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1 internistische praxis 2019 Band 61 / 2 Paraneoplastische Syndrome – Pathophysiologie – Mikroparaneoplasie – Organsysteme internistische praxis 61, 1–14 (2019) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Paraneoplastische Syndrome aus internistischer Sicht Zusammenfassung eines Vortrags anlässlich der Jahrestagung der Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie in Stuttgart vom 02.10.2017 R. Haas, P. S. Jäger Klinik für Hämatologie, Onkologie und Klinische Immunologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Einleitung Der Begriff »paraneoplastisch« wurde erstmals von Guichard und Vignon 1949 angewendet, um damit die multiplen Nervenausfälle bei einer Patientin mit einem Zervix-Karzinom in einen pathophysiologischen Zusammenhang mit ihrer malignen Erkrankung zu bringen [1]. Ganz wört- lich aus dem Griechischen übersetzt bedeutet paraneoplastisch »neben der Neoplasie« beste- hend und umfasst mittelbar durch das Malignom induzierte Symptome, die nicht durch den lokal wachsenden Tumor, den Primarius, verursacht werden, wie zum Beispiel die Kompression oder Verlegung eines Bronchus durch einen Lungen- tumor, die Blockade eines Harnleiters durch paraaortal wachsende Lymphknotenmetastasen oder die Arrosion eines Blutgefäßes durch einen nekrotisierend wachsenden Darmtumor. Einer nosologischen Betrachtung folgend lassen sich die paraneoplastischen Syndrome dahinge- hend klassifizieren, an welchem Organsystem sich die paraneoplastischen Symptome mani- festieren (Abb.1). Selbstverständlich sind paraneoplastische Symptome dabei nicht immer nur auf ein singuläres Organsystem beschränkt, sondern vielmehr von pleiotropem Charakter mit einem mehrere Organe betreffenden Symptom- komplex [2]. Paraneoplastische Syndrome werden bei ca. 8–20 % der Patienten mit malignen Tumoren be- schrieben, wobei sich die Streuung durch eine unterschiedlich stringente Definition und Tiefe der Diagnostik erklären mag [3, 4]. Hinzu kommt die erschwerte Unterscheidung der Symptome der oft unter einer Therapie stehenden Patien- ten gegenüber Nebenwirkungen von Medikamen- ten. Zu den Malignomen, die relativ häufig mit paraneoplastischen Syndromen assoziiert sind, zählen insbesondere das vom neuro-ektoderma- len Keimblatt abstammende kleinzellige Bron- chial-Karzinom (40 %), gefolgt von gynäkologi- schen Tumoren wie dem Ovarial- und Mamma- karzinom, sowie hämatologischen Neoplasien, besonders lymphatischer Provenienz [5]. c m e. m g o -f a c h v e rl a g e . d e CME

Einleitung CME Der Begriff »paraneoplastisch« wurde erstmals

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1internistische praxis 2019 Band 61 / 2

Paraneoplastische Syndrome – Pathophysiologie – Mikroparaneoplasie – Organsysteme

internistische praxis 61, 1–14 (2019) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG

Paraneoplastische Syndrome aus

internistischer Sicht

Zusammenfassung eines Vortrags anlässlich der Jahrestagung der Gesellschaft für Hämatologie

und Onkologie in Stuttgart vom 02.10.2017

R. Haas, P. S. Jäger

Klinik für Hämatologie, Onkologie und Klinische Immunologie der

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

� Einleitung

Der Begriff »paraneoplastisch« wurde erstmals von Guichard und Vignon 1949 angewendet, um damit die multiplen Nervenausfälle bei einer Patientin mit einem Zervix-Karzinom in einen pathophysiologischen Zusammenhang mit ihrer malignen Erkrankung zu bringen [1]. Ganz wört-lich aus dem Griechischen übersetzt bedeutet paraneoplastisch »neben der Neoplasie« beste-hend und umfasst mittelbar durch das Malignom induzierte Symptome, die nicht durch den lokal wachsenden Tumor, den Primarius, verursacht werden, wie zum Beispiel die Kompression oder Verlegung eines Bronchus durch einen Lungen-tumor, die Blockade eines Harnleiters durch paraaortal wachsende Lymphknotenmetastasen oder die Arrosion eines Blutgefäßes durch einen nekrotisierend wachsenden Darmtumor.

Einer nosologischen Betrachtung folgend lassen sich die paraneoplastischen Syndrome dahinge-hend klassifizieren, an welchem Organsystem sich die paraneoplastischen Symptome mani-festieren (Abb.1). Selbstverständlich sind paraneoplastische Symptome dabei nicht immer nur auf ein singuläres Organsystem beschränkt, sondern vielmehr von pleiotropem Charakter mit einem mehrere Organe betreffenden Symptom-komplex [2].

