Hitchcock Spinett London 1718 (Prof. Andreas E. Beurmann)

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  • ENGLISCHES SPINETT Thomas Hitchcock, London 1718

    Sammlung Beurmann, Nr.53

    Spinett von Hitchcock

    Thomas Hitchcock hatte sich ganz und gar auf den Spinettbau konzentriert. Seine Spinette gelten als die klangvollsten und besten je gebauten und wurden richtungweisend fr den gesamten weiteren Spinettbau. Seine edlen Gehuse mit dem ausgesucht schn gemaserten Walnuholz und der elegant geschwungenen Hohlwand, den hbsch gravierten Messingbeschlgen, den filigranen Intarsienbordren im Inneren und den attraktiven Obertasten aus Ebenholz mit eingelegtem Elfenbeinstreifen zeichnen seine wahrhaft meisterlichen Spinette aus. Der Tonumfang betrgt bereits fnf volle Oktaven von G1 bis g3.

    berraschend ist die Tonflle eines solchen Instruments. Sie erklrt sich aus der optimalen Form, die bei Entwicklung dieser platzsparenden huslichen Musik-Mbel gefunden wurde, bei der die klingenden Saitenlngen, optisch paradox, dennoch kaum krzer sind, als bei den doch so viel lnger wirkenden Cembali. Der Klangeindruck ist auerdem noch viel unmittelbarer als beim Cembalo, da der Schall mittels des Deckels direkt auf den davor sitzenden Spieler abgestrahlt wird, wohingegen beim Cembalo die Klangabstrahlung seitlich vom Spieler in den Raum hinein erfolgt.

    Auf dem Vorsatzbrett ber der Klaviatur steht in ranken-umrandeter barocker Schrift die Signatur Thomas Hitchcock Londini Fecit:

    Die Signatur auf dem Vorsatzbrett

  • Draufsicht

    Ausstattung Ein aufflliges Merkmal der englischen Spinette sind deren besonders dekorative Barock-Beschlge, die nachfolgend beispielhaft gezeigt seien. Drei feingliedrige gravierte Scharniere verbinden den Deckel mit der Rckwand und weitere drei die Klaviaturklappe mit dem Deckel. Die Beschlge sind ziseliert und graviert.

    Die Deckel-Scharniere

  • Die Skunktail-Obertasten, die dick mit Elfenbein belegten Untertasten

    Als weitere Merkmale fr Hitchcock-Spinette gelten die ausgesucht hbsch gemaserten Hlzer, die Einlegestreifen mit Fischgrat- und geometrischen Mustern, die geschwungenen und intarsierten Klaviaturbacken, das schne Klaviaturbild mit den eingelegten Obertasten, den bereits erwhnten Skunktails, deren Blckchen aus zwei seitlichen Ebenholz-Streifen und einem Mittelstreifen aus solidem Elfenbein zusammengefgt sind. Eine solchermaen kunstvolle Ausgestaltung der Obertasten - etwa durch Einlagen, durch besonders kostbare Materialien, durch Besatz mit Knpfchen aus Elfenbein oder Bein - hatte bereits eine lange Tradition und bildet einen interessanten speziellen Aspekt in der Geschichte der Tasteninstrumente.

    Stirnseite und dicker Elfenbeinbelag der Taste E

    Aufbau Der Resonanzboden aus Fichte wird durch drei kurze Rippen verstrkt; seine Maserung liegt parallel zum Rechen. Rund um den Resonanzboden und den Stimmstock luft eine umfassende Zierleiste aus Nuholz. Der Stimmstock ist aus Eiche und oben mit Nuholz furniert. Die Wirbel stehen in zwei Reihen an der Klaviaturseite und folgen von G1-D der leicht abgewinkelten Gehuseform. Links und rechts der Klaviatur befinden sich geschwungene Knaggen mit Einlegestreifen aus Birnbaumadern und Ebenholz.

    Der Unterboden aus Kiefer liegt zwischen den Wnden. - Das separate Gestell setzt sich aus zwei Bein-Paaren zusammen, die miteinander durch eine abschraubbare Querleiste verbunden sind.

  • Mechanik Die Springer sind aus Birnbaum, haben Borstenfedern, einen Dmpfer und sind bekielt.

    Klaviatur G1-g3 (61 Tne, 5 Oktaven). UT-Belag und Stirnseiten aus Elfenbein. Die auffllig ppige Strke der Elfenbeinbelge findet sich in allen Hitchcock-Spinetten unserer Sammlung. Die an den Seiten weich abgerundeten Elfenbein-Belge vermitteln ein sehr angenehmes Spielgefhl.

    Alle Tastenhebel sind in Tinte von 1-61 durchnumeriert. Der Klaviaturrahmen [862Lx324-304Wx9H] setzt sich aus zwei seitlichen Fichten-Leisten,

    einem querlaufenden Waagebalken aus Eiche [850Lx30Wx20H] und einer hinteren Rahmenleiste zusammen. auf der hinteren Rahmenleiste befindet sich ein Tastenfhrungsrechen mit senkrechten Drahtstiften zur Fhrung der vertikal in der Mitte geschlitzten Tasten-Enden. Auf diesem sitzt eine Leiste mit mehreren Lagen von zusammengeheftetem schwarzem Flanell zur Begrenzung der Spieltiefe.

    Mensuren G1=1510, C=1429, c=1006, c1=552, c2=276, c3=13,2.

    Bemerkungen Notes. Interessanterweise findet man auf der Unterseite der Tasten die Relikte von barocken Ornamenten und Initialen, die vor dem Aufsgen des Tastenbretts mit Tinte darauf gemalt wurden. Auf den hinteren Tastenenden der Tasten 33-38 steht eine schwer entzifferbare handschriftliche Eintragung in Tinte, die in etwa Ths Htcock lauten knnte. Auf der Rckseite des Vorsatzbretts ist die Zahl 18 eingeritzt.

    THOMAS HITCHCOCK, geboren um 1685, wurde 1700 Lehrling bei BENJAMIN SLADE (~1669-~1727), von dem noch sieben Spinette und ein einmanualiges Cembalo erhalten sind. Hitchcock blieb acht Jahre bei Slade. Zwischenzeitlich mu er auch bei EDWARD BLUNT gearbeitet haben, da ein Spinett von Blunt die Bezeichnung "Thos. Hitchcock No.54 - 1703" trgt. 1715 wurde er als Meister in die Kurzwarenhndler-Zunft(!) aufgenommen, nachdem er zuvor aus der Schreiner-Gilde ausgetreten war. Hitchcocks letztes datiertes Spinett stammt aus dem Jahr 1733 und trgt die Herstellungsnummer 1425, sein letztes undatiertes Spinett hat die Nummer 1518. - Sein Sohn JOHN HITCHCOCK baute die bewhrten Spinett-Modelle unverndert weiter und fhrte die Herstellungs-Numerierung seines Vaters bruchlos fort. Von John Hitchcock stammen die Spinette mit den Nummern 1520, 1547, 1570, 1625, 1630, 1676, 1677, 2012 und 2018.

    Von THOMAS HITCHCOCK sind weltweit etwa 36 Spinette erhalten, davon befinden sich vier in der Sammlung Beurmann.

    Autor: Andreas E. Beurmann

    Verwendet mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Beurmann.