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Hohenzollerlsche Heimat Vierteljahresblätter für Schule und Haus Herausgegeben vom Verein für Geschichte in Verbindung mit Schriftleitung: Josef W i e s t , Gammertingen Preis halbjährlich 0.60 DM Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft Druck: Buchdruckerei S. A c k e r , Gammertingen Nummer 1 Gammertingen, Januar 1952 | 2. Jahrgang HJoljlauf im Hamen Jz|UÖ DTJCIRT, fcas HEUE 7at)c ooctjankn ift. Z)aö HEUE 7at)c Fommt T)ETEIN fo t)ell unb Flau? fo cpünfctj ii Öuctj allEn Ein glücffEligEö HEUEÖ, gutEö Ja\)n, (Sin HEUEÖ, gutEö 7at)c, a fcötjlirtjE ?Eit, fo tuiE^ö 5ec liEbE dtott DatEC üom ¿fjimrriEl ra gEit. O0ELOBT fEi 7E|UÖ urifc ^FTANAL (Heujutjrslieb bes Hadjtiriäctjtecs in ©ammectingen im 18./19. Jatjctjunbect.) I. Teil Von der Steinkohle zum Buntsandstein in Hohenzollern Von Michael Walter Gar oft wird man gefragt: „Kann in Hohenzollern nicht nach Steinkohlen gebohrt werden?" Die Frage ist nicht ganz unberechtigt, aber zu ihrer Beantwortung muß man etwas weiter ausholen. Die Geschichte der Erde zerfällt, wie die Geschichte der Menschen, die auf der Erde wohnen, in vier Zeitalter die Urzeit, das Altertum, das Mittelalter und die Neuzeit. Bei jedem dieser Zeitalter unterscheidet man wieder Unterab- teilungen, die als Formationen bezeichnet werden. So spricht man im Erdaltertum vom Silur, vom Devon, vom Karbon oder der Steinkoihlenformation, vor Perm oder dem Rotlie- genden. Das Mittelalter umlaßt die Trias (Dreiheit) mit Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper, sodann den uns so wohlbekannten Jura, der die Schwäbiscne Alb und ihr Vor- land aufbaut, und außerdem noch die Kreideformation, die aber' bei uns entweder gar nicht zur Ausbildung kam oder wieder abgetragen wurde. In der Neuzeit der Erde unter- scheiden wir das Tertiär, von -lern sich Spuren auf der Alb und im Oberland finden, und das Quartär, das wieder in das Diluvium oder Eiszeitalter und in das Alluvium oder die Gegenwart zerfällt, in der sich vor unseren Augen der Kalk- tuff ausscheidet und die Torfmoore bilden. Die tiefste Formation, die in Hohenzollern an der Erd- oberfläche in Erscheinung tritt, ist der B u n t s a n d s t e i n, v also die unterste Schicht des Mittelalters der Erde. Sein^;- Vorkommen verdient schon deswegen bei uns besondere Be-^ deutung, weil am Schwarzwaldrand der Satz gilt:" „Soweit~f der 8uintsandstein reicht, soweit reicht die echte Schwarz walulandschaft." In der Tat hat der der durch das Fisch- bach- oder Dießene^ Tai wandert, den Eindruck und das Gefühl, durch ein liebliches Schwarzwaidtal zu wandern, dessen Charakter durch die drei Naturschönheiten Wasser, Wiese und Wald bestimmt wird. Um den Buntsandstein ge- nauer kennen zu lernen, steigen wir im Fiscnbachial ober- halb Dießen zwischen der oberen Sägmühle und dem Fried- hofe in die tief eingeschnittene, mit fast undurchdringlichem Buschwerk bewachsene Bachschiucht