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1 Infobrief Sanierung & Insolvenz Berlin I/2010 Themen dieser Ausgabe 1. Berliner Splitter 2 2. Risiken beim Cash Pooling – Teil I 3 3. Der PSV in Krise und Insolvenz 5 4. Entschärfung der Verlustabzugsbeschränkung (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) 7 5. Newsticker 9 Editorial Neues Jahr – neues Glück! Die Welt dreht sich immer noch, Chinas Wirtschaſt ist während der Krise um unglaubliche 8,5% gewachsen und Deutschlands Wirtschaſt nur um 5,0% geschrumpſt – doch sie wächst schon wieder, dank Export. Auch der von uns zum Jahresende vorhergesagte Double Dip ist bislang nicht eingetreten. Auf der anderen Seite stehen die Fast-Pleiten von Staaten wie Island oder Griechenland, die massive Staats- verschuldung in allen anderen westlichen Ländern aber auch die Warnung vor diversen Immobilien- und Spekulationsblasen in Asien. Bezüglich letzterem stimmt einen dann nachdenklich, dass die Finanzaufsicht von China nach neuesten Meldungen nunmehr auch Leerverkäufe an den chinesischen Börsen erlauben will – mutmaßlich einer der Katalysatoren der „westlichen“ Finanzkrise. Dennoch: Sollten keine Schocks auſtreten dann besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Wirtschaſt langsam aber stetig erholen wird und Deutschland bis spätestens 2015 wieder das Vorkrisenni- veau erreicht haben wird. Angesichts der Hiobsbotschaſten des vergangenen Jahres fast schon eine positive Nachricht. In diesem Sinne: ein Frohes Neues Jahr! Nachdem wir schon in den vergangenen Ausgaben der Entscheidungsflut der Gerichte im Bereich Insolvenz und Sanierung durch die Einrichtung der Rubrik Newsticker Rechnung getragen haben, beginnen wir in dieser Ausgabe des Infobriefes gleich noch eine neue Rubrik: Berliner Splitter. In Anbetracht der aktuellen Flut von Reformvorschlägen wollen wir an dieser Stelle die Reformbestrebungen komprimiert darstellen und kommentieren. Wir wünschen dem geneigten Leser eine angenehme Lektüre.

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Infobrief Sanierung & InsolvenzBerlin I/2010

Themen dieser Ausgabe

1. Berliner Splitter 2

2. Risiken beim Cash Pooling – Teil I 3

3. Der PSV in Krise und Insolvenz 5

4. Entschärfung der Verlustabzugsbeschränkung (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) 7

5. Newsticker 9

Editorial

Neues Jahr – neues Glück! Die Welt dreht sich immer noch, Chinas Wirtschaft ist während der Krise um unglaubliche 8,5% gewachsen und Deutschlands Wirtschaft nur um 5,0% geschrumpft – doch sie wächst schon wieder, dank Export. Auch der von uns zum Jahresende vorhergesagte Double Dip ist bislang nicht eingetreten.

Auf der anderen Seite stehen die Fast-Pleiten von Staaten wie Island oder Griechenland, die massive Staats-verschuldung in allen anderen westlichen Ländern aber auch die Warnung vor diversen Immobilien- und Spekulationsblasen in Asien. Bezüglich letzterem stimmt einen dann nachdenklich, dass die Finanzaufsicht von China nach neuesten Meldungen nunmehr auch Leerverkäufe an den chinesischen Börsen erlauben will – mutmaßlich einer der Katalysatoren der „westlichen“ Finanzkrise.

Dennoch: Sollten keine Schocks auftreten dann besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Wirtschaft langsam aber stetig erholen wird und Deutschland bis spätestens 2015 wieder das Vorkrisenni-veau erreicht haben wird. Angesichts der Hiobsbotschaften des vergangenen Jahres fast schon eine positive Nachricht. In diesem Sinne: ein Frohes Neues Jahr!

Nachdem wir schon in den vergangenen Ausgaben der Entscheidungsflut der Gerichte im Bereich Insolvenz und Sanierung durch die Einrichtung der Rubrik Newsticker Rechnung getragen haben, beginnen wir in dieser Ausgabe des Infobriefes gleich noch eine neue Rubrik: Berliner Splitter. In Anbetracht der aktuellen Flut von Reformvorschlägen wollen wir an dieser Stelle die Reformbestrebungen komprimiert darstellen und kommentieren.

Wir wünschen dem geneigten Leser eine angenehme Lektüre.

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Infobrief Sanierung & InsolvenzBerlin I/2010

1. Berliner Splitter

Mehr als zehn Jahre nach In-Kraft-Treten der Insol-venzordnung und im Angesicht der größten Rezession der Nachkriegsgeschichte ist eine Diskussion über die Notwendigkeit weiterer Reformen auf breiter Front in Gang gekommen.

So sieht der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung eine umfassende Reform des Insolvenz-rechts vor. Neben der Schaffung eines Restrukturie-rungsverfahrens für Banken soll auch die Restruk-turierung und Fortführung von sanierungsfähigen Unternehmen erleichtert werden – mit dem bislang noch nicht in der Insolvenzordnung enthaltenen Ziel der Arbeitsplatzerhaltung. Ergänzend ist geplant, ein außergerichtliches Sanierungsverfahren einzuführen.

Die Koalition will das Insolvenzplanverfahren verein-fachen und im Sinne eines Restrukturierungsrechts noch stärker auf die Frühsanierung von Unternehmen ausrichten. Ferner soll die systemwidrige Bevorzugung der Sozialkassen (die erst in der letzten Legislaturpe-riode eingeführt wurde) wieder abgeschafft werden, Regelungsbedarf beim Überschuldungsbegriff, dem Verbraucherinsolvenzverfahren und der Verwalteraus-wahl soll geprüft werden.