Paraneoplastische Syndrome werden bei ca. 8–20 % der Patienten mit malignen Tumoren be-schrieben, wobei sich die Streuung durch eine unterschiedlich stringente Definition und Tiefe der Diagnostik erklären mag [3, 4]. Hinzu kommt die erschwerte Unterscheidung der Symptome der oft unter einer Therapie stehenden Patien-ten gegenüber Nebenwirkungen von Medikamen-ten. Zu den Malignomen, die relativ häufig mit paraneoplastischen Syndromen assoziiert sind, zählen insbesondere das vom neuro-ektoderma-len Keimblatt abstammende kleinzellige Bron- chial-Karzinom (40 %), gefolgt von gynäkologi-schen Tumoren wie dem Ovarial- und Mamma-karzinom, sowie hämatologischen Neoplasien, besonders lymphatischer Provenienz [5].

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CME

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Als Beispiel sei ein Patient mit angioimmuno- blastischem T-Zell-Lymphom genannt. Bei die-ser Lymphomentität sezerniert der maligne T-Zell-Klon unterschiedliche Mediatoren, was zu einer sehr starken Aktivierung der humo-ralen Effektormechanismen führt, die sich in ausgeprägten B-Symptomen, einer polyklonalen B-Zell-Vermehrung und Hypergammaglobulin-ämie widerspiegeln. Neben dieser immunolo-gisch überschießenden Reaktion produzieren die Lymphomzellen auch in hoher Konzentration VEGF, der in den betroffenen Lymphknoten die Neoangionese stimuliert und zu einem histolo-gischen Bild führt, welches für das Lymphom pathognomonisch und damit namensgebend ist. Die pathophysiologische Relevanz dieses aber-rant produzierten Faktors wird an einer Kasuistik deutlich, anhand derer gezeigt werden konnte, dass allein durch die Gabe des gegen VEGF ge-richteten Antikörpers Bevazizumab bei einer Pa-tientin mit diesem Lymphom-Subtyp vorüberge-hend eine Remission erzielt werden konnte [11].

� Humoral vermittelte paraneoplastische Syndrome

Als paraneoplastische Syndrome lassen sich auch die mit der Entstehung und Ausbreitung einer Tumorerkrankung auftretenden – gewissermaßen humoral vermittelten – Allgemeinsymptome ver-

� Mikroparaneoplasie

Betrachten wir die Entstehung eines malignen Tumors und gehen zu dessen klonalem Ursprung zurück, so beeinflussen die malignen Zellen bereits in dieser frühen Phase der Tumorge-nese das zelluläre Mikromilieu ihrer unmittel-baren Umgebung (Sphäre 1), indem sie in Art und Komposition unterschiedliche Faktoren parakrin sezernieren [6]. Zu letzteren zählen beispielsweise Mediatoren, die zur Degradati-on des mesenchymalen Stromas zählen, wie die Metalloproteinasen, Kollagenasen und Elastasen. Gleichzeitig finden sich Wachstumsfaktoren für die Neugestaltung des Tumorstromas wie der Fi-broblast-Growth-Faktor sowie unterschiedliche Angehörige der Tissue-Metalloproteinase-Inhi-bitoren (TIMP-1 bis 3) [7]. Eine besondere Rolle spielen auch Mediatoren der Neoangiogenese wie der Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) und die Angiopoietine [8]. Weitere parakrin vermittelte Prozesse werden durch das Wachs-tum normaler Zell-inhibierender Mediatoren, wie zum Beispiel Transforming Growth Factor Beta (TGF-Beta) vermittelt [9]. Das Resultat ist eine lokal orchestrierte Inflammation mit che-motaktisch vermittelter Einwanderung immu-nologischer Effektorzellen, zu welchen neben Makrophagen und neutrophilen Granulozyten auch die »Tumor-infiltrierenden« Lymphozyten zählen [10].

Hämatologie

Neurologie

Rheumatologie

Endokrinologie

Dermatologie

Abb. 1 | Klassifikation nach betroffenem »Organsystem«; mod. nach [2]

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stehen, da diese – nun nicht mehr parakrin, son-dern humoral – durch Botenstoffe über den Blut-weg verursacht werden (Sphäre 2). Dazu zählen die klassischen B-Symptome, wie man sie von Patienten mit malignen Lymphomen als Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust kennt [12]. Die dieser Trias zugrundeliegenden molekularen Mechanismen sind nur unzureichend bekannt, genau auch wie die Mediatoren, welche zu dem »Chronic Fatigue Syndrome« beitragen [13, 14].

