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Abstracts
Siegen Siegen 17. April 201017. April 2010
BremerhavenBremerhaven24. 24. April 2010April 2010
MannheimMannheim6. November 20106. November 2010
EssenEssen3. Juli 20103. Juli 2010
BerlinBerlin13. Februar 201013. Februar 2010
HalleHalle21. August 201021. August 2010
AugsburgAugsburg23. Oktober 201023. Oktober 2010
InterdisziplinäresManagement in derViszeralmedizin – Standardsund Perspektiven
Augsburg
Samstag, 23. Oktober 20109.00 – 15.00 Uhr
Veranstaltungsort:Klinikum Augsburg Großer HörsaalStenglinstr. 286156 Augsburg
Wissenschaftliche Leitung:Prof. Dr. H. Messmann, Augsburg Prof. Dr. M. Anthuber, Ausgburg
MainzMainz20. November 201020. November 2010
RS1017307_Umschlag_Augsburg.indd 1 06.10.10 16:15
1
Programm 9.00 Uhr Begrüßung
Prof. Dr. H. Messmann, Augsburg
Magenkarzinom – aktuelle S3-Leitlinie Vorsitz: Prof. Dr. H. Messmann, Augsburg PD Dr. M. Möhler, Mainz
9.10 Uhr Magenkarzinom: Epidemiologie, Risikofaktoren und Prävention Prof. Dr. M. Ebert, München
9.30 Uhr Diagnostik Prof. Dr. K. Caca, Ludwigsburg
9.50 Uhr Endoskopische Therapie Prof. Dr. H. Messmann, Augsburg
10.10 Uhr Perioperative und palliative Therapie des Magenkarzinoms PD Dr. M. Möhler, Prof. Dr. P.R. Galle, Mainz
10.30 Uhr Chirurgische Therapie Prof. Dr. S.P. Mönig, Köln
10.50–11.20 Uhr Kaffeepause
Antikoagulation von gastroenterologischen Patienten – eine interdisziplinäre Herausforderung Vorsitz: Prof. Dr. K.-W. Jauch, München Prof. Dr. G. Lock, Hamburg
11.20 Uhr Aktueller Stand der Antikoagulation in der Kardiologie (ohne Abstract) Prof. Dr. W. von Scheidt, Augsburg
11.40 Uhr Endoskopische Eingriffe unter doppelter Plättchenaggregation: Was ist erlaubt? (ohne Abstract) N.N.
12.00 Uhr GI-Blutungen unter doppelter Plättchenaggregation: wie behandeln? (ohne Abstract) Prof. Dr. F. Hagenmüller, Hamburg
2
12.20 Uhr Chirurgische Eingriffe unter Antikoagulation Prof. Dr. M. Anthuber, Dr. S. Rüth, Augsburg
12.40–13.30 Uhr Mittagspause mit Imbiss
Intensiv- und notfallmedizinische Probleme in der Gastroenterologie Vorsitz: Prof. Dr. J. Schölmerich, Frankfurt Prof. Dr. M. Anthuber, Augsburg
13.30 Uhr Motilitätsprobleme beim Intensivpatienten (ohne Abstract) Prof. Dr. H.-D. Allescher, Garmisch-Partenkirchen
13.50 Uhr Erhöhte Leber- und Pankreaswerte bei Intensivpatienten Prof. Dr. J. Schölmerich, Frankfurt
14.10 Uhr Ischämien am hepatobiliären System und im Gastrointestinaltrakt Prof. Dr. G. Lock, Hamburg
14.30 Uhr Das abdominelle Kompartmentsyndrom Prof. Dr. K.-W. Jauch, München
14.50 Uhr Verabschiedung Prof. Dr. M. Anthuber, Augsburg
Anschriften der Referenten und Vorsitzenden siehe Seite 33
3
Magenkarzinom: Epidemiologie, Risikofaktoren und Prävention
M. Ebert
II. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
Das Magenkarzinom ist die vierthäufigste krebsbedingte Todesursache weltweit.
Circa 1 Million Menschen erkranken jährlich an einem Magenkarzinom, wobei die
Tumoren des proximalen Magens eine zunehmende Inzidenz aufweisen. Hinsichtlich
der Risikofaktoren ist der Helicobacter pylori als der wichtigste Faktor anzuführen.
Wichtige Risikofaktoren für das distale Magenkarzinom sind zudem Alter, niedriger
sozioökonomischer Status, Tabakrauchen, Alkoholkonsum, familiäre Belastung,
vorangegangene Magenoperationen, perniziöse Anämie, Leben in einer
Hochrisikopopulation sowie Ernährungs- und Umweltfaktoren. Obwohl eindeutige
prospektive Studien fehlen, die einen eindeutigen protektiven Effekt der Eradikations-
therapie hinsichtlich der Karzinomprophylaxe zeigen, ist die prophylaktische
Eradikationstherapie bei Risikopatienten empfehlenswert. Dies gilt insbesondere für
Individuen mit einer prädominanten Corpusgastritis und erstgradige Angehörige
eines Patienten mit Magenkarzinom sowie bei Patienten mit partieller Gastrektomie
oder nach Resektion eines Frühkarzinoms. Ein frühes Erkrankungsalter, das
Vorliegen eines diffusen Magenkarzinoms und eine familiäre Häufung sind Hinweise
auf das Vorliegen eines hereditären diffusen Magenkarzinoms. Hier wird eine
genetische Beratung und Testung auf die CDH1-Keimbahnmutation empfohlen. Beim
Nachweis einer Keimbahnmutation des CDH-1-Gens sollte eine prophylaktische
Gastrektomie empfohlen werden. Dagegen ist ein serologisches oder
endoskopisches Screening der asymptomatischen Normalbevölkerung nicht zu
empfehlen.
