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Herausgeber: Erzbistum Köln Hauptabteilung Bildung und Medien Marzellenstr. 32, 50668 Köln Autor: Dr. Ulrich Papenkort Verantwortlich: Kurt Koddenberg Hauptabteilung Bildung und Medien im Erzbistum Köln, September 2002

Erzbistum Köln - Hauptabteilung Bildung und Medien … · 2018. 6. 14. · Fitonics (for life) ..... 60 Die fünf Tibeter

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Herausgeber: Erzbistum Köln

Hauptabteilung Bildung und Medien Marzellenstr. 32, 50668 Köln

Autor: Dr. Ulrich Papenkort Verantwortlich: Kurt Koddenberg Hauptabteilung Bildung und Medien im Erzbistum Köln, September 2002

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Heilung – alternativ?

Ein kritischer Leitfaden für die Angebotsplanung in der

Erwachsenenbildung

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Die Erwachsenenbildung im Erzbistum Köln diskutiert seit Jahren in ihren Programmgesprächen die Legitimität von Angeboten zur Persönlichkeitsbildung. Durch die Nachfrage von Teilnehmerinnen und Teilnehmern und durch das Angebot von Referenten und Lehrkräften drängen viele kritische Inhalte in die Persönlichkeitsbildung. Wir fühlen uns den Teilnehmerinnen und Teilnehmern verpflichtet und achten aus einer Qualitätsperspektive strikt auf ihren Schutz. Aus Gründen unserer religiösen Überzeugung lehnen wir ebenfalls eine Reihe von Programmangeboten ab. Als wir vor etwa sechs Jahren mit unserer kritischen Prüfung diverser psychischer und auch esoterischer Angebote für die Persönlichkeitsbildung begannen, haben wir uns teilweise auch erheblichen Anfeindungen aussetzen müssen. Inzwischen hat unsere klärende Konzeptionsarbeit Vorbild - Charakter erlangt. Unsere Hinweise sind von vielen kirchlichen und öffentlichen Einrichtungen übernommen worden. Nach unserer ursprünglichen Empfehlungen sind diverse andere Empfehlungslisten mit der gleichen Zielsetzung entstanden. Unser Experte, Herr Dr. Ulrich Papenkort, hat an verschiedenen Tagungen und Publikationen mitgewirkt. Seine Arbeitsergebnisse haben auch schon in anderer Form vorgelegen, z. B. auch im Internet. Dr. Papenkort ist vor kurzem als Professor an die Katholische Fachhochschule Mainz berufen worden. Wir haben uns entschlossen, als Resumeé eines Teils seiner Arbeit bei uns, nun diese Planungshilfe „Heilung alternativ“ – Angebote der Erwachsenenbildung“ herauszugeben. Damit drücken wir auch ein „Danke schön“ gegenüber Herrn Dr. Papenkort, dem Autoren, aus. Für den Bereich der „Persönlichkeitsbildung“ erhoffen wir damit eine weitere Qualifizierung. Köln, im August 2002

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung .............................................................................................................................. 5

2. Orientierungstexte ................................................................................................................ 8 Heilung alternativ. Angebote der Erwachsenenbildung ........................................................ 9

Die Frage nach dem guten Leben ........................................................................................ 19

Wege der Heilung ................................................................................................................ 23

3. Kursliste .............................................................................................................................. 27

4. Kursgutachten .................................................................................................................... 30 Akupressur ........................................................................................................................... 32

Akupunktur ........................................................................................................................... 34

Alexander-Technik ............................................................................................................... 36

Aromatherapie ..................................................................................................................... 37

Astrologie ............................................................................................................................. 38

Atemarbeit ............................................................................................................................ 39

Ayurveda .............................................................................................................................. 41

Bach-Blütentherapie ............................................................................................................ 44

Biodynamik .......................................................................................................................... 45

Bioenergetik ......................................................................................................................... 46

Brain-Gym ......................................................................................................................... 47 Do-In .................................................................................................................................... 50

Edelsteintherapie / Kristalltherapie ..................................................................................... 52

Enneagramm ........................................................................................................................ 53

Eutonie ................................................................................................................................. 56

Farbtherapie ........................................................................................................................ 57

Feng Shui ............................................................................................................................. 58

Fitonics (for life) .................................................................................................................. 60

Die fünf Tibeter .................................................................................................................... 62

Fußreflexzonenmassage ....................................................................................................... 64

Geistiges Heilen / Geistheilung ........................................................................................... 66

Hakomi ................................................................................................................................. 68

Kum Nye ............................................................................................................................... 70

Makrobiotik .......................................................................................................................... 72

Polarity-Massage ................................................................................................................. 74

Psychodrama ........................................................................................................................ 76

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Qi Gong ................................................................................................................................ 79

Reiki ..................................................................................................................................... 81

Shiatsu .................................................................................................................................. 84

Tai Chi Chuan ...................................................................................................................... 86

Touch for health ................................................................................................................... 87

Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ........................................................................... 89

Zilgrei ................................................................................................................................... 92

1. Einleitung

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Fragen der Heilung in einem weiten, die Erhaltung und Förderung der Gesundheit, die Vermeidung und Linderung von Krankheit und alle Dimensionen und Ebenen von Heilung einschließenden Sinne, sind ein deutlicher Themenschwerpunkt der allgemeinen Erwachsenenbildung. Seit vielen Jahren erfreuen sich die entsprechenden Veranstaltungen einer regen, wenn auch langsam nachlassenden Nachfrage, die bei aller Unterschiedlichkeit Gemeinsamkeiten aufweisen. Sie thematisieren a) vereinzelte b) Verfahren und Systeme, c) die zum erlebbaren d) Heil- und Ganzsein des Menschen beitragen sollen, e) als Ergänzung oder sogar Ersatz zu üblichen Verfahren und Systemen verstanden werden. Es handelt sich kurz gesagt um Angebote zu unkonventionellen Heilmethoden im weitesten Sinne bzw. zum/r "Heilung alternativ". Methoden: Indem die Mittel und Wege und damit die Möglichkeit und Macht im Vordergrund stehen, mit der unter gegebenen Bedingungen bestimmte Zwecke und Ziele erreicht werden können (=> b), sind die angefragten Themen von einem technisch-utopischen Wunsch nach Machbarkeit und magischen Denkweisen gekennzeichnet. Zumeist wird eine und damit unspezifische Antwort bzw. Lösung (=> a), weil sie für ein weites Indikationsspektrum als geeignet erscheint, für viele, spezifische Fragen bzw. Probleme geboten. Heilung: Den Methoden liegt ein subjektiv-totaler (=> c) und positiv-utopischer (=> d) Gesundheitsbegriff zugrunde: Gesundheit ist ein körperlich-seelisches (= total) und individuell unterschiedliches Wohlbefinden (= subjektiv), das nicht nur das Fehlen von Krankheit bedeutet (= positiv) und gesteigert werden kann und soll (= utopisch). Eine der Therapie bzw. Problemlösung vorgeschaltete Diagnose bzw. Problemerkennung ist aufgrund des subjektiv-totalen Ansatzes hoch deutungsbedürftig und aufgrund des positiv-utopischen Zugriffs eigentlich überflüssig. Denn die Erkenntnis von Schwächen gilt für die Förderung von Stärken als nicht notwendig. Alternative: Im Vordergrund stehen Methoden, die in vergleichender Hinsicht als „unkonventionelle Verfahren“ bezeichnet werden (=> e). Sie verstehen sich als andere Möglichkeit („Alternativität) oder Ergänzung (Komplementarität) zu den wissenschaftlich und politisch anerkannten Ansätzen und reklamieren für sich Individualität, Natürlichkeit, Ganzheitlichkeit, Einfachheit und Sanftheit, die Erfahrung von Therapeuten und Traditionen und die Selbstbestimmung der Nutzer. Sosehr diese Veranstaltungen auch - unter ökonomischer Perspektive erfolgreich, - unter soziologischer und psychologischer Perspektive verständlich und - unter therapeutischer und seelsorglicher Perspektive bedenkenswert sind, sosehr lösen sie doch auf Seiten der Rechts- und Kostenträger der Einrichtungen unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes immer wieder ernstzunehmende Zweifel und kritische Anfragen aus. Die Träger sehen zusätzlich zu der Gefahr, dass diese Verfahren und Systeme im Einzelfall nicht nur unwirksam, sondern schädlich sein können, eine Reihe weiterer Risiken: das

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- Risiko der Einseitigkeit durch die Thematisierung nur eines Verfahrens oder Systems (=> a), - Risiko der Machbarkeitsideologie durch die Konzentration auf die technische Frage (=> b), - Risiko des Subjektivismus durch die ausschließliche Betonung der Befindlichkeit (=> c), - Risiko der Überforderung durch den positiv-total-utopischen Gesundheitsbegriff (=> d), - Risiko der Wissenschaftsfeindlichkeit durch die Hervorhebung der Alternativität (=> e) Diese Risiken summieren sich noch einmal, wenn Programme viele dieser ‘riskanten’ Veranstaltungen führen. Einrichtungen, die solche ‘riskanten’ Angebote machen, sind sich der Risiken in der Regel bewusst und gehen verantwortungsvoll mit ihnen um. Sie halten ihre Angebote jedoch mitunter unabhängig von ökonomischen Gesichtspunkten aufrecht, weil sie die Risiken - angesichts des meist vorhandenen Pragmatismus der Verfahren für relativ gering, - angesichts guter Referenten für kalkulierbar, - angesichts erwachsener und damit durchaus urteilsfähiger Teilnehmer für verträglich, - angesichts der ebenfalls bestehenden Risiken konventioneller Therapien für unvermeidlich, - angesichts des immer schon riskanten Charakters von Bildung für notwendig, d.h. für verantwortbar halten, im Angebot unkonventioneller Heilverfahren mehr Chancen als Risiken sehen und eine Ergänzung zu den wissenschaftlich und politisch anerkannten konventionellen Verfahren und Systemen setzen wollen, die auch ihre therapeutischen und mentalen Risiken bergen. Bei letzteren handelt es sich z.T. um dieselben Risiken wie bei den unkonventionellen Verfahren und Systemen (Risiko der Machbarkeitsideologie), z.T. um entgegengesetzte Risiken (Risiko der Entsubjektivierung, der Pathologisierung, des Dogmatismus). Welche Argumente auch immer ins Felde geführt werden, wichtig ist in einem ersten Schritt die Tatsache, dass ‚riskante’ Angebote nur begründet bzw. begründbar gemacht werden. Die Einrichtungen stehen hier in einer doppelten Pflicht, sich für ihre Veranstaltungen zu legitimieren. Angesichts der Diskussion innerhalb der Erwachsenenbildung um die unkonventionellen Heilverfahren tut Orientierung not. Die Orientierungstexte geben einen ersten Überblick, während sich die Kursgutachten aufs Detail konzentrieren. Die Buchbesprechungen verweisen auf Möglichkeiten, sich noch anderweitig zu informieren. Orientierungstexte, Kursgutachten und Buchbesprechungen stammen – von Ausnahmen abgesehen – aus den letzten Jahren und konnten aus zeitlichen Gründen nicht mehr überarbeitet werden. Dennoch dürften sie, bis auf gelegentliche Einzelheiten, kaum an Aktualität eingebüßt haben.

Wichtiger Hinweis!

Die große Zahl der genannten und besprochenen Kursinhalte und die teilweise sehr

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ausführliche Behandlung der schwierigen Thematik kann beim Leser den Eindruck erwecken, dass „Heilung alternativ“ ein oder gar das zentrale Thema der allgemeinen Weiterbildung ist. Darum ist an dieser Stelle eigens zu betonen, dass „Heilung alternativ“, quantitativ gesehen,

• nur ein Thema der allgemeinen Weiterbildung unter vielen war und ist, • innerhalb der Katholischen Erwachsenenbildung ein Randthema bleibt und • in seinen esoterischen Varianten allenfalls in kritischer Absicht aufgegriffen wird.

Trotzdem bleibt seitens der Einrichtungen der Weiterbildung die Pflicht bestehen, sowohl die Ablehnung eines bestimmten Kursinhalts gegenüber Referenten oder Teilnehmern als auch seine mögliche Behandlung gegenüber Rechts- und Kostenträgern begründen zu können.

2. Orientierungstexte

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Heilung alternativ. Angebote der Erwachsenenbildung Die Frage nach Heilung Wo immer Menschen die Grunderfahrung der Fragmentarität bzw. Gebrochenheit des eigenen und menschlichen Daseins machen oder auch nur befürchten, ob in der körperlichen, seelischen oder geistigen Dimension, stellt sich, konkret wie abstrakt, die Frage nach Heilung. Die Bedeutungsspanne dieses Worts umgreift medizinisch Gesundheit und Stärke, psychohygienisch Glück und Erfüllung, politisch Befreiung und Frieden sowie religiös Erlösung und Erleuchtung umgreift. Es bleibt in seiner Spannweite zwischen religiösem und medizinischem Heilwerden für alle diese Dimensionen offen. Nur die Theologie erinnert mit dem Wortpaar „Heil und Heilung“ daran, dass religiöses und medizinisches Heilwerden miteinander einhergehen können, aber keinesfalls müssen. Heilung wird auch im Rahmen der Erwachsenenbildung meist nicht so eng verstanden, dass sie nur die medizinische Behandlung meint. Neben der Behandlung überhaupt spielt auch die Erkenntnis von Krankheit, neben der Behandlung von Krankheit auch die Erhaltung oder Förderung von Gesundheit, neben der Behandlung des Körpers auch die der Seele, und neben der Behandlung der Seele mit Worten auch die über den Körper oder die Kunst eine Rolle. Zugleich verschwimmen die Grenzen zwischen unmittelbarer seelischer Heilung und Wegen der seelischen und körperlichen Selbsterfahrung, der oft esoterischen Sinndeutung und der meist mystischen Spiritualität, denen allen eine heilende Nebenwirkung zugeschrieben wird. Selbst zur praktischen Lebenshilfe bestehen deutliche Berührungspunkte. Auch das griechische Wort „therapeía“, worauf der Begriff der Therapie zurückzuführen ist, bedeutete ursprünglich ganz allgemein „Dienst“ und vereinte noch relativ ungeschieden, was sich im Laufe der Geschichte mehr und mehr differenzierte. Zu diesem Dienst gehörte neben der Heilung i.e.S., die heute dem Wort „Therapie“ entspricht, auch noch die Vorbeugung (Prävention) und die Wiedereingliederung (Rehabilitation) nebst der Pflege. Und dieser Dienst bezog sich nicht nur auf den Leib des Menschen (medizinische Therapie), sondern auch auf seine Gefühle und Gedanken (Psychotherapie), bis hin in religiöse Dimensionen (Seelsorge). Das Thema Heilung bzw. Therapie beinhaltet alles in allem nicht nur die Frage nach dem gesunden, sondern auch die Frage nach dem guten, d.h. glücklichen, gelingenden und sinnvollen Leben. Der Mensch kann und muß sein Leben im Unterschied zu Tieren individuell wie gemeinschaftlich führen. Es ist die Möglichkeit und Notwendigkeit der persönlichen Lebensführung bzw. Lebensgestaltung - die Bonner Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ sprach von „Lebensbewältigung“ -, die sich im Thema Heilung widerspiegelt. Der häretische Imperativ Die Frage nach Heilung, nach erfülltem Leben, ist nicht nur allgemein menschlich gegeben, sondern auch zeitgeschichtlich virulent. In einer Gesellschaft, in der das „Leben als letzte

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Gelegenheit“ gilt, wie es die Sozialwissenschaftlerin Marianne Gronemeyer ausgedrückt hat, und das Glück nur auf Erden vermutet wird, drängt sich die Frage nach Heilung förmlich auf. Sie läßt sich nicht (mehr) auf ein Leben nach dem Tode verschieben. Die Suche nach einer entsprechenden Antwort gestaltet sich allerdings in einem Zeitalter des Pluralismus besonders schwierig. Soziologen diagnostizieren eine „Individualisierung“ (Ulrich Beck), mit der die „Optionen“, d.h. die realen oder auch fiktiven Wahlmöglichkeiten, mit ihnen die Wahlzwänge, zunehmen, die „Ligaturen“, d.h. die Bindungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten abnehmen (Ralf Dahrendorf). Die daraus entstehende „Multioptionsgesellschaft“ (Peter Gross), aufgrund ihrer subjektiv-ästhetischen Einfärbung auch „Erlebnisgesellschaft“ (Gerhard Schulze) genannt, hinterläßt uns, wie es der Philosoph Hermann Lübbe ausgedrückt, als „Orientierungswaisen“. Im Fundamentalismus wird die Verwaisung aufgehoben, im Relativismus zum Prinzip erhoben. Der Soziologe Peter L. Berger nannte den heutigen Zwang zur Wahl sogar einen „häretischen Imperativ“. Damit knüpfte er im Wissen um die christliche und abwertende Hauptgeschichte des Wortes „Häresie“ an dessen nicht-christliche und nicht wertende Vorgeschichte an („hairein“ = wählen). „Häresien“ wurden ursprünglich die verschiedenen Schulen der spätantiken Philosophie genannt, allgemein die verschiedenen geistigen Richtungen innerhalb eines gemeinsamen, größeren Zusammenhangs. Der häretische Imperativ gilt selbstverständlich auch für die Frage nach Heilung und spiegelt sich auch in den entsprechenden Angeboten der Erwachsenenbildung wieder, selbst der in kirchlicher Trägerschaft. Die Praxis der Erwachsenenbildung Die Frage nach Heilung kommt in der öffentlich geförderten Erwachsenenbildung in zweierlei Weise vor. Zum eine gibt es Bildungsveranstaltungen, in denen die Grenze zwischen Therapie, Beratung und Bildung vom Thema und Ziel her, in der Methode oder über den Erwachsenenbildner verschwimmt. Zum anderen sind Veranstaltungen geläufig, in denen im Rahmen von Bildung Heilung thematisiert wird. Hier geht es um die zweite Form, in der die Frage nach Heilung in der Erwachsenenbildung präsent ist. Diese Frage wird heute im persönlichen Umfeld, in den Medien und im Bildungswesen thematisiert. In der öffentlich geförderten Erwachsenenbildung taucht sie vor allem unter den Chiffren „Gesundheit“ und „Psychologie“, „Philosophie“ und „Religion“ auf. Hier hat sich ein Sachbereich herausgebildet, in dem Fragen der persönlichen Lebensführung, Lebensgestaltung bzw. Lebensbewältigung thematisiert werden und den man als „existentielle (Lebens-) Bildung“ bezeichnen könnte. Dieser Sachbereich ist von der sonstigen allgemeinen und der beruflichen, politischen und familialen Bildung gut unterscheidbar. Das Spektrum der entsprechenden Veranstaltungsformen reicht vom inhaltsorientierten Abendvortrag über den übungs- und personorientierten Kurs bis zum erlebnisorientierten Wochenende. In der letzten Fassung des Weiterbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalens, das unter allen entsprechenden Ländergesetzen die elaborierteste Sachbereichsdifferenzierung enthiehlt, machte er unter dem Stichwort „Lebens- und Existenzfragen“ den Kern der sogenannten „personenbezogenen Bildung“ aus. In der neuen, jetzt gültigen Fassung heißt es "Angebote zur lebensgestaltenden Bildung und zu Existenzfragen".

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In der öffentlich geförderten Erwachsenenbildung, so meine These, werden nur ganz bestimmte Veranstaltungen zum Thema Heilung verstärkt nachgefragt, im Verhältnis zum Gesamtangebot der Einrichtungen jedoch nur ganz punktuell. Es sind Vorträge, Kurse, Gesprächskreise und Workshops, in denen zum einen Heilungswege, nicht Heilungsziele und -bedingungen, zum anderen alternative, nicht konventionelle Heilungswege im Mittelpunkt stehen. Erstens werden Mittel und Wege angesprochen, mit denen unter gegebenen Bedingungen bestimmte Zwecke und Ziele erreicht werden können. Die entsprechenden Kursangebote sind auf Seiten der Kursleiter wie der Teilnehmer oft vom Wunsch nach Machbarkeit getragen. Dieser Wunsch kann säkular gesehen technisch-utopische, religiös betrachtet magische Züge annehmen. In vielen Fällen wird nur eine und damit auch unspezifische Antwort bzw. Lösung, weil sie für ein weites Indikationsspektrum als geeignet erscheint, für viele, spezifische Fragen bzw. Probleme angeboten. Die größte Nachfrage erzielen zweitens Heilverfahren, die sich als Alternativen oder Ergänzungen zu etablierten und als dogmatisch empfundenen wissenschaftlichen Handlungs- und Denksystemen verstehen. Sie reklamieren für sich die Verbindung von Heil und Heilung: "Therapie als Heilsweg" (Michael Nüchtern). Im Kontext alternativer Heilung verbindet sich, was sonst eher getrennt bleibt: Medizin mit Psychotherapie, Psychotherapie mit Körpertherapie, Körpertherapie mit Religion, Religion mit Naturphilosophie. Trotz vielfältiger Überschneidungen und aller Schwierigkeiten der Zuordnung lassen sich die alternativen Wege der Heilung verschiedenen Ausgangs- und Schwerpunkten zuordnen: einem motorischen, einem medizinischen, einem psychotherapeutischen, einem weltanschaulichen und einem religiösen. Es werden Wege der Heilung favorisiert, die im motorischen Feld als "sanft", im medizinischen als „alternativ“, im psychotherapeutischen als „humanistisch“, neuerdings auch „systemisch“, im weltanschaulichen als „esoterisch“ und im religiösen als „mystisch“ bezeichnet werden. So, wie alternative Medizin ohne ihr Negativ der Schulmedizin undenkbar ist, so sanfte Körpererfahrung ohne Sport und z.T. Gymnastik, humanistische Psychotherapie ohne Verhaltenstherapie und z.T. Tiefenpsychologie, Esoterik ohne Naturwissenschaft und Philosophie und Mystik ohne Christentum und andere prophetisch-monotheistische Religionen. Um welche Kursangebote handelt es sich, wo von Wegen der Heilung die Rede ist? Wenn man die Programmhefte von Einrichtungen der Erwachsenenbildung in einer großstädtischen Region sichtet, wird man schon bei einer kursorischen Lektüre auf mindestens fünfzig Methoden stoßen. Durch eine umfangreichere und genauere Analyse würde sich die Anzahl schnell erhöhen. Dabei bleibt noch offen, wieviele Heilungsverfahren in Veranstaltungen thematisiert werden, ohne in den Kursausschreibungen Erwähnung zu finden. Es dürften insgesamt um die hundert Heilungswege sein, die de facto in die Kurspraxis der Erwachsenenbildung Eingang gefunden haben. Sie sollen im folgenden als Antworten auf die Frage nach Heilung verstanden, teilweise benannt und in entsprechende Zusammenhänge eingeordnet werden. Die westlichen Verfahren der sanften Körpererfahrung, die z.T. auf die alternativ zum Turnen entwickelte Gymnastik der Wende zum 20. Jahrhundert zurückgehen (Bess Mensendieck, Emile Jacques-Dalcroze, Rudolf Bode, Hedwig Kallmeyer, Hinrich Medau), bleiben dabei ausgespart. Ihr Bezug zur Frage nach Heilung besteht nur vermittelt. Gemeint sind

• Heileurythmie nach Rudolf Steiner (1861 – 1925), • Alexander-Technik nach Frederick Matthias Alexander (1869 – 1955), • Feldenkrais-Methode nach Moshe Feldenkrais (1904- 1984),

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• Eutonie nach Gerda Alexander (1908 - 1994), • Funktionelle Entspannung nach Marianne Fuchs (1908), • Atemarbeit nach Ilse Middendorf (1910), • Konzentrative Bewegungstherapie nach Elsa Gindler (1885 – 1961) / Helmuth Stolze • Sensory Awareness nach Elsa Gindler / Charlotte Selver, • u.a.

Das gilt auch für die Entspannungsverfahren

• Autogenes Training nach Johannes Heinrich Schultz (1884 – 1970), • Progressives Muskelrelaxation nach Edmund Jacobson (1885 – 1976), • Biofeedback.

Vergleichbare östliche Ansätze sind mitgedacht, im Kontext der Medizin (Do-In, Fünf Tibeter, Qi Gong, Tai Chi Chuan) und der Religion (Hatha-Yoga, Kum Nye). Antworten der alternativen Medizin Was heute als konventionelle Medizin gilt, hat sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts herauskristallisiert und als Medizin der studierten Ärzte und zunächst nur handwerklich ausgebildeten Wundärzte, Apotheker und Hebammen von der „Quacksalberei“ der Heilkundigen ohne Genehmigung zur Berufsausübung abgegrenzt. Deren Tätigkeit wurde zum Ende des Jahrhunderts von der inzwischen konventionell gewordenen „zünftigen Medizin“ als „Kurpfuscherei“ verunglimpft. Diese konventionelle Medizin, die sich spätestens ab Mitte desselben Jahrhunderts erfolgreich am Paradigma der Naturwissenschaften ausrichtete, löste immer wieder therapeutische Gegenbewegungen aus, deren wirkmächtigste der Magnetismus des Franz Anton Mesmer (1734 - 1815), die Homöopathie des Samuel Hahnemann (1755 - 1843) und die Naturheilkunde von Vincenz Prießnitz (1799 - 1851) waren. Sie titulierten die konventionelle Medizin im Gegenzug als „Allopathie“ (ab 1810) und als „Schulmedizin“ (ab 1880). Heute verstehen sich diese Gegenbewegungen als andere Möglichkeit („Alternativmedizin“) oder als Ergänzung („Komplementärmedizin“) zur von ihnen auch heute noch sogenannten „Schulmedizin“. Zusammen erst würden sie zur „Ganzheitsmedizin“. Von der konventionellen Medizin werden sie neutral als „unkonventionelle medizinische Verfahren“, in arzneimittelrechtlicher Hinsicht als „besondere Therapierichtungen“ (homöopathische, phytotherapeutische und anthroposophische Medikamente) bezeichnet, einzelne, nicht ohne Polemik, als „Außenseiter-“ oder „Paramedizin“. Sie reklamieren für sich Individualität, Natürlichkeit, Ganzheitlichkeit, Einfachheit und Sanftheit, die Erfahrung von Therapeuten und Traditionen und die Selbstbestimmung der Patienten. Manche Ansätze der Alternativmedizin werden inzwischen grundsätzlich von der konventionellen Medizin akzeptiert (z.B. Naturheilverfahren) oder für mehr (z.B. Neuraltherapie, Manuelle Medizin) oder minder (z.B. Akupunktur) plausibel gehalten. Andere Ansätze (z.B. Homöopathie) sind nach wie vor umstritten. Von den in der Übersicht aufgeführten alternativen Heilungsansätze sind mindestens die kursiv gesetzten Verfahren in den Programmen der öffentlich geförderten Weiterbildung vertreten. Da diese Auswahl auf meinen individuellen und unsystematischen Erfahrungen beruht, dürfte das Spektrum in Wirklichkeit um einiges größer sein.

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ALTERNATIVE MEDIZIN 1. Naturheilverfahren i.e.S. Hydrotherapie (z.T. Kneipp-Kur), Bewegungstherapie (Alta-Major-Methode, Zilgrei), Massage (Polarity-Massage), Phytotherapie (Hildegard-Medizin, Kräutermedizin nach Maria Treben), Ernährungstherapie (Fit for Life, Heilfasten, Vollwerternährung) 2. Naturheilverfahren i.w.S. Ausleitende Verfahren, Bindegewebsmassage, Frischzellen-, Neural-, Ozontherapie, (Fuß-) Reflexzonenmassage, Sehtraining, Touch for Health / Angewandte Kinesiologie 3. Manuelle Medizin Chiropraktik, Osteopathie 4. Biodynamische Heilweisen Homöopathie, Spagyrik 5. Traditionelle Medizin Traditionelle Europäische Medizin bzw. Humoralmedizin, Ostasiatische Medizin (vgl. Akupunktur, Akupressur, Meridianmassage, Shiatsu, Tai Chi Chuan, Thai-Massage, z.T. Touch for Health, Yin-Yang-Massage), Ayurveda-Medizin (vgl. Ayurveda-Ernährung, Ayurveda-Massage), Tibetische Medizin (Kursiv = kommt in öffentlich geförderten Erwachsenenbildung vor) Antworten der humanistischen Psychotherapie Als konventionelle Psychotherapie gelten heute zwei Konzepte, nicht, wie in der Medizin, eines. Es handelt sich um die Tiefenpsychologie und die Verhaltenstherapie, beide in einzel-, gruppen- und familientherapeutischen Settings. Die erste ist psychiatrischen und damit medizinischen, die zweite psychologischen Ursprungs. Obwohl es zwischen diesen beiden Ansätzen immer wieder wissenschaftliche und berufsständische Differenzen gab und gibt, werden nur diese beiden Psychotherapierichtungen von den Krankenkassen anerkannt und damit bezahlt, die Tiefenpsychologie in Kurzzeitform. Die Tiefenpsychologie entwickelte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts innerhalb der Psychiatrie mit der „Psychoanalyse“ Sigmund Freuds, und zwar in Absetzung zum damals vorherrschenden somatogenetischen Denken in dieser Disziplin. Der psychotherapeutische Behandlungsansatz der Psychoanalyse war schon bald so verbreitet, daß in der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts Psychoanalyse und Psychotherapie als (weitgehend) identisch galten. Erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entwickelten sich, wenn man von den quantitativ zu vernachlässigenden Wiener Ansätzen des Psychodrama (Jakob Levi Moreno) und der Logotherapie (Viktor Frankl) einmal absieht, neue Psychotherapieformen: aus der Tiefenspsychologie heraus die Gesprächspsychotherapie (Carl Rogers) und die Gestalttherapie (Fritz Perls) in den vierziger Jahren, unabhängig von ihr die Verhaltenstherapie (Hans-Jürgen Eysenck, Burrhus F. Skinner, Joseph Wolpe) in den fünfziger Jahren, deren kognitive Varianten (Arnold Lazarus u.a.) in den sechziger Jahren,

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und die systemisch orientierten (Familien-) Therapien in den siebziger Jahren. Von diesen Ansätzen jenseits der Tiefenspsychologie haben bisher nur die Verhaltenstherapie und teilweise die Gesprächspsychotherapie als psychologisch entwickelte und untersuchte Verfahren wissenschaftliche Anerkennung gefunden. Als unkonventionelle, allerdings gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Ansätze gelten neben der Analytischen Psychotherapie und einzelnen tiefenpsychologischen Ablegern die Verfahren der sogenannten "humanistischen Psychotherapie", die sich in den sechziger Jahren im Anschluß an Psychodrama, Gesprächspsychotherapie und Gestalttherapie zur "dritten Kraft" jenseits von Tiefenpsychologie und Verhaltenstherapie erklärt hatte, eine Sammelbezeichnung für verschiedene, z.T. disparate Ansätze. Die "transpersonale Psychotherapie" steht z.T. in ihrem, z.T. in tiefenpsychologischem Gefolge. Die ebenfalls (noch) unkonventionellen systemisch orientierten Psychotherapien stehen mit ihrer gesuchten oder tatsächlichen Nähe zur Wissenschaft den konventionellen Verfahren sehr viel näher. Die unkonventionellsten Varianten der Psychotherapie dagegen stammen nicht aus dem Umfeld der humanistischen Psychotherapie, sondern sind historisch gesehen tiefenpsychologische Ableger, auch wenn sie systematisch und praktisch der ersteren näher stehen. Gemeint sind die Körpertherapien, genauer gesagt die körperorientierten Psychotherapien. Sie gehen hauptsächlich auf den Psychoanalytiker Wilhelm Reich zurück.

