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Myelodysplastische Syndrome – neue Therapiemöglichkeiten Katharina Götze, München „Den unfitten Myelompatienten vorsichtig, aber auch lange behandeln“ Im Gespräch mit Hartmut Goldschmidt, Heidelberg Viszeralchirurgie und Metastasierung Markus Wagner, Seefeld Weichteilsarkom – ein Update zu Therapiestrategien Lars H. Lindner, München Mammakarzinom – praxisrelevante Entwicklungen zur Therapie Sabine Anthuber, Starnberg Zeitschrift des Tumorzentrums München und des CCC München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität ISSN 1437-8019 Einzelverkaufspreis 4,– 1 | 2019 Hämato-Onkologie-Symposium 2019 Herrschinger Sonderausgabe

Herrschinger€¦ · Klinikum Starnberg, hielt ihr Referat über die neuesten praxisrelevanten Entwicklungen zur Therapie des Mammakarzinoms, die im Wesentlichen nach wie vor aus

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  • Myelodysplastische Syndrome – neue TherapiemöglichkeitenKatharina Götze, München

    „Den unfitten Myelompatienten vorsichtig, aber auch lange behandeln“Im Gespräch mit Hartmut Goldschmidt, Heidelberg

    Viszeralchirurgie und MetastasierungMarkus Wagner, Seefeld

    Weichteilsarkom – ein Update zu TherapiestrategienLars H. Lindner, München

    Mammakarzinom – praxisrelevante Entwicklungen zur TherapieSabine Anthuber, Starnberg

    Zeitschrift des Tumorzentrums München und des CCC München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität

    ISSN 1437-8019Einzelverkaufspreis 4,– €

    1 | 2019

    Hämato-Onkologie-Symposium 2019Herrschinger

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    Herrschinger Hämato-Onkologie-Symposium 2019

    Myelodysplastische Syndrome – neue Therapiemöglichkeiten ......................................... 4Katharina Götze, MünchenDer Erkrankungsgipfel liegt jenseits von 70 Jahren, was die Therapieoptionen limitiert.

    „Den unfitten Myelompatienten vorsichtig, aber auch lange behandeln“ .......................................... 8Im Gespräch mit Hartmut Goldschmidt, HeidelbergDas Ziel der Behandlung von Menschen mit MultiplemMyelom ist eine möglichst lang anhaltende Remission. Das gilt auch für unfitte Patienten.

    Viszeralchirurgie und Metastasierung ........................ 11Markus Wagner, SeefeldWelchen Stellenwert hat die Chirurgie heute angesichtsimmer zielgerichteter wirkender Systemtherapeutika undbeachtlicher Fortschritte bei den lokal ablativen Verfahrenwie SIRT und IRE?

    Weichteilsarkom – ein Update zu Therapiestrategien ............................... 16Lars H. Lindner, MünchenDas individuelle Risiko für das Auftreten von Metastasenlässt sich über eine Nomogramm-basierte App berechnen.

    Mammakarzinom – praxisrelevante Entwicklungen zur Therapie ........................................ 20Sabine Anthuber, StarnbergNach wie vor spielt die Kombination von Operation, Strahlen- und Systemtherapie die wesentliche Rolle. Allerdings haben sich Reihenfolge und Intensität der Interventionen verändert.

    TZM internAlle Projekt- und Arbeitsgruppen ........................................... 17Buchtipp: Das TZM-Jahrbuch 2019........................................ 23Vorstellung neuer Manuale ...................................................... 23

    Editorial

    Prof. Dr. Volkmar NüsslerDr. Hermann DietzfelbingerDr. Max Hubmann

    Liebe Leserin, lieber Leser,mit dem 21. Hämato-Onkologie-Symposium, das wir am 30. März diesesJahres abgehalten haben, sind wir in die dritte Dekade unserer inzwischentraditionsbewährten Fortbildungsveranstaltung am malerischen Ufer desAmmersees gelangt. Wir freuen uns, dass wir Ihnen in dieser Sonderausgabeder TZM-News wieder die aktuellen Referentenbeiträge aus erster Handvorlegen können.

    Von Frau Prof. Dr. med. K. Götze aus dem Klinikum Rechts der Isar derTechnischen Universität München erfuhren wir den State of the Art überdas Myelodysplastische Syndrom (MDS), das unter anderem auch einenwichtigen Schwerpunkt in der täglichen Zusammenarbeit zwischen Haus-ärzten und Hausärztinnen sowie hämato-onkologischer Praxis eine wichtige Rolle spielt.

    Prof. Dr. med. H. Goldschmidt aus dem Universitätsklinikum Heidelbergvermittelt uns in Form eines Interviews mit Frage und Antwort einen Über-blick über die gerade in den letzten Jahren stürmischen Entwicklungen inder Therapie des Multiplen Myeloms. Für den „unfitten“ Myelompatientenempfiehlt er: „Vorsichtig, aber auch lange behandeln“.

    Chefarzt Dr. med. M. Wagner aus der Chirurgischen Klinik im KlinikumSeefeld schilderte in seinem Vortrag „Viszeralchirurgie und Metastasierung“sehr anschaulich die heute etablierten Möglichkeiten der chirurgischen In-tervention bei Oligometastasierung im Zusammenspiel mit personalisierterTherapieplanung.

    Das Update zu Therapiestrategien beim Weichteilsarkom, bestehend ausneoadjuvanter und adjuvanter Chemotherapie, Hyperthermie sowie Metas-tasen- und palliativer Therapie wurde von Prof. Dr. med. L. Linder aus demKlinikum der Universität München, Campus Großhadern, vorgetragen.

    Frau Oberärztin Dr. med. S. Anthuber, Leiterin des Brustzentrums im Klinikum Starnberg, hielt ihr Referat über die neuesten praxisrelevantenEntwicklungen zur Therapie des Mammakarzinoms, die im Wesentlichennach wie vor aus der Kombination aus "Strahl, Strahl und Chemie", beste-hen, wenn sich auch Reihenfolge und Intensität der Interventionen verän-dert haben. Bei Verdacht auf familiäre Häufung von Mammakarzinomensind genetische Beratung und Testung erforderlich.

    Wir danken allen Vortragenden herzlich für die Erstellung der Manuskriptezu ihren Referaten und wünschen Ihnen eine informative Lektüre.

    HerzlichstIhre

    Volkmar Nüssler Hermann Dietzfelbinger Max Hubmann

    Titelbild: Nicht invasive Thermometrie beim Weichteilsarkom der Extremitäten. Mit freundlicher Genehmigung der Dr. Sennewald Medizintechnik GmbH,München.

  • Myelodysplastische Syndrome (MDS)sind eine heterogene Gruppe vonklonalen hämatopoetischen Erkrankun-gen, die durch Transformation einer frü-hen hämatopoetischen Stamm- oder Pro-genitorzelle entstehen. Sie sind gekenn-zeichnet durch eine insuffiziente und dys-plastische Hämatopoese im Knochenmark, periphere Zytopenien sowie ein variables,im Verlauf zunehmendes Risiko der Ent-wicklung sekundärer akuter myeloischerLeukämie (AML). Der Erkrankungsgipfelliegt jenseits von 70 Jahren, sodass manüberwiegend mit älteren Patienten kon-frontiert ist, was die Therapieoptionen limitiert.

    1. Einführung

    MDS sind sowohl aus diagnostischer als auchaus therapeutischer Sicht eine große Heraus-forderung. Die bislang entwickelten Risiko-Scores, wie der IPSS-R (International Prog-nostic Scoring System-Revised), ermöglicheneine Einschätzung der Prognose von Patien-ten im Hinblick auf das Gesamtüberlebensowie bezüglich des Risikos zum Übergangin eine AML. Zudem gewährleisten modernemolekulare Methoden seit einigen Jahreneine exaktere Diagnostik.

    Aufgrund des Patientenkollektivs mit meistfortgeschrittenem Alter und einhergehenderMultimorbidität stellt das Management derTherapie im klinischen Alltag eine komplexeHerausforderung dar. Als Therapiegrundlagebei Niedrigrisiko-MDS gilt im Wesentlichendie supportive Therapie, die sowohl Trans-fusionen als auch die bedarfsweise Gabe von

    Antibiotika sowie die suffiziente Behandlungvon Begleiterkrankungen einschließt. Dage-gen besteht das Ziel bei Hochrisiko-MDS inder Verbesserung des natürlichen Krankheits-verlaufs mit einer Lebensverlängerung. NeueSubstanzen bieten erfolgversprechende al-ternative Therapieoptionen, welche im Fol-genden näher erläutert werden.

    2. Risikostratifizierung

    Die ausgeprägte molekulare und zytogene-tische Heterogenität der Erkrankung spiegeltsich auch in dem sehr variablen klinischenVerlauf wider. Um die optimale Therapieop-tion für den einzelnen Patienten zu bestim-men, ist es zunächst notwendig, dessen Prog-nose möglichst exakt einzuschätzen sowiedas individuelle Therapieziel festzulegen.Dies ist auch wichtig, um den Patienten be-züglich des zu erwartenden Krankheitsver-

    laufs und des Schweregrads seiner Erkran-kung aufklären zu können. Dies gilt insbe-sondere für (biologisch) jüngere Patienten,auf die gegebenenfalls eine allogene Stamm-zelltransplantation zukommt.

    Die Prognose eines MDS-Patienten hängt imWesentlichen vom Ausmaß der Zytopenie imperipheren Blut sowie den Befunden im Kno-chenmark ab: Blastenanteil, MDS-Subtyp,zytogenetische und molekulargenetische Be-funde sind die wesentlichen Kriterien. Zu-sätzlich spielen Alter, Komorbiditäten sowieeine eventuell bestehende Transfusionspflichteine Rolle. Die derzeit gängigste Methodezur Einschätzung der Prognose beruht immernoch auf dem IPSS, der als IPSS-R in seinerrevidierten Form zum Einsatz kommt (Abb.1). Es ist aber zu erwarten, dass in Zukunftauch molekulare Mutationen bei der Bestim-mung des individuellen Risikos eine großeRolle spielen werden (Abb. 2).

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    TZM News Sonderausgabe 1/2019

    Abbildung 1: International Prognostic Scoring System-Revised (IPPS-R). Mit steigendem Score sinkt dieÜberlebenszeit. Adaptiert nach [4, 9].

    Prof. Dr. med. Katharina Götze

    Medizinische Klinik und Poliklinik III am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München1

    Punkte

    ≤ 1,5 > 1,5 – 3 > 3 – 4,5 > 4,5 – 6 > 6

    Anteil Patienten

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    nicht erreicht 10,8 Jahre 3,2 Jahre 1,4 Jahre 0,73 Jahre

    Risikogruppe

    very lowlowintermediatehighvery high

    Myelodysplastische Syndrome

    1 Dieser Beitrag entstand auf Grundlage eines Vor-trags der Autorin beim 21. Herrschinger Hämato-Onkologie-Symposium am 30. März 2019 inHerrsching am Ammersee.

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  • Aus pragmatischen Erwägungen werden Pa-tienten mit Low-risk- oder Int-1-Score nachIPSS beziehungsweise mit Very-low/low-risk-Score nach IPSS-R in der Kategorie Niedri-grisiko-MDS zusammengefasst, während Pa-tienten mit Int-2- oder High-risk-Score nachIPSS beziehungswese Intermediate-, High-und Very-high-Score im IPSS-R in die Kate-gorie Hochrisiko-MDS stratifiziert werden.Mögliche Therapieoptionen werden dann ent-sprechend diesen zwei Risikogruppen strati-fiziert, unter anderem auch deshalb, weil sichdie Therapieziele in diesen zwei Risikogrup-pen fundamental voneinander unterscheiden.Bei Patienten mit Niedrigrisiko-MDS und einer

    medianen Lebenserwartung zwischen 3 und8 Jahren geht es in erster Linie darum, dieMorbidität zu verringern, also die Zytopenienzu verbessern, Transfusionsfreiheit zu errei-chen, Infekte und Blutungen zu verhindernund damit die Lebensqualität zu verbessern.

