnen Unternehmen messen lassen.

Mit seinem neuen Programm „Unter-nehmenschance Natur und biologische Vielfalt“ bietet der GNF engagierten Unternehmen konkrete Unterstützung bei der Festlegung und Erreichung von Biodiversitätszielen an. Weitere Infor-mationen unter: www.globalnature.org/biodiv und www.globalnature.org/wirtschaft.

Förderer der Konferenz Wirtschaft und Biodiversität:

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GLOBAL NATURE FUND

Kerosinlampen werden von den Fi-schern beim nächtlichen Fischfang auf dem Viktoriasee genutzt und er-zeugen etliche Probleme: Das Kerosin verschmutzt das Wasser und ist ge-sundheitsschädlich. Zudem bedrohen die steigenden Kerosinpreise die etwa 175.000 Berufsfischer in ihrer Existenz. In den vergangenen drei Jahren haben sich die Kerosinpreise verdoppelt.

Als Alternative wurden Energiespar-lampen vom GNF und Osienala gete-stet, die sich tagsüber mit Solarener-gie aufladen lassen, da die meisten Fischerdörfer fernab jedes öffentlichen Stromnetzes liegen. Die zwei deutschen

Umeme kwa Wote – Licht für alleAm Viktoriasee führt der Global Nature Fund (GNF) mit seinem

kenianischen Partner Osienala ein weltweit einzigartiges Umweltprojekt durch.

Das Ziel ist, die umweltschädlichen Kerosinlampen am Viktoriasee durch

Solarlampen zu ersetzen.

Osienala und GNF setzen sich für Trinkwasser ein

In Kenia führen Osienala und der GNF ein weiteres gemeinsames Pilotprojekt durch, bei dem eine Anlage zur Auf-bereitung von Trinkwasser für 3.000 Schüler errichtet wird. Die Anlage wird ebenfalls mit Solarenergie betrieben. Das saubere Wasser reduziert die Ge-fahr von weitverbreiteten Krankheiten wie Durchfall und Cholera.

Die Arbeit unserer Partnerorganisation vor Ort können Sie durch Ihre Spende oder eine „Licht für alle“-Patenschaft gezielt unterstützen:

Global Nature FundKonto-Nr.: 8040416000, GLS-Bank Frankfurt/Main, BLZ: 43060967

Otieno Kajwang (Präsident des Bezirks Mbita), Dr. Kurt Gerl, (Vetriebsdirektor Osram), Udo Gattenlöhner (Geschäftsführer Global Nature Fund) und Dr. Obiero Ong’ang’a (Geschäftsführer Osienala) bei der Eröffnung der ersten Energietankstelle im April 2008.

Die Sardinen werden durch Trocknen haltbar gemacht.

Großes Interesse bei der Ausgabe der Solarlampen.

Unternehmen Osram und Solarworld haben dieses Pilotprojekt aufgegriffen und wollen die Lösung nun allen Fi-schern zugänglich machen. Dazu wurde eine Solarladestation entwickelt, an der zahlreiche Akkus der Solarlampen gün-stig und umweltschonend aufgeladen werden können. Im April dieses Jahres wurde im Dorf Mbita die erste dieser Energietankstellen eröffnet. Die afrika-nischen Mitarbeiter werden im Rahmen eines intensiven Schulungsprogramms, das vom Wuppertal Institut gefördert wird, ausgebildet.

Solare Energietankstellensind vielseitig

Für die Fischer am Viktoriasee rechnet sich das Umstellen auf die Solarlam-pen rasch, da die Kerosinkosten bis-her über die Hälfte ihres Einkommens aufzehrten. Ein weiterer großer Vorteil liegt für die Fischer darin, dass sie die Lampen nicht kaufen müssen, sondern gegen eine geringe Pfandgebühr von etwa 15 Euro leihen können. Und wer das nicht aufbringen kann, erhält beim lokalen Umweltverband Osienala ein Kleindarlehen.

In Kenia und Uganda werden demnächst drei weitere solare Energietankstellen in Betrieb genommen. Energiespitzen wer-den optimal genutzt, indem eine Trink-wasseraufbereitungsanlage mit Strom versorgt wird. An den Batterien können auch Radios angeschlossen und Handys aufgeladen werden. Die Solarlampen sind nicht nur fürs nächtliche Fischen geeignet, sondern können natürlich auch zur Beleuchtung eines Hauses ein-gesetzt werden. So werden die Lebens-bedingungen grundlegend verbessert, denn rund 30 Millionen Menschen am Viktoriasee leben bisher ohne Zugang zum Stromnetz.

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GLOBAL NATURE FUND

Große Fortschritte in Sri Lanka

Nach der großen Tsunami-Katastrophe im Jahr 2004 startete der Global Nature Fund (GNF) in Sri Lanka ein Projekt, das nun eine erfreuliche Bilanz ziehen kann. Seitdem haben 150 Binnenfischer neue Fischernetze und Boote sowie Solarlam-pen erhalten, welche die umweltschäd-lichen Kerosinlampen ersetzen. In 30 neu errichteten Baumschulen wurden um die Seen Madampe, Maduganga und Bolgoda mehr als 100.000 Mangroven-bäume aufgezogen und ausgepflanzt.

Damit beweist das GNF-Projekt, dass Spenden bei den betroffenen Menschen ankommen und gleichzeitig auch dem Umwelt- und Naturschutz dienen können.

Umweltbildungszentren bieten Hilfe zur Selbsthilfe

Durch Zuschüsse des GNF wurde der Aufbau von zwei Umweltbildungszent-ren möglich gemacht, die im April 2008 eingeweiht wurden (Bild links). Fast ver-gessene, traditionelle Handwerkstech-niken sind der Inhalt von Kursen und Seminaren, die dort angeboten werden. Damit werden den Menschen neue Ein-kommensmöglichkeiten eröffnet. Die Umweltbildungszentren arbeiten eng

mit Schulen und anderen Bildungsein-richtungen zusammen.

In einem der beiden neuen Zentren wer-den auch Fachkräfte für den Umwelt-schutz ausgebildet. Es liegt in Goda-hena, an der Grenze eines geschützten Mangrovenwaldes im Madampegebiet. Eine der Attraktionen des Umweltzen-trums ist ein Brackwasseraquarium. Es ist das erste dieser Art in Sri Lanka und kommt besonders bei Schulklassen gut an.

Der Gründer der Nagenahiru-Stiftung, Lal Emmanuel, ist der erste Preisträger des „One World Award“. Seit 2002 ist Nagena-hiru Mitglied im Living Lakes Netzwerk des GNF. Auf dem IFOAM-Weltkongress im Juni 2008 wurde Emmanuel für die Verdienste um die Mangroven-wälder Sri Lankas ausgezeich-net. Der „One World Award“ ist mit einem Preis-geld in Höhe von 25.000 Euro aus-gestattet und er

wird alle zwei Jahre von der Rapunzel Naturkost AG verlie-hen. Weitere Informationen: www.one-world-award.de

Schirmherrin Renate Künast überreicht Lal Emmanuel in Modena (Italien) die „Eine-Welt-Statue“.

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GLOBAL NATURE FUND

Eine Stadt im Iran leiht der Ramsar-Konvention, einem internationa-len Naturschutzabkommen, ihren Namen. In Ramsar wurde im Jahr 1971 von 55 Ländern das “Über-einkommen für den Schutz von Feuchtgebieten von internationa-ler Bedeutung” beschlossen. Die-se Konvention war das weltweit erste zwischenstaatliche Natur-

schutzabkommen. Es schützt nicht nur Feuchtgebiete wie Auen, Moore oder Marschlandschaften, sondern schließt auch Küstengewässer, Seen und Flüsse mit ein und richtet sich gegen die rücksichtslose Zerstörung dieser empfindli-chen Ökosysteme. Die unterzeichnenden Länder – mittlerweile sind es welt-weit 158 Staaten – melden ihre international wichtigen Feuchtgebiete dem Ramsarsekretariat in Gland am Genfer See. Deutschland trat dem Abkommen im Jahr 1976 bei und wies mittlerweile 33 Ramsargebiete aus, zum Beispiel in den Donauauen, an der Müritz oder am Wattenmeer. In ganz Europa sind es insgesamt 901 Gebiete.

In Europa wurden viele Feuchtgebiete zerstört

Seen und Feuchtgebiete haben viele wichtige Funktionen. Sie verhindern Über-schwemmungen, bieten geschützte Laichgebiete für unzählige Fischarten und spielen außerdem eine entscheidende Rolle bei der Reinigung unserer Trink- und Grundwasserspeicher. Die fortschreitende Zerstörung solcher sensiblen Gebiete ist alarmierend. In den vergangenen 100 Jahren sind in Europa etwa zwei Drittel aller Feuchtgebiete durch Trockenlegung für die Landwirtschaft, Flussbegradi-gungen oder den Bau von Staudämmen dauerhaft vernichtet worden.

Feuchtregionen naturschonend weiterentwickeln

Die gesamte Fläche der im Rahmen der Ramsar-Konvention geschützten Gebiete beträgt weltweit über 1,5 Millionen Quadratkilometer, dies entspricht in etwa der Gesamtfläche von Deutschland, Frankreich, England und Spanien zusam-men. Die Umsetzung der Konvention erfolgt durch Richtlinien auf nationaler Ebene. Leider können Verstöße gegen die Konvention bisher international noch kaum geahndet werden. Aus der Sicht des Global Nature Fund müssen die Vertragsstaaten auf der nächsten Konferenz im Oktober 2008 in Korea hier dringend nachbessern.

Der Global Nature Fund unterzeichnete im Jahr 2004 eine Kooperationsver-einbarung mit Ramsar. Etwa die Hälfte der 45 Living Lakes Partnerseen hat bereits ausgewiesene Ramsargebiete, beispielsweise Plattensee, Bodensee oder der Titicaca See. Weder die Ramsarkonvention noch Living Lakes streben ein totales Nutzungsverbot an. Ziel ist vielmehr eine langfristige Entwicklung der Feuchtregionen, die zu einer Balance zwischen menschlicher Nutzung und den natürlichen Funktionen der Gebiete für Tiere, Pflanzen und Wasserhaushalt führen soll.

