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Bericbte ten richtig: .Es kommt kiinftig darauf an~, ihn .diagnostisch komplex zu erfassen sowie methodisch umzusetzen und Handlungsan- leitungen mr den Lehrer zu erarbeiten". Die AG .Preventives Sporttreiben im Schul- alter" (Leitung: KOINZER) kann Ergebnisse zum Zeitpunkt und zur Art des Gesund- heitstrainings vorweisen, lm wesentlichen geht es um Diabetes mellitus, Kreislauf-Regu- lationsst6rungen, Bluthochdruck, Fettstoff- wechsel-St6rungen und Infekt~ ,Wertorientierungen, Motive und soziale Be- dingungen sportlicher Bet~itigung von Kin- dern und Jugendlichen" sind zentrales The- ma einer weiteren AG (Leitung: RO~tRBER6). Untersuchungen ergaben zwei Motivations- typen, den ,mehr leistungsorientierten Typ und den mehr auf die Gemeinschaft und die Freizeitgestaltung orientierten Typ. Im sp~i- teren Lebensalter werden diese durch fimeg- und gesundheitsorientierte Motivationen er- g~inzt". Zwischen den Kongregtagen: der Tanzabend -- eine ungezwungene, nette Atmosph~ir~ Sportler sind wohl auch in der DDR ein bigchen .etwas anders, mit einem spezifi- schen ,Wir-Gefiihl ~. Teilweise wird um die- ses allerdings gefiirchtet, denn die unter- schiedlichen politischen Auffassungen sind weder zu hbersehen noch zu iiberh6ren -- Anzeichen einer entstehenden Demokratie, die das Respektieren und Tolerieren anderer Meinungen voraussetzt. Und viele Kontakte und Gesp~che: mit PETERs und Hi~rz aus Greifswald, D ~ o w aus Berlin, SEIFERX und ZEtm~R aus Zwickau, mit RosxocK, dem Leiter der dortigen Sektion .Sportwis- senschaft ~. Anderntags der Arbeitskreis .Lehrgangsge- staltung in den Lehrplansportarten ". Die tra- ditionellen Sportarten sollen auch weiterhin das Grundgefi~st bleiben. Allerdings zeich- net sich eine deutliche Offnung ab: Die ,en- ge Sicht allein auf die Wettkampfdisziplinen ist zu iiberwinden. Fiir die Oberstufe sind mehr alternative Formen des Sporttreibens anzubieten und zu erproben. Gr6f~ere Auf- merksamkeit ist der inhaltlichen Ausgestal- tung des Wahlstoffes, besonders unter frei- zeitrelevanten, volkssportlichen und lei- stungsdifferenzierten Aspekten, zu wid- men". Das Verlangen nach Breitensport oder einer anderen Gestaltung der Grundsportar- ten klingt immer wieder durch. ,So treiben wir mit der Leichtathletik zumindest die M~idchen vom Platz, meint ein Lehrer, und es wird auf .Westliteratur ~ verwiesen, die den Ansatz einer schiilergem~gen und auch erlebnisorientierten .Leichtathletik fiir je- dermann~ verfolgt..Fi~r mich steht fest, so ein Teilnehmer, ,dag Sport und Freude aus derselben Quelle fliegen miissen und k6n- nenY Es ist -- fiir den Augenstehenden durch die faszinierenden Erfolge der Top- Athleten aus der DDR verdeckt -- interes- sant zu sehen, dab in der Schule durchaus ganz ~ihnliche Motivationsprobleme wie in der Bundesrepublik bestehen. Anstrengende Tage des Stets-etwas-ge- fragt-Werdens, aber auch einer durchweg herzlichen Gastfreundschaft sind vorbei. Die deutsche Geschichte hat sich bewegt! Es bleibt unvergeglich, dies miterlebt haben zu di~rfen. Inzwischen wurde mehrmals Fachli- teratur ausgetauscht. Eine Kollegin aus Lud- wigsfelde und ein Kollege aus Zwickau wa- ren bereits zu Besuch am Tiibinger Institut fiir Sportwissenschaft. Dazu Angebote zu Beziehungen mit Prag und eine Einladung der Universit~it Leningrad zu einer Pamir- Expedition auf den 7495 m hohen Pik Kom- munismus -- atemberaubendes Tempo der Ve~nderung in Europa! G. FREY ,Gold fiir Olympia -- Sieg oder Verfall einer Idee?" Tagung vom 16. bis 1Z Februar 1990 an der Evangelischen Akadernie in Bad Boll ,Markt oder Tempel? ~ fragte einst Pierre DE CotmEm~iNund stellte damals die Jiinger der 476