    Hingegen haben Patienten mit Hochrisiko-MDS in der Regel eine mediane Lebenserwar-tung von unter 1 Jahr. Das Therapieziel fürsolche Patienten muss daher die Veränderungdes natürlichen Krankheitsverlaufs durch eineVerzögerung der Progression in eine AML undeine Verlängerung des Gesamtüberlebens sein.

    3. Neue Therapieoptionen

    Die Therapieoptionen für Patienten mit Nied -rigrisiko-MDS und transfusionspflichtigerAnämie sind begrenzt und das Ansprechenauf Erythropoese-stimulierende Agenzien(ESA) ist transient. Neue Therapieoptionensind daher erforderlich.

    3.1 Low-risk-MDS – Anämie und Ring -sideroblasten

    Der Transforming-Growth-Factor-ß(TGF-ß)-Liganden-Hemmer Luspatercept stellt eineinteressante neue Therapieoption für MDS-Patienten mit Anämie und Ringsideroblastendar. In der Studie MEDALIST wurde die Wirk-samkeit von Luspatercept im Vergleich zuPlacebo bei transfusionspflichtigen Patientenmit Niedrigrisiko-MDS und Ringsideroblasten,die bereits zuvor mit ESA behandelt wordenwaren oder eine niedrige Wahrscheinlichkeithatten, auf ESA anzusprechen, gepruf̈t. Dievorhergehenden Phase-II-Studien der Deut-schen MDS-Studiengruppe hatten gezeigt,dass Luspatercept hohe Ansprechraten beiMDS mit Ringsideroblasten oder dem Nach-weis einer SF3B1-Mutation erzielt [7].

    TZM News Sonderausgabe 1/2019

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    Abbildung 2: Treibermutationen bei molekular unterschiedlichen MDS-Typen. Adaptiert nach [6].

    Abbildung 3: Mediane Ansprechdauer in der MEDALIST-Studie. Adaptiert nach [3].

    Myelodysplastische Syndrome

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  • In MEDALIST wurden insgesamt 229 Patien-ten 2:1 in die Verum-Gruppe (Luspatercept1 mg/kg s. c. alle 3 Wochen) beziehungsweisein die Placebo-Gruppe randomisiert. Der pri-märe Endpunkt war eine Transfusionsfreiheitvon ≥8 Wochen. Er wurde in der Luspater-cept-Gruppe bei 37,9% und in der Placebo-Gruppe bei 13,2% der Patienten erreicht(p56 Tagen innerhalb der ers-ten 28 Wochen der Behandlung.

    3.2 Low-risk-MDS – Thrombozytopenie

    Schwere Thrombozytopenien sind ein signi-fikantes klinisches Problem bei MDS-Patien-ten, und häufige Administration von Throm-bozytenkonzentraten kann zu Alloimmuni-sierung und verminderter Wirkung führen.Die Deutsche MDS-Studiengruppe prüft inder Phase-II-Studie EUROPE die Gabe vonRomiplostim zur Therapie der Thrombozyto-penie

  • Projektgruppen

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    3.3.2 BemcentinibEine zweite spannende Substanz ist der oraleAXL-Inhibitor Bemcentinib, der in der Phase-II-Studie BERGAMO von der Deutschen MDS-Studiengruppe für Hochrisiko-MDS-Patientennach Versagen von Azacitidin untersuchtwird (NCT03824080). Die Tyrosinkinase AXLwird auf CD34+-Progenitorzellen exprimiertund bei Entwicklung einer Resistenz gegenHMA auf diesen Zellen hochreguliert. Zu-sätzlich konnte gezeigt werden, dass der Li-gand Gas6 im Knochenmark von MDS-Patien-ten überexprimiert wird. Die klinische Studieprüft die Wirksamkeit einer Monotherapiemit Bemcentinib bei Patienten nach Versagender Therapie mit Azacitidin, auch solche, diebereits in eine AML übergegangen sind. Derprimäre Endpunkt ist das Ansprechen nach17 Wochen (entspricht 5 Zyklen).

    3.3.3 CPX-351Für Hochrisiko-MDS-Patienten, die prinzipiellfür eine allogene Stammzelltransplantationgeeignet sind, prüft die Deutsche Studien-gruppe MDS in der randomisierten Phase-II-Studie PALOMA den Einsatz von CPX-351;das ist die liposomal verkapselte Zubereitungvon Daunorubicin und Cytarabin in fixer Do-sierung. Ältere AML-Patienten, die mit dieserSubstanz behandelt wurden, hatten in derZulassungsstudie höhere Ansprechraten alsmit konventioneller Chemotherapie, und einesignifikant höhere Anzahl an Patientenkonnte danach einer allogenen Stammzell-transplantation zugeführt werden [5]. Dahererscheint ein ähnliches Behandlungskonzeptfür Hochrisiko-MDS-Patienten attraktiv. DerPrüfarm mit CPX-351 wird gegen die Stan-dardtherapie entweder mit intensiver Chemo -therapie (7+3) oder Azacitidin oder Suppor-tivtherapie (investigator‘s choice) getestet(Abb. 7). Der primäre Endpunkt ist das er-eignisfreie Überleben nach 2 Jahren.

    Die jetzt anlaufenden beschriebenen Stu-dien eröffnen neue Therapiemöglichkei-ten, sowohl für Niedrig- als auch für Hoch-risiko-MDS-Patienten. Zusammen mit denneuen Erkenntnissen in der molekularenPathogenese der Erkrankung tragen dieseinnovativen Therapiekonzepte hoffentlichdazu bei, die Behandlung für jeden MDS-Patienten zu optimieren und so vor allemdas Überleben und die Lebensqualität zuverbessern.

    reich eingesetzt. Auch bei älteren Patientenmit AML hat sich Venetoclax in Kombinationmit Azacitidin, Decitabin oder niedrig do-siertem Ara-C (LDAC) als sehr wirkungsvollerwiesen. In den ersten Studien zeigten sichAnsprechraten von bis zu 82% [1]. Seit letz-tem Jahr ist Venetoclax daher in der Indi-kation AML in den USA zugelassen. Das hohePotenzial der Kombination aus Venetoclaxund HMA in der Behandlung älterer AML-Patienten lässt es plausibel erscheinen, dieKombination auch bei Hochrisiko-MDS-Pa-tienten einzusetzen. Derzeit wird Venetoclaxin Kombination mit Azacitidin in einerPhase-I-Studie für Hochrisiko-MDS-Patientenin der Erstlinie geprüft. Eine weitere Phase-I-Studie untersucht Venetoclax allein sowieVenetoclax plus Azacitidin in der Kombina-tion bei Patienten nach Versagen von HMA.

    Abbildung 6: Gesamtüberleben von Hochrisiko-MDS-Patienten nach Azacitidin-Versagen. Adaptiertnach [8].

    Screening

    Primärer Endpunkt 2-J-EFS

    HR-MDSAllo SCR geplant

    Arm A 75 Patienten

    Arm B 75 Patienten

    CPX-351 Investigator’s ChoiceStandard DA 3+7 oder Azacitidin oderSupportivtherapie

    1:1 Randomisierung(150 Patienten)

    Allogene Stammzelltransplantation(nicht Teil der Studie)

    Abbildung 7: Design der PALOMA-Studie (NCT 01644110).

    Literatur

    1 DiNardo CD, Pratz KW, Letai A, et al. (2018)Safety and preliminary efficacy of venetoclaxwith decitabine or azacitidine in elderly pa-tients with previously untreated acute myeloidleukaemia: a non-randomised, open-label,phase 1b study. Lancet 19 (2), 216-228

    2 Epstein AC, Gleadle JM, McNeill LA, et al.(2001) C. elegans EGL-9 and mammalian homo-logs define a family of dioxygenases that regu-late HIF by prolyl hydroxylation. Cell 107:(1):43-54

    3 Fenaux P, Platzbecker U, Mufti GJ, et al.(2018) The MEDALIST Trial: Results of a Phase3, Randomized, Double-Blind, Placebo-Control-led Study of Luspatercept to Treat Anemia inPatients with Very Low-, Low-, or Intermediate-Risk Myelodysplastic Syndromes with Ring Si-deroblasts Who Require Red Blood CellTransfusions. ASH 2018, Abstr 1

    4 Greenberg P, Tuechler H, Schanz J, et al.(2012) Revised International Prognostic ScoringSystem for Myelodysplastic Syndromes. Blood120:2454-2465

    5 Lancet JE, Uy GL, Cortes JE, et al. (2018)CPX-351 (cytarabine and daunorubicin) Lipo-some for Injection Versus Conventional Cytara-bine Plus Daunorubicin in Older Patients WithNewly Diagnosed Secondary Acute Myeloid Leu-kemia. J Clin Oncol 36(26):2684-2692

    6 Papaemmanuil E, Gerstung M, Malcovati L,et al. (2013) Clinical and biological implicationsof driver mutations in myelodysplastic syndro-mes. Blood 122(22):3616-27 doi:10.1182/blood-2013-08-518886. Epub 2013 Sep12

    7 Platzbecker U, Germing U, Götze KS, et al.(2017) Luspatercept for the treatment of anae-mia in patients with lower-risk myelodysplasticsyndromes (PACE-MDS): a multicentre, open-label phase 2 dose-finding study with long-termextension study. Lancet Oncol 18(10):1338-1347. doi: 10.1016/S1470-2045(17)30615-0.Epub 2017 Sep 1

    8 Prébet T, Gore SD, Esterni B, et al. (2011)Outcome of high-risk myelodysplastic syndromeafter azacitidine treatment failure. J Clin Oncol29(24):3322-7. doi: 10.1200/JCO.2011.35.8135.Epub 2011 Jul 25

    9 Schanz J, Tüchler H, Solé F, et al. (2012)New comprehensive cytogenetic scoring systemfor primary myelodysplastic syndromes (MDS)and oligoblastic acute myeloid leukemia afterMDS derived from an international databasemerge. J Clin Oncol 30(8):820-829

    10 Sekeres MA, Giagounidis A, Kantarjian H,et al. (2014) Development and validation of amodel to predict plateletresponse to romiplos-tim in patients with lower-riskmyelodysplasticsyndromes. Br J Hematol 167,337–345

    Medianes OS: 5,6 Monate2-Jahres-OS-Rate: 15%

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    TZM News Sonderausgabe 1/2019Myelodysplastische Syndrome

  • Unter den seltenen Erkrankungen ist dasMultiple Myelom vergleichsweise häufig.Es macht etwa 10% aller bösartigen hämatologischen Erkrankungen aus. InDeutschland verzeichnen wir rund 6700Neuerkrankungen pro Jahr. Das MultipleMyelom ist charakterisiert durch die Proliferation maligner Plasmazellen imKnochenmark.

    Ist die Zahl der Betroffenen konstant?Das mediane Erkrankungsalter liegt beiknapp über 70 Jahren. Aus demographi-schen Gründen nimmt die Zahl der Betroffenen deshalb langsam zu, Männersind etwas häufiger betroffen als Frauen.

