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Tensairity-Drachen soll Strom produzieren 04 Andreas Züttel wirbt für den Energieträger Wasserstoff 10 Brennstoffzellen-Kehrmaschine im Praxiseinsatz 15 Die Kunden- und Publikumszeitschrift der Empa Jahrgang 7 / Nummer 26 / Juli 2009 Empa News Hightech-Tuning für Kraftmikroskope 20

EmpaNews Juli 2009

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Magazin für Forschung, Innovation und Technologietransfer

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Page 1: EmpaNews Juli 2009

Tensairity-Drachensoll Strom produzieren 04

Andreas Züttel wirbt für denEnergieträger Wasserstoff 10

Brennstoffzellen-Kehrmaschineim Praxiseinsatz 15

Die Kunden- und Publikumszeitschrift der EmpaJahrgang 7 / Nummer 26 / Juli 2009

EmpaNews

Hightech-Tuningfür Kraftmikroskope 20

Page 2: EmpaNews Juli 2009

02 // Editorial

Mit Luft gefülltTensairity-Drachensoll Strom produzieren 04

«Es hat, solange es hat»,ist keine Lösung

Hier zu Lande ist das Leben meist recht komfor-tabel: Benzin gibts an der Tankstelle, warmesEssen in der Kantine, und Strom kommt aus der

Steckdose. Energie ist einfach da. Verfügbar. Immer und(fast) überall. Zwar nervt es, wenn die Tankfüllungpraktisch im Monatsrhythmus teurer wird. Doch bislangwar das – Hand aufs Herz – kein grosses Problem.

Jetzt ist Krise. Da dämmert es viel-leicht einigen, dass es nicht ewig so wei-tergehen kann. Übrigens eine Binsenweis-heit, die bereits in den Siebzigerjahren,während der ersten Ölkrise, aufkam. Undsich seither entsprechend abgenutzt hat.Doch alle verfügbaren Daten weisen da-raufhin, dass wir besser heute als morgendas post-fossile Zeitalter einläuten.

An den notwendigen Technologienund Materialien arbeitet die Empa schongeraume Zeit, etwa am viel versprechen-

den Energieträger Wasserstoff (Fokus-Thema, ab S.10).Dabei gilt es indes nicht nur, technologische Hürden zuüberwinden, sondern auch ein gesellschaftliches Um-denken einzuleiten. Dies ist das Ziel des «World Resour-ces Forum» im September in Davos (S. 23).

Die Nanotechnologie bildet einen zweiten Themen-schwerpunkt in diesem Heft. Pünktlich zur 3. NanoCon-vention Anfang Juli in Zürich, bei der – so hoffen wir –wieder lebhaft und kontrovers über die Auswirkungendieser «Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts» aufWirtschaft und Gesellschaft, Umwelt und Gesundheitdebattiert und gefachsimpelt wird.

Michael HagmannLeiter Kommunikation

Titelbild

Empa-ForscherInnen haben ein Rasterkraft-mikroskop (AFM, Atomic Force Microscope)mit einem Gerät für die Messung makro-skopischer physikalischer Eigenschaften(PPMS, Physical Properties MeasurementSystem) kombiniert. Das neue Hochleistungs-instrument kann beispielsweise für dieEntwicklung künftiger magnetischerFestplattenspeicher eingesetzt werden.

Page 3: EmpaNews Juli 2009

Inhalt // 03

Mit Preis gekröntEmpa-Brücke überzeugt durchDesign und Materialwahl 19

Mit Engagement dabeiAndreas Züttel wirbt für denEnergieträger Wasserstoff 10

Mit Wasserstoff unterwegsBrennstoff-Kehrmaschineim Praxiseinsatz 15

Forschung und Entwicklung04 Kraftwerk mit Flügeln

Forschung und Entwicklung

06 Solares Leichtgewicht

Forschung und Entwicklung

08 Der unmögliche Kristall

Forschung und Entwicklung

09 Die Moleküldreher

Fokus: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft

10 «Wir können das Energieproblem lösen»

13 Testlauf für die Wasserstoff-Gesellschaft

14 Wenn Wasserstoff das Wasser kocht

15 Ist sauber, macht sauber

16 Komplexe H2-Speicher: Hydride im Tank

17 Das Kraftwerk im Hause

18 Natürlich künstlich

Wissens- und Technologietransfer

19 Mit Spannung überbrückt

Wissens- und Technologietransfer

20 Hightech-Tuning für Kraftmikroskope

Wissens- und Technologietransfer

22 Silbersocken im Waschgang

Wissens- und Technologietransfer

22 Mehr Effizienz bitte!

Wissenschaft im Dialog

23 Nano? Aber sicher.

24 Veranstaltungen

Impressum

HerausgeberinEmpaÜberlandstrasse 129CH-8600 Dübendorfwww.empa.ch

Redaktion & GestaltungAbteilung Kommunikation

KontaktTelefon +41 44 823 45 98Telefax +41 44 823 40 [email protected]

Erscheint viermal jährlich

ISSN 1661-173X

COC-100246 FSC Mix

Page 4: EmpaNews Juli 2009

04 // Forschung und Entwicklung

Kraftwerk mit FlügelnTensairity-Elemente aus Membranen, Stangen und Kabeln habensich im Bau bereits als extrem leichte und dennoch stabileTragstrukturen bewährt. Aber eignet sich die Technologie auchfür den Einsatz in der Luftfahrttechnik, etwa als Tragstrukturenfür Drachen? Empa-Forscher loten derzeit die Grenzen aus –und wollen mit einem Demonstrator gar Strom produzieren.

TEXT: Martina Peter / FOTOS: Empa

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1Der ultraleichte Drachen hat eineSpannweite von 8 Metern,wiegt aber nur 3 Kilogramm.

2Beim Schlepptest wird der Drachen voneinem Fahrzeug in die Höhe gezogen.

3Einer der Prototypen des Tensairity-Drachen im Labor des«Center for Synergetic Structures».

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Page 5: EmpaNews Juli 2009

Forschung und Entwicklung // 05

Zusammengefaltet wie eine schlafendeFledermaus liegt das Bündel auf demTisch. Plastikmembranen, Stangen,

Kabel und Schnüre warten – fein säuberlichaneinandergefügt – auf ihren nächsten Flug.«Wir wollen wissen, ob sich Tensairity-Bau-teile auch als Flügel für Drachen eignen», er-klärt Physiker Rolf Luchsinger, Leiter des«Center for Synergetic Structures» an derEmpa. Tensairity-Tragelemente aus einer mitLuft gefüllten Membran, Stangen und Kabelnwerden bereits heute im Bauwesen einge-setzt, etwa als Träger für eine Parkhausüber-dachung mit 28 Meter Spannweite in Mon-treux. Die ausserordentlich leichten, aufblas-baren Träger können aber auch für temporäreBauten, beispielsweise Brücken, verwendetwerden, überall dort, wo der Aufbau schnellund unkompliziert vonstatten gehen muss.

Nun wollen die Forscher ein weiteresGebiet für diese Tragstrukturen erschlies-sen. Da Leichtbauweise auch in der Luft-fahrt unentbehrlich ist, ein nahe liegendernächster Schritt. «Wie kommen wir vomBalken zu Flügeln?», fragten sich Luchsin-ger und Co. Flügel-Tragstrukturen für Dra-chen sind nicht nur für Sport- und Freizeit-anwendungen attraktiv, sondern auch inte-ressant für Ingenieure. Beispielsweise imEinsatz als Zugdrachen, die Windenergienutzen und als zusätzlicher Antrieb diesel-betriebene Frachter über die Weltmeereziehen. Die «Kites» sollen Reedereien hel-fen, die hohen Treibstoffkosten zu senken.

Drachen kommen aber auch für dieStromgewinnung durch Wind in Frage. DieDrachen, so die Idee, steigen an Seilen meh-rere Kilometer in die Höhe. Durch das Hoch-ziehen wird am Boden ein Windensystem inBewegung gesetzt, das Strom generiert. AufZielhöhe angelangt, legt der Drache gewis-sermassen die Flügel an und lässt sich Rich-tung Boden sinken, um gleich wieder hoch-zuziehen. Ein spannendes Einsatzgebiet fürextrem leichte Tragstrukturen, da die Dra-chen für eine effiziente Windenergienutzungsehr gross sein müssen.

Wo sind die Grenzen?Luchsinger setzte sich mit seinem Teamdas Ziel, einen aufblasbaren Drachen zukonstruieren, der dank optimalem Materi-aleinsatz leicht, stabil und effizient seinsollte. «Mit einem Demonstrator wolltenwir herausfinden, wo flugtechnisch gese-hen die Knackpunkte sind und woraus dieVorteile eines Tensairity-Drachens gegen-über traditionellen Flugobjekten beste-hen», so Luchsinger.

Schon während seines Praktikums be-gann Luchsingers Mitarbeiter, Joep Breuer,der an der Universität Delft Luft- und

Raumfahrt studierte, mit dem Planen undKonstruieren von Tensairity-Flügeln. «Joephat an der Nähmaschine bestimmt schonmehrere hundert Meter vom leichten Dra-chenstoff Icarex zusammengenäht», sagtLuchsinger. Wichtig sei, dass so ein Pro-dukt nicht nur am Reissbrett entsteht. «Obetwas funktioniert oder nicht, finden wirnur heraus, wenn wir das Ergebnis auchbauen und testen können.»

So entstand aus einer Vielzahl von Ide-en zu Formen und Grösse des Drachensschliesslich eine Serie von Modellen mitverbesserter Aerodynamik und überzeu-gendem statischem Verhalten: Je schlankerund stabiler die mit Luft gefüllten Flügel-holme sind, desto effizienter steigt der Dra-chen, desto besser kann seine Zugkraft ge-nutzt und zur Stromgewinnung eingesetztwerden. Alles eine Sache der Synergie, derkonstruktiven Wechselwirkung zwischenMaterialkomponenten mit unterschiedli-chen Eigenschaften, also zwischen den mitLuft gefüllten Membranen, Stangen undSeilen, welche die Wissenschaftler zu einerneuen Einheit zusammenfügen.