hinab, deren Wasser schon etwas weite) oben durch einen Kanal der Dießener Mühle zugeleitet wird. Die Talwände des Baches und der Bodengrund setzen sich aus den Platten des Buntsandsteins zusammen, una zwar bis zur Mündung des Fischbaches in den Neckar unterhalb von Dettingen, unweit der Schiefer- tafelfabrik. Von dieser Mündungsstelle an zieht der Bunt- sandstein am westlichen Neckarufer ein kurzes Stück neckar- abwärts und aufwärts bis über Dettingen hinaus, wie ge legentliche Grabungen immer wieder zeigen. An der Ober- fläche ist er seltener zu sehen, weil ihn die im Dießener Tale so häufig auftretenden Kalktuffe, der Gehängeschutt und die Anschwemmungen des Fischbaches und des Neckars häufig bedecken. Nur an einer Stelle tritt er an einem etwa zwei Meter hohen Steilhang deutlich zutage, unweit der Ein- mündung der von Dießen herkommenden Straße in die Landstraße nach Horb. Dort mußte ich am linken Ufer des Neckars eine fast senkrechte Wand hinunterklettern, um einige Handstücke für das geologische Profil zu holen, das ich für die landwirtschaftliche Ausstellung in Haigerloch im Oktober 1949 anfertigte, das jetzt im Besitze der Land- wirtschaftsschule im Schlosse in Haigerloch ist Aber es bleibt nicht ohne Eindruck, wenn man einmal ai: dem geo- logisch tiefsten Punkt der Erdoberfläche in Hohenzollern gestanden ist, an der Stelle, an der der Neckar in Hohenzollern und in Württemberg allein den ^untsandstein berührt. Erst bei Zwingenberg oberhalb Eber- bach in Baden tritt er wieder in den Buintsandslein ein. Was wir im Dießener Tale und am Neckar sehen, ist Oberer Buntsandstein, der von oben her mit den roten bis violetten R ö t t o n e n beginnt, die man in Dießen und beim Schafhaus bei Grabungen am Hang manchmal an- schneidet. Unter ihnen folgen die Plattensandsteine, die bei stärkeren Bänken als Werksteine verwendet werden können, sonst aber ieicht schiefrig aufblättern, wie man an der Kirchentreppe in Detüingen sieht. Sie werden gegen- wärtig in Hohenzollern nirgends ausgebeutet. Ali Hohenzoliem im Jahre 1850 an Preußen kam. bemühte sich dieses sehr, dem Lande neue Arbeits- und Verdienst- möglichkeiten zu erschließen. Es ließ das ganze Land geo- logisch aufnehmen und nach Bodenschätzen forschen, unter anderem auch nach S t e i n k o h l e n . Wie wir gehört haben, liegt die Steinkohlenformation, also die Schicht, in der man Steinkohlen erwarten kann, im Altertum der Erde, somit unter dem Buntsandstein. Da dieser die am tiefsten ge- legene geologische Formation in Hohenzollern ist, so war es zweckmäßig, die Bohrung nach Steinkohlen da anzusetzen, wo der Buntsandstein bei uns ansteht. Man wählte dazu eine Stelle unweit der Mündung des Fischbaches in den Neckar, da wo heute die Schiefertafelfabrik steht. Die Bohrung be- gann im Jahre 1854 und wurde zunächst mit Ueberwindung von mancherlei Schwierigkeiten und unter großen Kosten bis zum Jahre 1858 durchgeführt. In jener Zeit hatte man