Was die tumorassoziierte Anämie – ebenfalls in einem weiter gefassten Sinn ein paraneo-plastisches Symptom – anbelangt, so sind die pathophysiologischen Mechanismen besser un-

tersucht. Eine zentrale Rolle spielen neben dem bereits erwähnten TGF-Beta weitere Zytokine, wie TNF-Alpha, Interleukin-1, sowie Interferon-Beta und -Gamma. In ihrer Gesamtheit führen sie zu einer unterschiedlich starken Suppression der Erythropoiese im Knochenmark. Ganz speziell durch die Wirkung von Hepcidin kommt es zu einer verminderten Bereitstellung von Eisen für den Einbau in die heranreifenden erythro-poietischen Vorläuferzellen, was in eine Anämie von zumeist normo- bis mikrozellulärem, sowie normo- bis hypochromen Charakter mündet, wel-che rein deskriptiv unter der weit gefassten Ru-brik der »Anemia of chronic disease« subsumiert wird [15]. Letztere Zuordnung beruht auf der

Hepicidin

IL-1

IL-6

EPO

IFN-Gamma

Erythrozyten

Hepatozyten

Duodenum

Leber

MakrophagenMonozyten

Niere

LymphozytenMakrophagenMonozyten

Fe FeFe

Knochenmark

TNF-Alpha

Abb. 2 | »Anemia of chronic disease«. Eine zentrale Rolle spielen Zytokine, wie TNF-Alpha, Interleukin-1 und Interferon-Gamma. In ihrer Gesamtheit führen sie zu einer unterschiedlich starken Suppression der Erythropoiese im Knochenmark. Die Produktion von Hepcidin wird durch entzündliche Zytokine wie Interleukin-6 erhöht. Hepcidin wirkt durch die Blockierung des Eisenexports von Makrophagen und Hepatozyten. Gleichzeitig wird die Eisenaufnahme durch duodenale Enterozyten herunterreguliert. Die normale Reaktion der zunehmenden Produktion von Erythropoietin (EPO) als Reaktion auf abnehmende Hämoglobinwerte ist möglicherweise durch erhöhte IL-1-Spiegel und TNF-Alpha vermin-dert. Gleichzeitig wird die EPO-induzierte Proliferation und Differenzierung früher erythroider Vorläufer reduziert.

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Es wurden verschiedene Mechanismen nach-gewiesen, die zur Ausbildung hämatologischer Veränderungen führen. Dazu gehören Substan-zen, die von Tumoren produziert werden und entweder physiologischen Wachstumsfaktoren ähneln oder normale endokrine Signale für die hämatologische Entwicklung blockieren, sowie die Bildung von Antikörpern, die mit Rezepto-ren oder Zelllinien kreuzreagieren. Die im Zu-sammenhang mit B-Zell-Lymphomen beobach-teten autoimmunhämolytischen Anämien sind meistens durch IgG-Autoantikörper vermittelt, die von dem malignen B-Zell-Klon abstammen. Nach Bindung an das auf den Erythrozyten ex-primierte Antigen führen sie zu einem beschleu-nigten Abbau dieser Erythrozyten in Milz und Leber als die potentesten Organe innerhalb des retikuloendothelialen Systems. Darüber hinaus können auch von dem malignen B-Zell-Klon ab-stammende Plasmazellen Autoantikörper produ-zieren, die dann üblicherweise vom Typ IgM sind [20]. Als Gegenmaßnahme wird hauptsächlich eine erfolgreiche Therapie der Grunderkrankung angestrebt. Weitere Therapieoptionen sind die Gabe von Steroiden, eine Therapie mit Rituximab oder der Einsatz weiterer Immunsuppressiva [2].

� Paraneoplastische Syndrome mit endokrinen Veränderungen

Eine pathophysiologisch gänzlich andere Gruppe von paraneoplastischen Syndromen sind endo-krine Formen, die auf einer pathologisch ge-steigerten Produktion eines Hormons beruhen. Letztere kann sich gewissermaßen orthotop in einem nicht-malignen Adenom entwickeln oder aber ektop im Zuge der Malignisierung des Gewe-bes als Teil des malignen Phänotyps entstehen.

Zur ersten Gruppe, auch als neuroendokrine Tu-moren zusammengefasst, zählen klassischerweise die Adenome des Hypophysenvorderlappens mit einer Überproduktion von adrenocorticotropem Hormon (ACTH) (zentraler M. Cushing), Wachs-tumshormon oder Prolaktin (Prolaktinom) [21]. Die durch die gesteigerte Ausschüttung von ACTH in der Nebenniere induzierte Mehrproduktion von Hydroxycortisol (Hypercortisolismus) führt

Erkenntnis, dass die einer chronisch inflamma- torischen Erkrankung zugrundeliegenden Mecha-nismen denen sehr ähnlich sind, wie sie bei den Tumorerkrankungen wirksam sind (Abb. 2).