„Gold für Olympia — Sieg oder Verfall einer Idee?“

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Bericbte

ten richtig: .Es kommt kiinftig darauf an ~, ihn .diagnostisch komplex zu erfassen sowie methodisch umzusetzen und Handlungsan- leitungen mr den Lehrer zu erarbeiten". Die AG .Preventives Sporttreiben im Schul- alter" (Leitung: KOINZER) kann Ergebnisse zum Zeitpunkt und zur Art des Gesund- heitstrainings vorweisen, lm wesentlichen geht es um Diabetes mellitus, Kreislauf-Regu- lationsst6rungen, Bluthochdruck, Fettstoff- wechsel-St6rungen und Infekt~ ,Wertorientierungen, Motive und soziale Be- dingungen sportlicher Bet~itigung von Kin- dern und Jugendlichen" sind zentrales The- ma einer weiteren AG (Leitung: RO~tRBER6). Untersuchungen ergaben zwei Motivations- typen, den ,mehr leistungsorientierten Typ und den mehr auf die Gemeinschaft und die Freizeitgestaltung orientierten Typ. Im sp~i- teren Lebensalter werden diese durch fimeg- und gesundheitsorientierte Motivationen er- g~inzt". Zwischen den Kongregtagen: der Tanzabend - - eine ungezwungene, nette Atmosph~ir~ Sportler sind wohl auch in der DDR ein bigchen .etwas anders, mit einem spezifi- schen ,Wir-Gefiihl ~. Teilweise wird um die- ses allerdings gefiirchtet, denn die unter- schiedlichen politischen Auffassungen sind weder zu hbersehen noch zu iiberh6ren -- Anzeichen einer entstehenden Demokratie, die das Respektieren und Tolerieren anderer Meinungen voraussetzt. Und viele Kontakte und Gesp~che: mit PETERs und Hi~rz aus Greifswald, D ~ o w aus Berlin, SEIFERX und ZEtm~R aus Zwickau, mit RosxocK, dem Leiter der dortigen Sektion .Sportwis- senschaft ~. Anderntags der Arbeitskreis .Lehrgangsge- staltung in den Lehrplansportarten ". Die tra- ditionellen Sportarten sollen auch weiterhin das Grundgefi~st bleiben. Allerdings zeich- net sich eine deutliche Offnung ab: Die ,en- ge Sicht allein auf die Wettkampfdisziplinen ist zu iiberwinden. Fiir die Oberstufe sind mehr alternative Formen des Sporttreibens

anzubieten und zu erproben. Gr6f~ere Auf- merksamkeit ist der inhaltlichen Ausgestal- tung des Wahlstoffes, besonders unter frei- zeitrelevanten, volkssportlichen und lei- stungsdifferenzierten Aspekten, zu wid- men". Das Verlangen nach Breitensport oder einer anderen Gestaltung der Grundsportar- ten klingt immer wieder durch. ,So treiben wir mit der Leichtathletik zumindest die M~idchen vom Platz, meint ein Lehrer, und es wird auf .Westliteratur ~ verwiesen, die den Ansatz einer schiilergem~gen und auch erlebnisorientierten .Leichtathletik fiir je- dermann ~ verfolgt..Fi~r mich steht fest, so ein Teilnehmer, ,dag Sport und Freude aus derselben Quelle fliegen miissen und k6n- nenY Es ist -- fiir den Augenstehenden durch die faszinierenden Erfolge der Top- Athleten aus der DDR verdeckt -- interes- sant zu sehen, dab in der Schule durchaus ganz ~ihnliche Motivationsprobleme wie in der Bundesrepublik bestehen. Anstrengende Tage des Stets-etwas-ge- fragt-Werdens, aber auch einer durchweg herzlichen Gastfreundschaft sind vorbei. Die deutsche Geschichte hat sich bewegt! Es bleibt unvergeglich, dies miterlebt haben zu di~rfen. Inzwischen wurde mehrmals Fachli- teratur ausgetauscht. Eine Kollegin aus Lud- wigsfelde und ein Kollege aus Zwickau wa- ren bereits zu Besuch am Tiibinger Institut fiir Sportwissenschaft. Dazu Angebote zu Beziehungen mit Prag und eine Einladung der Universit~it Leningrad zu einer Pamir- Expedition auf den 7495 m hohen Pik Kom- munismus -- atemberaubendes Tempo der Ve~nderung in Europa! G. FREY

,Gold fiir Olympia - - S ieg oder Verfa l l e iner Idee?"