HUMANISTISCHE PSYCHOTHERAPIE I.W.S.

1. Tiefenpsychologie Analytische Psychotherapie (Carl Gustav Jung), Primärtherapie (Arthur Janov), Transaktionsanalyse (Eric Berne) 2. Humanistische Psychotherapie i.e.S. Focusing (Eugen Gendlin), Gestalttherapie (Fritz Perls), Klientenzentrierte Psychotherapie (Carl Rogers), Logotherapie (Viktor Frankl), Psychodrama (Jakob Levi Moreno) 3. Körpertherapie Atemtherapie (Holotropes Atmen, Rebirthing), Bindegewebsmassage (Rolfing, Posturale Integration, Rebalancing), Bioenergetische Technik (Bioenergetik, Biodynamik, Core Energetik, Hakomi), Tantra 4. Transpersonale Psychotherapie Initiatische Therapie (Karlfried Graf Dürkheim), Holotrope Therapie (Stanislav Grof), Psychosynthese (Roberto Assaglioli) 5. Lösungsorientierte Psychotherapie Neurolinguistisches Programmieren (NLP), systemische Therapie (Kursiv = kommt in öffentlich geförderten Erwachsenenbildung vor) Antworten der Esoterik

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Was ist unter der weitläufigen Sammelbezeichnung "Esoterik", auch "Okkultismus" genannt, zu verstehen? In einer negativen, rein abgrenzenden Definition, wie sie z.B. Bernhard Grom vorschlägt, fallen alle Auffassungen darunter, "die man außerhalb der 'Hauptströmungen' (Mainstreams) des wissenschaftlichen und weltanschaulichen Denkens vertritt – unter Absehen von dessen Rationalitätskriterien". Eine positive Definition gestaltet sich schon schwieriger. In Anlehnung an das griechische Adjektiv "esoterikós" (= innerlich) lediglich solche Erkenntnisse als esoterisch zu kennzeichnen, die als Geheimlehre nur einem inner circle von Eingeweihten per Initiation zugänglich sind, ist angesichts des überbordenden Büchermarkts zu esoterischen Weisheiten fast Ironie. Geheimes bzw. okkultes Wissen, das veröffentlicht wird, ist ein Widerspruch in sich. Weiter führt die Deutung, dass esoterische Weltanschauungen zwar prinzipiell für jedermann zugänglich sind, aber eine höhere bzw. tiefere, intuitiv geschaute, innerliche gewußte und damit besonders wahre Erkenntnis zu transportieren behaupten: ein für jeden Menschen, der zu schauen versteht und bereit ist, offenes Geheimnis – ein spiritueller Ort jenseits aller besonderen Traditionen. Esoterik ist dann „Geheimwissenschaft“ im Sinne Rudolf Steiners: keine „’geheime’ Wissenschaft, sondern eine solche, welche sich auf das in den Welterscheinungen für die gewöhnliche Erkenntnisart Unoffenbare, ‚Geheime’, bezieht, eine Wissenschaft von dem ‚Geheimen’, von dem ‚offenbaren Geheimnis’. Geheimnis aber soll diese Wissenschaft für niemand sein, der ihre Erkenntnisse auf den ihr entsprechenden Wegen sucht.“ Es geht um die „Erkenntnis höherer Welten“, und zwar um Erkenntnis (Gnosis) – auch in die Zukunft hinein (Mantik) -, die auf Erfahrung beruht (Mystik) und Einfluss nehmen will und kann (Magie). Der Einfluss soll dem Heil der Menschen dienen (weiße statt schwarze Magie). Oft wird für die Praxis des Geheimen der Begriff des Okkultismus reserviert, während der Begriff der Esoterik dann auf die entsprechende Theorie beschränkt bleibt. Die höheren, geheimen Welten sind in der Welt des Geistes bzw. der Geister angesiedelt. Esoterik ist in diesem Sinne eine Form von Idealismus (Primat des Geistes vor der Materie). Da der Geist meist zusätzlich energetisch gedeutet wird, monistisch und pantheistisch, kontinuierlich und evolutionär, handelt es sich um eine besondere Variante des Idealismus. Der Geist wird als eine und allumfassende, den Makrokosmos wie den Mikrokosmos der einzelnen Menschen durchwirkende göttliche (Lebens-) Energie verstanden (Chi, Ki, Od, Prana, etc.), die von unstofflich-ideellen über feinstoffliche bis in grobstofflich-materielle Dimensionen reicht, in jedem Moment wie im Laufe der gesamten Evolution. Eine Weltanschauung, die in diesem Sinne als esoterisch aufgefasst werden kann, ist mit dem Christentum, für den es einen persönlichen Schöpfergott gibt, unvereinbar. Die Esoterik selbst schreibt sich in der Regel eine Ursprungsgeschichte zu, die mindestens in die Spätantike (alexandrinische Hermetik), häufig bis in die ersten Hochkulturen (meist Ägypten) hineinreicht. Wahrscheinlicher ist es, ihren Ursprung frühestens gegen Ende des 15. Jahrhunderts in der Renaissance oder gar erst im 19. Jahrhundert mitanzusetzen. Esoterik ist historisch eng mit der Moderne verbunden, wenn auch als ein Art von untergründiger Gegen- oder Nebenbewegung zur Naturwissenschaft und modernen Philosophie. Sie entsteht in dem Moment, in dem sich die Naturwissenschaften von der Theologie und traditionellen Philosophie ablösen, und besetzt als eine Art von naturphilosophischer Kosmologie die frei werdende Schnittstelle zwischen philosophisch-theologischer Metaphysik und naturwissenschaftlicher Physik. In der Erwachsenenbildung wird die Esoterik innerhalb ihrer gnostischen bzw. philosophischen Dimension der "Systemesoterik" für gewöhnlich ekklektizistisch und

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synkretistisch zur "Auswahlesoterik" gemischt oder um diese Dimension zur technisch orientierten und isolierten "Gebrauchsesoterik" verkürzt.

ESOTERIK

1. Gnosis Hermetik, Kabbalah, Rosenkreuzertum, Freimaurerei, Theosophie, Anthroposophie, Schule Gurdjieff, Schule Thorwald Dethlefsen / Rüdiger Dahlke 2. Mantik (Wahrsagen) Astrologie, Enneagramm, I Ging, Tarot, Numerologie 3. Magie Magische Medizin: Pflanzen (Bachblütentherapie, Aromatherapie, z.T. Aura-Soma), Steine (Edelstein- / Kristalltherapie, z.T. nach Hildegard), Farben, Klänge (Farbtherapie, z.T. Aura-Soma), Hände (Reiki); Mentale bzw. suggestive Medizin: Christian Science, Geistheilung, Positives Denken (in Tradition von New Thought / Neugeist nach Freitag, Hay, Murphy, Peale), Silva-Mind-Control, Visualisierung (Simonton-Gesundheitstraining) 4. Psi-Phänomene Hellsehen (Wahrnehmen räumlich entfernter oder sonst unsichtbarer Dinge) inkl. Wünschelruteln (Wünschelrutengehen) und Pendeln, Präkognition (Wahrnehmen zukünftiger Ereignisse), Psychokinese (Veränderung von Gegenständen durch geistige Kräfte), Telepathie (Lesen oder Übertragen von Gedanken) 5. Spiritismus Channeling (Geisterbefragung über einen medial begabten Menschen), Tisch- oder Glasrücken (Geisterbefragung über einen Gegenstand) (Kursiv = kommt in öffentlich geförderten Erwachsenenbildung vor) Antworten östlicher Religiosität „Alle Religionen wollen Heil“, wie es der Theologe Hans Waldenfels einmal ausgedrückt hat. Heil wollen nicht nur die traditionellen, aus Vorderasien (Judentum, Christentum, Islam), Südasien (Hinduismus, Buddhismus) und Ostasien (Taoismus, Konfuzianismus, Shintoismus) stammenden (Welt-) Religionen. Auch die Religionsgemeinschaften außerhalb der traditionellen Religionen, die unabhängig von diesen (Stammesreligionen), aus diesen heraus (Sekten: Zeugen Jehovas, Mormonen, Adventisten) oder neben diesen (Neue Religiöse Bewegungen) entstanden sind, bieten Antworten auf die Frage nach Heilung. Deutschland ist bis in Selbstverständlichkeiten hinein vom Christentum geprägt, und zwar in seiner katholischen und protestantischen Form, selbst noch in den vornehmlich protestantischen Varianten der Freikirchen, Sekten und Gläubigengemeinschaften. Wer hier und heute eine religiöse Alternative zu den christlichen Kirchen suchte, der fand sie subjektiv zunächst außerhalb der Kirche im Christentum („Gott ja, Kirche nein“), dann außerhalb des Christentums in fernöstlichen Traditionen und Innovationen („Religion ja, Gott nein“). Das orthodoxe Christentum und der Islam bleiben in der Regel auf im Lande lebende Ausländer

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beschränkt und kommen zusammen mit dem Judentum und dem Christentum überhaupt aufgrund der „Gotteskrise“ (Johann Baptist Metz) nicht als Alternativen in Frage. Einzige Ausnahmen sind die christliche Mystik und Spielarten des islamischen Sufismus (Reshad Feild, Hazrat Inayat Khan, Pir Vilayat Khan). Die Alternativen zum Christentum und den anderen monotheistischen Religionen liegen in den aus Süd- und Ostasien stammenden Weltreligionen des Hinduismus, Buddhismus oder Taoismus. Der Konfuzianismus und der Shintoismus, der Sikhismus und der Jainismus sind bei uns kaum präsent. Als letzte Alternative grenzen sich die „neuen religiösen Bewegungen“ schon nicht mehr vom Christentum, sondern von herkömmlicher Religion insgesamt ab („Religiosität ja, Religion nein“). Die amerikanischen Religionssoziologen Rodney Stark und William S. Bainbridge haben die neuen religiösen Bewegungen als „Kulte“ („cults“) bezeichnet und von den Kirchen („churches“) als etablierten und den Sekten („sects“) als abgespaltenen Religionen unterschieden, wobei die Begriffe Kirche und Sekte noch zu sehr ihren christlichen Ursprung verraten. Im Unterschied zu den Kirchen und Sekten setzen die Kulte nicht zwingend Gemeinschaften voraus. Es gibt sie zwar als gemeinschaftliche Kultgemeinschaften („cult movements“), aber ebenso in weniger („client cults“) oder nicht organisierter Form („audience cults“). Als Religionen können eigentlich nur die cult movements gelten, die eine feste Mitgliedschaft und eine verbindliche Heilslehre voraussetzen, während die client cults nur Klienten und Heilsangebote, die audience cults gar nur Leser und Hörer und Heilsideen kennen. Die beiden letzteren, die einer Multioptionsgesellschaft eher als die cult movements entsprechen, sind Religiositäten, nicht Religionen. Die Psycho-Bewegungen, wie unten geschehen, als cult movements zu begreifen, ist nur in einem sehr weiten Verständnis dieses Phänomens zu vertreten. Dieses weite Verständnis ist aber durchaus möglich. In der Erwachsenenbildung werden nur die Heilswege der Klientenkulte (client cults) und der Publikumskulte (audience cults) durch Referenten vertreten. Hier sind es fast ausschließlich die verschiedenen Angebote zur Meditation. Die mystische Dimension, die wohl in allen Religionen und jeglicher Religiosität, mehr oder minder, vorhanden ist, prägt die Alternativen zum Christentum in besonderer Weise. Hier ist ein Begriff der Mystik gemeint, wie ihn z. B. der Niederländer Paul Mommaers („Was ist Mystik“, 1996) sieht. Es ist nicht der einzig mögliche Begriff. Nach ihm ist ein Mystiker jemand, „der auf überwältigende Weise die Anwesenheit erfährt von etwas, das ihn selbst übersteigt und viel wirklicher ist als alles, was man durchweg als Wirklichkeit betrachtet. (...) Und diese Wahrnehmung einer unvergleichlichen Gegenwärtigkeit ist von einem komplementären psychologischen Phänomen begleitet: der Mystiker fühlt seine normale Ichheit verschwinden.“ (S. 24)

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ÖSTLICHE RELIGIOSITÄT

1. Asiatische Religionen Buddhismus: Theravada-Buddhismus aus Sri Lanka und Südostasien, Mahayana-Buddhismus aus Ostasien, Vajrayana-Buddhismus aus dem Tibet (Ole Nydahl, Tschögyam Trungpa; Kum Nye), Hinduismus (Neo-Hinduismus von Ramakrishna, Vivekananda, Aurobindo) 2. Meditation (Neue religiöse Bewegungen: client / audience cults) Sufi-Meditation, Vipassana-Meditation, Yoga (eine der sechs Schulen des klassischen Hinduismus, Hatha-Yoga ein Yoga-Element), Kum-Nye, Zen-Meditation 3. Schamanismus (Neue religiöse Bewegungen: client / audience cults) indianisch (Carlos Castaneda), keltisch-germanisch 4. Gurubewegungen (Neue religiöse Bewegungen: cult movements I) 'Hinduistisch': Ananda Marga, Divine Light Mission des Guru Maharay Ji, Hare-Krishna-Bewegung, Baghwan-Osho-Bewegung, Sri Chinmoy, Transzendentale Meditation; 'Christlich': Familie der Liebe, Universelles Leben, Vereinigungskirche 5. Psycho-Bewegungen (Neue religiöse Bewegungen: cult movements II) Erhard Seminar Training (EST), Scientology, Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis (VPM) Die vorgestellte Übersicht zu alternativen Heilungsangeboten ist sicherlich weder für die Gesellschaft im allgemeinen noch für die Erwachsenenbildung im besonderen vollständig. Und über die Zu- und Einordnung mancher Wege der Heilung kann gestritten werden. Trotzdem macht die Übersicht deutlich, wie weitläufig und vielfältig eine Zusammenstellung zum Thema „Heilung alternativ“ ausfallen muss.

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Die Frage nach dem guten Leben

Dass wir leben wollen, dass wir gerne leben, ist eine Tatsache, welche keine Erklärung braucht. Wenn wir hingegen fragen, wie wir leben wollen,

was wir vom Leben erwarten, was unser Leben sinnvoll macht, dann beschäftigen wir uns... mit - mehr oder weniger identischen - Fragen,

auf welche Menschen viele verschiedene Antworten gegeben haben.

Erich Fromm1 „Wie geht’s dir? Mir geht’s gut!“ Ein kurzer Wortwechsel, der es in sich hat. Er lässt sich sprechen, ohne nachdenken zu müssen: als belangloses Nachwort zum „Guten Tag“ oder „Hallo“ oder als vorsichtiges Vorwort zu einem möglichen Gespräch über dies und das - nur nicht über das Gut-Gehen. Frage und Antwort können aber auch beim Wort und inhaltlich ernst genommen werden. Aber selbst dann erschöpft sich das folgende, knapp gehaltene Gespräch in der Regel in der Angabe eines Gütegrades auf der Befindlichkeitsskala - von „sehr gut“ über „es geht so“ bis „sehr schlecht“ - und einem Austausch über die dafür verantwortlichen, momentan geltenden gesundheitlichen, familiären oder beruflichen Befunde. Gelegentlich jedoch erreicht das Gespräch eine andere Tiefe und legt eine Frage frei, die sich niemand dauernd stellt und stellen kann: die Frage nach dem guten Leben. Diese Frage wird hier und heute offenbar häufiger, vielfältiger und vor allem individueller gestellt und beantwortet, als an weniger begüterten Orten und zu anderen Zeiten. Die Gründe für die Konjunktur der Frage nach dem guten Leben sind (kultur-) soziologischer und zeitgeschichtlicher Natur und können hier mit den Schlagwörtern der Pluralisierung und Individualisierung nur angedeutet werden. Anthropologisch gesehen ist die Frage jedoch Bestandteil der menschlichen Existenz, unabhängig von Ort und Zeit. Eine Frage der Philosophie Für Fragen ist die Philosophie zuständig. Denn sie kann mit einem Wort Carl Friedrich von Weizsäckers als Disziplin des „Weiterfragens“ verstanden werden. Als solche ist sie vor allem an Fragen interessiert, erst in zweiter Linie an möglichen Antworten. Die Frage nach dem guten Leben fällt ins Ressort der Ethik. Das verwundert auf den ersten Blick. Wird die Ethik doch für gewöhnlich mit der Moral in Zusammenhang gebracht und entweder umgangssprachlich mit der Moral gleichgesetzt oder in der philosophischen Terminologie zur Theorie der Moral erklärt. Seit mindestens fünfzehn Jahren jedoch ist es zu einer „Wiederkehr der Ethik des guten Lebens“2 gekommen und damit eine Tradition wiederaufgegriffen worden, die in der antiken Philosophie entstanden, mit und nach Immanuel Kant aber abgebrochen ist. Buchtitel wie „Philosophie der Lebenskunst“, „Was ist ein gutes Leben?“ und „Die Philosophie und die Frage nach dem guten Leben“ zeugen von dieser Renaissance3. Die Ethik des guten Lebens wird allgemein auch „teleologische Ethik“ (vs. „deontologische Ethik“) oder „Individualethik“ (vs. „Sozialethik“ im nichtinstitutionellen Sinne), von Wilhelm Kamlah auch „eudämonistische Ethik / Philosophie der Lebenskunst“ (vs. „normative Ethik /

1 Vom Haben zum Sein, Weinheim / Basel 1992 2 M. Seel, In: Merkur 45 (1991) 42 - 49 3 W. Schmid, Frankfurt a.M. 1998; H. Steinfath (Hg.), Frankfurt a.M. 1998; U. Wolf, Reinbek 1999

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Moralphilosophie“) oder von Hans Krämer „Strebensethik“ (vs. „Sollensethik“) genannt4. Ihr Verhältnis zur Ethik des rechten Handelns wird z. Zt. unterschiedlich gesehen, im Sinne der Einheit, der Differenz und der Einheit in der Differenz5. Die Frage nach dem guten Leben ist in den letzten Büchern zum Thema in unterschiedlichen Schattierungen formuliert worden und lautet dort „Wie kann ich mein Leben führen?“, „Wie ist zu leben?“ und „Wie sollte man leben?“6. Der Begriff des guten Lebens kann und muss differenziert werden und hat zu einer Unterscheidung von mindestens drei Bedeutungsaspekten geführt, die nach einer alten, noch von Friedrich Schleiermacher verwendeten Unterscheidung an der Haltung (Tugendethik), an der Handlung (Pflichtenethik) oder am Ziel (Güterethik) ansetzen: das glückliche, zurückhaltender das zufriedene Leben an der Haltung, das gelingende bzw. glückende Leben an der Handlung und das sinnvolle, stärker das lebenswerte Leben am Ziel. Der Begriff des erfüllten Lebens meint offenbar sowohl die Haltung als auch das Ziel. Ein insgesamt gutes Leben hat demnach, wer, mehr oder minder, ein glückliches, gelingendes und sinnvolles Leben führt. Die entsprechende Frage lautet: Wie kann ich ein glückliches, gelingendes und, vielleicht auch oder, sinnvolles Leben führen? Das Ziel der Psychotherapie Eine, vielleicht die professionelle Praxis, in der für einen Menschen nach einer individuellen Antwort auf die Frage nach dem guten Leben gesucht wird, ist die Psychotherapie, zumindest die der Neurosen. Indem sie die Varianten der psychosozialen Beratung prägt und die Seelsorge vis â vis und per Telefon beeinflusst, sind diese Praxisfelder kommunikativer Hilfe mitgemeint. Wie es auf den ersten Blick verwundert, dass die Frage nach dem guten Leben eine (theoretische) Frage der Ethik ist, so klingt es zunächst befremdlich, dass sie eine (praktische) Frage der Psychotherapie sein soll7. Diese Einschätzung wird auch nicht jeder Psychotherapeut teilen. Wenn er überhaupt eine allgemeine positive Zielangabe wagt und sich nicht auf das negative Ziel der Beseitigung oder Linderung (psychisch bedingter) psychischer Störungen beschränkt oder lediglich die individuell unterschiedlichen Zielvorstellungen seiner Klienten übernimmt, wird er für gewöhnlich von psychischer Gesundheit, nicht vom guten Leben sprechen. Nach klinisch-psychologischen Analysen des Begriffs der psychischen Gesundheit konnten aber, in den verschiedenen Psychotherapieschulen unterschiedlich vollständig und gewichtet, alle Bedeutungsaspekte der Frage nach dem guten Leben identifiziert werden. Der Begriff der psychischen Gesundheit lässt sich auf die beiden grundlegenden Dimensionen der "produktiven Anpassung" ("Selbsterhaltung") und der "Selbstverwirklichung" ("Selbstentfaltung") reduzieren8. In der Dimension der produktiven Anpassung, die die klassische Psychoanalyse und die klassische Verhaltenstherapie vertreten, wird das gelingende Leben betont. Die Dimension der Selbstverwirklichung, die sich vor allem in den humanistischen und existentiellen Psychotherapien, aber auch in den modernen Tiefenpsychologien und der kognitiven Verhaltenstherapie widerspiegelt, streut, auf den 4 Philosophische Anthropologie, Zürich 1972; Integrative Ethik, Frankfurt a.M. 1992 5 vgl. R. Spaemann: Glück und Wohlwollen. Stuttgart 1990; H. Krämer: Integrative Ethik. Frankfurt a.M. 1992; M. Seel: Versuch über die Form des Glücks. Frankfurt a.M. 1995 6 vgl. Anm. 3 7 vgl. U. Papenkort: Psychotherapie und die Frage nach dem glücklichen Leben. In: E. Arnold / U. Sonntag (Hg.): Ethische Aspekte der psychosozialen Arbeit. Tübingen 1994 8 vgl. P. Paulus: Selbstverwirklichung als psychische Gesundheit: eine Standortbestimmung. In: G. Meyer-Cording / G.-W. Speierer (Hg.): Gesundheit und Krankheit. Köln 1991; auch P. Becker: Psychologie der seelischen Gesundheit. 2 Bde. Göttingen 1982

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Lebenslauf bezogen und zunächst ohne soziale Rücksicht, über alle drei Aspekte des guten Lebens. Ihre Varianten setzen dabei nur unterschiedliche Akzente: das "Entfaltungsmodell" (z.B. Karen Horney) auf das gelingende, das "Erfahrungskongruenzmodell" (z.B. Carl Rogers) auf das glückliche und die Modelle der "Bewusstwerdung" (z.B. Carl Gustav Jung) sowie der "Sinnfindung" (z.B. Viktor Frankl) auf das sinnvolle Leben. Ein Thema der Erwachsenenbildung Die Bildung ist eine andere professionelle Praxis, wo die Frage nach dem guten Leben im Gespräch erörtert wird. Im Unterschied zur Psychotherapie stehen hier die kollektiven antworten auf diese Frage im Vordergrund, nicht die individuelle Antwort. In den Schulen wird die Frage nach dem guten Leben in einem eigenen Unterrichtsfach thematisiert: aus theologischer Perspektive im Fach "Religion", aus philosophischer Perspektive in "Ethik" und im psychologisch-religionswissenschaftlichen Zugang in "Lebensgestaltung – Ehtik – Religionskunde". In der Erwachsenenbildung hat die Frage nach dem guten Leben in der allgemeinen Weiterbildung ihren genuinen Ort. Um das Feld der Weiterbildung inhaltlich abzustecken, hat sich in einer ersten Annäherung eine Dreiteilung eingebürgert, die eine allgemeine von einer politischen und einer beruflichen Weiterbildung unterscheidet, in der steigenden Rangfolge von gesellschaftlichen, staatlichen und wirtschaftlichen Interessen. Diese Trias lässt offen, was genau unter allgemeiner Weiterbildung zu verstehen ist9. Von der Schlüsselqualifikationen und Allgemeinwissen ermöglichenden "Grundbildung" abgesehen umfasst die allgemeine Weiterbildung die gelegentlichen gesondert genannte kulturelle Bildung, die Familienbildung und die personenbezogene Bildung. Die sich dadurch ergebende Gliederung in sechs Sachbereiche entspricht, von dem Sonderfall der wissenschaftlichen Weiterbildung abgesehen, dem Sachbereichsschlüssel des (noch) gültigen Weiterbildungsgesetzes von Nordrhein-Westfalen, das den differenziertesten Schlüssel aller Weiterbildungsgesetzte enthält10. Die personenbezogene Bildung, die im neuen Gesetz als "lebensgestaltende Bildung" konkretisiert wird, ist der Ort für die Frage nach dem guten Leben. Die Antworten, die dort wie auch in der Psychotherapie erörtert werden, speisen sich aus dem Fundus der Philosophie, der Wissenschaften, insbesondere der Psychologie, und der Religionen bzw. aus den Weisheitslehren in, zwischen und neben diesen drei Kulturformen, in der Regel aus Büchern. Durch die Lebensweisheiten des Alltags und der Dichtung werden diese Antworten auf je verschiedene Weise konkretisiert. Dabei hat die psychologische Erwachsenenbildung11 den größten Umfang und stößt als Grund oder in Folge diese quantitativen Gewichts auf die stärkste Nachfrage. Fünf populärpsychologische Antworten Neben diesen ursprünglichen Quellen hat, auch für die Erwachsenenbildung und die Psychotherapie, die Lebenshilfeliteratur an Bedeutung gewonnen, in der die genannten Zugänge in populärer Absicht gemischt und vereinfacht werden, gelegentlich auch entstellt. In den Buchläden wird sie unter den Rubriken "Lebenshilfe", "Psychologie" und "Esoterik"

9 vgl. E. Schlutz: Allgemeine Weiterbildung. In: W. Mader (Hg.): Weiterbildung und Gesellschaft. Bremen 1990 10 vgl. K. Pehl: Gutachten für die Vorstudie zur Evaluation der Weiterbildung zum Teilbereich "Angebot/Angebotsentwicklung". In: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.): Gutachten für die Vorstudie zur Evaluation der Weiterbildung. Soest 1996 11 vgl. H. Tietgens: Psychologisches im Angebot der Volkshochschulen. Frankfurt a.M. 1994

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abgestellt. Sie ist Teil des sogenannten Psychomarkts mit seinen "vielfältigen psychologischen und pseudopsychologischen Angeboten zur Lebenshilfe, Lebensorientierung und Persönlichkeitsentwicklung außerhalb der fachlichen Psychologie und des Gesundheitswesens"12. Hier wird die Frage nach dem guten Leben nicht in (Psycho-)Gruppen bzw. in religionswissenschaftlicher Terminologie – in "cult movements", sondern über Märkte der Therapie und Beratung, zum anderen in "audience cults" über die der Bildung und der Medien. Es sind mindestens fünf Botschaften, die sich nach den Analysen der Psychologinnen Eva Jaeggi und Annette Tretzel unterscheiden lassen13. Das gnostische Modell des ‚Erkenne dich‘ stellt die “Anleitung zur Abkürzung des einstmals mühseligen Weges vom Es zum Ich” dar. Das „expressive Modell“ des ‚Sei spontan‘ preist den “unmittelbaren Weg zum ‘wahren Selbst’” an: „das Unmittelbare erleben oder das unmittelbare Erleben”. Das „instrumentelle Modell“ des ‚Handle klug!‘ gilt dem “vernünftig-kalkulierenden Weg der Aufklärung”. Denn “ein zielloser Mensch ist ein ratloser Mensch”. Das "kosmologische Modell“ des ‚Denke positiv‘ heißt: “Es gibt einen Sinn [eine Energie], die alles zusammenhält”. Und das „utilitaristische Modell“ des ‚Probier es aus‘ ist eine „Existenzphilosophie mittlerer Reichweite: Anleitungen für das kleine alltägliche Glück“. Das gnostische, das expressive und das kosmologische Modell betonen den Aspekt des glücklichen Lebens bzw. die Haltung, das instrumentelle und das utilitaristische den des gelingenden Lebens bzw. der Handlung. Der Aspekt des sinnvollen Lebens bleibt offenbar ausgespart. Kann man noch streiten, ob der Eklektizismus und die Pauschalisierung der Lebenshilfeliteratur hinderlich oder förderlich sind und auf welche Weise sie es sind, so bleibt auf jeden Fall Kritik anzumerken. Erstens ist sie sehr individualistisch ausgerichtet und vernachlässigt die soziale, erst recht die politische Dimension menschlichen Lebens. Ihr Credo des "Jeder ist seines Glückes Schmied" verschweigt zweitens, dass diese Machbarkeit viele Grenzen hat. Und ihre organismisch-evolutionistische Sicht, die das Gute im Menschen postuliert und dessen stete Entwicklung einfordert, verdeckt drittens sowohl das Phänomen des Bösen als auch der krisenhaften Ereignisse. Grund genug, entsprechenden Angeboten mit Vorsicht zu begegnen. (erstmals erschienen in H.4 (1999) der Zeitschrift "Erwachsenenbildung")

12 H. Hemminger /J. Keden: Seele aus zweiter Hand. Stuttgart 1997, 7 13 Psychologie und moderne Moral – akademische Psychologie und ihre "populistische" Konkurrenz. In: E. Jaeggi: Psychologie und Alltag. München 1987; Wege zum "rechten" Leben. Selbst- und Weltdeutungen in Lebenshilferatgebern. Pfaffenweiler 1993

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Wege der Heilung. Orientierung durch Therapieführer Wege der Heilung Wege der Heilung sind seit den achtziger Jahren, nicht zuletzt unter den Titeln „Gesundheitsbildung“ oder „Persönlichkeitsbildung“, zu einem Themenschwerpunkt von öffentlich geförderter Weiterbildung avanciert. Heilung wird in den entsprechenden Veranstaltungen nicht so eng verstanden, dass sie nur die medizinische Therapie meint. Neben der Therapie überhaupt spielt auch die Diagnose von Krankheit, neben der Therapie von Krankheit auch die Prävention für Gesundheit, neben der Therapie des Körpers auch die der Seele, und neben der Therapie der Seele mit Worten auch die über den Körper oder die Kunst eine Rolle. Zugleich verschwimmen die Grenzen zwischen unmittelbarer seelischer Heilung und Wegen der seelischen und körperlichen Selbsterfahrung, der oft esoterischen Sinndeutung und der meist mystischen Spiritualität, denen allen eine heilende Nebenwirkung zugeschrieben wird. Auch zur praktischen Lebenshilfe bestehen deutliche Berührungspunkte. Das Kursthema Heilung beinhaltet alles in allem nicht nur die Frage nach dem gesunden, sondern auch die Frage nach dem guten, d.h. glücklichen, gelingenden und sinnvollen Leben. In den Kursangeboten werden Wege der Heilung favorisiert, die im medizinischen Feld als „alternativ“, im motorischen als „sanft“, im psychotherapeutischen als „humanistisch“, neuerdings auch „systemisch“, im geistigen als „esoterisch“ und im religiösen als „mystisch“ bezeichnet werden. So, wie die alternative Medizin ohne ihr Negativ der Schulmedizin undenkbar ist, so verstehen sich die sanften, humanistischen, esoterischen und mystischen Wege der Heilung ebenfalls als Alternativen oder Ergänzungen zu etablierten und als dogmatisch empfundenen Handlungs- und Denksystemen. Orientierung durch Therapieführer Wer sich als hauptamtlicher pädagogischer Mitarbeiter über die Qualität dieser Methoden und Theorien informieren will, hat drei Möglichkeiten: Wenn er sich nicht nur auf das Urteil eines Kursleiters verlassen will, kann er erstens Fachleute befragen, zweitens im Internet recherchieren oder drittens Bücher zu Rate ziehen. Die (richtigen) Fachleute sind, wenn man sie gerade braucht, selten zur Hand. Die Suche in der ‘Chaos-Bibliothek’ Internet ist mitunter mühsam und mehr oder minder dem Zufall überlassen. Bücher aber, die für den Markt der Heilungswege Orientierung bieten, können eine brauchbare Hilfe sein. Therapieführer sind solche Werke. Für jede Einrichtung, die Kurse der Gesundheits- und Persönlichkeitsbildung anbietet, empfiehlt es sich, für die Beurteilung und Auswahl von Kursangeboten Therapieführer zu erwerben. Um brauchbar zu sein, müssten Therapieführer zunächst einmal aktuell, preisgünstig und für Laien verständlich sein. Dazu sollten sie drei weitere Kriterien erfüllen: Die Zahl der aufgenommenen Methoden ist (1.) so groß sein, dass alle in der Erwachsenenbildung gängigen und auch noch möglichen Kursangebote abgedeckt sind; die Beschreibungen der Heilungswege werden (2.) um entsprechende Beurteilungen ergänzt, die von intimer Kenntnis und zugleich kritischer Distanz zeugen; Sichtung wie Gewichtung erfolgen (3.) nicht nur aus fachlicher, sondern auch aus erwachsenenbildnerischer und möglichst noch weltanschaulicher Sicht.