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Hohenzollerlsche Heimat Vier te l j ahresb lä t te r f ü r Schule und Haus

Herausgegeben vom Verein für Geschichte in Verbindung mit

Schrif t le i tung: Josef W i e s t , Gammer t ingen

Pre is ha lb jähr l ich 0.60 DM

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Buchdruckerei S. A c k e r , Gammer t ingen

Nummer 1 Gammertingen, Januar 1952 | 2. Jahrgang

H J o l j l a u f i m H a m e n Jz|UÖ DTJCIRT,

fcas HEUE 7 a t ) c o o c t j a n k n i f t .

Z ) a ö HEUE 7 a t ) c F o m m t T)ETEIN f o t ) e l l u n b F l a u ?

fo c p ü n f c t j i i Öuctj a l l E n Ein glücffEligEö H E U E Ö , gutEö J a \ ) n ,

( S i n H E U E Ö , gutEö 7 a t ) c , a fcötjlirtjE ? E i t , f o t u i E ^ ö 5 e c l i E b E d t o t t D a t E C ü o m ¿ f j i m r r i E l r a g E i t .

O 0 E L O B T f E i 7 E | U Ö u r i f c ^ F T A N A L

( H e u j u t j r s l i e b bes Had j t i r i äc t j t ec s in © a m m e c t i n g e n im 18./19. J a t j c t j u n b e c t . )

I. Teil

Von der Steinkohle zum Buntsandstein in Hohenzollern Von Michael W a l t e r

Gar of t wi rd m a n gef rag t : „Kann in Hohenzol lern nicht nach Ste inkohlen gebohr t we rden?" Die F rage ist nicht ganz unberechtigt , abe r zu ih re r B e a n t w o r t u n g m u ß m a n e twas we i te r ausholen.

Die Geschichte der Erde zerfäl l t , wie die Geschichte der Menschen, die auf der E rde wohnen, in v ier Zei ta l te r die Urzeit, das Al te r tum, das Mit te la l ter und die Neuzeit . Bei j edem dieser Ze i ta l te r unterscheidet m a n wiede r U n t e r a b -tei lungen, die als Format ionen bezeichnet werden . So spricht m a n im E r d a l t e r t u m vom Silur, vom Devon, vom Karbon oder der Steinkoihlenformation, vor P e r m oder dem Rotl ie-genden. Das Mittelal ter u m l a ß t die Tr ias (Dreiheit) mit Buntsands te in , Muschelkalk und Keuper , sodann den uns so woh lbekann ten Ju ra , der die Schwäbiscne Alb u n d ihr Vor -land au fbau t , und auße rdem noch die Kre ideformat ion , die aber' bei uns en twede r gar nicht zur Ausb i ldung k a m oder wieder abge t ragen wurde . In de r Neuzeit der E rde u n t e r -scheiden wi r das Ter t iä r , von -lern sich Spuren auf der Alb und im Ober land f inden, und das Quar tä r , das wieder in das Di luvium oder Eiszei tal ter und in das Al luv ium oder die Gegenwar t zerfäl l t , in der sich vor unseren Augen der K a l k -tuff ausscheidet und die Tor fmoore bi lden.

Die t iefs te Format ion , die in Hohenzol lern an der E r d -oberfläche in Erscheinung tr i t t , ist der B u n t s a n d s t e i n, v also die un te r s t e Schicht des Mit te la l ters de r Erde. Sein^; -Vorkommen verd ient schon deswegen bei uns besondere B e - ^ deutung, weil am Schwarzwaldrand der Satz gilt:" „Soweit~f der 8uintsandstein reicht, soweit reicht die echte Schwarz walulandschaf t . " In de r Tat ha t der der durch das Fisch-bach- oder Dießene^ Tai wander t , den Eindruck und das Gefühl , durch ein liebliches Schwarzwaidta l zu wande rn , dessen Cha rak t e r durch die drei Naturschönhei ten Wasser, Wiese und Wald bes t immt wird . U m den Buntsands te in ge-naue r kennen zu lernen, steigen w i r im Fiscnbachial ober -ha lb Dießen zwischen der oberen Sägmühle und dem Fr i ed -hofe in die tief eingeschnit tene, mit f as t undurchdr ingl ichem Buschwerk bewachsene Bachschiucht hinab, deren Wasser schon etwas weite) oben durch einen Kana l der Dießener Mühle zugeleitet wird. Die Ta lwände des Baches und der Bodengrund setzen sich aus den P la t t en des Buntsands te ins zusammen, u n a zwar bis zur Mündung des Fischbaches in den Neckar un te rha lb von Dett ingen, unwei t der Schiefer-t a fe l fabr ik . Von dieser Mündungss te l le an zieht der B u n t -sandstein am westl ichen Necka ru fe r ein kurzes Stück neckar -abwär t s und a u f w ä r t s bis über Det t ingen hinaus , wie ge