Gleiches gilt im Prinzip für Allgemeinsympto-me, wie Hyperkoagulabilität oder Leukozytose und Thrombozytose, die allgemein reaktiver Na-tur sind und auf einer verstärkten Freisetzung von Akut-Phase-Proteinen beruhen. Zu diesen gehören neben dem C-reaktiven Protein auch Fibrinogen, Haptoglobin, sowie Interleukin-6 und Thrombopoietin. Dieses reaktiv veränderte, humorale Milieu begünstigt das Auftreten ei-ner tiefen Beinvenenthrombose, die den Boden für eine komplizierende Lungenarterienembolie bereiten kann [16]. Eine spezielle Verlaufsform einer Hyperkoagulabilität ist die Thrombophle-bitis saltans, die besonders bei Patienten mit Pankreastumoren anzutreffen ist [17].

� Paraneoplastische Syndrome mit hämatologischen Veränderungen

Bei der Fülle des Stoffes sei es uns erlaubt, uns im Folgenden auf einige prototypische Beispiele aus den großen Themenfeldern zu konzentrieren. Beginnen möchten wir dabei mit den hämato-logischen paraneoplastischen Syndromen. So kann es bei Patienten mit Tumorerkrankungen, wie beispielsweise einem Thymom, zur Entwick-lung einer »Pure-Red-Cell«-Aplasie (PRCA wird auch als »isolierte aplastische Anämie« bezeich-net) kommen, die autoimmunologisch vermit-telt ist. Häufiger beobachtet man jedoch eine »unilineäre« Zytopenie, wie sie sich als Folge einer Immun-Thrombozytopenie und/oder einer Coombs-positiven hämolytischen Anämie entwi-ckeln kann. Diese paraneoplastischen Symptome beobachtet man vor allem bei lymphatischen Systemerkrankungen, wie den B-Zell-Non- Hodgkin- und klassischen Hodgkin-Lymphomen [18]. Durch die ektope Produktion von Erythro-poietin oder Erythropoetin-ähnlichen Substan-zen kann es bei prinzipiell sehr unterschiedli-chen Tumorarten, insbesondere bei Nieren- und Lebertumoren, zu einer Erythrozytose respektive Polyglobulie kommen [19].

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geschlossen sind, so kommt es zu einem Riesen-wuchs, mit der sich anschließenden Ausbildung prankenartiger Hände und einer Gesichtsphysio-gnomie, die durch breite Wangenknochen und eine sehr breite Kinnpartie gekennzeichnet ist. Ob nun reaktiv bedingt oder zum Teil auch auf eine molekular noch nicht aufgeklärte Weise, entwickeln die Patienten mit Akromegalie nicht selten eine depressive Stimmungslage. Metabol führt das Wachstumshormon zu einer verschlech-terten Glukosetoleranz [23]. Beim Prolaktinom kommt es zur Überproduktion des bei der Frau die Laktation fördernden Hormons Prolaktin. Ein Prolaktinom beim Mann macht sich durch eine Gynäkomastie mit Sekretion einer milchartigen Flüssigkeit bemerkbar. Abhängig von Sitz und Größe kann es durch lokale Kompression auf das Chiasma opticum zu einem Gesichtsfeldausfall in Form einer bitemporalen Hemianopsie kommen [24].

Die im Nebennierenmark oder den Paragan - glien pathologisch gesteigerte Produktion von adrenergen Hormonen, wie dem Adrenalin oder Noradrenalin beim Phäochromozytom, dessen Malignitätsgrad sich letztlich nur durch das

zu einer Vielzahl metabolischer Veränderungen. Daraus resultierend entstehen eine Hyperglyk- ämie durch Glukoneogenese und Glykogenolyse, ein Eiweißabbau, sowie eine Lipolyse. Patho- gnomonisch sind dafür die Fettumverteilung mit Ausbildung eines Vollmondgesichts mit Gesichts-rötung und die Entstehung eines Stiernackens. Gleichzeitig führt der Abbau von Muskeleiweiß zu einer Abnahme der Muskelmasse an den Extre- mitäten (Tab. 1). Die Symptome sind beim peripheren M. Cushing, dem eine gesteigerte Hydroxycortisolbildung in einem Adenom der Nebenniere zugrunde liegt, identisch mit denen des zentralen, bis auf den fehlenden Nachweis von ACTH im Serum, welcher aufgrund der durch den negativen Feedbackmechanismus im Hypo-physenvorderlappen vermittelten Suppression der ACTH-Produktion bedingt ist [22].