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Vorweg gesagt: Es gibt kein einziges Buch, das alle genannten Kriterien erfüllt. Vor allem gibt es leider kein Buch, in dem Autoren Methoden nicht nur aus der Literatur, sondern zudem aus langjähriger, auch eigener Erfahrung kennen, und diese Verfahren dennoch konstruktiv kritisieren können. Es schreiben entweder von innen her Vertreter eines Heilungsweges, zurückhaltend zwar, aber deutlich affirmativ. Oder die Texte stammen von Autoren, die aus einem gewissen Einblick von außen Kritik üben, mal eher konstruktiv, mal eher destruktiv. Es bleibt nichts anderes übrig, als bei der Beurteilung und Auswahl von Kursangeboten stets mehrere Bücher zugleich zu Rate zu ziehen. Unentbehrliche Therapieführer Zur Minimalausstattung mit Therapieführern gehören meines Erachtens zwei Bücher der promovierten Fachjournalistin Krista Federspiel, die sie zusammen mit einer Pharmazeutin und einer Medizinerin und nach Beratungen durch verschiedenste (wissenschaftliche) Experten verfasst hat. Das Handbuch „Die andere Medizin“, herausgegeben von der Stiftung Warentest, behandelt über hundert Verfahren der alternativen Medizin, das „Kursbuch Seele“ neben anderen Themen 120 Methoden der Psychotherapie einschließlich entspannender, „suggestiver“, körperorientierter, „kreativer“, „transpersonaler“ und „esoterisch-spiritueller“ Verfahren. Beide Bücher sind für Laien geschrieben, die weder entsprechende Fachterminologien kennen noch über fachliches Vorwissen verfügen. Und beide Bücher können, da sie sich ernsthaft um ein kritisches, d.h. differenziertes Urteil, bemühen, uneingeschränkt als seriös gelten. Geurteilt wird allerdings, dessen sollte sich ein Leser bewusst sein, aus der etablierten, (hoch-) schulischen Perspektive. Ob und inwieweit diese Sicht ähnlich ideologieanfällig ist wie die alternative, bleibt umstritten. Mit diesen beiden Nachschlagewerken wird der Markt der Heilungsangebote ziemlich vollständig und in seriöser Art und Weise gesichtet und gewichtet, so dass diese beiden Bücher, auch der Aktualität und dem Preis nach, als Basisbibliothek dienen können. Da sie für (mögliche) Patienten und für Therapeuten geschrieben worden sind, nicht für (mögliche) Teilnehmer von Kursen der Erwachsenenbildung, für Kursleiter und für hauptamtliche pädagogische Mitarbeiter, fehlt die erwachsenenbildnerische Perspektive. Und weil sie die ganze Bevölkerung ansprechen und damit weltanschaulich neutral bleiben sollen, werden Weltanschauungen einzelner Methoden mitunter zwar identifiziert, aber nicht (bewusst) aus einer eigenen Weltanschauung heraus. Für die Erwachsenenbildung in kirchlicher Trägerschaft ist die weltanschauliche Perspektive zusätzlich zur fachlichen und erwachsenenbildnerischen aber unverzichtbar. Ergänzende Therapieführer Leider gibt meines Wissens z.Zt. nur drei Quellen, die zusätzlich zur fachlichen die erwachsenenbildnerische oder weltanschauliche Perspektive einfließen lassen: ein Buch, eine Zeitschrift und eine Loseblattsammlung. Alle drei haben neben diesem deutlichen Vorzug ihre Nachteile. Das Buch „Entspannt sein - Energie haben“, in dem Ursula Schneider-Wohlfart und Otto Georg Wack, beide Fachreferenten des nordrhein-westfälischen Landesinstituts für Schule

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und Weiterbildung, kurze und verständliche Beiträge zu 18 Methoden körperorientierter Selbsterfahrung herausgegeben haben, deckt nur einen kleinen Teil des therapeutischen Marktes, und den nur aus der Binnensicht Beteiligter ab. Indem es aber Hinweise zu Kurszielen, zur Kurspraxis, zu Teilnahmevoraussetzungen und zur Kursleiterqualifikation enthält, integriert es für diese 18 Verfahren und im Analogieschluß vielleicht auch für andere Verfahren die erwachsenenbildnerische Perspektive. Für die aus der Sicht kirchlicher Erwachsenenbildung neben der fachlichen und erwachsenenbildnerischen ebenfalls wichtige weltanschauliche Kritik lohnt eine ständige Lektüre des Materialdienstes der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschaungsfragen. In dieser seit Jahrzehnten erscheinende Monatszeitschrift finden sich immer wieder einmal Artikel zu den verschiedenen Wegen der Heilung, in denen diese auch aus einer christlichen Sicht sachlich und kompetent beschrieben und beurteilt werden. Leider, und das ist der Nachteil, sind sie im Vergleich zu den klassischen Themen kirchlicher Beratung in Sekten- und Weltanschauungsfragen (noch) relativ selten In der Zentralstelle sind der Religionswissenschaftler Ulrich Dehn (östliche Religionen), der Theologe Hans-Jürgen Ruppert (Esoterik) und vor allem der Psychologe Michael Utsch (Psychologie, Naturwissenschaft), Nachfolger des Psychologen und Biologen Hansjörg Hemminger, diejenigen Referenten, die über Heilungsangebote schreiben und Auskunft geben können. Die dritte, die Basisbibliothek ergänzende Quelle, ist das „Kursbuch Gesundheits- und Persönlichkeitsbildung“, das der Autor der vorliegenden Literaturempfehlung fortlaufend erstellt hat. Dieser als Loseblattsammlung konzipierte Therapieführer integriert sowohl die erwachsenenbildnerische als auch die weltanschauliche Sichtweise. Nachteil dieser Sammlung ist, dass sie nur relativ langsam ergänzt werden konnte und aufgrund der Kürze und damit Konzentration der Portraits (pro Methode zwei DIN A 4 - Seiten) nicht immer ohne zusätzliche Lektüre verständlich ist. Zusätzliche Therapieführer Wem diese Basisausstattung an Therapieführern nebst möglicher Ergänzungen noch nicht genügt, um bei der Planung eines Weiterbildungsprogramms (Gegen-) Position beziehen zu können, kann sich noch zusätzlich nach zwei Seiten hin absichern. Neben den Therapieführern von Krista Federspiel u.a., die Beschreibungen und konstruktive Bewertungen enthalten, sind noch andere Führer erhältlich, die für die beiden Extreme einer reinen Beschreibung aus Binnensicht hier und einer ironischen Beschreibung und polemischen Abwertung aus Außensicht dort stehen. Umfangreich, informativ und preisgünstig ist „Das große Buch der Naturheilweisen“ der Fachjournalistinnen Margaret Minkler und Renate Scholz, das in etwa das medizinische Feld abdeckt und 57 Verfahren skizziert. Andere Führer für diesen Bereich sind weniger umfangreich, teurer und werbender. Die Psychotherapeuten Theodor Seifert und Angela Waiblinger präsentieren daneben „Die 50 wichtigsten Methoden der Psychotherapie, Körpertherapie, Selbsterfahrung und des geistigen Trainings“, ergänzt um Stichwörter wie „Astrologie“, „Bach-Blüten-Therapie“ und „Heilfasten“. Die Fachjournalisten Bärbel Schwertfeger und Klaus Koch bieten dazu mit ihrem Buch „Der Therapieführer“ eine preiswertere Alternative mit gleichem Umfang, aber etwas anderer Streuung der Methoden. In einem deutlichen Kontrast zu diesen eher beschreibenden Therapieführern und damit für das andere Extrem steht das Buch „Psycho“ des Psychotherapeuten Colin Goldner, der in

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München das „Forum Kritische Psychologie e.V.“ leitet, eine Informations- und Beratungsstelle für Therapiegeschädigte. Goldner skizziert und kritisiert mit polemischer Schärfe über hundert Angebote aus dem „therapeutischen Supermarkt“ und ist in diesem Umfang ein nützliches Nachschlagewerk. Das Buch widmet sich vornehmlich Angeboten, die der Autor zum „esoterischen Psychomarkt“ zählt, wozu er aber undifferenziert auch die Methoden der Körpertherapie und westlicher wie östlicher Körpererfahrung rechnet. Wenn man die polemische, abwertende Beurteilung Goldners relativiert, ist dieser Therapieführer ein erfrischender Kontrapunkt zu den beschreibenden Führern. In einer erweiterten Bibliothek der Therapieführer würden dann neun Werke stehen: zwei bewertende (Federspiel), ergänzt um drei andere Quellen (Schneider-Wohlfart, Materialdienst, Papenkort), zwei beschreibende (Minkler, Seifert / Waiblinger) und ein abwertendes (Goldner). Literatur Federspiel, Krista / Vera Herbst: Die andere Medizin. Nutzen und Risiken sanfter Heilmethoden. Hrsg. v. Stiftung Warentest. 4. Aufl. Berlin: Stiftung Warentest 1996 (393 S.) Federspiel, Krista / Ingeborg Lackinger Karger: Kursbuch Seele. Was tun bei psychischen Problemen? Beratung, Selbsthilfe, Medikamente. 120 Psychotherapien auf dem Prüfstand. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1996 (544 S.) Goldner, Colin: Psycho. Therapien zwischen Seriosität und Scharlatanerie. Augsburg: Pattloch 1997 (424 S.) Materialdienst. Herausgegeben von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschaungsfragen (Auguststr. 80, 10117 Berlin, Fon 030 / 28395-211, Fax -212) Minker, Margaret / Renate Scholz: Das große Buch der Naturheilweisen. Vorbeugen, Helfen, Heilen. München: Goldmann 1994 (503 S.) Papenkort, Ulrich: Kursbuch Gesundheits- und Persönlichkeitsbildung (s. folgende Seiten) Schneider-Wohlfart, Ursula / Otto Georg Wack: Entspannt sein - Energie haben. Achtzehn Methoden der Körpererfahrung. München: Beck 1994 (234 S.) Schwertfeger, Bärbel / Klaus Koch: Der Therapieführer. Die wichtigsten Formen und Methoden. Ein Leitfaden. München: Heyne 1995 (288 S.) Seifert, Theodor / Angela Waiblinger (Hrsg.): Die 50 wichtigsten Methoden der Psychotherapie, Körpertherapie, Selbsterfahrung und des geistigen Trainings. 4. Aufl. Stuttgart: Kreuz 1995 (416 S.) [erstmals erscheinen in H. 3 (1998) der Zeitschrift "Erwachsenenbildung"]

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3. Kursliste Eine kursorische und unsystematische, aber wiederholte Lektüre verschiedenster Programmhefte von Einrichtungen öffentlich geförderter Weiterbildung, die meisten aus dem Großraum Düsseldorf – Köln – Bonn, ergab folgende Liste von – zufällig - 100 Kursangeboten zur alternativen Heilung. Dabei ist wiederholt zu betonen (s. S. 8), dass diese Liste nicht dem alternativen Themenspektrum einer einzelnen, vielleicht sogar großen oder spezialisierten Einrichtung entspricht, sondern die Summe vieler in den Einrichtungen meist nur vereinzelt vorkommender Kursangebote darstellt.

A • Aikido • Akupressur • Akupunktur • Alexander-Technik • Alta Major • Aromatherapie • Astrologie • Atemarbeit • Aura-Soma • Ayurveda

B • Bachblütentherapie • Biodynamik • Bioenergetik • Brain Gym

C • Capoeira • Chakrenarbeit • Chan Saolin Si • Cranio Sacral Therapie

D • Dance Alive • Do In

E • Edelsteintherapie • Edu-Kinesthetik • Enneagramm • Erfahrbarer Atem • Esalen-Massage • Eutonie • Expression Corporelle

F • Familienaustellung • Farbtherapie • Feldenkrais-Methode • Feng Shui

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• Fitonics (for life) • Focusing • Fünf Tibeter • Funktionelle Entspannung • Fußreflexzonenmassage

G • Gestalttherapie, -arbeit • Geistiges Heilen • Gindler-Arbeit

H • Hakomi • Handlesen • Handreflexzonenmassage • Hanna Somatic Education • Heilfasten • Heilkräuter • Hildegard-Medizin • Homöopathie

I • Ideokinese • I Ging

J • Jin Shin Jyutsu

K • Kahuna • Katathymes Bilderleben • Kneipp-Kur • Konzentrative Bewegungstherapie • Kum Nye

L • Logotherapie • Luna-Yoga

M • Makrobiotik • Meditativer Tanz • Mentales Training • Meridianmassage

N • Naturheilverfahren • Neurolinguistisches Programmieren • Noro – Kino – Miki • Nowo-Balance

O • Obertonsingen • Osteopathie

P • Polarity-Massage • Positive Bejahung • Positives Denken

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• Posturale Integration • Psychodrama • Psychomotor Therapie • Psychotonik

Q • Qi Gong

R • Radiästhesie • Rebalancing • Rebirthing • Reiki • Rolfing

S • Sehschule • Sensory Awareness • Shiatsu • Silva-Mind-Methode • Simonton-Gesundheitstraining

T • Tai Chi Chuan • Tantsu • Tarot • Thai-Heilmassage • Therapeutic Touch • Touch for Health • Traditionelle Chinesische Medizin • Transaktionsanalyse • Traumarbeit

V • Vier Blutgruppen • Visualisierung

Y • Yin-Yang-Massage • Yoga

Z • Zen • Zilgrei

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4. Kursgutachten Die folgenden Kursgutachten entstammen dem "Kursbuch Gesundheits- und Persönlichkeitsbildung", einer Loseblattsammlung mit kurzen 'Gutachten' zu Kursangeboten aus den genannten Bereichen. Sie ist zwischen 1994 und 2000 erstellt worden. Da diese Arbeit neben dem laufenden Geschäft erfolgte, ist die Sammlung nicht sehr umfangreich ausgefallen und umfasst nur gut ein Drittel der ca. 100 angezielten Kursangebote. Die Reihenfolge der Bearbeitung folgte keinem systematischen Prinzip, sondern ergab sich nach der Dringlichkeit seitens der Kurspraxis und dem Informationsstand des Autors. Leider konnten die vorliegenden 33 Kursgutachten nicht mehr aktualisiert werden. So mancher jüngerer Literaturtitel wird fehlen, so manche Adresse nicht mehr stimmen. Die Beschreibungen und Beurteilungen jedoch können nach wie vor ihre – stets relative – Gültigkeit beanspruchen. Die entsprechenden Erkenntnisse veralten längst nicht so schnell wie die beigefügten Daten. Und neue Erkenntnisse inklusive neuerer Forschungen sind und bleiben rar. Einige der Kursgutachten sind unvollständig. Die halbfertigen Gutachten hätten noch weiter bearbeitet werden müssen. Sie sind hier trotzdem aufgenommen worden, weil auch diese wenigen Informationen für die Kurspraxis von Belang sein können. Die folgenden Kursgutachten sind keine wissenschaftlichen Expertisen, sondern waren stets als praxisrelevante Einschätzungen gedacht. Sie bleiben darum, theoretisch gesehen, vorläufig. Da die Praxis aber nicht immer auf die Theorie warten kann, mussten gelegentliche theoretische Skrupel gegenüber dem Mut zur praxisrelevanten Aussage zurückstehen. Zum "Kursbuch Gesundheits- und Persönlichkeitsbildung" gehörte ein Vorwort, das auch hier den einzelnen Kursgutachten vorangestellt werden soll: Name der Loseblattsammlung Der Name "Kursbuch" soll zeigen, daß in der entsprechenden Loseblattsammlung einerseits Kurse (= Bildungsveranstaltungen) zu finden sind und andererseits der fachliche, pädagogische und weltanschauliche Kurs (= Hintergrund) zur Sprache kommt, der in diesen Kursen eingeschlagen wird. Adressaten der Loseblattsammlung Das Kursbuch richtet sich an hauptamtliche pädagogische Mitarbeiter(innen), die den Fachbereich Gesundheits- und / oder Persönlichkeitsbildung vertreten, an Leiter(innen) von Katholischen Bildungswerken, Katholischen Familienbildungsstätten und anderen Bildungseinrichtungen in katholischer oder nicht-katholischer Trägerschaft, an Kursleiter(innen) im Bereich Gesundheits- und Persönlichkeitsbildung.

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Auswahl der Kurse Das Kursbuch beinhaltet sowohl akzeptable als auch inakzeptable Kurse, ist somit keine Empfehlungsliste. Es werden alle Kurse aufgenommen, für die in irgendeiner Hinsicht ein Klärungsbedarf besteht. Orientierungshilfe ist das vorrangige Kriterium. Das Kursbuch führt sowohl Kurse, die schon (lange) angeboten werden, als auch solche, die von Teilnehmer(inne)n neu angefragt oder von Kursleiter(inne)n angeboten werden (könnten). Ordnung der Kurse Die Kurse sind alphabetisch geordnet. Beschreibung der Kurse Die Kurse werden in gebotener Kürze (in der Regel zwei Seiten DIN A4) nach einem durchgängigen Kategorienraster skizziert. Dadurch sind Praktikabilität (schnelle und zielsichere Informationssuche) und Vergleichbarkeit gewährleistet. Über diesen Rahmen hinausgehende Informationen müssen der (angegebenen) Literatur entnommen werden. Es empfiehlt sich, das Kursbuch nach Bedarf mit eigenem Material (Kopien von Zeitungs- und Zeitschriftartikeln sowie Buchtexten) zu einzelnen Kursen zu ergänzen. Beurteilung der Kurse Die Beurteilung der Kurse stützt sich auf verfügbare einschlägige und kritische Literatur, auf eigene und fremde Kenntnisse und Erfahrungen als Anwender(in), Kursleiter(in) oder Teilnehmer(in), auf allgemeinen Sachverstand etc. Die Beurteilung der Kurse und die abschließende Empfehlung sind und bleiben subjektiv und damit anfechtbar. Sie sind subjektiv in dem Sinne, daß ihr empirischer (wissenschaftliche Erhebungen, eigene und fremde Erfahrung) und theoretischer Hintergrund bei (in der Regel) nur einem Autor begrenzt bleiben muß und keine Objektivität beanspruchen kann. Sie sind in einem zweiten Verständnis subjektiv, daß sie nicht den Charakter einer offiziellen Verlautbarung haben und hauptamtliche pädagogische Mitarbeiter(innen) nicht der eigenen Entscheidung entheben. Leiter(innen) der Kurse Die Qualität der Kurse steht und fällt mit der fachlichen, pädagogischen und persönlichen Qualifikation der Kursleiter(innen). Empfehlenswerte Kurse können schlecht geplant und durchgeführt werden, und eine gute Leitung kann einem problematischen Kurs immer noch positive Seiten abgewinnen. Darum sagen die Bescheibung und Beurteilung eines Kurses nur die halbe Wahrheit über die reale, organisierte Lernsituation aus.

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Akupressur Kurzinformation: chinesische Massageform Name: Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre im Westen geprägt; lat. „acus“ = Nadel; „pressare = drücken (Ableitung von „Akupunktur“, aufgrund des Wortes „acus“ irreführend) Praxis: Ohne Zuhilfenahme irgendwelcher Instrumente, nur mit dem Daumen, anderen Fingern oder dem Handballen, werden bestimmte einzelne Körperpunkte, nicht Körperflächen wie Gewebe oder (Reflex-) Zonen, mehrmals hintereinander mehrere Sekunden lang gedrückt, kreisend massiert, ausgestrichen oder gegriffen. Meistens wird Akupressur als Selbstmassage praktiziert, in fast jeder Position, mit oder ohne Kleidung. Gelegentlich wird sie um manuelle bzw. chiropraktische Techniken vor allem der Dehnung ergänzt. Ziele: Linderung und Beseitigung leichter Beschwerden, Erhaltung und Förderung der Gesundheit (durch Entspannung) Ähnlichkeiten: Behandlungen, in denen instrumentell (Akupunktur, Moxibustion) oder manuell Körperpunkte (Do-In, Polarity-Massage, Shiatsu) oder Körperzonen (Fußreflexzonenmassage) manipuliert werden, um Wirkungen auf den gesamten Körper oder einzelne, auch anderswo liegende Organe zu erzielen. Zugehörigkeit: traditionelle chinesische Medizin Unterschiede (zu Shiatsu): Akupressur und Shiatsu sind nur tendenziell zu unterscheiden. Akupressur wird eher als Selbst-, Punkt- und Teilkörpermassage bei leichten Beschwerden praktiziert, Shiatsu eher als Partner-, Meridian- (Punktreihe) und Ganzkörpermassage (auch) bei Beschwerdefreiheit, wobei auch die Techniken variieren. Richtungen: Aku-Yoga ist eine von dem Amerikaner Michael Gach entwickelte Kombination aus Akupressur und Hatha-Yoga, d.h. aus Massage und Körperhaltung. Geschichte: Akupressur ist mit der Massage innerhalb der traditionellen chinesischen Medizin identisch. In China heißt diese Massage nach ihren Grundtechniken An-Mo („An“ = drücken; „mo“ = reiben) oder Tui-Na („Tui“ = schieben; „na“ = greifen), wobei Tui-Na auch manuelle bzw. chiropraktische Elemente integriert. Hintergrund: Akupressur orientiert sich an der traditionell-chinesischen medizinischen Theorie, nach der der menschliche Körper von einer unsichtbaren Aktivität (chin. „Chi“ bzw. „Qi“, jap. „ki“) durchzogen wird, die auf bestimmten Bahnen (= Meridiane) verläuft und in diesen sowie zwischen diesen Bahnen unausgewogen und damit krankmachend verteilt sein kann. Die Verteilung kann durch instrumentelle (Akupunktur, Moxibustion) und manuelle Manipulationen (Do In, Polarity-Massage, Shiatsu) beeinflusst werden. Kursinhalte: Kennenlernen einzelner Körperpunkte und ihrer Indikationen sowie entsprechender Massagetechniken, in der Regel ohne eingehende Vermittlung der entsprechenden diagnostischen Techniken und konzeptionellen Vorstellungen (Meridiane, Yin / Yang, Fünf Elemente).

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Voraussetzungen: Für alle Altersstufen und bei vielen gesundheitlichen Einschränkungen geeignet, außer u.a. an erkrankten oder entzündeten Hautstellen, bei Fieber, Verletzungen, Krebs und schweren Herz-Kreislauf-Leiden. Während einer Schwangerschaft sollte der Unterleib ausgelassen bleiben. Akupressur ist relativ einfach zu erlernen, verlangt aber die Fähigkeit und Bereitschaft, sich selbst genauer als sonst zu spüren. Qualifikation: In Deutschland existieren keine festgelegten, einheitlichen Ausbildungsrichtlinien. Wünschenswert sind eine Fortbildung in traditioneller chinesischer Medizin, eine längere Akupressur-Praxis und anatomische Kenntnisse. fachliche Beurteilung: Ein möglicherweise geeignete Methode der Selbsthilfe zur Linderung und Beseitigung leichter Beschwerden. Als Heilmassage ist Akupressur, wenn überhaupt, nur bei heilkundlich ausgebildeten Masseuren sinnvoll. pädagogische Beurteilung: Stellt die Selbständigkeit im Urteil in keiner Weise infrage und bleibt offen für kritisches Denken. Allerdings besteht die Versuchung eines mechanistischen Denkens, nach der jeder Körperpunkt für eine oder wenige Beschwerden ‘zuständig’ ist und die Manipulation dieses Punktes automatisch die Linderung oder Beseitigung der Beschwerde(n) nach sich zieht. formale Beurteilung: Da Akupressur nur wenig Übung erfordert, lässt sie sich sehr gut in Kursen vermitteln. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: Als einfache Methode der Selbsthilfe ist Akupressur ein für Erwachsenenbildung geeigneter Kursinhalt. Der Kursleiter sollte allerdings der eigenen Versuchung und der Versuchung durch die Teilnehmer widerstehen, Akupressur zu mechanistisch weiterzugeben. Literatur: Lie, Foen Tjoeng / Heidemarie Stopek: Chinesische Punkt- und Meridianmassage. Wien 1988 Adresse: Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V., Steiermarkstr. 13, 81241 München

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Akupunktur Kurzinformation: aus China stammende physiotherapeutische Methode des Nadelstechens Name: lat. „acus“ = Nadel; „pungere“ = stechen. Der chinesische Name lautet „Zhen Jiu“ („Zhen“ = Nadel; „Jiu“ = erwärmen) und bezeichnet die Kombination von Akupunktur (Stechen von Körperpunkten) und Moxibustion (Anwärmen von Körperpunkten). Praxis: 0,2 - 0,5 mm dicke, 1 - 5 cm lange, sterile (Stahl-) Nadeln werden bei einem entspannt gelagerten Patienten 3 mm bis 5 cm tief, senkrecht oder schräg, in Haut und tiefere Gewebe eingestochen und manuell stimuliert (Drehen und Heben bzw. Senken der Nadel). Nach dem Stich verweilen die Nadeln 10 - 30 Minuten im Körper. Im Westen wird die Akupunktur besonders zur Schmerzbehandlung eingesetzt, aber auch bei funktionellen Störungen der Atmung und der Verdauung. Ziele: Heilung von Krankheit, Linderung von Beschwerden Ähnlichkeiten: Behandlungen, in denen instrumentell (Moxibustion) oder manuell (Akupressur, Do-In, Polarity-Massage, Shiatsu) Körperpunkte stimuliert werden, um Wirkungen auf den gesamten Körper oder einzelne, auch anderswo liegende Zonen zu erzielen. Zugehörigkeit: traditionelle chinesische Medizin Richtungen: In der Elektroakupunktur und der Laserakupunktur werden die Körperpunkte nicht manuell mit Nadeln, sondern elektrisch mit Nadeln bzw. ohne Nadeln, dafür mit Laserstrahlen stimuliert. Die Ohrakupunktur nach Paul F. M. Nogier (ab 1956) und die besondere Elektroakupunktur nach Reinhard Voll (ab 1971), auch „Biometrische Systemdiagnostik“ genannt, gelten nicht mehr als Bestandteil der Akupunktur, sondern als in sich abgeschlossene Systeme mit z.T. anderen theoretischen Vorstellungen Geschichte: Die Akupunktur mit Metallnadeln wird erstmals im Jahre 90 v. Chr. in einer chinesischen Biographie („Shi Ji“) erwähnt, wurde bis ins 18. Jahrhundert in vielen bedeutenden medizinischen Schriften beschrieben und kam während der „T’ang“ - Zeit (618 - 907 n. Chr.) auch nach Japan, Korea, Vietnam, Indien und Sri Lanka. 1683 veröffentlichte der holländische Arzt Ten Rhyne die erste, noch oberflächliche europäische Darstellung. 1863 erfolgte in dem in Paris verlegten Buch „La Médicine chez les Chinois“ (Die Heilkunst der Chinesen) von Dabry, in einer Zeit des Niedergangs der Akupunktur in China, die erste ernstzunehmende Auseinandersetzung mit der Akupunktur in Europa. In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts erfuhr die Akupunktur in China, auch schon in Europa, eine entscheidende Wiederbelebung. Berühmt wurde sie durch Filmaufnahmen in den siebziger Jahren von sensationellen Operationen an wachen Patienten, die angeblich nur mittels Akupunkturanästhesie schmerzfrei blieben. Hintergrund: s. Traditionelle Chinesische Medizin Kursinhalte: Kennenlernen der Theorie und Praxis, der Möglichkeiten und Grenzen der Akupunktur, auch um evtl. eine entsprechende Therapie in Erwägung zu ziehen. Voraussetzungen: keine

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Qualifikation: Die Ausbildung ist in Deutschland nicht geregelt und von unterschiedlicher Qualität. Manche Institute bzw. Gesellschaften bilden nur Ärzte aus, andere auch Heilpraktiker und Angehörige anderer Heilberufe. fachliche Beurteilung: Bei funktionellen Störungen und chronischen Erkrankungen, vor allem bei Schmerzzuständen verschiedenster Art, scheint die Akupunktur wirksam zu sein. Über den Wirkungsmechanismus gibt es bis heute verschiedene wissenschaftliche Erklärungen, von denen noch keine ganz überzeugt hat. „Akupunktur ist - eine ärztliche Diagnose vorausgesetzt und nur in der Hand eines Arztes - empfehlenswert bei Kopfschmerzen, Schmerzen des Bewegungsapparates, Schmerzen bei der Geburt und bei funktionellen und psychosomatischen Erkrankungen. Bei anderen Krankheiten kann Akupunktur nicht empfohlen werden, weil ihre Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen ist.“ (Stiftung Warentest) pädagogische Beurteilung: Unbedenklich, wenn die Akupunktur nicht im Zusammenhang mit einer Vorstellung von traditioneller chinesischer Medizin dargestellt wird, nach der diese uralte und tiefe Weisheit bedeutet oder als in sich und für immer abgeschlossenes System verstanden wird. formale Beurteilung: In Vorträgen und Demonstrationen kann die Akupunktur nur vorgestellt werden, und das nur in einer ersten Annäherung. Diese anfängliche Information genügt, um sich für eine Akupunkturbehandlung zu entscheiden und diese Behandlung in etwa verstehen zu können. Um die Anwendung dieses Verfahrens zu erlernen, ist eine medizinische Vorausbildung und eine mehrjährige spezielle Akupunkturausbildung notwendig. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: In Form einer kritischen Verbraucheraufklärung, die neben den Möglichkeiten auch die Grenzen betont, ist Akupunktur ein geeignetes Thema. Literatur: Stux, Gabriel: Akupunktur. München 1996 Adressen: Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V., Zweibrückenstr. 2, 80331 München Deutsche Akupunktur Gesellschaft Düsseldorf, Goltsteinstr. 26, 40211 Düsseldorf

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Alexander-Technik Kurzinformation: Eine Schule der Körperhaltung Name: "Alexander" = Nachname des Begründers der "Technik" weltanschauliche Beurteilung: Die Alexander-Technik ist weltanschaulich neutral. fachliche Beurteilung: geeignete Methode, körperlichen Fehlhaltungen vorzubeugen bzw. sie zu korrigieren pädagogische Beurteilung: unbedenklich formale Beurteilung: erfordert zwischen den Veranstaltungseinheiten und nach der Veranstaltung zusätzliche Übung Empfehlung: Unter Berücksichtigung des Kontextes von Weiterbildung (Zeitumfang, Gruppenlernen, wenig Übungsmöglichkeiten) bietet die Alexander-Technik in qualifizierten Händen eine gute Möglichkeit, Rückenprobleme in etwa zu verhindern oder zu mindern. Der volle Effekt der Technik ist allerdings erst mit 25 bis 35 Einzelsitzungen zu erreichen, und dann auch nur mit zusätzlicher Übung.