4
Diagnostik
K. Caca
Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Hämato-Onkologie, Diabetologie und
Infektiologie, Klinikum Ludwigsburg
In der Primärdiagnostik des Magenkarzinoms kommt der Endoskopie eine zentrale
Rolle in der Früherkennung und Diagnosesicherung zu. Obwohl aufgrund der
geringen Inzidenz in Deutschland kein Vorsorgescreening gerechtfertigt ist, sollte die
Gastroskopie bei den geringsten Alarmsymptomen frühzeitig erfolgen (Empfehlung):
Dysphagie, rezidivierendes Erbrechen, Inappetenz, Gewichtsverlust oder
gastrointestinale Blutung. Die vollständige endoskopische Untersuchung von
Ösophagus und Magen stellt das Standardverfahren zur Detektion der Tumoren dar.
Diese Untersuchung besitzt die höchste Sensitivität und Spezifität für den Nachweis
von Neoplasien des oberen Gastrointestinaltrakts (Statement). Der Einsatz neuer
endoskopischer Verfahren (NBI, Chromoendoskopie, konfokale Lasermikroskopie),
über eine Videoendoskopie hinaus, ist in der Primärdiagnostik von Ösophagus- und
Magenkarzinom routinemäßig nicht notwendig (Statement). Eine adäquate
Biopsieentnahme und Befundung durch einen erfahrenen (Gastro-) Pathologen ist
obligat. Es sollen Biopsien aus allen suspekten Läsionen genommen werden
(Statement). Intraepitheliale Neoplasien (früher Dysplasien) des Magens werden
nach WHO in „low-grade“ und „high-grade“ unterschieden. Bei „high-grade“-
intraepithelialen Neoplasien sollte eine externe Zweitbefundung durch einen in der
gastrointestinalen Onkologie erfahrenen Pathologen durchgeführt werden
(Empfehlung). Nach negativer Histologie bei makroskopisch tumorverdächtiger
Läsion oder Verdacht auf. Linitis plastica sollen kurzfristig erneut multiple Biopsien
aus dem Rand und dem Zentrum der Läsion oder eine diagnostische endoskopische
Resektion durchgeführt werden (Empfehlung).
Ein korrektes Staging und damit die Therapieempfehlung hinsichtlich einer möglichen
endoskopischen Resektion, einer primären Gastrektomie, perioperativen
Chemotherapie oder palliativen Chemotherapie basiert in der Regel auf einer
Kombination von Schnittbildverfahren. Die Abdomen-Ultraschalluntersuchung kann
z. B. aufgrund der Diagnose einer Lebermetastasierung in einem ersten Schritt die
palliative Situation feststellen und weiterführende belastende und teure Diagnostik
5
ersparen. Eine Fernmetastasierung soll mittels konventioneller B-Bild-Sonografie,
CT-Thorax und CT-Abdomen ausgeschlossen werden (Empfehlung). Die B-Bild-
Sonografie sollte als erstes bildgebendes Verfahren zum Ausschluss von
Lebermetastasen eingesetzt werden (Empfehlung). Die B-Bild-Sonografie des
Halses kann beim Magenkarzinom, bei klinischem Verdacht und sollte bei AEG-
Tumoren ergänzend im Staging eingesetzt werden (Empfehlung). Der
endoskopische Ultraschall sollte Bestandteil des Stagings des Primärtumors bei
Patienten mit kurativer Therapieintention sein (Empfehlung). Eine Staging-
Laparoskopie kann zur Verbesserung der Staging-Genauigkeit, zum Ausschluss von
Lebermetastasen und zum Ausschluss einer Peritonealkarzinose in den
fortgeschrittenen Stadien (insbesondere cT3, cT4) durchgeführt werden
(Empfehlung). Das PET-CT hingegen wird nicht routinemäßig für das Staging von
Magenkarzinomen empfohlen (Empfehlung). Der routinemäßigen Bestimmung von
Tumormarkern wird ebenfalls kein Nutzen eingeräumt (Empfehlung).
6
7
Endoskopische Therapie
H. Messmann
III. Medizinische Klinik, Klinikum Augsburg
Oberflächliche Magenkarzinome, die auf die Mukosa begrenzt sind (T1aN0M0),
können unter Berücksichtigung folgender Kriterien mit einer endoskopischen
Resektion behandelt werden (basierend auf der japanischen Klassifikation der
Magenkarzinome):
• Läsionen von < 2 cm Größe in erhabenen Typen
• Läsionen von < 1 cm Größe in flachen Typen
• Histologischer Differenzierungsgrad: gut oder mäßig (low grade bzw. G1/G2)
• Keine makroskopische Ulzeration
• Invasion begrenzt auf die Mukosa
• Keine restliche invasive Erkrankung nach Endoskopischer Resektion (ER)
Diese sogenannten Standardkriterien oder „Guideline-Kriterien“ sind in Japan seit
Jahren Standard und mittlerweile auch in Europa akzeptiert. Die sogenannten
„Expanded Criteria“ (Tab. 1) sind in Japan bereits ausgiebig evaluiert, in Deutschland
sollen sie aufgrund der viel geringeren Fallzahl an Frühkarzinomen derzeit nur im
Rahmen von Studien zum Einsatz kommen Gotoda zeigte an über 5000 Magenfrüh-
karzinomen, dass unter Berücksichtigung der Expanded-Criteria mit 95% CI keine
LK-Metastasen auftraten (1).
Das Langzeitüberleben bei Patienten mit Guideline-Kriterien bzw. Expanded-Criteria
unterscheidet sich nicht, wenngleich die en-bloc-Resektionsrate in der Guideline-
Gruppe höher und die Perforationsrate niedriger war.