Gerade der letzte Punkt – die Verwalterauswahl – erhitzt schon seit einiger Zeit die Gemüter. Dem-entsprechend setzt auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in seinem ersten von zehn Vorschlägen zur Reform des Insolvenzrechts auf einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Wahl des Insolvenzverwalters.

Demgegenüber fordert der Verband der Insolvenzver-walter Deutschlands die Verklammerung des eigenen Berufsstandes, also die allgemeinverbindliche Rege-lung der Zulassung zum Beruf des Insolvenzverwal-ters. Ob und Inwieweit ein solches Ansinnen ange-sichts des europäischen Rechtsrahmens durchsetzbar ist, mag dahingestellt bleiben, deutlich wird an diesen Überlegungen jedoch, dass die Professionalisierung der Sanierung zunimmt – dies wird nicht zum Scha-den der Gläubiger sein und diesen soll das Insolvenz-verfahren schließlich dienen.

Neben dem erhöhten Einfluss auf die Verwalterbe-stellung fordert der DIHK eine Stärkung der Eigen-verwaltung, Regelungen, um sog. „Akkordstörer“ in den Griff zu bekommen, und die Möglichkeit, einen sog. „Debt-Equity-Swap“ auch gegen den Willen des

Gesellschafters des insolventen Unternehmens durch-führen zu können.

Diese und weitere Vorschläge, die durchaus zur Stär-kung des Insolvenzplanverfahrens führen können, befinden sich in Übereinstimmung mit den von der Regierungskoalition skizzierten Änderungsvorschlä-gen. Dies gilt auch für die ebenfalls vom DIHK vorgeschlagene Einführung eines „Unternehmens-schutzschirmes“ zur Vorbereitung eines Insolvenz-planverfahrens, welches möglicherweise in einem regulierten außergerichtlichen Sanierungsverfahren aufgehen könnte.

Nach Meinung nicht nur des DIHK, sondern auch des Insolvenzrechtsausschusses des Deutschen Anwaltver-eins und der Gesellschaft für Restrukturierung TMA Deutschland e.V. (TMA) soll die Verbesserung des insolvenzrechtlichen Instrumentariums auch von einer umfassenden Freistellung eines etwaigen Sanie-rungsgewinns von der Besteuerung flankiert werden. Wir haben bereits mehrfach das Thema Sanierung und Steuern angesprochen, zuletzt in der Ausgabe II/2009, und hoffen, dass trotz der schlechten Haushaltslage eine „sanierungsgerechte“ Lösung der Besteuerungs-frage gefunden wird. Denn gerade bei Sanierung von Konzernen mit mehreren Standorten im Bundesge-biet handelt die Finanzverwaltung nicht immer ein-heitlich – was die Sanierung von Unternehmen und Konzernen durchaus nicht erleichtert.

Wir werden die Reformvorhaben weiter verfolgen und in nächster Zeit genauer auf einzelne, sich konkretisie-rende Vorschläge eingehen.

Rechtsanwalt Registered European Lawyer (London)Dr. Volker Beissenhirtz, LL.M. Berlin

[email protected]

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Infobrief Sanierung & InsolvenzBerlin I/2010

2. Risiken beim Cash Pooling – Teil I

Um vorhandene Liquidität optimal nutzen zu können und Kosten externer Kreditaufnahme zu vermeiden, setzen mittlerweile viele Konzerne auf Finanzma-nagement mittels Cash-Pooling. Grundsätzlich wer-den hierbei zum Tagesende sämtliche Salden der am Cash-Pool teilnehmenden Gesellschaftskonten mitei-nander verrechnet und einem zentralen Konto gutge-schrieben. Rechtlich betrachtet handelt es sich hierbei jeweils um gegenseitig gewährte Darlehen.

Zu unterscheiden ist zwischen physischem und vir-tuellem Cash-Pooling: Beim virtuellen Cash-Poo-ling (auch: „notional pooling“) findet lediglich eine fiktive Verrechnung der valutarischen Salden statt, ohne dass diese tatsächlich auf einem Zentralkonto zusammenfließen. Beim in Deutschland überwiegend praktizierten physischen Cash-Pooling hingegen wer-den die Gesellschaftskonten am Ende des Tages nach Zuführung der Salden auf das Zielkonto entweder auf null gestellt (sog. „zero-balancing“) oder aber bis zu vereinbarten Beträgen ausgeglichen. Bei diesen Zah-lungen werden entweder die Gesellschaftskonten oder aber das Zielkonto ausgeglichen. Befindet sich also beispielsweise das Konto einer Tochtergesellschaft im Soll, so wird dieses durch ein von der Mutterge-sellschaft, oder kontentechnisch gesprochen durch das Zielkonto, gewährtes Darlehen ausgeglichen („downstream loan“/absteigendes Darlehen). Anders-herum gewähren die Tochtergesellschaften der Mut-tergesellschaft Darlehen auf deren Zielkonto, soweit die Tochterkonten Überschüsse aufweisen, bzw. das Zielkonto eines Ausgleichs bedarf („upstream loan“/aufsteigendes Darlehen).

Grundsätzlich gelten auch in einem Cash-Pool-Verbund die zur Kapitalaufbringung und Kapitaler-haltung entwickelten Rechtsprinzipien. Spezielle Probleme ergeben sich vornehmlich daraus, dass die Saldierung, welche im Rahmen des Cash-Pools und unter Einbeziehung oft zahlreicher Konten von Tochtergesellschaften und unzähliger Einzeldarlehen einmal täglich stattfindet, auf die gesetzliche Rege-lung, welche nur eine Momentaufnahme darstellt (eine Darlehensgewährung des Gesellschafters an die Gesellschaft), nicht so recht passt.