Bei einer Überproduktion des Wachstumshor-mons kommt es zum Krankheitsbild der Akro-megalie, bei dem es, wie der Name treffend zusammenfasst, zu einem stetigen Wachstum der Knochen kommt. Geschieht dies im Ju-gend- oder frühen Erwachsenenalter, wenn die Wachstumsfugen der Röhrenknochen noch nicht

Stigmata beim Cushing-Syndrom

Vergrößerte Sella turcica Vollmondgesicht

Stiernacken Osteoporose

Dünne faltige Haut (Pergamenthaut) Hypertonie

Amenorrhoe Nebennierentumor/Hyperplasie

Muskelatrophie Stammfettsucht

Purpura Striae rubrae

Emotionale Störungen Wundheilungsstörungen

Tab. 1 | Stigmata eines Hypercortisolismus beim Cushing-Syndrom [22]

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Anders verhält es sich bei der ektopen Produkti-on einzelner dieser Hormone in den Zellen eines malignen Tumors, wie es am häufigsten beim kleinzelligen Bronchialkarzinom zu beobachten ist. Dieser entwickelt diese Fähigkeit im Rück-griff auf seine Abstammung vom neuro-ekto-dermalen Keimblatt und ist somit im weitesten Sinn auch ein neuroendokriner Tumor. Zu den ektop produzierten Hormonen zählt zumeist das ACTH. Neben einer tumorspezifischen Sys-temtherapie des Tumors basiert die Behandlung auf einer Hemmung der Steroidbiosynthese in der Nebennierenrinde. Dazu dient das Präparat Metyrapon, das die Konversion von 11-Desoxy-cortisol zu Cortisol und 11-Desoxycorticosteron zu Cortico steron und den Cortisolabbau in der Leber hemmt. Ketoconazol/Itraconazol hingegen unterdrücken die Steroidbiosynthese durch Hem-mung mehrerer Cytochrome (CYP11B1, CYP17A) und sind mit der Nebenwirkung eines Hypogo-nadismus behaftet. Mitotane (Lysodren) schließ-lich hemmt verschiedene Steroidbiosyntheseen-zyme (P450scc und P450c11) und führt zur oxidativen Schädigung der Nebennierenzellen mit konsekutiver Entwicklung einer hämorrhagi-schen Zellnekrose und damit einem endokrinen Funktionsverlust. Als Nebenwirkungen sind Übel-keit, Diarrhöe, Nebennierenrinden-Insuffizienz, Hypercholesterinämie, Neuritiden mit Ataxie, sowie ein Anstieg der hepatischen Parameter zu nennen. Selten entwickeln sich eine Leukopenie, Exantheme und plasmatische Gerinnungsstörun-gen [28].

Die ektope Produktion von Parathormon (PTH) oder einem Derivat dessen, das soge-nannte »Parathormon-like« PTH, tritt häu-fig beim Multiplen Myelom, Mammakarzinom oder Nierenzellkarzinom auf und führt zum bereits im Kontext des primären Hyperpara-thyreoidismus beschriebenen Hyperkalz-ämie-Syndroms. Die resultierende Hyperkalz- ämie kann mit Bisphosphonaten, Calcitonin oder Schleifendiuretika behandelt werden [29].

Nicht unerwähnt sollte die ektope Produktion des Antidiuretischen Hormons (ADH) bleiben, welches zum Syndrom der inadäquaten ADH-Se-kretion (SIADH), dem Schwarz-Batter-Syndrom,

Auftreten von Fernmetastasen definieren lässt, führt zu einer Plethora an Symptomen, die mit der adrenergen Überstimulierung zu erklären sind. Dazu zählen ein arterieller Hypertonus, Herzrasen, eine erhöhte Schweißneigung, Hän-dezittern und eine milde diabetische Stoffwech-sellage [25]. Von Tumoren des Pankreas aus-gehende endokrine Tumoren sind das von den Beta-Zellen ausgehende Insulinom und das von den Alpha-Zellen abstammende Glukagonom. Die bei ersterem stark erhöhte Sekretion von Insu-lin führt bei den Patienten zu einer durch die permanente, in ihrer Intensität fluktuierenden Hypoglykämie, zu einer starken Gegenregula-tion der kontrainsulinären Hormone, was die Patienten in einen Zustand erhöhter Erregbar-keit versetzt und nicht selten lange verkannt wird und mitunter sogar zu Einweisungen in psychiatrische Einrichtungen führt. Mit dem Leitsymptom eines gesteigerten Hungergefühls zur Kompensation der drohenden Hypoglykämie kommt es zu einer Gewichtszunahme, sowie den bereits geschilderten Symptomen einer adrener-gen Stimulation. Das sehr seltene Glukagonom ist mit einer ganz besonderen Haut erkrankung, dem Erythema migrans assoziiert, während die systemischen Symptome bis auf eine leicht er-höhte diabetogene Stoffwechsellage sehr gering bis inapparent sind [26].