8
Tab. 1: Guideline-Kriterien und Expanded-Criteria für Magenfrühkarzinome (2)
Ziel der Endoskopie ist die komplette R0-en-bloc-Resektion des Magenfrüh-
karzinoms, um eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen
Ränder zu ermöglichen.
Die Endoskopische Submukosadissektion (ESD) ist dabei der Endoskopischen
Mukosaresektion (EMR) hinsichtlich der R0-en-bloc-Resektionsrate deutlich
überlegen, da die Lokalrezidivrate mit < 1% deutlich niedriger ist als bei einer piece-
meal-EMR (5–15%) und sollte deswegen vorwiegend zum Einsatz kommen.
(Abb. 1). Die Eingriffe sollten von Endoskopikern mit entsprechender Expertise
durchgeführt werden. Ein Nachteil der technisch anspruchsvollen ESD ist eine lange
Lernkurve und eine etwas höhere Perforationsrate (1–5%).
Literatur:
1. Gotoda, et al. Incidence of lymph node metastasis from early gastric cancer: estimation with a large number of cases at two large centers. Gastric Cancer. 2000; 3: 219–225.
2. Soetikno R, et al. Endoscopic mucosal resection for early cancers of the upper gastrointestinal tract. J Clin Oncol. 2005; 23: 4490–4498.
9
Abb. 1
Circumferential incisionSpraying
Hemostasis CollectionSubmucosalresection
Marking Local injection
Dissection
ESD beim MagenkarzinomESD beim Magenkarzinom
Abb. 2
ESD und MagenESD und Magen
Chung HK et al., Gastrointest Endosc 2009;69:1228-35
10
Abb. 3
ESD und MagenESD und Magen
Isomoto H et al., Gut 2009;58:331–336
11
Perioperative und palliative Therapie des Magenkarzinoms
M. Möhler, P.R. Galle
I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz
Zusammenfassung In den lokal fortgeschrittenen Tumorstadien II und III ist eine perioperative
Chemotherapie jetzt als Standard etabliert und sollte in den entsprechenden
Situationen durchgeführt werden. In der metastasierten Situation sind die
Behandlungsziele palliativ. Eine Chemotherapie kann zur Verlängerung des
Überlebens, zur besseren Symptomkontrolle und zu einer verbesserten
Lebensqualität beitragen. Kombinationen auf der Basis eines Platins und
Fluorpyrimidins sind etabliert. Etwa jedes 4. bis 5. Magenkarzinom weist eine
Überexpression des Wachstumsfaktor-Rezeptorproteins Her2 auf. Der gegen Her2
gerichtete monoklonale Antikörper Trastuzumab führt bei Her2-überexprimierender
Erkrankung in Kombination mit Cisplatin und 5-Fluorouracil oder Cisplatin zu einer
Verlängerung des Gesamtüberlebens.
Einleitung Ist ein Magenkrebs diagnostiziert, wird auf der Basis von soliden Staging-
Untersuchungen ein maßgeschneidertes Therapiekonzept erarbeitet. Dabei kommt
es auf die enge Zusammenarbeit von Radiologen, Chirurgen, Onkologen,
Pathologen, Gastroenterologen, Internisten und Strahlentherapeuten an, da bereits
in frühen Stadien II–III die Patienten trotz initialer kurativer chirurgischer Resektion
ein schlechtes 5-Jahres-Überleben zeigen, mit einem Risiko für ein Lokalrezidiv,
lymphogene Mikrometastasen oder organische Fernmetastasierung. Die Therapie-
konzepte schließen die lokale Therapie, die perioperative und die palliativen
Therapieoptionen mit ein. Mithilfe der Chemotherapie werden Mikrometastasen
abgetötet und dadurch das lokale Tumorwachstum gehemmt und die Streuung und
Rezidivhäufigkeit gesenkt. In Studien wurde der Einsatz der Chemotherapie belegt,
wenn entweder der Magenkrebs fortgeschritten ist (perioperative Indikation, d. h.
neoadjuvante und adjuvante Therapie) oder nicht mehr chirurgisch entfernt werden
kann und metastasiert.
12
Perioperative Therapie – neuer Standard für fortgeschrittene Stadien Ab Stadium IB (Submukosa-Karzinom) steigt die Lymphknotenmetastasierung
deutlich an. Erste Phase-II-Studien zu neoadjuvanten Therapien hatten bei Patienten
mit primär nicht resektablen, lokal fortgeschrittenen Magenkarzinomen eine
Prognoseverbesserung mit erhöhten R0-Resektionen zwischen 10% und 50%
gezeigt. Cunningham et al. publizierten kürzlich die Endauswertung der britischen
MAGIC-Studie (N Engl J Med. 2006). In dieser 2-armigen Studie wurden präoperativ
und postoperativ (perioperativ) je 3 Zyklen Epirubicin/Cisplatin/5-Fluorouracil (5-FU),
genannt ECF, gegeben. Chemotherapierte Patienten hatten gegenüber den
operierten Patienten ein signifikantes Down-Staging mit signifikant kleineren
Tumoren, ein hoch signifikant verbessertes progressionsfreies Überleben und
Gesamtüberleben (p < 0,005). Die Endauswertung zeigte einen hoch signifikanten
5-Jahres-Überlebensvorteil von 13% (36% mit perioperativer Therapie vs. 23% bei
Chirurgie allein). Damit belegt diese große Phase-III-Studie eindeutig die
Wirksamkeit der neoadjuvanten Chemotherapie. Außerdem gilt in Europa, dass die
Operation mit einer möglichst vollständigen Resektion des Lymphabflussgebietes
(Lymphadenektomie, LA) zu erweitern ist.