Weitere Informationen unter www.ramsar.org.

Ramsar – ein Schutzinstrument für Feuchtgebiete

Dauerhafte Hilfe ist nötig

Die vergangenen Monate standen für viele Menschen in Sri Lanka im Zeichen des Neubeginns. Doch es bleibt noch viel zu tun! Und die Finanzierung der Projekte ab 2009 ist noch nicht sicherge-stellt. Nur durch eine langfristige Zusam-menarbeit kann gewährleistet werden, dass die Menschen, die wieder neuen Mut geschöpft haben, ihr Leben selbst in die Hand nehmen können.

Der GNF legt bei seinen Projekten großen Wert auf die Katastrophenprä-vention. Intakte Mangrovenwälder und Neupflanzungen sichern die natürlichen Schutzgürtel für Siedlungen. Sie können die Auswirkungen von Flutwellen und klimabedingten Katastrophen in den Küstenregionen vermindern.

Insgesamt wurde das Projekt in Sri Lanka mit fast 700.000 Euro gefördert. Un-terstützer sind die Serendib Stiftung, die Stiftung Ursula Merz und Sika. Der Hauptanteil der Förderung kommt von der Europäischen Union. Weitere In-formationen: www.globalnature.org/Sri-Lanka

Pflanzenfilter reinigen das Abwasser der neuen Umweltbildungszentren.

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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN

Rasanter Luftjäger

Mauersegler verbringen bei uns nur drei bis dreieinhalb Monate im Jahr.

Sie fliegen dann in ihre 13.000 Kilometer entfernten afrikanischen Winter-

quartiere, um nach knapp vier Monaten wieder in unsere Breiten zurück-

zukehren. Für die Reise benötigen die schnittigen Vögel rund zehn Wochen,

bei einer durchschnittlichen Fluggeschwindigkeit von rund 40 Stundenkilometern.

in Dorf und Stadt

Die perfekt an ein Leben in der Luft angepassten Mauersegler sind in vie-lerlei Hinsicht absolute Rekordhalter. Schon die Zeitplanung ihrer Rückkehr aus den Winterquartieren ist absolut präzise. In Abhängigkeit von der geo-grafischen Breite erscheinen sie in Ra-dolfzell in der Regel am 19. April, in Leipzig am 25.April und in Lübeck am 4. Mai. Pfeilschnell schießen sie dann über den Dächern der Städte dahin, um in rasanten Flugspielen das Brutgeschäft einzuleiten. Dabei können sie Spitzen-geschwindigkeiten von 140 bis 200 Stundenkilometern erreichen.

Dem Brutplatz ewig treu

An seinem Brutplatz ist der Mauerseg-ler sehr gesellig, dennoch umfassen die meisten Kolonien nicht mehr als 30 bis 40 Paare, und jedes von ihnen brütet in einem eigenen Nest. Oft kommt es vor, dass die zurückkehrenden Vögel ihre Nester bereits von Staren oder Haussperlingen besetzt vorfinden. Mit ihren Vormietern gehen sie dann nicht zimperlich um. Dank ihrer nadelspitzen Krallen und ihrer Größe bleiben sie fast immer Sieger und überbauen einfach die vorhandenen Nester.

Überlebensstrategien

Als Luftjäger leiden Mauersegler immer wieder unter Nahrungsengpässen. Ab-hilfe bieten zwei phantastische Über-

gesenkt und die Atmungsfrequenz he-rabgesetzt; ähnlich wie beim Winter-schlaf der Säugetiere.

Schlafen in der Luft

Abgesehen von der kurzen Zeit am Brut-platz sind Mauersegler monatelang in der Luft und schlafen dort auch. Vor allem bei schönem Wetter lässt sich das abendliche Aufsteigen der Vögel gut beobachten. Bis in 3000 Meter Höhe suchen sie wärmere Luftschichten auf, um dort in vielen Wendungen zu krei-sen und sich von den Luftströmungen treiben zu lassen.

Immer mehr Wohnungsnot

Wenngleich der Mauersegler in den letzten 100 Jahren vom Anwachsen der Städte profitiert hat, so scheint nun die Bestandsentwicklung wieder gegenläufig zu sein. Vor allem in Ost-deutschland dürften durch die dringend notwendigen Gebäudesanierungen und den Abriss von Plattenbauten jährlich Tausende von Mauerseglern ihre Brut-plätze verlieren. Auch andere Tiere wie Fledermäuse trifft dies besonders. Durch praktische und mittlerweile bewährte Schutzmaßnahmen lassen sich leicht neue Quartiere schaffen. Beispielgebend sind erfolgreiche Projekte von aktiven Naturschutzgruppen in Leipzig, Chem-nitz und Dresden. Hier wurden im Zuge von Fassadensanierungen speziell ent-wickelte Nisthilfen direkt eingebaut.

lebensstrategien: Mauersegler sind her-vorragende Wetterpropheten. Drohen große Regen- und Gewitterfronten und damit weniger Nahrung in der Luft, kann es zu regelrechten Wetterfluchten kom-men. Entweder steigen die Vögel dann in die Höhe auf oder sie schließen sich zu Trupps von oft Hunderten oder gar Tausenden zusammen und weichen in südliche und westliche Regionen aus. Es kann dann Tage und Wochen dauern, bis sie wieder zurückkehren. Normaler-weise würde das Fortbleiben der Eltern für die Jungvögel den sicheren Tod be-deuten. Nestjunge Mauersegler verfallen in solchen Fällen aber in einen so ge-nannten Hungerschlaf und kommen bis zu zehn Tage ohne Nahrung und Wasser aus. Dabei wird die Körpertemperatur

Nistkasten für Mauersegler. Viele Tipps zum Schutz des Mauerseglers finden sich unter www.mauersegler.klausroggel.de

von Frank Neuschulz

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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN

Steckbrief:

Mauersegler

(Apus apus)

Verwandtschaft: Gehören zur Ordnung der Segler und Kolibris. Die Segler sind weltweit mit 92 Arten verbreitet.

Aussehen:Schwalbenähnlich, aber mit langem Sichelflügel und kurzem Gabelschwanz. Reißender Flug!

Gewicht und Größe: Altvögel wiegen zwischen 30 bis 56 Gramm, jedoch besteht eine starke Wetterabhängigkeit.

Hungergewichte oft nur knapp über 21 Gramm! Die Länge vom Schnabel bis zum Schwanz misst 18 cm, die Flügelspanne beträgt fast 40 cm.

Stimme:jauchzendes “Sriehh“, sehr ruffreudig und oft auch nachts zu hören. In Trupps während rasanter Flugspiele auch Duett- und Wechselrufe.

Verbreitung: Europa, Nordafrika, Vorder- und Innerasien

Winterquartier: Die Mauersegler gehören zu den Langstreckenziehern und überwintern in Äquatorial- und Südafrika. Die weitesten Ringfundestammen aus Mosambik (10720 Kilometer) und Rhodesien(10370 Kilometer).

Neststand: Höhlen- und Nischenbrüter, selten Baumbrüter. Zumeist in hohen

Gebäuden mit freiem Anflug in Mauerlöchern, unter Ziegeln und Dachrinnen. Nimmt auch spezielle Nistkästen an.

Nahrung:Nur Insekten und Spinnen, die ausschließlich im Flug erbeutet werden. Die Tagesleistung eines fütternden Paares kann mehr als 20.000 Tiere umfassen.

Natürliche Feinde: keine, nur vereinzelt Falken und Eulen.

Lebenserwartung: Mauersegler können recht alt werden. Der bisher älteste Ringvogel

war 21 Jahre alt!

Gefährdung und Schutz: Derzeit nicht bestandsgefährdet, leidet in vielen Städten aber zunehmend unter dem Verlust geeigneter Brutplätze. Der Mauer-segler gehört nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den besonders geschützten Vogelarten. Auch ihre Brutplätze stehen unter gesetzlichem Schutz, obwohl sie sich an Gebäuden befinden.

Frisch geschlüpfte Mauersegler in einer Kolonie in Kronenberg/Taunus. (Alle Fotos: Erich Kaiser)

6-tägige Jungvögel. Die Futterballen der Eltern können haselnussgroß sein.

Zumeist am 10. Tag öffnen sich die Augen.

Vier Jungvögel sind selten, zumeist sind es zwei oder drei. Alter ca. 27 Tage.

Nach rund 40 Tagen fliegen die Jungen aus – zum Brutplatz kehren sie dann nicht mehr zurück.

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UMWELT ERLEBEN

Erlebnis für Familien und Naturbeobachter

In diesem Jahr wird Radolfzell am Bodensee wieder zum Nabel der Welt für alle

Naturfreunde, insbesondere für alle Vogelbeobachter: Vom 12. bis 14. September 2008

findet hier die Fokus Natur statt.

Die Messe rund um die Natur- und Vo-gelbeobachtung bietet die ganze Breite hochwertiger Ferngläser und Spektive zum Vergleichen, Ausprobieren und Ausleihen. Informationen über das Wie und Wo der Naturbeobachtung. Neben den Ausstellungen aus den Bereichen Optik, Fotografie und Zubehör bietet die Naturerlebnis-Messe einen reichen Fundus an Informationen und Anregun-gen: Naturreisen, Fachzeitschriften und Bücher sowie Naturschutzprodukte wer-den präsentiert. Das Ausstellungsgelän-de liegt direkt am Bodenseeufer, so dass Sie Ferngläser und Spektive vor Ort auf ihre Praxistauglichkeit testen können.

Vielseitiges Messeangebot in traumhaft schöner Landschaft

Die diesjährige Messe ist auch für Ein-steiger in die Naturfotografie beson-ders interessant. Das Programm enthält Workshops mit erfahrenen Naturfotogra-

fen, die Praxistipps zu Ausrüstung und Bildgestaltung geben und bei Fragen zu jeglichen Fotosituationen im Gelände Rede und Antwort stehen.