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Aromatherapie Kurzinformation: Heilmethode mit isolierten ätherischen Ölen weltanschauliche Beurteilung: Die Aromatherapie kann esoterisch gedeutet werden ("Seele", "höheres Wesen" der Pflanzen) und wird es nicht selten. fachliche Beurteilung: als Heilmethode von Einzelfällen abgesehen fraglich, für Befindlichkeitsstörungen ein möglicher Zugang pädagogische Beurteilung: nicht immer nachvollziehbar und deutlich auf die Einschätzungen des Referenten verwiesen, da die Auswahl der Öle keinem bzw. keinem einheitlichen Prinzip folgt formale Beurteilung: ist nur für einige wenige Öle umsetzbar, nicht für das gesamte Spektrum Empfehlung: Nur sehr zurückhaltend und mit Referenten anbieten, die sich zusätzlich in der Naturheilkunde, speziell der Kräuterheilkunde auskennen.

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Astrologie Kurzinformation: Eine Lehre zur Bestimmung der Qualität eines bestimmten Zeitpunkts an einem bestimmten Ort und der damit verbundenen, vergangenen oder zukünftigen Ereignisse (z. B. Geburt eines Menschen) Name: Sterndeutung (gr. "astér" = Stern, gr. "lógos" = Wort, Lehre, Idee). Der Name "Horoskopie" (lat. "hora" = Stunde, gr. "skopéin" = schauen: mittels der Sterndeutung "in die Stunde schauen") wäre treffender. weltanschauliche Beurteilung: Die Astrologie setzt ein Weltbild voraus, das je nach Schule unterschiedlich ausfallen kann und nicht in allen Fällen im Widerspruch zum Christentum stehen muss. fachliche Beurteilung: als Zukunftsdeutung (Prognose eines vorbestimmten Schicksals), "Zeitungshoroskop" (nur Tierkreiszeichen) und in kausaler Auslegung (physikalischer Einfluss der Sterne auf die Menschen) nicht haltbar, als Persönlichkeitsdeutung (Diagnose einer psychischen Grundstruktur jenseits von Genotyp und Phänotyp), vollständiges Horoskop (auch Häuser, Planeten und Aspekte) oder in symbolischer Auslegung (Analogien zwischen psychischen und kosmischen Strukturen) zumindest fraglich pädagogische Beurteilung: unbedenklich formale Beurteilung: ist nur in Langzeitkursen ernsthaft erlernbar Empfehlung: auch mit ausgebildeten und seriösen Referenten, die keine Zukunftsdeutung betreiben, keine "Zeitungshoroskope" erstellen, keine Kausalzusammenhänge unterstellen, die Gefahr diagnostischer Festschreibungen ("Sie sind / ich bin so!") kennen und die Einflüsse von Erbe und Umwelt berücksichtigen: abraten

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Atemarbeit Kurzinformation: (westliche) Wege der Erfahrung und/oder Übung des Atems (sowie der Stimme und des Sprechens) Praxis und Ziele: Unterschiedlich nach den verschiedenen Atem-, Stimm- und Sprechschulen. Gemeinsam ist allen Schulen die Berücksichtigung der (aufrechten) Körperhaltung, insbesondere des Kopfes, Rückens und Beckens. Ähnlichkeiten: Atemübungen innerhalb östlicher Bewegungskünste wie Kum Nye (Tibet), Qi Gong (China) und Hatha-Yoga (Indien); "Atmen und Singen" nach Frédérick Leboyer, dem "Vater der sanften Geburt" Unterschiede: Die Atemtechnik innerhalb des "Rebirthing" (willkürlich beschleunigter Atem) weicht von der klassisch-westlichen und der östlichen Atemarbeit stark ab. Geschichte: Im 19. Jahrhundert entwickelten unabhängig voneinander ein Franzose und ein Südtiroler Atemtechniken: der Schauspieler und Sänger François Delsarte (1811-1871) und der Gesangslehrer Leo Kofler (1837-1908). Beide behandelten mit ihrer Atemtechnik erfolgreich Probleme mit ihrer Stimme. Beide Techniken gelangten in die USA, bei Delsarte durch einen amerikanischen Schüler, bei Kofler durch Emigration. Koflers Methode wurde von der Klavierlehrerin Clara Schlaffhorst (1863-1945) und der Gesangslehrerin Hedwig Andersen (1866-1957), die auch Stimmprobleme hatten, für Europa (wieder-)entdeckt und weiterentwickelt. Sein Büchlein "Die Kunst des Atmens" übersetzten sie 1897 ins Deutsche. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Atemarbeit erfolgte im deutschsprachigen Raum später durch die Ärzte Johannes Ludwig Schmitt (1959), Erich Stiefvater (1962), Julius Parow (1966) und Heribert Krauss (1972). Richtungen mit Literatur und Adressen: Lieselotte Brühne: "Reflektorische Atemtherapie und Atemgymnastik", Lieselotte Brühne, Klopstockstr. 8, 80804 München (Lieselotte Brühne: Reflektorische Atemtherapie. Stuttgart 1983) Horst Coblenzer: "Atem-, Sprech- und Stimmerziehung", Max Reinhard Seminar, A -1140 Wien Volkmar Glaser: "Der Sinnvolle Atem", Lehrinstitut für Atempflege und Atemmassage, Straßburgerstr. 29, 72250 Freudenstadt (Volkmar Glaser: Sinnvolles Atmen. Berlin 1957) Christa Lehnert-Schroth: "Atmungs-Orthopädie", Sanatorium und Privatkrankenanstalt für Atmungs-Orthopädie, Leinenborner Weg 42-44, 55566 Sobernheim Ilse Middendorf: "Der Erfahrbare Atem", s. dort Julius Parow: "Der Funktionelle Atem", Insitut für Atemunterricht des "Funktionellen Atems", Bruchstr. 13, 40235 Düsseldorf (Julius Parow: Die Heilung der Atmung. Stuttgart 1966) Alice Scharschuch: (Alice Scharschuch: Der atmende Mensch. Bietigheim 1987) Clara Schlaffhorst/Hedwig Andersen: "Schule für Atmung und Stimme", Schule für Atmung und Stimme Schlaffhorst-Andersen, Jugenddorf, 31542 Bad Nenndorf (Margot Scheufle-Osenberg: Atemschulung. Düsseldorf 1987) Klara Wolf: "Integrale Atemschulung" (Klara Wolf: Integrale Atemschulung. Bern 1970) u.a. Hintergrund: unterschiedlich nach den verschiedenen Atem-, Stimm- und Sprechschulen

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Kursinhalte: unterschiedlich nach den verschiedenen Atem- und Stimmschulen Raum/Material: genügend großer Raum mit warmen Boden und Stühlen Voraussetzungen: in der Regel keine, evtl. vorherige Rücksprache mit dem Haus- oder einem Facharzt Qualifikation: Ausbildung an einer der Atem- und Stimmschulen und/oder als Logopäde, möglichst eine mehrjährige Praxis fachliche Beurteilung: Da Atmung die psychosomatische Schnittstelle par excellence ist, kann Atemarbeit vor allem präventiv, aber auch therapeutisch und rehabilitativ von großem Nutzen sein - auch für Körperhaltung und -spannung. pädagogische Beurteilung: unterschiedlich nach den verschiedenen Atem-, Stimm- und Sprechschulen formale Beurteilung: Atemarbeit ist in vielen Fällen eine täglich zu verrichtende Übung. Ein Kurs kann nur eine Hinführung sein. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: Atemarbeit ist aufgrund seiner präventiven Wirksamkeit und/oder Vertiefung der Körperwahrnehmung für die Gesundheitsbildung wichtig. Zu warnen ist vor jeglicher Form von Überbeanspruchung und/oder Ideologisierung der Atemfunktion allgemein oder einer besonderen Art zu atmen. Literatur: Krauss, Heribert: Atemtherapie. Berlin 1972 Parow, Julius: Die Heilung der Atmung. Stuttgart 1966 Schmitt, Johannes Ludwig: Atemheilkunst. Bern 1959 Stiefvater, Erich und Ilse: Cinesische Atemlehre und Gymnastik. Heidelberg 1962 Adressen: Arbeitsgemeinschaft für Atempflege e.V., Caroline von Steinaecker, Kaiser-Friedrich-Str. 17, 10585 Berlin, 030/3417226 (hier ist eine vollständige Aufzählung der vom Verband der Pneopäden und der Arbeitsgemeinschaft für Atempflege zugelassenen Schulen und der dazugehörigen Atemlehrer erhältlich)

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Ayurveda Kurzinformation: aus Indien stammende medizinische Theorie und Praxis, die in einer antiken Schriftensammlung erläutert ist Name: Sanskrit „ayur“ = (langes) Leben, „veda“ = Wissen: Wissen vom (langen) Leben. Der Name „veda“ steht sowohl für ein Wissen als auch für eine Schrift(ensammlung), in der dieses Wissen dargelegt wird. Praxis: Die Diagnostik des Ayurveda fußt allein auf der unmittelbaren und differenzierten Untersuchung durch die Sinne (z.B. Pulsdiagnose), der Analyse der „Prakriti“ genannten individuellen Konstitution und der Beschreibung des Wahrgenommenen mit Hilfe von zehn Eigenschaftspaaren (z.B. Schwere - Leichtigkeit). Die Therapeutik wie die Prävention umfassen diätetische (Ernährung, Heilfasten), reinigende (Fasten, Einläufe, Aderlass, Auslösen von Erbrechen), medikamentöse (Pflanzen, Mineralien / Metalle), physiotherapeutische (Atem- und Yogaübungen, Dampfbäder, Ölmassagen) und psychotherapeutische (Meditation / Tiefenentspannung, Einsatz von Düften, Klängen und Farben) Maßnahmen. Im Vordergrund steht die Diätetik. Eine nicht unbedeutende Rolle spielt der Handel mit Ayurveda-Produkten wie bestimmten Tees, Gewürzmischungen, Kräutern, Mineralien, Ölen, Körperpflegeartikeln, Delikatessen etc. Ziele: Heilung von Krankheit, Linderung von Beschwerden, Erhaltung und Förderung der Gesundheit Ähnlichkeiten: Ayurveda ist mit den anderen traditionellen Medizinsystemen vergleichbar, die in Ostasien (chinesische Medizin), Südasien (tibetische Medizin) und in Kleinasien entstanden sind (griechisch-arabische Medizin von Hippokrates über Galen bis Avicenna). All diese traditionellen Medizinsysteme sind im Unterschied zur jeweiligen Erfahrungsheilkunde bzw. Volksmedizin philosophisch-rational orientiert, beschränken sich im Unterschied zur jeweiligen religiös-magischen Medizin auf natürliche Phänomene und setzen im Unterschied zur Zellularpathologie (Krankheit als Störung von einzelnen Organen) der modernen, wissenschaftlichen und internationalen Medizin eine Humoralpathologie voraus (Krankheit als Störung der Harmonie verschiedener Kräfte, Säfte und Prinzipien im gesamten Organismus). Richtungen: Von dem Inder Maharishi Mahesh Yogi, dem Begründer der Transzendentalen Meditation initiierter und gesteuerter „Maharishi-Ayur-Veda“, eine Neuformulierung der alten ayurvedischen Schriften in Zusammenarbeit mit westlichen Medizinern und in Ausrichtung auf auf die Ideen der Transzendentalen Meditation. Es handelt sich nicht um eine „inhaltliche Weiterentwicklung“, „sondern vielmehr darum, Ayurveda für ganz andere Zwecke zu benutzen“ (Dieter von Schmädel). Maharishi-Ayur-Veda unterhält in Deutschland mehrere Kliniken bzw. Gesundheitszentren und Handelsgeschäfte mit Ayurveda-Produkten. Geschichte: Die Schriftensammlung Ayurveda geht auf die Zeit um 1500 v. Chr. zurück und stammt aus dem Kontext der ältesten Form des Hinduismus, des Brahmanismus, zum dem die „Veden“ genannten Schriften gehören. Berühmt sind die „Samhitas“ genannten Schriften der Ärzte Caraka, Sushruta (zw. 1500 - 1000 v. Chr.) und Vaghabata (800 n. Chr.). Auf diesen Schriften und den dort beschriebenen Medizinbereichen beruht die traditionelle indische Medizin, die in der Kolonialzeit einen Einbruch erlitt und erst in den fünfziger, z.T. sogar erst in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts in Indien eine Renaissance erlebte. Die indische

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Regierung fördert die Ayurveda-Medizin. Es gibt (Hoch-) Schulen für Ayurveda, besonders in Benares. Von Indien ausgehend wurde Ayurveda über den Umweg über die USA und vielfach in der Spielart des Maharishi-Ayur-Veda in den ausgehenden achtziger Jahren auch hierzulande bekannt. Hintergrund: Die Grundlage des Ayurveda bildet die Lehre von den fünf Elementen (Äther, Luft, Feuer, Wasser, Erde), denen bestimmte Sinne(sorgane) (Hören/Ohren, Fühlen/Haut, Sehen/Augen, Schmecken/Zunge, Riechen/Nase) und bestimmte Tätigkeiten und Tätigkeitorgane (Sprechen/Stimmbänder, Greifen/Hände, Fortbewegen/Füße, Zeugen/Geschlechtsorgane, Ausscheiden/Anus) entsprechen. Diese fünf Elemente verbinden sich zu Paaren und ergeben so die drei „Doshas“ genannten ‘Grundstoffe’ bzw. ‘Lebensenergien’(„Vata“ aus Äther und Luft, „Pitta“ aus Feuer und Wasser, „Kapha“ aus Erde und Wasser), die alle leibseelischen Funktionen steuern und je nach Konstitution, Geschlecht und Lebensalter unterschiedlich verteilt sind. Die Doshas haben ihre Hauptsitze im Verdauungstrakt: Vata im Dickdarm, Pitta im Magen und im Dünndarm, Kapha im Magen und auch in der Lunge. Die Ayurveda-Anatomie unterstellt weiterhin sieben „Dhatas“ genannte Gewebe (Plasma/Lymphe, Blut, Muskeln, Geschlechtsorgane, Knochenmark und Nervengewebe, Knochen, Fett), dreizehn Hauptkanäle für die Aufnahme von Flüssigkeiten, Luft, Nahrungsmitteln, deren Verarbeitung und Ausscheidung sowie drei Abfallprodukte (Urin, Schweiß, Kot). Gesundheit liegt vor, wenn die Doshas im Gleichgewicht sind, die Dhatas arbeiten, damit der Stoffwechsel funktioniert, und dreizehn natürliche Bedürfnisse nicht unterdrückt werden (Windlassen, Gähnen, Brechreiz, Wasserlassen, Stuhlgang, Samenerguss, Niesen, Hunger, schnelles Atmen nach Anstrengung, Tränen, Aufstoßen, Durst, Schlaf). Kursinhalte: bisher in der Regel die Ernährungslehre des Ayurveda Raum / Material: keine Einschränkungen oder Besonderheiten Voraussetzungen: Im Prinzip für Menschen aller Altersstufen, auch bei vielen gesundheitlichen Einschränkungen geeignet. Qualifikation: In Deutschland existieren nur wenige, nur kurze und fast nur vom Maharishi-Ayur-Veda angebotene Ausbildungsmöglichkeiten. Im Idealfall wäre eine Ayurveda-Ausbildung wünschenswert, die im englischsprachigen Ausland oder in Indien absolviert worden ist, unabhängig vom Maharishi-Ayur-Veda. In Indien wird Ayurveda in zwölf Semestern an Hochschulen gelehrt. fachliche Beurteilung: Ayurveda ist therapeutisch langfristig offenbar vor allem bei der Behandlung von Befindlichkeitsstörungen, von chronischen Krankheiten (z.B. Rheuma, chronische Magen-Darm-Erkrankungen, chronische Bronchitis) und von funktionellen Beschwerden (unterstützend) wirksam, nicht jedoch für so viele Krankheiten, wie oft behauptet wird. Einzelne therapeutische Details des Ayurveda sind offenbar wissenschaftlich nachgeprüft und in ihrer Wirksamkeit bestätigt worden. Prävention scheint Ayurveda für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu bieten. Es fehlt noch eine staatliche Kontrolle und damit der Nachweis toxikologische Unbedenklichkeit der auf den Markt kommenden ayurvedischen Medikamente. pädagogische Beurteilung: Stellt die Selbständigkeit im Urteil und die Offenheit für kritisches Denken, von Ausnahmen abgesehen, nicht infrage und bleibt offen für kritisches Denken. Bedenken könnten bei dem Maharishi-Ayur-Veda bestehen.

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institutionelle Beurteilung: Kursinhalte nach dem klassischen Ayurveda verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Die moderne Variante des Maharishi-Ayur-Veda wird zum Problem, wenn sie die mit dem Christentum unvereinbare Botschaft der Transzendentalen Meditation transportiert. formale Beurteilung: In Vorträgen, auch in Kursen, können nur Grundideen und einfache Grundpraktiken vermittelt werden. Jede weitere Beschäftigung mit Ayurveda erfordert die Qualität, Quantität und Intensität eines Lehrgangs. Empfehlung: Bei gebotener Zurückhaltung (keine Überschätzung der therapeutischen oder präventiven Möglichkeiten, kein Dogmatismus bezüglich der medizinischen Lehre, keine Vermengung mit dem Gedankengut der Transzendentalen Meditation) sind Informationsveranstaltungen zum Ayurveda denkbar. Praktische Kurse sollten nur mit Vorsicht angeboten werden. Literatur: Morrison, Judith H.: Ayurveda. Stuttgart 1995 Schrott, Ernst: Ayurveda für jeden Tag. München 1994 Thakkur, Chandrasekhar G.: Das ist Ayurveda. Freiburg 1994 Verma, Vinod: Ayurveda, der Weg des gesunden Lebens. München 1992 Adresse: Deutsche Gesellschaft für Ayurveda, Wildbadstr. 201, 56841 Traben-Trabach, 06541 / 5817 Wissenschaftliche Gesellschaft für Yoga und Traditionelle Indische Medizin, Evangelisches Waldkrankenhaus Bonn, Dr. Uwe Ruscher, 0228 / 3830

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Bach - Blütentherapie Kurzinformation: Heilmethode mit 38 Blütenwassern Name: "Bach" = Nachname des Begründers der Therapie weltanschauliche Beurteilung: Die Bach-Blütentherapie kann esoterisch gedeutet werden ("Seele", "höheres Wesen" der Blume) und wird es nicht selten. fachliche Beurteilung: als Heilmethode ungeeignet, für Befindlichkeitsstörungen aufgrund der psychosomatisch willkürlichen Zuordnung von Mittel, Krankheit und Gemütszustand fraglich, ansonsten allenfalls (auto-) suggestiv wirksam pädagogische Beurteilung: nicht immer nachvollziehbar und deutlich auf die Einschätzungen des Referenten verwiesen, da die Auswahl der Blütenwasser keinem bzw. keinem einheitlichen Prinzip folgt formale Beurteilung: erfordert einen Langzeitkurs Empfehlung: aufgrund der Gefahr der Nicht- oder Falsch-Behandlung seelischer Störungen oder körperlicher Erkrankungen nicht anbieten

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Biodynamik Kurzinformation: Eine Schule der Körpertherapie bzw. körperorientierten Psychotherapie mittels Massage Name: "Biodynamik" = "Lehre von der Lebenskraft"; andere Namen: „Biodynamische Psychologie“ oder „Psychotherapie“ weltanschauliche Beurteilung: Die Biodynamik ist weltanschaulich neutral. fachliche Beurteilung: "Zur Behandlung seelischer Störungen eignet sich die Biodynamische Therapie nicht. Zur Behandlung psychosomatischer Störungen und als Möglichkeit der Selbsterfahrung hat sie einen gewissen Wert." (Kursbuch Seele) pädagogische Beurteilung: unbedenklich formale Beurteilung: da zur Selbstanwendung ungeeignet, nur als berufliche und damit auch umfangreiche Ausbildung sinnvoll Empfehlung: Biodynamik wäre, wenn überhaupt, nur als Schule der Körperwahrnehmung anzubieten, hat aber gegenüber z. B. der Eutonie den Nachteil, nicht als solche konzipiert worden zu sein und keine Selbstanwendung zu ermöglichen

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Bioenergetik Kurzinformation: Eine Schule der Körpertherapie bzw. körperorientierten Psychotherapie mittels Körper- / Atemübungen und Massage Name: "Bioenergetik" = "Lehre von der Lebensenergie" weltanschauliche Beurteilung: Die Bioenergetik, an sich weltanschaulich neutral, wird nicht selten esoterisch vereinnahmt. fachliche Beurteilung: "Bioenergetik eignet sich nicht als eigenständige Therapieform, um seelische Störungen und psychosomatische Erkrankungen zu behandeln. (...) Als Methode der Selbsterfahrung eignet sich Bioenergetik nur für gesunde, psychisch stabile Menschen." (Kursbuch Seele) pädagogische Beurteilung: unbedenklich formale Beurteilung: da nur bedingt zur Selbstanwendung geeignet, nur als berufliche und damit auch umfangreiche Ausbildung sinnvoll Empfehlung: Bioenergetik wäre, wenn überhaupt, nur als Möglichkeit der Selbsterfahrung anzubieten. Als solche ist sie jedoch für den Kontext der Weiterbildung zu emotional-konfliktzentriert und damit therapeutisch ausgerichtet.

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Brain-Gym Kurzinformation: ein Set von (Bewegungs- und Berührungs-) Übungen Name: engl. „Brain-Gym(nastic)“ = Gehirngymnastik. Brain-Gym ist als eingetragenes Warenzeichen für das „Institut für Angewandte Kinesiologie“ (Freiburg), die kinesiologische Ausbildungseinrichtung in Deutschland, gesetzlich geschützt. Praxis: Brain-Gym wird im professionellen Umgang mit Kindern seit einiger Zeit in Schulen (Sonderschulen, Grundschulen) und Kindertageseinrichtungen durchgeführt. Neuerdings werden Kurse nicht mehr nur noch für Erzieher und Lehrer veranstaltet, sondern auch, durch Weiterbildungseinrichtungen, für Eltern. Inzwischen wird Brain-Gym sogar für Erwachsene angeboten. In all diesen Fällen werden Elemente aus einem Set von 25 Übungen praktiziert (acht Druckpunktmassageübungen zur Energetisierung, sechs Bewegungsübungen zur Links-Rechts-Koordination, sechs Dehnungsübungen zur Beweglichkeit, zwei Lockerungsübungen zur Entspannung, je eine Atmungs-, eine Haltungs- und eine mentale Übung). Hinzu kommt die Empfehlung, jeden Tag viel gutes und klares Wasser zu trinken. Die Übungen können, aber müssen nicht mit dem aus Touch for Health bekannten diagnostischen Muskeltest verbunden sein. Funktion: Förderung des Lern- und Konzentrationspotentials, Korrektur oder Verhütung von Lern- und Konzentrationsblockaden. Zugehörigkeit: Edu-K(inestetic) (= Educational Kinesiology), eine Richtung bzw. die heilpädagogische Richtung der Angewandten Kinesiologie; im Unterschied zu Touch for Health, der ältesten und bekanntesten Variante der Angewandten Kinesiologie, werden nicht nur Körperpunkte massiert, sondern auch (Körper-) Übungen gemacht. Ähnlichkeiten: „Psychomotorik“ bzw. „Motopädagogik“ (E. J. Kiphard), Bewegungsübungen aus der Ausgleichsgymnastik; östliche Atmungs-, Haltungs- und Massageschulen (Akupressur, Do In, Hatha-Yoga, Shiatsu) Geschichte: Dr. Paul Dennison, der in Kalifornien in einem heilpädagogischen Zentrum für sprach- und lernbehinderte Kinder arbeitete und selbst Legastheniker ist, lernte 1979 Touch for Health (TFH) und darüber die Kinesiologie kennen. Aus seiner heilpädagogischen Erfahrung mit Kindern und seiner Kenntnis der Kinesiologie entwickelte Dennison die Edu-Kinestetik und in diesem Zusammenhang die Brain-Gym-Übungen. Hintergrund: Der Mensch hat einen grob- und einen feinstofflichen bzw. einen materiellen und einen energetischen Körper. Letzterer ist entscheidend. In allen Erscheinungsformen der belebten und unbelebten Welt zeigt sich eine universelle Energie. Sie muss ausreichend, ungehindert und ausgewogen fließen können. Diese kinesiologische Hintergrundtheorie wird von Brain-Gym geteilt und durch zwei weitere Theorien ergänzt: die neurophysiologische Theorie der beiden für unterschiedliche psychische und geistige Kompetenzen zuständigen Hälften des Großhirns und die psychomotorische Theorie des engen Zusammenhangs zwischen Bewegung und Lernen. Lernschwierigkeiten sind danach auf energetische Probleme, insbesondere im Wechselspiel der beiden Großhirnhälften, zurückzuführen. Die energetischen Probleme, die im Muskeltest genauer diagnostiziert werden können, sind durch

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gezielte körperliche (Bewegungen, Berührungen etc.) und geistige (Visualisierungen) Übungen korrigierbar. Kursinhalte: Die Brain-Gym-Übungen und mehr oder minder ausführliche theoretische Erklärungen Voraussetzungen: keine Qualifikation: Es gibt eine international standardisierte Ausbildung zum sogenannten „Brain-Gym-Instructor“, zertifiziert von der Educational Kinesiology Foundation of North America. In Deutschland kann man diese Ausbildung im Institut für Angewandte Kinesiologie oder im Arbeitskreis zur Selbsthilfe Edu-Kinestetik absolvieren. Sie befähigt und berechtigt zur Durchführung der Kurse „Brain-Gym I“ und „Brain-Gym II“. fachliche Beurteilung: Die Bewegungsübungen selbst dürften wohltuend sein, sind ansonsten aber weder hilfreich noch problematisch. Der theoretische Hintergrund allerdings bleibt fragwürdig. Aus medizinischer Sicht: „Die Bewegungsübungen entsprechen einfacher Gymnastik. Es ist möglich, dass sie das Körpergefühl der Kinder leicht verbessern. Es gibt jedoch keinen Nachweis, dass ... die Behandlungsmethoden die behauptete Wirkung haben. (...) Die Vorstellungen von den Energieblockaden sind spekulativ, die Theorie von der Art der Zusammenarbeit beider Gehirnhälften widerspricht medizinischen Erkenntnissen. Wohltuende Effekte ... beruhen auf ... unspezifischen Wirkfaktoren.“ (Federspiel / Karger: Kursbuch Seele) Aus (sonder-) pädagogischer Sicht: „Das dem gesamten Verfahren zugrundeliegende technizistische Menschenbild entspricht weder dem gegenwärtigen erziehungswissenschaftlichen noch dem heil- und sonderpädagogischen Diskussionsstand. Vielmehr wird durch mechanistische und biologistische Verkürzungen innerhalb dieses Ansatzes die Entwicklung eines sonderpädagogischen Problembewusstseins eher verhindert als gefördert und die Entwicklung von heilpädagogischer Handlungskompetenz behindert bzw. gefährdet. Im Blick auf das leitende Behinderungs-Verständnis vollzieht dieser Ansatz einen Rückschritt auf in der Fachdiskussion längst überwundene Positionen (wie z.B. auf das medizinische ‘Paradigma’), die letztlich zu einer verdinglichenden Verkürzung und zu einer isoliert das Individuum fixierenden Betrachtungsweise von Behinderung führen. Die sonderpädagogische Bemühung um differenzierte Erhebung des individuellen Förderbedarfs im Mensch-Umfeld-Zusammenhang wird zugunsten von Pragmatismus und ‘Rezeptologie’ vernachlässigt. Der ideologische Charakter dieses Ansatzes wird durch implizite Mechanismen der Immunisierung gegen wissenschaftliche Kritik und durch pseudowissenschaftliches Selbstverständnis aufrechterhalten.“ (Stellungnahme des Lehrgebiets Heil- und Sonderpädagogik der Fernuniversität Hagen) pädagogische Beurteilung: Für die Übungen selbst bestehen kaum Bedenken. Da der theoretische Hintergrund aber als wissenschaftlich gesicherte Wahrheit dargestellt wird und der evtl. Muskeltest Intuition erfordert und (Auto-)Suggestion beinhaltet, besteht bei wenig selbstkritischen Kursleitern die Gefahr, dass die Teilnehmer sich von derem Urteilen und Handeln abhängig machen. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Allerdings neigen manche der Anwender von Brain-Gym aufgrund des energetischen Ansatzes einer esoterischen Weltsicht zu. Der Kosmos wird monistisch-pantheistisch als apersonal-göttliche Wesenheit begriffen, Krankheit spiritualisiert und individueller Verantwortung angelastet.