Tagung vom 16. bis 1Z Februar 1990 an der Evangelischen Akadernie in Bad Boll

,Markt oder Tempel? ~ fragte einst Pierre DE CotmEm~iN und stellte damals die Jiinger der

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Ber/chte

olympischen Gemeinde vor eine echte A1- ternatiw Inzwischen ist ,Gold fiir Olym- pia" daraus geworden, wie das Thema des Symposiums zu Fragen der olympischen Idee in Bad Boll lautete. Die olympische Be- wegung ist sogar regelrecht vom Goldrausch erfalk worden; Gold wird nicht nur reich- lich an die Athleten ausgeschiittet, sondern Geld und Gold, Ruhm und Ehre winken auch all denen, die den universalen olympi- schen Sport organisieren. Die olympische Bewegung hat ohne Zweifel die Fiihrung des Weltsports an sich gerissen, die Spiele sind so popul~ir wie nie zuvor, und das politische Klima verheifit fiir die Zukunft giinstigen Rtickenwind. Hat sich also Cotn3rzrINS Al- ternative in Wohlgefallen aufgel6st, und sind seine (olympischen) Ideen vom friedenstif- tenden und v61kerverbindenden Sport nicht trotz, sondern wegen des ,Marktes" Wirk- lichkeit geworden? Ganz so einfach ist es nicht, wie sowohl dem global formulierten Oberblicksreferat Man- fred LKMMERS (.Die olympische Idee im Wandel. Geschichte -- Entwicklung -- Per- spektiven") als auch dem spezieller gehalte- nen Vortrag Horst DE MaR~ES' (.Olympi- sche Idee: Anspruch und Wirklichkeit aus sportmedizinischer Sicht") und vor allem dem Abschluf~referat des Theologen Eilert HERMS (.Die religi6se Dimension der olym- pischen Ide~ Gibt es ein olympisches Men- schenbild der Zukunft?") zu enmehmen w a Y .

Fiir L~MMER ist die olympische Bewegung aufgrund ihrer Geschichte und aktuellen Be- deutung die gr61~te sinnstiftende Organisa- tion des Sports. Dies ist um so erstaunlicher, als Olympia noch vor zehn Jahren im Wiir- gegriff der Politik zu ersticken drohte: Die Boykott-Spiele yon Moskau (1980) und Los Angeles (1984) stiirzten die olympische Be- wegung in eine der schwersten Krisen ihrer Geschichte. Aber -- .wo Gefahr ist, w~ichst das Rettende auch" ( H O L D E R L I N ) - - zugleich wurde mit dem Scheitern der Boykott-Ak-

tionen, mit dem Olympischen Kongref~ 1981 in Baden-Baden und mit der Neufas- sung der Regel 26, des ,Amateurparagra- phen", ein v611iger Umbruch des olympi- schen Sports eingeleitet. Der Umbruch ge- lang bis jetzt aber nur halb: Olympia steht zwar in voller Bltite, aber die geistig-ideellen Friichte lassen auf sich warten. Die fiir 1990 vorgesehene Verabschiedung der neuen ,Olympischen Charta ~ wird aller Voraus- sicht nach scheitern, und zwar nicht aus or- ganisatorischen Griinden, sondern aus Man- gel an geistiger Substanz. Im Riickblick auf die fast 100j~ihrige Ge- schichte der modernen Olympischen Spiele hob LKMMER zwei charakteristische Ent- wicklungen hervor: erstens die Abkehr vom urspriinglich so innig beschworenen antiken Vorbild und zweitens den von Anfang an p~idagogischen Kern der Spiele, der heute je- doch neu definiert werden miisse COUBrR- TINS Olympia entsprach in fast gar nichts den antiken Spielen. Kein P~idagoge stand an der Wiege dieses archaischen G6tterkults. ,Kranz oder Tod ~ war das wirkliche Motto, und nur durch den Sieg konnte die Hoff- nung auf Unsterblichkeit gewiihrt werden. Die antiken Spiele gingen auch nicht wegen der ab dem fiinften vorchristlichen Jahrhun- dert heruntergekommenen Sportmoral zugrunde -- auch mit diesem l~ingst wider- legten Vorurteil ~umte L~;.MMER griindlich auf --, sondern aus politisch-milit~ischen Griinden (V61kerwanderung) und wegen des Durchbruchs des Christentums. Die antiken Spiele h6rten auf, weil sie mit den politi- schen und gesellschaftlichen Verh~iltnissen und den damit verbundenen geistigen Wer- ten nicht mehr im Einklang standen. Chri- stentum und antiker G6tterkult schlossen sich aus. Die Olympischen Spiele der Anti- ke hatten ihre historische Aufgabe erfiillt. Die neuzeitlichen Olympischen Spiele des franz6sischen Barons Pierre DE COUBERTIN waren etwas Neues. Sie wurden im Geist der Aufkl~irung und des Nationalismus des 19.