Eine weitere Akttraktion ist die erste Na-turschutz-Auktion am Bodensee. Hier können Sie auf den Erhalt landschaft-licher Kostbarkeiten bieten und Natur-schutzleistungen ersteigern: Beispiels-weise die Pflege einer Streuobstwiese, die dann auch in Zukunft die Landschaft vor Ihrer Haustür bereichert und der Artenvielfalt eine Chance gibt.

Die Fokus Natur bietet zahlreiche Ge-legenheiten zum Naturerleben und Entspannen: Mit Führungen durch das Wollmatinger Ried, das Naturschutz-gebiet Mindelsee und über die Halb-insel Mettnau stehen ornithologische und naturkundliche Leckerbissen auf dem Programm. Life kommentierte Dia- und Filmvorträge, Ausfahrten mit der

Solarfähre HELIO, geführte Kanutouren und ein Kinderprogramm laden sowohl fachlich interessierte Besucher als auch ganze Familien ein.

Ab August finden Sie das detaillierte Messeprogramm im Internet. Informie-ren Sie sich und sichern Sie sich Ihren Platz bei den Exkursionen!

Weitere Informationen:www.fokusnatur.com Bodensee-StiftungFritz-Reichle-Ring 478315 RadolfzellTel: ++49 (0)7732 9995 40Fax: ++49 (0)7732 9995 49

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UMWELT ERLEBEN

Nehmen Sie die Fokus Natur zum An-lass für einen Kurzurlaub am westlichen Bodensee! Ohne großen Zeitaufwand und mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen Sie von Radolfzell aus zahlrei-che Ausflugsziele in einer der schönsten Natur- und Kulturlandschaften Deutsch-lands. Wir haben für Sie einige lohnens-werte Ziele herausgesucht, mit denen Sie sich ein individuelles Ausflugspro-gramm zusammenstellen können.

Weitere Ausflugsziele und Informatio-nen: www.tourismus-untersee.eu

Ein Wochenende Natur und Kultur am Bodensee

schöne Stadtgarten, der Stadtkern mit dem Münster und dem Stadtmuseum.

Informationen: Tourist-Information++49- (0) 7732 - 81-500.

Das historische Stein am Rhein

1267 zum ersten Mal urkundlich er-wähnt, bietet das auf der schweizeri-schen Seite des Rheins gelegene Stein mit seinen schönen mittelalterlichen Gassen und historischen Fassadenmale-reien eine einmalige Gelegenheit, in die Geschichte der Region einzutauchen. Planen Sie für den Besuch einen halben Tag ein! Stein am Rhein ist weniger als eine halbe Stunde mit dem Auto vom Messegelände entfernt, aber auch sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln er-reichbar.

Informationen: Tourist-Service Stein am Rhein: Tel. ++41-(0) 52-742 20 90

Die Naturschutzgebiete Mindelsee, Mettnau und Radolfzeller Aachried

In unmittelbarer Umgebung von Ra-dolfzell liegen drei Beobachtungs-gebiete, die Sie im Rahmen von Fokus Natur in kompetent geführ-ten Exkursionen entdecken können. Der Mindelsee, die Halbinsel Mettnau oder das Radolfzeller Aachried sind Na-turschutzgebiete, etwas abseits der gro-ßen Tourismusströme. Natürlich können Sie sich auch auf eigene Faust auf den Weg machen und die Gebiete allein oder mit Ihrer Familie besuchen. Unsere Mitarbeiter auf der Fokus Natur geben Ihnen gern Hinweise für die Anfahrt mit Bus und Bahn.

Tagestour in Richtung Kons-tanz: Wollmatinger Ried und Insel Reichenau

Schmecken Sie die Region mit einem „Bodensee-Frühstück“: Etliche Gas-tronomiebetriebe bieten ein regionales Frühstück. Schließen Sie sich dann einer Fokus Natur-Exkursion an und erleben Sie am Vormittag das Naturschutzgebiet Wollmatinger Ried mit einem der sach-kundigen Führer.

Das historische Radolfzell

Haben Sie Radolfzell als Ihren Aus-gangsort für ein langes Wochenende ausgewählt? Dann kommt vielleicht die Vogelweltpauschale für Sie in Frage: Sie können bei der Tourist-Information Radolfzell ein Pauschalangebot für drei Übernachtungen und den Fokus Natur-Eintritt buchen (www.radolfzell.de, Tou-rismus und Kultur).

Nehmen Sie sich Zeit für unsere Gastge-berstadt. Das 1182 Jahre alte Radolfzell ist einen Rundgang wert: vor allem der

Nun sind Sie bereits weniger als fünf Autominuten entfernt von der Insel Rei-chenau. Anno 724 wurde hier das Be-nediktinerkloster Reichenau gegründet. Über Jahrhunderte hinweg war es ein weltweit bedeutsames Zentrum des geis-tigen und kulturellen Lebens. Eines der ältesten überlieferten Werke der Gar-tenkultur entstand hier im 9. Jahrhun-dert und die erhaltenen Klosteranlagen prägen noch heute das Gesamtbild der Insel Reichenau, 2001 wurde die Insel Reichenau zum UNESCO Weltkultur-erbe erklärt. Ein Uferweg lädt zur Er-kundung der Insel auf eigene Faust ein. Ein besonderer kunsthistorischer Schatz sind die weltberühmten ca. 1000 Jahre alten ottonischen Wandmalereien in der Kirche St. Georg.

Von Radolfzell aus ist die Reichenau mit Bus und Bahn gut erreichbar, bei Anfahrt mit dem Auto planen Sie bitte 20 Minuten Fahrtzeit ein.

Informationen: Tourist-InformationTel. ++49 (0) 75 34 92 07 - 0

Kirche St. Georg, Insel Reichenau.

Blick auf den Untersee.

Radolfzeller Innenstadt.

Naturschutzgebiet Mettnau.

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UMWELT ERLEBEN

Im dicht besiedelten Brahmaputra-Delta in Bangladesh gibt es Wasser im Überfluss. Die Menschen müssen mit ansehen, wie die Flut des Stroms wäh-rend des Monsuns ihre Grundstücke erodieren lässt. Doch anstatt in Panik zu verfallen, begegnen sie ihrem Schick-sal mit bewundernswertem Gleichmut. Aus ihren Häusern machen sie Boote, mit denen sie die nächst höher gele-gene Insel ansteuern, um sich darauf niederzulassen.

für herausragende journalistische und schriftstellerische Leistungen.

Die Auszeichnung soll Ansporn und Förderung sein für Autoren und

Autorinnen, die sich mit der Zukunft der Erde, mit Chancen und Risiken

künftiger Entwicklungen für Mensch und Natur auseinandersetzen.

AusschreibungDie Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)

vergibt 2008 zum 13. Mal den

Umwelt-Medienpreis DUH-

2008

Der Preis wird an Journalisten, Filmer, Redakteure, Umweltgruppen, Autoren und Verleger in den Kategorien Printmedien(Zeitung, Zeitschrift, Buch), Hörfunk,

Fernsehen und Neue Medien verliehen, die in beispielhafter Weise:

das Bewusstsein für Umweltgefahren schärfen,

umweltbezogene Fragestellungen lösungsorientiert darstellen,

Umwelt- und Naturthemen vermitteln,

Handlungsanreize für den Umwelt-, Natur- und Artenschutz schaffen,

Pionierleistungen im Bereich des Umwelt-, Natur- und Artenschutzes bekannt machen.

Nominierungen sind bis zum 31. August 2008 möglich.

Wir danken der T-Mobile Deutschland GmbH für die Unterstützung.

Ansprechpartner:Deutsche Umwelthilfe e.V. Erika Blank, Jürgen Resch

Fritz-Reichle-Ring 4 78315 RadolfzellTel. 07732 99 95-90, Fax -77 [email protected]; www.duh.de

Kinotipp: Über WasserDer Dokumentarfilmer Udo Maurer nimmt in seinem neuen Film „Über Was-ser“ den Zuschauer mit auf eine Reise zu völlig unterschiedlichen Schauplät-zen der Erde. In drei Geschichten erzählt er von der existenziellen Bedeutung des Wassers für die Menschheit.

Buchtipp:

Tryjanowski P., Sparks T.H. & Jerzak L. (eds.). The White Stork in Poland: Studies in biology, ecology and con-servation. Poz-nan 2006. 492 Seiten, 17 x 25 cm, viele Fotos, Diagram-me und Abbuldungen, 5 ganzseiti-ge Aquarelle. Preis: 28 Euro; Bezug: www.bogucki.com.pl

Über 20 Prozent aller Weißstörche – nämlich 52.500 Brutpaare! – brü-ten in Polen. In einem fast 500 Seiten starken Buch geben 39 Originalbeiträ-ge polnischer Storchenexperten einen ausgezeichneten Überblick über die Entwicklung der Bestände, über das Nahrungsspektrum und die Bruterfolg-raten. Letztere liegen zum Teil deutlich über den Werten in Deutschland.

eine Wasserstelle zu erreichen, denn für 1,4 Millionen Bewohner des Slums gibt es ganze 15 offizielle Wasserstellen. Wasser wird so zu einem Machtfaktor in einem Kampf auf Leben und Tod und bestimmt den Tagesrhythmus der Men-schen wie nichts anderes sonst.

„Über Wasser“ zeigt Bilder, die für viele Kinobesucher neu sein werden und gibt auf faszinierende Weise tiefe Einblicke in den Alltag von Menschen, für die der Umgang mit Wasser keine Selbstver-ständlichkeit ist, sondern jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung darstellt, die es zu meistern gilt. Der Film kommt dabei ohne begleitenden Kommentar aus. Stattdessen lässt er die Protagonis-ten zu Wort kommen und überlässt an-sonsten dem Zuschauer die Deutungs-hoheit über die Bilder. „Über Wasser“ läuft seit Juni bundesweit in den Kinos und ist absolut sehenswert.

rks T H & JerzakIn Aralsk in der Steppe Kasachstans gibt es heute kein Wasser mehr. Ehemali-ge Fischer stehen – umgeben von den gestrandeten Wracks ihrer Schiffe – im Wüstensand. Wo einst der Aralsee mit seinem Fischreichtum brandete, trauern die Menschen heute um ihre Existenz-grundlage Fisch, die mit dem See ver-schwand. Fast 100 Kilometer müssen sie nun zurücklegen, um an frischen Fisch zu kommen, mit dem sie sich ein spär-liches Auskommen sichern.

