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04/2015 ONKOLOGIE heute UPDATE: TRIPELNEGATIVES MAMMAKARZINOM 41 Das tripelnegative Mammakarzinom (triple negative breast cancer, TNBC) ist definiert durch eine feh- lende Expression der Hormonrezeptoren Östrogenrezeptor (estrogen receptor, ER) und Progesteron- rezeptor (PR) sowie eine fehlende Amplifikation / Überexpression von HER2/neu [1]. Infolge dieser „Dreifach-Negativ-Definition“ stellt das TNBC eine in sich sehr heterogene Ausschlussdiagnose dar. Das sogenannte basale Mammakar- zinom (basal-like breast cancer, BLBC) welches durch ein spezifi- sches komplexes Genexpressions- profil definiert ist, zeigt große Überschneidungen mit dem TNBC [2]. Doch auch wenn Tumoren vom BLBC- und vom TNBC-Subtyp große klinische und molekularpathologi- sche Überschneidungen aufweisen, sollten beide Begriffe keinesfalls synonym verwendet werden. Darüber hinaus besteht ein weite- rer Zusammenhang zwischen dem TNBC und dem hereditären Mam- makarzinom (insbesondere solche auf dem Boden einer BRCA1-Muta- tion) [3]. Der Zusammenhang zwi- schen dem BRCA1-assoziierten Mammakarzinom sowie dem TNBC sind jedoch keinesfalls reziprok: denn einerseits werden Patientin- nen mit einer Mutation des BRCA1- Gens in der überwiegenden Zahl der Fälle mit einem TNBC diagnosti- ziert, umgekehrt jedoch zeigen nur bis zu 30 % aller Patientinnen mit TNBC eine BRCA1-Mutation. Grundsätzlich ist die Prognose von Patientinnen mit TNBC signifikant schlechter als die von Patientinnen, bei denen ein hormonrezeptor-po- sitives bzw. luminales Mammakar- zinom diagnostiziert wurde. Neben der fehlenden Einsatzmöglichkeit endokriner sowie HER2-neu-zielge- richteter Therapieansätze ist hier- für u.a. eine Prävalenz zugunsten prognostisch ungünstiger viszeraler Metastasen (wie pulmonale, hepa- tische und zerebrale Metastasen) ursächlich. Aufgrund des Fehlens der prädiktiven Faktoren für einen Einsatz der endokrinen Therapie und der HER2-zielgerichteten The- rapie, besteht bei Patientinnen in der kurativen Situation in der über- wiegenden Zahl der Fälle die Indi- kation zur (neo-)adjuvanten Che- motherapie. Das Erreichen einer pa- thologischen Komplettremission (pathological complete remission, pCR) gilt als einer der wichtigsten Prognosefaktoren für Patientinnen mit TNBC [4, 5]. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wird die Indi- kation zur Chemotherapie grund- sätzlich großzügig gestellt. Aktuelle Diskussionspunkte sind: – Die Notwendigkeit eines spezifi- schen Chemotherapie-Regimes für Patientinnen mit TNBC (z. B. durch den Einsatz von Platin) – Die Möglichkeit zielgerichteter Therapien – Die Entwicklung von spezifischen Biomarkern zur Therapieindivi- dualisierung Epidemiologie und Diagnostik Sowohl afroamerikanische Frauen als auch Frauen hispanischer Her- CME Diagnostik und Therapie des tripelnegativen Mammakarzinoms Cornelia Liedtke 1 , Michael Untch 2 , 1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Universitätsklinikum Schleswig-Holstein / Campus Lübeck, 2 HELIOS Klinikum Berlin-Buch Darstellung einer Bindungsdomäne mit BRCA1-Protein (Molekülmodell). BRCA1 ist an der DNA-Reparatur beteiligt.

Diagnostik und Therapie des tripelnegativen Mammakarzinoms · ONKOLOGIE heute 04/2015 42 UPDATE: TRIPELNEGATIVES MAMMAKARZINOM kunft zeigen ein signifikant erhöh-tes Risiko für

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04/2015 ONKOLOGIE heute

UPDATE: TRIPELNEGATIVES MAMMAKARZINOM 41

Das tripelnegative Mammakarzinom (triple negative breast cancer, TNBC) ist definiert durch eine feh-lende Expression der Hormonrezeptoren Östrogenrezeptor (estrogen receptor, ER) und Progesteron-rezeptor (PR) sowie eine fehlende Amplifikation / Überexpression von HER2/neu [1]. Infolge dieser„Dreifach-Negativ-Definition“ stellt das TNBC eine in sich sehr heterogene Ausschlussdiagnose dar.