Durch die Neuregelungen des MoMiG wollte der Gesetzgeber das weltweit praktizierte Cash-Pool-Sys-tem auch für Deutschland rechtlich absichern. Wie neuere Urteile des Bundesgerichtshofes indizieren,

dürfte er dieses Ziel aber zumindest nicht uneinge-schränkt erreicht haben.

Im ersten Teil der Darstellung beschäftigen wir uns mit den Auswirkungen der Rechtsgrundsätze der Kapitalaufbringung auf das Cash-Pooling. In einem zweiten Teil der Darstellung in der nächsten Ausgabe des Infobriefes werden wir dann die Regelungen zur Kapitalerhaltung auf ihre Auswirkungen zum Cash-Pool untersuchen.

Zunächst zur Kapitalaufbringung. Das Recht der Kapitalaufbringung regelt, wie das Stammkapital bei Gründung der Kapitalgesellschaft aufzubringen ist, so dass es den Geschäftsführern/Vorständen für den Gesellschaftszweck tatsächlich zur Verfügung steht. Gesellschafter versuchen nicht selten, die Regeln über die Kapitalaufbringung zu umgehen, beispielsweise durch ein nur kurzfristiges Einzahlen der Stammein-lage auf das Gesellschaftskonto, gefolgt von einem sofortigen Abbuchen auf Grund eines Darlehensver-trages nach Eintragung (sog. Hin- und Herzahlen). Nach altem Recht führte die Praxis des Hin- und Herzahlens regelmäßig nicht zu einer Befreiung des Gesellschafters von seiner Einlagepflicht. Mit dem MoMiG kehrte der Gesetzgeber zur sog. „bilanziellen Betrachtungsweise“ zurück, sodass Hin- und Herzah-len bei positivem Saldo des Gesellschaftskontos nach reformiertem Recht völlig unbedenklich praktiziert werden kann, sofern „die Leistung durch einen voll-wertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jeder-zeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. Eine solche Leistung oder die Vereinbarung einer solchen Leistung ist in der Anmeldung nach § 8 anzugeben“ (§ 19 V GmbHG).

Diese drei in der Norm genannten Kriterien sind aller-dings nicht leicht zu erfüllen, daher ist für die verschie-denen Anforderungen v.a. Folgendes zu beachten: Der Rückgewähranspruch ist dann vollwertig, wenn im Zeitpunkt der Rückgewähr beim Gesellschafter nach dessen Befriedigung aller übrigen fälligen Forderun-gen an andere Gläubiger noch genug Rücklagen zur Rückzahlung der Gesellschaftsforderung bestehen. Die sich später verschlechternde Bonität des Gesell-schafters führt nicht zu einer rückwirkenden Unwirk-samkeit der Kapitalaufbringung. Es besteht jedoch möglicherweise ein Haftungsrisiko für die Geschäfts-führer, wenn diese nicht auf eine rechtzeitige Rückfor-derung des Darlehens bestehen.

Die gewährten Darlehen müssen sofort und ohne Angabe von Gründen jederzeit kündbar sein. Ebenso wie bei der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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Infobrief Sanierung & InsolvenzBerlin I/2010

reicht es dem BGH auch beim Merkmal „jederzeit fällig“ nicht aus, dass die Gesellschaften jederzeit auf Mittel des Cash-Pools zurückgreifen können. Viel-mehr bedarf es z. B. einer besonderen Kündigungs-klausel.

Auch bei der gesetzlich geforderten Offenlegung führt die banktägliche Saldierung beim Cash-Pool zu Prob-lemen gegenüber dem Handelsregister. In seinem sog. „Cash-Pool II“-Urteil hat der BGH entschieden, dass die Offenlegung ein konstitutives Merkmal für die Erfüllungswirkung darstelle. Demnach kann das Han-delsregister die Eintragung der Kapitalmaßnahme ver-weigern, wenn der Cash-Pool nicht offengelegt wird.

Weitaus einfacher ist nach neuer Rechtslage die ver-deckte Sacheinlage. Eine solche liegt vor, wenn die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen dadurch umgan-gen werden, dass zwar eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung vom Gesellschafter auf Grund einer im Zusammen-hang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll, wie z. B. der unmittelbar nach Einlageerbringung erfolgte Kauf einer Sache vom Gesellschafter.

Aufgrund der Risiken, welche sich vor allem in der Werthaltigkeit der einzubringenden Sache nieder-schlagen (die Sache spiegelt nicht den Wert des dafür gezahlten Kaufpreises wider) bestand in diesen Fällen nach altem Recht für den Gesellschafter weiterhin die Pflicht zur kompletten (Neu-)Erbringung der Einla-genleistung. Durch Inkrafttreten des MoMiG hat sich dies entscheidend geändert: Denn auch wenn der ver-deckt eingebrachten Sache die Gefahr anhaftet, dass ihr Wert der Kaufpreishöhe nicht entspricht, so wird sie dennoch irgendeinen Wert haben. Die Verträge über die Sacheinlage sind daher nach neuem Recht wirksam, und der Wert der verdeckten Sacheinlage wird zum Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung auf die noch zu entrichtende Bareinlage angerechnet.