Die letzte Station im Film ist Kibera, der größte Slum in der kenianischen Haupt-stadt Nairobi. Dort ist Wasser längst zur Ware geworden, die nicht für alle er-schwinglich ist. Weite Wege müssen in Kauf genommen werden, um überhaupt

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DUH INTERN

Naturschutz kostet Geld

In jüngster Zeit machte die Deutsche Umwelthilfe vorwiegend durch politi-sche Erfolge bundesweite Schlagzeilen. Doch sie blieb ihrer Verbindung zur Basis treu und führte das Erfolgsmodell Haus- und Straßensammlung fort. So er-möglicht die DUH kleine, aber wichtige Schritte für den Natur- und Umwelt-schutz. Die Liste der Projekte, die davon profitieren, ist lang: Umweltbildung an Schulen, Schulbiotope und -solaranla-gen, naturnah gestaltete Kindergarten-flächen, Publikationen, Insekten- und Vogelnistkästen, die Betreuung von Na-turschutzgebieten, Renaturierungen, der Kauf naturschutzwichtiger Flächen …

Die DUH übernimmt die „bürokrati-sche“ Abwicklung für die Sammelak-tion: Sie sichert den organisatorischen und rechtlichen Rahmen. Für diesen Service, das heißt für Druck- und Ver-waltungs- und Materialkosten der Haus- und Straßensammlung und für die Be-treuung der Sammelgruppen behält die DUH lediglich fünf bis zehn Prozent der gesammelten Gelder ein. So fließt

der Löwenanteil der Spenden in die eigenen Projekte der Sammelnden vor Ort. Mit einem weiteren Anteil werden vorbildliche Naturschutzprojekte von landesweiter Bedeutung, vor allem von Orts- und Kreisgruppen, aber auch von Landesverbänden des BUND und des NABU gefördert.

Ehrenamtliche Helferbewegen viel

Mit dem wachsenden Bewusstsein für die Bedeutung des Umwelt- und Kli-maschutzes in den letzten Jahren ist das Thema an den Schulen wieder höher bewertet. Dies bietet der Haus- und Straßensammlung neue Wachs-tumschancen. Viele Lehrerinnen und Lehrer motivieren seit Jahrzehnten ihre Schulklassen für ein Engagement für Natur und Landschaft. Mit diesen ehrenamtlich Aktiven verbinden die

33 Jahre erfolgreich von Haus zu Haus – Viele Millionen Euro für Basisarbeit im Naturschutz

Seit 1975, dem Jahr ihrer Gründung, führt die Deutsche Umwelthilfe

gemeinsam mit vielen Umweltschützern und Schülerinnen und Schülern

in ganz Deutschland die Haus- und Straßensammlung durch. Die Idee für die

mittlerweile traditionsreiche Spendensammlung stammt von Hermut Ruland.

Er war einer der Gründer und erster Bundesvorsitzender der DUH.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Haus- und Straßensammlungen von Radolfzell und Hannover aus koordinie-ren, teils lange Freundschaften. Auch BUND- und NABU-Aktive, die in den Flussnetzwerken, in den Waldgebieten oder bei den kommunalen Projekten der Deutschen Umwelthilfe mitarbei-ten, zählen zum Kreis der langjährigen Haus- und Straßensammler.

An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an die vielen Tausend Sammlerinnen und Sammler, an die engagierten Sammelleiter, die in ihren Landkreisen oder Kommunen die Haus- und Straßensammlung organisieren und an die Menschen, die auf diesem Weg viele Millionen Euro für den Natur- und Umweltschutz gespendet haben. Die Mitwirkung von Ihnen allen verpflichtet uns: Wir organisieren die Haus- und Straßensammlung weiterhin!

So macht Schule Spaß: Mit den Sammel-erlösen konnten schon viele Schulbiotope geschaffen werden.

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KREISLAUFWIRTSCHAFT

Deshalb hat die Deutsche Umwelt-hilfe im Rahmen einer Studienreise im April 2008 zusammen mit einer Gruppe von internationalen Experten die deut-schen Strukturen für Mehrweg- und Ein-wegsysteme besichtigt. Besucht wurden der Getränkefachhandel, der Lebensmit-telhandel und ein automatisches Zähl-zentrum für Pfandflaschen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten sich unter anderem im Geträn-kemarkt Rössler in Berlin exemplarisch ein Bild von der deutschen Geträn-kevielfalt machen. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es 1.302 Brauereien – in den USA füllen nur drei Brauerei-konzerne Bier ab. Die hiesige Vielfalt steht und fällt mit den vielen lokalen und regionalen Herstellern, die ihre Produkte fast ausschließlich in Mehr-wegflaschen abfüllen. Damit reduzieren sie Umweltauswirkungen und stärken gleichzeitig die regionale Wirtschaft, denn sie begünstigen das Produktange-bot der Region.

Die Bundesregierung hat unlängst bestä-tigt, dass Mehrwegverpackungen nicht nur Abfall vermeiden und Ressourcen schonen, sondern zusätzlich auch einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz

leisten. Ziel der Verpackungsverord-nung ist es deshalb, dass 72 Prozent aller Verpackungen Mehrweg sein sol-len. Nachdem diese Quote mehrmals unterschritten wurde, wurde im Jahr 2003 das Pfand auf Einwegverpackun-gen eingeführt und im Mai 2006 ver-einfacht. Ziel des Dosenpfandes war es zum einen die vorhandenen Mehr-wegsysteme zu schützen, zum anderen sollte die Vermüllung der Straßenzüge und Parks (so genanntes Littering) durch Einwegverpackungen eingedämmt wer-den. Schließlich sollte auch eine hohe Rücklaufquote der leeren Einwegfla-schen erzielt werden.

Die vereinfachten Pfandregelungen führten zum Erfolg: Die Vermüllung durch bepfandete Einwegflaschen ist praktisch verschwunden (vor der Ein-führung des Pfandes verantwortlich für 20 bis 25 Prozent der Gesamtvermül-lung) und 95 bis 97 Prozent der Einweg-Plastikflaschen und Dosen werden von

Die deutschen Mehrwegsysteme als internationales Vorbild

den Kunden zurückgebracht. Die sehr sauber getrennt gesammelten Verpa-ckungen haben als Sekundärwertstoff einen hohen Marktpreis und ermögli-chen ein hochwertiges Recycling. Im Bierbereich ist die Mehrwegquote auf 85 Prozent gestiegen; für Wasser und Erfrischungsgetränke ist sie allerdings auf 35 bis 40 Prozent gesunken. Das ist zwar deutlich mehr als bei den pfandfreien Säften, die mit weniger als 10 Prozent Mehrwegverpackungen zu Buche schla-gen, aber weit vom Ziel entfernt.

Eine wirksame Lenkung von Einwegver-packungen hin zu den umwelt- und kli-mafreundlichen Mehrwegverpackungen muss erreicht werden. Deshalb fordert die DUH dringend, dass auf Einwegver-packungen zusätzlich zum Pfand auch eine Abgabe erhoben wird, die bei der Rückgabe der Einwegflaschen nicht zu-rückgezahlt wird. Dieser Ansatz hat zum Beispiel bei den so genannten Alkopops sehr gut funktioniert.

Für die deutschen Verbraucher ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man

Bier, Mineralwasser, Saft und Softdrinks in umweltfreundlichen Mehrwegflaschen

kaufen kann. In vielen anderen Ländern gibt es das nicht.

Pfand- und Mehrwegsysteme standen im Zentrum des internationalen Besuches in einem Getränkemarkt in Berlin.

Getränkefachgroßhandel als Umschlagplatz für umweltfreundliche Mehrwegflaschen.

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KREISLAUFWIRTSCHAFT

Die Allianz „Mehrweg ist Kli-maschutz“ zog nach einem Jahr Lauf-zeit eine positive Bilanz: Rund 3.500 Getränkefachhändler in ganz Deutsch-land haben aktiv zum Erfolg der bisher größten Kampagne im Getränkehandel beigetragen. Über eine Million Verbrau-cherinnen und Verbrauchern wurden seit dem Kampagnenstart im Jahr 2007 informiert und zu ökologisch verantwor-tungsbewussten Kaufentscheidungen motiviert. Die Macher der Aktion sind der mehrweg-orientierte Getränkehan-del, die Getränkewirtschaft und die Deutsche Umwelthilfe.

Aktuelle Zahlen des Deutschen Verpa-ckungsinstituts belegen eindrucksvoll die Klimaschutzrelevanz der Mehrweg-systeme. Durch einen konsequenten Verzicht auf Getränke in Einwegflaschen

könnten jährlich über eine Million Ton-nen Kohlendioxid eingespart werden. Verbraucher, die PET-Einwegflaschen wählen, belasten das Klima mit fast doppelt so hohen CO2-Emissionen als solche, die zu regional erzeugten Ge-tränken in Glas-Mehrwegflaschen grei-fen. Regionale Wirtschaftskreisläufe si-chern außerdem Arbeitsplätze und die einzigartige deutsche Getränkevielfalt. Der zielstrebige Ausbau des Getränke-Mehrwegsystems könnte spürbare CO2-Reduktionen vergleichsweise einfach und kostengünstig erzielen und so zu den nationalen Klimaschutzverpflich-tungen Deutschlands beitragen.

Im April hat die Mehrweg-Allianz in Berlin neu entwickelte Informations-materialien der Presse vorgestellt. Das Poster und der Flyer „Mehrweg ist Kli-

maschutz“ können im Internet unter www.duh.de kostenfrei heruntergeladen werden. Die Getränkfachmärkte stehen bereits in den Startlöchern für die Um-setzung der neuen Kampagne. In diesem Jahr sollen 5.000 beteiligte Betriebe für den Klimaschutz gewonnen werden.