    Jetzt aber zu den Fortschritten.Es sind deutliche Fortschritte zu verzeich-nen, die vor allem auf die wirksamere medikamentöse Therapie zurückzuführensind. Die Überlebenszeiten haben sich inden letzten 10 Jahren wie gesagt mehr alsverdoppelt. Bis 1999 war eine medika-mentöse Behandlung nur mit reiner Chemotherapie möglich. Zum Einsatzkamen Alkylanzien, Adriamycin, Vin -cristin. Zusätzlich wurde mit Glukokorti-koiden behandelt.Im Jahr 2000 kamenThalidomid und später seine Abkömm -linge dazu, die sogenannten immunmo-dulierenden Substanzen wie Lenalidomid.In 2007 folgte schließlich die Einführungder Proteasom-Inhibitoren. Bortezomibwar der erste Vertreter dieser Klasse,mittlerweile sind Carfilzomib und das oralverfügbare Ixazomib dazugekommen.

    Auch die monoklonalen Antikörper Elotuzumab und Daratumumab sowie der HDAC-Inhibitor Panobinostat sind ja heute verfügbar. Rechnen Sie eigentlichdamit, dass das Myelom in absehbarer Zeit heilbar sein wird?Nun, zurzeit sieht es so aus, dass 5 Jahrenach Diagnose immer noch etwa 20% bis30% der Myelom-Patienten verstorbensind. Da gibt es also noch viel zu tun.

    Andererseits zeigen Epidemiologen, dasses tatsächlich so etwas gibt wie eine CureFraction; denn in Langzeituntersuchun-gen stellt sich heraus, dass nach 20 Jahrennoch etwa 15% der Patienten leben. Amerikanische Kolleginnen und Kollegensprechen in diesem Zusammenhangschon mal von Heilung. Ich bin da etwasvorsichtiger und bevorzuge die Bezeich-nung Langzeitremission.

    Wie sieht der typische Verlauf aus?Wir wissen heute, dass alle Patientenzunächst eine monoklonale Gammopa-thie respektive ein asymptomatischesSmoldering Myelom durchlaufen. Wasgenau dann das symptomatische Multiple Myelom auslöst, ist nicht bekannt. Eskommt jedenfalls ab einem bestimmtenZeitpunkt zu zusätzlichen genetischenVeränderungen, die einem Myelomkloneinen Selektionsvorteil verschaffen. ImSerum sind dann komplette und/oderinkomplette monoklonale Immunglobuli-ne, das sogenannte M-Protein und freieLeichtketten messbar. Außerdem kommtes zu mehr oder weniger spezifischenSymptomen, unter anderem zu Wirbel-frakturen, die initial nicht immer ein -deutig mit einem Multiplen Myelom in Zusammenhang gebracht werden.Nicht selten bestehen Beschwerden übermehrere Monate, bevor die DiagnoseMultiples Myelom gestellt wird.

    Was sind die wichtigsten Kriterien, die das Einleiten einer Therapie notwendigmachen?Wenn nur eines der sogenannten CRAB-Kriterien erfüllt ist, wenn also Kalzium-konzentration, Nierenfunktion, Hämo -globinwert nicht in Ordnung sind oder inder Bildgebung eine Knochenbeteiligungentdeckt wird, bedeutet das eine Therapie-Indikation. Übrigens muss die Nieren-funktion nicht mehr über die Messung desSerumkreatinin-Wertes ermittelt werden.Die Bestimmung der glomerulären

    InterviewDer unfitte Myelompatient

    aber auch langebehandeln,

    behandeln.“

    Die Überlebenszeit von MM-Patienten hat sich in den letzten 10 Jahren mehr alsverdoppelt, von Heilung möchte Hart-mut Goldschmidt aber nicht sprechen.Eine möglichst lang andauernde Remissi-on sei das Ziel der Behandlung, die –speziell bei unfitten MM-Patienten –initial mit verminderter Dosierung erfolgen sollte.

    Das Multiple Myelom taucht in der Berichterstattung von Fachmedien in denletzten Jahren sehr häufig auf.Das liegt natürlich an den enormenFortschritten. Allein in den letzten 3Jahren hat es in Europa zur Therapie des sympto-matischen Multiplen Myeloms 6 Neuzu-lassungen gegeben. Die Überlebenszeitenhaben sich in den letzten 10 Jahren grobgesagt verdoppelt. Aber noch vor 20Jahren hatten wir komplette Remissions-raten von weniger als 5%. Das waren harteZeiten und das Myelom war bei denÄrzten nicht beliebt. Seither ist es gelun-gen, die Remissionsraten immer weiter zusteigern.

    Bevor wir dazu kommen: Geben Sie unseinen kurzen Überblick zu den Kenndatender Erkrankung?

    *Das Gespräch fand auf Grundlage eines Vortragsvon Hartmut Goldschmidt beim 21. HerrschingerSymposium am 30. März 2019 in Herrsching amAmmersee statt.

    Professor Dr. med. Hartmut Goldschmidt, Medizi-nische Klinik V, Universitätsklinikum Heidelberg –Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT),im Gespräch mit Ludger Wahlers*.

    „Vorsichtig

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    TZM News Sonderausgabe 1/2019

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    Filtrationsrate ist empfohlen. Darüberhinaus ist eine Therapie indiziert, wennder klonale Plasmazellgehalt im Knochen-mark mehr als 60% beträgt oder wenn derfreie Leichtkettenquotient den Wert von100 übersteigt. Behandelt werden sollteaußerdem, wenn mehr als 1 fokale Läsionmit mehr als 1 cm Größe im MRT gefun-den wird.

    Wenn das Ziel der Behandlung heute noch nicht Heilung sein kann, worin besteht es dann?Es geht darum, für möglichst lange Zeiteine möglichst tiefe Remission zu errei-chen, die M-Protein-Konzentration alsofür lange Zeit auf einem niedrigen Plateau zu halten.

    Aber es kommt zu einem Rezidiv?Nach heutigem Kenntnisstand kommt es bei 95% der Patienten früher oder später zu einem Rezidiv. 5% der Patientengelangen in eine Langzeit remission.

    Was bedeutet früher oder später?Die Krankheit kann unter Umständenschon früher als 2 Monate nach Therapie -ende wieder progredient sein. Oder eskommt auch vor, dass die Krankheits -aktivität schon während der Therapie zunimmt. In diesen Fällen sprechen wirvon einem therapierefraktären Myelom.

    Und dann?Dann gibt es nicht zuletzt wegen der Neuzulassungen der letzten Jahre weitereMöglichkeiten der Therapie, die man dem Patienten anbieten kann.

    Die Myelomtherapie kann für Patientensehr belastend sein. Wem kann man waszumuten?Es ist ganz wichtig, Patienten klinischsorgfältig zu beurteilen und darüber hin -aus nicht nur das chronologische Lebens-alter zur Grundlage von Therapieentschei-dungen zu machen. Ein 65-jähriger, kaummobiler Patient mit kardiologischen, renalen oder pulmonalen Komorbiditätenkommt trotz seines vergleichsweise jungenLebensalters für belastende Therapiennicht infrage. Ein 85-jähriger, sportlich aktiver Patient dagegen kann unter Um-ständen auch noch von einer intensivenTherapie profitieren.

    Wie beurteilen Sie Patienten bezüglich ihrerFitness?Ich denke, dazu genügt ein geschulter klinischer Blick. Es wird zwischen frail,intermediate fitness und fit unterschieden. Und da hat sich herausgestellt, dass ge-brechliche Patienten ihre Medikation amhäufigsten absetzen, ein Viertel von ihnenbereits nach 6 Monaten. Auch die Mortali-tät ist bei gebrechlichen Patienten amausgeprägtesten. So sind fraile Studien -patienten bei voller Dosierung der

    Medikamente zu 25% nach einem Jahrverstorben.

    Welche praktischen Folgen haben dieseZahlen?Die Botschaft lautet: Mit niedriger Dosisbeginnen und dann langsam steigern. Insbesondere mit Dexamethason sollteman vorsichtig umgehen. Wer meint, 40 mg Dexamethason pro Tag sei lowdose, der sollte mit seinem Patientenreden. Wie ging es Ihnen damit? Nicht selten kommen dann Antworten wie: Ich habe die halbe Nacht ferngesehen, weil ich nicht schlafen konnte.

    Ihre Empfehlung lautet also Dosisreduktion.Ja, Dexamethason oder auch Prednisonkann man vergleichsweise schnell redu -zieren; denn ihre Langzeitwirkung istnicht ausreichend bewiesen.

    Und was ist mit Melphalan, immun-modulatorischen Substanzen oder Proteasom-Inhibitoren?Wie schon gesagt, da sollte man wegenmöglicher Frühtoxizitäten bei frailen Patienten zunächst niedriger dosieren und dann langsam die Dosis steigern. DieBotschaft lautet: Initial vorsichtig behan-deln, aber auch lange behandeln. Dennwenn eine CR erreicht wird – und auchwenn sie erst spät erreicht wird –, ist diePrognose für den Patienten besser. Mitanderen Worten: Wenn ich nach dreiZyklen keine CR habe, dann bitte weiter-behandeln; denn auch eine späte CRkorreliert positiv mit einer verbessertenPrognose.

    Gehen wir noch einmal zum Beginn der Therapie. Wie sollte man konkret anfangen?

    Kriterien zur Einleitung einer Therapie beim Multiplen Myelom

    CRAB

    Hyperkalzämie (C)Kalzium >2,75 mmol/l (>10,5 mg/dl)oder >0,25 mmol/l oberhalb des oberenNormwerts

    Niereninsuffizienz (R)Kreatinin ≥2,0 mg/dl (>173 µmol/l) oder GFR 1 cm im MRT

    Adaptiert nach Rajkumar SV, Dimopoulos MA, Palumbo A, et al. (2014) International Myeloma Working Group updatedcriteria for the diagnosis of multiple myeloma. Lancet Oncol.15(12):e538-48. doi: 10.1016/S1470-2045(14)70442-5.

    M-P

    rote

    in (g

    /L)

    100

    50

    20

    Asymptomatisch Symptomatisch oder Biomarker-positiv

    MGUS oder Smoldering Myelom

    Heilung/ Langzeit-remission

    Refraktär/Rezidiv

    Aktives Myelom

    Erstlinien-therapie

    Zweitlinien-therapie

    Drittlinien-therapie

    1. Rezidiv

    Plateau-Remission

    2. Rezidiv

    Typischer Krankheitsverlauf beim Multiplen Myelom.

    TZM News Sonderausgabe 1/2019

  • Eine reine Chemotherapie ist heute obsolet, mindestens eine der neuen Sub-stanzen sollte in der Primärtherapie dazukommen. Das haben die alten Daten derVISTA-Studie eindrucksvoll belegt: DieKombination Bortezomib, Melphalan,Prednison hat gegenüber Melphalan und Prednison einen OS-Benefit von 13,3 Monaten gebracht1.

    Die Kombination Lenalidomid plus lowdose Dexamethason gehört ja heute zumRückgrat der medikamentösen Therapie.Muss die Therapie dauerhaft oder kann sieauch zeitlich befristet stattfinden?Die FIRST-Studie liefert zur Beantwor-tung dieser Frage wichtige Hinweise. Sie randomisierte Patienten in drei Arme:Kontinuierliche Rd-Therapie – Rd für 18 Monate – Melphalan, Prednison, Thalidomid ebenfalls für 18 Monate. Be -züglich des progressionsfreien Überlebensgehen die Kurven nach 18 Monaten aus -einander: die kontinuierliche Rd-Therapieschneidet am besten ab. Im Gesamtüber -leben aber gibt es zwischen Rd-kontinu-ierlich und Rd18 keinen signifikantenUnterschied. Mit anderen Worten: Bezüglich des Überlebens gibt es keinensignifikanten Nachteil bei zeitlicher Begrenzung der Therapie. Man kann deshalb auch während Rd durchaus übereine Therapiepause nachdenken.