legentl iche Grabungen i m m e r wieder zeigen. An der Ober -fläche ist er se l tener zu sehen, weil ihn die im Dießener Tale so häuf ig a u f t r e t e n d e n Ka lk tu f f e , de r Gehängeschut t und die Anschwemmungen des Fischbaches und des Neckars häuf ig bedecken. Nur an e iner Stel le t r i t t er an e inem e twa zwei Mete r hohen Ste i lhang deutl ich zutage, unwei t der E in-m ü n d u n g der von Dießen h e r k o m m e n d e n S t r aße in die Lands t r aße nach Horb. Dort m u ß t e ich a m l inken U f e r des Neckars eine fas t senkrechte Wand h inun te rk le t t e rn , u m einige Hands tücke f ü r das geologische Profi l zu holen, das ich f ü r die landwir t schaf t l iche Auss te l lung in Haigerloch im Oktober 1949 anfer t ig te , das jetzt im Besitze de r L a n d -wir tschaf tsschule im Schlosse in Haigerloch ist A b e r es bleibt nicht ohne Eindruck, w e n n m a n e inmal ai: dem g e o -l o g i s c h t i e f s t e n P u n k t d e r E r d o b e r f l ä c h e i n H o h e n z o l l e r n ges tanden ist, an de r Stelle, an de r der Neckar in Hohenzollern und in W ü r t t e m b e r g allein den ^ u n t s a n d s t e i n be rüh r t . Ers t bei Zwingenberg oberha lb Ebe r -bach in Baden t r i t t e r w i e d e r in den Buintsandslein ein.

Was wi r im Dießener Tale und a m Neckar sehen, ist O b e r e r B u n t s a n d s t e i n , der von oben h e r mit den ro ten bis violet ten R ö t t o n e n beginnt, die m a n in Dießen und beim Schafhaus bei Grabungen am Hang manchma l a n -schneidet. Un te r ihnen folgen die P l a t t e n s a n d s t e i n e , die bei s t ä rke ren Bänken als Werks te ine ve rwende t werden können, sonst aber ieicht schiefrig au fb l ä t t e rn , wie man an der Ki rchen t reppe in De tü ingen sieht. Sie w e r d e n gegen-wär t ig in Hohenzol lern n i rgends ausgebeute t .

Ali Hohenzol iem im J a h r e 1850 an P r e u ß e n kam. b e m ü h t e sich dieses sehr, dem L a n d e neue Arbe i t s - und Verd iens t -möglichkeiten zu erschließen. Es ließ das ganze Land geo-logisch a u f n e h m e n und nach Bodenschätzen forschen, un te r a n d e r e m auch nach S t e i n k o h l e n . Wie w i r gehört haben , liegt die S te inkohlenformat ion , also die Schicht, in der m a n Ste inkohlen e r w a r t e n kann , im A l t e r t u m der Erde, somit u n t e r dem Buntsands te in . Da dieser die a m t iefs ten ge-legene geologische Format ion in Hohenzol lern ist, so w a r es zweckmäßig, die Bohrung nach Ste inkohlen da anzusetzen, wo der Buntsands te in bei uns ans teht . Man wäh l t e dazu eine Stelle unwei t der M ü n d u n g des Fischbaches in den Neckar, da wo heu te die Sch ie fe r ta fe l fabr ik s teht . Die Bohrung be-gann im J a h r e 1854 und w u r d e zunächst mit Uebe rwindung von mancher le i Schwier igkei ten und un te r großen Kosten bis zum J a h r e 1858 durchgeführ t . In j ene r Zeit ha t t e m a n

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2 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