Der bisher grösste Tensairity-Drache,den Luchsingers Team entwickelte und imLabor zahlreichen Belastungstests zur Sta-tik aussetzte, hat eine Spannweite von achtMetern und eine Oberfläche von elf Qua-dratmetern. Mit einem Gewicht von 2,5 Ki-logramm ist er dafür ausgelegt, eine Zug-kraft von 1000 Newton zu erbringen. Reintheoretisch könnte dieser Drache 4000 Me-ter hoch steigen. Die Weltrekordhöhe liegtderzeit bei über 4000 Metern und wurde inder kanadischen Prärie im mittleren Wes-ten erzielt. «Dort hat es rundherum nichts»,sagt Luchsinger und erzählt von den He-rausforderungen, die sich beim Testen derFluggeräte stellen. Denn die Wissenschaft-ler wollen nach dem langwierigen Berech-nen und erfolgreichen Bau natürlich wis-sen: Steigt der Drache nun in die Höhe?Wie hoch fliegt er? Fliegt er stabil auch beihohen Geschwindkeiten? Und – nicht zuvergessen – kommt er am Ende des Flugswieder heil unten an? Hierauf könnenSchlepptests unter freiem Himmel eineAntwort geben.

Drachen im Testflug unterfreiem HimmelDoch einfach vor der Empa in Dübendorfaufs offene Feld gehen und dort den Dra-chen steigen lassen, ist nicht möglich.Luchsinger: «Für Drachen, die über 60 Me-ter hoch fliegen sollen, braucht es in derSchweiz eine Bewilligung.» Auf einem fürsie reservierten Rollweg auf dem Militär-flugplatz Dübendorf durften sie erste

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Page 6: EmpaNews Juli 2009

06 // Forschung und Entwicklung

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«Unser System funktioniert», so Luch-singers Fazit. «Der Tensairity-Drachen hatdie Erwartungen erfüllt, hat die Kräfte, dieauf ihn wirkten, ausgehalten.» Nun denkendie Forscher bereits an ihre nächsten Visi-on – ein Drache mit einer Spannweite vonbis zu 30 Metern, dessen Membranen mitHelium befüllt werden, und der auch beiWindstille in der Höhe weiterschwebenkann.

Das neue Flügelkonzept eignet sichnicht nur für den Drachenbau, sondern hatebenfalls Potenzial für den Sport oder dieunbemannte Luftfahrt. Auch eine Anwen-dung als Kommunikationsplattform ist vor-stellbar: Eine Drachen-Plattform (HAPS,«High Altitude Platform System») in gros-ser Höhe empfängt an Stelle von SatellitenSignale für Funk und Telefonie und leitetsie weiter. //

Schlepptests durchführen. Als äusserst nütz-lich stellte sich bei den ersten Versuchen die«Nase» mit Airbag-System heraus, die denDrachen bei «unkontrollierten Landungen»vor dem Schlimmsten bewahrte. Doch nichtnur die Berechtigung muss vorliegen. Wich-tig sind auch Wetter- und Windverhältnisse.«Für solche Schleppversuche sollte es mög-lichst windstill sein», sagt Luchsinger.

Die Forscher hatten Glück: Die Bewil-ligung war da, die Verhältnisse waren per-fekt, als Luchsinger kürzlich mit seinenKollegen auf einem ehemaligen Militärflug-platz im Berner Oberland weitere Schlepp-tests durchführte. Angehängt an einen Per-sonenwagen wurde der Drachen auf einerein Kilometer langen Strecke in einer Höhevon ca. 50 Meter gezogen. Und er kamauch wieder heil herunter – meist ohne dieAirbag-Nase einsetzen zu müssen.

Solares Leichtgewicht

Nur mit Sonnenenergie die Welt umrunden, das könnte schon baldWirklichkeit werden. «Solar Impulse» soll als erstes solarbetriebenesFlugzeug ohne Treibstoff die Erde umrunden. Nach langerForschungs- und Entwicklungszeit ist der Ultraleichtflieger baldgebaut. Auch dank zahlreichen Entwicklungen verschiedenerInstitutionen. Darunter die Empa, die ihr Know-how vor allem beider Auswahl der geeigneten Materialien einbrachte.

TEXT: Michael Hagmann / FOTO: Solar Impulse

Der Tensairity-Drachen nacherfolgreichenSchlepptests imBerner Oberland.

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Forschung und Entwicklung // 07

TV-Beitrag

Am 21. Mai 2009 zeigte das Schweizer Fernsehen in der Sen-dung «Einstein» einen Beitrag über die Tensairity-Drachen.Das Video «Drachen als Stromproduzenten» ist zu finden unter:http://www.sf.tv/sendungen/einstein/sendung.php?docid=20090521

Fliegen soll ökologischer werden. Das Projekt Solar Impulserund um den Flugpionier Bertrand Piccard wagt dabei denersten Schritt. Zwar ist Solar Impulse nicht das erste Solar-

flugzeug, es ist jedoch das erste, das auch nachts in der Luft blei-ben soll. Und zwar mit Hilfe von Lithiumbatterien, die tagsüberSonnenenergie für die Nacht speichern.

Nicht nur die Flügel mit ihrer integrierten dünnen «Haut» ausSolarzellen, sondern jedes Glied der Antriebskette musste für SolarImpulse optimiert werden. Ein wichtiger Punkt dafür ist das Designdes Flugzeuges und die Materialien, die für den Bau verwendetwerden. Die Empa hat dabei einen wichtigen Beitrag geleistet, in-

dem sie an den Kohlenstofffaserlaminaten und -bauteilen sowieden Bespannfolien die mechanischen und thermischen Eigenschaf-ten experimentell bestimmte. «Das sind wichtige Materialparame-ter für die Bauteilbemessung», so Giovanni Terrasi, Leiter der Ab-teilung «Mechanical Systems Engineering». Ziel war, das Designund die Sicherheit des Flugzeuges zu optimieren, es also leichter,widerstandsfähiger und sicherer zu machen.

Das ist gelungen: Solar Impulse hat eine Flügelspannweitevon 61 Metern – somit nahezu wie der Airbus A-340, wiegt abernur einen Bruchteil davon. Der Roll-Out des ersten Prototypensoll Mitte 2009 stattfinden, gefolgt von den ersten Testflügen. //

Page 8: EmpaNews Juli 2009

Was die machen, ist theoretischeigentlich gar nicht möglich»,lacht Karl-Heinz Ernst von der

Empa-Abteilung «Nanoscale Materials Sci-ence» und meint damit seine Moleküle mitFünffachsymmetrie, die sich auf einer Ober-fläche möglichst dicht anordnen und inzweidimensionale Kristalle «verwandeln».In der Kristallographie ist das ein Ding derUnmöglichkeit – aus dem gleichen Grund,weshalb sich nämlich ein Boden nicht lü-ckenlos mit gleichseitigen fünfeckigen Ka-cheln fliesen lässt. Es sei denn, weitere geo-metrische Formen werden dazu genommenund zu einer Ebene kombiniert.

Zusammen mit Jay Siegel vom In-stitut für organische Chemie derUniversität Zürich unter-suchte Ernst so genannteCorannulen-Moleküle.Diese Moleküle mitfünfzähliger Symme-trie besitzen eine ge-wölbte Form – wie eineSchüssel – und geltenals Fragment von Buck-minster-Fulleren, dem sogenannten Buckyball. Siewerden deshalb auch als «Bu-ckybowls» bezeichnet. Die Kohlen-stoffatome der Corannulen-Moleküle sindin fünf Hexagonen um einen zentralenFünferring angeordnet. Von Corannulenund seinen Derivaten erhoffen sich die For-

08 // Forschung und Entwicklung

Der unmögliche KristallMoleküle mit Fünffachsymmetrie ordnen sich auf einer Oberfläche als zweidimensionaleKristalle an. Einen Ansatz zum Verständnis dieses «unmöglichen» Verhaltens liefertenkürzlich Forscher der Empa und der Universität Zürich, indem sie die komplizierten Prozessedieser Kristallisation mit einem Rastertunnelmikroskop verfolgt haben.

TEXT: Martina Peter

1Nicht nur bei den«Buckybowl»-Molekülenzu finden – auch derQuerschnitt einerOkraschote offenbarteine Fünffachsymmetrie.(Foto: iStock)

2Beispiel einer Anord-nung von Corannulen-Pentamethyl-Derivaten:Die schwarzen Punktezeigen das regelmässigehexagonale Gitter, zudem sich die fünffach-symmetrischen Moleküle«zusammenraufen»,doch ist jedes Molekülunterschiedlich auf denGitterpunkten platziert.(Foto: Empa)

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scher eine wichtige Rolle für die Weiterent-wicklung neuer Materialsysteme, insbeson-dere für die Photovoltaik und Elektronik.

Wenn Moleküle beim Kristallisieren«schummeln»Um zu beobachten, wie Moleküle mit fünf-zähliger Symmetrie sich auf metallenenOberflächen zu zweidimensionalen Kristal-len anordnen, nutzten die Empa-Forscherdas Rastertunnelmikroskop. Sie erwarteten,dass sie entweder eine unregelmässigeStruktur beobachten würden, oder aber,dass die Moleküle eine perfekte Anordnungbildeten, dann jedoch mit einer von der Zahl

fünf abweichenden Kristallgittersym-metrie. In der Tat mogelten die

Moleküle, um eine möglichstdichte Packungsform aufder Oberfläche zu errei-chen und «kippten» vonder Fünffachsymmetrieweg.