    Was gibt es bezüglich der neuen Substanzennoch zu sagen?Zu Elotuzumab, einem immunstimulato-rischen Antikörper, der die Wirkung vonRd verstärkt, liegen aus der ELOQUENT-2-Studie mittlerweile 5-Jahres-Daten vor.Auch nach dieser Zeit ergibt sich ein PFS-Vorteil für Rd-Elotuzumab-behandelte

    Patienten: Die PFS-Rate lag in dieserGruppe bei 18%, in der Rd-Gruppe beinur 12%2. Elotuzumab ist in dieser Kom-bination für MM-Patienten ab dem erstenRezidiv zugelassen.

    Der gegen CD38 gerichtete AntikörperDaratumumab ist jetzt auch für diePrimärtherapie bei Patienten einsetzbar,die für eine Transplantation nicht infragekommen. Die klinische Wirkung ist in derMAIA-Studie gut belegt. Im Rd-Daratu-mumab-Arm betrug die 30-Monats-PFS-Rate 71%, im Rd-allein-Arm 56%. EinePräsentation des Gesamtüberlebens istnicht erfolgt.

    Warum nicht?Möglicherweise dauert es zu lang, auf dieOS-Daten zu warten, denn die Lebenszeitvon MM-Patienten hat sich ja verdoppelt,teilweise verdreifacht.

    Aber wie will man dann die Wirksamkeiteines Therapieregimes künftig bewerten?In der Diskussion ist die sogenannteMRD-Negativität, also die fehlende Nachweisbarkeit der sogenannten Mini-mal residual disease, der minimalen Rest -erkrankung. Das bedeutet konkret, dassmit molekulargenetischen Methoden,Durchflusszytometrie, MRT oder PETkeine minimale Resterkrankung mehrnachweisbar ist. Die MRD-Negativitätkönnte ein Surrogatparameter für dasÜberleben werden. Eine französische Arbeitsgruppe3 hat das beispielhaft für dasPFS schon nachgewiesen. Die Kollegenhaben die minimale Resterkrankung vorund nach der Therapie gemessen undgezeigt, dass MRD-Negativität und PFS-Rate miteinander eindeutig korrelieren.

    Wir hoffen, dass die US-amerikanischeZulassungsbehörde FDA die MRD-Nega-tivität in 2020 als Surrogatparameter fürPFS und OS anerkennen wird.

    Kommen wir zum Schluss noch einmal zum Stellenwert der frühen Stammzell-transplantation: Sie haben zwischendurchimmer wieder angedeutet, dass sie nach wie vor unverzichtbarer Therapiebausteinist. Gibt es dafür Belege?Derzeit gibt es fünf Studien, die eine früheTransplantation innerhalb des ersten halben Jahres gegen medikamentöse Behandlung oder späte Transplantation getestet haben, und zwar hinsichtlich desPFS. Der Gewinner war fünfmal die frühe Transplantation. Es gibt auch Metaanalysen zum Gesamtüberleben, die positiv sind. Im Augenblick empfehlenwir die frühzeitige Transplantation nacheiner Melphalan-Therapie mit 200 mg pro Quadratmeter.

    Herr Professor Goldschmidt, haben Sieherzlichen Dank für das Gespräch.

    Interview

    1 San Miguel JF, Schlag R, Khuageva NK, et al. (2013) Persistentoverall survival benefit and no increased risk of second malignan-cies with bortezomib-melphalan-prednisone versus melphalan-prednisone in patients with previously untreated multiple myeloma.J Clin Oncol 31(4):448-55

    2 Lonial S, Dimopoulos MA, Weisel K, et al. (2018) Extended 5-yfollow-up (FU) of phase 3 ELOQUENT-2 study of elotuzumab + le-nalidomide/dexamethasone (ELd) vs Ld in relapsed/refractorymultiple myeloma (RRMM). J Clin Oncol 36, 2018 (suppl; abstr8040

    3 Avet-Loiseau H, Corre J, Lauwers-Cances V, et al. (2015) Evalua-tion of Minimal Residual Disease (MRD) By Next Generation Se-quencing (NGS) Is Highly Predictive of Progression Free Survivalin the IFM/DFCI 2009 Trial. Blood 126:191

    1,0

    0,8

    0,6

    0,4

    0,2

    0

    0

    Zeit (Monate)

    Ante

    il pr

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    nsfr

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    berle

    bend

    er

    12 24 36 48 60 72 84

    Rd kont.32,6%

    14,3%

    13,6%

    Rd 18MPT

    4-Jahres-PFS (%)

    Rd kont. versus MPTHR 0,69 (95%CI 0,59–0,79), p

  • 1. Einführung

    In den letzten Jahren hat sich die Therapievieler Tumorerkrankungen stark gewandelt,und teilweise sind aus ehemals kaum beein-flussbaren Entitäten heilbare Erkrankungengeworden, oder es ist zumindest gelungen,die Neoplasie zu einer chronischen Erkran-kung zu machen. Auch im lokal fortgeschrit-tenen beziehungsweise im metastasiertenStadium ließen sich Prognose und Lebens-qualität betroffener Patienten durch die Ent-wicklung und Einführung zielgerichteter Sys-temtherapeutika deutlich verbessern. Einennicht zu vernachlässigenden Anteil daranhaben zudem neue technische Entwicklun-gen bei den lokal ablativen Verfahren wiedie Selektive Interne Radiotherapie (SIRT)oder die Irreversible Elektroporation (IRE),die das Spektrum der Metastasentherapie er-heblich erweitern.

    Es drängt sich damit die Frage auf, ob dieChirurgie überhaupt noch eine Rolle spielt.Und wenn ja, welche? Nachdem chirurgischeInterventionen im fernmetastasierten Sta-dium einer Krebserkrankung von jeher eineneher defensiven und oft rein palliativen Cha -rakter hatten, ergeben sich mit dem Konzeptder Oligometastasierung heute auch für dieChirurgie neue Möglichkeiten [3, 4]. WelchenStellenwert die Chirurgie im Reigen der ge-nannten Therapeutika und Therapieverfahreneinnehmen kann, wird in diesem Beitrag er-läutert.

    2. Das Konzept der Oligometastasierung

    Ein Wegbereiter für das Konzept der Oligo-metastasierung findet sich bereits in der so-genannten Theorie des Seed and Soil, dieder englische Arzt Stephan Paget 1889 auf-stellte [27].

    »Metastizing cells may seed specificorgans as a function of the seedingtumor cell number and characteristicsas well as the receptivity of the hostorgan.«

    Sie vergleicht sich absiedelnde Tumorzellenmit dem Samen einer Pflanze, die ihrerseitsfür den metastasierenden Tumor steht. DieZahl der sich absiedelnden Zellen, ihre Cha-rakteristik und der „Boden“ – sprich Zielor-gan oder Zielgewebe –, auf den sie treffen,entscheiden Paget zufolge über das Ausmaßder Metastasierung. Mit anderen Worten:Das Metastasierungspotenzial einer Tumor-zelle hängt ab von ihren Wechselwirkungen(cross-talk) mit homöostatischen Faktoren,die das Tumorzellwachstum, das Überleben,die Angiogenese, die Invasion und die Me-tastasierung fördern [14].

    Wenige Jahre später eroberte die Annahmedes amerikanischen Chirurgen Halsteds diechirurgische Welt. Sie besagt, dass die Aus-breitung einer Krebserkrankung „kontinu-ierlich“ erfolgt [20]:

    »Cancer of the breast in spreading cen-trifugally preserves in the main conti-nuity with the original growth, and be-fore involving the viscera may becomewidely diffused along surface planes.«

    Mit anderen Worten: Je radikaler der Primär-tumor reseziert wird, desto geringer ist dasRisiko einer Metastasierung. Tatsächlich gip-felten Halsteds Erkenntnisse in der Einfüh-rung der radikalen En-bloc-Chirurgie [19, 20].Die radikale Mastektomie nach Halsted, dieradikale Hysterektomie nach Wertheim-Meigsund die Rektumexstirpation nach Miles mitder jeweils standardmäßig vorzunehmendensystematischen Dissektion des regionärenLymphabflussgebietes (LAD): diese Verfahrenbildeten die Blaupause für eine Vielzahl vonTumorentitäten und stellen das onkologischeOperationsprinzip des 20. Jahrhunderts dar.

    Neben dieser sogenannten „kontinuierlichen“Theorie entwickelte sich die Überzeugung,dass Krebs eine systemische Erkrankung ist,Tumorzellen also von Anfang an mehr oderweniger ubiquitär auftreten können. Die ra-dikale Intervention zur Therapie lokaler oderregionaler Tumormanifestationen könne des-halb das Überleben nicht wesentlich verlän-gern, so die Rationale der „systemischen“Theorie. Durch diese Einsicht wurde das Hals-ted-Dogma mit seiner Supra-Radikalität auf-geweicht. Beim Mammakarzinom ist nichtmehr die Mastektomie State of the Art, son-dern die brusterhaltende Operation (BET) mitEntfernung des markierten Wächter(Senti-nel)-Lymphknotens anstelle der routinemäßigdurchgeführten Axilladissektion. Dieses ver-mindert aggressive Vorgehen hat sich mitt-lerweile dank der Ergebnisse aus der LION-Studie auch in der Therapie des Ovarialkar-zinoms etabliert, und es kann hier ebenfallsauf die standardmäßige paraaortale Lympho-nodektomie (LNE) verzichtet werden [21].

    Allerdings können sowohl die kontinuierlicheals auch die systemische Theorie nicht er-klären, was heute über Tumorprogression

    Chirurgie

    Dr. med. Markus WagnerAbteilung für Chirurgie, Klinikum Seefeld1

    Viszeralchirurgieund Metastasierung

    1 Dieser Beitrag entstand auf Grundlage eines Vor-trags des Autors beim 21. Herrschinger Hämato-Onkologie-Symposium am 30. März 2019 inHerrsching am Ammersee.

    Stahl, Strahl und Chemie – dieses Dreigestirn zur Behandlung von Patienten mit Krebserkrankungen hat sich in den letztenJahren stark erweitert. Angesichts immer zielgerichteter wirkender Systemtherapeutika und beachtlicher Fortschritte beiden lokal ablativen Verfahren wie SIRT und IRE stellt sich die Frage nach dem Stellenwert der Chirurgie, speziell im lokal fort-geschrittenen beziehungsweise metastasierten Stadium einer malignen Tumorerkrankung.

    11

    TZM News Sonderausgabe 1/2019

  • Chirurgieaus klinischer Erfahrung und auf dem Bodenmolekulargenetischer Erkenntnisse bekanntist: Tumoren sind nicht entweder nur lokaloder systemisch verbreitet. Es gibt offensicht-lich auch ein sogenanntes intermediäres Sta-dium, in dem vereinzelte Metastasen in derNachbarschaft zum Wirtsorgan vorliegen.Samuel Hellman und Ralph Weichselbaumprägten dafür im Jahr 1995 den Begriff„Oligo metastasierung“. Die Oligometastasie-rung bezeichnet einen intermediären Zustandzwischen lokal beschränktem Tumorstadiumund dem Vorliegen einer „echten“ polytopfernmetastasierten Erkrankung.

    Bei bestimmten Tumoren sind Metastasenauf ein einziges oder eine begrenzte Anzahlvon Organen beschränkt, wobei Tumorgrößeund histologisches Grading Hauptgrundlagefür das Tumorstaging sind und mit der Wahr-scheinlichkeit des Auftretens von Metastasenkorrelieren. Eine klinisch signifikante Oli-gometastasierung kann für betroffene Pa-tienten (trotz der Metastasierung) die Chanceauf Kuration eröffnen. Nachgewiesenerma-ßen profitieren sie von einer gezielten Be-kämpfung der (wenigen) Metastasen im Sinneines verlängerten Überlebens [22, 39].