Das sogenannte basale Mammakar-zinom (basal-like breast cancer,BLBC) welches durch ein spezifi-sches komplexes Genexpressions-profil definiert ist, zeigt großeÜberschneidungen mit dem TNBC[2]. Doch auch wenn Tumoren vomBLBC- und vom TNBC-Subtyp großeklinische und molekularpathologi-sche Überschneidungen aufweisen,sollten beide Begriffe keinesfallssynonym verwendet werden.

Darüber hinaus besteht ein weite-rer Zusammenhang zwischen demTNBC und dem hereditären Mam-makarzinom (insbesondere solcheauf dem Boden einer BRCA1-Muta-tion) [3]. Der Zusammenhang zwi-schen dem BRCA1-assoziiertenMammakarzinom sowie dem TNBCsind jedoch keinesfalls reziprok:denn einerseits werden Patientin-nen mit einer Mutation des BRCA1-Gens in der überwiegenden Zahlder Fälle mit einem TNBC diagnosti-ziert, umgekehrt jedoch zeigen nurbis zu 30 % aller Patientinnen mitTNBC eine BRCA1-Mutation.

Grundsätzlich ist die Prognose vonPatientinnen mit TNBC signifikantschlechter als die von Patientinnen,bei denen ein hormonrezeptor-po-sitives bzw. luminales Mammakar-zinom diagnostiziert wurde. Nebender fehlenden Einsatzmöglichkeitendokriner sowie HER2-neu-zielge-richteter Therapieansätze ist hier-für u.a. eine Prävalenz zugunsten

prognostisch ungünstiger viszeralerMetastasen (wie pulmonale, hepa-tische und zerebrale Metastasen)ursächlich. Aufgrund des Fehlensder prädiktiven Faktoren für einenEinsatz der endokrinen Therapieund der HER2-zielgerichteten The-rapie, besteht bei Patientinnen inder kurativen Situation in der über-wiegenden Zahl der Fälle die Indi-kation zur (neo-)adjuvanten Che-motherapie. Das Erreichen einer pa-thologischen Komplettremission(pathological complete remission,pCR) gilt als einer der wichtigstenPrognosefaktoren für Patientinnenmit TNBC [4, 5]. Nicht zuletzt vor

diesem Hintergrund wird die Indi-kation zur Chemotherapie grund-sätzlich großzügig gestellt.Aktuelle Diskussionspunkte sind:– Die Notwendigkeit eines spezifi-

schen Chemotherapie-Regimesfür Patientinnen mit TNBC (z. B.durch den Einsatz von Platin)

– Die Möglichkeit zielgerichteterTherapien

– Die Entwicklung von spezifischenBiomarkern zur Therapieindivi-dualisierung

Epidemiologie und Diagnostik

Sowohl afroamerikanische Frauenals auch Frauen hispanischer Her-

CME

Diagnostik und Therapie des tripelnegativenMammakarzinomsCornelia Liedtke1, Michael Untch2, 1Klinik für Frauenheilkunde und GeburtshilfeUniversitätsklinikum Schleswig-Holstein / Campus Lübeck, 2HELIOS Klinikum Berlin-Buch

Darstellung einer Bindungsdomäne mit BRCA1-Protein (Molekülmodell). BRCA1 istan der DNA-Reparatur beteiligt.

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kunft zeigen ein signifikant erhöh-tes Risiko für ein tripelnegativesMammakarzinom [4]. Unter denepidemiologischen Parameternwerden eine frühe Menarche (<13.LJahre), Multiparität (>2 Kinder),frühe erste Geburt (<26. Lebens-jahr), Stillen (>4 Monate) und Über-gewicht (Taillen-Hüften-Ratio>0,83) als Risikofaktoren für ein tri-pelnegatives im Gegensatz zu ei-nemNicht-tripelnegativenMamma-karzinom angesehen [6].