«Wir griffen des-halb in einem nächstenExperiment zu Molekü-

len mit sperrigen Seiten-gruppen. Die konnten nicht

einfach umkippen und muss-ten weiterhin der Fünffachsymme-

trie gehorchen», erzählt Ernst. Trotzdembildeten diese Moleküle eine enge Pa-ckung. In ihren zweidimensionalen Kristal-len sind die Moleküle auf einem sechsecki-gen Gitter angeordnet – sie bilden also einesechszählige Symmetrie –, doch im Gegen-satz zu Molekülen mit Sechsfachsymmetrieunterscheiden sich die einzelnen Corannu-len-Moleküle in ihrer Ausrichtung parallelzur Oberfläche. Dieses Resultat, das dieForscher vor kurzem in der Fachzeitschrift«Journal of the Amercian Chemical Socie-ty» veröffentlichten, wurde sowohl vonmathematischen Simulationen als auchaufgrund einfacher mechanischer Model-lierungen mit fünfeckigen Styropor- undAluminiumscheiben auf Luftkissen oderSchütteltischen vorhergesagt. //

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Page 9: EmpaNews Juli 2009

Forschung und Entwicklung // 09

Um chemische Reaktionen zu untersu-chen, die auf Oberflächen stattfinden,versetzte Manfred Parschau im Raster-

tunnelmikroskop (RTM) einzelne Moleküle miteinem Elektronenstrahl hochpräzise inSchwingung. Die angeregten Moleküle began-nen erst zu zappeln, dann zu hüpfen, drehtensich um ihre Achse, konnten aber auch blitz-schnell «invertieren», das heisst in die gegen-sätzliche Spiegelbildform wechseln.

Diese Spiegelbildlichkeit oder Chiralitätfesselte Parschau und seinen Kollegen Karl-Heinz Ernst: In der Natur kommen derartige«Paare», die gleich aussehen und doch ver-schieden sind, und auch mit Drehen undWenden nicht zur Deckung gebracht wer-den können, häufig vor. Paradebeispiele fürChiralität sind Schneckenhäuser und Mine-ralien und – eben auch – Bausteine wichti-ger Biomoleküle wie DNA und Proteine.Diese kommen fast ausschliesslich in einerder beiden Formen vor. Die unterschiedli-chen Spiegelbildformen chiraler Molekülekönnen trotz identischer physikalischerund chemischer Eigenschaften biologischvöllig unterschiedlich wirken. So riechtbeispielsweise der Duftstoff Carvon – ab-hängig von seiner linken oder rechten«Händigkeit» – entweder nach Minzeoder nach Kümmel. Weniger harmlos

wirkte sich in den 1960er-Jahren die Händigkeit des Wirk-stoffs Thalidomid im Schlafmittel Contergan aus: Seine rechtshändige Form brachte denersehnten Schlaf, das linksdrehende Thalidomid führte bei Schwangeren zu schwerenMissbildungen der Ungeborenen.

Die Arbeit von Parschau und Ernst schaffte es in der Angewandten Chemie, Volume48 Issue 22, Ausgabe 18. Mai, aufs innere Titelblatt (siehe Abbildung) und wurde vonNature Nanotechnology (online, 20. Feb. 2009) als «Research Highlight» ausgewählt. //

Die Moleküldreher

TEXT: Martina Peter / FOTOKOMPOSITION: Anton Koster

Page 10: EmpaNews Juli 2009

«Wir können dasEnergieproblem lösen»Die Reserven an fossilen Energieträgern werden knapper. Gleichzeitigsteigt der Energiehunger der Schwellenländer, auch die Industrieländerverbrauchen Jahr für Jahr mehr Energie. Und der CO2-Ausstoss musssinken, um den Klimawandel zumindest zu verlangsamen. Weltweitentstehen Windparks, Solaranlagen und Biomasse-Kraftwerke; sogar dieAtomkraft erlebt eine Renaissance. Das zeigt: Um unser Energieproblemzu lösen, sind verschiedene Ansätze notwendig.

INTERVIEW: Ivo Marusczyk / FOTO: Ruedi Keller

Page 11: EmpaNews Juli 2009

Fokus: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft // 11

An der Empa forscht die Abteilung «Wasserstoff & Energie»an Lösungen für das Energieproblem. Die EmpaNews frag-te Andreas Züttel, Leiter des Empa-Forschungsprogramms

«Materialien für Energietechnologien», warum er fest an Wasser-stoff als Ersatz für fossile Energieträger glaubt, und wann wir end-lich mit Wasserstoffautos herumfahren können.

Herr Züttel, warum setzen Sie auf Wasserstoff?Weil ich fest davon überzeugt bin, dass wir uns nach einem

neuen Energieträger umsehen müssen. Wir haben uns daran ge-wöhnt, Energie einfach von der Tankstelle mitzunehmen. Auch inZukunft wird es diesen Bedarf geben, es ist eine Sache der Be-quemlichkeit. Und wenn wir auf fossile Brennstoffe verzichtenmüssen – sei es, weil die Vorräte zur Neige gehen, sei es, um denKlimawandel zu bremsen –, dann brauchen wir eine Alternative.Wasserstoff wird ganz bestimmt ein wesentlicher Teil davon sein,wenn nicht DER Energieträger schlechthin.

Was macht Sie so sicher?Der Mangel an anderen Möglichkeiten. Es gibt nicht viele Stof-

fe, die als Energieträger in Frage kommen. Und Wasserstoff ist dereinzige, den wir schon heute herstellen können. Wenn wir ihndann noch an Stickstoff oder Kohlenstoff binden, könnten wir so-gar synthetischen Treibstoff herstellen. Das wäre ein riesigerSchritt, um endgültig von fossilen Brennstoffen wegzukommen.

Nicht alle glauben an die Zukunft des Wasserstoffs. DieUS-Regierung hat alle Zuschüsse für die Forschungin diesem Bereich gestrichen, sie setzt auf Elektromobilestatt auf Wasserstoffautos.

Das halte ich für einen fatalen Schritt in die falsche Richtung.Die US-Regierung wird bald merken, dass Elektrofahrzeuge nichtdasselbe bieten können wie Benzinautos. Um ein Auto mit so vielEnergie zu versorgen, wie in Form fossiler Brennstoffe getankt wird,sind riesige Batterien notwendig. Um 70 Liter Diesel zu ersetzen, be-nötigen wir beispielsweise eine Batterie mit einem Gewicht von ei-ner Tonne. Oder ein Flugzeug: Batterien, die so viel Energie spei-chern, wie in 100 Tonnen Kerosin steckt, wiegen rund 4000 Tonnen.Das ist das zehnfache Startgewicht eines Airbus A380.

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Andreas Züttel, Leiter desEmpa-Forschungs-programms «Materialienfür Energietechnologien».

Page 12: EmpaNews Juli 2009

12 // Fokus: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft

Und die Energiedichte von Wasserstoff?Wasserstoff kommt der Energiedichte fossiler Brennstoffe viel

näher. Bei einer Verdoppelung des Tankvolumens kommen wirimmerhin halb so weit wie mit fossilem Sprit.

Aber Wasserstoff lässt sich im Gegensatz zu Diesel oder Ben-zin nicht ohne Weiteres in den Tank füllen. Bei Wasserstoff-autos der ersten Generation diffundierte der Wasserstoffeinfach durch die Tankhülle, der Tank leert sich von selbst.

Das Problem ist inzwischen gelöst. Stationäre Tanks werden ausspeziellem Edelstahl gefertigt, mobile Tanks aus Aluminiumgefäs-sen, die durch einen Kohlenstofffaser-Epoxid-Verbundwerkstoff ver-stärkt werden.

Und die Versprödung des Materials durch den Kontakt mitWasserstoff?

Die Tanks altern im Verlauf der Zeit durch Materialermüdung,das stimmt. Aber es gibt heute schon Tanks, die jahrelang einge-setzt werden können.

Wir müssen Wasserstoff aber immer noch unter sehr hohemDruck lagern oder auf minus 253 Grad kühlen, damit erflüssig bleibt.

Das stimmt, und wir erreichen noch nicht dieselbe Energie-dichte wie bei fossilen Brennstoffen. Aber es gibt viel verspre-chende Ansätze. Sehr intensiv untersuchen wir zurzeit Hydride,spezielle Metallverbindungen, die Wasserstoff wie ein Schwammaufsaugen und wieder abgeben können (siehe Seite 16).

Es gab und gibt etliche Versuchsautos, die mit Wasserstofffahren. In Berlin und Hamburg sind entsprechende Busse un-terwegs, Mazda und BMW zeigen bei vielen Anlässen stolzihre Wasserstoffmodelle.Manche Projekte sind schonwieder eingestampft worden.Wann kommen denn endlichdie Wasserstoffautos für jedeund jeden?

Die Autos kommen dann,wenn die Leute sie auch kaufen.Der Wasserstoffantrieb bietet derIndustrie und dem Verbraucherim Moment noch keinen Vorteilgegenüber Benzin und Diesel. Deshalb wird er nicht akzeptiert. UmWasserstoff zum neuen, nachhaltigen Energieträger zu machen,muss das ganze Wirtschaftssystem umgebaut werden, darin liegtdas Problem. Unsere Wirtschaft und Gesellschaft sind auf die Ver-brennung fossiler Energieträger ausgerichtet. Das wird sich erst än-dern, wenn erneuerbare Energien dem System erhebliche Vorteilebringen. Solange fossile Energieträger verfügbar und halbwegs billigsind, wird sich allerdings kein anderes System durchsetzen. Aber dieZeit arbeitet für die Alternativen, schliesslich stehen uns fossileBrennstoffe nicht unbegrenzt zur Verfügung.

Rein technisch liesse sich also schon heute umsteigen?Fast. Wir sind heute so weit zu zeigen, dass Wasserstoffautos

technisch machbar sind. Serienreif ist die Technik aber noch nicht.Dazu haben die Entwickler noch einige Hürden zu meistern. Bei denPrototypen – zum Beispiel den Bussen in Berlin – wurde nicht preis-gegeben, dass es Spezialfahrzeuge mit speziell ausgebildeten Fah-rern waren. Alltagstauglich sind diese Fahrzeuge noch nicht, daswird gern verschwiegen. Aber keine Sorge. Wir schaffen das.