eine Tiefe von 550 Metern erreicht, w a r durch den Bun t sand -stein hindurch tief in das Rotl iegende vorgedrungen, aber nicht auf Steinkohlen gestoßen Da bei einigen noch t ie feren Bohrungen in Wür t t emoerg auch ke ine Steinkohlen gefunden wurden , stell te man die Bohrungen in Dett ingen im J a h r e 1858 vorläufig ein, ließ aber die Bohrlöcher noch offen. Sie w u r d e n erst im J a h r e 1872 geschlossen, weil wei tere Boh-rungen im süddeutschen Raum keine H o f f n u n g gaben, daß bei uns je Steinkohlen gefunden werden können. Trotzdem w u r d e n im benachbar ten Sulz am Neckar, der al ten Salz • Stadt, im J a h r e 1888 nocnmals eine T ie fbohrung angesetzt. Dort m u ß t e man zuerst den Muschelkalk durchbohren, dann den in Sulz i 60 Meter tief mächtigen Buntsands te in . Das da-runter l iegende Rotl iegende wolite fas t kein Ende nehmer,. Als der Bohrer über 600 Meter darin e ingedrungen war . gab es eine f reudige Ueberraschung! Der Bohrkern förder te schwarze Schiefer ans Tageslicht und aus dem Bohrloch k a m t iefschwarzes Wasser! Eine f ieberhaf te Spannung herrschte in Sulz. Alles jubelte , g laubte man. doch, die so he ißer-sehnte Kohle ge funden zu haben. Aber die F reude dauer te n u r kurze Zeit. Das Wasser w u r d e wieder heller, n a h m eine t rübgraue F a r b e an, und der Bonrke rn l iefer te Urgestein, Gneis!! Welch eine Ent täuschung! Nicht nu r die Steinkobien-format ion, auch das Devon, das Silur, kurz das ganze Alter t u m und auch die Urzeit der E r a e fehlen im Unte rgrund von Sulz. Das RoLliegende liegt, wie so of t im Schwarz-wald, unmi t t e lba r auf dem Urgestein, u n t e r dem es keine Steinkohle gibt. Am 5. F e b r u a r 1890 w u r d e die Bonrung von Sulz eingesteht , nachdem der Bohrer eine Tiefe von 901 Meter erreicht hatte, von denen die letzten 29 Meter dem Gneis

angehören. Bei einer Tiefe von 710 Meter w a r die Tempera -t u r schon auf + 36 Grad Celsius angestiegen.

Wir s tehen jetzt vor der Frage : Wie kommt es, daß bei uns in der Tiefe der E rde keine Steinkohle liegt und daß auch die noch t iefer l iegenden Schichten fehlen? Seit einigen Jah rzehn ten kennt man den Grund. In der Zeit, in welcher sich in verschiedenen Gegenden der Erde die Steinkohlen bi ldeten, en ts tand bei uns ein gewaltiges Gebirge, den heu -tigen Alpen ähnlich. Es zog in der Richtung von Südwesten nach Nordosten, von Mit te l f rankreich über unsere Gegend nach dem Erzgebirge und nach Schlesien. Bei uns herrschte dor tmals ein heißfeuchtes Klima, so wie heute in den Ur -waldgebieten der Tropenländer . Unser ganzes Gebirge, das von der Wissenschaft „V a r i s k i s c h e s G e b i r g e " ge-nann t wird, w a r von einem üppigen Ürwald bedeckt. Ge-walt ige Regengüsse, die dor tmals fielen, schwemmten seine abs te rbenden S tämme in eine Reihe von flachen Mulden, die am Nordrand des Gebirges hinzogen. Die Schuttmassen, die von dem Gebirge he rabkamen , deckten die Holzmassen zu. Weitere S t ämme folgten, abe r auch wei tere Schuttmassen, die das Holz zudeckten und es vor Verwesung schützten. Durch Luftabschluß, Druck und Wärme verwande l te sich das Hoiz in Kohle. So ents tanden am Nordrand des Variskischen Ge-birges die Ste inkohlenlager von Aacnen, vom Ruhrgebiet , von Oberschlesien, zu denen „unser" Gebirge das Holz ge-l iefer t hat te , w ä h r e n d auf seinen Höhen na tu rgemäß keine Kohlenbi ldungen möglich waren . Das Variskische Gebirge ist fas t vollständig verschwunden, aber seine Wirkungen f ü r uns sind geblieben. Wir müssen das Holz, das auf ihm bei uns wuchs, heu te als teure Steinkohle zurückkaufen!

Von Pest, Hunger und Krieg Wie die Schweden im Dreißigjährigen Krieg im Kloster Mariaberg hausten.

Beim Einordnen von unverzeicnneten Ak te r im Fürst l ichen Archiv begegnete mir ein F ragmen t eines al ten ßescnriebs über die Ver lus te des Klosters Mar iaoerg im Dreißigjähr igen Krieg. Das achtseitige F ragmen t in Hochquar t fo rmat ist, der Schrif t nach zu schließen, nocn im 17. J a h r h u n d e r t von einer Klos te r f rau des Mar iaberger Klosters abgefaßt worden und gibt ein erschüt terndes Bild "on den hohen Verlusten, die dies Frauenklos te r im Dreißigjähr igen Krieg erli t ten hat . Das Manuskr ip t zeichnet ein überaus trostloses Bild der Situation des Klosters nach dem Dreißigjähr igen Krieg, Die Schreiberin des F ragmen t s ist nicht genannt , und es feh len jedwede Unterlagen, wie das Manuskr ip t in das Fürst l iche Arcniv kam.