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Berichte

Jh.s geboren und waren von p~idagogischen Ideen der Kfrperbildung und von ganzheit- lich-harmonischer Erziehung getragen. Cotm~mlN selbst zog sich 1925 entt~iuscht vonder olympischen Bewegung zuriick, als sich die Spiele von seinen p~idagogischen Absichten emanzipierten. Aber die olympi- sche P~idagogik blieb stets ein unerreichbares Ziel. Den Zehnk~impfer mit musischen Nei- gungen und philosophischen Interessen hat es nie gegeben und wird es auch nie geben, solange das alles beherrschende c i t ius - - al t i - us - f o r t i u s den olympischen Ton angibt. Bei den hochleistungssportlichen Wett- k~impfen der neuzeitlichen Olympia-Spekta- kel sieht L;~stslER deswegen auch eine (wie immer geartete) olympische P~idagogik fehl am Platze. Die Rolle der Athleten hat sich in diesem p~idagogischen Sinn vollst~indig ge/in- dert. Nicht mehr die Athleten werden erzo- gen, sondern sie selbst werden zu Erziehern, via Fernsehen millionenfach in alle Welt multiplizierte Idole. Die alte, p~idagogische Idee der Olympischen Spiele nach dem ur- spriinglichen Konzept COUBEm'INs kann da- gegen h6chstens noch im Breitensport reali- siert werden. Nicht zuletzt deshalb zeigt das IOC in letzter Zeit verst~irktes Interesse an breitensportlichen Initiativen (vgl. seinen Kongref~ ,Sport fiir alle"). Olympia hat je- doch nach der Meinung LL~ttaERS in der ak- tuellen weltpolitischen Situation eine ein- malige historische Chance Die vielbel~ichel- ten Ideale V61kerverst~indigung, Frieden, Humanit~it und lDberwindung von Rassen- schranken sind greifbar nahe. Die Olympi- schen Spiele k6nnen zum Symbol eines hu- manen Universalismus werden. Olympische Spiele in Berlin im Jahr 2000 k6nnen fiir diese Hoffnung stehen. Bei weitem nicht so euphorisch und optimi- stisch beurteilte DE MA~rs die olympische Szene -- aus der Sicht des Mediziners. ,Die verheerendste Wirkung im Bereich des Do- ping ist p~idagogischer Natur", zitierte er sei-

hen Kollegen, den Pr~isidenten des Sport- ~irzte-Weltverbandes Wildor HOLL~aaNN, und lenkte damit den Blick auf eine der gr6f~ten Gefahren, die der letztlich p~idagogisch mo- tivierten olympischen Bewegung drohen. Er iibte heftig Kritik an der fahrlLssigen Debar- te um eine Doping-Freigabe und an der Do- ping-Berichterstattung in den Medien. Abge- sehen von den sportlichen und sportethi- schen Problemen, sei eine Doping-Freigabe allein wegen des eindeutigen Verstof~es gegen das iirztliche Ethos und wegen der bisher krag untersch~itzten verheerenden Neben- wirkungen von Anabolika -- besonders Ar- teriosklerose und die ,pharmakologische Kastration" bei M~innern -- rundweg abzu- lehnen. Aber nicht nur Doping bereitet den olympischen Medizinern Sorge, sondern ebenso die kaum mehr zu verantwortenden chronischen Sportsch~iden und Mikrotrau- matisierungen der Top-Athleten, die zu blei- benden Sch~iden, schweren Verletzungen und Medikamentenmit~brauch fiihren k6n- nen. 70--80% der Athleten aus der Bundes- republik waren vor den Olympischen Spie- len in Seoul bereits verletzt. Die Sportmedi- zin findet sich in diesen Fragen der Gesund- heit der Athleten auch deshalb in einer schwierigen Lage, welt das ~.rztliche Ethos als handlungsleitendes Prinzip nicht aus- reicht. Eine wirksame Sportethik, die es er- g~inzen k6nnte, ist bis jetzt jedoch nicht in Sicht. Um solche ethischen Fragen, genauer um die religiSse Dimension der oder einer fort- zuentwickelnden olympischen Idee und ein olympisches Menschenbild der Zukunft ging es dann im letzten Vortrag des Theolo- gen HEr, MS. Auf dem Hintergrund eines Ver- st~indnisses von Religion, das im Sinne Scrt~n~maACriERS den gesellschaftlichen In- teraktionsprozeB, also ihre ethische Orien- tierung fiir das praktische Leben, hervor- hebt, beschrieb HEV.~s die religi6sen Funk- tionen des Olympismus. Kronzeuge war wieder Pierre DE Cotr~rrriN, der die olympi-