Im April stellte die Deutsche Umwelt-hilfe den von der Lightcycle Retourlogi-stik und Service GmbH durchgeführten Schulwettbewerb s‘cooltour 2008 der Öffentlichkeit vor. Das Thema Klima- und Umweltschutz bietet für jedes Unterrichtsfach, aber auch fächer- und jahrgangsübergreifend interessante An-satzpunkte. Im Rahmen der s‘cooltour werden Ideen geliefert und Projektpart-ner koordiniert, um Schüler bei der Ent-wicklung kreativer Lösungen zum Kli-ma- und Umweltschutz zu unterstützen. Alle Schüler der Klassen 5 bis 13 sind zum Projektwettbewerb „Klima- und Umweltschutz“ eingeladen. Für Grips, Engagement und visionäre Aktionen winken tolle Preise, wie zum Beispiel Konzertkarten der Popgruppe Juli für den Gewinner.

Die Deutschen beleuchten zunehmend mit energieeffizienten Energiesparlam-pen und Leuchtstoffröhren: 150 Millio-nen gingen alleine im Jahr 2006 über die

Ladentheke. So wird Energie eingespart und aktiv das Klima geschützt. Nach ih-rem Ende dürfen die Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren jedoch nicht mit dem Restmüll entsorgt werden. Sie ent-halten kleine Mengen Quecksilber und müssen deswegen laut Elektrogesetz seit

2006 von anderen Abfällen getrennt ge-sammelt und umweltgerecht verwertet werden. Alte Lampen können kostenlos bei den kommunalen Sammelstellen ab-gegeben werden, einige Elektro- und Baumärkte bieten zudem die kostenlose Rücknahme an.

Aktion „Mehrweg ist Klimaschutz“ mit Rekordbeteiligung

Umweltschutz macht Schule – s‘cooltour 2008

Die Teilnehmer der Auftakt-Pressekonferenz zur s‘cooltour.

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KREISLAUFWIRTSCHAFT

Altlampengehören in die Elektroaltgerä-tesammlung

Insgesamt 14 vor-bildliche Initiativen der Elektroaltgerä-tesammlung oder -verwertung zeich-neten wir als „Pro-jekte des Monats“ aus, drei davon in

diesem Jahr. Im Februar erhielten die Lebenshilfe und der Zweckverband Ab-fallwirtschaft in Celle den Preis für ihre verbraucherfreundliche Sammlung von Altlampen aus privaten Haushalten und Gewerbe. Die beiden Projektpartner op-timieren durch ihre konstruktive Zusam-

Vorbildliche Aktivitäten rund um das Elektro-GesetzGreen Electronics nannte die DUH ihr Projekt, mit dem sie seit 2005 die Umsetzung des

Elektro-Gesetzes in der Öffentlichkeit begleitet. Unsere Informations-, Presse- und Umwelt-

bildungsarbeit zur Entsorgung von Elektroaltgeräten endete nun im April.

neuen Gerätes. Alle Bürger können zu den Ladenöffnungszeiten Altge-räte bei verschiedenen Händlern im Stadtgebiet abgeben. Auf diese Weise haben die rund 58.000 Einwohner die Möglichkeit, direkt bei ihren Alltagser-ledigungen ausgediente Elektrogeräte einer Sammlung zuzuführen, ohne den Umweg zum kommunalen Wertstoffhof in Kauf nehmen zu müssen.

Elektroschrottmenge eindämmen

Als drittes Projekt wurde im April die Integral GmbH im Landkreis Marburg-Biedenkopf für ihren vorbildlichen Ein-satz bei der Gewinnung und Wieder-verwendung von Elektro-Altgerätebau-teilen ausgezeichnet. Das erfolgreiche Konzept führt zu einem hervorragenden Sammelergebnis: 10 Kilogramm Elek-troaltgeräte je Einwohner und Jahr. Die Mitarbeiter des kommunalen Betriebs sortieren und zerlegen die für die Ver-wertung geeigneten Geräte von Hand. Die wieder verwendbaren Bauteile werden anhand bestimmter Kriterien entnommen und als Ersatzteile auf einer eigenen Internetseite zum Kauf angebo-ten. Alle Teile werden vor dem Verkauf durch einen Elektromeister geprüft. Alle nicht zur Wiederverwendung geeigne-ten Bauteile werden verwertet und ent-sorgt. Damit erfüllt Integral vorbildlich das oberste Ziel des Elektro-Gesetzes, die Eindämmung der seit Jahren wach-senden Mengen an Elektroschrott.

menarbeit die Rückgabemöglichkeiten bei der Sammlung von ausgedienten Gasentladungslampen und bieten ein verbrauchernahes Rundumkonzept für die Sammlung von Altlampen aus pri-vaten Haushalten und Gewerbe.

Einzelhandel unterstützt den kommunalen Wertstoffhof

Die Stadtwerke Hürth wurden als zwei-tes „Projekt des Monats“ im März dieses Jahres für ihre Initiative zur verbraucher-nahen Sammlung von Elektrokleinge-räten im Handel ausgezeichnet. Seit 2006 werden von ortsansässigen Elek-trofachgeschäften, aber auch anderen Geschäften, wie zum Beispiel Super-märkten, Elektroaltgeräte angenommen – und das nicht nur beim Kauf eines

Auszeichnung der Stadtwerke Hürth mit dem Green-Electroncis Preis als Projekt des Monats März 2008. Unten: Ausgediente Lampen auf dem Weg zum Recycling.

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HAND IN HAND-FONDS

Die Paranuss, auch Amazonasman-del oder Amazonasnuss genannt, ist der dreikantige, dick- und hartschalige Samen des Paranussbaums, der mehrere hundert Jahre alt und bis zu 60 Meter hoch werden kann. Die Paranuss wächst ausschließlich im tropischen Regenwald des Amazonasbeckens im Nordosten Boliviens und stellt einen wichtigen Teil des sensiblen Ökosystems dar. Die Kultivierung von Paranussbäumen ist bisher nicht gelungen. Das Interesse an den Paranüssen aus Wildsammlung trägt somit direkt zum Erhalt des Regenwal-des bei.

Leben im und mit dem Regenwald

Die Paranüsse der Rapunzel Naturkost AG stammen aus dem bolivianischen Amazonas-Regenwald. Die rund 400 Kleinbauern der Cooperativa Campesi-no sammeln im Urwald die wild wach-senden, nahrhaften Nüsse. Die Bauern wohnen in abgelegenen Dörfern mitten im Wald und bauen zusätzlich Mais, Bananen und Reis an.

Bis zu 40 Paranussbäume, verteilt auf 50 bis 200 Hektar Urwald, werden von einer Familie betreut. Die Kapselfrüch-te mit jeweils 20 bis 40 Kernen fallen nach starken Regenfällen von Novem-ber bis etwa März von den Bäumen. Je-der Sammler läuft sein Areal täglich ab. Dazu werden Pfade von Baum zu Baum angelegt, die vor der Ernte zunächst von

Die Nuss, die aus dem Dschungel kommt

Aktiver Regenwaldschutz in Amazonien

Im Amazonas-Einzugsgebiet sind Paranüsse oft die einzige Einkommensquelle für die Menschen.

Der HAND IN HAND-Fonds fördert soziale und ökologische Projekte überwiegend in den Herkunftsländern, aus denen die RapunzelNaturkost AG ihre Rohprodukte bezieht. Die Schwerpunkte liegen in Mittel- und Südamerika, aber auch Projekte in Asien und Afrika werden gefördert. Der Fonds wird von der Deutschen Umwelthilfe verwaltet. Ein Gremium von Fachleuten der Rapunzel Naturkost AG und der Deutschen Umwelthilfe trifft die Auswahl der zu fördernden Projekte.

HAND IN HAND-Partner garantieren die Einhaltung internationaler Bio-Richtlinien und gemäß Fair Trade-Kriterien die soziale Absicherung und men-schenwürdige Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter. 1999 und 2004 wurden Projekte rund um die Cooperativa Campesino (CAIC) mit Geldern des HANDIN HAND-Fonds in Höhe von 7.500 Euro gefördert: Eine Mitarbeiter-Kantine wurde gebaut und eine Schule unterstützt.

Buschvegetation befreit werden müssen, der Transport erfolgt überwiegend auf Booten. Das Geld für die Nüsse ist oft das einzige Einkommen der Sammler.

In der Verarbeitungsanlage von El Cam-pesino in Riberalta werden die Kerne gründlich vorsortiert und gereinigt. In einem großen Saal knacken dann Frau-en – bei südamerikanischer Musik und lebhafter Unterhaltung – die Nüsse mit einem manuell betriebenen Nusskna-cker. Nach der anschließenden scho-nenden Heißlufttrocknung werden die Nüsse nochmals sortiert und für den Export verpackt.

Mit den HAND IN HAND-Geldern wurde unter anderem eine Schule gefördert.

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VERBRAUCHERSCHUTZ

Da gibt es mittlerweile von zahlrei-chen Herstellern zahllose Versionen. Die zugehörigen Marketingbegriffe, mit denen die Geräte an den Kunden ge-bracht werden sollen, erfordern mitunter viel Vorstellungsvermögen.

Oder hätten Sie auf Anhieb gewusst, was unter einer Kühl-Gefrier-Kombination in bombiertem Softline-Design, mit Urlaubsfunktion, Anti-Bacteria-Aus-stattung, No-Frost-Technik oder Dyna-Cool zu verstehen ist? Natürlich sind auch schlichte Ausführungen erhältlich, die dem Nutzer außer der Handhabung

eines Reglers mit Skala für geringe bis starke Kühlleistung keine weitere Ent-scheidungsfreudigkeit abverlangen.

Energiespargerätesenken die Stromkosten

Vermeintlich einfacher wird die Wahl, wenn man die Energiebilanz des Ge-rätes betrachtet. Damit der Kunde sich ein Bild davon machen kann, welche Folgekosten mit der Anschaffung ver-bunden sind, hat der Gesetzgeber die so genannte Energieverbrauchskennzeich-nungsverordnung (EnVKV) erlassen (sie-

Heute schon über den Kühlschrank nachgedacht?