Auch die neoadjuvante Radiochemotherapie ist für die Übergangskarzinome seit der
Phase-III-Studie der westdeutschen Studiengruppe von Stahl et al. (2009) erneut in
der Diskussion, da auch sie die Resektabilität von Tumoren verbessert, die
Lokalrezidivrate senkt und das Überleben v. a. in Respondern erhöht. Da große und
lymphknotenpositive Tumoren des Barrett und der Kardia ein hohes Lokalrezidiv-
und Metastasierungsrisiko haben, sind diese hierfür interessant. Sofern Patienten
nicht in innovative Studienkonzepte eingebracht werden, sollten daher bereits
präoperativ interdisziplinäre Tumorkonferenzen angestrebt werden und so alle
gemeinsam (be)handelnden Ärzte (Radiologen, Radioonkologen, Gastroenterologen,
Chirurgen, internistische Onkologen) die Heilungschancen von Patienten mit
Tumoren der Stadien II–III mit neoadjuvanten und perioperativen Konzepten
verbessern.
Neue Entwicklungen Derzeit laufen etliche Therapiestudien, die die Hemmung der Tumorprogression mit
Antikörpern gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-1 (EGFR1)
untersuchen. Die Arbeitsgemeinschaft internistische Onkologie (AIO) und Deutsche
Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGVC) untersuchen nun
13
gemeinsam in einer randomisierten Phase-II-Studie die Wirksamkeit der
perioperativen Chemotherapie in Kombination mit bzw. ohne den vollhumanen
EGFR1-Antikörper Panitumumab (Vectibix®, Amgen).
Stellenwert der adjuvanten Radio-/Chemotherapie Im Gegensatz zu Nordamerika stellt die adjuvante Radiochemotherapie oder
alleinige Chemotherapie nach R0-Resektion mit D1-/D2-Lymphadenektomie bisher
jedoch aufgrund der verbesserten europäischen Chirurgie noch kein
Standardverfahren dar. Dennoch kann eine Radiochemotherapie vor allem bei
jungen Hochrisikopatienten nach ausführlicher Diskussion der Nebenwirkungen
erwogen werden. So wurden im Rahmen einer Studie Capecitabin und Oxaliplatin
eingesetzt, um die adjuvante Radiochemotherapie nebenwirkungsarm zu optimieren.
Therapie in metastasierter Situation In den metastasierten Stadien stehen außerhalb von Studien nicht mehr
Ansprechraten und Remissionsdauer, sondern vor allem eine Verbesserung der
Lebensqualität in Anbetracht der eingeschränkten Lebenserwartung im Vordergrund.
In 3 voll publizierten randomisierten Studien, in denen der Einfluss verschiedener
Zytostatika-Kombinationen auf die progressionsfreie Zeit und die Gesamt-
überlebenszeit im Vergleich zur „besten supportiven Therapie“ geprüft wurden,
ergaben sich signifikante Vorteile für die Chemotherapie sowohl für die Zeit bis zur
Progression als auch für die Gesamtüberlebenszeit.
Die Wahl der Chemotherapie richtet sich in erster Linie nach individuellen Faktoren
und Patientenwünschen. Außerhalb von Studien sind Kombinationstherapien auf der
Basis eines Platinsalzes und eines Fluoropyrimidins (5-FU oder Capecitabine)
Standard. Das etablierte Standardderivat ist Cisplatin. Bei Vorliegen von
Kontraindikationen gegen Cisplatin kann – trotz fehlender Zulassung durch die
europäische Zulassungsbehörde – bei nachweislich gleicher Effektivität auf eine
Oxaliplatin-haltige Therapie ausgewichen werden. Als weitere Substanz erhielt
Docetaxel im Jahr 2006 mit dem DCF-Regime (Docetaxel + Cisplatin + 5-
Fluorouracil) aufgrund der signifikanten Verlängerung des Gesamtüberlebens die
Zulassung für die Therapie des metastasierten Magenkarzinoms.
Epirubicin wird als dritte Substanz in Kombination mit einem Platinanalogon und
einem Fluorpyrimidin in britischen Zentren häufig eingesetzt (ECF). Die Bedeutung
von Epirubicin wurde allerdings nie in einer größeren Phase-III-Studie untersucht.
14
Die Frage, ob eine Zweier- oder Dreier-Zytostatika-Kombination gewählt werden
sollte, ist noch nicht abschließend geklärt. Bei belastbarem Allgemeinzustand
(Karnofsky-Index ≥ 80%, weitgehend intakte Organfunktionen und bei Einwilligung
des Patienten, ein stärkeres Ausmaß an Nebenwirkungen zu tolerieren) kann eine
Dreier-Kombination zu einer nachhaltigeren Prognoseverbesserung führen. Bei
vielen Patienten ist aber aufgrund von Einschränkungen des Allgemein- und
Ernährungszustands, des Alters und damit einhergehender geringerer Organ-
reserven eine Zweier-Kombination zu bevorzugen. Auch Irinotecan, ebenso nicht
zugelassen, zeigte eine mit Cisplatin vergleichbare Wirksamkeit.
Gezielte Therapien – Trastuzumab Jüngste Ergebnisse einer multinationalen Studie zeigen, dass etwa bei jedem
4. Karzinom des Übergangs und bei jedem 5. Magenkarzinom eine Her2neu-
Überexpression vorliegt. Patienten mit Her2-positiven Magenkarzinomen profitieren
von Trastuzumab in Kombination mit Fluoropyrimidin plus Cisplatin mit deutlich
besserem Überleben. Daraus ergibt sich nun ein neuer Diagnostik- und
Therapiealgorithmus für Patienten mit fortgeschrittenen Magenkarzinomen. Daher
sollte hier die Her2-Immunhistochemie für IHC3+ und bei IHC2+ positiven Werten die
FISH-Analyse durchgeführt werden.