    Etabliert ist dieses Therapiekonzept insbe-sondere bei Leber- und Lungenmetastasendes kolorektalen Karzinoms. Aber auch beivielen anderen Tumorentitäten werden Me-tastasen erfolgreich und teilweise kurativreseziert (Übersicht 1).

    Übersicht 1. Die chirurgische Interventionbei Oligometastasierung ist etabliert bei

    Leber- und Lungenmetastasen kolorektaler Karzinome,Gastrointestinalen Stromatumoren(GIST),Lungenmetastasen von Weichteilsarkomen,Lebermetastasen und zur Debulking-OPbei neuroendokrinen Tumoren (NET),Hirnmetastasen nicht kleinzelliger Lungenkarzinome (NSCLC).

    Motiviert durch Therapieerfolge bei diesenEntitäten wächst mittlerweile auch die Be-deutung der chirurgischen Resektion bei Oli-gometastasen nicht gastrointestinaler Tu-moren, wie dem Nierenzellkarzinom, demMammakarzinom oder dem malignen Mela-nom. Exemplarisch werden im Folgenden die

    Tumorentitäten GIST, Pankreaskarzinom unddie Peritonealkarzinose infolge eines kolo-rektalen Karzinoms beschrieben, um Spann-weite und Grenzen der Metastasenchirurgieaufzuzeigen.

    3. Fortgeschrittene Gastro-intestinale Stromatumoren(GIST)

    Ein modellhaftes Beispiel für die Effektivitätder Kombination von Chirurgie und System-therapie stellt die Therapie der fortgeschrit-tenen GIST dar [32]. Das Metastasierungsri-siko von GIST ist nicht nur von der Tumor-größe und von der mitotischen Aktivität,sondern auch vom Ort der Läsion abhängig(Tab. 1). Betroffene Patienten können wederdurch alleinige Chirurgie noch durch die al-leinige medikamentöse Therapie geheilt wer-den oder eine dauerhafte Remission errei-chen. Durch die Kombination beider Moda-litäten gelingt jedoch in vielen Fällen einelangfristige Tumorkontrolle (Übersicht 2).

    Übersicht 2: Fortgeschrittene GIST –Kombination von Chirurgie und systemi-scher Therapie

    Zur Therapieplanung ist eine Mutationsanalyse unverzichtbar!Nach initial gutem Ansprechen aufImatinib kommt es zu therapie -refrak tären Sekundärmutationen: Therapie durch Kombination von Chirurgie und Systemtherapie.Bei großen und ungünstig gelegenenGIST ist neoadjuvante Systemtherapieindiziert.In der metastasierten Situation können die Residualtumorresektion(bei generalisiertem Ansprechen) unddie Resektion fokal progredienter Metastasen sinnvoll sein.

    Aufgrund ihrer charakteristischen Tumor-biologie mit Mutationen in den Protoonko-genen c-KIT und PDGFR [26], die das An-sprechen auf beziehungsweise die Resistenzgegen Tyrosinkinase-Hemmer bedingen undunter Systemtherapie in einzelnen Tumor-läsionen neu (im Sinne von Sekundärmuta-tionen) auftreten können, ergeben sich beigastrointestinalen Stromatumoren folgendeAnsätze für ein chirurgisches Vorgehen.

    Bei großen Primärtumoren kann nacheinem Downsizing durch neoadjuvante Che-motherapie eine organerhaltende, limitierteOperation ermöglicht werden [2].

    Eine weitere Option ist die Resektion desResidualtumors oder einer Tumorläsion, dienach oder unter laufender Systemtherapieweiter progredient ist: Sie kann die Entwick-lung eines resistenten Tumorklons verhin-dern und so die Umstellung auf eine Zweit-oder Drittlinientherapie mit anderen TKIs(etwa Sunitinib oder Regorafenib) weiter hi-nauszögern [32].

    Bei diffuser Metastasierung (abdominale Sar-komatose) verbleiben nur rein palliative Ein-griffe mit dem Ziel, einen Ileus oder Blutun-gen zu vermeiden.

    4. Metastasiertes Pankreaskarzinom (mPDCA)

    Ganz anders sieht die Situation beim Pan-kreaskarzinom aus. Es ist derzeit die viert -häufigste Ursache krebsbedingter Mortalitätin westlichen Industrieländern [33] und wirdVorhersagen zufolge innerhalb des nächstenJahrzehnts die zweithäufigste Ursache wer-den [31]. Die Prognose des duktalen Karzi-noms hat sich in den letzten Jahren nur un-wesentlich verbessert: Mit einer globalen 5-Jahres-Überlebensrate von etwa 5% hatdas duktale Pankreaskarzinom die schlech-

    Tumorgröße(cm)

    ≤2>2 ≤5>5 ≤10>10≤2>2 ≤5>5 ≤10>10

    Mitosen(pro 50 HPF)

    ≤5≤5≤5≤5>5>5>5>5

    Magen

    0% | kein 1,9% | sehr niedrig 3,6% | niedrig 12% | mäßig 0% 16% | mäßig 55% | hoch 86% | hoch

    Gruppe

    123a3b456a6b

    %-Anteil der Patienten mit progressiver Erkrankung | Metastasierungsrisiko

    Parameter

    Duodenum

    0% | kein 8,3% | niedrig 34% | hoch 34% | hoch ? 50% | hoch 86% | hoch 86% | hoch

    Jejunum, Ileum

    0% | kein 4,3% | niedrig 24% | mäßig 52% | hoch 50% 73% | hoch 85% | hoch 90% | hoch

    Rektum

    0% | kein 8,5% | niedrig 57% | hoch 57% | hoch

    54% 52% | hoch 71% | hoch 71% | hoch

    Tabelle 1: Prognosefaktoren für GIST. Das Metastasierungsrisiko ist auch von der Lage des Tumorsabhängig. Adaptiert nach [26].

    12

    TZM News Sonderausgabe 1/2019

  • Chirurgie

    13

    teste Prognose aller gastrointestinalen Ma-lignome. Die Gründe dafür liegen in einemaggressiven lokalen Tumorwachstum mithoher Tendenz zur Rezidivierung sowie einerausgeprägten Neigung zur Frühmetastasie-rung. Nur 10%–20% der Patienten präsen-tieren sich bei Diagnosestellung mit nochlokal resektablen Tumoren. Bei diesen Pa-tienten führt eine Resektion, gefolgt vonadjuvanter Chemotherapie zu 5-Jahres-Über-lebensraten von etwa 20% [24].

    Eine deutliche Verbesserung in der Therapiedes fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms hatdie Einführung der 4-fach-Chemotherapiemit FOLFIRINOX gegenüber der Monotherapiemit Gemcitabin gebracht: In der Studie vonConroy wird ein medianes Gesamtüberlebenvon 11,1 Monaten berichtet: Das entsprichtgrößenordnungsmäßig den Ergebnissen, diesich chirurgisch (und mit adjuvanter Che-motherapie) bei lokal resektablen Tumorenerreichen lassen (Abb. 1) [7].

    Noch beeindruckender sind die Ergebnissemit FOLFIRINOX in der adjuvanten System-therapie bei Patienten mit R0/R1-reseziertenPankreaskarzinomen: Das mediane krank -heitsfreie Überleben verdoppelte sich in derFOLFIRINOX-Gruppe gegenüber der Gemcita-bin-Gruppe auf 21,6 Monate. Das medianeGesamtüberleben wurde von 35 Monaten(Gemcitabin) auf 54,4 Monate (FOLFIRINOX)verlängert [8]. Diese Ergebnisse der franzö-sischen Studie PRODIGE 24 haben die FOL-FIRINOX-Therapie in der Adjuvanz nachR0/R1-Resektion zum neuen Standard wer-den lassen.

    Eine Tumorresektion im metastasierten Sta-dium ist aufgrund der schlechten Ergebnissein den aktuell gültigen nationalen und in-ternationalen Leitlinien grundsätzlich nichtempfohlen. Die italienische Arbeitsgruppeum Butturini aus Verona ist aber der inte-ressanten Frage nachgegangen, ob es einekleine Gruppe von Patienten gibt, die den-noch von einer chirurgischen Resektion pro-fitieren kann. In einer retrospektiven, abersehr großen Studie wurden 535 Patientenmit einem Pankreaskarzinom im hepatisch-oligometastasierten Zustand analysiert [15].Sie wurden im Sinne einer Induktionsche-motherapie entweder mit FOLFIRINOX, Gem-citabin-Monotherapie oder Gemcitabin plusnab-Paclitaxel neoadjuvant behandelt. Bei24 Patienten (4,5%) gelang die kompletteRemission der Lebermetasen. Bei ihnen wurdeder Pankreastumor reseziert, und zwar in88% der Fälle im Sinn einer R0-Resektion.Diese Patienten erreichten ein medianes PFS

    von 27 Monaten und ein errechnetes Ge-samtüberleben von 56 Monaten (Abb. 2).Das bedeutete für diese hoch selektioniertePatientengruppe gegenüber der alleinigenChemotherapie mit FOLFIRINOX mehr als eineVerdopplung des medianen PFS.

    Ein weiteres, typisches Problem beim Pan-kreaskarzinom ist das bei Diagnosestellungmeist bereits weit fortgeschrittene Tumor-wachstum. In den meisten Fällen sind dieTumoren gar nicht oder nur fraglich R0-re-sezierbar [12, 16]. Durch eine neoadjuvanteSystemtherapie kann die Resektabilität umetwa 30% erhöht werden. Allerdings ist dasAnsprechen auf die Systemtherapie präope-rativ nur bedingt evaluierbar.

    So führt FOLFIRINOX nicht zu einer Reduk-tion des formalen Grades der Gefäßbeteili-gung, was eben nicht mit einer möglichenR0-Resektion korreliert. Trotz moderner Bild-gebung lassen sich posttherapeutische Fi-brose und vitales Tumorgewebe nicht sichervoneinander unterscheiden. Schlussfolge-rung: Alle Patienten, die unter neoadjuvanterTherapie keinen Progress zeigen, sollten ope-rativ exploriert werden, um die Resektabilitätdes Tumors zu überprüfen [24].

    Ähnlich wie bei den hämatologischen Er-krankungen wird auch bei soliden Tumorender molekulargenetische Footprint immerwichtiger. Einen Ausblick, wie die Behand-lung von Patienten mit Pankreaskarzinomin Zukunft individualisiert werden könnte,gibt eine Studie aus Australien.

    100

    80

    60

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    0

    0 12 15 18 21 24 27 30 33 36 39 42 45Monate

    Medianes OS (FOLFIRINOX): 11,1 MonateHR 0,57; 95%CI 0,45-0,73; p

  • Chirurgie14

    Bailey und Kollegen haben anhand von fast500 Patienten das Pankreaskarzinom gene-tisch analysiert und konnten dabei vier mo-lekulare Subtypen charakterisieren, die sichhinsichtlich biologischem Verhalten und Prog-nose voneinander unterscheiden [1]. Das Pan-kreaskarzinom mit diesen vier Subtypen alsplurale Entität zu begreifen, kann die unter-schiedliche Reaktion sowohl auf Chemothe-rapie als auch auf chirurgische Eingriffe er-klären. Gleichzeitig bietet die Identifizierungdieser molekularen Subtypen die Chance,auch für das Pankreaskarzinom eine indivi-dualisierte Therapie zu entwickeln (Abb. 3).

    Zusammengefasst empfehlen die internatio-nalen und nationalen Leitlinien beim mPDCAprinzipiell keine Tumorresektion. AktuelleStudien liefern allerdings Hinweise dafür,dass es möglicherweise Patienten mit Pan-kreaskarzinom im hepatisch oligometasta-sierten Stadium gibt, die von einer Tumor-und Metastasen-Resektion profitieren könn-ten [9, 24].