In Bezug auf genetische Risikofak-toren ist ein enger Zusammenhangzwischen einer somatischen Muta-tiondesBRCA1-Gensundeinemba-salen Mammakarzinom identifi-ziertworden:dieMehrzahlderKar-zinome von Patientinnen mitBRCA1-Mutation weist einen basa-len Phänotyp auf [7]. Es ist jedochVorsicht geboten: Auch wenn diemeisten Mammakarzinome vonTrägerinnen einer BRCA1-Mutati-on dem basalen Subtyp zuzuord-nen sind, so hat doch die überwei-gende Mehrheit der Patientinnenmit einem Mammakarzinom desbasalen Phänotyps keine BRCA1-Mutation.

Eine Assoziation mit einer BRCA1Mutation istanalogfürdas (immun-histochemisch definierte) tripelre-zeptornegative Mammakarzinom

nachgewiesen worden. Interessan-terweise scheint dieser Zusammen-hang jedoch auf eine Mutation desBRCA1-Gens beschränkt zu sein undnicht in gleichem Maße für dasBRCA2-Gen zuzutreffen [8].

Therapiegrundlagen des tripel-negativen Mammakarzinoms

Die Chemotherapie gilt als einzigewirksame Form der systemischenTherapie des tripelnegativen Mam-makarzinoms. [9] Wichtig ist, dassnicht jedes tripelnegative Mamma-karzinom im kurativen Settingzwingend einer Chemotherapie be-darf. So kann beispielsweise auf-grund einer geringen Tumorgröße(insbesondere im Falle eines pT1a-Tumors) eine Chemotherapie nachRisikoabwägung unterlassen wer-den. Auch die Tumor-Histologiekann hier entscheidend sein: So be-steht Evidenz dahingehend, dassPatientinnen mit adenoid-zysti-scher Histologie nicht von einerChemotherapie profitieren – trotztripelnegativer Tumorbiologie. Beitripelnegativer Tumorbiologie darfdaher kein Automatismus hinsicht-lich der Indikation zur Chemothera-pie entstehen.

Erfolgt eine neoadjuvante Thera-pie, so besteht ein wichtiger Zusam-menhang zwischen dem Anspre-chen auf neoadjuvante Chemothe-

rapie (i.S. einer pathologischenKomplettremission, pCR) und derPrognose der Patientin: diejenigenPatientinnen, die nach einer neoad-juvanten Chemotherapie keine Tu-morResiduen haben, haben eine ex-zellente Prognose, allerdings habenPatientinnen mit Tumorresiduen inder Brust und/oder den axillärenLymphknoten eine schlechte Über-lebensprognose [4].

Folgende Ansätze zur Verbesse-rung der Therapie des tripelnegati-ven Mammakarzinoms werden der-zeit diskutiert:– Eine Optimierung der Anspre-

chraten durch maßgeschneiderteChemotherapie (z. B. auf der Ba-sis von Biomarkern oder Multi-genprädiktoren)

– Ein Einsatz von Chemotherapeu-tika mit nachgewiesener beson-ders hoher Ansprechrate bei tri-pelnegativen Mammakarzino-men (z. B. Platinderivate)

– Ein Einsatz neuer gezielter Wirk-stoffe bei Patientinnen mit TNBC(� Tab. 1).

Eine Kombinationschemotherapiebasierend auf Anthrazyklinen undTaxanen wird als wichtigste Grund-lage für die Chemotherapie bei Pa-tientinnen mit Mammakarzinom(inkl. TNBC) betrachtet. Die 12-Jah-res-Analyse der E1199-Studie mitunterschiedlichen sequentiellen ad-juvanten anthrazyklin-taxanhalti-gen Therapieregime (wöchentlichvs. dreiwöchentlich Paclitaxel vs.Docetaxel) zeigte einen signifikan-ten Überlebensvorteil in TNBC für4 Zyklen EC (Epirubicin/Cyclophos-phamid) gefolgt von 12 Zyklen wö-chentlichem Paclitaxel im Vergleichzu einem dreiwöchentlichen Doce-taxel-oderPaclitaxel Schemata [10].