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Empfehlungen: Am wenigsten Bedenken bestehen, wenn Brain-Gymohne theoretischen Hintergrund, ohne Muskeltest und zusammen mit anderen Übungen vorgestellt wird und dabei nicht die Methode bzw. der Name im Vordergrund steht, sondern das Problem bzw. das Ziel (z.B. Verbesserung der Koordinationsfähigeit). Literatur: Dennison, Paul: Befreite Bahnen (1981). 11. Aufl. Freiburg 1996 Dennison, Paul / Gail Dennison: Brain-Gym. Lehrerhandbuch (1991). 7. Aufl. Freiburg 1995 Adressen: Arbeitskreis zur Selbsthilfe Edu-Kinestetik e.V., c/o Ursula Boberg, Dürerstr. 12, 49134 Wallenhorst Institut für Angewandte Kinesiologie, Zasiusstr. 67, 79102 Freiburg, 0761/706384

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Do - In Kurzinformation: chinesische Massage- und Bewegungsform Name: Japanisierung von chin. „Tao-Yin“: „do“ = „tao“ = Weg; „in“ = „yin“ Praxis: Ohne Zuhilfenahme irgendwelcher Instrumente, nur mit den Händen, werden Reihen bestimmter Körperpunkte, nicht Körperflächen wie Gewebe oder (Reflex-) Zonen, gedrückt, geklopft und anderweitig massiert. Do-In wird als Selbstmassage praktiziert, in fast jeder Position, mit oder ohne Kleidung. Zur Massage gehören in jedem Fall Atem-, Dehnungs- und Lockerungsübungen. Ziele: Erhaltung und Förderung der Gesundheit (durch Entspannung und Wohlbefinden), Förderung der spirituellen Entwicklung (durch Übungen) Ähnlichkeiten: Einerseits Behandlungen, in denen instrumentell (Akupunktur, Moxibustion) oder manuell Körperpunkte (Akupressur, Polarity-Massage, Shiatsu) oder Körperzonen (Fußreflexzonenmassage) manipuliert werden, um Wirkungen auf den gesamten Körper oder einzelne, auch anderswo liegende Organe zu erzielen; andererseits Übungswege, in denen Körperhaltungen, Atmung und Konzentration im Mittelpunkt stehen (Hatha-Yoga). Aufgrund der Ähnlichkeit zum Hatha Yoga wird vom Do-In mitunter als vom „chinesischen Yoga“ gesprochen. Unterschiede (zu Akupressur und Shiatsu): Anders als Akupressur ist Do-In in der Regel eine Meridian- (Punktreihe) und Ganzkörpermassage, im Unterschied zum geläufigen Shiatsu eine Selbstmassage und wird mit Atem- und Haltungsübungen kombiniert. Geschichte: Das Wissen über Do-In stammt aus dem Japan der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts, während der Ursprung des Do-In in der Massageform „Tao-Yin“ liegt, die innerhalb der traditionellen chinesischen Medizin entwickelt worden ist. In den USA ist das Do-In durch den japanischen Makrobiotiklehrer Michio Kushi bekannt geworden, in Europa durch die Franzosen Jacques de Langre, Jean Bernard Rishi und Jean Rofidal. Hintergrund: Do-In orientiert sich an der traditionell-chinesischen medizinischen Theorie, nach der der menschliche Körper von einer unsichtbaren Aktivität (chin. „Chi“ bzw. „Qi“, jap. „ki“) durchzogen wird, die auf bestimmten Bahnen (= Meridiane) verläuft und in diesen sowie zwischen diesen Bahnen unausgewogen und damit krankmachend verteilt sein kann. Die Verteilung kann durch instrumentelle (Akupunktur, Moxibustion) und manuelle Manipulationen (Akupressur, Polarity-Massage, Shiatsu) beeinflusst werden. Kursinhalte: (Entspannungs-) Massage einzelner Körperregionen oder des ganzen Körpers und Atem- und Haltungsübungen, in der Regel ohne eingehende Vermittlung der entsprechenden diagnostischen Techniken und konzeptionellen Vorstellungen (Meridiane, Yin / Yang, Fünf Elemente). Raum / Material: Großer, warmer Raum ohne Mobiliar, ein Teppich- oder Holzboden, eine Decke und evtl. (Meditations-) Kissen, lockere und bequeme Kleidung

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Voraussetzungen: Im Prinzip für Menschen aller Altersstufen, auch bei vielen gesundheitlichen Einschränkungen geeignet. Insgesamt gilt, dass die Fähigkeit und Bereitschaft erforderlich ist, sich selbst genauer als sonst zu spüren. Qualifikation: In Deutschland existieren kaum Ausbildungsmöglichkeiten, geschweige denn festgelegte, einheitliche Ausbildungsrichtlinien. Wünschenswert sind eine Do-In-Ausbildung, wie sie in Frankreich durchgeführt wird, oder eine Shiatsu-Ausbildung, Grundkenntnisse der traditionellen chinesischen Medizin und der Anatomie sowie eine längere Übungspraxis. fachliche Beurteilung: Eine Methode, die in medizinischer Sicht zur Gesundheitsförderung geeignet zu sein scheint, in spiritueller Sicht jede Form von Meditation ergänzen kann. Als Therapiemethode kann sie nur von Experten ausgeübt werden. Die gibt es in Deutschland kaum. pädagogische Beurteilung: Stellt die Selbständigkeit im Urteil in keiner Weise infrage und bleibt offen für kritisches Denken. formale Beurteilung: Do-In ist nur durch Übung erlernbar. Kurse können daher nur eine Hinführung sein. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: In der Regel ist es kaum möglich, in einem einzigen Kurs Do-In zu erlernen. Es ist sinnvoller, sich auf bestimmte Übungen zu konzentrieren. Literatur: Langre, Jacques de: Do In. Berlin 1981 Kushi, Michio: Do-In-Buch. Frankfurt a. M. 1980 Rofidal, Jean: Do In. Altstätten 1989 Adresse: Jean Rodifal, Fayère, F - 05260 Forest Saint Julien, Tel.: 0033 / 92 507 301

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Edelsteintherapie / Kristalltherapie Kurzinformation: Verwendung von Edelsteinen und Kristallen, meist in Verbindung mit anderen "esoterischen" Verfahren Praxis: Der Klient liegt, leicht bekleidet. Der Therapeut legt unterschiedliche Edelsteine und Kristalle auf unterschiedliche Körperstellen des Klienten. Besondere Aufmerksamkeit erfahren die sieben Chakren entlang der Wirbelsäule. Es kann auch Wasser aufgetragen oder eingenommen werden, in dem zuvor Edelsteine und Kristalle gelegen haben. weltanschauliche Beurteilung: Die Unterstellung einer Heilkraft von Edelsteinen und Kristallen, empirisch nicht belegbar, steht für sich nicht unbedingt im Widerspruch zu einer christlichen Weltsicht – selbst, wenn sie nicht nur aktuell, sondern sogar prinzipiell unerforschbar ist. Wenn Edelsteine und Kristalle im Kontext von Geistheilung verwendet werden, gelten die dort gegebenen Hinweise. Hinweise auf Hildegard von Bingen, historisch eher fragwürdig, können eine, aber müssen keine Begründung erhärten. fachliche Beurteilung: Bisher gibt es keinen Beleg dafür, dass die Edelstein- / Kristalltherapie, abgesehen von psychologischen Effekten und unabhängig von unterstellten Ursachen (Kraft der Edelsteine / Kristalle selbst oder durch die Edelsteine / Kristalle wirkende Kraft des Therapeuten) wirksam ist. pädagogische Beurteilung: Da die Theorie und noch mehr die Praxis der Edelstein- / Kristalltherapie offensichtlich je nach Therapeut beträchtlich variieren und von deren Intuition abhängen, ist diese Art der Therapie nicht bzw. nicht als solche erlernbar und von Teilnehmern kaum für sich überprüfbar. formale Beurteilung: Das Erlernen der Edelstein- und Kristalltherapie erfordert eher ein langfristiges und individuelles Meister-Schüler-Verhältnis als einen kurzfristigen Kurs in einer Gruppe. Empfehlung: Die Edelstein- und Kristalltherapie sollte, vor allem aus fachlichen, pädagogischen und formalen Gründen, nicht ins Programm genommen werden. Wenn sie doch angeboten wird, dann nur mit einem distanziert engagierten Referenten und in Verbindung mit anderen Verfahren.

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Enneagramm Kurzinformation: eine (sprirituelle) Persönlichkeitstypologie, die von neun Charakteren (drei Grundcharaktere bzw. -dreiheiten) ausgeht und in der geometrischen Figur des Enneagramms repräsentiert wird Name: altgriech.: "ennea" = neun; "gramma" = Punkt, Buchstabe Praxis: unterschiedlich nach Kursleitern Ziele: die eigene (immer auch ambivalente) Persönlichkeitsstruktur mit ihren Veränderungsmöglichkeiten und -grenzen erkennen Ähnlichkeiten: alle aus Prinzipien gewonnen, nicht empirisch erhobenen Persönlichkeitstypologien wie die zwei "Reaktionstypen" (C.G.Jung), die vier "Temperamente" (Hippokrates), die vier "Grundformen der Angst" (Fritz Riemann) und die zwölf Sternzeichen (Astrologie) Richtungen: esoterische (Gurdjieff; Bennett, Popoff, Vollmer), humanistisch-psychologische (Ichazo, Naranjo; Frings Keyes, Jaxon-Bear, Palmer) und christlich-psychologische (Beesing/O'Leary, Riso, Rohr/Ebert) Deutungsansätze; letztere gelten mitunter als zu unchristlich (bei Christen), mitunter als zu christlich (bei Esoterikern und Psychologen) und/oder als zu psychologisch-pragmatisch (bei Esoterikern). Geschichte: Die Annahme, das Enneagramm stamme aus der mystischen Tradition des Islam, dem Sufismus, und sei damit mindestens 1000 Jahre alt, ist nicht belegt, aber denkbar. Hypothesen, daß es noch älter sei, sind skeptisch zu betrachten. Nachweisbar als erster hat der russische Esoteriker Georg Iwanowitsch Gurdjieff (ca. 1868-1949) mit dem Enneagramm gearbeitet. Von seinem Schüler, dem Engländer John G. Bennett, stammt die erste Veröffentlichung zum Enneagramm (1914). Der Chilene Oscar Ichazo (geb. 1930) verband Gurdjieffs esoterische Lehre in den sechziger Jahren mit psychologischen Traditionen und Neuentwicklungen. Gurdjieff wie Ichazo beriefen sich, ohne Namen zu nennen, auf Sufis als ihre Lehrer. Der erste verstand das Enneagramm als kosmologisches Modell für Prozesse aller Art (vgl. Astrologie, Kabbala, Tarot), der zweite als (persönlichkeits-)psychologische Typenlehre. 1971 kam Ichazo in die USA. In den frühen siebziger Jahren verbreitete sich das Enneagramm in New York, Los Angeles, San Franzisco und - vor allem - am kalifornischen Esalen-Institut, dem Zentrum der humanistischen und transpersonalen Psychologie. Der bolivianische Psychiater Claudio Naranjo, der mit Ichazo zusammenarbeitete, spielte hierbei eine entscheidende Rolle. Durch ihn wurden Jesuiten auf das Ennegramm aufmerksam, vor allem Robert Ochs. Im Anschluß an ihn entwickelte sich u.a. eine christlich-spirituelle Linie der Arbeit mit dem Enneagramm (Richard Riso als Jesuit, Richard Rohr als Franziskaner, Andreas Ebert als lutherischer Pfarrer). 1989 wurde in Deutschland der "Ökumenische Arbeitskreis Enneagramm (ÖAE)" gegründet. Hintergrund: Dem Enneagramm liegt die numerologische Denkweise zugrunde, nach der Zahlen nicht nur Quantitäten sind, sondern jeder der neun bzw. zehn Grundzahlen des Dezimalsystems eine bestimmte Qualität zukommt. In der im 12./13. Jahrhundert vor allem in Spanien entstandenen Kabbala, einer mystisch-esoterischen Strömung innerhalb des Judentums, ist dieselbe Denkweise vorzufinden ("Der Baum des Lebens" mit 10 "Sephirot" = Zahlen-/ Sphären). Desweiteren teilt das Enneagramm die Prinzipien einer jeden Typenlehre,

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auch wenn nicht alle wie das Enneagramm (auch) für den geistlichen Weg von Menschen in Anspruch genommen werden: Typen beziehen sich auf Gruppenzugehörigkeiten, nicht auf einzelne Menschen oder den Menschen an sich (mittlere Allgemeinheit), charakterisieren einzelne, nicht alle individuellen Erscheinungen (keine Einheitstypologie), sind prinzipiell alle mehr oder minder jedem Menschen zuzuschreiben (keine Exklusivität der Zuordnung), gelten als dynamisch, nicht als statisch (Veränderungspotentiale), sind intuitiv zu schauen, nicht schematisch zu handhaben (Kunst) und nie bloß positiv oder negativ (Ambivalenz). Allerdings steht das Enneagramm in der Gefahr, sich als Einheitstypologie darzustellen und die Exklusivität der Zuordnung zu Typen zu behaupten. "Lebewesengruppen gehen für unsere Wahrnehmung desto mehr in einem Typus auf, je ferner sie uns stehen oder je fremder sie uns sind - und lösen sich für unsere Wahrnehmung desto mehr in Individuen auf, je näher sie uns stehen und je vertrauter sie uns sind." (Willy Hellpach) Kursinhalte: das Enneagramm, seine neun Typen und der Umgang mit dieser Typenlehre Voraussetzungen: Fähigkeit, die Prinzipien einer Typenlehre verstehen und diese kritisch auf sich, erst recht auf andere anwenden zu können Qualifikation: Kenntnisse der Persönlichkeitspsychologie und verschiedener Enneagramm-Richtungen, Zurückhaltung bei diagnostischen Aussagen und/oder therapeutischen Ratschlägen fachliche Beurteilung: Sinnvoll, d.h. vorsichtig und eingeschränkt, eingesetzt, ist das Enneagramm ein gutes Instrument der Selbsterkenntnis, des Selbstumgangs und vor der Versöhnung mit eigenen Schwächen. Dazu ist es nicht nötig, ihm eine uralte Tradition zu unterstellen, die es als Persönlichkeitspsychologie überhaupt nicht hat. pädagogische Beurteilung: Das Enneagramm scheint die Autonomie der Teilnehmer im Umgang mit sich selbst je nach ihren Voraussetzungen und der Vermittlung des Kursleiters ermöglichen und verhindern zu können. formale Beurteilung: Wenn das Enneagramm vermittelt und verstanden worden ist, besteht die Gefahr, daß der Kurs unter der Hand zur ausschließlichen Selbsterfahrung, gegenseitigen Lebensberatung oder zur Exerzitieneinheit wird. institutionelle Beurteilung: Obwohl das Enneagramm gerade in christlichen Kreisen und unter christlicher Terminologie ("Sünde", "Umkehr", "Versuchung" etc.) sehr beliebt ist, bleibt es eine weder christliche noch islamische noch sonstwie religiös begründete Persönlichkeitstypologie. Es verhält sich zum christlichen Menschenbild neutral. Empfehlung: Das Ennegramm ist mit Zurückhaltung und guten Referenten durchaus einsetzbar. Allerdings sollte die Bildungsarbeit nach Einführungsveranstaltungen nicht zu dem Ort gemacht werden, wo das Enneagramm langsfristig besser eingesetzt ist: in Exerzitien o.ä. Veranstaltungen. Literatur: Frings Keyes, Margret: Transformiere deinen Schatten. Die Psychologie des Enneagramms. Reinbek 1993 Jaxon-Bear, Eli: Das Enneagramm - Charakterfixierung und spirituelles Wachstum. München 1989 Palmer, Helen: Das Enneagramm. Sich selber und andere verstehen lernen. München 1991

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Riso, Richard: Die neun Typen der Persönlichkeit und das Enneagramm. München 1989 Rohr, Richard/Andreas Ebert: Das Enneagramm. Die 9 Gesichter der Seele. München 1989 Vollmer, Klausbernd: Das Enneagramm - Praktische Lebensbewältigung mit Gurdjieffs Typenlehre. München 1993 Adressen: Ökumenischer Arbeitskreis Enneagramm e.V., Berlinstr. 5, 29223 Celle

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Eutonie Kurzinformation: Eine Schule der Körperwahrnehmung Name: "Eu" = "gut"; "tonos" = Spannung (richtiges Maß zwischen den Extremen der Verspannung und der Erschlaffung) weltanschauliche Beurteilung: Die Eutonie ist weltanschaulich neutral. fachliche Beurteilung: geeignete Methode, den eigenen Körper bzw. die eigene Körperlichkeit kennenzulernen, auch und besonders als Voraussetzung für eine präventive Lebensführung pädagogische Beurteilung: unbedenklich formale Beurteilung: unbedenklich Empfehlung: empfehlenswert

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Farbtherapie Kurzinformation: Im weiteren Sinne Therapie mittels Farben, rezeptiv (Bestrahlung mit farbigen Licht, Tragen farbiger Kleidung, etc.) wie produktiv (Malen, Visualisieren, etc.); im engeren, hier gemeinten Sinne, Bestrahlung von Körperstellen mit farbigen Licht Ähnlichkeiten: Lichtanwendungen in der Physiotherapie – künstliche Bestrahlung mit unsichtbarem (Infrarot-Licht, Ultraviolett-Licht) oder sichtbarem Licht (Blaulicht) und Aufenthalt im Sonnenlicht (zu 39% sichtbares Licht) – und in der Psychiatrie (indirekte Bestrahlung mit weißem Licht ohne ultraviolette Anteile) Unterschied: Die Farbtherapie unterstellt im Unterschied zur medizinischen Lichttherapie, dass Farben bestimmte Eigenschaften zugeordnet werden können (Qualität) und sie nicht nur mit bestimmten sichtbaren Wellenlängen korrespondieren (Quantität). Geschichte, Hintergrund, Kursinhalte, Raum/Materialien, Voraussetzungen, Qualifikation: wird noch bearbeitet weltanschauliche Beurteilung: Die Farbtherapie für sich ist weltanschaulich neutral, kann aber im Kontext mit anderen Verfahren oder bestimmten "ganzheitlichen" Weltdeutungen in Spannung zu christlichen Vorstellungen geraten. fachliche Beurteilung: Die Wirkung der Farbtherapie ist nicht belegt. Die Erklärungen ihrer möglichen Wirksamkeit (spezifische Qualitäten der Farben, Anregung der Cyctochrome oder des Biophotonenfelds) und manche theoretischen Versatzstücke (Goethes Farbenlehre, Max Lüschers Farbentest, Farbmystik, traditionelle chinesische oder indische Medizin, etc.) sind strittig. pädagogische Beurteilung: Schafft aufgrund einer nicht überprüfbaren und individuell unterschiedlich gefassten Lehre ggf. unerwünschte Abhängigkeiten vom Referenten. formale Beurteilung: Das Erlernen der Farbtherapie erfordert eher ein langfristiges und individuelles Meister-Schüler-Verhältnis als einen kurzfristigen Kurs in einer Gruppe. Empfehlung: Die Farbtherapie sollte, vor allem aus fachlichen, pädagogischen und formalen Gründen, nicht ins Programm genommen werden. Wenn sie doch angeboten wird, dann nur mit einem distanziert engagierten Referenten und in Verbindung mit anderen Verfahren.

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Feng Shui Kurzinformation: traditionelles chinesisches System der Beurteilung der Qualität eines bestehenden oder zu schaffenden Ortes vor dem Hintergrund seiner jeweiligen Umgebung Name: ausgesprochen „fang schuei“: chin. „feng“ = Wind; „shui“ = Wasser Praxis: Um die Qualität eines Ortes (eines Zimmers oder Büros, einer Wohnung, eines Geschäftes oder einer Büroetage, eines Gebäudes, einer Stadt oder Landschaft) beurteilen zu können, wird in einem ersten Schritt nach Gesichtpunkten der Form seine sichtbare unmittelbare und allgemeine Umgebung bewertet. Dabei hängt die Qualität der Umgebung von der Position und Ausrichtung des Ortes ab. In einem zweiten Schritt wird der Ort selbst, zusätzlich noch nach dem Aspekt des Materials, von außen und innen bewertet. In den weiteren Schritten wird der Ort mit einem geomantischen ‘Kompass’ ausgemessen, ein geomantisches Diagramm erstellt und auf den Grundriss des Ortes übertragen. Je nach Ergebnis dieser komplexen, auf verschiedenen Analogien fußenden Diagnose können günstige Bedingungen verstärkt und ungünstige geschwächt werden. Ziel: einen Ort bzw. Raum so (harmonisch) gestalten können, dass er sich günstig auf das Leben der dort anwesenden Menschen auswirkt; relevant für Architektur, Innenarchitektur, Landschaftsgestaltung, Stadtplanung Ähnlichkeiten: bestehen inhaltlich zur traditionellen europäischen Geomantie; formal zur (chinesischen) Astrologie: während diese mithilfe eines Horoskops die Güte eines Zeitpunkts einschätzt, beurteilt die (chinesische bzw. Feng Shui -) Geomantie die Güte eines Standorts. Zugehörigkeit: Feng Shui gehört inhaltlich in den Zusammenhang der traditionellen chinesischen (Natur-) Philosophie, formal in den Kontext von Weissagung/Wahrsagung bzw. Mantik/Divination (Astrologie, Chiromantie/Handlesen, I Ging, Kartomantie/Kartenlegen, insbesondere mit Tarot-Karten, etc.), hier der Geomantie. Richtungen: Eher intuitiv ausgerichtete Formschule, im 9. Jhdt. durch ein Buch begründet; eher mathematisch orientierte Kompass- bzw. Fukien-Schule, ein Jahrhundert später in einer Schrift dargestellt. Die beiden Schulen werden für gewöhnlich kombiniert. Geschichte: Die Tradition des Feng Shui geht wohl mindestens auf die Zeit der Han-Dynastie (206 v. Chr. - 220 n. Chr.) zurück. Z. Zt. liegen noch keine verlässlichen Historiographien vor. In der Gegenwart ist Feng Shui in der Volksrepublik China offiziell verboten, in Hongkong, Taiwan, Singapur und anderen Städten mit hoher chinesischer Bevölkerungszahl außerhalb der Volksrepublik beliebt und verbreitet. „Heute ist Feng Shui eine vielschichtige Mischung aus Maximen des gesunden Menschenverstands, logischen Erwägungen, mündlichen Überlieferungen und Bauernweisheiten, überlagert von einer komplexen Lehre, die auf den Kompassrichtungen basiert und eine eigenständige, reiche Symbolik besitzt.“ (Derek Walters) Hintergrund: Feng Shui basiert auf der traditionellen chinesischen, taoistisch geprägten (Natur-) Philosophie und arbeitet mit folgenden Konzepten: das eine Prinzip (Tao bzw. Wu-chi) in zwei Formen (Yin und Yang bzw. T’ai-Chi); die vier Hausrichtungen (rechts Drache, vorne Vogel, links Tiger, hinten Schildkröte), deren wichtigste die Drachenseite ist und die im Falle einer südlichen Vogelseite mit den vier Himmelsrichtungen (Osten, Süden, Westen,

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Norden) und den entsprechenden Jahreszeiten (Frühling, Sommer, Herbst, Winter) übereinstimmen; die fünf Elemente bzw. Wandlungsphasen (Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser), denen Formen (säulenförmig, spitz, quadratisch / flach, rund, unregelmäßig), Farben (grün, rot, gelb, weiß, schwarz) und Materialien zugeordnet werden (Holz, Kunststoff, Ziegel, Metall, Glas); die acht Grundrichtungen, die durch Dreierkombinationen von Yin und Yang (Trigramme; z. B. Yin / Yang / Yang = Ch’en = Donner) charakterisiert sind und zusammen mit den sogenannten neun „Palästen“ in dem Diagramm „Ba Gua“ (Pa Kua) dargestellt werden; die vierundzwanzig jahreszeitlichen Phasen; etc. Kursinhalte: Kennenlernen der Grundprinzipien, der Formensprache, der Kompassrichtungen, der Symbolik des Feng Shui, Hinweise für die Neu- oder Umgestaltung der Wohnung, des Haus oder des Büros (z.B. Schreibtische nach Norden, Betten nach Osten, Einsatz von Spiegeln, Lampen, Pflanzen, Aquarien, von raumteilenden Elementen wie spanischen Wänden, Regalen, etc.) Voraussetzungen: Fähigkeit und Bereitschaft, die dem Feng Shui zugrundeliegende Denkweise zu praktizieren. Qualifikation: In Deutschland existieren kaum Ausbildungsmöglichkeiten, die über einzelne Wochenendseminare hinausgehen. Festgelegte einheitliche Ausbildungsrichtlinien existieren erst recht nicht. Viele Kenntnisse werden wohl autodidaktisch erworben. fachliche Beurteilung: Es ist z.Zt. wissenschaftlich nicht bekannt, ob und inwieweit die Beschaffenheit des Aufenthaltsortes über Fragen des Geschmacks und der Schadstoffbelastung hinaus Auswirkungen auf den Zustand von Menschen hat. Rein phänomenologisch scheinen solche Zusammenhänge zu bestehen. Es bleibt fraglich, ob Feng Shui als ‘Messinstrument’ der Qualität eines Orts zum einen formal geeignet ist (Denkweise) und zum anderen ohne weiteres aus dem ostasiatischen kulturellen Zusammenhang herausgelöst werden kann (Denkinhalt). pädagogische Beurteilung: Veranstaltungen zum Feng Shui stehen in der Gefahr, die Teilnehmerfrage der lebensdienlichen Raumgestaltung durch ein(e) Antwort(system) zu dominieren. Gelegentlich könnten sie, anhängig vom Kursleiter, ideologische Überhöhungen transportieren und das eigenständige Urteil der Teilnehmer erschweren. formale Beurteilung: Vorträge zum Feng Shui können nur einen Anstoß geben. Kursen sind enge Grenzen gesetzt, da die Wirklichkeit vor Ort nur durch Bilder oder Beschreibungen beurteilt werden kann und eine Einzelberatung schon bald die bessere Wahl ist. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: Wenn die Frage der Teilnehmer („Wie gestalte ich harmonische Räume?“) und nicht die Antwort des Feng Shui im Vordergrund steht und wenn es eher pragmatisch als der ‘reinen Lehre’ gemäß gehandhabt wird, sind entsprechende Angebote denkbar. Literatur: Walters, Derek: Die Kunst des Wohnens. Feng Shui. Bauen, Gestalten, Einrichten nach den Regeln der alten chinesischen Harmonielehre. München 1993 Wong, Eva: Feng Shui. Die chinesische Kunst, Lebensräume harmonisch zu gestalten. Berlin 1997

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Fitonics (for life) Kurzinformation: kombiniertes Ernährungs-, Bewegungs- und Entspannungsprogramm Name: Er wird nicht erklärt, bedeutet aber wohl, dass dieses Programm „passend“ (= „fit“) und „stärkend“ (= „tonic“) „für ein (gesundes) Leben“ (= „for life“) ist. Praxis: Eine an Fitonics ausgerichtete Lebensweise beherzigt neun Empfehlungen. In der Ernährung wird (rohes) Obst und Gemüse bevorzugt, auch als Saft (Grundsätze 1, 2 und 5), werden Enzymzusätze eingenommen (Grundsatz 3), auch Vitamin- und Mineralzusätze, wird die Kombination von Eiweiß und Kohlehydraten gemieden (Grundsatz 4) und werden Zucker und künstliche Süßstoffe (Grundsatz 6) ausgesetzt. Obwohl ansonsten alle Gruppen von Nahrungsmitteln erlaubt sind und die Ernährungsregeln nicht allzu streng gehandhabt werden müssen, rät Fitonics bei aller Abwechslung zu einer Ernährung mit überwiegend vegetarischen, unbehandelten und enzymreichen Lebensmitteln. Gegessen werden soll regelmäßig, mit leichten Speisen beginnend und unter gründlichem Kauen. Für die Bewegung sind tägliche gymnastische von 12 bis 20 Minuten (Grundsatz 9) und Walking bzw. Jogging vorgesehen. Zur Entspannung gehören positive Autosuggestionen von 5 bis 10 Minuten am frühen Morgen (Grundsatz 7) und meditative Autosuggestionen von 5 bis 20 Minuten ebenfalls am frühen Morgen oder am späten Abend (Grundsatz 8). Letztere werden „Hypno-Meditation“ genannt. Sie besteht aus den fünf Schritten „Entspannung“ (Entspannung des Körpers), „Vertiefung“ (Beruhigung der Gedanken), „Meditation“ (Lassen der Gedanken), „konstruktive Programmierung“ (Fassen eines hilfreichen Gedankens) und „Erwachen“. Ziele: Erhaltung und Förderung der Gesundheit, Abnahme von Übergewicht Ähnlichkeiten: Hay’sche Trennkost bei der Ernährung Geschichte: 1985 kam mit dem Buch „Fit for life“ des US-amerikanischen Ehepaares Marilyn und Harvey Diamond ein Ernährungsratgeber auf den Markt, der bald in viele Sprachen übersetzt und (nicht nur in den USA) zum Bestseller wurde. Er machte die schon bekannte Hay’schen Trennkost (separate Aufnahme von Eiweiß und Kohlehydrate), an der er sich orientierte, unter neuem Namen und mit zusätzlichen Ernährungsregeln und Bewegungsempfehlungen berühmt. Das Buch „Fitonics for life“, das die ‘Ernährungswissenschaftlerin’ Marilyn Diamond zusammen mit dem ‘klinischen Hypnotherpeuten’ Dr. Donald Burton Schnell 1996 auf den Markt brachte, ergänzt das Fit-for-life-Ernährungsprogramm um ein verändertes Bewegungsprogramm („Bodytonics“) und um ein Entspannungsprogramm („Mindtonics“). Hintergrund: Das Fitonics-Ernährungsprogramm fußt auf der um 1900 entwickelten Ernährungslehre des amerikanischen Arztes Dr. Howard Hay, hier und heute meist „Hay’sche Trennkost“ genannt. Grundpfeiler dieser Lehre sind die Verwendung naturbelassener Nahrungsmittel ohne künstliche Zusatzstoffe, der getrennte Verzehr von Eiweiß und Kohlehydraten und ihre Mischung mit sogenannten neutralen Lebensmitteln (Obst, Gemüse, Fette etc.), die Bevorzugung von basenbildenden Nahrungsmitteln wie Obst und Gemüse gegenüber säurebildenden wie Brot, Fleisch, Fisch und Eier im Verhältnis 8 zu 2. Das Fitonics-Entspannungsprogramm steht in der amerikanischen Tradition des „positiven Denkens“ (Joseph Murphy, Norman Vincent Peale), der europäischen Tradition der Autosuggestion (Emile Coué) und der asiatischen Tradition der Meditation (Hinduismus, Buddhismus). Das Fitonics-Bewegungsprogramm ist nicht so klar zuzuordnen. Es speist sich