    5. Peritonealkarzinose nachkolorektalem Karzinom

    Ganz im Sinn des Oligometastasierungskon-zepts haben sich Therapieoptionen und Prog-nose für Patienten mit Leber- und Lungen-metastasen respektive Lokalrezidiv eines ko-lorektalen Karzinoms deutlich gebessert. DieTherapieerfolge bei Peritonealkarzinose nachCRC sind dagegen weiterhin als deletär zubezeichnen.

    Für die Therapie von Leber- und Lungenme-tastasen und auch für die Lokalrezidivthe-rapie existieren mehr oder weniger evidenz-basierte Algorithmen. Anders bei der Peri-tonealkarzinose: Sie ist mit Abstand mit derschlechtesten Prognose vergesellschaftet,Daten aus prospektiv randomisierten Studienliegen kaum vor.

    Die in den letzten Jahren beim CRC zu ver-zeichnende Verlängerung des progressions-freien Überlebens und des Gesamtüberlebensist vornehmlich auf den Fortschritt bei derTherapie von Lebermetastasen zurückzufüh-ren. Die Peritonealkarzinose wird in manchenStudien unter Lebermetastasen subsumiertoder stellt gar ein Ausschlusskriterium dar.Trotz aller Bemühungen versterben die meis-ten Patienten etwa 7 bis 12 Monate nachder Diagnose [6, 17, 23].

    Abbildung 4: Vollständig von Tumorgewebe durch-setztes Omentum majus (großes Netz), auch alsomental cake bezeichnet.

    Abbildung 5: Aufgrund massiver Tumorinfiltrationmüssen häufig En-bloc-Resektionen durchgeführtwerden, hier bestehend aus Rectosigmoid, Uterus,Adnexen und Douglasperitoneum.

    Abbildung 6: Nach Abschluss der Zytoreduktion kann die intraperitoneale, hypertherme Chemoperfusion(HIPEC, meist mit Oxaliplatin) erfolgen. Sie dauert zwischen 60 und 90 Minuten bei 42 Grad Celsius.

    Durch die Einführung moderner Chemothe-rapie-Tripletten wie FOLFOX/FOLFIRI mit undohne Antikörpertherapie konnte das 5-Jah-res-Überleben von etwa 7 Monaten auf 15–22 Monate verlängert werden [28]. Durchdie Beobachtung, dass die wenigsten Patien-ten mit einer Peritonealkarzinose zusätzlichweitere Orte der Metastasierung aufweisen,entwickelte sich die Vorstellung von der Pe-ritonealkarzinose als einer Kompartmenter-krankung. Darauf fußt das chirurgische Kon-zept einer optimalen Zytoreduktion mit demZiel einer makroskopischen Tumorfreiheit inder Bauchhöhle [13, 35]. Die eigentliche Re-sektion beginnt meist mit der Omentektomiedes Omentum majus, das als sogenannteromental cake vollständig von Tumorzellen

    durchsetzt sein kann (Abb. 4). Vergleichs-weise häufig muss aufgrund massiver Tumor -infiltrationen eine En-bloc-Resektion erfol-gen (Abb. 5).

    Zum Abschluss des Eingriffes kann eine in-traperitoneale hypertherme Chemoperfusion(HIPEC) erfolgen (Abb. 6). Diese vielstündi-gen Eingriffe erfordern eine geeignete Pa-tientenselektion [18]. Dies vorausgesetztkönnen diese großen Operationen mit nichterhöhter Mortalität und Morbidität sowieeiner guten Lebensqualität durchgeführt wer-den [29].

    In den randomisierten Studien von Verwaal[37, 38] und bestätigt von der Matched-pair-

    TZM News Sonderausgabe 1/2019

  • Chirurgie

    15

    Analyse von Elias [11] konnte durch dieKombination von Zytoreduktion und HIPECbeim metastasierten CRC eine deutliche Ver-längerung des medianen Überlebens auf 63Monate gezeigt werden (Abb. 7). Eine Viel-zahl von Beobachtungsstudien unterstütztdiese Ergebnisse [5, 10, 25, 35, 36].

    Allerdings ist die Bedeutung der HIPEC auf-grund von Daten der randomisierten StudiePRODIGE 7 zuletzt wieder relativiert worden

    [30]. Präsentiert bei der ASCO-Jahrestagung2018, konnte die – mit einigen Mängeln be-haftete und noch nicht endgültig publizierte– Studie gegenüber der optimalen Zytore-duktion keinen Vorteil einer zusätzlichenHIPEC mit Oxaliplatin belegen. Das medianeÜberleben betrug in beiden Armen rund 41Monate. Zumindest die Bedeutung der opti-malen chirurgischen Zytoreduktion (ob mitoder ohne HIPEC) ist damit jedoch belegt,da die Überlebenszeit mit 41 Monaten [30]gegenüber der mit Chemotherapie allein er-reichbaren (15,2 Monate [23]) deutlich ver-längert ist. Ob die Rolle des HIPEC zukünftigin einer anderen prospektiv randomisiertenStudie geprüft werden wird, erscheint frag-lich. Zu komplex und aufwendig ist es an-gesichts der hohen Belastung der Patienten,ein vergleichbares Setting bezüglich Histo-logie, Ausmaß der Peritonealkarzinose, sys-temischer Chemotherapie mit und ohneHIPEC zu erreichen.

    6. Fazit

    Abschließend ist festzuhalten, dass sich inden letzten Jahren bei zahlreichen Tumor-

    erkrankungen durch das Zusammenspiel ziel-gerichteter Systemtherapien, lokal ablativerVerfahren und verbesserter chirurgischerStrategien neue Optionen auch im Stadiumder Oligometastasierung ergeben haben. Vo-raussetzung hierfür ist eine geeignete Se-lektion; denn es gilt, Patienten mit einervergleichsweise wenig aggressiven Tumor-biologie zu identifizieren (Übersicht 3). Durcheine entsprechend personalisierte Therapie-planung ist im Einzelfall eine Kuration er-reichbar [34].

    Übersicht 3. Selektionskriterien für Resektionsoperationen bei Oligometastasierung:

    Weniger als 5 Metastasen,Befall nur eines Organs,Primarius ist entfernt oder entfernbar,Ansprechen auf eine präoperative Systemtherapie,krankheitsfreies Intervall von mehr als 12 Monaten,guter Allgemeinzustand und hohe Motivation des Patienten.

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    HIPEC

    Standard

    HIPECMedianes OS: 63 Monate

    Ante

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    berle

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    )

    2 31 4 5 6 7 8 JahreStandard

    Medianes OS:24 Monate

    Abbildung 7: Effekte der kompletten Zytoreduktionmit und ohne HIPEC (mit Oxaliplatin) zur Therapieder Peritonealkarzinose nach kolorektalem Karzi-nom auf das Gesamtüberleben. Adaptiert nach [8].

    TZM News Sonderausgabe 1/2019

  • Weichteilsarkom

    1. Einführung

    Weichteilsarkome treten am häufigsten imBereich der Extremitäten und des Körper-stammes auf (55%), gefolgt vom viszeralen/retroperitonealen Raum (35%) und von derKopf-Hals-Region (10%). Die Prognose istabhängig von der Tumorgröße, der Tumor-graduierung, dem histologischen Subtyp unddem Alter des Patienten. Weitere relevanteFaktoren sind der Bezug zur Faszie (epi- ver-sus subfascial) und der Resektionsstatus (R0versus R1/R2) sowie Multifokalität bei re-troperitonealen Weichteilsarkomen. Die Gra-duierung erfolgt nach dem 3-stufigen fran-zösischen FNCLCC-System (Fédération Natio-nale des Centres de Lutte Contre le Cancer).Dabei werden die Grad-1-Sarkome als Low-grade-Sarkome bezeichnet während die Grad-2- und Grad-3-Sarkome als High-grade-Sar-kome zusammengefasst werden.

    Nach einer früheren Einteilung in sogenannteHochrisiko-Weichteilsarkome (Grad 2–3,Tumor durchmesser >5 cm, tiefe Lage imBezug zur oberflächlichen Faszie) liegt die5-Jahres-Überlebensrate im Falle einer Ex-tremitätenlokalisation bei etwa 50%–60%und bei retroperitonealer/viszeraler Lokali-sation bei 10%–40%. Inzwischen liegen prog-nostische Nomogramme vor, die eine nochpräzisere und vor allem patientenindividu -

    elle Beratung hinsichtlich des Risikos für dasAuftreten von Fernmetastasen ermöglichen.Für den Alltag bewährt hat sich der soge-nannte Sarculator der italienischen Sarkom-gruppe, der als App frei verfügbar ist(www.sarculator.com). Hierbei werden fürPatienten bei Vorliegen eines primären Ex-tremitätensarkoms, eines primär retroperi-tonealen Sarkoms beziehungsweise des Re-zidivs eines retroperitonealen Sarkoms dasprognostizierte Gesamtüberleben, das krank -heitsfreie Überleben und die Inzidenz vonMetastasen angegeben.

    2. Adjuvante Chemotherapie

    Bislang konnte der mögliche Vorteil eineradjuvanten Chemotherapie beim Hochrisiko-Weichteilsarkom nicht durch eine einzelneprospektiv-randomisierte Studie gezeigt wer-den. Eine erste große Metaanalyse mit 1315Patienten aus dem Jahr 1997 zeigte einennicht signifikanten Anstieg des Gesamtüber-lebens durch adjuvante Chemotherapie beiSarkomen aller Lokalisationen um 4%(p=0,12) nach 10 Jahren; bei der Subgruppeder Extremitätensarkome (n=886 entspre-chend 67%) zeigte sich ein statistisch sig-nifikanter Unterschied von 7% (p = 0,029)[11].

    Nach der Hinzunahme von vier weiteren ran-domisierten Studien und damit insgesamt1953 Patienten zeigte sich für eine Kombi-nation aus Doxorubicin und Ifosfamid einstatistisch signifikanter, jedoch nur geringer

    Vorteil von 11% (p=0,03) bezüglich des Ge-samtüberlebens [10].

    Die retrospektive Analyse aus dem Registerder französischen Sarkomgruppe mit insge-samt 1513 Patienten schließlich zeigte fürPatienten mit Grad-3-Tumoren eine signifi-kante Verbesserung sowohl des metastasen-freien Überlebens (MFS) als auch des Gesamt-überlebens (OS) durch die adjuvante Chemo-therapie: 5-Jahres-MFS: 58% versus 49%;p=0,01; 5-Jahres-OS: 58% versus 45%,p=0,0002. Dieser Überlebensvorteil fand sichnicht bei Patienten mit Grad-2-Tumoren [6].

    Die zuletzt zur adjuvanten Chemotherapieveröffentlichte prospektiv randomisierte Studie von Woll et al. (EORTC-STBSG 62931)zeigte keinen Vorteil einer adjuvanten Che-motherapie, bestehend aus 5 Zyklen Doxoru-bicin und Ifosfamid, bezüglich der EndpunkteOS und rezidivfreies Überleben, jedoch erga-ben sich Hinweise, dass Patienten mit Risi-kofaktoren (Grad 3, ≥10 cm, Extremitätenlo-kalisation) profitieren könnten [14]. Kritik-punkte an der Studie bestanden darin, dassweniger als die Hälfte der Patienten G3-Sar-kome (56% ≠ G3) und circa 6% der Patientenin der Referenzpathologie G1-Sarkome hat-ten.

    Ein Überlebensvorteil nach adjuvanter Che-motherapie fand sich zudem in einer retro-spektiven Analyse der beiden größten adju-vanten EORTC-Studien für Patienten nachmarginaler Tumorresektion [8].