Auch mit Politikern im Gespräch: Andreas Züttel zusammenmit Bundesrat Moritz Leuenberger (rechts) im Januar 2009am «World Future Energy Summit» in Abu Dhabi (VAE). Links: ETHZ-Präsident Ralph Eichler.

Der Ölpreisschock vom vergangenen Jahr scheint überwunden.Heisst das, alternative Antriebe haben jetzt wieder schlechteKarten?

Nein, der Ölpreis steigt ja schon wieder, und er wird weitersteigen. Dann haben wir die nächste Krise. Es wird nicht mehrfunktionieren, am alten, auf fossilen Treibstoffen basierendenSystem festzuhalten. Wir müssen entweder unsere Bedürfnissezurückschrauben, oder wir setzen auf eine Alternative.

Die Europäer sehen sich gern als Vorreiter in SachenKlimaschutz und erneuerbare Energien. Zu Recht?

Ich halte uns Europäer für sehr naiv. Sie hoffen einfach, dassirgendjemand das Problem für uns löst. Im Vergleich zu den USAhaben wir nur geringe politische Macht, hoffen aber trotzdem,noch Öl zu bekommen, wenn es knapp wird. Gleichzeitig setzenwir auf das falsche Pferd. Ein Grossteil der Forschungsgelder

fliesst in die Hoffnung, irgendwanneinen Fusionsreaktor bauen zukönnen, dabei weiss jeder, dass indiesem Bereich in den nächstenJahrzehnten noch kein Durch-bruch zu erwarten ist. Es machtmir Angst, dass wir in Europa nichtdie Kraft aufbringen, nachhaltigeLösungen für das Energieproblemanzugehen.

Und speziell die Schweiz?Die Schweiz hat sich lange damit gebrüstet, viel Strom aus

Wasserkraft zu gewinnen, also saubere Energie zu nutzen. Das istaber zu wenig, zumal viele Wasserkraftwerke zu einem wesentli-chen Teil als Speicher für Atomstrom dienen. Bei anderen erneu-erbaren Energiequellen sind uns die Nachbarn voraus. Ein Bei-spiel: In Europa gibt es inzwischen ein Netz von Wasserstofftank-stellen, so dass ich von Norddeutschland bis Sizilien durchfahrenkann – nur in der Schweiz klafft noch eine Lücke. Wir sollten heu-te anfangen, so viel erneuerbare Energie wie möglich ins Netz ein-zuspeisen. Deshalb halte ich es für falsch, die Vergütung für ein-gespeisten Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu beschrän-ken.

Das heisst, das Problem wird nicht ernst genommen?Wir können das Energieproblem lösen, davon bin ich über-

zeugt. Aber ich habe Zweifel, ob es gelingt, die Menschen davonzu überzeugen, dass vieles geändert werden muss. Ich fürchte,wir müssen erst eine gravierende Krise durchmachen. //

«Unsere Wirtschaft undGesellschaft sind auf dieVerbrennung fossilerEnergieträger ausgerichtet.»

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Page 13: EmpaNews Juli 2009

H2

H2O H2O

H

OH-

OH-e-

AnodePhotovoltaik

Speichermedium

Nutzung (zum Beispiel Wasserstofffahrzeug)

Elektrizität Sauerstoff (O2)

Herstellung(Elektrolyse)

ElektrolytKOH/H2O

e-

Kathode

O2

O2

H2O

O2H2

Wasser (H

2O)

Was

sers

toff

(H

2)

Was

sers

toff

(H2)

Sau

erst

off

(O

2)

Materials Science & Technology

Testlauf für dieWasserstoff-Gesellschaft Wasserstoff als Energieträger könnte uns aus der Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohlebefreien. Doch im Gegensatz zu fossilem Brennstoff muss Wasserstoff erst produziertwerden – unter Verwendung erneuerbarer Energie. Die Empa will mit gutem Beispielvorangehen: Schon bald könnte sie vorleben, wie ein Wasserstoffkreislauf funktioniert.

TEXT: Ivo Marusczyk / ILLUSTRATION: André Niederer

Die Wasserstoff-Koryphäen derEmpa haben eine ehrgeizige Visi-on: Sie wollen gemeinsam mit Wis-

senschaftlerInnen anderer Disziplinen denTraum eines Wasserstoffkreislaufs auf demEmpa-Gelände verwirklichen.

In wenigen Jahren könnten die Dächerauf dem Empa-Gelände bläulich schim-mern. Bis zu 5500 Quadratmeter Dachflä-che liessen sich für eine grosse Photovol-taikanlage nutzen, also ein knappes Fuss-ballfeld. Der Strom aus den Solarzellen sollein neues, gross angelegtes Elektrolysege-rät speisen, das Wasser in Wasserstoff undSauerstoff spaltet.

Der so gewonnene Wasserstoff müsstereichen, um etwa 20 Autos anzutreiben,genug also für die Empa-Flotte. Statt Abga-se soll nur noch Wasser aus dem Auspuffdampfen. Ausserdem können verschiedeneLabors den so gewonnenen Wasserstoff alsChemikalie in ihren Labors nutzen.

Allerdings ist umstritten, ob Photovol-taikanlagen im wolkenreichen Klima Mit-teleuropas sinnvoll sind. Manche Forscher

denken beim Thema Energieversorgung impost-fossilen Zeitalter an riesige Solarfar-men in der Sahara und anderen Wüstenge-bieten der Erde. Doch der Empa-ForscherAndreas Züttel verweist darauf, dass dieSonneneinstrahlung auf dem Empa-Gelän-de in Dübendorf immerhin halb so gross istwie in der Sahara. «Das lohnt sich auchhier», ist er überzeugt.

Realisierung trotz fehlenderfinanzieller UnterstützungZüttel schätzt die Kosten für das geplanteWasserstoffprojekt auf 1.5 Millionen Fran-ken. Zu seinem grossen Leidwesen hat das

Bundesamt für Energie es abgelehnt, denH2-Kreislauf auf dem Empa-Gelände zu un-terstützen. Das hat das Pilotprojekt zu-rückgeworfen. «Wir müssen den Kreislaufeben nach und nach aufbauen. Es wirdschon klappen», ist Züttel zuversichtlich.

Denn schliesslich betrifft das Pilotpro-jekt gleich mehrere wichtige Forschungs-gebiete der Empa, allen voran die Photo-voltaik und die Mobilitätsforschung. Derohnehin geplante Umbau der Empa-Tank-stelle auf Erdgas bietet die Möglichkeit, dieVoraussetzungen für Wasserstoff-Betan-kungen zu schaffen. Was eine grosse Lückeim europäischen Wasserstoff-Versorgungs-netz schliessen würde. Auch die anderenTeile des Systems sollen im Zuge der For-schungstätigkeit aufgebaut werden, bissich der Kreislauf schliesst. //

Der Wasserstoffkreislauf in der Theorie:Solarenergie ermöglicht die umwelt-freundliche Produktion von Wasserstoffmit Hilfe der Elektrolyse aus Wasser.

Fokus: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft // 13

Page 14: EmpaNews Juli 2009

Wenn Wasserstoffdas Wasser kochtZum Kochen brauchen wir normalerweise Gaskocher oder Elektroherd.Im Rahmen des Projekts «self» kommt dies allerdings nicht in Frage.self ist ein Wohncontainer, der seinen Energiebedarf deckt, indem er diebenötigte Energie selber produziert. Als Küchenhilfe fungiert eineigens dafür entwickelter Kocher, der mit Wasserstoff funktioniert.

TEXT: Simon Berginz / FOTO: Ruedi KellerTEXT: Simon Berginz / FOTO: Empa

Das Ziel ist ein autarkes, das heisst von externerEnergieversorgung unabhängiges Wohnen. ImProjekt self wird sich der Wohncontainer sel-

ber mit der Energie versorgen, die zum Wohnen undLeben notwendig ist. Butangas für einen Gasherd lässtsich indes nicht so einfach herstellen, und die wertvol-len elektrischen Energiereserven der Lithiumionenbat-terien werden unter anderem für Beleuchtung, Laptopund Kühlschrank benötigt.

200 bis 400 Grad Celsius heissUlrich Vogt, Materialwissenschaftler an der Empa, hatdeshalb den Prototyp eines neuen Kochers entwickelt.Die Grundlage bildet ein katalytischer Brenner der FirmaRadiamon. Er besteht aus einem mit katalytisch be-schichteten Fasern ausgelegen Metallgehäuse, bei demunten und an der Seite Gasanschlüsse angebracht sind.«Diese katalytische Beschichtung, Platin, bewirkt, dassder Wasserstoff mit dem Sauerstoff der Luft reagiert undohne zusätzliche Zündquelle zündet», erklärt Vogt. Sowerden Temperaturen zwischen 200 und 400 Grad Cel-sius erreicht, genug für eine darüber angebrachte Kera-mikherdplatte. In der Tat eine besonders umweltver-trägliche Sache, denn nachdem das Menu auf dem Was-serstoffherd zubereitet ist, fällt als Abfallprodukt ledig-lich Wasser an.

Ein altbekanntes PrinzipDen hierzu benötigten Wasserstoff gewinnt self durchdie Elektrolyse von Wasser (H2O), das mit Hilfe vonelektrischer Energie in Wasserstoff und Sauerstoff (H2und O2) gespalten wird. Das Wasser könne zum Beispielder Regen liefern und nachgereinigt werden, so Vogt.Der so gewonnene Wasserstoff wird in den dafür vorge-sehenen Hydriden gespeichert (siehe Artikel auf Seite16/17). Aus diesen Wasserstofftanks kann nun bequemder benötigte Wasserstoff «abgezapft» werden. Die er-zeugte Wärme ist aber nicht nur zum Kochen nützlich.Möglich wäre auch, einen Teil des Wohnraums auf dieseArt zu heizen.