Die gegen den epidermalen Wachstumsfakor (EGF)-Rezeptor gerichteten
monoklonalen Antikörper Cetuximab (Expand-Studie) und Panitumumab werden in
aktuell laufenden Phase-III-Studien untersucht. Die Behandlung mit Bevacizumab hat
keine Verbesserung der Prognose von Patienten mit metastasiertem Magenkarzinom
bewirkt.
Da bei zahlreichen Patienten ein weiteres Ansprechen oder zumindest eine
Stabilisierung der Erkrankung beobachtet werden, gelten nun auch Zweit- und
Drittlinientherapien bei ausgewählten Patienten als indiziert. Hier wurden in Studien
und in der Praxis vor allem Chemotherapien auf der Basis von Docetaxel oder
Irinotecan etabliert.
15
Tab. 1 Stellenwert weiterer palliativer Maßnahmen Da gerade der Ernährungszustand die Verträglichkeit und Lebensqualität beeinflusst,
können prä- und postoperativ, bei der Chemotherapie und bei stenosierenden
Magenkarzinomen eine Gastroenterostomie, eine jejunale PEG-Anlage oder eine
überbrückende parenterale Heimernährung (über Portsystem) indiziert sein.
Eine palliative Gastrektomie sollte nur bei einzelnen Patienten mit wiederholt
lebensbedrohlichen Blutungen aus großen ulzerierten Tumoren erwogen werden, um
den Hämoglobinwert zu stabilisieren und so eine palliative Chemotherapie zu
ermöglichen.
Patienten mit malignem Aszites auf der Basis eines metastasierten Magenkarzinoms
steht als palliative Maßnahme der gegen Epithelial Cancer Adhesion Molecule
(EpCAM) und gegen das T-Zell-Oberflächenantigen CD3 gerichtete bispezifische
monoklonale Antikörper Catumaxomab zur Verfügung. Dieser Antikörper wird
16
4-malig innerhalb von 2–3 Wochen intraperitoneal verabreicht. Im Vergleich zur
alleinigen Parazentese (Aszitespunktion) verlängert eine intraperitoneale Therapie
mit Catumaxomab das punktionsfreie Intervall und verbessert die Symptomkontrolle.
Ob Catumaxomab die Überlebensprognose von Patienten mit Peritonealkarzinose
oder bei auch andernorts metastasierter Erkrankung verbessert, lässt sich aus den
aktuell verfügbaren Daten nicht sicher folgern.
17
Chirurgische Therapie
S.P. Mönig
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie, Universitätsklinikum Köln
Die chirurgische Therapie stellt nach wie vor die einzige Möglichkeit zur kurativen
Behandlung und damit die Standardtherapie für alle potenziell resektablen
Magenkarzinome dar. Eine Ausnahme bilden die auf die Mukosa begrenzten
Frühkarzinome (pT1aN0M0), wenn sie komplett endoskopisch R0 reseziert werden
können. Submukosakarzinome bedürfen aufgrund der hohen Rate an Lymphknoten-
metastasen einer chirurgischen Resektion mit systematischer Lymphadenektomie
(LAD). Das Ziel der Resektion ist die vollständige Entfernung des Karzinoms (oral,
aboral und in der Zirkumferenz) zusammen mit den regionären Lymphknoten. Um
tumorfreie Resektionsränder (R0) zu erzielen, ist außer bei den Mukosakarzinomen
(pT1N0M0) in der Regel ein proximaler Sicherheitsabstand am Magen von 5 cm für
den intestinalen Wachstumstyp nach Laurèn und 8 cm für den diffusen Typ in situ
einzuhalten. Das Resektionsausmaß ist abhängig von der Tumorlokalisation, der
TNM-Kategorie sowie dem histopathologischen Subtyp nach Laurèn. Eine subtotale
distale Magenresektion kommt somit in der Regel nur bei Karzinomen des unteren
Magendrittels in Frage. Bei den Adenokarzinomen des ösophagogastralen
Übergangs (Abb. 1) Typ III (subkardial) und Typ II (Kardia) sollte das Resektions-
ausmaß wenn möglich eine erweiterte Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion
umfassen. In Einzelfällen kann auch eine subtotale Ösophagektomie mit proximaler
Magenresektion bzw. eine Ösophagogastrektomie indiziert sein. Für die
Rekonstruktion gibt es nach wie vor keinen allgemein verbindlichen Standard. In der
Mehrzahl der Kliniken erfolgt nach Gastrektomie sowie subtotaler Magenresektion
eine Rekonstruktion durch eine ausgeschaltete Jejunumschlinge nach Roux-Y. Die
Verwendung eines Pouches kann zu einer früheren und höheren Gewichtszunahme
und somit zu einer Verbesserung der frühpostoperativen Lebensqualität führen. Die
D2-Lymphadenektomie (Entfernung der regionären Lymphknoten von Kompartiment
I und II) stellt den Standard für die operative Behandlung des Magenkarzinoms in
kurativer Intention dar. Die aktuell veröffentlichten Langzeitergebnisse der
holländischen Magenkarzinomstudie bestätigen diese Empfehlung. Eine auf die
paraaortalen Lymphknoten erweiterte LAD (D3) ist nicht indiziert. Auf eine
Splenektomie und/oder Pankreaslinksresektion sollte wenn immer möglich verzichtet
18
werden. Palliative Resektionen bei asymptomatischen Patienten sollten ebenfalls
nicht erfolgen. Dabei ist einer Resektion gegenüber einer Bypassoperation der
Vorzug zu geben. Die Peritonektomie im Rahmen einer Peritonealkarzinose kann
aktuell außerhalb von klinischen Studien nicht empfohlen werden. Bei inkompletter
Resektion (R1/2) sollte die Möglichkeit einer Nachresektion evaluiert werden. In
Kliniken mit hoher Fallzahl scheint die perioperative Letalität geringer zu sein als in
Kliniken mit niedriger Fallzahl.
