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Pressegespräch Ein Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien für Wien und Österreich Dr. Doris Ritzberger-Grünwald Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft Dr. Ernest Gnan Abteilungsleiter der Abteilung für Volkswirtschaftliche Analysen Dr. Martin Schneider Abteilung für Volkswirtschaftliche Analysen 20. Jänner 2014

Ein Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien für Wien

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Page 1: Ein Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien für Wien

Pressegespräch

Ein Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien für Wien und Österreich Dr. Doris Ritzberger-Grünwald Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft Dr. Ernest Gnan Abteilungsleiter der Abteilung für Volkswirtschaftliche Analysen Dr. Martin Schneider Abteilung für Volkswirtschaftliche Analysen 20. Jänner 2014

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Relevanz vom Immobilienpreisen

• Immobilien sind der wichtigste Vermögensbestandteil der privaten Haushalte

• Ausgaben für Wohnen sind ein relevanter Teil der gesamten Haushaltsausgaben

• Der Immobilienmarkt ist ein wichtiger Bestandteil des Transmissionsmechanismus der Geldpolitik

• Hypothekarkredite spielen eine wichtige Rolle in den Bilanzen der Banken

• Fallende Immobilienpreise können eine Gefahr für die Finanzmarktstabilität darstellen

• Immobilienpreismonitoring wichtige Aufgabe für Notenbanken

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Immobilienpreismonitoring ausgewählter Notenbanken

• Europäische Zentralbank: Regelmäßiges Monitoring der Immobilienmärkte der Euroraumländer im Finanzstabilitätsbericht. Neben der reinen Preisentwicklung berechnet die EZB regelmäßig zwei Indikatoren, mit deren Hilfe sie die Märkte für Wohn- und Gewerbeimmobilien auf mögliche Fehlentwicklungen untersucht

• Bundesbank: Veröffentlicht seit 2009 regelmäßig Analysen zu den Immobilienpreisen in Deutschland. Im Monatsbericht 10/2013 stellte sie Über-bewertungen von bis zu 20% in dt. Großstädten fest

• Schweizer Nationalbank: SNB ist in ein im Juni 2012 neu eingeführtes Verfahren zur Aktivierung eines antizyklischen Kapitalpuffers eingebunden. Aufgabe der SNB ist die regelmäßige Beurteilung der Lage am Hypothekar- und Immobilienmarkt

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Wohnimmobilienpreise im internationalen Vergleich

Quelle: EZB. Quelle: Deloitte (2013) , OECD (KKP) *) Angebotspreise

952

1.103

1.166

1.188

1.407

1.756

1.928

1.945

2.058

2.223

2.690

3.800

3.883

0 1000 2000 3000 4000 5000

HU

PL

RU

CZ

DE*

ES

DK

NL

BE

AT

IT

UK

FR

2012 EUR at zu Kaufkraftparitäten 2012 EUR

Wohnimmobilienpreise für ausgewählte EU-Länder (2012)

EUR / m2

80

100

120

140

160

180

200

220

00 02 04 06 08 10 12

Wien Österreich Euroraum

Wohnimmobilienpreise in Österreich und im Euroraum

2000=100

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Wohnimmobilienpreise in Österreich

50

100

150

200

250

2000 2001 2003 2005 2006 2008 2010 2011

Wien Österreich ohne Wien Österreich

Immobilienpreise gesamtIndex (2000=100)

Entwicklung von Immobilienpreisen in Österreich (2000Q1 - 2013Q2)

Grafik 1

Quelle: OeNB; TU Wien.

50

100

150

200

250

2000 2001 2003 2005 2006 2008 2010 2011

Wien Österreich ohne Wien

Baugrundstücke EigenheimIndex (2000=100)

50

100

150

200

250

2000 2001 2003 2005 2006 2008 2010 2011

Wien Österreich ohne Wien

EinfamilienhäuserIndex (2000=100)

50

100

150

200

250

2000 2001 2003 2005 2006 2008 2010 2011

Wien Österreich ohne Wien

Eigentumswohnungen gesamtIndex (2000=100)

50

100

150

200

250

2000 2001 2003 2005 2006 2008 2010 2011

Wien Österreich ohne Wien

Neue EigentumswohnungenIndex (2000=100)

50

100

150

200

250

2000 2001 2003 2005 2006 2008 2010 2011

Wien Österreich ohne Wien

Gebrauchte EigentumswohnungenIndex (2000=100)

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Was ist überhaupt eine Immobilienpreisblase?