    16

    Update zu Therapiestrategien beim

    Weichteilsarkome imponieren als schmerzlose Schwellung und werden häufig erst spät erkannt. Das individuelle Risiko fürdas Auftreten von Metastasen lässt sich über eine Nomogramm-basierte App (www.sarculator.com) berechnen. BeiVorliegen entsprechender Risikofaktoren für das Auftreten von Fernmetastasen sollte dem Patienten eine (neo-)adjuvanteChemotherapie empfohlen werden. Die Kombination mit Hyperthermie bietet die Möglichkeit einer weiteren Prognoseverbes-serung.

    Prof. Dr. med. Lars H. Lindner

    Medizinische Klinik und Poliklinik III des Klinikums der Universität München1

    1 Dieser Beitrag entstand auf Grundlage eines Vor-trags des Autors beim 21. Herrschinger Hämato-Onkologie-Symposium am 30. März 2019 inHerrsching am Ammersee.

    TZM News Sonderausgabe 1/2019

  • teils der Patienten im Kontrollarm, die Epi-rubicin und Ifosfamid erhalten hatten. Sobetrug das projizierte krankheitsfreie Über-leben nach 46 Monaten 62% (95%CI 48–77)für Patienten mit Standardtherapie (Epiru-bicin und Ifosfamid) und 38% (95%CI 22–55) für Patienten mit histologiespezifischerTherapie (p=0,004). Lediglich für den Subtypdes myxoiden Leiomyosarkoms unter Thera-pie mit Trabectedin zeigte sich keine Unter-legenheit, sodass dieser Studienarm nochfortgeführt wird [2].

    Der präoperativen, also neoadjuvanten Che-motherapie sollte aufgrund der vorliegendenDaten gegenüber der postoperativen Chemo-therapie der Vorzug gegeben werden.

    4. Hyperthermie

    Klinische Hyperthermie bedeutet eine tech-nische Energieankopplung an den Körper desPatienten zur möglichst selektiven Erwär-mung von Tumorgewebe auf Temperaturenvon 40–43°C. Die klinisch angewandten Hy-perthermieverfahren unterscheiden sich nachder Technik und dem Ausbreitungsmusterder Tumorerkrankung.

    Für die Behandlung von Weichteilsarkomenhat sich die nicht invasive Erwärmung durchEinstrahlung elektromagnetischer Wellen imSinne einer regionalen Hyperthermie (RHT)bewährt. Sie wird aufgrund von chemo- undradiosensibilisierenden Eigenschaften ergän-zend zu Standardtherapieverfahren, aber nie-mals allein eingesetzt [3]. Die RHT eignetsich für Tumoren des Beckens und Abdomenssowie für Stamm- oder Extremitätentumoren.Mithilfe von Antennen mit einem Frequenz-bereich von 27 MHz bis etwa 120 MHz undringförmiger Anordnung um den Patientenkönnen selbst in der Tiefe des Körpers diegewünschten Temperaturen von 40–43°C er-reicht werden (radiative Systeme).

    Um einen möglichst verlustfreien Energie-eintrag in den Körper zu gewährleisten, be-findet sich zwischen den Antennen und derKörperoberfläche ein Wasserbolus. Die elek -tro magnetischen Wellen können durch ge-trennte Ansteuerung der einzelnen Anten-nen innerhalb des Zielgebiets fokussiert wer-den. Der Durchmesser des Fokus ist frequenz-abhängig und beträgt bei 60 MHz etwa 10–15 cm, bei 100 MHz etwa 5–8 cm. Die RHTist eine aufwendige Behandlungsform, die

    WeichteilsarkomTZM News 2 / 2019 (21 Jg.)

    Vor dem Hintergrund der uneinheitlichenDatenlage zur Frage der adjuvanten Chemo-therapie kommt der Nachanalyse der EORTC-STBSG-62931-Studie durch Pasquali et al.eine besondere Bedeutung zu. Werden diePatienten nach den Risikokriterien des Sar-culators in eine Gruppe mit guter Prognose(10-Jahres-OS ≥60%) und eine Gruppe mitschlechter Prognose (10-Jahres-OS

  • spezielle Kenntnisse und Ausbildung der ärzt-lichen und technischen Mitarbeiter voraus-setzt. Insbesondere kommt der Temperatur-überwachung eine zentrale Rolle zu. So er-folgt die Temperaturmessung möglichst überin den Tumor eingebrachte Temperaturson-den (CT- oder Sonografie-gesteuert) oder beiBeckentumoren näherungsweise über Sondenin Rektum, Blase oder Vagina. Durch die zu-sätzliche Kontrolle der Hauttemperatur imBereich des Applikators und der Möglichkeitder Kühlung durch das Boluswasser werdenoberflächliche Verbrennungen vermieden.

    Durch die Entwicklung von Hyperthermie-Systemen mit integrierter MRT-Bildgebung(Hybridsystem) zur nicht invasiven Tempe-raturmessung ist inzwischen in einigen Fälleneine MRT-basierte Thermografie möglich(Abb. 1). Einschränkungen dieses Verfahrensbestehen aber noch vor allem durch Perfusi-ons- und Bewegungsartefakte insbesondereim Abdominalbereich. Neben den Lagerungs-problemen im Wasserbolus, der den Patientenumgibt, können vor allem lokale Missemp-findungen durch die Einstrahlung der Ra-diowellen entstehen. Diese können durcheine sorgfältige Behandlungsplanung mit Po-sitionsänderungen des Patienten sowie Än-derung der Energieeinstrahlparameter meistverhindert werden.

    Bei adäquater Vorgehensweise ist die klini-sche Durchführung der regionalen Hyper-thermie eine risikoarme und gut verträglicheTherapie.

    5. Neoadjuvante Chemotherapieund Hyperthermie beim Hoch-risiko-Weichteilsarkom

    Bei der Therapie des lokalisierten Hochrisi-ko-Weichteilsarkoms hat sich, in Kombina-tion mit einer Chemotherapie in Neoadjuvanzund Adjuvanz, basierend auf Anthrazyklinenund Ifosfamid, die regionale Hyperthermie(RHT) als ergänzende Behandlungsstrategiebewährt und Einzug in die aktuellen ESMO-Leitlinien gefunden [1].

    Im Rahmen einer prospektiven EORTC-Phase-III-Studie mit 341 Patienten zeigte sich durchdie Hinzunahme der RHT zur neoadjuvantenund adjuvanten Chemotherapie, bestehendaus Ifosfamid, Doxorubicin und Etoposid,eine signifikante Verbesserung des lokalenprogressionsfreien Überlebens, des krank -

    heitsfreien Überlebens sowie eine Verdopp-lung des Therapieansprechens [4]. Nach einerBeobachtungszeit von 9 Jahren war auch dasGesamtüberleben für die mit zusätzlicherRHT behandelten Patienten signifikant ver-längert: HR 0,74; 95%CI 0,55–0,99; p=0,047[5].

    Es handelt sich bei dieser Studie um die bis-her einzige prospektiv randomisierte Studie,welche die neoadjuvante und adjuvante Che-

    motherapie beim retroperitonealen STS prüf-te. Die Studie untersuchte eine Chemothe-rapie bestehend aus 4 präoperativen ZyklenEtoposid, Ifosfamid, Doxorubicin (EIA) in 3-wöchigem Abstand, entweder mit oder ohneRHT. Gefolgt war die neoadjuvante Therapievon einer Lokaltherapie in Form einer Ope-ration und, falls möglich, Bestrahlung. Esschloss sich eine adjuvante Therapie, beste-hend aus 4 Zyklen EIA mit oder ohne RHTan. Insgesamt wurden 341 Patienten entwe-

    18

    Abbildung 1. MRT-Hyperthermie-Hybridsystem (oben). Unten: Nicht invasive Thermometrie beim Weich-teilsarkom der Extremitäten. Mit freundlicher Genehmigung der Dr. Sennewald Medizintechnik GmbH,München.

    axial coronal

    sagittal

    -3.5

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    °C

    TZM News Sonderausgabe 1/2019

  • 19

    der in den Hyperthermie-Arm oder den al-leinigen Chemotherapie-Arm (1:1) randomi-siert. Einschlusskriterium war das Vorliegeneines Hochrisiko-STS oder dessen Rezidivs.Beachtenswert ist die große Anzahl an Pa-tienten mit retroperitonealen oder intraab-dominellen STS (n=192) in der Studie. Be-züglich des primären Endpunkts (lokales pro-gressionsfreies Überleben) zeigte sich ein fürden RHT-Arm signifikant (p=0,003) besseresErgebnis unabhängig von der Lokalisation.Bei Nicht-Extremitätensarkomen (intraabdo-minell, retroperitoneal) lag das lokale pro-gressionsfreie Überleben nach 2 Jahren bei64% beziehungsweise nach 4 Jahren bei 53%.

    Am Klinikum der Universität München wirddie Therapie des Hochrisiko-Weichteilsarkomsderzeit analog der oben beschriebenen Studiedurchgeführt. Lediglich die Chemotherapiewurde modifiziert. Auf die Anwendung vonEtoposid wird aufgrund hoher hämatologi-scher Toxizität, des fehlenden Stellenwertsin der Therapie von Weichteilsarkomen au-ßerhalb der Hyperthermie und aufgrund desRisikos einer therapieassoziierten AML ver-zichtet. Stattdessen wird auf eine Kombina-tion aus Doxorubicin und Ifosfamid gesetzt.Eine retrospektive Analyse an insgesamt 65Patienten zeigte keinen negativen Einflussauf die Effizienz der Therapie durch das Weg-lassen von Etoposid [12].

    Bei Vorliegen eines Hochrisiko-Weichteilsar-koms sollten multimodale Therapiestrategienunter Einbeziehung einer perioperativen Che-motherapie, Strahlentherapie und Hyper-thermie zusätzlich zur Tumorresektion in Er-wägung gezogen werden.

    6. Metastasierte Situation

    In der metastasierten Situation mit palliati-ver Therapieintention hat sich eine praxis-relevante Veränderung ergeben. So wurdeder seit Oktober 2016 für die Kombinationmit Doxorubicin in dieser Situation vorläufigzugelassene PDGFR-alpha-Antikörper Olara -tumab aufgrund einer negativen Phase-III-Studie vor wenigen Wochen wieder vomMarkt genommen. Damit ist die Monothera-pie mit Doxorubicin weiterhin als Standardanzusehen. Eine Kombinationstherapie be-stehend aus Doxorubicin und hochdosiertemIfosfamid hatte lediglich einen Vorteil improgressionsfreien, nicht aber im Gesamt-Überleben gezeigt [7]. Die Kombination aus

    Doxorubicin und Ifosfamid, gegebenenfallsauch DTIC, ist hingegen bei hohem Thera-piedruck sowie kurativer Therapieintentionbei geplanter vollständiger Metastasektomiezu bevorzugen.

    Die Kombination von Gemcitabin und Doce -taxel ist der Monotherapie mit Doxorubicinnicht überlegen und zudem mit einer deut-lich erhöhten Toxizität vergesellschaftet [13].In der Zweitlinie bietet diese Kombinations-therapie bei aggressiven Verläufen hingegeneine wichtige Therapieoption. Als zugelas-sene Therapieoptionen für die Zweitlinien-therapie stehen Trabectedin, Pazopanib fürdie Nicht-Liposarkome beziehungsweise Eri -bulin für Liposarkome zur Verfügung. Dasorale Oxazaphosphorin Trofosfamid bietetbei älteren Patienten, die für eine Anthra-zyklin-Therapie nicht qualifizieren, eine Al-ternative.