Praxistipp:Aufgrund der schwer zu befolgenden Voraus-setzungen zum Hin- und Herzahlen erscheint die verdeckte Sacheinlage fast „privilegiert“. Dies ist bei einer wirtschaftlichen Betrach-tungsweise jedoch verständlich, da die Darle-hensgewährung und deren schuldrechtlicher Rückgewährungsanspruch eben nicht die glei-che Qualität aufweisen, wie die durch den Ver-mögensrückfluss getilgte Darlehensforderung.

Allerdings besteht ähnlich wie beim Hin- und Herzahlen ein erhöhtes Risiko für den Geschäftsführer der Gesellschaft, da die Anrechnung ja erst zum Zeitpunkt der Han-delsregistereintragung erfolgt. Regelmäßig würde der Geschäftsführer daher eine „falsche“ Versicherung abgeben, da das Vermögen eben noch nicht zur endgültigen freien Verfügung bereitsteht. Probleme bzgl. Darlehenstilgung und damit verbundenen, verdeckten Sacheinla-gen können daher nur umgangen werden, wenn der Gesellschafter seine Tilgungsbestimmung mit dem Zusatz der „Aufrechnung“ versieht. In diesem Falle wird regelmäßig das Darlehen getilgt und die Einlagepflicht bleibt weiterhin vollumfänglich bestehen.

Der Beitrag wird fortgesetzt im Infobrief II/2010.

„Cash-Pool I-Urteil“: BGH, Urteil vom 16.01.2006 – II ZR 76/04; „November-Urteil“: BGH, Urteil vom 24.11.2003 – II ZR 171/01; revidiert nach Erlass MoMiG: „MPS-Urteil“, BGH, Urteil vom 01.12.2008 – II ZR 102/07„Cash-Pool II-Urteil“: BGH, Urteil vom 20.07.2009 – II ZR 273/07

Ref. jur. Viola Kö[email protected]

Rechtsanwalt Registered European Lawyer (London)Dr. Volker Beissenhirtz, LL.M. Berlin

[email protected]

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3. Der PSV in Krise und Insolvenz

Im Rahmen außergerichtlicher Vergleiche fristet die Möglichkeit der Übernahme betrieblicher Versor-gungsleistungen durch den Pensionssicherungsver-eins auf Gegenseitigkeit (PSV) ein fast unbemerktes Dasein. Das liegt ggf. daran, dass diese Möglichkeit relativ unbekannt ist oder erst gar nicht in Betracht gezogen wird, da die Anforderungen an einen solchen Antrag sehr hoch gesteckt sind, zumal der PSV sich bei der Zustimmung zu einem außergerichtlichen Sanierungsvergleich äußerst zurückhaltend verhält. Der nachfolgende Artikel gibt – nach einer kurzen Darstellung der Grundlagen – einen Überblick über die Rolle des PSV in Krise und Insolvenz.

Mit der auf Initiative der Bundesvereinigung der Deut-schen Arbeitgeberverbände e.V., des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. und des Verbandes der Lebensversicherungs-Unternehmen e.V. im Jahre 1974 vollzogenen Gründung des PSV haben die Arbeit-geber auf der Grundlage des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) einen Insolvenzschutz geschaffen, dem ca. 10 Millionen Versorgungsberechtigte (Betriebsrent-ner und Anwärter) bei rund 73.000 Mitgliedsunter-nehmen unterstehen.

Der PSV ist als privatwirtschaftlich organisiertes Unter nehmen der gesetzlich vorgesehene Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversor-gung. Mit dem Regelfall der Insolvenzeröffnung (Sicherungsfall) ist der PSVaG nach Maßgabe des BetrAVG für Ansprüche der Versorgungsberechtigten eintrittspflichtig. Die Insolvenzsicherung finanziert sich aus Beiträgen der insolvenzsicherungspflichtigen Arbeitgeber, wobei die Abwicklung der Rentenzah-lungen durch ein Versicherungskonsortium unter der Führung der Allianz Lebensversicherungs-AG, Stutt-gart, erfolgt.

Hierzulande wird die betriebliche Altersversorgung noch überwiegend als unmittelbar zu erbringende Versorgungsleistungen (Direktzusagen) erbracht. In der Bilanz des Unternehmens müssen für die mit der Zusage eingegangenen Verpflichtungen Rückstellun-gen gebildet werden. Ein damit verbundenes grundle-gendes Problem stellt bei unmittelbaren Versorgungs-zusagen der Bilanzansatz in der Steuerbilanz dar, der den tatsächlichen Verpflichtungsumfang dieser Ver-sorgungszusagen nur unzutreffend wiedergibt. In der jüngeren Vergangenheit war zudem zu beobachten, dass vor allem bei großen Unternehmen mit entspre-

chenden Versorgungswerken, eine Belastung entstan-den ist, deren Ausmaß in Ermangelung einer ausrei-chenden bilanziellen Abbildung nicht selten zu spät erkannt wurde. Da Versorgungszusagen nicht nur die Passivseite einer Bilanz, sondern auch die Liquidität des Unternehmens belasten, spielen sie bei Sanierun-gen zunehmend eine zentrale Rolle.

Es mag nun verwundern, dass der PSV bei außerge-richtlichen Sanierungen eher ein „Mauerblümchen-dasein“ fristet, da er im Falle einer Insolvenz per se eintrittspflichtig wäre und daher ein gewichtiges Eigeninteresse haben müsste, das Unternehmen zu erhalten. Möglicherweise betreibt der PSV mit sei-ner Zurückhaltung „Prophylaxe“, um eine Mentalität dahingehend „der PSV wird´s schon richten“, bereits im Keim zu ersticken. Es darf hierbei aber auch nicht vergessen werden, dass der PSV Mitgliedsbeiträge verwaltet, weshalb ihm schon aus diesem Grund die Zustimmung nur nach sorgfältiger Prüfung eines Antrags möglich ist.