Es existiert keine allgemein anerkannte Definition einer Immobilienpreisblase. Definitionsversuche stützen sich auf drei Sichtweisen:

Charttechnische Sichtweise

• Konzentriert sich rein auf den Preisverlauf, ohne dessen Einflussgrößen zu berücksichtigen.

• In der einfachsten Form wir aus rasch ansteigenden Preisen auf eine Blase geschlossen.

• Wertlos für Früherkennung von Blasen

Verhaltensbasierte Sichtweise

• Stimmung und Verhalten der Akteure stehen im Mittelpunkt (Spekulation, übertriebene Erwartungen, irrationaler Überschwang (irrational exuberance))

Fundamentale Sichtweise

• Blase liegt vor, wenn Preise von „fundamental gerechtfertigten“ Preise abweichen.

• Fundamentalfaktoren: Demografische Entwicklungen (Bevölkerungswachstum, Haushaltsgröße, …), allgemeines Wohlstandsniveau, institutionelle Faktoren (Steuern, Wohnbauförderung, Entwicklungsstand des Finanzsystems,…), die Verfügbarkeit von Grund und Boden, Präferenzen (wachsende Wohnansprüche), Baukosten, erwartete Erträge (Mieten), Zinsen u.a..

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Konstruktion des Fundamentalpreisindikators

• Indikator betont die Rolle von Fundamentalfaktoren

• Steigen Preise infolge eines Anpassungsprozesses an veränderte Fundamentalfaktoren, so liegt keine Blase vor. Erst wenn die Preise über längere Zeit erheblich von ihren Fundamentalwerten abweichen, kann von einer Blase gesprochen werden.

• Multipler Indikatorenansatz deckt eine Reihe von Indikatoren der Angebots- und der Nachfrageseite ab.

• Haushaltsperspektive: Reale Immobilienpreise, Leistbarkeit

• Investorenperspektive: Verhältnis Immobilienpreis zu Mieten, Verhältnis Immobilienpreis zu Baukosten

• Systemische Perspektive: Kredittragfähigkeit, Verhältnis Wohnbauinvestitionen zu BIP, Zinsanhebungsrisiko

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Der Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien für Wien und Gesamtösterreich

-20

-10

0

10

20

30

90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12

Wien Österreich

Abweichung der Immobilienpreise von den fundamental gerechtfertigten Preisen in %

• Für Wien ergibt sich im vierten Quartal 2013 eine Überbewertung im Ausmaß von 21%

• Für Gesamtösterreich ergibt sich eine Unterbewertung um 8%

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Wohnbaukredite und Verschuldung des Haushaltssektors

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Insgesamt KonsumkrediteWohnbaukredite Sonstige Kredite

Haushaltskredite nach VerwendungszweckVeränderung zum Vorjahr in %

Grafik 1

Quelle: OeNB, Eurostat.

50

55

60

65

70

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Österreich Euroraum

Verschuldung des HaushaltssektorsIn % des BIP, gleitender 4Q-Durchschnitt

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OeNB-Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien: Teilindikatoren für Wien und Österreich

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140

160

1989 1994 1999 2004 2009

Österreich Wien

Immobilienpreise, real

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100

120

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Österreich Wien

Immobilienpreise zu Mieten

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100

120

140

160

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Österreich Wien

Immobilienpreise zu Baukosten

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Österreich Wien

Leistbarkeit (invers)

406080

100120140160180200

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Österreich Wien

Kredittragfähigkeit (invers)

406080

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Österreich Wien

Wohnbauinvestitionen / BIP

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Österreich Wien

Zinsänderungsrisiko

-25-20-15-10

-505

10152025

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Österreich Wien

OeNB-Immobilien-Fundamentalpreisindikator

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Haushaltsperspektive: Reale Immobilienpreise

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Österreich Wien

Immobilienpreise, real• Reale Immobilienpreise vergleichen

Immobilienpreise mit Konsumgüterpreisen

• Reale Immobilienpreise können nicht langfristig steigen oder fallen

• Langfristig ist jedoch eher im Zeitraum von mehreren Jahrzehnten bis Jahrhunderten zu sehen.