Einsatz von platinhaltigerChemotherapie

Patientinnen mit BRCA1-Mutationzeigen eine nur eingeschränkte Fä-

Eingeschränkte DNA-Reparaturfähigkeit DNA-schädigende Wirkstoffe (z. B. Platinderivate)

Angiogenese Antiangiogenetische Wirkstoffe (z. B. Bevaci-zumab oder andere Tyrosinkinasehemmer)

EGFR-Signalisierung Hemmung des EGFR-Signals (z. B. durch EGFR-Antikörper wie Cetuximab (+/- Carboplatin)

Src-Signalisierung Hemmung des SRC-Signals (z. B. durch kleine Moleküle wie Dasatinib)

Notwendigkeit der funktionellen PARP (z. B. bei BRCA-1-Mutation)

PARP-Hemmung

Jak/STAT-Signalisierung Hemmung von JAK1 und JAK2 z. B. durch Ruxolitinib

Androgenrezeptor-Signalisierung Antiandrogene Therapie (z. B. kompetitive Andro-genrezeptor-Hemmung z. B. durch Bicalutamid)

Tab. 1: Mögliche therapeutisch nutzbare Strukturen und entsprechende Wirkstoffein der Therapie tripelnegativer Mammakarzinome

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higkeit zur Reparatur von DNA-Schäden; dies resultiert in einer be-sonders guten Wirksamkeit von Pla-tinderivaten bei Patientinnen mithereditärem Mammakarzinom[11]. Dieser Mechanismus ist auchbei Patientinnen mit einem BRCAassoziierten serös papillären Ovari-alkarzinom nachgewiesen [12]. Vordem Hintergrund des engen Zusam-menhanges zwischen TNBC undBRCA1-Alterationen wurde bereitsfrüh eine besondere Wirksamkeitvon Platinderivaten bei Patientin-nen mit TNBC angenommen.

Die Datenlage für den Einsatz vonPlatinsalzen beim TNBC ist langeZeit auf verschiedene kleine und zu-meist retrospektive Analysen be-grenzt gewesen. Erste prospektiveEvidenz für die Wirksamkeit vonPlatinsalzen beim tripelnegativenMammakarzinom wurden anhanda) der deutschen neoadjuvanten

GeparSixto-Studie(NCT01426880) der GermanBreast Group (simultaner Einsatzvon Carboplatin) [13] (� Abb. 1)und

b) der US-amerikanischen CALGB-40603 (sequentieller Einsatz vonCarboplatin) [14] (� Abb. 2)gezeigt.

Beide Studien zeigen eine signifi-kante Verbesserung der pathologi-schen Komplettremissions-Rate ummehr als 10 %.

Bis dato sind die folgenden Fragennicht geklärt:

• Benötigen alle Patientinnen pla-tinhaltige Schemata, bzw. wel-che Patientinnen profitieren be-sonders von ihrem Einsatz?

• Ist der Effekt spezifisch für denEinsatz von Platinanaloga odervielmehr Ausdruck einer intensi-vierten Chemotherapie?

• Lässt sich derselbe Effekt durchden Einsatz von Cisplatin errei-chen?

• Übersetzt sich die Erhöhung derpCR-Rate in eine Verbesserungder Prognose?

• Sind die intensiven Nebenwir-kungen der Regimes gerechtfer-tigt, bzw. lassen sich diese durchÄnderungen des Regimes ohneReduktion der Effizienz umge-hen?

Ein besonders wichtiger Grund, auf-grund dessen der Einsatz von Carbo-

platin mit Zurückhaltung beurteiltwird, bezieht sich auf Zweifel, obsich die Steigerung der pCR-Rate,die im Zusammenhang mit dem Ein-satz von Carboplatin beobachtetwurde, letztlich in Zusammenhangmit einer Verbesserung der Progno-se der Patientin steht, d.h. einer Er-höhung des erkrankungsfreien odersogar Gesamtüberlebens. Vor die-sem Hintergrund stellt sich die Fra-

Ope

ratio

n

TNBC+ HER2

A

B

Carboplatin Nicht-pegyliertes liposomales Doxorubicin Paclitaxel

Bevacizumac (TNBC) Lapatinib (HER2 positiv) Trastuzumab(HER2 positiv)