Abb. 1: Klassifikation der Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs
Typ I–III nach Siewert/Hölscher
19
Chirurgische Eingriffe unter Antikoagulation
M. Anthuber, S. Rüth
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Klinikum Augsburg
Aufgrund der demografischen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland wird
sich die Altersstruktur in den nächsten 30 Jahren drastisch auf die Seite der höheren
Altersklassen verschieben. Damit geht bei Patienten, die sich einer allgemein-/
viszeralchirurgischen Operation unterziehen müssen, eine zunehmende Komorbidität
einher. Dabei sind kardiovaskuläre Begleiterkrankungen führend, sodass eine
Vielzahl der Kranken zum Zeitpunkt der Indikationsstellung zur Operation
prophylaktisch oder therapeutisch antikoaguliert ist. In der Sekundärprophylaxe spielt
die Dauertherapie durch Acetylsalicylsäure eine große Rolle. Hier hat es sich bereits
weitgehend etabliert, auf ein Pausieren der Thrombozytenaggregationshemmung
auch beim Elektiveingriff zu verzichten, ohne dass dadurch die Frequenz
postoperativer Nachblutungen, bei welchem Eingriff auch immer, wesentlich
gesteigert wurde. Eine geringe Erhöhung des Blutungsrisikos wird dabei zugunsten
der Reduktion perioperativer kardiovaskulärer Komplikationen toleriert. Problema-
tischer stellt sich die Situation unter dualer Aggregationshemmung (in der Regel
durch Acetylsalicylsäure und Clopidogrel) dar. Diese erfolgt vor allem nach koronarer
Stentimplantation. Dabei erfordern „bare metal stents“ nach heutigem Kenntnisstand
die ununterbrochene duale Therapie über mindestens 4–6 Wochen, wohingegen
Patienten mit „drug eluting stents“ ohne Unterbrechung 12 Monate 2-fach
antikoaguliert werden müssen, um eine Stentthrombose zu verhindern. Die
Stentthrombose ist bei Pausieren der dualen Aggregationshemmung in der
vulnerablen Phase häufig und korreliert mit einer hohen Rate an letalen
Myokardinfarkten. Damit ist bei anstehenden Operationen der interdisziplinäre
Konsens bezüglich des optimalen Vorgehens zwingend erforderlich. Hochgradig
elektive Operationen sollten möglichst erst nach Stentendothelialisierung unter
einfacher Thrombozytenaggregationshemmung mit Acetylsalicylsäure durchgeführt
werden. Bei Notfalleingriffen und nicht aufschiebbaren Operationen muss zwischen
dem Risiko der Stentthrombose und dem Blutungsrisiko abgewogen werden. Große
herzchirurgische Studien zeigen, dass koronare Bypassoperationen unter dualer
Antikoagulation ohne Erhöhung der Letalität vorgenommen werden können.
20
Blutungskomplikationen treten dann allerdings etwas gehäuft auf. Aktuelle Studien
mit geringer Fallzahl zeigen ähnliche Ergebnisse für andere operative Fächer. Wir
erachten selbst große viszeralchirurgische Tumoroperationen nach individueller
Risikoabwägung ohne Unterbrechung der dualen Aggregationshemmung für
durchführbar, vorausgesetzt, dass intraoperativ einer sorgfältigen Hämostase größte
Beachtung geschenkt wird.
Zeigt sich im Rahmen der präoperativen Risikoevaluation eine therapiepflichtige
koronare Herzkrankheit, dann sollte die Art der Revaskularisation im
interdisziplinären Austausch von Kardiologen, Gastroenterologen und Viszeral-
chirurgen und unter besonderer Beachtung der Dringlichkeit des notwendigen
operativen Eingriffs festgelegt werden.
21
Erhöhte Leber- und Pankreaswerte bei Intensivpatienten
J. Schölmerich
Universitätsklinikum Frankfurt, Frankfurt am Main
Pathologische Ergebnisse von Laborparametern der Leberfunktion oder des
Leberzelluntergangs ebenso wie des Pankreaszelluntergangs sind bei Intensiv-
patienten häufig. Bezüglich der Leberfunktionstests ist bekannt, dass erhöhte Werte
für Bilirubin, Transaminasen und auch alkalische Phosphatase häufiger bei Patienten
sind, die später versterben (Abb. 1). Eine Vorhersage im Einzelfall ist allerdings nicht
möglich.
Häufige Ursache erhöhter Leberwerte bei Intensivpatienten ist die „Schockleber“.
Hier kommt es durch Zelluntergang zur Erhöhung der Transaminasen und der
Laktatdehydrogenase sowie zu einem dramatischen Abfall der Syntheseleistung und
der Entgiftungsleistung. Die stark erhöhten Werte gehen relativ rasch wieder zurück
(Abb. 2 und 3). Dabei kommt es offensichtlich durch eine massive Ausschüttung von
Zytokinen aus den Kupfferschen Sternzellen zu einem drastischen Zelluntergang.
Eine weitere wesentliche Ursache der Leberzellschädigung und dadurch erhöhter
Leberwerte stellen Medikamenteneffekte dar. Hier können intrinsische und idiosyn-
kratische Effekte unterschieden werden, die Liste der denkbaren Medikamente ist
umfassend (Abb. 4).