    Der seit Oktober 2016 vorläufig für die Kom-bination mit Doxorubicin in der metastasier-ten Situation zugelassene PDGFR-alpha-An-tikörper Olaratumab ist wegen negativer Stu-dienergebnisse kürzlich vom Markt genom-men worden. Die Monotherapie mit Doxoru-bicin bleibt Standard. Bei hohem Therapie-druck und kurativer Therapieintention (ge-plante vollständige Metastasektomie) ist dieKombination aus Doxorubicin und Ifosfamidbeziehungsweise Doxorubicin und DTIC beimLeiomyosarkom zu bevorzugen.

    7. Empfehlungen für die Praxis

    Bei Verdacht auf das Vorliegen einesWeichteilsarkoms ist der erste Schritt die Bild-gebung, gefolgt von der Biopsie zur mögli-chen Planung einer multimodalen Therapie.

    Die Therapiestrategie sollte ausschließlichan einem für die Therapie von Sarkomen spe-zialisierten Zentrum durch ein interdiszipli-näres Tumorboard festgelegt werden.

    Bei Vorliegen eines Hochrisiko-Weichteil-sarkoms sollten multimodale Therapiestrate-gien unter Einbeziehung einer perioperativenChemotherapie, Strahlentherapie und Hyper-thermie zusätzlich zur Tumorresektion in Er-wägung gezogen werden.

    Der präoperativen Chemotherapie sollteaufgrund der vorliegenden Daten gegenüberder postoperativen Chemotherapie der Vorzuggegeben werden.

    Das patientenindividuelle Risiko für dasAuftreten von Metastasen lässt sich über dieAnwendung von Nomogrammen (SarculatorApp, http://www.sarculator.com) relativ prä-zise abschätzen.

    Auch im Rezidiv sollten Patienten demSarkomzentrum vorgestellt werden, um mul-timodale Therapiekonzepte evaluieren zukönnen.

    Literatur1. Casali PG, et al. (2018) Soft tissue and visceral sarcomas: ESMO-EURACAN Clinical Practice Guidelines for diagnosis,

    treatment and follow-up. Ann Oncol. 29(Supplement_4): p. iv268-iv269.2. Gronchi A, et al. (2017) Histotype-tailored neoadjuvant chemotherapy versus standard chemotherapy in patients

    with high-risk soft-tissue sarcomas (ISG-STS 1001): an international, open-label, randomised, controlled, phase3, multicentre trial. Lancet Oncol. 18(6): p. 812-822.

    3. Issels RD, (2008) Hyperthermia adds to chemotherapy. Eur J Cancer. 44(17): p. 2546-54.4. Issels RD, et al. (2010) Neo-adjuvant chemotherapy alone or with regional hyperthermia for localised high-risk

    soft-tissue sarcoma: a randomised phase 3 multicentre study. Lancet Oncol. 11(6): p. 561-70.5. Issels RD, et al. (2018) Effect of Neoadjuvant Chemotherapy Plus Regional Hyperthermia on Long-term Outcomes

    Among Patients With Localized High-Risk Soft Tissue Sarcoma: The EORTC 62961-ESHO 95 Randomized ClinicalTrial. JAMA Oncol. 4(4): p. 483-492.

    6. Italiano A, et al. (2010) Effect of adjuvant chemotherapy on survival in FNCLCC grade 3 soft tissue sarcomas: amultivariate analysis of the French Sarcoma Group Database. Ann Oncol. 21(12): p. 2436-41.

    7. Judson I, et al. (2014) Doxorubicin alone versus intensified doxorubicin plus ifosfamide for first-line treatment ofadvanced or metastatic soft-tissue sarcoma: a randomised controlled phase 3 trial. Lancet Oncol. 15(4): p. 415-23.

    8. Le Cesne A, et al. (2014) Doxorubicin-based adjuvant chemotherapy in soft tissue sarcoma: pooled analysis of twoSTBSG-EORTC phase III clinical trials. Ann Oncol.

    9. Pasquali S, et al. (2019) The impact of chemotherapy on survival of patients with extremity and trunk wall softtissue sarcoma: revisiting the results of the EORTC-STBSG 62931 randomised trial. Eur J Cancer. 109: p. 51-60.

    10. Pervaiz N, et al. (2008) A systematic meta-analysis of randomized controlled trials of adjuvant chemotherapy forlocalized resectable soft-tissue sarcoma. Cancer. 113(3): p. 573-81.

    11. Sarcoma Meta-analysis Collaboration (1997) Adjuvant chemotherapy for localised resectable soft-tissue sarcomaof adults: meta-analysis of individual data. Sarcoma Meta-analysis Collaboration. Lancet. 350(9092): p. 1647-54.

    12. Schuebbe G, et al. (2016) Effect of regional hyperthermia (RHT) in combination with neo-adjuvant chemotherapyfor treatment of locally advanced high-risk soft-tissue sarcoma (HRSTS) is not dependent on etoposide. AbstractID 0414, Oncol Res Treat 39(suppl 1): VII–191, 2016.

    13. Seddon B, et al. (2017) Gemcitabine and docetaxel versus doxorubicin as first-line treatment in previously un-treated advanced unresectable or metastatic soft-tissue sarcomas (GeDDiS): a randomised controlled phase 3 trial.Lancet Oncol.

    14. Woll PJ, et al. (2012) Adjuvant chemotherapy with doxorubicin, ifosfamide, and lenograstim for resected soft-tissue sarcoma (EORTC 62931): a multicentre randomised controlled trial. Lancet Oncol. 13(10): p. 1045-54.

    WeichteilsarkomTZM News Sonderausgabe 1/2019

  • Mammakarzin

    1. Einführung

    Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankungder Frau. Eine von acht Frauen erkrankt imLaufe ihres Lebens, drei von zehn Brustkrebs-Patientinnen sind bei Diagnosestellung jün - ger als 55 Jahre. Mit Einführung eines flä -chendeckenden Mammografie-Screeningpro-gramms in Deutschland hat die Erkrankungs-rate seit ungefähr 2005 zunächst zugenom-men, um dann seit 2010 langsam zu sinken.

    Heutzutage werden zwei Drittel der Mamma -karzinome in einem lokal frühen T1-Tumor-stadium entdeckt [12]. Die Zahl der Mamma -karzinom-bedingten Sterbefälle sinkt seiteinigen Jahren. Über 80% aller Patientinnenleben 5 Jahre nach Diagnosestellung noch.

    Die Therapie des Mammakarzinoms bestehtaus der Kombination von Operation, Strah-len- und Systemtherapie. Die Reihenfolgeund die Intensität der Interventionen habensich in der Vergangenheit geändert. NeueEntwicklungen und Therapiekonzepte sowiedie interdisziplinäre Betreuung in zertifi-zierten Brustzentren verbessern Heilungs-und Langzeitüberlebenschancen unserer Pa-tientinnen. Patientenorientierte und indivi-dualisierte Therapien werden heute gefordert.Wann können Therapien deeskaliert, wannmüssen sie zur Verlängerung des progressi-onsfreien Überlebens oder des Gesamtüber-lebens eskaliert und intensiviert werden?

    2. Einteilung der Mammakarzinome

    Das Mammakarzinom ist eine heterogene Er-krankung und die Therapieempfehlungenorientieren sich heute überwiegend an derBiologie des Tumors. Luminal-A-Mammakar-zinome exprimieren Östrogen- und Proges-teronrezeptoren, der Proliferationsindex Ki-67 ist 14%.

    Die dritte Gruppe umfasst die HER2-überex-primierenden Tumoren. Diese sind deutlichaggressiver als Luminal-A- und -B-Tumoren.Tripelnegative Mammakarzinome (TNBC) alsvierte Gruppe exprimieren weder HER2- nochHormonrezeptoren und sind deshalb wederfür eine endokrine noch für eine Anti-HER2-Therapie geeignet [3].

    3. Neoadjuvante Therapie und pathologische Komplett -remission (pCR)

    Wird aufgrund der Tumorbiologie die Indi-kation zur Chemotherapie gestellt, solltediese vor Operation und Strahlentherapie er-folgen. Die Vorteile liegen in der Beurteilungdes Therapieansprechens, der Verkleinerungvon primär inoperablen zu operablen Tumo-ren und in der Beurteilung der pathologi-schen Remission nach der Operation.

    Von Minckwitz belegte 2012 den Stellenwertder pathologischen Komplettremission (pCR)je nach biologischem Tumorsubtyp [10]. BeiPatientinnen mit tripelnegativen und solchenmit HER2-positiven (und gleichzeitig Hor-monrezeptor-negativen) Tumoren wurde dasprogressionsfreie Überleben dann maximalverlängert, wenn es gelang, eine pathologi-sche Komplettremission zu erreichen.

    Dieser Zusammenhang zwischen pCR undÜberlebenszeit wurde 2018 in einer US-ame-rikanischen Metaanalyse an etwa 27 000 Pa-tientinnen mit frühen Mammakarzinomenbestätigt [7]. Für alle Karzinome betrug die5-Jahres-Rezidivfreiheit bei Vorliegen einerpCR 88% gegenüber 67% bei non-pCR. Dengrößten Unterschied im rezidivfreien Über-leben wiesen die Patientinnen mit einemTNBC auf: 90% bei pCR versus 57% bei non-pCR. Dementsprechend gilt eine pCR als einprognostischer Marker.

    Ist eine Chemotherapie indiziert, stellt diesdie Therapeuten auch vor logistische Heraus-forderungen. Neben der Koordination derSystemtherapie, präinterventioneller Anlageeines intravenösen Portsystems und mögli-cher Zusatzuntersuchungen der Brust – wiezum Beispiel MRT sowie radiologischen Kon-trollen des Therapieansprechens – sind Stag -inguntersuchungen zum Ausschluss einerFernmetastasierung sowie Beratungen zu Fer-tiprotektion und Genetik erforderlich. DieseBeratungen sollten bereits vor dem Beginneiner Systemtherapie durchgeführt werden.

    20

    Mammakarzinoms

    Praxisrelevante Entwicklungen zur Therapie des

    Die Therapie des Mammakarzinoms besteht im Wesentlichen nach wie vor aus der Kombination vonOperation, Strahlen- und Systemtherapie. Allerdings haben sich Reihenfolge und Intensität der In-terventionen verändert. Junge Patientinnen haben das Recht auf Beratung und die Durchführung fer-tiprotektiver Maßnahmen. Bei vermuteter genetischer Variante eines Mammakarzinoms sind genetischeBeratung und Testung erforderlich.

    Dr. med. Sabine Anthuber

    Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Klinikum Starnberg1

    1 Dieser Beitrag entstand auf Grundlage eines Vor-trags der Autorin beim 21. Herrschinger Hämato-Onkologie-Symposium am 30. März 2019 inHerrsching am Ammersee.

    TZM News Sonderausgabe 1/2019

  • om

    4. Fertiprotektion vor der onkologischen Therapie

    Jede Patientin im fertilen Alter mit nichtabgeschlossener Familienplanung muss überdie Möglichkeiten reproduktiv erhaltenderMaßnahmen aufgeklärt und beraten werden,wenn eine ovartoxische Systemtherapiedurchgeführt werden soll. Die DeutscheKrebsgesellschaft hat dazu eine Standard-vorgehensweise erstellt. Jede fertile Patientinmuss entsprechend dieser Richtlinie beratenwerden, die Beratung ist schriftlich zu do-kumentieren [2].

    Die Kryokonservierung von Ovargewebe, un-befruchteter oder – bei bestehender Partner-schaft – befruchteter Eizellen sowie die Ovar-suppression mittels GnRH-Analoga stehenprinzipiell zur Verfügung. EntsprechendeMaßnahmen müssen vor Beginn der onko-logischen Ther