R

Abb. 1: Design der GeparSixto-Studie

Paclitaxel 80 mg/m2 einmal pro Woche x 12

Paclitaxel 80 mg/m2 einmal pro Woche x 12 ddAC x 4

ddAC x 4

ddAC x 4

ddAC x 4

Paclitaxel 80 mg/m2 einmal pro Woche x 12

Paclitaxel 80 mg/m2 einmal pro Woche x 12

Carboplatin AUC 6 einmal alle 3 Wochen x 4

Bevacizumab 10 mg/kg einmal alle 2 Wochen x 9

Bevacizumab 10 mg/kg einmal alle 2 Wochen x 9

Carboplatin AUC 6 einmal alle 3 Wochen x 4

Arm 1

Arm 2

Arm 3

Arm 4

Forschungsbiopsien gefroren und fixiert

Operation*†XRT†

Keine adjuvante systemische Therapie geplant

2 x 2 randomisierte Zuordnung

Abb. 2: Design der CALGB-40603-Studie

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ge, ob die signifikante Erhöhungder therapie-assoziierten (insbeson-dere hämatologischen) Toxizität inZusammenhang mit dem Einsatzvon Platinsalzen gerechtfertigt ist.

Zwei Szenarien erscheinen für denEinsatz von Platinsalzen beim TNBCmöglich:• im Sinne einer Therapieintensi-

vierungdurchErgänzunganthra-zyklin-taxan-haltiger Regimesmit dem Ziel der Erreichung einerVerbesserung der Therapieeffizi-enz unter Inkaufnahme einer er-höhten therapie-assoziierten To-xizität

• im Sinne einer Therapiedeeskala-tion durch Ersatz von Anthrazy-klinen oder Taxanen mit dem Zieldes Erreichens eines besserentherapeutischen Indexes.

Mit der GeparOcto-Studie der GBGbzw. der ADAPT-TN-Studie derWSG werden diese beiden Konzep-te verfolgt.

In der britischen TNT-(Triple negati-ve trial)-Studie wurden Patientin-nen mit entweder tripelnegativemmetastasiertem Mammakarzinomoder metastasierten Mammakarzi-nom bei bekannter BRCA1/2-Muta-tion randomisiert zu

• einer taxanhaltigen Monoche-motherapie (Docetaxel 100 mg/2q3w, 6 Zyklen)

• Carboplatin (AUC6, q3w, 6 Zy-klen) [15].

Eingesetzt wurden die Substanzenjeweils als Erstlinientherapie. In Be-zug auf die Ansprechrate nach 3-6Zyklen zeigte sich kein signifikanterUnterschied zwischen beiden Sub-stanzen: die Ansprechraten lagenbei 31,4 % bzw. 35,6 % für Carbo-platin bzw. Docetaxel (p=0,44).

Bei einer Auswertung nach Stratifi-zierung mit Hinblick auf den BRCA-

Status zeigte sich eine deutlich er-höhte Wirksamkeit von Carboplatinim Vergleich zu Docetaxel mit An-sprechraten von 68 % im Vergleichzu 33,3 % (p=0,03); bei Patientin-nen ohne Mutation zeigte sich hin-gegen kein signifikanter Unter-schied (28,1 % vs. 36,6 %, p=0,16).

Außerhalb von Studien bewertetdie Organkommission der Arbeits-gemeinschaft Gynäkologische On-kologie (AGO) den adjuvanten Ein-satz von Carboplatin unabhängigvon einer BRCA-Mutation nur miteiner „+/-“-Bewertung; bei Patien-tinnen mit einer BRCA-Mutationhingegen wird der Einsatz von Car-boplatin neoadjuvant mit einer„+“-Bewertung empfohlen.

Einsatz von Nab-Paclitaxel

Die beim San Antonio Breast CancerSymposium 2014 präsentierten Er-gebnisse der neoadjuvanten Gepar-Septo Studie legen eine besondereWirksamkeit von Nab-Paclitaxel imVergleich zu konventionellen Pacli-taxel nahe. In der Studie wurde derEinsatz beider Taxane verglichen:

– 12 x Paclitaxel (80 mg/m2) gefolgtvon 4 Zyklen EC

– 12 Zyklen Nab-Paclitaxel (150mg/m2, nach den ersten 400 Pati-entinnen reduziert auf 125mg/m2) gefolgt von 4 Zyklen EC.