Wasserstoff als gute AlternativeDen Strom erzeugt self mit Hilfe von Photovoltaikzellenauf dem Dach. Doch warum dann nicht gleich einenElektroherd damit betreiben? Die zusätzlich benötig-ten Batterien wären zu schwer für den Wohncontai-ner, dessen Gewicht maximal fünf Tonnen betragendarf, um seine Transportfähigkeit nicht allzu sehr ein-zuschränken. Deshalb soll nun für das Kochsystem dieWärmeerzeugung durch Wasserstoff erfolgen. Dieserwird im Sommer durch den Stromüberschuss produ-ziert und gespeichert, im Winter als Energiequelle fürHeizung und Herd verwendet.

Die Entwicklung dieses neuartigen Küchengerätesscheint die Empa-WissenschaftlerInnen inspiriert zuhaben. Denn bereits wird an einem weiteren mit Was-serstoff betriebenen Modell getüftelt. «Das Konzept füreinen Wasserstoffgrill liegt bereits in der Schublade»,sagt Vogt verheissungsvoll. //

14 // Fokus: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft

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Fokus: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft // 15

Ist sauber,macht sauber

Seit Mitte Mai ist Basel um eine Attraktion reicher: Strassen und Plätze werden vom«Bucher CityCat H2» gereinigt, dem weltweit ersten Kommunalfahrzeug mit Brennstoff-zellenantrieb, das während insgesamt 18 Monaten im Alltagsbetrieb auf Herz undNieren getestet wird. Entwickelt wurde die Kehrmaschine von Forschern der Empa unddes Paul Scherrer Instituts (PSI) in Zusammenarbeit mit mehreren Industriepartnern.

TEXT: Michael Hagmann / FOTO: Juri Weiss

Brennstoffzellen gelten als saubereEnergiequelle für die Mobilität derZukunft; sie wandeln Wasserstoff

direkt in Strom um, mit dem sich beispiels-weise Elektromotoren antreiben lassen.Der grosse Vorteil: Aus dem Auspuff ent-weichen keine Schadstoffe, sondern ledig-lich Wasserdampf, der in der Brennstoff-zelle durch chemische Reaktion des Was-serstoffs mit Sauerstoff entsteht. Beim Ein-satz in sensiblen Bereichen wie Fussgän-gerzonen, Bahnhofshallen oder gar in ge-schlossenen Räumen wie Messehallen re-duziert der Einsatz solcher Fahrzeuge dieLuftbelastung gegenüber konventionellen,meist mit Diesel angetriebenen Fahrzeugenerheblich.

Schrittmacher für dieWasserstofftechnologie«Das Projekt soll nicht allein zeigen, dasseine Kehrmaschine mit Wasserstoff betrie-ben werden kann. Das ist trivial», erklärt

Projektleiter Christian Bach, Leiter derEmpa-Abteilung «Verbrennungsmotoren».«Wir wollen die Brennstoffzellentechnolo-gie vom Labor auf die Strasse – also in diePraxis – überführen.» Ausserdem gehe esdarum, Betriebs- und Alterungsverhaltender neuen Technologie unter «ganz norma-len» Alltagsbedingungen zu testen, zu-nächst in Basel, danach in St. Gallen undweiteren Schweizer Städten. Doch damitnicht genug: Das Projekt namens«hy.muve» (hydrogen-driven municipalvehicle) dient auch als Forschungsplatt-form für sozioökonomische Studien, in de-nen Fragen zur Akzeptanz der Wasserstoff-technologie, deren Markteinführung undWirtschaftlichkeit untersucht werden.

Kommunalfahrzeuge sind aufgrundihres niedriglastigen Fahrprofils für derar-tige Antriebe besonders gut geeignet undkönnen bereits mit einer einzigen Wasser-stofftankstelle – wie nun in der «PilotregionBasel» – sinnvoll eingesetzt werden. «Sie

üben deshalb eine wichtige Türöffnerfunk-tion für die Markteinführung weiterer was-serstoffbetriebener Fahrzeuge aus, zumBeispiel für Stadtbusse», so Bach. BisBrennstoffzellen-PWs den Markt erobern,könne es indes noch 10 bis 15 Jahre dau-ern. «Innovative Technologien wie diesebis zur Marktreife zu entwickeln, ist äus-serst kosten- und zeitintensiv», weiss Bach.

Deutlich geringerer SchadstoffausstossDass der neue Antrieb in der Tat hält, waser verspricht, ergaben Computersimulatio-nen der Empa; demnach verbraucht derBrennstoffzellenantrieb lediglich halb soviel Energie wie ein herkömmlicher Diesel-antrieb. Damit lassen sich die CO2-Emissio-nen selbst bei konventioneller Wasserstoff-produktion aus Erdgas um rund 40 Prozentsenken. Am hy.muve-Projekt sind nebender Empa und dem PSI die Firmen BucherSchörling, Proton Motor, BRUSA Elektro-nik AG und Messer Schweiz beteiligt. //

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16 // Fokus: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft

Vergleich zwischen unter-schiedlichen Speicher-methoden: Für 4 KilogrammWasserstoff, was ungefähr24 Litern Benzin entspricht,benötigen so genannteMetallhydride (Mg2FeH6 undLaNi5H6 als Beispiele)viel weniger Platz als gängigeGasflaschen und erreichennahezu die Dichte von Benzin.(Illustration: Empa)

Komplexe H2-Speicher:Hydride im TankTrotz seiner vielen Vorzüge bereitet die Speicherung von Wasserstoff nachwie vor Kopfzerbrechen. Metallhydride – Metalle, die sich wie einSchwamm mit Wasserstoff vollsaugen – sind eine attraktive Alternative zuDruckgas und Flüssigwasserstoff. Empa-Forschern ist ein Durchbruchbei der Herstellung neuer Hydride mit hoher Speicherkapazität gelungen.

TEXT: Ivo Marusczyk

Mit Wasserstoff wird ein Traumwahr: Aus dem Auspuff kommt nurWasserdampf. In vielen Städten

Europas waren schon Wasserstoffautos und -busse zu sehen, und in der Schweiz wischtseit Mai 2009 die erste wasserstoffbetriebeneKehrmaschine Strassen (siehe Seite 15).

«Egal, aus welchen Quellen wir in Zu-kunft unseren Energiebedarf decken: Für Au-tos brauchen wir auf jeden Fall einen Energie-träger. Und Wasserstoff ist der einzige, der re-lativ gut und effizient genutzt werden kann»,sagt Andreas Borgschulte von der Empa-Ab-teilung «Wasserstoff & Energie».

Doch bis Diesel und Benzin auf unse-ren Strassen dem Wasserstoff weichen,sind noch grosse Aufgaben zu meistern.Trotz aller Erfolge ist die Speicherung desgasförmigen Treibstoffs noch immer eineKnacknuss: Als Tank dienen entweder Gas-flaschen mit 800 bar Druck. Oder die Fahr-zeuge tanken flüssigen Wasserstoff – derallerdings aufwändig und teuer auf unter -253 Grad Celsius gekühlt werden muss.

Eine dritte Möglichkeit, die durchauseleganter wäre: Schon seit dem 19. Jahr-hundert ist bekannt, dass bestimmte Metal-

le grosse Mengen an Wasserstoff aufsau-gen wie ein Schwamm, ihn aber auch wie-der abgeben können. Und das bei Umge-bungsdruck und -temperatur.

Bislang zu schwer und zu teuerDie Idee scheiterte bislang an zwei Proble-men. Geeignete Metalllegierungen wieLaNi5 sind viel zu schwer und ausserdemzu teuer, um sie als Wasserstoffspeicher inFahrzeugen einzusetzen. Deswegen su-chen Wissenschaftler nach leichten Metal-len, die in ausreichender Menge zur Verfü-gung stehen und sich als «Wasserstoffspei-cher» eignen. Einer der heissesten Kandi-daten ist Lithiumborhydrid LiBH4, einkomplexes Hydrid, das aus Lithium, Borund Wasserstoff besteht. Es hat den Vor-teil, dass es über eine besonders grosse gra-vimetrische Wasserstoffspeicherkapazitätverfügt, es kann also besonders viel Was-serstoff binden.

Bislang liess sich dieses Hydrid aller-dings nur mit Hilfe teurer und giftiger Lö-sungsmittel synthetisieren. Mit einer neu-en Methode, LiBH4 herzustellen, ist Empa-Forschern ein grosser Schritt auf dem Weg

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110l57l33l26l

Mg2FeH6

Hydride

in Metallen gebunden flüssig gasförmig

LaNi5H6 gekühltbei -253°C

komprimiertbei 200bar

Fokus: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft // 17

zum Feststoff-Wasserstoffspeicher gelun-gen. Als erstes waren sie erfolgreich, LiBH4aus den Elementen, also direkt aus Lithi-um, Bor und Wasserstoff bei 150 bar zusynthetisieren. Bei Verwenden von Borhy-driden als Ausgangsmaterial gelang diessogar bei Normaldruck und moderaten 120Grad Celsius. «Damit widerlegen wir ganznebenbei die Lehrmeinung, nach der Borund Wasserstoff nur in flüssigen Medienoder bei extrem hohen Temperaturen mit-einander chemisch reagieren», sagt Empa-Forscher Oliver Friedrichs.