Die Zustimmung des PSV zu einem außergerichtli-chen Vergleich setzt einen begründeten Antrag vor-aus. Für einen Antrag hat der PSV in einem Merkblatt (110/M 1) klare Grundsätze aufgestellt, das auf der Homepage www.psvag.de eingesehen werden kann. Nicht selten scheitert ein außergerichtlicher Sanie-rungsversuch an einem mangelhaft vorbereiteten Antrag.

Aus dem Antrag muss sich im Wesentlichen ergeben, dass das Unternehmen sanierungswürdig und sanie-rungsfähig und die Übernahme von Pensionsleistungen durch den PSV geeignet ist, die Fortführung des Unter-nehmens nachhaltig zu sichern. Ein Nachweis, den üblicherweise auch andere Gläubiger, vornehmlich die Kreditinstitute, verlangen. Ferner ist erforderlich und auch nachzuweisen, dass alle weiteren Gläubiger (z.B. Banken, Lieferanten, Arbeitnehmer etc.) und schließ-lich auch die Eigentümer bereit sind, einen angemes-senen Sanierungsbeitrag zu leisten. Da die Prüfung des PSV einige Zeit in Anspruch nimmt, empfiehlt es sich dringend, so früh wie möglich mit dem PSV in Kontakt zu treten. Wenn die Voraussetzungen für die Zustim-mung – auf die kein Rechtsanspruch besteht – vorlie-gen, kann der Sanierungsbeitrag des PSV in vielfältiger Weise erfolgen (s. u. beim Insolvenzplanverfahren, wel-ches sich für den PSV, da ebenfalls auf den Erhalt des Unternehmensträgers gerichtet, ähnlich gestaltet, wie die außergerichtliche Sanierung).

Lässt sich die Krise nicht abwenden und muss das Insolvenzverfahren beantragt werden, ist der Insol-

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venzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesetzlich verpflichtet, dem PSV die für die Leistungs-festsetzung erforderlichen Daten der Versorgungsbe-rechtigten im Rahmen des so genannten Meldedia-logs (elektronische Datenübermittlung) mitzuteilen. Erst damit wird dieser in den Stand versetzt, seiner Eintrittspflicht nachzukommen. Die dafür vor allem in Großverfahren benötigte Bearbeitungszeit – die Betriebsrentner haben häufig schon geraume Zeit vor dem Insolvenzantrag keine Zahlungen mehr erhalten (s.u.) – hängt erheblich von der Qualität der im Unter-nehmen vorhandenen Daten und dem zur Verfügung stehenden (qualifizierten) Personal ab. Je schneller der PSV in die Lage versetzt wird, die Versorgungsansprü-che dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen, umso zügiger kann eine Überleitung der Ansprüche auf das Versicherungskonsortium und die Zahlungsaufnahme der Betriebsrenten durch die Allianz Lebensversiche-rungs-AG erfolgen.

Dabei ist zu beachten, dass von der Insolvenz des Unternehmens häufig die Versorgungsempfänger (Betriebsrentner) gleichermaßen betroffen sind. Die Leistungen der Insolvenzsicherung greifen v.a. in Großinsolvenzen erfahrungsgemäß erst nach mehre-ren Monaten. Regelmäßig ist die Personalabteilung als Anlauf- und Ansprechstelle nicht in der Lage, über das Tagesgeschäft hinaus den durch die Betriebsrent-ner bedingten zusätzlichen Aufwand zu bewältigen. Hier hat sich die Vereinbarung eines „vorläufigen Zah-lungsweges“ mit dem PSV bewährt. Zur Vermeidung sozialer Härten, die den Betriebsrentnern aufgrund der erforderlichen Bearbeitungszeit entstehen, stellt der PSV dem Insolvenzverwalter nach Abschluss einer Vereinbarung die Geldmittel zur Auszahlung an die Versorgungsberechtigten zur Verfügung. Aufgrund einer nur summarische erfolgenden Prüfung des PSV wird der Bearbeitungszeitraum bis zur abschließenden Prüfung sämtlicher Einzelansprüche überbrückt.

Eine Besonderheit stellt das Insolvenzplanverfahren zum Zwecke der Fortführung eines Unternehmens dar. Bei einer Regelinsolvenz ist die Zerschlagung oder bestenfalls die übertragende Sanierung mit der Liqui-dation des Rechtsträgers die Regel. Der Insolvenzplan hingegen ermöglicht es, die Zerschlagung eines in die Krise geratenen Unternehmens zu vermeiden und eine Neustrukturierung unter Beibehaltung des Unterneh-mensträgers zu ermöglichen. Das Insolvenzplanver-fahren dient damit dem Unternehmenserhalt. Durch eine zusätzlich angeordnete Eigenverwaltung kann die Geschäftsleitung während des Verfahrens die Hoheit über die Unternehmensentscheidungen behalten und damit die Kontinuität der Geschäfte sicher stellen.