Hier zeigte sich, dass die Effektivitätder Standardchemotherapie im Be-zug auf die pCR (ypT0/ypN0) durchden Einsatz von Nab-Paclitaxel vorallem beim TNBC sich weiter deut-lich steigern lässt (48 % vs. 26 %,p<0,001) [16].

Einsatz neuer Substanzen:PARP-Inhibitoren

Das Enzym Poly-(ADP-ribose)-Poly-merase (PARP) ist in eine Vielzahlintrazellulärer Prozesse involviert.Einer der wichtigsten Prozesse istdie Reparatur von DNA-Schäden. Ei-

ne Hemmung von PARP in Tumor-zellen kann möglicherweise auchdie tumoreigene DNA-Reparaturfä-higkeit blockieren und somit dentherapeutischen Vorteil von Strah-len- und/oder Chemotherapie ver-stärken [17]. Dieser Ansatz ist inso-fernbeiden(tripelnegativen)Mam-makarzinomen von Patientinnenmit BRCA1-Mutation interessant,da bei diesen Tumoren die DNA-Re-paraturfähigkeit ohnehin vermin-dert zu sein scheint.

Der Wirkmechanismus von PARPsteht im Zusammenhang mit demBegriff der synthetischen Letalität.Dieser Begriff beschreibt das Zu-sammenspiel

– einer Hemmung der BRCA-Funk-tion durch eine genetische / so-matische Mutation mit

– einer iatrogene Hemmung derkompensatorischen Funktionvon PARP durch den Einsatz vonPARP-Inhibitoren.

Klinische Evidenz wurde beispiels-weise für die PARP-Inhibitoren Ola-parib und Veliparib gezeigt. Ver-schiedene klinische Studien (z. B.Olympia) untersuchen die Wirksam-keit verschiedener PARP-Inhibito-ren beim tripelnegativen und/oderhereditären Mammakarzinom inverschiedenen Stadien.

Einsatz zielgerichteterSubstanzen: Antiangiogenese

Durch den Einsatz des humanisier-ten monoklonalen Antikörpers Be-vacizumab, welcher an den Wacht-umsfaktor VEGF (vascular endothe-lial growth factor) bindet, wird dieAngiogenese des Tumors ge-hemmt. Bevacizumab ist in Kombi-nation mit Paclitaxel für die Erstlini-en-Behandlung des metastasiertenMammakarzinoms zugelassen. Inder Zulassungsstudie für Bevaci-zumab (ECOG-E2100) zeigte sich einbesonderer Vorteil in Bezug auf das

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progressions-freie Überleben durchdie Ergänzung von Bevacizumabbei Patientinnen mit ER/HER2-ne-gativem metastasiertem Mamma-karzinom. [18]. Somit können Pati-entinnen mit metastasiertem tripel-negativem Mammakarzinom vonder Ergänzung der herkömmlichenChemotherapie durch Bevacizum-ab profitieren.Allerdings haben alle bisher durch-geführten adjuvanten Studien kei-nen Benefit der Hinzunahme vonBevacizumab gezeigt [19].

In der neoadjuvanten Situationkann die Ansprechwahrscheinlich-keit auf eine neoadjuvante anthra-zyklin-taxan-haltige Chemothera-pie durch die simultane Applikationvon Bevacizumab bei Patientinnenmit tripelnegativem Mammakarzi-nom signifikant erhöht werden.Dies konnte anhand der Ergebnisseder GeparQuinto-Studie der Ger-man Breast Group (GBG) gezeigtwerden [13]. Allerdings hat sich diesnicht in einem verbesserten Überle-ben niedergeschlagen [20]. Ein-schränkend muss gesagt werden,dass diese Studie nur neoadjuvantBevacizumab verabreicht hat, eineadjuvante Weiterbehandlung warim Protokoll nicht vorgesehen. In-teressant sind hier die Ergebnisseder NSABP-B40-Studie [21].

Durch die Hinzunahme von Bevaci-zumab konnte die pathologischeKomplettremission gesteigert wer-den. In der Nachbeobachtungszeithaben Patientinnen, die keine pCRnach neoadjuvanter Chemothera-pie und Bevacizumab erreicht hat-te, von einer adjuvanten Behand-lung mit Bevacizumab profitiert. Al-lerdings ist handelt es sich hierbeium eine posthoc-Analyse, die in ei-ner gesonderten dafür gepowertenprospektiven Studie erneut unter-sucht werden müsste.Daneben untersuchte auch die be-reits genannte CALGB-40603-Stu-

die den Stellenwert von Bevacizum-ab in der neoadjuvanten Therapievon Patientinnen mit TNBC [14].Hier konnte durch eine zusätzlicheBevacizumab-Therapie eine Erhö-hung der pCR-Rate (48 % vs. 59 %,p=0,0089) erreicht werden.