Noch ist das Ziel, die Reaktion unterUmgebungsbedingungen vonstatten gehenzu lassen, nicht ganz erreicht. Die Wissen-schaftler suchen derzeit einen Katalysator,der die Bildung von LiBH4 beschleunigt.Zudem wollen sie ergründen, ob sich dieSynthesemethode auch für andere komple-xe Hydride eignet. Der Erfolg hat die Wis-senschaftler beflügelt. «Das ist auf jedenFall ein viel versprechender Durchbruch»,sagt Borgschulte. «Wir sind dem Hydrid-speicher einen entscheidenden Schritt nä-her gekommen.» //

Das Kraftwerk im Hause

Verschiedene Wege führen bekanntlich nach Rom.Neben Wasserstoff gibt es noch andere regenerativeEnergieträger, etwa Holz- oder Biogas, die sich zurStromproduktion nutzen lassen. «Diese Energieträgersind – im Gegensatz zu Wasserstoff – verfügbar undrelativ einfach zu transportieren», meint Peter Holtap-pels von der Abteilung «Hochleistungskeramik». Diedarin gespeicherte chemische Energie lässt sich in ke-ramischen Brennstoffzellen (SOFCs, engl. Solid OxidFuel Cells) effizient in elektrische umwandeln, etwazur Energieversorgung von Gebäuden.

SOFCs bestehen – im Gegensatz zu «herkömmli-chen» Brennstoffzellen – aus mehreren gestapeltenkeramischen Platten; dabei fungieren die beiden äus-seren Platten als Elektroden, an denen die chemischeReaktion – die «Verbrennung» des Brennstoffs und dieReduktion des Luftsauerstoffs – räumlich getrennt ab-läuft. SOFCs wandeln die dabei frei werdende Energiein elektrischen Strom um; zudem wird Wärme frei, dieetwa für den Warmwasserbedarf genutzt werdenkann. Allerdings ist die Betriebstemperatur der SOFCsmit 700 bis 850 Grad Celsius zurzeit noch recht hoch,was dazu führt, dass die Herstellung teurer wird, dazum Beispiel eine aufwändige Isolation nötig ist.

Holtappels und seine Kollegen arbeiten daran, dieEffizienz der SOFCs zu steigern. «Wir forschen an neu-en Materialien, mit denen sich die Betriebstemperaturauf 600 Grad Celsius senken lässt, und die gleichzeitigeine höhere Leistung ermöglichen sollen», erklärt Holtappels. Es existieren bereits kleine Demo-Kraft-werke in Bürogebäuden und Krankenhäusern, dieaber regelmässig überwacht werden müssen. Verlau-fen die geplanten Optimierungen der Empa-Forschererfolgreich, könnten in Zukunft möglicherweiseWohnhäuser dank eingebauten SOFCs über ein «eige-nes Kraftwerk» verfügen.

Foto: iStock

Foto: Empa

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18 // Fokus: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft

Natürlich künstlichLetztes Jahr wurden weltweit fast 14 Milliarden Liter Erdöl verbraucht, Tendenz steigend.Der Ruf nach erneuerbaren Energieträgern wird daher immer lauter und animiertForschung und Wissenschaft, neue Ideen zu entwickeln. So etwa in einem derzeit geplantennationalen Forschungsprogramm, in dem die Empa künstliches Erdöl herstellen will.

TEXT: Simon Berginz / FOTOS: Ruedi Keller; Beck Energy GmbH

Our ignorance is not so vast, as our failure to use what weknow», sagte einst Marion King Hubbert, ein amerikani-scher Geologe und Geophysiker. Hubbert war es auch, der

schon 1956 die Ölkrise von 1973 voraussagte. «Die Hälfte aller fos-silen Energieträger ist bald verbraucht, und der Energieverbrauchnimmt weiterhin rapide zu», sagt der Empa-Wissenschaftler AndreasZüttel. Doch anstatt Unruhe verbreiten will Züttel einen künstlichen,erdölähnlichen Kohlenwasserstoff herstellen. Dazu hat er zusam-men mit Heinz Berke von der Universität Zürich einen Vorschlag fürein neues Nationales Forschungsprogramm (NFP) eingereicht. ImNFP «Nichtbiogene erneuerbare Energieträger» sollen ForscherIn-nen aus zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen wie Physik,Chemie, Maschinenbau, Energietechnik, Materialwissenschaftenzusammenarbeiten, um diese Idee in die Tat umzusetzen.

«Kunst-Öl» effektiver als BiomasseDas Konzept ist relativ einfach: Mit Hilfe von Sonnenschein als natür-licher Energielieferant wird Wasser (H2O) in Sauerstoff (O2) und Was-serstoff (H2) gespaltet. Das Sonnenlicht wird zum Beispiel via Photo-voltaikzellen in elektrische Energie umgewandelt, die mit Hilfe derElektrolyse Wasserstoff produziert. Dieser kann dann mit Kohlenstoff-dioxid (CO2) aus der Luft zu einer Kohlenwasserstoffverbindung rea-gieren, gemäss Vision ein möglicher zukünftiger Brenn- und Treibstoff.

Indes gestaltet sich das Einfangen des CO2 aus der Atmosphä-re eher kompliziert. Eines der zentralen Ziele des geplanten NFPist daher, mit geeigneten Materialien, die Kohlenstoffdioxid absor-bieren können, eine praktikable Lösung zu entwickeln.

Andere erneuerbare Energieträger wie Biomasse hält Züttel fürweniger geeignet, unsere künftige Energieversorgung nachhaltig zusichern. Ein konkretes Beispiel veranschaulicht dies: Würden auf ei-ner Fläche eines Fussballfelds Rohstoffe wie Mais oder Raps für Bio-masse angepflanzt (aus der dann Biodiesel hergestellt wird), könn-ten damit fünf Autos ein Jahr lang betrieben werden. Wenn aber aufder gleich grossen Fläche Photovoltaikzellen aufgestellt würden, umdamit künstlichen Kohlenwasserstoff herzustellen, könnten 150 Au-tos für ein Jahr mit «Most» versorgt werden.

Entscheidung fällt Ende Jahr«Aber dafür muss jetzt auf Teufel komm raus geforscht werden», soZüttel. Denn so einfach die Idee, so anspruchsvoll sei es, diese in dieTat umzusetzen – und daher entsprechend reizvoll für den Empa-For-scher. Eine erste Hürde hat die Idee bereits genommen: 7 von 57 ein-gegangenen Projektskizzen – darunter der Antrag von Züttel und Berke– wurden vor kurzem vom Staatsekretariat für Bildung und Forschungan den Schweizerischen Nationalfonds weitergeleitet. Aufgrund des-sen wissenschaftlicher Prüfung wird der Bundesrat Ende 2009/Anfang2010 entscheiden, welche Themen sich für ein NFP eignen.

Mit der Umsetzung des Projekts liesse sich nicht nur das Pro-blem des baldigen Ölmangels lösen. Die mit dem künstlichen Erd-öl angelegten Energiespeicher würden gleichzeitig den CO2-Gehaltder Luft senken. Denn die vermehrte Ölproduktion bindet mehrCO2 aus der Luft, als dessen Verbrennung ausstösst. Daraus ergä-be sich zudem eine Win-win-Situation: weniger Treibhausgaseund erst noch volle Ölspeicher. //

Solarkollektoren statt Raps-pflanzen: Sonnenenergieproduziert Wasserstoff,der zusammen mit CO2aus der Luft zu einemkünstlichen Treibstoff fürAutos weiterverarbeitetwerden soll. Dies istwesentlich effizienter alsder Anbau von Raps fürBiotreibstoffe.

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Wissens- und Technologietransfer // 19

Mit Spannung überbrücktDie «Pfeilbogenbrücke», die Besucher ins DübendorferVerwaltungsgebäude der Empa führt, wurde am26. Mai beim Wettbewerb «Holzpreis Schweiz 2009» alseine von 40 Holzkonstruktionen ausgezeichnet.

TEXT: Simon Berginz / FOTOS: Empa

Urs Meier, der frühere Direktor derEmpa Dübendorf, tüftelte schon inden 1990er-Jahren an Brückenkon-

zepten mit neuartigen Materialien. 1996sollte eine spektakuläre Fussgängerbrückeauf dem Gelände der Olympischen Spielevon Atlanta entstehen. Doch den US-Ver-antwortlichen fehlte das Vertrauen in dievon Meier propagierten neuen Werkstoffe.Meiers Brücke sollte ausschliesslich ausHolz und Kunststoff bestehen und ohnegängige Baumaterialien wie Beton und Me-tall auskommen. Auch die Idee, beim Zür-cher Escher-Wyss-Platz eine solche «Pfeil-bogenbrücke», die mit Kunststoffbändernwie ein Pfeilbogen gespannt wird, über dieLimmat zu errichten, scheiterte. Vom Flussmitgeführtes Treibholz hätte den sensiblenUnterbau der Brücke gefährden können.

Geduld hat sich ausgezahltIm Jahr 2007 gab es dann doch noch einHappy End. Im Rahmen der Renovationdes Empa-Verwaltungsgebäudes in Düben-dorf wurde – endlich – eine echte, zwölfMeter lange «Pfeilbogenbrücke» Tatsache.Auf die Jury des Wettbewerbs «HolzpreisSchweiz» machte die einzigartige Brücken-konstruktion einen derart grossen Ein-druck, dass sie diese am 26. Mai mit der«Anerkennung Region Nord» auszeichnete.«Den Bau der Brücke habe ich zuerst als

Trostpreis betrachtet, doch nun hat sie so-gar noch einen richtigen Preis gewonnen»,freut sich Urs Meier.

Über dem tragenden Brückendeck ausBrettschichtholz liegt eine Platte aus glas-faserverstärktem Kunststoff (GFK). MitBändern aus kohlenstofffaserverstärktemKunststoff (CFK) wird die Brücke wie einPfeilbogen gespannt und schlägt einen ele-ganten Bogen über den darunter liegendenTeich. Die Werkstoffkombination aus Holzund Kunststoff ergibt optimale Synergien:Das Holz gewinnt so nicht nur an Steifig-keit, die CFK-Zugbänder korrodieren auchnicht und haben eine ausgezeichnete Fes-tigkeit auf Zugbeanspruchung.