Abb. 1: Leberfunktionstests und Überleben von kritisch Kranken
0
10
20
30
40
50
Bilirubin
50
40
30
20
10
0 0
100
200
300
400
500
AST AP
500
400
300
200
100
0Bilirubin AST AP
µM/l U/l Überleben Tod
D.B. Schwartz, 1989
22
Abb. 2: „Schockleber“ – Transaminasen
Zeitverlauf
Abb. 3: „Schockleber“ – Gerinnungsparameter
Abb. 4: Verschiedene Formen von Leberschäden durch Medikamente
C.P. Strassburg, 2010
hepatisch cholestatisch gemischtALT < 3x Norm AP > 2x Norm, ALT/AP < 2 AP und ALT erhöht
AcarboseParacetamolAllopurinolDiclofenacIsoniacidKetoconazolLisinoprilLosartanParoxetinRifampicinRitonavirStatineTetrazyklinTroglitazonValproinsäure
Amoxicillin/ClavulansäureAnabole SteroideAzathioprinChlorpromazinClopidogrelErythromycinÖstrogenIrbesartanPhenothiazineSulindacTrizyklische Antidepressiva
AmitriptylinAzathioprinCaptoprilCarbamazepinClindamycinEnalaprilFlutamidIbuprofenNitrofurantoinPhenobarbitalPhenytoin
23
Schließlich kommen verschiedenste Formen der Cholestase bei Sepsis und bei SIRS
vor. Neben Störungen der Gallenblasenentleerung spielt hier die total parenterale
Ernährung eine wichtige Rolle. Eine zytokinbedingte Störung der Hepatozytentrans-
porter ist ebenfalls von Bedeutung (Abb. 5). Risikofaktoren sind neben Schweregrad
und Dauer der Sepsis das Alter sowie die Art der Erreger.
Abb. 5: Hepatozyten-Transportsystem – Effekte der Sepsis
Na+, K+-ATPase
NTCP
OATP
OCT
OAT
MRP2
MRP3
BSEP
MDR1
Gallen-kanalikulus
Hepatozytgleichbleibendoder verstärkt
vermindert
vermindert
variabel
variabel
verstärkt
Gallen-säuren-
synthese,intra-
zellulärerTransport
und„Trafficking“
spürbarvermindert
vermindert
verstärkt
MRP1
Sinusoid
In den letzten Jahren in den Vordergrund gerückt ist zudem die sekundär
sklerosierende Cholangitis (SSC), bei der es sich um eine progressive Schrumpfung
und Destruktion der intra- und seltener auch der extrahepatischen Gallenwege
handelt, die dann durch „Gallezylinder“ verstopft werden (Abb. 6 und 7).
Abb. 6: Sekundär sklerosierende Cholangitis(SSC)
Definition: Progressive Schrumpfung und Destruktion der intra- (und selten der extra-)hepatischen Gallenwege mit konsekutivem Ikterus und sekundärer biliärerZirrhose nach Trauma und/oder Langzeitintensivtherapie
Häufigkeit: Unbekannt. Wenn daran gedacht wird, sehr viel häufiger in unterschiedlicher Ausprägung
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Abb. 7: Extraktion eines „Gallezylinders“ mit ERC bei SSC
Die diagnostische Abklärung erhöhter Leberwerte ist nur sinnvoll, wenn
therapeutische Konsequenzen abzuleiten sind. Die Sonografie ist bezüglich der
Schockleber durch den Nachweis der erweiterten Lebervenen häufig hilfreich, eine
transjuguläre Leberbiopsie erbringt in Einzelfällen weitere wichtige Informationen.
Prinzipiell ist Gelassenheit angezeigt, besonders bei Patienten nach Schock. Auf die
Medikamente muss geachtet werden, nur bei Verdacht auf SSC ist eine ERCP
sinnvoll.
Autopsien zeigen, dass bei Patienten, die an hypovolämischem Schock verstarben,
eine „akute Pankreatitis“ durchaus häufig ist, dies ist häufiger der Fall bei solchen,
die gleichzeitig eine akute tubuläre Nekrose mit Nierenversagen aufweisen. Risiko-
faktoren sind insbesondere die Kalziumgabe intraoperativ, aber auch intra- und
postoperative Hypotension, Klappenoperationen und präoperative Niereninsuffizienz.
Das Auftreten einer Pankreaszellschädigung ist mit der Mortalität assoziiert, aber
wahrscheinlich nicht kausal verknüpft. Hämodynamische Untersuchungen bei
experimentellem kardiogenen Schock weisen darauf hin, dass der pankreatische
Blutfluss ebenso wie der pankreatische Gefäßwiderstand deutlich stärker verändert
sind als dies im systemischen Kreislauf der Fall ist (Abb. 8). In der Regel führt eine
Ischämie aber nur zur ödematösen Pankreatitis, ohne intrapankreatische Enzym-
aktivierung.
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Abb. 8: Hämodynamik des Pankreas bei kardio-genem Schock (Perikardtamponade)
P.M. Reilly, 1997
Veränderung beimaximaler Tamponade
CO (%) - 58 ± 1
RR (%) - 42 ± 3
SVR (%) - 54 ± 6
PBF (%) - 70 ± 3
PVR (%) + 120 ± 20
Somit ist auch bei erhöhten Pankreaswerten Gelassenheit angezeigt, die Hämo-
dynamik bei diesen Patienten muss intensiv überwacht und gegebenenfalls optimiert
werden; bei schweren Pankreatitiden, die glücklicherweise selten sind, erfolgt die
übliche Therapie.
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Ischämien am hepatobiliären System und im Gastrointestinal-trakt
G. Lock
Klinik für Innere Medizin, Albertinen-Krankenhaus, Hamburg
Ischämien am hepatobiliären System und im Gastrointestinaltrakt sind insgesamt
seltene Erkrankungen, deren Diagnose im Einzelfall schwierig sein kann.
Die ischämische Cholangiopathie ist ein erst in letzter Zeit beschriebenes und
noch nicht ganz verstandenes Krankheitsbild. Sie kann bei Intensivpatienten nach
lebensbedrohlichen Erkrankungen wie einer Sepsis, einem schweren Trauma oder
Verbrennungen auftreten. Als Leitsymptom gilt eine persistierende Cholestase trotz
offensichtlicher Erholung von der Grunderkrankung. Pathophysiologisch steht eine
Ischämie der Gallengangsepithelien mit anschließender Bildung von Abschilferungen
(„casts“) und der Entwicklung von Strikturen und bakteriellen Infektionen im
Vordergrund. Im Verlauf entwickelt sich häufig eine progrediente sekundär
sklerosierende Cholangitis.