Die Überproduktion von Parathormon in einem von den Nebenschilddrüsen (Parathyroidea) ausgehenden Adenom führt zum Hyperkalz- ämie-Syndrom, bei dem es, aufgrund der Funk-tion des zweiwertigen Kations für die Erregbar-keit von Nerven und Muskelzellen, zu einer Fülle von neurophysiologisch erklärbaren Symptomen kommt. Dazu zählt die generelle Erhöhung der Neuro-Reizschwelle, was sich zentral in einer gesteigerten Ermüdbarkeit, vermehrtem Durst, einer peripheren Muskelschwäche, sowie einer verlängerten AV-Überleitungszeit manifestiert. Häufiger als paraneoplastisch bedingt findet sich bei fortgeschrittenen Tumorleiden eine Hy-perkalzämie aufgrund von Knochenmetastasen, bei denen es durch eine Osteoklastenaktivierung zu einer Zerstörung der Knochenmatrix mit Frei-setzung der im Apatit gebundenen Kalziumionen kommt [27].

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logie (Abb. 3) der inadäquaten ADH-Sekretion eingreifen [30]. Eine Zusammenfassung über das Auftreten einer ektopen Hormonproduktion und bestimmten Tumorentität zeigt Tabelle 2 [2].

� Rheumatische paraneoplastische Syndrome

Durch Tumorerkrankungen induzierte Autoim-munreaktionen können auch zu rheumatischen Erkrankungen im Sinne paraneoplastischer Syn-drome führen. So beobachtet man Arthropa-thien oder systemische Sklerosen bei Patienten mit soliden Tumoren des Kolons, des Pankreas, der Prostata, der Lunge und bei gynäkologischen Tumoren. Die hypertrophe Osteoarthropathie ist

führt. Leitsymptom ist eine Elektrolytstörung, in deren Vordergrund eine ausgeprägte Hyponatri- ämie steht, die sich als Folge der erhöhten Was-serretention entwickelt. Symptome entwickeln sich in Abhängigkeit von der Konzentration des Natriums im Serum. So treten am häufigsten Kopfschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen auf. Im Weiteren kann es dann zur Entwicklung von Hirndruckzeichen und Vigilanzstörungen kom-men, die unbehandelt zum Koma führen. Die Therapie orientiert sich an der Höhe der Natrium-konzentration im Serum und fußt auf einer Flüs-sigkeitsrestriktion und der Gabe von Schleifendi-uretika wie Furosemid, um das Volumen an freiem Wasser zu vermindern. Dazu dient gegebenenfalls auch die Infusion einer hypertonen NaCl-Lösung. Der Wirkstoff Tolvaptan kann in die Pathophysio-

TolvaptanSammelrohr

Blut Urin

H2O

H2O

ADH V2RTV

PKA

cAMP

ATP

AC

Gs-Protein

AQP2

AQP2

Abb. 3 | Tolvaptan bei SIADH: Nach Bindung von ADH (Vasopressin) an den V2-Vasopressin-Rezeptor (V2R) kommt es Gs-Protein-vermittelt zur Aktivierung der Adenylatcyclase (AC), sodass vermehrt cAMP gebildet wird, welches die Pro-teinkinase A (PKA) aktiviert und zur Phosphorylierung zytosolischer Aquaporine des Typ 2 (AQP2) führt. Dies bewirkt die apikale Integration von AQP2 in die sonst wasserimpermeable Membran des Tubulus bzw. Sammelrohrs. Hierdurch kann vermehrt Wasser aus dem Lumen des Tubulus osmotisch dem Elektrolytgradienten ins Blut folgen. Tolvaptan (TV) blockiert diesen Mechanismus und führt somit zu einer verstärkten Wasserausscheidung, einer Aquarese.

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Im Folgenden möchten wir Ihnen ein Beispiel nennen, wie das einer 82-jährigen Patientin mit den Symptomen einer »Sklerodermie«. Vier Mo-nate vor Aufnahme traten erstmals progrediente Schwellungen mit erheblicher Einschränkung der Funktion beider Hände auf (Abb. 4a). Die Überweisung erfolgte mit der Verdachtsdiagnose Sklerodermie. Fünf Jahre zuvor war eine Unter-leibs-»Total-OP« durchgeführt worden. Über das Ergebnis und die damalige Indikation konnte die Patientin nichts berichten und Dokumente zu diesen Eingriffen lagen zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht vor. Sonografisch zeigte sich abdominell eine echoarme Raumforderung von 5 cm Durchmesser im Becken links. An der Schild-drüse ließen sich Veränderungen im Sinne einer Struma multinodosa nachweisen. Im Rahmen des Gynäkologischen Konsils war die manuelle Unter-suchung unauffällig, während sich beim trans-vaginalen Ultraschall eine Raumforderung an der linken Beckenwand nachweisen ließ. Dieser Befund bestätigte sich beim CT von Thorax und Abdomen, wo ebenfalls linksiliacal eine Raum-forderung von 3,5 x 4 x 5,5 cm zur Darstellung kam. Die Anastomosenregion des Dickdarmes war unauffällig und es ergab sich kein Anhalt für Lebermetastasen. Demgegenüber waren einzel-