Fortsetzung folgt – in grossem MassstabGemäss Meier hätten sich bereits Interessen-ten gemeldet, die die Brücke nachbauen wol-len. Bis zu einer Länge von 100 Meter wäredies wahrscheinlich möglich. Deshalb wirddie Brücke messtechnisch überwacht, ummehr über ihr Langzeit- und dynamischesVerhalten in Erfahrung zu bringen.

Die «Pfeilbogenbrücke» der Empa stehtaber nicht nur als (nun preisgekrönte) Bau-konstruktion vor dem Verwaltungsgebäu-de in Dübendorf. Sie steht als Sinnbild da-für, was die Empa täglich anstrebt: eineBrückenbauerin zu sein zwischen For-schung und praktischer Umsetzung. //

1Bänder aus kohlenstofffaser-verstärktem Kunststoffsorgen für Spannung undkorrodieren nicht.

2Die Brücke schlägt eineneleganten Bogen über dendarunter liegenden Teich.

3Gesamtansicht: Die preis-gekrönte «Pfeilbogenbrücke»vor dem Empa-Gebäude.

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20 // Wissens- und Technologietransfer

Hightech-Tuning fürKraftmikroskope

Eine innovative Technologie, ein gutes Netzwerk und eine geschicktePersonalentwicklung sind die «Ingredienzien» für einen erfolgreichenTechnologietransfer. Das gilt auch für das an der Empa entworfeneund von der Firma NanoScan weiterentwickelte Instrument, dasphysikalische Eigenschaften von Materialien auf Nanometermassstabhochpräzise auslotet.

TEXT: Martina Peter / FOTOS: Ruedi Keller; Empa

Mit dem neuen Instrument können wir verschiedene Eigen-schaften wie Topografie, magnetische und elektrische Feldersowie die Piezoresponse von Materialien zuverlässig lokal

messen», erklärt Hans Josef Hug, Leiter der Empa-Abteilung «Nano-scale Materials Science» und Gründer der Firma NanoScan AG, einSpin-off seiner damaligen Arbeitsgruppe an der Universität Basel.

Ein ergiebiges mögliches Einsatzgebiet sieht Hug bei der Ent-wicklung künftiger magnetischer Festplattenspeicher. «Dafürmüssen auf der Oberfläche des Speichermediums mit höchsterPräzision winzige magnetische Inseln mit einem Durchmesser von10 bis 20 Nanometer hergestellt und während des Speicherprozes-ses in einem sehr schmalen Magnetfeldbereich ummagnetisiertwerden können.» Um die Qualität solcher Speichermedien zu ana-lysieren, eignet sich das neue Hochleistungsinstrument namensPPMS-AFM, das ein Rasterkraftmikroskop (AFM, Atomic ForceMicroscope) mit einem Gerät für die Messung makroskopischerphysikalischer Eigenschaften – ein so genanntes PPMS (PhysicalProperties Measurement System) – vereint.

An der Empa hat Hug in den vergangenen Jahren zusammenmit dem Maschinenbau-Ingenieur Sasa Vranjkovic und den Phy-sikerInnen Raphaëlle Dianoux und Quang Thai ein innovatives

Ultrahochvakuum-Tieftemperatur-Rasterkraftmikroskop entwi-ckelt, mit dem sich kleinste Kräfte in zwei Dimensionen messenlassen. Es kann beispielsweise ermitteln, wie steif Moleküle sind,oder welche Kräfte aufgewendet werden müssen, um Atome undMoleküle auf einer Oberfläche zu verschieben.

Von der Empa via NanoScan auf den Markt In einem zweiten Schritt entwickelten Hug und Vranjkovic ausdem Gerät aber auch ein miniaturisiertes Rasterkraftmikroskop-Modul für das weit verbreitete PPMS der US-Firma «Quantum De-sign». PPMS-Geräte werden weltweit in Forschungslabors einge-setzt, um verschiedenste physikalische Eigenschaften einer Probebei Temperaturen zwischen 2 und 400 Kelvin und in Magnetfel-dern bis zu 16 Tesla zu messen.

«Die Nachfrage nach unserem Mini-AFM ist enorm; deshalb ha-ben wir die Weiterentwicklung und Vermarktung des PPMS-AFM anNanoScan übertragen», so Hug. «Dort ist die Empa-Technologie dankzwei äusserst erfahrenen Physikern in guten Händen.» Erst vor kur-zem ist NanoScan eine strategische Partnerschaft mit der Firma ION-TOF eingegangen, einem Industriepartner aus derzeit laufenden EU-Projekten, der Instrumente zur Oberflächenanalyse herstellt.

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Wissens- und Technologietransfer // 21

1Empa-Forscher Hans Josef Hug und Raphaëlle Dianoux vonder Firma Nanoscan mit ihrem Produkt, einem PPMS-AFM,das ein Rasterkraftmikroskop mit einem Gerät für die Messungmakroskopischer physikalischer Eigenschaften vereint.

2Künftige Speichermedien könnten aus kleinsten magnetischenInseln mit 10 bis 20 Nanometer Durchmesser aufgebaut sein(blaue bzw. rote Punkte, je nach magnetischer «Polung»der Inseln). Die von den NanoScan-Physikern Guido Tarrachund Tim Ashworth aufgenommenen PPMS-AFM-Bilder zeigen,wie sich diese Inseln mit zunehmender magnetischerFeldstärke umpolen lassen – allerdings noch über einen relativgrossen Bereich: Bei einem Magnetfeld von 550mT schalteteine erste Insel ihre Magnetisierung um (o.l.); bei 750mThat noch immer eine Mehrheit der Inseln die ursprünglichePolung (o.r.), bei 950mT hat die Mehrheit der Inselngeschaltet, doch selbst bei 1150mT sind noch nicht alle Inselnumgepolt (u.r.; Probe von Seagate, USA).

In Raphaëlle Dianoux fand Hug dann auch gleich eine kom-petente Mitarbeiterin, die nicht nur das notwendige technischeKnow-how mitbrachte, sondern auch bereit war, bei NanoScandie Aufgaben eines CEO zu übernehmen. Hug, nebenbei auch Ver-waltungsratspräsident von NanoScan, war sich sicher: Mit der nö-tigen Unterstützung durch den Verwaltungsrat gelingt seiner ehe-maligen Postdoc-Mitarbeiterin der Sprung ins kalte Wasser derBusinesswelt und des Managements. «Das war eine echte Heraus-forderung und gleichzeitig eine grosse Chance für die beruflicheWeiterentwicklung», sagt Dianoux.

Hugs Entscheid zahlt sich aus: Schon nach wenigen Monatenkonnte NanoScan ein PPMS-AFM an eine spanische Universität ver-kaufen. Und nach erfolgreich verlaufenden Testmessungen hat nunauch eine grosse US-amerikanische IT-Firma ein NanoScan-Gerät inihre Budgetplanung aufgenommen. Weitere Interessierte haben sichbereits gemeldet, so etwa eine chinesische Universität. //

Wie funktioniertein PPMS-AFM?

Wie in jedem Rasterkraftmikroskop wird auch beimPPMS-AFM die Probe relativ zur Spitze gerastert; die Spit-ze «tastet» die gesamte Oberfläche also gewissermassenab. Die dabei zwischen der in einen winzigen Federbal-ken (Cantilever) integrierten Spitze und der Probe auftre-tenden Kräfte führen zu einer Auslenkung des Cantileversoder – je nach Betriebsart – zu einer Änderung seinerSchwingungsfrequenz. Die Auslenkung des Cantileverswird dann durch ein hochempfindliches fiberoptischesInterferometer mit subatomarer Präzision gemessen. Be-stimmt durch die physikalische Natur der herrschendenKräfte, können unterschiedlichste Eigenschaften der Pro-be lokal gemessen und abgebildet werden.

200nmB = 950mT 200nmB = 1150mT

200nmB = 550mT 200nmB = 750mT

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22 // Wissens- und Technologietransfer

Silbersocken im Waschgang Viele Sportler setzen auf versilberte Fussbekleidung gegen Schweissfüsse.Doch beim Waschen verhalten sich die Funktionssocken anders als erwartet.

TEXT: Ivo Marusczyk / FOTO: iStock (bearbeitet)

Silbertextilien liegen im Trend: Silberbeschichtete Fäden imGewebe oder gar Silber-Nanopartikel in den Fasern sollenBakterien und Pilzen den Garaus machen und somit

Schweissfüssen und anderem Ungemach entgegenwirken.Weitgehend unbekannt ist allerdings, was mit dem Edel-metall passiert, wenn die Kleidungsstücke nach demSport in der Maschine gewaschen werden.

Luca Geranio hat sich im Rahmen einer ge-meinsamen Masterarbeit der Empa-Abteilungen«Technology and Society» und «Advanced Fi-bers» unter der Leitung von Bernd Nowack undManfred Heuberger dieser Frage angenommen: Eruntersuchte, ob und in welcher Form Silber aus den ent-sprechenden Textilien freigesetzt wird.

Ergebnis: Wie viel Silber sich letztlich in der Waschlauge fin-det, hängt in erster Linie vom Herstellungsprozess der Textilienab. Es gibt Produkte, in denen silberbeschichtete Fäden zum Ein-satz kommen. Andere Textilien bestehen aus Fasern, die Silber-Nanopartikel enthalten. Diese enthalten weniger Edelmetall, ge-ben also auch weniger ab. Dabei kann das Silber als gelöste Io-nen, in Form von Nanopartikeln oder als grössere Teilchen,etwa in Faserbruchstücken, freigesetzt werden. Grössere Silber-

mengen lösen sich vor allem beim erstenWaschen heraus, bei weiteren Wäschen

nimmt die Menge deutlich ab.Andere Erkenntnisse hingegen überraschten

die Forscher: Der Waschlauge zugesetzte Bleich-mittel setzten nicht mehr Silber aus den Fasern freials mildere Waschmittel; demnach ist beim Waschenkeine besondere Vorsicht walten zu lassen. Dies ob-wohl Bleichmittel alleine, also ohne Waschlauge, Sil-ber-Nanopartikel äusserst schnell auflösen können.