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offenbar vor allem aus der westlichen Gymnastik, aber auch aus östlichen Bewegungskünsten (Hatha Yoga, Tai Chi Chuan) und Kampfsportarten (Judo, Aikido etc.). Kursinhalte: Die neun Grundsätze, die Bewegungs- und Entspannungsübungen, die Ernährungslehre von Fitonics Raum / Material: keine Einschränkungen Voraussetzungen: Im Prinzip für Menschen aller Altersstufen, auch bei vielen gesundheitlichen Einschränkungen geeignet. Qualifikation: In Deutschland existieren keine Ausbildungsmöglichkeiten. Sinnvoll ist eine ernährungsspezifische Vor- bzw. Ausbildung. fachliche Beurteilung: Als Trennkost und basenbildende Kost bringt das Ernährungsprogramm keine Vorteile und kann unter Umständen zu Mangelerscheinungen führen. Davon abgesehen ist die Fitonics-Kost positiv zu beurteilen, „weil es sich um eine ballastreiche, kalorien- und fettarme Mischkost mit viel frischem Gemüse und Obst handelt. Auch die Bevorzugung von Vollkornprodukten und der geringe Fleischverzehr mit der dadurch bedingten Reduzierung von Fett, Cholesterin und Purinen wird befürwortet.“ (Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten). Das Entspannungsprogramm ist z.T. sinnvoll, birgt aber die Gefahr von Fehleinschätzungen von Situationen, der eigenen Person und anderer Menschen; gegen das Bewegungsprogramm, das kaum Neues beinhaltet, ist nicht einzuwenden. pädagogische Beurteilung: Fitonics bleibt ambivalent, weil es zum einen das eigenständige Urteil und die Selbstverantwortung der Übenden betont, zum anderen aber als Lehre mit dem Anspruch auf Wahrheit ‘Anhänger’ erfordert. formale Beurteilung: Fitonics lässt sich gut in Kursen erlernen. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich im großen und ganzen neutral zum christlichen Menschenbild. Die wenigen evtl. problematischen Ansichten treten gegenüber dem pragmatischen Ansatz fast ganz zurück. Empfehlung: Wenn Fitonics im Hinblick auf die Trennkostempfehlung und die mit dem Versprechen von Gesundheit und Schlankheit, dem Anspruch auf Wahrheit und Neuigkeit des Ansatzes verbundene Marketingstrategie relativiert wird, ist Fitonics als integratives und alltagsnahes Konzept zu empfehlen. Literatur: Diamond, Marilyn / Donlad Durton Schnell: Fitonics fürs Leben (1996). München 1997

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Die fünf Tibeter Kurzinformation: Folge von fünf bzw. sechs Körperübungen Name: Mit „Tibeter“ sind fünf bzw. sechs bestimmte Körperübungen gemeint, die aus dem Tibet stammen sollen. Praxis: Die folgenden Übungen werden täglich ausgeübt, von dreimaligen bis zu 21maligen Wiederholungen: 1. Übung: Stehen, mit ausgebreiteten Armen; bis zu leichtem Schwindel drehen 2. Übung: Liegen, rückwärts; Kopf und Beine heben, Knie anwinkeln 3. Übung: Knien, aufrecht, Zehen aufgestellt; Kopf und oberen Rücken nach hinten beugen 4. Übung: Sitzen, Beine ausgestreckt, Hände neben Gesäß; Körper zu einer „Brücke“ anheben 5. Übung: Liegen, bauchwärts, auf durchgedrückte Arme gestützt; Becken hochheben Für Fortgeschrittene, die die ersten fünf Übungen gut beherrschen, gibt es eine weitere Übung: 6. Übung: Stehen; ganz ausatmen, Hände auf Knie; ohne Atem zurück; Atem anhalten, Hände auf Hüften, Schultern hochheben, dabei Bauch einziehen, Brust anheben; durch die Nase ein- und den Mund ausatmen Ziele: anhaltende Jugend, Gesundheit und Vitalität Ähnlichkeiten: Hatha-Yoga, Ausgleichsgymnastik Geschichte: 1985 erschien in den USA das Buch „Ancient Secret of the ‘Fountain of Youth’ - a revised, modernized and expanded edition of ‘The Eye of Revelation’. Bei diesem Buch sollte es sich um die Edition eines englischen Romans mit dem Titel „The Eye of Revelation“ (Das Auge der Offenbarung) handeln, das ein gewisser Peter Kelder 1939 veröffentlicht hatte. Der Roman berichtet von (faktischen oder fiktiven) Begegnungen und Gesprächen mit einem pensionierten und weitgereisten britischen Offizier, in dem Kelder in das Geheimnis von fünf uralten rituellen Körperübungen eingeführt wird, das jahrhundertelang in einem abgelegenen tibetischen Kloster aufbewahrt worden und der Schlüssel zur Quelle der Jugend ist. Kelder gibt dem Offizier den Decknamen „Colonel Bradford“. Der Roman scheint sich an den Bestseller „Der verlorene Horizont“ anzuschließen, den James Hilton Anfang der dreißiger Jahre herausbrachte und der die Geschichte der tibetischen Mönche von Shangrila berühmt machte, die aufgrund eines von ihnen gehüteten Geheimnisses alterslos blieben. 1989 wurde die amerikanische Ausgabe von 1985 ins Deutsche übersetzt und seitdem unerwartet mehr als eine Millionen mal verkauft. Inzwischen wird das Buch um eine ganze Reihe von Folgebüchern, um Videos, CDs und MCs, sogar um eine Duftmischung ergänzt. Hintergrund: Die Tibeter stehen mit der Yoga-Lehre der „Chakren“ (= Räder, Wirbel) in Verbindung, nach der zwischen Beckenboden und Schädeldach, unsichtbar für das Auge, sieben Zentren lokalisiert sind, über die „Prana“ (= Atem) genannte Kraft gesammelt und gespendet wird (Sakral-, Wurzel-, Nabel-, Herz-, Kehlkopf-, Stirn- und Scheitelchakra). Diese Chakren werden zu den sieben Hormondrüsen des endokrinen Systems in Beziehung gesetzt (Keimdrüsen, Nebennieren, Bauchspeicheldrüse, Thymusdrüse, Schilddrüse, Hypophyse/Hirnanhangdrüse und Epiphyse/Zirbeldrüse). Die Tibeter sollen das Energiesystem der Chakren bzw. das Hormonsystem der Drüsen positiv beeinflussen. Die Übungen selbst haben ihre Wurzeln im Hatha-Yoga.

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Kursinhalte: Die fünf bzw. sechs Körperübungen, von Fall zu Fall die Chakrenlehre oder Kelders Geschichte. Raum / Material: Großer, warmer Raum ohne Mobiliar, ein Teppich- oder Holzboden, lockere und bequeme Kleidung Voraussetzungen: Im Prinzip für alle Menschen geeignet; bei krankheits-, konstitutions- und altersbedingten motorischen Einschränkungen nicht in jedem Fall möglich. Qualifikation: Neben der autodidaktischen Aneignung lässt sich die Vermittlung der fünf Tibeter in einer vom Integral Verlag, der Peter Kelders Buch in Deutschland herausgebracht hat, angebotenen und zertifizierten Ausbildung erlernen. fachliche Beurteilung: Die Tibeter, vor allem die Übungen zwei bis fünf, dürften in ähnlicher Weise gesundheitsförderlich sein wie Hatha-Yoga. pädagogische Beurteilung: Stellt nur dann die Selbständigkeit im Urteil in keiner Weise infrage und bleibt offen für kritisches Denken, wenn die angebliche Herkunft der Übungen und ihre jugenderhaltende Wirkung nicht zu ernst genommen werden. formale Beurteilung: Die Tibeter sind nur durch Übung erlernbar. Kurse können daher nur eine Hinführung sein. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich, abgesehen vom Versprechen der ewigen Jugend, neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: Ohne die legendäre Herkunftsgeschichte und die ungeklärte Chakrenlehre sind die fünf Tibeter ein mögliches gymnastisches Angebot. Literatur: Kelder, Peter: Die Fünf „Tibeter“. Wessobrunn 1989 Adresse: Integral-Verlag, Postfach 190862, 80608 München, 089 / 178657-0

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Fußreflexzonenmassage Kurzinformation: aus den USA stammende Massageform Praxis: Nach vorbereitenden Streichungen und Anwärmungen der Füße übt der Masseur mit verschiedenen Grifftechniken auf die Füße (Fußrücken und -seiten, insbesondere Fußsohlen), an bestimmten Punkten mit den Fingern (Kuppen, Nägel) mehrmals Druck aus. Lockerung- und Dehnungsgriffe kommen begleitend hinzu, Instrumente wie Stäbe, Kugeln und elektrische Geräte werden gelegentlich zusätzlich eingesetzt. Der Druck dient nicht nur therapeutischen, sondern auch diagnostischen Zwecken (unangenehmer Druck oder Schmerzen an bestimmten Stellen verweisen auf bestimmte geschwächte oder erkrankte Organbereiche). Ziele: Erhaltung und Förderung der Gesundheit (durch Entspannung und Wohlbefinden), Linderung und Beseitigung von Beschwerden Ähnlichkeiten: Behandlungen, in denen instrumentell (Akupunktur, Moxibustion) oder manuell Körperpunkte (Akupressur, Do In, Polarity-Massage, Shiatsu) manipuliert werden, um Wirkungen auf den gesamten Körper oder einzelne, auch anderswo liegende Organe zu erzielen. Unterschiede (zu den Reflexzonenmassagen): Die Fußreflexzonenmassage ist trotz des gleichlautenden Namens nicht mit den in der Physiotherapie bekannten Reflexzonenmassagen wie der Bindegewebs- und der Periostmassage zu verwechseln. Geschichte: Die amerikanische Masseurin Eunice D. Ingham erstellte ab 1930 auf der Grundlage der Zonentheorie (s. Hintergrund) als eine spezielle und besonders geeignete Variante eine (Reflex-) Zonentherapie der Füße. Sie entwarf eine detaillierte Fußzonenkarte, auf der in den entsprechenden Reflexzonen alle Organe verzeichnet waren. 1938 erschien ihr erstes Buch. Nach Europa und damit auch nach Deutschland kam die Fußreflexzonenmassage Ende der sechziger Jahre durch die Heilpraktikerin Hanne Marquard, eine deutsche Schülerin von Ingham. Hintergrund: Alle Organe haben nach dem Modell der Fußreflexzonenmassage an den Füssen einen ihnen zugeordneten und entsprechenden Bereich, mit dem sie über die Entfernung in enger Verbindung stehen: die Reflexzonen. Ausgehend von den Füssen können so die Organe und die körperliche Gesamtbefindlichkeit geprüft und beeinflusst werden. Hintergrund dieser Auffassung ist die Zonentheorie des amerikanischen Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. William H. Fitzgerald aus dem Jahre 1917, nach der sich der menschliche Körper in zweimal fünf vertikal verlaufende Zonen unterteilt, innerhalb derer Organe miteinander korrespondieren. Der Körper als Ganzes, d.h. über alle Zonen hinweg, spiegelt sich im Teil, insbesondere den Füssen, Händen und Ohren. Die Zonentheorie Fitzgeralds ist nicht mit der Zonentheorie des englischen Neurologen Henry Head zu verwechseln, der 1893 Zusammenhänge zwischen kranken Organen und bestimmten Hautarealen entdeckte („Headsche Zonen“ bzw. „Dermatome“), die über Nerven- und Blutbahnen hergestellt werden. Sie hat auch nichts mit den Meridianen zu tun, die der Akupressur und dem Shiatsu zugrundeliegen.

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Kursinhalte: Die Lage der Reflexzonen, die Rahmenbedingungen für eine Massage und die Grifftechniken (auf der Basis intuitiver Fußmassage) als Praxis, ein wenig einfache Anatomie und Physiologie der Organe und des Fußes, die Zonentheorie nach Fitzgerald, evtl. diagnostische Kenntnisse. Raum / Material: Großer, warmer Raum ohne Mobiliar, ein Teppich- oder Holzboden, eine Liegeunterlage, eine Decke zum Zudecken, evtl. ein Hocker und eine Knierolle Voraussetzungen: Als Empfänger kommen im Prinzip alle Menschen in Frage, auch bei vielen gesundheitlichen Einschränkungen, aber nicht bei Fieber und Risikoschwangerschaften. Qualifikation: Die Fußreflexzonenmassage wird mit Hilfe von Büchern und Wandtafeln, aber auch in verschiedenen Instituten und von Einzelpersonen erlernt. Eine einheitlicher (Mindest-) Qualitätsstandard ist nicht gegeben. fachliche Beurteilung: Die Zonentheorie ist abzulehnen, weil sie jeglicher Grundlage entbehrt und in erheblich voneinander abweichenden Varianten kursiert. Die Diagnosen sind mit Vorsicht zu genießen, die Wirksamkeit der Therapie ist nicht beweisbar. Möglicherweise beruhen einzelne Wirkungen auf anderen Zusammenhängen wie z.B. Nervenbahnen. Als Heilmassage ist die Fußreflexzonenmassage, wenn überhaupt, nur bei heilkundlich ausgebildeten Masseuren sinnvoll, nicht als Selbstbehandlung oder bei Laien. pädagogische Beurteilung: Stellt die Selbständigkeit im Urteil nicht infrage. formale Beurteilung: Die Fußreflexzonenmassage ist nur durch Übung erlernbar. Kurse können daher nur eine Hinführung sein. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: „Als Diagnosemethode ist Fußreflexzonenmassage abzulehnen. Sie kann nicht empfohlen werden zur Behandlung innerer Krankheiten. Wie jede Massage überbelasteter oder schlecht durchbluteter Füße kann sie jedoch entspannen, Rückenschmerzen lindern und wohltuend sein.“ (Stiftung Warentest) Literatur: Kunz, Kevin und Barbara: Das große Buch der Reflexzonenmassage. Genf 1987 Marquard, Hanne: Reflexzonenarbeit am Fuß. Heidelberg 1986

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Geistiges Heilen / Geistheilung Kurzinformation: Sammelbezeichnung für Heilmethoden, wo (besonders "begabte") Heiler als "Medien" auf empirisch nicht nachweisbare ("geheimnisvolle", "verborgene", "okkulte", "paranormale"), unterschiedlich definierte Mächte und Kräfte zurückgreifen Name: engl. "spiritual healing" Formen: 1.) Die Wirkung der Heilung wird durch geheimnisvolle kosmische, auch in und durch Menschen aktivierbare Kräfte erzielt: Handauflegen (z.B. beim Reiki, Magnetischen Heilen bzw. Magnetisieren bzw. Mesmerismus, Therapeutic Touch), Fernheilung, Gruppenheilung, Heilung mit Fetischen (Tücher, Asche, Wasser, Öl, Steine oder sonstige leblose Objekte) 2.) Sie verdankt sich dem geistigen Einfluss a) bloßer Worte (Spruchheilung bzw. Besprechen), b) eines besonders begabten, lebenden oder verstorbenen Menschen (z. B. spiritistische Heilung, auch "Geist-Chirurgie" in Brasilien und auf den Philippinen) oder c) eines jenseitigen Geistwesens, eines Gottes oder eines Engels / Geistes: Exorzismus, Gebetsheilung (Gesundbeten), schamanistische (Trance-) Heilung, Wunderheilung. Die Ursache der Störung wird analog zu den beiden Grundformen mal natürlich ("bad vibrations"), mal personal gedeutet (böser Geist: z.B. Dämon, Teufel, Totengeist). Geschichte, Hintergrund, Kursinhalte, Raum/Materialien, Voraussetzungen, Qualifikation: ... weltanschauliche Beurteilung: Insofern die Praxis der Geistheilung positive Wirkungen erbringt, ist nichts gegen sie einzuwenden. Theorien der Geistheilung, die kosmische Kräfte unterstellen (s. 1), müßten aus christlicher Sicht nicht zwingend abgelehnt werden. Paranormalität ist nicht automatisch eine "Unnatürlichkeit", sondern kann sich später einmal durchaus als "Natürlichkeit" entpuppen. Wenn die Wirkungen der Geistheilung jedoch mit dem Einfluss von Worten (s. 2a), Verstorbenen (s. 2b) oder Geistern (s. z. T. 2c) in Verbindung gebracht werden und der Glaube an diesen Einfluss, psychologisch erklärt, vielleicht sogar notwendig dazugehört, ist Vorsicht geboten. Und wenn dieser Einfluss durch einen Heiler erzwungen werden und damit magische Züge annhemen kann, erst recht. Das Erbitten der Hilfe Gottes durch einen "Heiler" dagegen kann christlich gesehen durchaus legitim sein fachliche Beurteilung: Ob Geistheilung über Spontanheilungen hinaus statistisch Wirkungen zeitigt, ist noch nicht abschließend erwiesen oder widerlegt. Die möglichen Erfolge sind psychologisch erklärbar (Glaube an die heilenden Mächte und Kräfte, Hoffnung auf Heilung, Vertrauen in den Heiler, etc.). Ob diese Erklärung ausreicht oder überhaupt nicht greift und evtl. paranormale Mächte und Kräfte am Werke sind, ist angesichts ihrer empirischen Nicht-Nachweisbarkeit nur negativ feststellbar: indem eine eingetretene Heilung konstatiert und eine psychologische Ursache ausgeschlossen werden kann, z. B. bei Fernheilungen, wo Patienten nichts von dem Heilungsversuch wissen. Bisher fehlt es entsprechenden schlüssigen Hinweisen. pädagogische und formale Beurteilung: Da die Geistheilung nicht als Selbstbehandlung möglich ist und die Fremdbehandlung kaum erlernt werden kann, passen praktische

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Veranstaltungen zur Geistheilung nicht in den Rahmen der Erwachsenbildung. Theoretische Veranstaltungen sind ohne weiteres möglich. Empfehlung: Eine theoretische Veranstaltung aus einer naturwissenschaftlichen, psychologischen oder theologischen Außensicht ist jederzeit möglich. Rein aus Binnensicht sollte sie, wenn überhaupt, nur mit einem Geistheiler abgeboten werden, der a) weltanschaulich akzeptabel ist, b) keine Heilungen verspricht, c) die gleichzeitig bestehenden Möglichkeiten der Medizin anerkennt, d) grundsätzlich kostenlos oder für feste Stundensätze seine Heilungversuche unternimmt, e) keine Diagnosen stellt und f) in kritischer Selbstreflexion und ethischer Sensibilität jegliche Abhängigkeiten seiner Patienten vermeidet.

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Hakomi Kurzinformation: Form der körperorientierten Psychotherapie Name: „Hakomi“ ist ein Wort aus der Sprache der Hopi-Indianer und lässt sich mit der „Wer bist du?“ bzw. „Der, der du bist“ übersetzen. Praxis: Vom gegenwärtigen körperlichen Erleben ausgehend wird in einer akzeptierenden Atmosphäre die „innere Achtsamkeit“ für die eigene Person gestärkt, vor allem für unbewusste bzw. selbstverständlich gewordene, automatische Haltungs- und Bewegungsmuster. Über diesen (sanften) körperorientierten Ansatz werden im Gespräch unbewusste Motive und Gefühle, vor allem Anschauungen und Überzeugungen, offengelegt, die aus der frühen Kindheit rühren, und verschiedene (Wahl-) Möglichkeiten der Veränderung (des Selbstkonzepts) ausgelotet. Die Hakomi-Therapie ist ein Weg der Bewusstwerdung, auf dem unter Anleitung Selbstbeobachtung ohne Selbstbewertung geübt wird, mit der Idee der Instanz eines inneren und neutralen Beobachters bzw. Zeugen. Es wird bekleidet und im Liegen, auch Sitzen und Stehen gearbeitet. Ziele: Verbesserung der Achtsamkeit für die eigene Person zur (Wieder-) Entdeckung der eigenen Identität, zur Einleitung und Unterstützung der spirituellen Entwicklung und zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit im weiten Sinne. Ähnlichkeiten: Hakomi kennt Bezüge zu anderen körperorientierten (Bioenergetik, Focusing) und zu verbalen Psychotherapien (Gesprächstherapie, Gestalttherapie) sowie zu östlichen (buddhistische Meditation, Aikido) und westlichen (Feldenkrais-Methode) Übungssystemen. Geschichte: Die Hakomi-Therapie wurde in den siebziger Jahren von dem amerikanischen Psychotherapeuten Ron Kurtz (geb. 1934) entwickelt. Hintergrund: Die Hakomi-Therapie verbindet Vorstellungen und Übungen aus der Tiefenpsychologie, insbesondere aus den auf Wilhelm Reich zurückgehenden körperorientierten Psychotherapien und Charaktertheorien, aus dem Taoismus und Buddhismus, insbesondere der Sattipathana-Meditation (Meditation der inneren Achtsamkeit), und aus der Systemtheorie. Sie orientiert sich an fünf Grundsätzen: dem körpertherapeutischen Prinzip der Körper/ Geist - Einheit (Therapie am Übergang), den buddhistisch-taoistischen Prinzipien der inneren Achtsamkeit (Fähigkeit zur Selbstreflexion) und der Gewaltlosigkeit (Zurückhaltung des Therapeuten) und den systemtheoretischen Prinzipien der Einheit (Ganzheitlichkeit der Wirklichkeit) und der Organizität (Fähigkeit zur Selbstorganisation). Kursinhalte: verschieden nach Kursleiter; von der Vorstellung der Hakomi-Therapie mit kurzen beispielhaften Praxiselementen bis zur ihrer Ausübung, mit mehr oder weniger vielen Hinweisen auf den theoretischen Hintergrund der Therapieform Raum / Material: möglichst warmer Raum mit Teppich- oder Holzboden und ohne Mobiliar, evtl. lockere und bequeme Kleidung und Decke Voraussetzungen: Keine Vorkenntisse oder Vorerfahrungen notwendig; im Prinzip für Menschen aller Altersstufen, auch bei vielen gesundheitlichen Einschränkungen geeignet.

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Insgesamt gilt, dass die Fähigkeit und Bereitschaft erforderlich ist, sich selbst genauer als sonst spüren zu können und entdecken zu wollen. Qualifikation: Da der Name „Hakomi“ international geschützt ist, brauchen Kursleiter eine entsprechende Anerkennung. Diese erhalten sie nach einer Ausbildung zum Hakomi-Therapeuten, die in Deutschland im Namen des amerikanischen „Hakomi Institute Inc.“ vom „Hakomi Institute of Europe“ organisiert wird, für Psychotherapeuten zwei, für Physiotherapeuten drei Jahre dauert und mit einem Zertifikat abgeschlossen wird. fachliche Beurteilung: „Die Einteilung in Charaktertypen nach bestimmten Körperkennzeichen ist willkürlich. (...) Statt mit theoretischer Grundlagenarbeit selbst das eigene Therapiekonzept auszubauen, nimmt Hakomi Anleihen bei verschiedenen Ansätzen. Die Klammer bildet ein vager Begriff von ‘Ganzheit’. Qualifizierte TherapeutInnen können Menschen, die auf der Suche nach Selbsterkenntnis sind, über den Körper den Zugang zu sich selbst erleichtern. Bis jetzt fehlt jedoch der Nachweis, dass mit Hakomi allein ernste seelische Störungen wirksam behandelt werden können.“ (Federspiel / Karger: Kursbuch Seele) pädagogische Beurteilung: Hakomi kann durch seine vage Theorie und intuitive, subjektiv-interpretative Praxis eine Abhängigkeit vom Kursleiter begünstigen und kritisches Denken erschweren. formale Beurteilung: Von theoretischen und / oder kurzen praktischen Einführungen abgesehen kann Hakomi aufgrund des Bedarfs an Zeit und Tiefe sinnvoll nur in (Mehr-) Tagesveranstaltungen angeboten werden. institutionelle Beurteilung: Genau genommen steht die entwicklungsorientierte Ausrichtung Hakomis in einem gewissen Widerspruch zum christlichen Menschenbild. Wie weit sich diese Spannung in der Kurspraxis auswirkt, hängt vom Kursleiter ab. Sie wächst mit der Entschiedenheit, mit der er den Ansatz Hakomis vertritt, bis hin zur Absolutsetzung. Bei gebotener weltanschaulicher Zurückhaltung spielt sie kaum eine Rolle. Empfehlung: Hakomi sollte seiner ursprünglichen therapeutischen und spirituellen Funktion entkleidet und pädagogisch gewendet werden. So kann Hakomi im Bereich der Gesundheitsbildung mit seinem Ansatz meditativer Aufmerksamkeit zur Entwicklung der wichtigen Körperwahrnehmungs-Fähigkeit beitragen. Dazu sind aber weder die tiefe Trance noch das analytische Verstehen und Durcharbeiten nötig, die in Hakomi auch ihre Rolle spielen. Literatur: Kurtz, Ron: Körperzentrierte Psychotherapie. Die Hakomi-Methode. Essen 31988 Weiß, Halko / Dyrian Benz: Auf den Körper hören. Hakomi-Psychotherapie. München 1987 Adresse: Hakomi Institute of Europe e.V., Friedrich-Ebert-Anlage 9, 69117 Heidelberg, 06221 / 166609

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Kum Nye Kurzinformation: Eine Meditations- und Entspannungmethode durch Intensivierung von Körpererfahrungen Name: gesprochen: "Kum Nje" Praxis: Kum Nye umfaßt eine Vielfalt unterschiedlicher Übungen unmittelbarer Körperwahrnehmung. Die Übungen erstrecken sich vor allem auf die Bewegung, auf den Atem und die Berührung (Selbstmassage), dann auch auf das (geistige) Sehen (Visualisierung reiner, leuchtender Farben) und das (innerliche) Hören (Rezitation von Mantras). Die Bewegungen sind sehr einfach und oft alltäglich und werden sehr langsam im Sitzen, Stehen, Liegen und Gehen ausgeführt. Im Vordergrund steht das bewußte und konzentrierte (kinästhetische) Erleben. Die Atemübungen betonen die Wahrnehmung des natürlich fließenden, unwillkürlichen Atmens. Die Selbstmassage behandelt in sanften, streichenden Bewegungen und im Drücken spezieller Punkte den ganzen Körper. Auch hier geht es um Körpererfahrung, diesmal der Berührung. Alle Formen von Körperwahrnehmung führen zu einer tiefen Entspannung bei geistiger Wachheit und körperlicher Vitalität. Im Anschluß an jede Übung erfolgt ein Sitzen auf dem Boden (mit Kissen oder Bänkchen) oder auf dem Stuhl in Meditationshaltung, d.h. mit aufgerichtetem Rücken. Der vorhergegangenen Übung wird innerlich nachgespürt. Ziele: Selbstheilung durch Entspannung: Achtsamkeit und Gewahrsein erleben und erlernen, indem man sich nicht auf Gedanken (Vergleiche, Einordnungen, Deutungen, Erklärungen, Bewertungen), sondern auf unmittelbare und augenblickliche (Körper-)Erfahrung konzentriert. Die Entspannung ist ein (willkommener) Nebeneffekt. Ähnlichkeiten: Qi Gong, Tai Chi Chuan, Yoga, Zen Geschichte: Kum Nye stammt aus der traditionellen tibetischen Medizin, ist aber als Übungsprogramm für Menschen des Westens in den siebziger Jahre von dem tibetischen Lama Tarthang Tulku zusammengestellt worden. Er gründete 1969 in Berkeley / USA das Nyingma-Institut, durch das die Nyingma-Tradition, die älteste und synkretistischste Schule des tibetischen Buddhismus, im Westen bekannt wurde. Hintergrund: Die tibetische Medizin, in der Kum Nye wurzelt, beruht vor allem auf der Ayurveda-Medizin Indiens, die in Theorie und Praxis mit der europäischen antiken und mittelalterlichen Medizin vergleichbar ist, und dem tibetischen Buddhismus, einer Liaison der tibetischen Bön-Religion (schamanistische Naturreligion) mit dem ursprünglich indischen Vajrayana-Buddhismus ("Diamant-Fahrzeug": Mahayana-Buddhismus/"Großes Fahrzeug" plus hinduistischer Tantrismus). Dieser Hintergrund tritt im Kum Nye weitgehend zurück. Kursinhalte: Kum Nye kann als Kurs oder als Wochenende angeboten werden. Etwa zweistündige Übungsblöcke stehen im Zentrum, unterbrochen von Pausen und ergänzt durch Gespräche in der Gruppe und mit Einzelnen. In den Übungsblöcken werden die unterschiedlichen Methoden der Körpererfahrung erlernt. Raum/Material: genügend großer Raum mit warmen Boden und bis auf einzelne Stühle ohne Mobiliar; Liegematten/Decken, Kissen und Meditationsbänkchen

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Voraussetzungen: Im Prinzip kann jeder Mensch Kum Nye anwenden. Entscheidend ist die Bereitschaft, sich auf den Prozeß von Meditation einzulassen. Qualifikation: In Deutschland gibt es keine regelrechte Ausbildung. Die Nyingma Gemeinschaft (s.u.) bietet verschiedene Einzelkurse an. Kursleiter sollten über eine (weitere) Ausbildung in Körperarbeit (Atmung, Bewegung, Massage) verfügen. Es ist zu prüfen, ob und inwieweit sie Kum Nye als Vehikel für eine einseitige Nyingma-Mission benutzen (z.B. bei der Visualisierung und der Rezitation). fachliche Beurteilung: Vermutlich aufgrund der Integration unterschiedlicher leiblicher (Atmung, Bewegung, Massage) und kognitiver (Visualisierung, innerliches Hören) Zugänge präventiv und auch therapeutisch recht wirksam. pädagogische Beurteilung: Als Methode der Körpererfahrung hat Kum Nye von vornherein einen pädagogischen Ansatzpunkt. Da Kum Nye auf westliche Menschen zugeschnitten wurde, tritt das Meister-Schüler-Verhältnis zugunsten der Eigenverantwortlichkeit zurück. formale Beurteilung: Da Kum Nye mehr Erfahrungs- als Übungscharakter hat, wird ein entsprechender Kurs nicht so schnell unter der Hand zum Training. Empfehlung: Kum Nye ist für die Gesundheits- (Präventivwirkung) wie Persönlichkeitsbildung (Körperwahrnehmung) gleichermaßen interessant. Aufgrund seines meditativen Charakters ist es auch als Entspannungsmethode verstehbar und einsetzbar. Die Integration unterschiedlicher Komponenten in Kum Nye gibt dieser Methode einen besonderen Stellenwert. Literatur: Steurich, Matthias: Das Herz öffnen. Ein Kum-Nye-Übungsprogramm auf Tonkassetten. München 1988 Tulku, Tarthang: Selbstheilung durch Entspannung. München 1981 Adressen: Nyingma Gemeinschaft e.V., Wilhelmstr. 28, 48149 Münster, 0251/296247

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Makrobiotik Kurzinformation: Ernährungslehre, die an traditioneller chinesischer Naturphilosophie ausgerichtet ist und Ansätze zu einer umfassenden Lehre gesunder Lebensweise enthält Name: „Makrobiotik“ = Kunst des langen Lebens: griech. „makros“ = lang; „bíos“ = Leben; „ -ike (téchne) = Kunst(fertigkeit). Dieses Kunstwort wurde ursprünglich von dem berühmten deutschen Arzt Dr. Christian Wilhelm Hufeland (1762 - 1836) geprägt, der in seinem Buch „Makrobiotik oder die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern“ (1796) eine Lehre gesunder Lebensführung vorgelegt hat. Die hier gemeinte Makrobiotik teilt mit der Hufelands den Anspruch und z.T. die Breite des Ansatzes, nicht aber den Inhalt. Praxis: Die makrobiotische Ernährungslehre beinhaltet Ratschläge, die vom Anbau der Nahrung über die Auswahl (Art, Verhältnis) und die Zubereitung bis zur Aufnahme (Art, Häufigkeit, Zeitpunkt, Menge) reichen. Ziele: Erhaltung und Förderung der Gesundheit Ähnlichkeiten: Ernährungslehre innerhalb der traditionellen chinesischen Medizin Geschichte: Die Lehre der Makrobiotik wurde von dem westlich orientierten und philosophisch interessierten Japaner George Oshawa (1892 - 1966) entwickelt und in den USA sowie in Europa verbreitet. Oshawa will sie aus eigener Betroffenheit (diätetische Heilung einer Tuberkulose) und in der Auseinandersetzung mit dem Zen-Buddhismus erarbeitet haben. Die Lehre wird von seinem in den USA lebenden Landsmann, Michio Kushi, der sie noch einmal aktualisiert und ideologisch entschärft hat, weitergetragen. Gegenwärtig spielt die Makrobiotik, die Ende der sechziger Jahre nach Deutschland kam und ihre größte Verbreitung in den siebziger Jahren erfuhr, kaum noch eine Rolle. Hintergrund: Die Makrobiotik beurteilt die Auswahl und die Zubereitung der Nahrung nach den beiden gegensätzlichen, aber komplementären Manifestationen „Yin“ und „Yang“ der in der chinesischen Philosophie und Medizin postulierten Lebenskraft „Chi“. Diese beiden Aspekte sollten ausgewogen sein, sind aber in den modernen westlichen Gesellschaften zum Yin hin verschoben. Kriterien wie der Nahrungsgehalt (westliche Schulmedizin) oder die Nahrungsverarbeitung (westliche Naturheilkunde: Vollwert-Ernährung) spielen eine nur nachgeordnete Rolle. Die Auswahl und Zubereitung der Nahrung wird vom Wohnort (Gesellschaft, Klima), von der Jahreszeit und von der Person (Alter, Geschlecht, Konstitution; Beschäftigung) abhängig gemacht. Der Mensch gilt prinzipiell als Allesesser, nur sollte er die Rangfolge der Nahrungsmittelarten beachtet, die nach Kushi vom (Vollkorn-) Getreide über Bohnen und Gemüse sowie Früchte und Nüsse bis zu Fisch, Fleisch und Milchprodukten reicht. Kursinhalte: Meistens Auswahl, aber auch Zubereitung und Aufnahme der Nahrungsmittel, gelegentlich Lehren der Makrobiotik, die über die Ernährung hinausgehen. Die makrobiotische Nahrungsauswahl und -zubereitung kann zwar auf einer allgemeinen Ebene vereinfacht werden, ist im Einzelfall aber aufgrund des ständigen Denkens in Relationen sehr kompliziert.