Im folgenden sei das Wichtigste dem Fragment en tnom-men und im ursprüngl ichen 'Wortlaut h ie rher gesetzt:

Al ter Besenrieb, was die Klos te r f rauen ailhie in Mar ia -berg von 1633 in dem Schweder Krieg, Hunger und Sterbend, Rauben und Salvaquard ien (sie!) erl i t ten, Anno 1622 den 10. Jul l ius ist die Ers te r aubung geschehen um 1 Uhr Nach-mittag.

Erstlich Melck-Kühe eine in die andre angeschla-gen u m 12 fl. 32 Stück thut 384 fl An Zug-Ochsen 12 Stück das P a a r u m 35 fl. an -geschlagen thut 210 fl. An Schmahlen Vieh das Paa r um 20 fl. gegen 40 Stuck thu t 400 fl. An Rossen Eins ins Ander gerechnet oder an-geschlagen u m 50 fl. sind an Rossen gewesen 13 Stück mit e inem Fül len thut 660 fl. An jungen Kälber das P a a r angeschlagen um 6 fl 16 Stück thu t 48 fl. Junge Förlen eins um einen Reichs-Thaler ange-schlagen 9 Stuck thu t 15 fl. An großen Schweinen 5 Stück thu t 25 fl. An 14 Schweinen eine um 4 fl. angeschlagen thu t 56 fl. An neun a l ter und jungen Gaißen thut 9 fl. An b a r e m Gelt genohmen 1 100 fl. An Silbergeschirren genommen 1 Kelch und ein kleines Kelchlein mi tsamt Beeden Pa theen und ein Vier theiligen Becher, auch noch ein kleines Becherlein samt 15 beschlagenen Löffel .

B e i d e r a n d e r n R a u b u n g :

Haben wir verloren 15 Meßgewänder . Wir haben auch einen ganzen Kel ler mit Wein angefül l ten Fässer gehabt, auch viel Le inwand und Bethgewandt und Bether : auch Fleisch, Schmalz Salz und auf die 100 Vierte1 Ayer. Das sind zehn Tausend und noch 2 Tausend. Dies alles ist uns in diesem Raub genohmen worden.

B e y d e m d r i t t e n R a u b haben wi r müssen an Barem Gelt geben dem Capi-tän Leu tenan t 300 fl

u n d 6 fl. und f ü r den Würt tembergisch. F u h r - Z u g dem Fendrich 12 fl.

Es folgen dann die Ver lus te an Früchten und was an Früchten dem Präd ikan ten zu Mägerkingen an seine er l i t -tenen Schaden verbesser t hat .

Auf Seite 4 des F ragments heißt es wei ter : „Anno 1633 ist geschehen (denn alles im Grund nicht zu

beschreiben ist), daß von Wür t t emberg aus Ueber die dreißig Musterd iener in unser Gotteshaus geschickt worden mit Be-fehlgebung Unser Kloster e inzunehmen. Dessenwegen w ü r Von denen Fürst l ichen BefehlsHabern , Von Trochteif ingen auß, in Unser Kloster und GottHaus be ru fen worden. Da-mahlen w ü r dann mit Anloben und Behuldigung zu F ü r s t -lichen / : Würtenbergischen / : Un te r thanen und Gehorsam, sa-mentlich un te r seine Gewaldt bezwungen worden: W ü r ha -ben unsern Willen hier zu geben müssen. Nach solchem haben w ü r unser Gottshau? mit höchsten Schmerzen müssen verlassen, und ist ein Würtemoergischer Comissari samt etlichen Musterd ienern allda verbliDen und haben auf die 2 j ä h r lang Unser Got tshaus innen gehaßt : Es ist un te r diesen 2 J a h r e n unser Kloster oft und in vielen unterschiedlichen manlen ganz ausgespähet und verderbe t worden, das sol-ches nicht zu beschreiben ist.