häufig mit Lungentumoren unterschiedlicher Histologie vergesellschaftet und manifestiert sich als schmerzhafte Schwellung der Gelenke (Knie, Fuß- und Handgelenke, Ellenbogen, Me-takarpophalangealgelenke) mit Ergüssen und der Bildung von Trommelschlägelfingern [31, 32].

Sekundäre Amyloidosen können in Verbindung mit Myelomen, Lymphomen oder Nierenzellkarzi-nomen auftreten und sind mehr oder weniger gut einer Antikörpertherapie mit Daratumumab oder einer Hochdosischemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation zugängig [33].

Eine Dermatomyositis und in geringerer Ausprä-gung auch eine Polymyositis treten bei Patien-ten mit Tumoren in unterschiedlicher Inzidenz konkordant auf, insbesondere bei Patienten in einem Alter über 50 Jahren. Im Vordergrund der Beschwerden steht eine progressive proximale Muskelschwäche mit pathologisch nachweisba-ren Muskelentzündungen und Nekrosen. Dazu gesellen sich ein dunkles Schmetterlingserythem mit violetter Färbung an den Wangen und ein periorbital betontes Ödem. Symptomatisch aus-gerichtet zeigt die systemische Kortikoidtherapie zumeist eine Besserung [34].

Ektop produziertes Hormon Tumorentitäten

PTH, PTH-like Kleinzelliges Bronchialkarzinom (BC)

ACTH Kleinzelliges BC, Leberzellkarzinom, Nierenkarzinom

ADH Kleinzelliges BC, Pankreaskarzinom, Prostatakarzinom

Thyreotropin Kleinzelliges BC, Hodenkarzinom, Chorionkarzinom

Serotonin Kleinzelliges Bronchialkarzinom, Ovarialkarzinom

Kalzitonin Kleinzelliges Bronchialkarzinom, Mammakarzinom

Insulin Pankreaskarzinom, Leberkarzinom, Magenkarzinom

Tab. 2 | Häufig ektop produzierte Hormone und Tumorentitäten; mod. nach [2]

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von hoher klinischer Relevanz sind. Pathophy-siologisch liegt meist eine Kreuzreaktivität zwi-schen Tumorzellen und Komponenten des Ner-vensystems zugrunde. Tumorzellen exprimieren Antigene, die normalerweise nur in Neuronen gebildet werden (»onko-neuronale« Antigene) und induzieren dadurch Autoantikörper gegen intrazelluläre oder superfizielle Antigene des Nervensystems [35]. Weil die Tumorzellen nicht selbst die Produzenten der das Syndrom verur-sachenden Antikörper sind, führt eine erfolgrei-che Tumortherapie nicht zwangsläufig zu einer neurologischen Verbesserung. Beim Auftreten von kognitiven Veränderungen, Persönlich-keitsänderungen, Ataxie, Hirnnervenausfällen, Schwäche oder Taubheit sollte daher frühzeitig an ein neurologisches paraneoplastisches Syn-drom gedacht werden und eine Antikörperdia- gnostik durchgeführt werden, um gegebenenfalls eine immunsuppressive Therapie einzuleiten [36, 37]. Eine Auswahl an paraneoplastischen neuro-logischen Syndromen und entsprechenden Anti-körpern zeigt Tabelle 3 [38].

� Fazit für die Praxis

• Paraneoplastische Syndrome treten bei einer Vielzahl von Tumorerkrankungen auf und kön-nen verschiedene Organsysteme betreffen.

• Bei einer unklaren Symptomatik und einer be-stehenden Tumorerkrankung sollte stets auch an ein paraneoplastisches Syndrom gedacht werden und eine erweiterte funktionelle und serologische Diagnostik eingeleitet werden.

• Bei typischen Erkrankungen und Symptom-komplexen, die häufig in Zusammenhang mit

ne, bis zu 1 cm große Lungenfiliae im apikalen Anteil des linken Unterlappens nachweisbar.