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Voraussetzungen: Um die Makrobiotik relativieren zu können, sind Kenntnisse und Erfahrungen in der Auswahl und Zubereitung von Nahrungsmitteln sinnvoll, nach eingelebten Traditionen und modernen westlichen Lehrmeinungen. Qualifikation: Die Aneignung der Makrobiotik erfolgt in der Regel im Selbststudium und durch eigene Praxis, aber auch in Kursen und Wochenenden makrobiotischer Zentren. Eine spezielle Ausbildung gibt es nicht. Kursleiter sollten gründliche Kenntnisse und Erfahrungen über andere Ernährungsformen besitzen, besonders über die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und von der Vollwert-Ernährung nach Leitzmann u.a. empfohlenen Kostformen. fachliche Beurteilung: „Die ursprüngliche Makrobiotik nach Oshawa ist als Dauerkost nicht geeignet.“ Sie enthält „zahlreiche falsche, unwissenschaftliche Aussagen“ und die „Gefahr einer einseitigen Ernährung“. „Bei sorgfältiger Lebensmittelauswahl ist mit der neuen Makrobiotik nach Kushi eine vollwertige Ernährung eingeschränkt möglich.“ (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) pädagogische Beurteilung: Die Makrobiotik nach Oshawa neigt zur Ideologisierung und ist als Kursinhalt ungeeignet. Alle Ansprüche auf Heilung, gar von Krebs, sind zurückzuweisen. Die Weiterentwicklung durch Kushi ist, mit Einschränkungen, offen für kritisches Denken. formale Beurteilung: Die makrobiotische Theorie ist in Kursform vermittelbar, die entsprechende Praxis erfordert intensive (Aus-) Übung. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte (nach Kushi) verhalten sich, bezogen auf die Ernährung, neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: Die Makrobiotik sollte nur in der Variante von Kushi und im Kontext anderer und anerkannter Ernährungslehren thematisiert werden. Literatur: Kushi, Michio: Der Makrobiotische Weg. München 1990 Kushi, Michio: Das große Buch der makrobiotischen Ernährung und Lebensweise. Völklingen 1990 Adressen: Ost-West-Bund e.V., Ludweilerstr. 9, 66787 Wadgassen Stand: Juni 1998

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Polarity - Massage Kurzinformation: Form des Handauflegens Name: engl. „polarity“ = Verhältnis zweier entgegengesetzter, aufeinander angewiesener Kräfte Praxis: Der Geber der Massage arbeitet beidhändig und ohne Zuhilfenahme irgendwelcher Instrumente. Nach einer Diagnose des ‘Energiezustandes’ des Empfängers oder auch ohne eine solche Diagnose übt er auf bestimmte Körperzonen leichten Druck aus, legt die Hände darauf oder hält sie in geringem Abstand darüber. Die linke und die rechte Hand widmen sich meistens zeitgleich unterschiedlichen Körperzonen. Ziele: Erhaltung und Förderung der Gesundheit (durch Entspannung und Wohlbefinden) Ähnlichkeiten: Behandlungen, in denen manuell ‘Körper(energie)felder’ (Reiki), aber auch Körperzonen (Fußreflexzonenmassage) oder auch ‘nur’ Körperpunkte (Akupressur, Do In, Shiatsu) manipuliert werden, um Wirkungen auf den gesamten Körper oder einzelne, auch anderswo liegende Organe zu erzielen. Zugehörigkeit: „Polaritätstherapie“ bzw. „Polarity-Energy-Balancing“, zu dem neben der Polarity-Massage als bekanntestem Element bestimmte Bewegungsübungen, Ernährungsgewohnheiten und Autosuggestionen gehören. Richtungen: Wilfried Teschler hat mit der Polarity-Massage der Füße eine Kombination aus Polarity-Massage und Fußreflexzonenmassage entwickelt. Geschichte: Die Polarity-Massage wurde von dem österreichischen Arzt Dr. Randolph Stone (1890 - 1981) entwickelt, der mit dreizehn Jahren mit seinem Vater in die USA ausgewandert war. Seinen Doktortitel erwarb er in den Fächern Naturheilkunde, Chiropraktik und Osteopathie. Durch die zusätzliche Lektüre okkulter Lehren des Westens und Mittleren Ostens und durch Reiseerfahrungen mit traditionellen chinesischen und indischen Heilsystemen erarbeitete Stone aus diesen unterschiedlichen Kontexten, vermischt mit eigenen Einsichten, die Polaritätstherapie, insbesondere die Polarity-Massage. 1948 trat er durch das im Eigenverlag veröffentlichte Buch „Energy. The Vital Principle in the Healing“ mit seinem Therapiesystem an die Öffentlichkeit und ernannte später Pierre Pannetier zu seinem Nachfolger. Unter der Grundidee eines den Körper umgebenden und ihn durchdringenden elektromagnetischen Energiefeldes kombinierte Stone in und mit der Polarity-Massage unterschiedliche Massagepraktiken. Hintergrund: Stone nimmt an, dass der menschliche Körper nicht nur aus Materie, sondern auch und vor allem aus einem ‘feinstofflichen’, mit den Sinnen nicht wahrnehmbaren Energie- und Magnetfeld mit verschiedenen, positiv oder negativ aufgeladenen Zonen besteht, die nach bestimmten Prinzipien lokalisierbar sind (oben und rechts sind plus, unten und links sind minus). Aufgabe der Polarity-Massage ist es, den gestörten Energiefluss zwischen den beiden Polen auszugleichen. Es wird oft behauptet, dass dieses Energie- und Magnetfeld mit dem identisch sei, was in Indien „Prana“, in China „Chi“, in Japan „Ki“ genannt wird. Es dürfte eher stimmen, dass Stones Idee eines Energie- und Magnetfelds Vorstellungen ähnelt, die in körperorientierten Psychotherapien des Westens (Wilhelm Reich: „Orgon / -energie“; Alexander Lowen: „Bioenergie“) bekannt sind und vermutlich, wissentlich oder nicht, den

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„animalischen Magnetismus“ beerben. So nannte der berühmte Wiener Arzt Franz Anton Mesmer (1734 - 1815) sein Heilsystem, das im 18. Jahrhundert in bürgerlichen Kreisen der Großstädte sehr verbreitet war. Um 1840 sprach der Baron Karl von Reichenbach von dieser Energie als „Od(ischer Kraft)“. Kursinhalte: (Entspannungs-) Massage des ganzen Körpers, in der Regel ohne Vermittlung entsprechender diagnostischer Techniken, dafür mit verschiedenen Körper- und Sensibilisierungsübungen. Die Massagesequenzen werden vom Kursleiter demonstriert und dann von Teilnehmerpaaren aneinander ausgeführt. Raum / Material: Großer, warmer und ruhiger Raum ohne Mobiliar, ein Teppich- oder Holzboden, eine Liegeunterlage, eine Decke zum Zudecken, lockere und bequeme Kleidung, warme Socken Voraussetzungen: Als Empfänger der Polarity-Massage kommen im Prinzip Menschen aller Altersstufen in Frage, auch bei vielen gesundheitlichen Einschränkungen. Die Empfänger sollten möglichst auf dem Bauch wie auf dem Rücken liegen können. Für die Geber von Shiatsu ist ein bestimmtes Maß an Beweglichkeit und Einfühlungsvermögen erforderlich. Für Empfänger wie Geber gilt, dass die Fähigkeit und Bereitschaft erforderlich ist, sich selbst genauer als sonst zu spüren. Qualifikation: Offenbar gibt es in Deutschland keine Ausbildung an irgendeinem speziellen Institut, erst recht keine festgelegten, einheitlichen Ausbildungsrichtlinien. Die Polarity-Massage wird wohl nur über Bücher erworben und individuell über einzelne Personen weitergegeben. Beides ist gut möglich, weil Theorie und Technik dieser Massage einerseits sehr einfach sind, die Praxis andererseits eine nur sehr persönlich erfahrbare Intuition erfordert. fachliche Beurteilung: In der Praxis ein einfaches und hilfreiches System gegenseitiger Selbsthilfe für Entspannung und Wohlbefinden, in der Theorie und als Heilmassage umstritten. pädagogische Beurteilung: Steht in der Gefahr der Ideologisierung. formale Beurteilung: Polarity-Massage kann aus externer Sicht in Kursen erlernt werden, verlangt aus interner Sicht aber eine ‘lebenslange’ Übungspraxis. institutionelle Beurteilung: Die Hintergrundtheorie der Polarity-Massage ist mit dem christlichen Menschenbild offenbar nicht ohne weiteres zu vereinbaren. Empfehlung: Ohne theoretischen Überbau und ohne die weiteren Elemente aus der Polaritätstherapie ist die Polarity-Massage eine harmlose wie wohltuende Entspannungsmassage. Wenn der Verdacht besteht, dass ein Kursleiter den Sinn- und Heilungsanspruch dieser Massageform überzieht, sollte ein entsprechendes Kursangebot lieber unterbleiben. Literatur: Gordon, Richard: Deine heilenden Hände. Eine Anleitung zur Polarity-Massage. München 1987 Teschler, Wilfried: Das Polarity-Handbuch. Haldenwang 1984

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Psychodrama Kurzinformation: erlebnisaktivierende Form der (Gruppen-) Psychotherapie Name: altgriech. „psyche“ = Seele; „drama“ = Handeln allgemein, Rollenspiel im besonderen. Als ‘Handeln der Seele’ ist Psychodrama „eine Methode, welche die Wahrheit der Seele durch Handeln ergründet“ (Moreno). Praxis: In einem Psychodrama werden, geführt durch einen „Leiter“ (a), reale oder fiktive Lebenssituationen eines Gruppenmitglieds, der für dieses Psychodrama zum „Protagonisten“ (b) wird, auf einer „Bühne“ (c) dargestellt. Ein Teil der Gruppe wird in dieses szenische Spiel als „Hilfs-Ichs“ (d) einbezogen, während der Rest „Gruppe“ (e) bleibt und zum Publikum wird. Ein Psychodrama kann auf eine 90- bis 120-minütige Sitzung beschränkt bleiben oder über mehrere Sitzungen verteilt sein. In vollem Umfang besteht es etwa zu gleichen Teilen aus einer einleitenden Erwärmung (1), einem oder mehreren Spielen (2) und einem abschließenden Gespräch (3). In der Erwärmungsphase wird ein Protagonist gewählt, dessen persönliches Problem bzw. Thema auch die anderen Gruppenmitglieder interessiert. Der Protagonist findet eine Situation, richtet die Bühne ein und wählt die erforderlichen Hilfs-Ichs. In der Spielphase werden diese und evtl. weitere Lebenssituationen mit Hilfe verschiedener Techniken (Rollentausch etc.) dargestellt, in der Gesprächsphase in der Gruppe im „Sharing“ von Erlebnissen aus dem eigenen Leben und im „Feedback“ des Erlebens der Rollen und aus den Rollen heraus ausgewertet. Ziele: Veränderung unerwünschter Haltungen und Handlungsweisen durch das Zusammenspiel von (körperlichem) Handeln, emotionalem Erleben und rationaler Einsicht Ähnlichkeiten: Familientherapie (nach Virginia Satir), Gestalttherapie (Fritz Perls), Transaktionsanalyse (Eric Berne); Expression Scénique (Emile Dars / Jean-Claude Benoit), Playback Theater (Jonathan Fox), Therapeutisches Theater (Vladimir Nikolajewitsch Iljine). Richtungen / Varianten: Richtungen: tiefenpsychologisches Psychodrama, behaviouristisches Psychodrama, Gestalt-Drama. Varianten: Psychodrama als Einzeltherapie (Monodrama); gruppenzentriertes Psychodrama, themenzentriertes Psychodrama, Soziodrama; Bibliodrama Geschichte: 1922 gründete der rumänische Jude und promovierte Arzt Jakob Levy Moreno (1889 - 1974) in Wien, angeregt durch seine studentischen Erfahrungen aus spontanen Stegreifspielen mit Kindern in Parks, als „Bühne ohne Zuschauer“ ein Stegreiftheater. Hier wurde zu aktuellen Themen (aus der Zeitung) improvisiert. Während solcher Improvisationen entdeckte Moreno die psychotherapeutische Wirksamkeit des Stegreifspiels und entwickelte es noch vor, dezidiert nach seiner Auswanderung in die USA im Jahre 1925 zum Psychodrama weiter. 1935 gründete Moreno in Beacon das erste Psychodrama-Theater, 1942 das Psychodrama-Institut in New York. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Psychodrama auch bzw. wieder in Europa bekannt, zuerst in Frankreich. In Deutschland verbreitete es sich ab 1970. Hintergrund: Moreno entwickelte aus seinen vielseitigen wissenschaftlichen (medizinischen, philosophischen, tiefenpsychologischen, soziologischen) und künstlerischen (theatralen, literarischen) Interessen heraus einen sozialpsychologischen Theoriekomplex mit entwicklungs- und persönlichkeitspsychologischen, interaktions- und rollensoziologischen

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sowie psychopathologischen Elementen. Dieser Komplex steht vor dem Hintergrund eines dynamischen Menschenbildes, nach dem Menschen Spontaneität und Kreativität besitzen, diese, zugleich autonom und in der Begegnung mit anderen Menschen interdependent, in gleichermaßen kognitiv und emotional, realistisch und phantasievoll geprägte Aktionen umsetzen und sich so verwirklichen. Kursinhalte: verschieden nach Kursleiter; von der Vorstellung des Psychodrama mit kurzen beispielhaften Praxiselementen bis zur ihrer Ausübung, mit mehr oder weniger vielen Hinweisen auf den theoretischen Hintergrund der Therapieform Voraussetzungen: Interesse an (spielerischer) Selbsterkundung und -erprobung; nicht geeignet für psychisch kranke Menschen Qualifikation: Nach den Richtlinien des Deutschen Arbeitskreises für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik dauert die Ausbildung zum „Psychodrama-Therapeut“ (für Diplom-Psychologen und Ärzte) bzw. „Psychodrama-Leiter“ (für Sozial- / Pädagogen und andere Qualifizierte), aufbauend auf der Vorstufe des „Psychodrama-Assistenten“, drei bis vier Jahre und erfolgt an mehreren anerkannten Instituten. fachliche Beurteilung: „Die Wirksamkeit von Psychodrama als zusätzlicher Komponente einer umfassenden Behandlung ist belegt... Noch fehlt der Nachweis, dass diese Methode ausreichende Effekte erzielt, wenn sie ausschließlich angewandt wird. (...) Es besteht vor allem bei mangelhaft ausgebildeten TherapeutInnen und in unprofessionell geleiteten Selbserfahrungsgruppen die Gefahr, dass aufkommende Gefühle die TeilnehmerInnen überschwemmen. Auf der anderen Seite kann es auch bei einem unproduktiven bloßen Ausleben (Agieren) bleiben, das Erlebte wird nicht ausreichend reflektiert und interpretiert.“ (Federspiel / Karger: Kursbuch Seele) pädagogische Beurteilung: Stellt die Selbständigkeit im Urteil in der Spielphase (gewollt) infrage, bleibt in der Gesprächsphase aber, evtl. nur durch die Gruppensituation erschwert, offen für kritisches Denken. formale Beurteilung: Von theoretischen und / oder kurzen praktischen Einführungen abgesehen kann das Psychodrama aufgrund des Bedarfs an Zeit und Tiefe sinnvoll nur in (Mehr-) Tagesveranstaltungen angeboten werden. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich wohl neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: Das Psychodrama sollte seiner therapeutischen Funktion entkleidet und pädagogisch gewendet werden. Auf diese Weise kann es erstens im Bereich der Persönlichkeitsbildung, jedoch nur als ein Zugang unter anderen, sinnvoll angeboten. Zweitens kann es, themen-, nicht protagonistenorientiert, eine wichtige Methode der Erwachsenenbildung in allen Sachbereichen der Erwachsenenbildung darstellen, in denen die Interaktion zwischen Menschen eine Rolle spielt. Literatur: Leutz, Grete: Das klassische Psychodrama nach J. L. Moreno. Berlin / Heidelberg 1974 Zeintlinger-Hochreiter, Karoline: Kompendium der Psychodrama-Therapie. Köln 1996

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Adresse: Deutscher Arbeitskreis für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik e.V. (DAGG), Sektion Psychodrama

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Qi Gong Kurzinformation: Sammelbegriff für eine Vielzahl und Vielfalt chinesischer Körperübungen Name: chin. „Gong“ bzw. „Kung“ = Arbeit, und zwar am „Qi“ bzw. „Chi“ = Prinzip, Kraft Praxis: Im Liegen, Sitzen, Stehen oder Gehen, in langsamer Bewegung oder in Ruhe, werden Übungen praktiziert, in denen jeweils eine bestimmte Haltung / Bewegung, Atmung oder Vorstellung ausgeübt wird. Ziele: Erhaltung und Förderung der Gesundheit (durch Entspannung und Wohlbefinden) Ähnlichkeiten: Kum Nye, Tai Chi Chuan, (Hatha-) Yoga Zugehörigkeit: traditionelle chinesische Medizin Richtungen: Kranich - Qi Gong, bei dem heftige Bewegungen gemacht und entlastende Schreie ausgestoßen werden; Tai Chi Chuan gehört zum Qi Gong, ist aber weniger eine Richtung als ein bestimmtes, vergleichsweise schwer zu erlernendes Übungssystem aus der Fülle der Qi Gong - Übungen. Geschichte: Unter dem Sammelbegriff „Qi Gong“ wurde in China seit dem 17. Jahrhundert eine Fülle unterschiedlichster Atem-, Bewegungs- und Konzentrationsübungen bekannt, deren Ursprünge sich mindestens bis in die ersten Jahrhunderte n. Chr. verfolgen lassen. Diese Übungen, die im 19. und 20. Jahrhundert teilweise in Vergessenheit geraten und während der Kulturrevolution sogar verboten waren, nahmen ab 1980 in China einen ungeheuren Aufschwung und wurden auch auf öffentlichen Plätzen sowie in Betrieben praktiziert. Nach Europa und in die USA gelangte Qi Gong im Gefolge von Tai Chi Chuan und Akupressur, aber mit einem zeitlichen Abstand. In Deutschland ist es seit Anfang der neunziger Jahre bekannt. Hintergrund: Qi Gong orientiert sich an der traditionell-chinesischen medizinischen Theorie, nach der der menschliche Körper von einer unsichtbaren Aktivität (chin. „Chi“ bzw. „Qi“) durchzogen wird, die auf bestimmten Bahnen (= Meridiane) verläuft und in diesen sowie zwischen diesen Bahnen unausgewogen und damit krankmachend verteilt sein kann. Die Verteilung kann durch instrumentelle (Akupunktur, Moxibustion) und manuelle Manipulationen (Akupressur, Do-In, Shiatsu), durch Atmung, Bewegung und Ernährung beeinflusst werden. Kursinhalte: Am weitesten verbreitet sind bestimmte Übungsreihen wie z.B. die „8 Seidenübungen“, das „Spiel der 5 Tiere“ oder die „8 Brokatübungen, oft ergänzt durch einfache und isolierte Übungen, die der Vorbereitung und Sensibilisierung dienen. Die Vermittlung der Übungen erfolgt in der Regel, ohne die Theorie und die anderen Praktiken der traditionellen chinesischen Medizin weitergehend zu erwähnen. Die Übungen werden vom Kursleiter demonstriert und dann von Teilnehmern nachgemacht. Raum / Material: Großer, warmer Raum ohne Mobiliar, ein Teppich- oder Holzboden, evtl. eine Liegeunterlage, lockere und bequeme Kleidung

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Voraussetzungen: Die Übungen sind im Prinzip für alle Menschen geeignet, wobei im Einzelfall, bei speziellen Übungen oder körperlichen Beeinträchtigungen, ein vorherige Abklärung und Absprache erforderlich ist. In jedem Fall ist die Fähigkeit und Bereitschaft notwendig, sich auf Fremdes und dabei auf sich selbst einzulassen sowie zu üben. Qualifikation: Es gibt in Deutschland wie auch in China keine offizielle Ausbildungsorganisation, was angesichts der Vielfalt an Richtungen und Schulen auch schlechterdings kaum möglich ist. Viele Übungen werden in traditioneller Form vom einzelnen Lehrer an ausgewählte Schüler vermittelt. In Deutschland gibt es jedoch Institute, Vereine und Initiativen, in denen chinesische und europäische Lehrer Qi Gong in allen Formen, vom einzelnen Workshop bis zur mehrjährigen Weiterbildung, weitergeben. Für die Kursleitung empfiehlt sich neben einer entsprechenden, über einen einzigen Workshop hinausgehenden Weiterbildung, eine mehrjährige Übungspraxis. fachliche Beurteilung: Ein geeignetes System der Selbsthilfe für Entspannung und Wohlbefinden. pädagogische Beurteilung: Stellt die Selbständigkeit im Urteil in keiner Weise infrage und bleibt offen für kritisches Denken. formale Beurteilung: Qi Gong ist nur durch Übung erlernbar. Kurse können daher nur eine Hinführung sein. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: „Qigong ist empfehlenswert zur Entspannung, Erhaltung der Beweglichkeit und Rehabilitation.“ (Stiftung Warentest) Es ist sinnvoll, die Zahl und Art der Übungen in den Kursen stark zu beschränken, die wenigen Übungen, zu Sequenzen zusammengestellt, genau einzustudieren und von vornherein mitzubedenken, ob und wie sich (nach dem Kurs) selbstorganisierte Übungsgruppen bilden können. Literatur: Guorui, Jiao: Qigong Yangsheng. Gesundheitsförderliche Übungen der traditionellen chinesischen Medizin. Uelzen 1988 Lawson-Wood, Dennis und Joyce: Die Praxis des Qigong. Honkong 1988 Liu, Quingshan: Qi Gong. München 1992 Adressen: Deutsche Qi Gong Gesellschaft e.V., Schumannstr. 12b, 67227 Frankenthal

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Reiki Kurzinformation: Handauflegen, eine Form geistigen Heilens durch energetische "Massage"; darüber hinaus eine Methode der (Auto-)Suggestion Name: gesprochen: "reeki"; japanisch: "rei" = Geist Verstorbener, oft mit "universal" übersetzt, "ki" = Lebenskraft Praxis: Eine Reiki-Ganzkörperbehandlung geschieht in entspannender Atmosphäre (z.B. Kerzenlicht, Duft von Räucherstäbchen, meditative Musik) und wird durch Rituale eingeleitet (z.B. Ablegen von Schmuck, Händewaschen, "Gebet", "Glattstreichen der Aura", "Energiestrich") und beendet (z.B. "Glattstreichen der Aura", "Energiestrich", Händewaschen). In der Behandlung werden die Hände drei bis fünf Minuten in zwölf bis zwanzig Positionen auf den bauch- und rückwärts liegenden Körper aufgelegt. Ziel: Übertragung von heilender (entgiftender, stärkender) und/oder entspannender Energie (zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte); Anschluß an die heilende Kraft des Universums, die dann ein Leben lang zur Selbst- und Fremdanwendung zur Verfügung steht Ähnlichkeiten: Handauflegen in der (christlichen) Pfingstbewegung und in der von Mary Baker Eddy (1821-1910) begründeten "Christlichen Wissenschaft" ("Christian Science), deren Wurzeln (auch) im Mesmerismus bzw. magnetischen Heilen liegen; Polarity-Massage Richtungen: Reiki wird (auch in Deutschland) nach dem Tod von Hawayo Takata (s. Geschichte) von zwei miteinander konkurrierenden Organisationen vertreten: "Reiki Alliance" (Phyllis Lei Furumoto, Enkelin von Takata und von ihr eingeweihte Großmeisterin, stärker traditionell und spirituell, 3 Einweihungsgrade) und "T.R.T.A.I." (Barbara Weber Ray, Schülerin von Takata und Anthropologin, 7 Einweihungsgrade) früher "American-International Reiki Association" (AIRA). Beide Organisationen beanspruchen die Legitimität der Takata-Nachfolge und damit Exklusivität. Geschichte: Nach der mündlichen Reiki-Tradition, die in vielerlei kleinen Variationen kursiert, wollte Mikao Usui (gest. 1929), Doktor der christlichen Theologie, Mönch und Leiter einer christlichen (Kloster-)Schule in Kyoto, wissen, wie die Wunderheilungen Jesu vonstatten gegangen sind. Daraufhin habe sich Usui auf Wanderschaft (Amerika) begeben und private Studien betrieben. In alten indischen (Sanskrit-Sutras) oder tibetischen Schriften fand er die Antwort auf seine Frage in Form von Symbolen. So gilt Reiki als eine japanische Heilmethode tibetanisch-indischen Ursprungs und Usui als ihr Wiederentdecker. Um die Antwort zu erproben, meditierte er fastend 21 Tage auf dem Berg Kuriyama, bis er erleuchtet wurde. Von da an konnte er heilen und die Heilungsgabe weitergeben. Vor seinem Tod gab Usui sein Wissen an einen langjährigen Schüler weiter, von dem die Hawaianerin japanischer Herkunft Hawayo Takata (gest. 1980) eingeweiht wurde. Sie brachte Reiki in den Westen. Hintergrund: Reiki steht im Gesamtzusammenhang der ca. 350 Religionen, die in den letzten 100 Jahren in Japan entstanden sind und in der Regel den Buddhismus und Shintoismus/Konfuzianismus beleihen, sehr selten das Christentum. Diese neuen Religionen sind keine originären Neuschöpfungen, sondern setzen nur bestimmte Akzente (Offenbarung, charismatische Stifter und Mitglieder, Synkretismus, Diesseitigkeit, Heilung). Dieser Zusammenhang zeigt sich noch in den (traditionell japanischen) Reiki-Lebensregeln, die aufgrund der mündlichen Überlieferung in Zahl und Inhalt variieren, ist aber sonst kaum noch

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inhaltlich und nur formal bemerkbar. Es bleibt auf jeden Fall die Idee einer göttlichen, das Universum wie den Menschen füllenden, positiv wirkenden Energie. Kursinhalte: Reiki wird in drei (bis sieben) Phasen erlernt und übertragen, die mit drei (bis sieben) Graden abschließen. Der 1. Grad wird an einem Wochenende oder an vier Abenden erworben, kostet einige hundert Mark und befähigt durch vier passive Einweihungen ("Öffnung und Versiegelung des Reiki-Kanals") zur Energieübertragung durch Handauflegen. Der 2. Grad wird auf einem mehrtägigen Kurs erworben, kostet um tausend Mark und vermittelt zusätzliche Heilmethoden (Symbolgebrauch, vermutlich von Mandalas und / oder Mantras, Mentalbehandlung und Fernbehandlung). Der Meistergrad beinhaltet das Recht, andere einzuweihen, kostet über 10.000 Mark, und wird nach längerer Mitarbeit bei einem Meister verliehen. Raum/Material: genügend großer Raum mit warmen Boden und ohne Mobiliar, evtl. Kerzen, Räucherstäbchen und Musik Voraussetzungen: keine aus Reiki-Binnen-Perspektive, entsprechende Empfänglichkeit aus Außen-Perspektive Qualifikation: Die Kombination des Reiki-Meistergrades mit einer mehr medizinisch ausgerichteten Ausbildung z.B. in Physiotherapie verhindert eher einen möglichen Absolutismus, Individualismus und Spiritualismus. fachliche Beurteilung: Reiki ist kein Ersatz für medizinische Hilfe und wird von den Anwendern auch nicht so gewertet. Es kann andere Formen der Prävention, Therapie und Rehabilitation, konventionelle wie alternative, durch den Effekt der tiefen Entspannung evtl. ergänzen, beschleunigen und bereichern, bleibt medizinisch ohne schädliche Nebenwirkungen und führt in den meisten Fällen zu einem subjektiven Wohlbefinden. pädagogische Beurteilung: Die Praxis von Reiki wird nur z.T. durch Lehren und in erster Linie durch eine energetische Übertragung vermittelt. Die Lehre erfolgt in mündlicher und nicht öffentlicher Tradition. Es besteht ein deutliches Meister-Schüler- und damit Abhängigkeitsverhältnis. Reiki-Veranstaltungen sind aus diesen Gründen keine Bildungsveranstaltungen formale Beurteilung: Die Gruppen, in denen Reiki vermittelt wird, haben in der Regel unter zehn Teilnehmer. Das Honorar, das der Reiki-Lehrer auf dem freien Markt bekommen kann, übersteigt deutlich das Kurshonorar von öffentlich geförderten Bildungseinrichtungen. institutionelle Beurteilung: Die Ideen der Machbarkeit von Gesundheit, der Individualisierung von Krankheit und der Spiritualisierung von Heilung, die bei Reiki besonders deutlich hervortreten, widersprechen, auf die Spitze getrieben, dem christlichen Menschenbild. Empfehlung: Reiki ist für die Bildungsarbeit aus den genannten pädagogischen, formalen und institutionellen Gründen ungeeignet. Literatur: A.I.R.A.: Das offizielle Reiki Handbuch. 1985 Ray, Barbara: Der Reiki-Faktor. München 1990 Reiki-Buch (The Reiki Alliance). 1985

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Adressen: American International Reiki Assiciation Inc., P.O. Box 86038, St. Petersburg, Florida 33738, USA The Reiki-Alliance, P.O. Box 41, Cataldo, I.D. 83810, USA

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Shiatsu Kurzinformation: japanische Massageform Name: jap.: „shi“ = Finger; „atsu“ = Druck Praxis: Der Masseur übt ohne Zuhilfenahme irgendwelcher Instrumente, nur mit seinen Daumen, anderen Fingern und Handflächen (auch mit Unterarmen, Knien und Füssen) und nur durch Verlagerungen seines Körpergewichts Druck aus, wobei der Empfänger der Massage mit oder ohne (leichte) Kleidung liegt oder sitzt. Der Druck richtet sich auf Reihen über den ganzen Körper verteilter bestimmter Körperpunkte (jap. „Tsubos“), nicht auf Körperflächen wie Gewebe oder (Reflex-) Zonen. Die Druckmassage wird um manuelle bzw. chiropraktische Techniken vor allem der Dehnung ergänzt. Ziele: Erhaltung und Förderung der Gesundheit (durch Entspannung und Wohlbefinden), Linderung und Beseitigung von Beschwerden Ähnlichkeiten: Behandlungen, in denen instrumentell (Akupunktur, Moxibustion) oder manuell Körperpunkte (Akupressur, Do In, Polarity-Massage) oder Körperzonen (Fußreflexzonenmassage) manipuliert werden, um Wirkungen auf den gesamten Körper oder einzelne, auch anderswo liegende Organe zu erzielen. Unterschiede (zu Akupressur): Shiatsu und Akupressur sind nur tendenziell zu unterscheiden. Shiatsu wird eher als Partner-, Meridian- (Punktreihe) und Ganzkörpermassage (auch) bei Beschwerdefreiheit praktiziert, Akupressur eher als Selbst-, Punkt- und Teilkörpermassage bei leichten Beschwerden, wobei auch die Techniken variieren. Richtungen: In Japan dominiert das auch an der modernen westlichen Medizin orientierte System von Tokujiro Namikoshi (Nippon-Style-Shiatsu), in Europa und den USA die an der traditionellen chinesischen Medizin ausgerichteten Systeme von Shizuto Masunaga (Iokai- bzw. Zen-Shiatsu), Wataru Ohashi (Ohashiatsu) oder nach George Oshawa und Michio Kushi (Makrobiotisches Shiatsu). Watsu (Water-Shiatsu) und Tantsu (Tantric Shiatsu) sind die jüngsten, von dem Amerikaner Harold Dull entwickelten Shiatsu-Systeme. Geschichte: Name und Konzept des Shiatsu sind Anfang des 20. Jahrhunderts in Japan entstanden und dort vor allem durch Tokujiro Namikoshi verbreitet worden. 1925 gründete er in Hokkaido das erste Institut für Shiatsu-Therapie. Die Wurzeln des Shiatsu liegen in zwei Massageformen, die innerhalb der traditionellen chinesischen Medizin entwickelt und im 10. Jahrhundert n. Chr. mit dieser Medizin in Japan bekannt geworden sind. Es handelt sich um die Systeme des Tao-Yin, in Japan „Do-In“ genannt, und des An-Ma, im Westen als „Akupressur“ bekannt geworden. Mitte der fünfziger Jahre wurde Shiatsu von der japanischen Regierung als Therapiemethode anerkannt. Nach Europa und in die USA kam Shiatsu in den siebziger Jahren, vor allem durch Shizuto Masunaga und seinen Schüler Wataru Ohashi. Hintergrund: Shiatsu orientiert sich an der traditionell-chinesischen medizinischen Theorie, nach der der menschliche Körper von einer unsichtbaren Aktivität (chin. „Chi“ bzw. „Qi“, jap. „ki“) durchzogen wird, die auf bestimmten Bahnen (= Meridiane) verläuft und in diesen sowie zwischen diesen Bahnen unausgewogen und damit krankmachend verteilt sein kann. Die Verteilung kann durch instrumentelle (Akupunktur, Moxibustion) und manuelle Manipulationen (Akupressur, Do-In, Polarity-Massage, Shiatsu) beeinflusst werden.