Auch wenn diese Studien nahele-gen, dass Bevacizumab im Hinblickauf das Tumoransprechen beimTNBC von Vorteil sein könnte, müs-sen wir uns vor Augen führen, dassdas primäre Therapieziel in der ku-rativen Situation nicht einer Erhö-hung der pCR-Rate liegt, sondernvielmehr eine Verbesserung der (inder Regel damit verbundenen)Überlebenswahrscheinlichkeit er-reicht werden soll.

Vor dem Hintergrund, dass der ad-juvanteEinsatzvonBevacizumabzukeiner Verbesserung der Überle-bensendpunkte in der BEATRICE-Studie [19] sowie in der Nachbeo-bachtung der GeparQuinto-Studie[20] geführt hat, ist der Zusammen-hang zwischen pathologischerKomplettremission und Überle-benswahrscheinlichkeit mit Hin-blick auf antiangiogenetische The-rapiekonzepte nicht zweifelsfreibelegt. Vor diesem Hintergrundwird ein Einsatz von Bevacizumabim neoadjuvanten Setting von derAGO Mamma (außerhalb klinischerStudien) auch nicht empfohlen.

Inhibitoren intrazellulärerSignaltransduktion

Weitere Studien legen nahe, dassPatientinnen mit tripelnegativemMammakarzinom vom Einsatz wei-terer gezielter Therapien wie deranti-EGFR-Therapie (z. B. mit Erloti-nib) [22] oder der anti-src-Therapie(z. B. mit Dasatinib) [23] profitierenkönnten. Einige dieser Wirkstoffewerden derzeit in klinischen Studi-en auf ihre Wirksamkeit bezüglichtripelnegativer Mammakarzinomeuntersucht (� Tab. 1).

AntiandrogeneTherapieansätze

Basierend auf Ergebnissen von Ge-nexpressionsanalysen wissen wir,dass auch das tripelnegative Mam-makarzinom in sich eine heteroge-ne Erkrankung darstellt. Lehmannet al. beschrieben 2011 sieben dis-tinkte tripelnegative Mammakarzi-nomsubtypen mit unterschiedlicherBiologie [24] sowie unterschiedli-chem Ansprechen z. B. auf Chemo-therapie [25]. Diese Subtypen wer-den derzeit unterteilt in:

– basal-like 1 (BL1)– basal-like 2 (BL2)– immunmodulatorisch (IM)– mesenchymal (M)– Mesenchymal-Stammzell-ähn-

lich (MSL)– Luminal-Androgenrezeptor-

positiv (LAR) sowie eine– unklassifizierbare Restgruppe.

Der Luminal-Androgen-Rezeptor-positive-Subtyp ist insbesonderevordem Hintergrund interessant, dassdurch die iatrogene Androgen-Re-zeptor-Blockade hier eine Thera-pieoption möglich erscheint. In ei-ner klinischen Phase-II-Studie zeig-ten Patientinnen mit fortgeschritte-nem, tripelnegativem AR-positivemMammakarzinom unter Therapiemit Bicalutamid (150 mg/Tag) einenklinischen Benefit (definiert alskomplette/partielle Remission oderErkrankungsstabilisierung) in 19 %der Fälle [26].

Hemmung desJak/Stat-Signalweges

Die Janus-Kinasen 1 und 2 (JAK1/2)sind nicht-rezeptor-assoziierte Ty-rosinkinasen. Als Mitglieder der Ja-nus-Kinase-Familie spielen sie in derSignaltransduktion von Zytokinen,Wachstumsfaktoren sowie dergp130-Rezeptorfamilie eine Rolle.Der JAK1/2-Hemmer Ruxolitinibwird derzeit in verschiedenen Studi-en, u. a. beim inflammatorischenTNBC getestet.