Wer diese Frage nun mit aller Entschiedenheit bejaht, meint vermutlich eher die Inhalte

des stummen Haushaltshelfers als dessen sonstige Merkmale. Denn Kühlgerät ist beileibe

nicht gleich Kühlgerät.

Die Energieverbrauchskennzeich-nungsverordnung (EnVKV) besagt, dass beim Verkauf von Kühl- und Gefriergeräten, Waschmaschinen und Wäschetrocknern, Geschirr-spülern, Backöfen, Lampen und Raumklimageräten ein farbiges Energieetikett deutlich sichtbar an der Vorder- oder Oberseite der Ge-räte anzubringen ist. Der Händler bekommt vom Hersteller zu jedem ausgelieferten Gerät einen Da-tenstreifen, der auf dem farbigen Grundetikett aufgeklebt wird. Aus der Kombination von Grundetikett und Datenstreifen ist die Energie-effizienzklasse auf den ersten Blick ersichtlich. Die Skala reicht üblicher-weise von A (effizienteste Klasse) bis G (besondere Energiefresser).

Wichtig zu wissen: Die Effizienzskala bei Kühl- und Gefriergeräten wur-de um die Klassen A+ bzw. A++ (letztere mit bis zu 45 Prozent Ersparnis gegenüber A) erweitert.

Bei den Effizienzklassen von Kühlgeräten ist Vorsicht geboten: Das B-Gerät hat einen hohen Stromverbrauch und entspricht längst nicht mehr dem aktuellen technischen Standard.

Manche Schnäppchenküche verliert an Reiz, wenn offensichtlich wird, welche Energiekosten zum Beispiel die Einbau-Spülmaschine verursacht.

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VERBRAUCHERSCHUTZ

Wegen „faktischer Nichtumsetzung“ der Pkw-Energieverbrauchskennzeich-nungsverordnung (Pkw-EnVKV) in den einzelnen Bundesländern legte die Deutsche Umwelthilfe im Februar Be-schwerde bei der EU-Kommission ein. Die Verordnung besagt, dass bei der Werbung für neue Pkw Kraftstoffver-brauch und CO2-Ausstoß in einer für den Verbraucher leicht erkennbaren, einheitlichen Form anzugeben sind. Dies gilt für Print- und Internetwerbung ebenso wie in Verkaufsräumen oder auf Automessen.

Deutschland verschenkt eine Chance für den Klimaschutz

Rein formal hat Deutschland zwar die entsprechende EU-Richtlinie aus dem Jahr 1999 mit der Pkw-EnVKV 2004 in nationales Recht umgesetzt, doch in der Praxis ist davon in den meisten Bun-

Pkw-Verbrauchskennzeichnung:

Gefördert durch:

he Kasten). Doch die A-Klasse ist nicht immer die energieeffizienteste. A+und A++ bei Kühl- und Gefriergeräten schaf-fen unnötige Verwirrung.

Seit langem fordern die DUH und an-dere Verbände deshalb die regelmäßige Anpassung der Effizienzklassen an den neuesten Stand der Technik, denn der Verbraucher sollte sich bei sämtlichen Geräten darauf verlassen können, dass ein A-Gerät zum Zeitpunkt des Kaufes dem neuesten Stand der Technik ent-spricht.

Über Energieeffizienz wird vom Handel nur lückenhaft informiert

In vielen Verkaufsstellen sind die Ge-räte hinsichtlich ihrer Energieeffiziens mangelhaft und nicht gesetzeskonform gekennzeichnet. Seit einiger Zeit geht die DUH dem nach und kontrolliert stichprobenhaft im Handel.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert dieses Verbraucherschutzprojekt

im Rahmen der Kampagne „EnergieEffi-zienz – jetzt“, an der auch andere Ver-bände beteiligt sind.

Bei den ersten Besuchen von Küchen-studios kam zutage, dass viele Händler nichts von der Kennzeichnungspflicht von Einbaugeräten wissen (wollen). Doch für Käufer und Verkäufer ist es gleichermaßen bedauerlich, wenn sich im Inneren der Küche hochwertige, en-ergieeffiziente Geräte verbergen, deren Einsparpotentiale nicht werbewirksam kommuniziert werden. In manchen Mö-belmärkten, die Mitnahmegeräte anbie-ten, war von Energieffizienz-Etiketten ebenfalls weit und breit nichts zu se-hen. Aus Verkäufersicht verwundert dies nicht, denn der günstige Anschaffungs-preis eines vermeintlichen Schnäpp-chens würde bei kritischem Blick oft schnell relativiert, wenn der Käufer die Folgekosten einbezieht.

Behörden müssen handeln

Zuständig für die Umsetzung der EnVKV sind die Bundesländer. Doch manche

desländern nichts zu spüren. Es wäre Sache der Länderministerien, Vollzugs-behörden zu benennen, die sich vor Ort um die ordnungsgemäße Pkw-Kenn-zeichnung kümmern. Die DUH legte ihrer Beschwerde die umfangreichen Ergebnisse dreier eigener Umfragen aus dem Januar 2006, sowie April und De-zember 2007 bei den Ministerien bei. Daraus geht hervor, dass die Hälfte aller Bundesländer noch nicht einmal Voll-zugsbehörden benannt hat.

Wo es diese bereits gibt, liegen den Mi-nisterien teilweise keine Rückmeldun-gen vor oder es finden keine Vor-Ort-Kontrollen statt. In Ansätzen vollzogen wird die Pkw-EnVKV nur in drei von sechzehn Bundesländern. Die umfas-sende und flächendeckende Kontrolle der Pkw-EnVKV muss selbstverständlich durch staatliche Behörden wahrgenom-men werden. Diese werden ihrer wich-

tigen Klima- und Verbraucherschutz-aufgabe derzeit nicht gerecht, weshalb die DUH Kommissionspräsident Barroso um die Einleitung eines Vertragsverlet-zungsverfahrens bat.

Bei Neuwagen wünscht man sich verbindliche Spritverbrauchsangaben.

Länder haben noch nicht einmal Voll-zugsbehörden benannt. Wo es diese be-reits gibt, ist (bis auf wenige Ausnahmen) von tatsächlicher Präsenz im Handel nichts zu merken. Der Kunde muss In-formationen also mühsam erfragen.

Verbraucherfreundlicher wäre es, wenn Händler ihre Geräte mit den Daten, die ihnen kostenlos und automatisch von den Herstellern zur Verfügung gestellt werden, von vorneherein korrekt kenn-zeichnen würden. Produktempfehlun-gen für umweltfreundliche Haushalts-geräte unter www.ecotopten.de.

DUH erhebt Beschwerde bei EU-Kommission

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ENERGIE UND KLIMA

So spekulierte schon vor mehr als 30 Jahren der baden-württembergische Ministerpräsident Hans Karl Filbinger (CDU), als er seinen rebellierenden Landsleuten mit der Drohung verlö-schender Lichter das Atomkraftwerk Wyhl am Kaiserstuhl andiente.

Angebliche Stromlücke soll Bau von Kohle- oder Atom-kraftwerken rechtfertigen

Seit diesem Frühjahr ist es wieder so weit. Wochenlang verging kaum ein Tag, ohne dass in Deutschland Manager der Strombranche, Politiker, aber auch Fachleute, die der traditionellen Ener-giewirtschaft nahestehen, eine „Strom-

Die Stromlückenlüge – gut platziert

Mit der Horrorvision einer drohenden Stromlücke wird dem Verbraucher von den großen

Energiekonzernen gerne Angst gemacht. Die Idee hat Tradition: Wenn „die Menschen

im Land“ warmes Bier, kalte Füße und Düsternis im Wohnzimmer fürchten müssen, sind sie

eher bereit, ungeliebte Kraftwerksprojekte zu akzeptieren.

von Gerd Rosenkranz

lücke“ entdeckten, die sich wahlwei-se 2020, 2012 oder schon in diesem Sommer 2008 öffnen werde. Als Prob-lemlösungen werden Kohlekraft- oder Atomkraftwerke angeboten.

Dena versucht Behauptungen einer angeblich bevorstehen-den Stromlücke durch Untersu-chung zu stützen

Wie nah der Versorgungsengpass ist, sollte eine Studie der halbstaatlichen dena (Deutsche-Energie-Agentur) deut-lich machen. „Mit Volldampf in den Notstand“, titelte Spiegel-Online, als die passende Studie zur Stromlücken-Angst-kampagne verbreitet wurde. Da die aber

von RWE und E.on in Auftrag gegeben wurde, überraschten die Ergebnisse der Untersuchung kaum. (Kasten: „Wie die dena zu ihrer Stromlücke kommt“)

Trotz Engpass bei Stromversor-gung soll weiterhin Strom ins Ausland exportiert werden

Erstaunlich ist darüber hinaus, dass nach der dena-Analyse trotz des angeblich drohenden „Stromnotstands“ auch noch 2020 mehr Strom aus Deutschland ins Ausland exportiert als importiert wer-den soll. Hierzulande erzeugter Strom soll also weiter teilweise dazu dienen, Nachfrage aus dem Ausland zu befrie-digen. 2006 wurden im Übrigen sogar

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ENERGIE UND KLIMA

zum Zeitpunkt der höchsten Stromnach-frage am 11. Dezember um 17:30 Uhr 2.100 Megawatt Leistung ins Ausland exportiert.

Deutsche Umwelthilfe übt scharfe Kritik an der Untersuchung

Die Deutsche Umwelthilfe nannte die dena-Analyse „insgesamt interessenge-leitet und zukunftsvergessen“. Die Dy-namik der technologischen Entwicklung wird ausgeblendet und es wird so getan, als würde die im wesentlichen auf Kohle und Atomkraft basierende Stromerzeu-gung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun-derts bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts fortdauern. Der Leiter Politik und Presse der DUH, Gerd Rosenkranz, erklärte die Annahmen der dena deshalb für „in letz-ter Konsequenz technologiefeindlich“.

Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Atomausstieg sind vereinbar

Allein die von der Bundesregierung vorgeschlagene Verdoppelung einer hocheffizienten, kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung in Kraftwerken mit so genannter Kraft-Wärme-Kopplung würde bis 2020 einen erheblichen Teil der beschworenen Stromlücke schlie-ßen. Wenn außerdem soviel Strom ein-gespart wird, wie die Bundesregierung vorsieht, und auch der Ausbau Erneu-erbarer Energien aus Sonne, Wind und Biomasse plangemäß weitergeht, gibt es überhaupt keine Stromlücke. So hatte es das Umweltbundesamt (UBA) ermittelt – und sich damit in Gegensatz zu seinem Dienstherrn Umweltminister Gabriel gebracht, der ebenfalls neue konven-tionelle Kohlekraftwerke errichten will.

Wie die dena zu ihrer Stromlücke kommt

Die dena-Analyse geht davon aus, dass bis 2020 alte fossile Kraftwer-ke mit einer Leistung von 28.000 Megawatt abgeschaltet werden. Der Widerspruch: 2007 gaben die Kraftwerksbetreiber selbst bei einer amtlichen Befragung durch die Bundesnetzagentur Stilllegungspläne von nur 2.400 Megawatt an (die Differenz allein würde die Stromlücke vollständig schließen).

Die dena-Analyse rechnet mit ei-ner Stromeinsparung von nur 8 Prozent bis 2020. Der Widerspruch: Nicht einmal ein Jahr zuvor hat die Bundesregierung, in deren Diens-ten die dena arbeitet, 11 Prozent als Sparziel ausgegeben

Die dena-Analyse erwartet, dass im Jahr 2020 die so genannte Jah-reshöchstlast, also der höchste Stromverbrauch im ganzen Jahr, genauso extrem von einem mitt-leren Verbrauch abweicht, wie sie es heute tut. Der Widerspruch: Fachleute gehen fest davon aus, dass bis dahin intelligente Strom-zähler in Privathaushalten und ein so genanntes Stromlastmanage-ment in Industrie und Gewerbe die Verbrauchsspitzen deutlich abflachen.

Die dena-Analyse tut stillschwei-gend so, als sei der Stromaustausch Deutschlands mit dem Ausland ausgeglichen. Der Widerspruch: 2006 und 2007 hat Deutschland per Saldo soviel Strom ins Aus-land exportiert wie nie zuvor in der Geschichte (19,8 bzw. 19,0 Terawattstunden; das entspricht mehr als der Hälfte des jährlichen Strombedarfs Dänemarks oder Ungarns) und dies, obwohl 2007 vier deutsche Atomkraftwerke zum Teil ganzjährig wegen Pan-nen und Unfällen stillstanden.

Umwelt profitiert vor allem von Verwendung von Erdgas als Energieträger für Kraft-Wärme-Kopplung

Neue Kraft-Wärme-gekoppelte Kraft-werke müssten nach Überzeugung der DUH praktisch ausschließlich mit Erd- und Biogas befeuert werden, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Die Abhängigkeit von Erdgas aus Russland – ein häufiges Gegenargu-ment – erhöht sich aber deshalb nicht zwangsläufig. Denn gleichzeitig wer-den schon wegen der enormen Ener-giepreissteigerung verstärkt Häuser und öffentliche Gebäude wärmegedämmt – dadurch würde sich der Gasverbrauch im Heizwärmebereich stark reduzieren. Was wenige wissen: Heute werden nur etwa 15 Prozent des Gasverbrauchs zur Stromerzeugung eingesetzt, der Löwen-anteil geht in die Raumheizung und an-dere Bereiche. Die öffentliche Sorge, zu sehr in eine einseitige Abhängigkeit von Russland zu geraten, setzt jedoch immer nur dann ein, wenn es um die Strom-erzeugung geht. „Die gesamte Diskus-sion ist bestimmt durch die Interessen der hergebrachten Energiekonzerne, die ihre Oligopolstruktur verteidigen“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Rai-ner Baake. „So wenig wie es heute eine Stromlücke gibt, so wenig wird es sie mittelfristig geben, wenn die Moderni-sierung unseres Energiesystems konse-quent fortgesetzt wird.“

Das Atomkraftwerk Wyhl wurde üb-rigens – trotz der Ermahnungen des Ministerpräsidenten Filbinger – niemals gebaut. Baden-Württemberg blieb den-noch bis heute eines der wirtschaftlich erfolgreichsten Bundesländer – und aus-reichend beleuchtet.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel verschenkt Chancen für den Klimaschutz.

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ENERGIE UND KLIMA

Gegen den Bau eines neuen Kohle-kraftwerks hat sich 2006 die Bürger-initiative „Kohlefreies Mainz“ (KoMa) gegründet. In beharrlicher Arbeit ist es ihr gelungen, die öffentliche Meinung gegen die Pläne der Stadt zu wenden. Unterstützt wird sie dabei von der DUH. Bundesgeschäftsführer Rainer Baake re-ferierte im März diesen Jahres als von der Bürgerinitiative benannter Experte auf einem Sonderparteitag der CDU in Mainz. Er zeigte die Widersprüche zwi-schen den Klimazielen und dem Bau neuer Kohlekraftwerke auf und stellte Alternativen dar. Der CDU-Parteitag vo-tierte gegen das Kohlekraftwerk. Ende April wollte die Bürgerinitiative Rainer

„Eigentlich sollte das doch ein Thema sein, bei dem wir alle an einem Strang ziehen!“

Baake als ihren Experten in die öffent-liche Anhörung im Stadtrat entsenden, um über Alternativen zu einem Kohle-kraftwerk zu informieren. Unter faden-scheinigen Argumenten wurde Baake von Oberbürgermeister Beutel (SPD) je-doch wieder ausgeladen. Geholfen hat es nichts: Der Mainzer Stadtrat lehnte das Projekt ab – wenn auch zunächst ohne konkrete Folgen.

Die DUHwelt war mit Patrick Hassen-pflug von der Bürgerinitiative KoMa im Gespräch:

Was sehen Sie als konkrete Alternative für ein Kohlekraftwerk in Mainz?

Mit dem geplanten Kohlekraftwerk wür-de der Mainzer CO2-Ausstoß schlagar-tig mehr als verdoppelt. Da kann man doch nicht tatenlos zuschauen! Für den Übergang halten wir den Bau eines Gas-kraftwerkes für sinnvoll, weil das nicht einmal halb soviel CO2 wie ein Kohle-kraftwerk ausstoßen würde. Außerdem sind Gaskraftwerke viel flexibler und passen daher besser in einen Strommix mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien. Grundsätzlich muss allerdings unser Energieverbrauch konsequent ge-senkt werden.

Wie arbeiten Sie mit der DUH zusam-men?

Aufmerksam geworden sind wir durch eine DUH-Präsentation, in der nachvoll-

Die Bürgerinitiative „Kohlefreies Mainz“ will ein neues Kohlekraftwerk verhindern.

Die Deutsche Umwelthilfe unterstützt sie dabei.

ziehbar belegt wurde, dass wir es uns einfach nicht mehr leisten können, neue Kohlekraftwerke zu bauen. Da wir uns gerade aus Klimaschutzgründen enga-gieren, passt das einfach gut zusammen. Im März brauchten wir einen renom-mierten Experten für den CDU-Parteitag und hatten Glück, dass Herr Baake sich

Die DUH bietet Initiativen gegen neue Kohlekraftwerke Unterstützung bei Öffent-lichkeitsarbeit und juristischen Fragen.

Mit dem geplanten Kohlekraftwerk würde

der Mainzer CO2-Ausstoß

schlagartig mehr als verdoppelt.

Wir hatten Erfolg: Seit dem Parteitag

fährt die Mainzer CDU einen klaren

Anti-Kohle-Kurs.

spontan Zeit dafür genommen hat. Und wir hatten Erfolg: Seit dem Parteitag fährt die Mainzer CDU einen klaren Anti-Kohle-Kurs.

Bürgermeister Jens Beutel (SPD) hat den von Ihnen benannten Experten, DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake, ausgeladen. Das hat bundes-weite Aufmerksamkeit hervorgerufen. Hat sich der Bürgermeister damit selbst geschadet?

Ja, denn so ein Vorgang spricht ja für sich: Da wollte Einer keine kritischen Argumente mehr hören. Das Votum des Stadtrats konnte er damit gleichwohl nicht verhindern: Der Mainzer Stadtrat lehnte am gleichen Tag das Kohlekraft-werk ab. Aber Beutel hat nichts dazu gelernt und ignoriert nun den Stadtrats-beschluss, und wenn’s so weiter geht, werden wir uns vor Gericht wieder se-hen. Schade, dass man für den Schutz des Klimas so sehr kämpfen muss, denn eigentlich sollte das doch ein Thema sein, bei dem wir alle an einem Strang ziehen.

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45SolarWorld. And EveryDay is a SunDay.

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ENERGIE UND KLIMA

Viele Kommunen in Deutschland engagieren sich im Klimaschutz. Sie stellen lokale Aktionspläne auf, setzen auf Energiesparmaßnahmen in den ei-genen Liegenschaften oder beteiligen sich an der Förderung erneuerbarer Energien. Die Vielfalt der Aktivitäten wurde bereits beim Wettbewerb „Bun-deshauptstadt im Klimaschutz 2006“ der Deutschen Umwelthilfe deutlich, den Münster für sich entscheiden konnte.Der Wettbewerb brachte allerdings auch

ans Licht, dass kleine Kommunen hö-here Hürden überwinden müssen, um Klimaschutz mit sichtbaren Erfolgen be-treiben zu können. Die Personaldecke und Finanzausstattung kleinerer Kom-munen ist in vielen Fällen zu dünn, als dass sich kommunale Energieexperten

Kommunale Klimaschützer gesucht – DUH startet neuen Wettbewerb

intensiv Fragen des Klimaschutzes an-nehmen könnten. Externe Berater sind hingegen zu teuer.