Nicht selten fällt dem PSV als Gläubiger mit einem erheblichen Forderungsvolumen in einem Insolvenz-planverfahren eine Schlüsselrolle zu. Die grundsätz-liche Eintrittspflicht des PSV wird im Rahmen eines Insolvenzplans in der Regel modifiziert. Hintergrund dieser Modifikation ist der Schutz der Beitragszahler, die letztlich die Last der Versorgungsleistungen tragen müssten, selbst wenn sich die wirtschaftliche Leis-tungsfähigkeit des sanierten Unternehmens erheblich gebessert haben sollte. Daher sind die betriebsrenten-rechtlichen Spezialvorschriften zu beachten, die der besonderen Stellung des PSV im Insolvenzplanverfah-ren Rechnung tragen.Diese sehen u.a. vor, dass bei einer nachhaltigen Besse-rung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens die vom PSV zu erbringenden Leistungen ganz oder zum Teil wieder vom Unternehmen oder sonstigen Trägern der Versorgungen übernommen werden. Dabei ist es sinnvoll, im Rahmen der Planerstellung mit dem PSV einen Konsens darüber zu finden, das Unternehmen erheblich von Pensionsverpflichtungen zu entlasten um eine nachhaltige Sanierung zu erzielen. Diese über Verhandlungen zu erreichende, zukünftige Auftei-lung der Pensionsverpflichtungen zwischen dem PSV und dem Unternehmen kann von der Festschreibung einer Besserungsklausel zugunsten des PSV über eine befristete/unbefristete Übernahme aller oder von Tei-len der Versorgungsverpflichtungen bis hin zu einer Kombination mehrerer Komponenten reichen und damit einen erheblichen Beitrag für eine erfolgreiche Sanierung leisten.

Fazit: Die Einbindung des PSV spielt in der Krise und in der Insolvenz von Unternehmen, die betriebliche Altersversorgung zugesagt haben, ein zentrale Rolle. Die sorgfältige Vorbereitung einer außergerichtlichen Sanierung oder eines Insolvenzplanverfahrens und damit auch die frühe Einbindung des PSV ist häufig für den Sanierungserfolg ausschlaggebend.

Rechtsanwalt Fachanwalt für ArbeitsrechtSeraphim Ung KimNürnberg

[email protected]

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4. Entschärfung der Verlustab-zugsbeschränkung (Wachstumsbeschleuni-gungsgesetz)

Wegen der anhaltenden Finanzkrise hat sich der Gesetzgeber im letzten Jahr gezwungen gesehen, wesentliche Teile der Unternehmenssteuerre-form 2008 zu entschärfen. Unter anderem wurde im August 2009 ein neues Sanierungsprivileg für Beteiligungsübernahmen in das Körperschaftssteu-ergesetz (KStG) eingeführt, die sonst eine Verlust-abzugsbeschränkung bzw. den vollständigen Unter-gang dieser Möglichkeit nach sich ziehen würden. Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, veröf-fentlicht im Bundesgesetzblatt am 30.12.2009, sind als weitere Ausnahmetatbestände eine so genannte Konzernklausel und die Berücksichtigung stiller Re - serven bei der Verlustabzugsbeschränkung hinzuge-kommen.

SanierungsklauselMit der Unternehmenssteuerreform 2008 wurde die Mantelkaufregelung samt Sanierungsprivileg durch § 8c KStG ersetzt und in der Absicht ver-schärft, Missbrauch durch „Handel mit Verlusten“ zu unterbinden. Ein wesentlicher Anteilseignerwechsel (schädliche Beteiligung) führte demnach zu einem Untergang bestehender Verlustvorträge. Bei einem Beteiligungswechsel zwischen 25 und 50 Prozent ging der Verlustvortrag anteilig in Höhe des prozen-tualen Beteiligungswechsels unter, bei einem Beteili-gungswechsel von über 50 Prozent der Anteile ging der Verlustvortrag vollständig verloren.

Im August 2009 wurde ein zunächst auf die Veranla-gungszeiträume 2008 und 2009 beschränktes Sanie-rungsprivileg eingeführt. Die zeitliche Begrenzung wurde im Dezember 2009 durch das Wachstumsbe-schleunigungsgesetz für die Zukunft aufgehoben, so dass das Sanierungsprivileg für Anteilsübertragungen ab dem 1. Januar 2008 zu berücksichtigen ist.

Die Sanierung wird dabei als Maßnahme definiert, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseiti-gen und zugleich die wesentlichen Betriebsstruktu-ren zu erhalten. Was für den Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen zu erfüllen ist, wird im Gesetz näher bezeichnet.

Der Beteiligungserwerb muss demnach im Zeitpunkt der drohenden bzw. eingetretenen Zahlungsunfähig-keit oder Überschuldung erfolgen und subjektiv einen Sanierungszweck verfolgen. Soweit Zahlungsunfä-higkeit oder Überschuldung bereits vorliegen, kann es sich bei einem Erwerb im Sinne der Vorschrift nur um eine Maßnahme handeln, die innerhalb der Drei-wochenfrist des § 15a Abs. 1 InsO vorgenommen wird und geeignet ist, den entsprechenden Insol-venztatbestand zu beseitigen. Während die drohende Zahlungsunfähigkeit im Gesetz geregelt ist, trifft dies für die drohende Überschuldung nicht zu. Hier wird sich gegebenenfalls in der konkreten Situation Dis-kussionsbedarf ergeben. Nach der Begründung des Finanzausschusses soll der Zeitpunkt dem Eintritt der „Krise“ nach den Grundsätzen des Eigenkapi-talrechts vor dem „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräu-chen“ (MoMiG) entsprechen. Aus der Begründung geht außerdem hervor, dass die Körperschaft im Zeit-punkt des Beteiligungserwerbs sanierungsfähig sein muss und die in Angriff genommenen Maßnahmen objektiv geeignet sein müssen, die Körperschaft aus der Krise zu führen. Die Beweislast hierfür liegt bei der Körperschaft, allerdings ist das Sanierungsprivileg nicht vom Eintritt des Sanierungserfolges abhängig.