Noch mehr erstaunte die Wissenschaftler jedochein anderes Resultat: In der Waschlauge von Sockenmit Nano-Silberpartikeln fand sich nur sehr wenigdieses Metalls in gelöster Form, sondern vor allem

in Form grösserer Teilchen – genauso wie bei Socken aus silber-beschichteten Fasern. Der Anteil freier Nanopartikel war dagegengering. Überraschenderweise setzen also «Nano»-Socken das ent-haltene Silber nicht in erster Linie in Nano-Form frei.

Diese Erkenntnis sei wichtig, wenn es um das weitere Verhal-ten und die Effekte des freigesetzten Silbers etwa in Kläranlagenund der Umwelt geht, so der Umweltwissenschaftler Bernd No-wack (siehe EmpaNews Nummer 25). //

«Wie können wir weiterwachsen, ob-wohl unser Planet nicht wächst?» Die-se Frage steht im Mittelpunkt desWorld Resources Forum (WRF), dassich am 16. September 2009 zum ers-ten Mal in Davos zu einer Vollver-sammlung trifft. Eine Frage, die kaumaktueller sein könnte. Schliesslichführt die Wirtschaftskrise deutlich vorAugen, dass ein allein auf Wachstumbauendes Wirtschaften nicht auf Dau-er funktioniert.

Vor diesem Hintergrund forderndie Initiatoren des WRF ein Umden-

ken in Industrie und Politik: Wissen-schaftlerInnen aus der Schweiz,Deutschland, Frankreich, Japan undChina haben sich zusammengetan,um einen bewussteren und nachhalti-geren Umgang mit den begrenztenRessourcen dieses Planeten einzufor-dern.

«Wir werden in Zukunft nochmehr Nutzen aus noch weniger natür-lichen Ressourcen ziehen müssen», soumschreibt Lorenz Hilty, Leiter derEmpa-Abteilung «Technologie undGesellschaft» und einer der Haupt-Ini-

tiatoren des WRF die zentrale Bot-schaft. Der Umgang mit den Ressour-cen der Erde – wie zum Beispiel mitknappen Metallen für Hightech-Pro-dukte, mit Land für Siedlungs- undAgrarflächen oder mit Wasser – müsseüberdacht werden. Ziel ist ganz klareine massiv verbesserte Ressourcen-produktivität. Das WRF will realisti-sche Handlungsalternativen darlegenund einen offenen Diskurs zum «nach-haltiger Umgang mit Ressourcen» inPolitik, Industrie, Wissenschaft undder ganzen Gesellschaft anstossen.

Mehr Effizienz bitte!

Page 23: EmpaNews Juli 2009

Wissenschaft im Dialog // 23

Nano? Aber sicher.Nach 20 Jahren Forschung und Entwicklung haben zahlreiche NanoprodukteEinzug in unseren Alltag gehalten. Doch wie sich die Produkte während ihrergesamten Lebensdauer – von der Entstehung über den Gebrauch bis zurEntsorgung – auf Umwelt und Gesundheit auswirken, ist noch nicht ausreichenderforscht. Das EU-Projekt «NanoImpactNet» bietet Wissenschaftlern undEntscheidungsträgern eine Plattform, auf der sie ihr Wissen austauschen können.

TEXT: Martina Peter / FOTO: iStock

Das unabhängige US-amerikanische«Woodrow Wilson InternationalCenter for Scholars» verzeichnet in

seiner Datenbank1 mehr als 800 Nano-All-tagsprodukte, die weltweit auf dem Marktsind. Auch Schweizer Produkte sind darinaufgeführt: Zahnpasta mit Aufhelleffekt;eine Emulsion, die besonders tief in dieHaut einzuwirken verspricht; ein Koffermit Wasser abweisender Hülle. Sie verdan-ken ihre besonderen Eigenschaften der Na-notechnologie.

«Wir alle kennen die vielen verheis-sungsvollen Eigenschaften von Nanopro-dukten», sagt UmweltwissenschaftlerBernd Nowack von der Empa-Abteilung«Technologie und Gesellschaft». «Doch wiesich diese Produkte auf die Umwelt auswir-ken, wissen wir nicht. Und auch nicht, obund wie sie unsere Gesundheit beinträchti-gen können.» Die Forschung zu toxikologi-schen Aspekten hat in den letzten Jahrenstark zugenommen; auch an der Empa er-forschen Nowacks Kollegen Harald Krugund Peter Wick die Wechselwirkungenzwischen Nanopartikeln und Zellen bezie-hungsweise Gewebeproben. Doch nochimmer ist unklar, welche Eigenschaften be-stimmter Nanoteilchen beispielsweise da-für verantwortlich sind, dass diese die Zell-membranen mehr oder weniger ungehin-dert durchqueren können.

Lebenszyklen für Nanoprodukteunter der Lupe«Nicht in jeder Lebensphase hat ein be-stimmtes Nanoprodukt die gleichen Um-weltauswirkungen», erklärt Nowack. Si-cherheit wird allerdings nicht erst ein The-ma, wenn das Produkt im Industriemass-stab produziert wird und in Umlaufkommt. Bereits bei seiner Entwicklung imLabor können die winzigen Bestandteiletheoretisch negative Folgen für die damit

hantierenden Forscher haben. Das gleichegilt für die industrielle Herstellung undVerarbeitung von Nanomaterialien. Undwie schaut es aus, wenn Produkte dann inden Handel kommen und im Gebrauchsind? Was passiert bei deren Entsorgungauf der Müllhalde oder als Sondermüll, beider Verbrennung oder dem Recycling?

Nowack und seine Kollegin ClaudiaSom nehmen die Lebenszyklen verschiede-ner Nanoprodukte genauer unter die Lupe.«Wir nutzen Lebenszyklusanalyse-Metho-den, um zu verstehen, wo während Herstel-lung, Gebrauch und Entsorgung der Nano-produkte kritische Situationen entstehenkönnen, der Einsatz von Nanoteilchen aberauch eine Chance bietet», sagt Som. Mit Hilfevon Computermodellierungen bewerten sie,welche Auswirkungen Nanomaterialien inder Umwelt haben können. Zudem werdenauch Experimente zur unbeabsichtigtenFreisetzung der Nanoteilchen aus Nanopro-dukten durchgeführt. «Mit unserem Beitraghelfen wir der Industrie, nachhaltige undbessere Nanoprodukte zu entwickeln», fasstSom ihre Arbeit zusammen.

Dieses Wissen zum Verhalten von Na-nomaterialien in der Umwelt will BerndNowack Forschungskreisen und Entschei-dungsträgern auch über das europäischeNetzwerk «NanoImpactNet»2 zugänglichmachen; Nowack ist Co-Leiter eines dersechs «Work Packages». Das im Rahmendes 7. EU-Forschungsrahmenprogramms

finanzierte Projekt gibt WissenschaftlerIn-nen, Behördenmitglieder und Industriever-treter Gelegenheit, sich über mögliche Aus-wirkungen von Nanomaterialien auf Ge-sundheit und Umwelt auszutauschen. Zielist, Wege zu finden, um Nanomaterialienohne Risiken und verantwortungsvoll wei-terzuentwickeln. Regulatorische Massnah-men sollen gemeinsam definiert und in derEuropäischen Rechtsschreibung verankertwerden.

Informationen für allezugänglich machenMichael Riediker, NanoImpactNet-Koordi-nator und Chef der Gruppe «Partikel undGesundheit» am Institut für Arbeit und Ge-sundheit (IST) in Lausanne, betont denWert einer umsichtigen Kommunikation:«Alle, die sich informieren wollen, sollendie für sie wesentlichen Informationenauch bekommen.» Da für die Industrie der-artige Informationen aber oft sehr sensibelseien und Daten, die in falsche Hände fie-len, teure Ausfälle zur Folge haben kön-nen, müsse der Kommunikation zwischenIndustrie und Wissenschaft ganz besonde-re Aufmerksamkeit geschenkt werden. EinNetzwerk wie NanoImpactNet soll den da-für nötigen Vertrauensrahmen schaffen, soRiediker. //

1Datenbank für Nano-Alltagsprodukte des«Woodrow Wilson International Center for Scholars»:http://www.nanotechproject.org/inventories/consumer

2NanoImpactNet: European Network on the Healthand Environmental Impact of Nanomaterials:www.nanoimpactnet.eu

Page 24: EmpaNews Juli 2009

Veranstaltungen22. bis 24. Juli 2009SHMII-4 2009 The 4th International Conference on StructuralHealth Monitoring of Intelligent InfrastructureETH, Zürich

31. August 2009Was kommt nach dem Öl? WissenschaftsapéroEmpa, Dübendorf

14. bis 16. September 2009 R’09 Twin World Congress undWorld Resources Forum (WRF)Kongresszentrum Davos undNagoya University, Japan

25. September 2009Nacht der ForschungForschung zum Anfassen – am und aufdem Zürichsee, zwischen Bellevue und Zürichhorn

26. Oktober 2009Fachtagung Nano und UmweltFür Hersteller und Vertreiber von «Nanoprodukten»Empa, Dübendorf

4. und 5. November 2009Bionik-WorkshopFür Ingenieurinnen und EntwicklungsleiterEmpa, Dübendorf

Details und weitere Veranstaltungen unterwww.empa-akademie.ch

Ihr Zugang zur Empa:

Die Führung durch die

Empa-Labors erlaubte

mir zu verstehen, welch

wichtigen Beitrag die

Empa zur Entwicklung

neuer Technologien

leistet, und was für eine

wertvolle Brücke sie

zwischen Wissenschaft

und Wirtschaft darstellt.

Jarosław StarzykPolnischer Botschafter in der Schweiz

Meinung

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