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sche Idee ausdriicklich als Religion verstan- den und gepredigt hat. Der Sport fungierte gewissermaflen als Sakrament des Couber- tinschen Bildungskonzepts, indem er zur Charakterbildung des einzelnen, zu Tugend und Sittlichkeit (virtus) beitrage und nach dem Wegfall der Kraft der alten Religionen ein .neues Heidentum ~, einen Kult der Dies- seitigkeit, begriinden k6nne_ Nur noch der Kult des Sports sei imstande, die auseinan- derstrebenden Tendenzen in der Gesell- schaft zusammenzubinden. Um jedoch diese -- religi6se -- Funktion wahrnehmen zu k6nnen, gelte es, so Coubertin, den Sport zu popularisieren und zu internationalisieren. Damit war die Idee der internationalen Olympischen Spiele geboren. Coubertins Grundiiberlegungen zur religi& sen Funktion des Sports, so pathetisch sie auch formuliert gewesen sein m6gen, sind nach Ansicht von HE~S auch heute noch nicht widerlegt. Der Sport als Kommunika- tionsmedium fiir ethisch orientierendes Wissen bietet nach wie vor oder noch mehr als zu Coubertins Zeiten uniiberbietbare M6glichkeiten. Der Sport selbst kann zwar keine eigenen ethischen Inhalte produzie- ren, so HEra, s, aber er mut~ seiner ethischen Verantwortung insofern gerecht werden, als er seine Rolle als Medium, als Kommunika- tionsforum, als ,Aufmerksamkeitsf~inger" annehmen mug und nicht l~inger der (lee- ren) Ideologie vom autonomen Sport huldi- gen darf. Aus der Sicht des Christen ist die Phrase von der .religio athletae" inhaltlich abzulehnen; sie hat weder ethische noch transzendente Substanz. Aber der Kirche ist zugleich der Vorwurf zu machen, den Erfah- rungsraum Sport (und zwar den ganzen Sport) nicht geniigend fiir ihre christlichen Zwecke genutzt zu haben. Die .Stummheit" des Sports und seine Interpretationsbediirf- tigkeit sollten eine Herausforderung fiir die Kirche sein, gerade weil der Sport heute uni- versellen Charakter angenommen hat. Wie dieser ,humane Universalismus" -- hier traf

Ber/chte

sich HEy.Ms mit L:~MMER -- jedoch p~idago- gisch und ethisch gefiillt werden kann, diese Frage kann der Sport nicht beantworten. Dimes Vakuum mui~ yon den klassischen Sinngebungsinstanzen, allen voran die Reli- gion und die Kirchen, gefiillt werden. ,Quo vadis Olympia" lautete das Thema des abschlieflenden PodiumsgespNchs, das -- ebenso wie die gesamte Tagung -- besondere Wiirze durch die Teilnahme Helmut WFST- FAtS uncl Lothar TZSCHOVVES aus der DDR erhielt. Sie formulierten keinen Wider- spruch, sonclern bekannten sich wie die ,biirgerlichen" Kollegen zu den Zielen der olympischen Bewegung und ihrer in Bad Boll aktualisierten olympischen Utopie ei- nes humanen Universalismus. M. KatOGEt

Politik fiir Fut~ballrowdys -- Sport-, Sozial-, Medien- oder Sicherheitspolitik? Internationale Tagung in Bologna yore 31. 5.--1. 6. 1990.

Wenige Tage vor Beginn der Fuf~ball-Welt- meisterschaft land in Bologna eine hochka- fiitig besetzte internationale Tagung zum Thema .Fut~ball und Gewalt in Europa: Ur- sachen und Abhilfe" statt. Zwar gl~nzend vorbereitet und organisiert, war sie doch mindestens drei Monate zu sp~it angesetzt, als daft sie fiir Italia '90 noch irgend etwas h~itte bewegen k6nnen. Zuerst referierten die wissenschaftlichen Experten aus Groffbri- tannien, der Bundesrepublik, Italien, den Niederlanden, Belgien, Jugoslawien, D~ine- mark und Osterreich iiber Forschungen zu ihren nationalen Fuflballrowdies. Dann ging es um die Sozialarbeit mit den Fans und um politische Forderungen. Die kritische Aus- einandersetzung mit dem Einflug der Me- dien war -- auch dank der vielen anwesen- den Medienvertreter -- ein Leitthema der Tagung. Fiir Italien war ja Schlimmstes iiber die eng- lischen Fans angekiindigt worden. Um die

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