Nach dem allem, da das Kayserl iche Volck wide rum an-kommen war , hat der Würt tembergische Comissari samt seinen beygehabten Muster -d ienern wider Von unserem Gottshaus müessen abweichen, und seinem Land / : nemiieh W ü r t e m b e r g : / zueilen müssen, oder zugeeilet.

Wür haben a lsdann nichts mehr gehabt weder Roß noch Vieh, kein einiges, lebendiges Thier, haben einem Nach-bauren ein Stück Brot f ü r ein Kaz gegeben. W ü r haben müessen hacken, damit w ü r nu r ein Stück Brod könnten haben: Auch haben w ü r Träschen müessen, F rauen und Schwestern, a lsdann die Früchten nachher Trochteif ingen auf den Köpfen Tragen, bey Tag und bey Nacht, o f te rmahlen 3. mah l im Tag.

Wür sind so oft und Viel ausgeplünder t worden, das wür an dem hl Weyhnacht-Fes t haben müessen Hoiz-Aepfel f ü r Hunger essen und sind so a r m gewesen das wir Keinen Geistlichen haben könnten : Wür haben auch müessen unge-schmalzen Essen, W ü r haben f e rne r auch Brennässe lkraut und Milchdistel und ander ley Kräu te r , wie man pflegt dem Vieh zu geben, das haben .vür gegessen. Es ha t sich Her r O b e r a m t m a n n Christoff Bit ter l in von Zwifa l ten Ueber uns Erbarmet , und ha t Uns eine Gaiß geschenket, damit w ü r

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 3

w i d e r k ö n n t e n Schmalz an eine Suppen haben . Es ha t uns auch Magis te r Georgius Benckler , P f a r r h e r r zu Inner ingen , e inen ha lben Zen tne r Schmalz gegeben. Der l iebe Gott wol le solche Barmherz igke i t Tausendvä l t ig be lohnen.

H e r r Magis te r Mar t in Benckler , gewes ter Dechant zu Trochte l f ingen, ha t das ganze Convent auf die 3. J a h r lang, bey I h m e in se inem Pfa r rho f gehab t u n d uns al le Wochen 2 m a h l zu Gast gehal ten . Er ha t auch seine Baasen W a l d -b u r g a Benckler in u n d J o h a n n a Scherer in unse re Mitschwe-s te rn ein ganzes J a h r l ang au fgenohmen , denn w ü r haben uns nicht m e h r e rha l t en und n ä h r e n können . W ü r haben nicht genug H a a b e r - und Ger s t enbrod gehabt , daß m a n uns ha t verschicken müessen.

Zu Müns te r l ingen sind auf ein J a h r l ang dre i aus u n s e r m Got teshaus gewesen. W i d e r u m darnach Anno 1635 zwey von uns auf 2. J a h r lang. Sie haben zu Müns te r l ingen die Noth-d u r f t gegeben an Speiß u n d T r a n k u n d Kleider , de r l ieben Gott wol le alles reichlich belohnen.

Anno 1635 ist ein S t e r b e n d bey uns gewesen, es sind 7 Mitschwestern in 4 Wochen ges torben: bey e ine r Schwester ha t es den Anfang gehab t u n d ha t sich geendet bey e iner Schwester . Zuvor haben sie unterschiedl iche Gloggen hören leut ten , u n d haben auch hören be t ten , w ie w a n m a n eine Pe r sohn vers ieht , u n d der P r i e s t e r das Hochheil ige Vene-rab i l e Trug, u n d im Klos te r he rumginge . Es ha t dieses auch mit uns gehör t Magis ter Andrea s Benckler , gewes te r P f a r r -h e r r zu G a m m e r t i n g e n ; E r ist u n s e r H e r r Be ich tva t t e r ge-wesen, dieweilen Unse r H e r r P . P r io r auch kirank wäre .

Anno 1640 haben w ü r den Mühl - s t e in aus der hiesigen Mühl v e r k a u f t u m 30 fl. U m dieses Geld haben w ü r ein Me lck -Kuhe e rkau f t , das ist dann w i d e r u m unse r ers tes Kuhe-Viech gewesen. Anno 1638 ist von u n s e r e r Schwes te r Doro thäa H a g m ä n n i n auf de r Scheer gebür t ig ein H e r r B r u -der mi t N a m e n Magis te r Georg H a g m a n in dem u n t e r e n B a y e r l a n d in e inem Dorf P f a r r h e r r gewesen. Derse lbe ist in Gott verschieden. Diesen ha t gemel te Schwester e re rb t , es w a r ihro zuteil geworden 100 fl.