• Vorhersagekraft für baldige Korrektur daher gering.

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Haushaltsperspektive: Leistbarkeit

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Österreich Wien

Leistbarkeit (invers) • In Literatur wird üblicherweise Preis/Einkommensverhältnis herangezogen

• Nachteile:

• Haushalte beachten primär monatliche Belastung, Einkommen vernachlässigt Effekte des Zinssatzes auf Belastbarkeit der Haushalte

• Berechnung eines hypothetischen Kreditvolumens basierend auf konstantem Anteil des Haushaltseinkommens und dem aktuellen Zinsniveau

• Relativ niedriges Haushaltseinkommen und hohes Zinsniveau Anfang der 90er führten zu niedriger Leistbarkeit

• Zinssenkungen haben Leistbarkeit spürbar erhöht

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Investorenperspektive: Immobilienpreise zu Mieten

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Österreich Wien

Immobilienpreise zu Mieten • Zentrale Fundamentalgröße: Wert eines Vermögensgegenstandes ergibt sich aus der Summe der zukünftig erwarteten Zahlungsströme (Asset Pricing Model)

• Wegen Datenproblemen wird meist nur Verhältnis Immobilienpreise/Mieten genommen

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Investorenperspektive: Immobilienpreise zu Baukosten

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Immobilienpreise zu Baukosten

• Baukosten wichtiger angebotsseitiger Faktor

• Übersteigt der Marktpreis die Baukosten, so ist Neubau lohnend

• Problem: Preis für Boden fehlt

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Systemische Perspektive: Kredittragfähigkeit

• Kredittragfähigkeit gibt an, inwieweit das tatsächlich vergebene Kreditvolumen – gegeben die Haushaltseinkommen und die Höhe des Zinssatzes – für die Haushalte leistbar ist

• Eine Verschlechterung der Kredittrag-fähigkeit stellt ein Risiko für die Banken dar

• Inverse Kredittragfähigkeit = Wohnkredite / hypothetisches Kreditvolumen

• Seit Ende 2008 hat sich Kredittragfähigkeit deutlich verbessert

• Keine regionalen Kreditdaten verfügbar 406080

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Österreich

Kredittragfähigkeit (invers)

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Systemische Perspektive: Wohnbauinvestitionen zu BIP • Quote Wohnbauinvestitionen zu BIP zeigt

ggf. aufgeblähten Bausektor an

• Nach dem Bauboom Mitte der Neunziger Jahre ist diese Quote kontinuierlich gesunken.

• Österreich hat keinen aufgeblähten Bausektor aufzuweisen, 2012 betrug die Wohnbauquote 4,2%

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Österreich Wien

Wohnbauinvestitionen zu BIP

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Systemische Perspektive: Zinsanhebungsrisiko

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Österreich

Zinsanhebungsrisiko • Zinsen stellen aus Sicht des Immobilien-marktes einen Fundamentalfaktor dar. Niedrige Zinsen verbessern die Leistbarkeit

• Aus makroökonomischer Perspektive sind die Zinsen jedoch endogen. Im Vergleich zum makroökonomischen Umfeld zu niedrige Zinsen bergen die Gefahr einer Zinsanhebung

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Hauptergebnisse und Implikationen für Finanzmarktstabilität

Hauptergebnisse • In Wien – und abgeschwächt auch in den anderen Bundesländern – ist seit einiger Zeit ein

deutlicher Anstieg der Immobilienpreise zu beobachten.

• Der OeNB-Immobilienindikator für Wien zeigt für das vierte Quartal 2013 eine Überbewertung im Ausmaß von 21% an

• Für Österreich ergibt sich eine Unterbewertung (-8%)

Weitere Vorgehensweise • OeNB ist sich der Relevanz der Immobilienpreisentwicklung für die Finanzmarktstabilität bewusst

und wird die Entwicklungen daher laufend beobachten.

• Der Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien wird regelmäßig berechnet und auf der Homepage der OeNB (www.oenb.at) publiziert.

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Der Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien für Wien und Gesamtösterreich

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Wien Österreich

Abweichung der Immobilienpreise von den fundamental gerechtfertigten Preisen in %

• Für Wien ergibt sich im vierten Quartal 2013 eine Überbewertung im Ausmaß von 21%

• Für Gesamtösterreich ergibt sich eine Unterbewertung um 8%