Der Gesetzgeber ist bei Wiedereinführung des Sanie-rungsprivilegs im KStG erkennbar darum bemüht, möglichen Missbrauch zu verhindern. Im Gegensatz zu den in anderen Gesetzen geregelten Sanierungspri-vilegien wird deswegen in § 8c Abs. 1a KStG ausführ-lich beschrieben, was unter Erhalt der wesentlichen Betriebsstruktur zu verstehen ist. Im Einzelnen wer-den als Merkmale der Erhalt von Arbeitsplätzen, der Abschluss einer Betriebsvereinbarung über Arbeits-plätze oder die Einlage wesentlichen Betriebsver-mögens aufgeführt, von denen allerdings nicht alle, sondern lediglich nur eines, vorliegen muss, um zum Erhalt der bisherigen Betriebsstruktur zu kommen. Bei einer schädlichen Beteiligung bleibt es grund-sätzlich, wenn der Betrieb zwischenzeitlich einge-stellt wurde oder ein Branchenwechsel innerhalb von fünf Jahren nach Beteiligungserwerb erfolgt – es sich also eigentlich um einen Mantelkauf handelt.

Beim Merkmal des Arbeitsplatzerhalts wird auf die Regelungen zur Steuerbefreiung im Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) verwiesen. Allerdings wird im Gegensatz zum ErbStG nicht auf 650 Prozent, sondern nur auf 400 Prozent der Aus-gangslohnsumme abgestellt, die auch nicht inner-halb von sieben, sondern lediglich von fünf Jahren unterschritten werden darf. Dies mag dem Umstand

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geschuldet sein, dass es in der Krise regelmäßig zum Abbau von Arbeitsplätzen kommt. Ausdrücklich mit diesem Umstand wird der Erhalt der Betriebs-struktur auch durch den Abschluss einer Betriebs-vereinbarung mit den Vertretern der Arbeitnehmer begründet, wenn diese Vereinbarung eine Arbeits-platzregelung enthält. Alternativ kann der Erhalt der Betriebsstruktur auch durch Zuführung neuen Betriebsvermögens im Zusammenhang mit der Sanierung belegt werden, wenn diese im Wege der Einlage erfolgt. Dabei hat die Zufuhr innerhalb von zwölf Monaten nach Beteiligungserwerb zu erfolgen und muss neues Betriebsvermögen umfassen, das anteilig 25 Prozent der erworbenen Beteiligung ent-spricht. Leistungen der Körperschaft an den neuen Gesellschafter sind bei der Ermittlung des zugeführ-ten Betriebsvermögens abzusetzen. Der Erlass von Verbindlichkeiten steht der Zufuhr von Betriebs-vermögen gleich, soweit die Verbindlichkeiten wert-haltig sind. Hierdurch wird sichergestellt, dass auch Debt-Equity Swaps unter die Regelung fallen.

KonzernklauselNach der Auffassung der Finanzverwaltung ist die Verlustabzugsbeschränkung auch auf Umstruktu-rierungen innerhalb verbundener Unternehmen anwendbar. Selbst bloße Verkürzungen oder Verlän-gerungen von Beteiligungsketten sollten demnach zum Verlustuntergang führen. Ab dem 1. Januar 2010 gilt nunmehr, dass ein schädlicher Beteili-gungserwerb dann nicht vorliegt, „wenn an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechts-träger dieselbe Person zu jeweils 100 Prozent mittel-bar oder unmittelbar beteiligt ist.“

Die Konzernklausel greift also auch bei einer gerin-gen Beteiligung durch eine andere Person, die sich auf Grund der Übertragung ergibt, nicht ein. Dar-über hinaus ist gerade bei der Beteiligung mehre-rer natürlicher Personen an der Muttergesellschaft Vorsicht geboten. Da es sich bei mehrere natürli-che Personen nicht um „dieselbe Person“ handelt. Darüber hinaus kommt es wegen des Vorranges des Umwandlungssteuergesetzes zum Verlustuntergang auch dann, wenn eine Verschmelzung der Verlustge-sellschaft auf eine andere Konzerngesellschaft statt-findet. Bei der Verkürzung der Beteiligungskette aufgrund der eingeführten Konzernklausel hingegen grundsätzlich nicht.

Verschonungsregel bei stillen ReservenNach der Neuregelung durch das Wachstumsbe-schleunigungsgesetz bleiben bei schädlichen Beteili-gungserwerben ab dem 1. Januar 2010 Verluste und

Verlustvorträge in Höhe der auf den erworbenen Anteil entfallenden stillen Reserven erhalten. Dabei kommen nur stille Reserven von steuerlichen inlän-dischen Betriebsvermögen in Betracht. Bei einem schädlichen Beteiligungserwerb von 25 bis 50 Prozent kommt es zu keinem Verlustabzug soweit die anteiligen Verluste, die sonst untergehen würden, die anteiligen stillen Reserven nicht über-steigen. Bei einem schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 50 Prozent, bei dem es zu einem Unter-gang des gesamten Verlustabzuges kommen würde, bleiben die Verluste erhalten, soweit sie nicht die gesamten stillen Reserven der erworbenen Gesell-schaft übersteigen. Verluste und Verlustvorträge, die die (anteiligen) stillen Reserven übersteigen, gehen hingegen weiterhin gemäß der Verlustabzugsbe-schränkung unter.

Rechtsanwalt Dr. Christoph von WilckenBerlin

[email protected]

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Infobrief Sanierung & InsolvenzBerlin I/2010

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Infobrief Sanierung & InsolvenzBerlin I/2010

gegen die Bank entsteht oder durch die Valutierung von Sicherheiten ein entsprechender Rückübertra-gungsanspruch verloren geht (Aufgabe von BGHZ 170, 276).