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Priv.-Doz. Dr. med.Cornelia LiedtkeKlinik für Frauen-heilkunde undGeburtshilfeUniversitätsklinikumSchleswig-Holstein /Campus Lübeck

Einsatz von Biomarkernbeim TNBC

Potenzielle Biomarker für den Ein-satz beim TNBC (z. B. zur Therapie-stratifizierung) sind:-– tumor-infiltrierendeLymphozyten– Expressionvon Immunbiomarkern– BRCA-Mutationen (s. o.)– Molekular-biologische Ähnlich-

keiten mit BRCA-assoziierten Tu-moren (sog. BRCA-ness)

Nicht zuletzt wegen der Ergebnissezum Zusammenhang zwischen tri-pelnegativenTumorzellenunddemImmunsystem werden verschiede-ne immuntherapeutische Substan-zen wie Antikörper gegen Pro-grammeddeath-ligand1(PD-L1) so-wie das Programmed death Protein1 (PD1) in klinischen Studien bei ver-schiedenen onkologischen Entitä-ten (beispielsweise Mammakarzi-nom oder Malignes Melanom) un-tersucht. Beim vergangenen letztjä-higen San Antonio Breast CancerSymposium stellten Nanda et al. dieErgebnisse der KEYNOTE-012-Stu-die [27] vor. In dieser Phase-Ib-Stu-die wurden 32 Patientinnen mit ei-nem metastasierten tripelnegati-ven Mammakarzinom behandeltmit dem anti-PD1-Antikörper Pem-brolizumab. Die Patientinnen wa-ren intensiv vorbehandelt, die Ex-pression von PD-L1 war Vorausset-zung für einen Einschluss in die Stu-die. Pembrolizumab wurde in einerDosierung von 10 mg/kg alle 2 Wo-chen appliziert. Es zeigte sich eineAnsprechrate von 18,5 %.

Die German Breast Group zusam-men mit der AGO B Studiengruppe-beabsichtigt mit der GeparNuevo,den Einsatz von T Zell CheckpointInhibitoren beim TNBC zu untersu-chen. Vorgesehen ist ein placebo-kontrolliertes neoadjuvantes De-sign bei Patientinnen mit TNBC so-wie ggf. anderen Hochrisiko-Pati-entinnen.

Fazit

Auch wenn das TNBC eine klinischrelevante Entität darstellt, ist es ei-ne klinisch wie molekularbiologischsehr heterogene Entität.

Ein wichtiger klinischer Aspekt istdie schlechte Prognose mit Hinblickauf nahezu alle klinischen End-punkte insbesondere bei Vorliegeneines Chemotherapie-resistentenTumors. Patientinnen mit TNBCkönnten von für diesen Subtyp spe-zifischen Chemotherapie-Kombi-nationen (unter Verwendung pla-tinhaltiger Substanzen) profitieren.

Die zukünftige Bedeutung antian-giogenetischer Ansätze ist trotznachgewiesener Wirksamkeit in derNeoadjuvanz aufgrund einge-schränkterWirksamkeit inderAdju-vanz unklar.

Vielversprechender hingegen sindTherapieansätze unter Verwen-dung von PARP-Inhibitoren und Im-munmodulatoren. Auch wenn wirzunehmende Einblicke in die Biolo-gie des TNBC bzw. BLBC erreichen

können, sind bis dato keine Biomar-ker (z. B. basierend auch Genex-pressions-Signaturen) entwickeltworden, die in der klinischen Routi-ne einsetzbar wären.

Ziel der Entwicklung dieser Biomar-ker ist es beispielsweise, chemosen-sible von chemoresistenten oderprognostisch günstige von prog-nostisch ungünstigen tripelnegati-ven Karzinomen zu differenzieren.

Nicht zuletzt vor diesem Hinter-grund sollten Patientinnen mitTNBC wenn möglich großzügig imRahmen von Studien behandeltwerden, um ihre klinischen Verläu-fe und Tumorproben für wissen-schaftliche Untersuchungen ver-fügbar zu machen.

Korrespondenzadresse:Priv.-Doz. Dr. med. Cornelia LiedtkeKlinik für Frauenheilkunde und GeburtshilfeUniversitätsklinikum Schleswig-Holstein /Campus LübeckRatzeburger Allee 16023538 LübeckE-Mail: [email protected]

Literatur: www.onkologie-heute.info

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