Die ischämische oder hypoxische Hepatitis ist ebenfalls ein nahezu ausschließlich
auf Intensivstationen anzutreffendes Krankheitsbild. Als diagnostische Kriterien
gelten ein dramatischer, aber vorübergehender Anstieg der Transaminasen (> 20-
Fache des oberen Normwerts) bei Patienten mit einem Herz-Kreislauf- oder
respiratorischen Versagen bei gleichzeitigem Ausschluss anderer potenzieller
Ursachen (Virushepatitis, medikamentös induzierter Leberschaden). Histologisch
finden sich läppchenzentrale Nekrosen, eine Histologie ist zur Diagnose aber nicht
erforderlich. Das Auftreten einer ischämischen Hepatitis ist ein schlechtes
prognostisches Zeichen. Therapeutisch steht die Behandlung der Grunderkrankung
im Vordergrund.
Relevante Magenischämien sind aufgrund der guten Gefäßversorgung des Magens
sehr selten und es gibt nur wenig Literatur zu diesem Thema. Sie treten gelegentlich
bei Dissektionen der Aorta, der A. mesenterica oder des Truncus sowie bei
Lageanomalien (intrathorakaler Magen) auf.
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Die ischämische Kolitis ist die häufigste Durchblutungsstörung des
Gastrointestinaltrakts. Meist liegt eine nicht-gangränöse und nicht-obstruktive Form
vor, die im Verlauf weniger Tage unter einer supportiven Therapie ausheilt.
Leitsymptome sind blutige Durchfälle und in der Regel linksseitige Bauchschmerzen.
Die Diagnose wird koloskopisch gestellt.
Akute mesenteriale Durchblutungsstörungen umfassen die Mesenterialarterien-
embolie und -thrombose, die Mesenterialvenenthrombose und die nicht-okklusive
mesenteriale Ischämie. Das klinische Bild ist häufig zunächst durch eine Diskrepanz
zwischen heftigen subjektiven Beschwerden und einem relativ blanden klinischen
Untersuchungsbefund gekennzeichnet; die Mortalität ist nach wie vor hoch. Die
verbesserten bildgebenden Möglichkeiten mithilfe der breit verfügbaren Mehrzeilen-
CTs haben die Diagnostik deutlich vereinfacht. Therapeutisch steht nach einer
Stabilisierung der Kreislaufverhältnisse bei der arteriellen Embolie und Thrombose
eine rasche Laparotomie mit Embolektomie oder Revaskularisation und ggf. der
Resektion von infarziertem Darm im Vordergrund. Bei nicht-okklusiver Ischämie ist
die Durchbrechung der mesenterialen Vasokonstriktion, bei der Mesenterial-
venenthrombose die Antikoagulation das wesentliche therapeutische Prinzip.
Abb. 1: Ischämische Kolitis: Sonografisch zeigt sich eine segmentale Darmwand-
verdickung, die abrupt in eine normale Darmwand übergehen kann
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Abb. 2: CT bei akuter Mesenterialarterienembolie
Abb. 3: Ischämische Kolitis
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Passende Symptomatik? Risikoprofil?
Ausschluss anderer Erkrankungen(Labor: BB, CRP, Lipase, Trop, Laktat etc.)
CT-AbdomenAngiografie
qualif. Sono, falls verfügbar
Koloskopie
V. a. NOMI V. a. ischäm. Kolitis
V. a. NOMI
Rasche Therapie (chirurgisch – interventionell – konservativ)
Abb. 4: Synopsis Diagnostik intestinaler Durchblutungsstörungen
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Das abdominelle Kompartmentsyndrom
K.-W. Jauch
Chirurgische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum München-Großhadern
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Anschriften der Referenten und Vorsitzenden Prof. Dr. H.-D. Allescher Zentrum für Innere Medizin Klinikum Garmisch-Partenkirchen Auenstr. 6 82467 Garmisch-Partenkirchen Prof. Dr. M. Anthuber Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie Klinikum Augsburg Stenglinstr. 2 86156 Augsburg Prof. Dr. K. Caca Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Hämato-Onkologie, Diabetologie und Infektiologie Klinikum Ludwigsburg Posilipostr. 4 71640 Ludwigsburg Prof. Dr. M. Ebert II. Medizinische Klinik Klinikum rechts der Isar Technische Universität München Ismaninger Str. 22 81675 München Prof. Dr. F. Hagenmüller 1. Medizinische Abteilung Gastroenterologie Asklepios Klinik Altona Paul-Ehrlich-Str. 1 22763 Hamburg Prof. Dr. K.-W. Jauch Chirurgische Klinik und Poliklinik Klinikum der Universität München-Großhadern Marchioninistr. 15 81377 München
Prof. Dr. G. Lock Klinik für Innere Medizin Albertinen-Krankenhaus Süntelstr. 11a 22457 Hamburg Prof. Dr. H. Messmann III. Medizinische Klinik Klinikum Augsburg Stenglinstr. 2 86156 Augsburg PD Dr. M. Möhler I. Medizinische Klinik und Poliklinik Johannes-Gutenberg-Universität Langenbeckstr. 1 55131 Mainz Prof. Dr. S.P. Mönig Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie Universitätsklinikum Köln Kerpener Str. 62 50937 Köln Prof. Dr. W. von Scheidt I. Medizinische Klinik Klinikum Augsburg Stenglinstr. 2 86156 Augsburg Prof. Dr. J. Schölmerich Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main