BGH, Urteil vom 06.10.2009 – IX ZR 191/05

4. BGH: Einleitung eines US-amerikanischen Chap ter 11-Verfahrens wird als ausländisches Insolvenzverfahren anerkannt und führt damit die Unterbrechung eines deutschen Patent-nichtigkeitsstreits herbei

BGH, Urteil vom 13.10.2009 – X ZR 79/06

5. BGH: Amtsniederlegung des alleinigen ge -schäftsführenden Gesellschafters einer GmbH in der wirtschaftlichen Krise oder nach Einreichung eines Insolvenzantrages ist rechtsmissbräuchlich und unwirksam

BGH, Beschluss vom 08.10.2009 – IX ZR 235/06

6. OLG Celle: Keine Anerkennung eines engli-schen Vergleichsplanverfahrens

Eine in Großbritannien außerhalb eines Insolvenzver-fahrens zwischen einem Versicherungsunternehmen und bestimmten Gruppen seiner Versicherungsneh-mer getroffene vergleichsplanrechtliche Regelung, sog. „Scheme of Arrangement“, ist im Inland weder nach § 343 InsO noch nach Art. 32 ff. EuGVVO oder § 328 ZPO anzuerkennen.

OLG Celle, Urteil vom 08.09.2009 – 8 U 46/09

Hinweis in eigener Sache:

Der nächste Berliner Jour Fixe findet am 25. März 2010 um 17.00 Uhr in unserem Berliner Büro statt. Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenz-recht Volker Böhm wird über einzelne Aspekte der Insolvenz des deutschen Traditionsunternehmens Rosenthal berichten. Sollten Sie Interesse an der Teil-nahme haben, so können Sie sich gerne an Frau Mar-lis Kriebel unter [email protected] wenden.

5. Newsticker

1. EuGH: Rechtswidrige Beihilfen können auch bei Insolvenz des Unternehmens zurückgefor-dert werden

Gewährt ein Mitgliedsstaat einem am Rande der Insolvenz stehenden Unternehmen ein Rettungsdar-lehen, das diesem auf dem Finanzmarkt nicht gewährt worden wäre, und wird dieses in Eigenkapital umge-wandelt, so kann es sich dabei um eine rechtswidrige Beihilfe handeln.

Der Umstand allein, dass das von einer rechtswidri-gen Beihilfe begünstigte Unternehmen für insolvent erklärt worden ist, bedeutet nicht, dass die Rückfor-derung der Beihilfe unmöglich geworden wäre. Der betreffende Mitgliedsstaat kann seine Forderung zur Tabelle der gegen dieses Unternehmen bestehenden Forderungen anmelden. (Leitsätze der Redaktion)

EuGH, Urteil vom 01.07.2009 – T-81, 82, 83/07

2. BGH: Zum notwendigen Inhalt eines Insolvenz-plans, wenn Befriedigung aus den Fortführungs-überschüssen erfolgen soll

Welche Anforderungen an die im Rahmen des Insol-venzplanverfahrens vorzulegenden Übersichten und Prognoseberechnungen zu stellen sind, liegt im Ver-antwortungsbereich des Tatrichters. Bindende, in allen in Betracht kommenden Planverfahren einzu-haltende Vorgaben können schon wegen der Viel-falt der in Frage kommenden Pläne sowie der unter-schiedlichen Schuldner nicht gemacht werden. Diese sind vom Umfang und der jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens abhängig.

Ein wesentlicher Verstoß liegt dann vor, wenn es sich um einen Mangel handelt, der Einfluss auf die Annahme des Insolvenzplans gehabt haben könnte.

BGH, Beschluss vom 03.12.2009 – IX ZB 30/09

3. BGH: Zur Anfechtung bei geduldeter Konto-überziehung

Schöpft der Schuldner neue Gelder aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung und fließen sie infolge seiner Rechtshandlung einem Gläubiger direkt zu, so kommt die Anfechtung dieser mittelbaren Zuwendung durch den Insolvenzverwalter ohne Rücksicht darauf in Betracht, ob aus der Einräumung des Überzie-hungskredits für die Masse ein pfändbarer Anspruch

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AnsprechpartnerAchernRechtsanwalt Dr. Peter de BraEisenbahnstrasse 19 - 2377855 Achern

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BerlinRechtsanwalt Dr. Volker Beissenhirtz, LL.M.Schützenstrasse 6a10117 Berlin

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Verantwortlich für den Inhalt:Dr. Volker BeissenhirtzSchultze & Braun GmbH RechtsanwaltsgesellschaftBerlin

Sollten Sie Fragen zu dem Infobrief oder aktuellen Ent-wicklungen auf dem Gebiete des Sanierungs- und Insol-venzrechts haben, so stehen Ihnen die Ansprechpartner jederzeit gerne zur Verfügung. Gerne nehmen wir auch Ihre Themenwünsche für den Infobrief entgegen.

Dieser Infobrief ist ein reines Informationsschreiben und dient der allgemeinen Unterrichtung unserer Mandanten sowie anderer interessierter Personen. Er kann eine recht-liche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.

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Schützenstraße 6a10117 BerlinTelefon 0 30/3 08 30 38-0Telefax 0 30/3 08 30 38-111Internet: www.schubra.deE-Mail: [email protected]

G e s c h ä f t s f ü h r e r : Rechtsanwalt Dr. Volker Beissenhirtz Rechtsanwältin Ellen Delzant Rechtsanwalt Achim FrankRechtsanwältin Kathrin HeerdtRechtsanwalt Dr. Rainer RiggertRechtsanwalt Dr. Ludwig WeberRechtsanwalt Joachim Zobel

S i t z : Eisenbahnstraße 19-23, 77855 AchernAmtsgericht Mannheim HRB 220942

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