Dank dem Projekt „Sun Area“ der Stadt Osnabrück und der Fachhochschule können sich Osnabrücker Gebäude-besitzer auf einem Stadtplan im Internet den möglichen Stromertrag ihrer Dachfläche anzeigen lassen. Das über-raschende Ergebnis: Osnabrück verfügt über enorme Solarpotenziale. Die geeigneten Dachflächen könnten

Photovoltaikmodule mit einer Leistung von 300 Megawatt aufnehmen, womit der gesamte Stromverbrauch der städtischen Privathaushalte gedeckt werden könnte. Nach Angaben der Stadt könnten Investitionen in Höhe von bis zu 1,5 Milliarden Euro angestoßen und jährlich 128.000 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden.

Das Projekt basiert auf Laserscannerdaten, die vom Flugzeug aus ermittelt und bisher zum Beispiel für Hochwasserprognosen genutzt werden. Wissen-schaftler der Fachhochschule Osnabrück errechneten aus diesen Daten die Ausrichtung und Neigung der Dachflächen sowie den Schattenwurf durch benachbarte Gebäude oder Bäume in den verschiedenen Jahreszeiten. Auch die Städte Braunschweig und Gelsenkirchen haben die Osnabrücker Experten mit der Berechnung ihres Solarenergiepotenzials beauftragt.

Die Stadt Osnabrück bietet eine Finanzierungsbera-tung für die Installation von Photovoltaikmodulen und eine Dachbörse für externe Investoren an. Die Osnabrücker hoffen nun, in der Solarbundesliga weiter nach vorne zu rücken. Unter den Großstäd-ten mit mehr als 100.000 Einwohnern steht Os-nabrück als beste Stadt in Niedersachsen derzeit bundesweit auf Platz 12.

Weitere Informationen: www.osnabrueck.de/sun-area

Solarpotenziale in Osnabrück:

Privater Strombedarf kann von den heimischen Dächern gedeckt werden

: Der aktuelle Wettbewerb der Deutschen Umwelthilfe zum Thema „kommunaler Klimaschutz“ richtet sich nun bewusst an Städte und Gemeinden unter 20.000 Einwohnern. Unser Anliegen ist es, ge-zielt die ambitionierten Vorhaben und Handlungsspielräume kleinerer Kom-munen herauszustellen und sie so in ihren Klimaschutz-Bestrebungen zu unterstützen.

Der Wettbewerb beginnt am 1. Septem-ber 2008. Ab diesem Zeitpunkt erhalten Kommunen unter 20.000 Einwohner die Wettbewerbsunterlagen. Im Frühjahr 2009 präsentieren wir dann die beste deutsche Klimaschutzkommune 2009.

Gefördert durch:

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MENSCHEN FÜR NATUR

Im vergangenen Jahr spendeten die Deutschen 2,8 Milliarden Euro an ge-meinnützige Organisationen. Die DUH erhielt 2007 rund 300.000 Euro Spenden aus privater Hand. Unsere Mitarbeiterin Annette Bernauer führte ein Interview mit dem langjährigen DUH-Spender Hubert Pomplun.

Wie sehen die Vorteile für den Spen-der durch die neue Steuergesetzgebung aus?

Die Änderungen ab 2007 haben vor allem handfeste materielle Verbesse-rungen gebracht. Unterscheidungen wie mildtätige, kulturelle oder wissenschaft-liche Zwecke spielen keine Rolle mehr. Spenden können nun bis zu 20 Prozent vom Gesamtbetrag der Einkünfte abge-zogen werden. Dass Mehrbeträge im folgenden Jahr abziehbar sind, ist eben-falls ein großer Fortschritt. Der Spender muss nur auf zwei Punkte achten: Dass die empfangende Organisation vom Fi-nanzamt als steuerbegünstigt anerkannt ist und dass er bei Spenden unter 200 Euro den Zahlungsbeleg aufhebt oder bei höheren Spenden eine Zuwendungsbe-stätigung erhält. Wenn es um Stiftungen oder testamentarische Regelungen geht, ist weiterhin professionelle Hilfe durch Steuerberater, Rechtsanwälte und No-tare dringend zu empfehlen.

Welchem Personenkreis empfehlen Sie das Spenden besonders?

20 Prozent auf alles! Die DUH ist ein ganz legales Steuersparmodell

Mit Steuererleichterungen macht die Bundesregierung das Spenden attraktiv.

Bürokratischer Sozialstaat ist out – sozialer Bürgerstaat mit Selbstverantwortung ist in.

Wir alle müssen von der Macht-Euch–die-Erde-untertan-Mentalität und der Verherrlichung des Wachstums weg-kommen. Jeder Einzelne kann in seinem Rahmen etwas für Natur und Umwelt tun, durch praktische Mitarbeit und eben durch Spenden.Besonders empfehle ich das Spenden Menschen, die vor lauter Arbeit und Geldverdienen keine Zeit für andere Dinge haben. Für die ist dann – auch angesichts der Steuerersparnisse – das fi-nanzielle Opfer besonders gering. Ferner denke ich an die große Zahl der älteren Mitbürger, die ein Vermögen hinterlas-sen, aber keine näheren Angehörigen haben. Sie könnten ein entsprechendes Testament machen.

Was sagen eigentlich Ihre Freunde dazu, dass Sie „Geld verschenken“?

Die achten das als meine Entscheidung. Umgekehrt versuche ich – ebenfalls mit der gebotenen Zurückhaltung – bei meinen Freunden für das Spenden bzw. Stiften für den Natur- und Umweltschutz zu werben.

IMPRESSUMZeitschrift für Mitglieder und Förderer der Deutschen Umwelthilfe e.V.

Herausgeber: Deutsche Umwelthilfe e.V., Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel.: 07732 9995-0, Fax: 07732 9995-77, www.duh.de, E-Mail: [email protected] V.i.S.d.P.: Rainer Baake, Jürgen Resch

Redaktion: Jutta Kochendörfer, Eva Forstmeier, Ulrike Fokken, Michael Hadamczik, Frank Neuschulz Gestaltung: Claudia Kunitzsch Druck: Wachter GmbH, Bönnigheim Anzeigen:Michael Hadamczik; es gilt die Anzeigenpreisliste 2008 Verlag und Vertrieb: DUH Umwelt-schutz-Service GmbH, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell Spendenkonto: Bank für Sozial-wirtschaft Köln (BLZ 370 205 00) 8 190 002 Gedruckt auf 100 % Recycling-Papier

Bildnachweis: Titelseite: Kormoran, Naturfoto-Online/J. Raff; S. 3: A. Busch (o), R. Sturm/pixelio.de (m), KoMa (u); S. 4: DUH/F. Neuschulz (o), DBU/P. Himsel (m), GNF/U. Gattenlöhner (ur), K. Roggel (ul); S. 5: K. Boda/pixelio.de (ol); R. Kirchmann (or), DUH/F. Neuschulz (m), S. B. Kaintoch/pixelio.de (u); S. 6: DUH/Kisorsy (o), DUH Nord (u); S. 7: Kyocera (l), Wachter GmbH (r); S. 8: Naturpark Soonwald-Nahe; S. 9: O. Hahn/hahn-film.de; S. 10: DUH/F. Neuschulz (o), S. Schulz (u); S. 11: DBU/P. Himsel (o), DUH/F. Neuschulz (u); S. 12: DUH/Kisorsy (o), F. Neuschulz (m), P. Wilhelm (ul), R. Niggemeyer (ur); S. 14: NABU (o), NABU/Ludwichowski (u); S. 15: Naturfoto-Online/K. Hausjell; S. 16: M. Klinger (o), R. Strieckmann; S. 17: Lohmar (o), Hamm (m), Unterhaching PAN (u); S. 18: DUH/F. Neuschulz (o,m), Naturfoto-Online/J. Raff (u); S. 19: Büro am Fluss; S. 20: G. Schoenemann/pixelio.de (o), DUH/I. Wittig (u); S. 22: Walter (o), DUH/K. Schulz (u); S. 23: SCHUBZ Lüneburg; S. 24: M. Sutor; S. 25: GNF, M. Sutor (Aras); S. 26: GNF; S. 27: GNF/U. Gattenlöhner; S. 28/29: GNF, U. Gattenlöhner; S. 30: K. Roggel; S. 31: E. Kaiser (l), NABU/A. Limbrunner, Dachau (r); S. 32: GNF, M. Uhde; S. 33: R. Kirchmann (o), Insel Reichenau, G. Giebener/pixelio.de; U. Gattenlöhner (u); S. 34: Neue Visionen; S. 35: Burghardt Gymnasium Buchen (l), Realschule Crailsheim (r); S. 36: DUH (o), GFGH (u); S. 37: DUH; S. 38: Hürth (o), Meikowe (m); S. 39: HAND IN HAND FONDS; S. 40: DUH, G. Altmann/pixelio.de (u); S. 41: C. Hautumm/pixelio.de; S. 42: K. F. Domnik/pixelio.de; S. 42: BMU/T. Imo/photothek.net; S. 44: Mar Mar/pixelio.de; S. 46: Stadt Sigmaringen (ol), Gem. Morbach (or), Stadt Herrnhut (u); S. 47: A. Pomplun Heftpreis: 1,50

Glauben Sie, dass Ihr Geld bei der DUH „gut angelegt“ ist?

Ja, uneingeschränkt – obwohl ich auch noch an andere Naturschutzorganisati-onen spende. Bei der DUH gefällt mir besonders die Offenheit im Umgang mit uns Spendern: Auf Wunsch bekommt man den ausführlichen Tätigkeits-bericht, der dokumentiert, mit welch kleiner Spendensumme – im Vergleich zu öffentlichen Haushalten – Großes bewegt wird. Der Wirkungsgrad ist be-eindruckend. Dass sich die DUH neben der Förderung einzelner Projekte auch sehr erfolgreich um die öffentliche Mei-nungsbildung bis hin zur Lobbyarbeit kümmert, finde ich wichtig. Die Na-turschutzarbeit der DUH und vor allem Großprojekte wie die Lebendige Elbe haben meine besondere Sympathie, weil sie Identität stiften.

Hubert Pomplun, Steuerberater und Naturfreund, ist besonders fasziniert vom Leben und Zug der Kraniche in Brandenburg.

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