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Kursinhalte: (Entspannungs-) Massage einzelner Körperregionen oder des ganzen Körpers, in der Regel ohne eingehende Vermittlung der entsprechenden diagnostischen Techniken und konzeptionellen Vorstellungen (Meridiane, Yin / Yang, Fünf Elemente), dafür mit verschiedenen Körper- und Sensibilisierungsübungen. Die Massagesequenzen werden vom Kursleiter demonstriert und dann von Teilnehmerpaaren aneinander ausgeführt. Raum / Material: Großer, warmer Raum ohne Mobiliar, ein Teppich- oder Holzboden, eine Liegeunterlage, eine Decke zum Zudecken, lockere und bequeme Kleidung, warme Socken Voraussetzungen: Als Nehmer von Shiatsu kommen im Prinzip Menschen aller Altersstufen in Frage, auch bei vielen gesundheitlichen Einschränkungen (außer an erkrankten oder entzündeten Hautstellen, bei Fieber, Verletzungen, Krebs und schweren Herz-Kreislauf-Leiden). Während einer Schwangerschaft sollte der Unterleib ausgelassen bleiben. Die Nehmer sollten möglichst auf dem Bauch wie auf dem Rücken liegen können. Für die Geber von Shiatsu ist ein bestimmtes Maß an Beweglichkeit und Einfühlungsvermögen erforderlich. Für Nehmer wie Geber gilt, dass die Fähigkeit und Bereitschaft erforderlich ist, sich selbst genauer als sonst zu spüren. Qualifikation: In Deutschland existieren keine festgelegten, einheitlichen Ausbildungsrichtlinien. Es bestehen lediglich verschiedene Schulen mit unterschiedlichen inhaltlichen und didaktischen Ansätzen. Wünschenswert sind eine dieser Ausbildungen, eine längere Shiatsu-Praxis und anatomische Kenntnisse. fachliche Beurteilung: Ein geeignetes System gegenseitiger Selbsthilfe für Entspannung und Wohlbefinden. Als Heilmassage ist Shiatsu, wenn überhaupt, nur bei heilkundlich ausgebildeten Masseuren sinnvoll. pädagogische Beurteilung: Stellt die Selbständigkeit im Urteil in keiner Weise infrage und bleibt offen für kritisches Denken. formale Beurteilung: Shiatsu ist nur durch Übung erlernbar. Kurse können daher nur eine Hinführung sein. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: In der Regel ist es kaum möglich, in einem einzigen Kurs eine vollständige Shiatsu-Ganzkörpermassage vermitteln zu wollen. Es ist sinnvoller, sich entweder auf bestimmte Körperpartien oder auf die ‘Kunst der Berührung’ zu konzentrieren, die sich (nicht nur) im Shiatsu manifestiert. In der Kursankündigung sollte ein Hinweis stehen, dass Shiatsu paarweise und in bekleidetem Zustand praktiziert werden wird. Literatur: Jarmey, Chris / Gabriel Mojay: Das große Shiatsu-Handbuch. Bern / München / Wien 1995 Rappenecker, Wilfried: Yu Sen - Sprudelnder Quell. Shiatsu für Anfänger. München 1990

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Tai Chi Chuan Kurzinformation: (hier: Yang-Stil) "Meditation" in (langsamer) Bewegung Name: "Tai" = Größtes, Höchstes; "Chi" = Prinzip, Kraft; "Chuan" = Faust, Boxen, Hand(lung): Bewegung nach universellen Prinzipien, nach der kosmischen Kraft (veraltet: "Schattenboxen") Praxis: Vorgegebene Folge langsamer, fließender und kreisförmiger Bewegungen in aufrechter Haltung: Der Schwerpunkt wechselt ständig von einem auf das andere Bein; alle Gliedmaßen sind in Bewegung. Die Bewegung wird ganz konzentriert ausgeführt; die Atmung geht synchron zur Bewegung. In einer Gruppe führen alle gleichzeitig diegleiche Bewegung aus. Ziele: in erster Linie Erhaltung und Förderung der Gesundheit, in zweiter Meditation in Bewegung, in dritter Selbstverteidigung Richtungen: Seit dem letzten Jahrhundert haben sich vier z.T. sehr unterschiedliche Hauptstile herausgebildet (Sun, Wu, Chen und Yang). In Deutschland ist der Yang-Stil verbreitet, besonders in seiner 1956 von der chinesischen Regierung vereinfachten "Peking-Form". Ähnlichkeiten: vor allem Qi Gong, dann Kum Nye und Hatha-Yoga, auch Eutonie, Feldenkrais und (Konzentrative, Integrative) Bewegungstherapie Geschichte: Die ersten ähnlichen Bewegungssysteme sollen um etwa 300 n. Chr. in China von taoistischen Mönchen entwickelt worden sein. Die erste Ausarbeitung eines solchen Systems erfolgte im 12. Jahrhundert durch Chang Sa-Feng, einen taoistischen Mönch. Chen Wang-Ting (1597-1664) begründete den ältesten der aktuellen Tai-Chi-Stile, der in seiner Familie über zweihundert Jahre exklusiv von Generation zu Generation tradiert wurde, bis er von Yang Lu-Chan (1799-1872) zum Yang-Stil entwikelt und in Peking öffentlich unterrichtet wurde. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich Tai Chi Chuan in verschiedenen, oft familiengebundenen Stilen über ganz China, ab 1956 durch die Förderung der Regierung massenhaft. In den sechziger Jahren kam Tai Chi Chuan in die USA, in den siebziger nach Europa. Hintergrund: Geistige Grundlage ist der zwischen 400 und 300 v. Chr. in China entstandene Taoismus (Lao Tse, Dschuang Tse, Lie Tzu u.a.), dem es um die Harmonie des menschlichen Lebens (Mikrokosmos) mit dem (Makro-)Kosmos geht und der zu allen Zeiten mit der chinesischen Medizin in engem Zusammenhang stand. Später kamen buddhistische Einflüsse hinzu. Kursinhalte: Die Arbeit an der Bewegungsform steht im Mittelpunkt. Daneben gibt es hinführende und begleitende Bewegungs-, evtl. auch Massageübungen zu zweit und Bewegungs-, Atem- und Bewußtheitsübungen einzeln. Raum/Material: Großer Raum mit warmen Boden und ohne Mobiliar, am besten eine Turnhalle.

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Voraussetzungen: Im Prinzip bis ins Alter und bei normaler Beweglichkeit praktizierbar. Erforderlich ist ein ungefährer Sinn für Gleichgewicht und Bewegungskoordination Qualifikation: Es existieren weder in China noch in Deutschland festgelegte, einheitliche Ausbildungsrichtlinien. Eine mehrjährige Übungspraxis ist wünschenswert. fachliche Beurteilung: Ein ideales Übungssystem zur ganzheitlichen Gesundheitserhaltung und -förderung; es nützt nicht nur, es schadet auch nicht pädagogische Beurteilung: Ist von der Bewegung her auf Selbständigkeit angelegt und vom geistigen Hintergrund her offen für kritisches Denken. formale Beurteilung: Tai Chi Chuan ist nur durch Übung erlernbar. Kurse können daher nur eine Hinführung sein. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: Es ist kaum möglich, innerhalb eines einzelnen Kurses die ganze Tai Chi Chuan - Form zu vermitteln. Sinnvoller ist es, die prinzipielle Art von Bewegung erfahrbar zu machen und auf die notwendige Übung zwischen den einzelnen Stunden - daher ist ein Wochenende weniger geeignet - und nach dem Kurs zu verweisen. Vielleicht bildet sich aus dem Kurs heraus eine selbstorganisierte Übungsgruppe. Literatur: Anders, Frieder: Das chinesische Schattenboxen. T'ai Chi. Bern/München/Wien 1977 Moegling, Klaus: Tai Chi Chuan. Die chinesische Bewegungsmeditation. Ein Lehrbuch für Anfänger und Fortgeschrittene. München 1988 Adressen: International Tai Chi Chuan Association (ITCCA), Schule Frieder Anders, Am Weingarten 12-14, 60487 Frankfurt, 069/779076

Touch for health

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Kurzinformation: energetische (Muskel-)Diagnose mit anschließender (Reflexzonen-) Massage Name: "Gesund durch Berühren" Praxis: Mit Hilfe eines oder einer Reihe verschiedener sog. "Muskeltests" werden energetische Unausgewogenheiten in den Muskeln (verspannt oder weich) und dazugehörigen Organe herausgefunden. Neben "strukturellen" Muskel-, Knochen- und Sehnenproblemen werden mit denselben Tests "chemische" Probleme mit Nahrungs- und Heilmitteln und "emotionale" mit Streß geprüft, um weiterer ungleichmäßiger Energieverteilung auf die Spur zu kommen. Die Diagnose erfolgt in der Regel bekleidet und liegend. Der Behandler fordert den Klienten auf, z.B. mit dem erhobenen Arm bzw. angewinkeltem Bein gegen den Druck seiner Hand Widerstand zu leisten. Die darauffolgende Behandlung besteht in einer Synthese energiestärkender und -balancierender Techniken aus verschiedenen Reflexzonenmassagen, ergänzt durch diätetische u.a. Maßnahmen. Funktion: Erhaltung und Förderung der Gesundheit, Verhütung von Krankheiten Zugehörigkeit: Angewandte Kinesiologie (= Bewegungslehre), ein besonderer Zweig na-turheilkundlicher Chiropraktik bzw. Osteopathie (Manipulation und Einrenken von Wirbelsäule und Gelenken zur Be"hand"lung von Muskel- und Gelenkstörungen, ergänzt durch ernährungs- und streßtherapeutische Maßnahmen) Ähnlichkeiten (der Angewandten Kinesiologie): westliche (Bindegewebs-, Fußreflexzonen-Massage) und fernöstliche (Akupressur, Shiatsu) Reflexzonenmassagen, insgesamt alle Physio- bzw. Reiztherapien Geschichte: Die Angewandte Kinesiologie ("Applied Kinesiology") ist von 1964 bis zur Mitte der 70er Jahre von dem amerikanischen Chiropraktiker George Goodheart entwickelt worden. Dabei kombinierte er (s)eine neue chiropraktische diagnostische Entdeckung, die zum Muskeltest führte, mit Methoden verschiedener Reflexzonentherapien (Reizung einer Reflexzone oder eines Reflexpunktes der Haut, um den Zustand von inneren Organen positiv zu beeinflussen) und Ernährungsumstellungen. Der Chiropraktiker John Thie, ein enger Kollege von Goodheart, stellte daraus 1973 eine vereinfachtes System für Laien zur Selbsthilfe zusammen: "Touch for Health". Richtungen (der Angewandten Kinesiologie): Behaviorale Kinesiologie (John Diamond), Edu-K (Educational Kinesiology, Paul E. Dennison) inkl. Brain-Gym, Klinische Kinesiologie (Allen Beardall) u.a. Hintergrund: Der Mensch hat einen grob- und einen feinstofflichen bzw. einen materiellen und einen energetischen Körper. Letzterer ist entscheidend. In allen Erscheinungsformen der belebten und unbelebten Welt zeigt sich eine universelle Energie. Sie muß ausreichend (Gesundheit als Stärke), ungehindert und ausgewogen (Gesundheit als Gleichgewicht) fließen können. Kursinhalte (eines zweitägigen Grundkurses): Philosophie, Theorie und Grundbegriffe des TFH; 14 Muskeltests; 4 Ausgleichsverfahren: neurolymphatische Massage, neurovaskuläre Haltepunkte; Abfahren der 14 Meridiane; Muskelumprogrammierung; evtl. Muskeltest auf Nahrungsmittel, Emotionaler Streßabbau und andere Techniken

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Raum/Material: großer Raum mit warmen Boden und ohne Mobiliar, evtl. Decken oder Gymnastikmatten Voraussetzungen: für jeden Menschen praktizierbar, der über ein gute intuitive Fähigkeit verfügt und gut kommunizieren kann. Qualifikation: In Deutschland existieren zur Zeit keine festgelegten, einheitlichen Ausbildungsrichtlinien. In den USA ist es der Fall. fachliche Beurteilung: "Die Muskeltestung ist rein subjektiv und kann manipuliert werden. Die wechselnde Muskelspannung ist abhängig von der psychischen Stimmungslage und der suggestiven Beziehung zwischen Heiler und Klient. Es gibt bis heute keine wissenschaftliche Dokumentation darüber, ob der Test wirklich herausfinden kann, was behauptet wird." (Stiftung Warentest) "Bei guter intuitiver Fähigkeit und guter Kommunikation werden die Anwender zu einigermaßen sinnvollen Handlungsanweisungen gelangen, so abseitig auch ihre Erklärungen sein mögen. Zu den angewandten Therapieformen ist im Grunde ähnliches zu sagen. Von daher besteht kein Anlaß, die kinesiologischen Methoden für besonders gefährlich zu halten. Sie könne sich durchaus positiv auswirken. Die Hauptgefahr dürfte nicht in dem liegen, was getan wird, sondern in dem, was unterlassen wird." (Hansjörg Hemminger) pädagogische Beurteilung: Da TFH Intution erfordert und (Auto-)Suggestion beinhaltet, besteht bei wenig selbstkritischen Kursleitern die Gefahr, daß die Teilnehmer sich von derem Urteilen und Handeln abhängig machen. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich medizinisch neutral zum christlichen Menschenbild. Allerdings neigen manche der Anwender von TFH aufgrund des energetischen Ansatzes einer esoterischen Weltsicht zu. Der Kosmos wird monistisch-pantheistisch als apersonal-göttliche Wesenheit begriffen, Krankheit spiritualisiert und individueller Verantwortung (auch aus früheren Leben) angelastet. Empfehlungen: TFH steht und fällt mit der Qualifikation und der Haltung des Kursleiters. Auf seine Auswahl sollte besonderer Wert gelegt werden. Von Vorteil ist, daß es sich beim TFH-Grundkurs, der vor allem in Frage kommen wird, um eine schon inhaltlich, methodisch und zeitlich aufbereitete Standardveranstaltung handelt. Literatur: LaTourelle, Maggie: Was ist Angewandte Kinesiologie? Freiburg 1994 Thie, John F.: Gesund durch Berühren. Touch for Health. Basel 1990 Adressen: Deutsche Gesellschaft für Angewandte Kinesiologie e.V., Zasiusstr. 67, 79102 Freiburg, 0761/709694

Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

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Kurzinformation: aus China stammende, seit den fünfziger Jahren durch westliche bzw. westlich beeinflusste Ärzte systematisierte medizinische Theorie und Praxis Name: Das Adjektiv „traditionell“ soll betonen, dass das in westlichen Industrieländern so bezeichnete medizinische System unverfälscht von der modernen westlichen Medizin a) der gegenwärtig in China ausgeübten überlieferten chinesischen Medizin entspricht, die b) wiederum die altchinesische Medizin vor der Begegnung mit der modernen westlichen Medizin abbildet. Praxis: Die Diagnostik der traditionellen chinesischen Medizin fußt allein auf der unmittelbaren Untersuchung durch die Sinne (Betrachtung der Gesamterscheinung, der Gesichtsfarbe, der Zunge, der Nasensekretion; Ab-/ Hören; Riechen; Tasten der Haut und des Pulses) und der Befragung (Anamnese). Die Zungen- und die Pulsdiagnose sind besonders entwickelt. Die Therapeutik umfasst physiotherapeutische (Reiz- oder Regulationsheilkunde), phytotherapeutische (Kräuterheilkunde) und diätetische (Ernährungsheilkunde) Ansätze. Zu den physiotherapeutischen Verfahren gehören die Akupunktur (Stechen von Akupunkturpunkten) und die Moxibustion (Anwärmen von Akupunkturpunkten), die Tui-Na-Massage bzw. Akupressur und die Körperübungen (Haltung, Bewegung, Atmung, Konzentration) des Qi Gong, gelegentlich auch das Schröpfen. Chirurgie kommt vor, bleibt aber rückständig. Neben der Therapie kennt die traditionelle chinesische Medizin einen Katalog präventiver Maßnahmen, die Erholung, Schlaf, Ernährung, Bewegung, das Baden, die Anpassung an Wetter und Jahreszeit u.a. betreffen. Ziele: Heilung von Krankheit, Linderung von Beschwerden, Erhaltung und Förderung der Gesundheit Ähnlichkeiten: Die traditionelle chinesische Medizin ist mit den anderen traditionellen Medizinsystemen vergleichbar, die in Südasien (indische Ayurveda-Medizin, tibetische Medizin) und in Kleinasien entstanden sind (griechisch-arabische Medizin von Hippokrates über Galen bis Avicenna). All diese traditionellen Medizinsysteme sind im Unterschied zur jeweiligen Erfahrungsheilkunde bzw. Volksmedizin philosophisch-rational orientiert, beschränken sich im Unterschied zur jeweiligen religiös-magischen Medizin auf natürliche Phänomene und setzen im Unterschied zur Zellularpathologie (Krankheit als Störung von einzelnen Organen) der modernen, wissenschaftlichen und internationalen Medizin eine Humoralpathologie voraus (Krankheit als Störung der Harmonie verschiedener Kräfte, Säfte und Prinzipien im gesamten Organismus). Richtungen: Die traditionelle chinesische Medizin zeigt sich innerhalb der und zwischen den verschiedenen ost- und südostasiatischen Ländern in unterschiedlichen Spielarten. In den USA und in Europa sind weitere Varianten entstanden. Die wichtigste nennt sich betont „Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)“ (s. Name). Geschichte: Die traditionelle chinesische Medizin ist nicht älter als die traditionelle westliche, griechisch-arabische Medizin, vermutlich etwas jünger. Der berühmte Arzt Pien Ch`üeh war zwar Zeitgenosse des Hippokrates (460 - 377 v. Chr.), auch des Lao-Tse als Begründer des Taoismus, aber die erste medizinische Schrift („Nan Ching“: „Das Buch der Leiden“) ist erst im 3. oder 2. Jahrhundert v. Chr. entstanden. Das klassische Werk der traditionellen chinesischen Medizin, die „Innere Heilkunde des Gelben Kaisers“ („Huang-ti Nei-ching“) des Li Chu-Kuo, ist um Christi Geburt herum geschrieben worden. Bis zum 12. Jahrhundert n. Chr. blieb die traditionelle chinesische Medizin ein relativ einheitliches System. Von da ab begann sie in unterschiedliche Ideen und Praktiken zu zerfallen, und im

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17. Jahrhundert n. Chr., in dem sie ihre Einheit endgültig verloren hatte, begann ihr Niedergang, der durch die Begegnung mit der modernen westlichen Medizin im 19. Jahrhundert beschleunigt wurde. Sie befindet sich heute in China in der Defensive. Schon mit den portugiesischen Jesuiten (17. Jahrhundert), allerspätestens aber mit der Chinareise Richard Nixons 1972, interessierte sich der Westen für die traditionelle chinesische Medizin. Hier stößt sie in der Bevölkerung inzwischen auf eine hohe Akzeptanz. Hintergrund: Der philosophische Hintergrund der traditionellen chinesischen Medizin liegt in Taoismus und Konfuzianismus und über ihn zurückreichend in Vorstellungen, die im „Buch der Wandlungen“ („I Ging“) und im „Buch der Schriften“ („Shu Ging“) dokumentiert sind. Zu den Grundideen der traditionellen chinesischen Medizin gehören die Vorstellungen einer ‘Lebenskraft’ („Qi“ bzw. „Chi“) in zwei dialektischen Ausrichtungen („Yin“ / „Yang“) und sechs Varianten („Groß-yang“ bis „Mangel-yin“), von fünf Wandlungsphasen dieser ‘Kraft’ (Feuer => Erde => Metall => Wasser => Holz), von den zwölf (Haupt-) Leitbahnen („Meridiane“), 361 klassischen Körperpunkten und elf Funktionskreisen (Lunge, Herz-Herzbeutel, Milz-Bauchspeicheldrüse, Leber und Niere als Yin-„Speicherorgane“, Dünndarm, Dickdarm, Magen, Gallenblase, Harnblase und die „drei Erwärmer“, Brustraum, Bauchraum und kleines Becken, als Yang-“Hohlorgane“), über die sich die ‘Kraft’ im Körper verteilt. Die meisten Erkrankungen, verursacht durch klimatische und emotionale Faktoren, durch Überanstrengung, Ernährungsfehler, Verletzungen und Ansammlung von Schleim, beruhen danach auf Störungen des Fließgleichgewichts dieser ‘Lebenskraft’. Kursinhalte: Erstes Kennenlernen des Gesamzkonzepts der traditionellen chinesischen Medizin. Voraussetzungen: keine Qualifikation: Die Ausbildung ist in Deutschland nicht geregelt und von unterschiedlicher Qualität. Manche Institute bzw. Gesellschaften bilden nur Ärzte aus, andere auch Heilpraktiker und Angehörige anderer Heilberufe. fachliche Beurteilung: „Die komplexe TCM-Diagnose kann Funktionsstörungen gut, krankhafte Veränderung von Organen, wie zum Beispiel Krebs, jedoch kaum erkennen. TCM-Behandlung ist - eine ärztliche Diagnose vorausgesetzt - empfehlenswert, um bei funktionellen Störungen oder chronischen Erkrankungen Beschwerden [und Schmerzen] zu lindern.“ (Stiftung Warentest) Von einer ausschließlichen TCM-Diagnose und einer TCM-Therapie von akuten Erkrankungen ist abzuraten. Die (begrenzte) Wirksamkeit von TCM gilt als erwiesen, während über den Wirkmechanismus unterschiedliche Auffassungen existieren. pädagogische Beurteilung: Unbedenklich, wenn TCM nicht als uralte und tiefe Weisheit oder als in sich und für immer abgeschlossenes System dargestellt wird. formale Beurteilung: In Vorträgen und Demonstrationen, auch in Kursen, können nur Grundideen vermittelt werden. Jede weitere Beschäftigung mit TCM erfordert die Qualität, Quantität und Intensität eines Lehrgangs. institutionelle Beurteilung: Die Kursinhalte verhalten sich neutral zum christlichen Menschenbild, solange sie nicht esoterisch vereinnahmt werden. Empfehlung: In Form einer kritischen Verbraucheraufklärung, die neben den Möglichkeiten auch die Grenzen betont, ist TCM ein geeignetes Thema.

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Literatur: Kaptchuk, Ted J.: Das große Buch der chinesischen Medizin. München 1988 Pálos, Stephan: Chinesische Heilkunst. München 1963 Porkert, Manfred: Die theoretsichen Grundlagen der chinesischen Medizin. Wiesbaden 1973 Unschuld, Paul U.: Chinesische Medizin. München 1997 Adressen: Internationale Gesellschaft für chinesische Medizin e.V., Leopoldstr. 17, 80802 München Deutsches Forschungsinstitut für Chinesische Medizin, Silberbachstr. 10, 79100 Freiburg

Zilgrei

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Kurzinformation: Eine Selbstuntersuchung und -behandlung zur Überwindung ungünstiger Haltungs- und Bewegungsmuster Name: "Zilgrei" setzt sich aus den Anfangssilben der Gründer der Methode zusammen: Zillo und Greissing. Praxis: Zilgrei beginnt mit einem Test (Selbstuntersuchung), mit dem auf drei Bewegungsebenen unangenehme von angenehmen Bewegungsrichtungen unterschieden werden (sagittal: z.B. den Kopf nach vorn beugen und hinten strecken; horizontal: nach links und rechts drehen; frontal: nach links und rechts neigen). Es folgt eine Übung (Selbstbehandlung) von 90 Sekunden für die als unangenehm empfundene Bewegungsrichtung, bei der Körperbewegung mit einer zwerchfell- und ausatemorientierten Atmung koordiniert wird und beide durch Pausen (Körperstellungen und Atemanhalten) rhythmisiert werden. Im Anschluß an die Übung erfolgt eine Nachuntersuchung. Ziele: Verkrampungen und Blockaden lösen, Haltungsfehler korrigieren, Steifheit und Verminderung des Bewegungsradius aller Gelenke vorbeugen, wirksam bei Rheuma, Arthritis, Arthrose, Kopfschmerzen, Nacken-, Rücken- und Gelenkschmerzen. Ähnlichkeiten: Touch for Health (formal) Geschichte: Die italienische Yoga-Lehrerin Adraina Zillo litt jahrelang an schwersten Rückenschmerzen. Ihr halfen nur Yoga-Übungen und die Manipulationen des amerikanischen, in Mailand lebenden Chiropraktikers Hans Greissing. Zillo entdeckte, daß sie durch die Koordination dieser Manipulationen mit der Yoga-Atmung schmerzfrei wurde. Greissing überprüfte und überarbeitete ihre Entdeckung in seiner chiropraktischen Praxis. Seit 1978 arbeiten beide zusammen und entwickelten ein umfangreiches System der Selbstuntersuchung (Tests) und -behandlung (Übungen). Hintergrund: Zilgrei selbst ist neutral. Es eignet sich auch kaum dazu, eine betimmte Weltanschauung zu transportieren, wodurch auch die Kursleiter ideologisch eher zurückhaltend bleiben können. Kursinhalte: Tests zur Selbstuntersuchung, richtiges Atmen und Übungen zur Selbstbehandlung. Ein Kurs umfaßt für gewöhnlich zehn Doppelstunden. Raum/Material: genügend großer Raum mit warmen Boden und ohne Mobiliar Voraussetzungen: Im Prinzip kann jeder Mensch Zilgrei anwenden. Personen mit schweren Atmungs-, Bewegungs- und Haltungsbeschwerden sollten nicht an einem Kurs teilnehmen, sondern in Absprache mit einem Facharzt in eine Zilgrei-Einzelbehandlung gehen. Qualifikation: Es gibt drei aufeinander aufbauende Zilgrei-Kurse. Der erste befähigt zur Selbstbehandlung, der zweite zum Lehren der Selbstbehandlung, der dritte zum Therapieren (für Angehörige der Heilberufe). Kursleiter sollten zumindest die Lehrbefähigung besitzen. fachliche Beurteilung: Es handelt sich um eine mindestens für Haltungs- und Bewegungsbeschwerden wirksame Behandlungsmethode. Dadurch, daß die fehlerhafte Funktion eines Körperteils direkt oder indirekt auch den gesamten Organismus belastet, ergeben sich günstige Nebeneffekte.

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pädagogische Beurteilung: Zilgrei fördert als Selbstuntersuchungs- und behandlungsmethode die Selbstbestimmung der Anwender. Ihre Vermittlung ermöglicht Distanz und ist damit weder ideologieanfällig noch macht sie vom Kursleiter abhängig. formale Beurteilung: Obwohl Zilgrei ein Übungsprogramm beinhaltet, bleiben die Kurse in der Regel doch klare Einführungen und werden nicht zu Trainings. institutionelle Beurteilung: Zilgrei verhält sich neutral zum christlichen Menschenbild. Empfehlung: Zilgrei ist empfehlenswert. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, daß ein Zilgrei-Kurs nur zur Selbstbehandlung hinführen kann und keinesfalls das regelmäßige Übungsprogramm zu Hause ersetzen kann. Literatur: Zillo, Adriana/Greissing, Hans: Neue Hoffnung: Zilgrei. München 1983 Adressen: Zilgrei-Gesellschaft e.V., Savignystr. 80, 60325 Frankfurt (es kann eine Therapeuten-Liste angefordert werden)