Laborchemisch fanden sich eine normale Blut-senkungsgeschwindigkeit mit 2 mm/h, im ANA IFT eine »positive« perinukleäre Fluoreszenz bis zu einer Titerstufe von 1:1.280 (Golgi-Apparat) (Abb. 4b), DNA-AK 3 U/ml (ELISA). Der ENA-screen war – wie das übrige Routinelabor nebst Tumormarker – unauffällig. Angesichts der rasch progredienten Erkrankung ergab sich differen-zialdiagnostisch der Verdacht auf ein RS3PE (Remitting Symmetric Synovitis Syndrome with Pitting Edema). Dieses tritt gehäuft paraneo-plastisch bei Adenokarzinomen auf. Der zusätz-liche Nachweis von hochtitrigen Antikörpern gegen Golgi-Apparat erhöhte den Verdacht auf eine paraneoplastische Genese, zudem hatte die Patientin ja bereits ein Karzinom des Darmes ge-habt. Die histologische Begutachtung des Punk-tates ergab die Diagnose eines Uteruskarzinoms. Die weitere Recherche ergab: Die Patientin war nach der Hysterektomie nicht über das Ergebnis (histologisch nicht im Gesunden – R1-resiziertes Adeno-Carcinom) aufgeklärt worden.

� Neurologische paraneoplastische Syndrome

Der Vollständigkeit halber erlauben wir uns an dieser Stelle noch kurz auf paraneoplastische Syndrome, die das zentrale und/oder periphere Nervensystem affektieren können, einzugehen. Neurologische paraneoplastische Syndrome bie-ten eine Fülle an verschiedenen Symptomkom-plexen welche auch im internistischen Alltag

Abb. 4 | a) Schwellungen mit massiven Funktions- defiziten beider Hände;

b) im ANA IFT »positive« perinukleäre Fluoreszenz

bis zu einer Titerstufe von 1:1.280 (Golgi-Apparat)

a b

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2019 Band 61 / 2 internistische praxis 12

ted mediators and hormones, or by immunolo-gical phenomena. A causal therapy of these pa-raneoplastic symptoms is usually only presented by an elimination of the tumor. Depending on the pathophysiology, further symptomatic ther- apeutic options arise at different target points. In autoimmune phenomena, immunosuppres-sive treatment may be a promising therapeutic approach, whereas antihormonal therapy may be used in hormone producing tumors.

Keywords: paraneoplastic syndromes – patho-physiology – microparaneoplasia – organ systems

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einer Krebserkrankung auftreten, sollte bei zuvor nicht bekannter Erkrankung gegebe-nenfalls eine Tumorsuche eingeleitet werden.

• In der Regel stellt die Therapie der eigent-lichen Tumorerkrankung die erfolgverspre-chendste Therapieoption für die Behandlung von paraneoplastischen Syndromen dar. Ne-ben einer symptomatischen Therapie mit zahlreichen an verschiedenen Ansatzpunkten ansetzenden Medikamenten, kann auch eine Therapie mit »klassischen Immunsuppressi-va« oder monoklonalen Antikörpern einen therapeutischen Erfolg erbringen.

� Zusammenfassung

Paraneoplastische Syndrome stellen eine hetero-gene Gruppe von Symptomen oder Symptomkom-plexen dar, welche verschiedene Organsysteme betreffen können. Dabei werden die Symptome nicht durch den lokal wachsenden Tumor, den Primarius, sondern durch eine Veränderung des umgebenden Mikromilieus, durch parakrin se-zernierte Mediatoren und Hormone oder eine durch den Tumor indirekt hervorgerufene An-tikörperproduktion, verursacht. Eine kausale Therapie der paraneoplastischen Symptomatik stellt meist nur eine Therapie des auslösenden Tumors dar. Je nach Pathophysiologie ergeben sich weitere symptomatische Therapiemöglich-keiten an verschiedenen Ansatzpunkten. Bei Autoimmunphänomenen kann eine Immunsup-pression erfolgversprechend sein, wohingegen eine antihormonelle Therapie bei hormonprodu-zierenden Tumoren zum Einsatz kommen kann.

Haas R, Jäger PS:Paraneoplastic syndromes from

an internistic point of view

Summary: Paraneoplastic syndromes present a heterogeneous group of symptoms or symptom complexes that may affect various organ sys-tems. The symptoms are not caused by the local growing tumor, but rather by an alteration of the surrounding micromilieu, by paracrinally secre-

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Prof. Dr. med. Rainer HaasKlinik für Hämatologie, Onkologie

und klinische ImmunologieHeinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Moorenstraße 540225 Düsseldorf

[email protected]

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass bei der Erstellung des Beitrags keine Interessen-konflikte im Sinne der Empfehlungen des Inter-national Committee of Medical Journal Editors bestanden.