U m b diese 100 fl. haben w ü r 2. Roß u n d auch 1. K u h e r -k a u f t u n d haben dami t angebauen .

Aber anbey ist e s ' uns icher gewest der uml iegenden Sol-da ten wegen, daß w ü r haben müessen etliche j ä h r h indurch Sa lvaqua rd i e haben, sind jedoch bey a l lem d e m e nicht a l l -weg sicher gewesen. Sie haben uns gar viel gelt u n d A n -deres m e h r gekostet , d e n a es haben al le Tag I h r e r 4 mües -sen Wacht s tehen in denen Wäldern u n d Hocken.

J a sogar' d ie jenigen F r a u e n und Schwestern , welche gut in die F e r n e haben sehen k ö n n e n u n d wohl gehen könten , haben sich in Wälde rn und Hocken au fgeha l t en u n d v e r -borgen: mi t N a m e n F r a u Walbu rga Benckler in Von Se i ten-hard , F r a u Benedic ta Hagin von Munderk ingen , F r a u Scho-las t ika Hoigin Von Mengen und F r a u Mar ia Magda lena Reisser in von Trochte l f ingen. W i d e r u m Schwes te r Doro thäa H a g m ä n n i n Von de r Scheer, K a t h a r i n a . . . " (hier re ißt das Manuskr ip t ab).

Aus dem Mitgete i l ten ist woh l sicher zu en tnehmen , daß die Schreiber in des s aube r geschr iebenen Manusk r ip t s noch als Augenzeugin den Ruin des Mar i enbe rge r Klos ters er lebt hat . Die Ver fas se r in schreibt ja i m m e r von „uns", von „ u n -se rm K o n v e n t " u n d n e n n t ja auch eine ganze Anzah l von N a m e n wie z. B. die N a m e n der Wache s t ehenden Schwe-stern. Ebenso ist an dem Manusk r ip t spürba r , daß die V e r -fasser in sich b e m ü h t , darzulegen, wie das Klos te r wieder aus dem Ruiin h e r a u s g e k o m m e n sei u n d w e r es dabei u n -te rs tü tz t habe. Auch w e n n m a n es f ü r möglich häl t , daß die Ver fasse r in gelegentlich zu Uebe r t r e ibungen neigt, wie z. B. bei der Schi lderung de r Holzäpfe l u n d Milchdisteln auf dem Weihnachts t isch der K los t e r f r auen von Mar iaberg , so ist es doch ohne we i t e res möglich, daß als Folge des R a u b -zuges de r Schweden solche Z u s t ä n d e in dem Mar i abe rge r Klos te r geherrscht haben . Das Manuskr ip t läßt a u ß e r d e m Schlüsse darauf zu, daß das F r a u e n k l o s t e r in Mar iabe rg vor dem 30jähr igen Kr ieg sich eines Wohls tandes e r f r eu te , denn allein aus den Zah lenangaben übe r den ausnahms los ge raub ten Viehs tand k a n n m a n en tnehmen , w a s das Kloster vor dem Schwedene infa l l besessen hat te .

Dr. Johs. M a i e r.

Wie es im 30jährigen Kriege in unserer Heimat zuging Ein Beitrag zur Geschichte des Dorfes und der Pfarrgemeinde Bingen bei Sigmaringen

Von Josef D e s c h 1 er, Lehre r , Abiach.

,,D' Schweda send k o m m a , mi t P f e i f a u n d I r o m m a , h a u n d d' Feans te r neigschlaga, h a u n d s' Blei fo t t r aga . h a u n d Kugla d r a u s gossa, h a u n d B a u r a verschossa, haund Buba v e r b r e n n t , d' Weiber u n d d' Mädle send da Busabe rg n a u f g r e n n t . "

Mit d iesem Kinderspruch , der mi t ört l ichen Verschieden-hei ten in u n s e r e r J u g e n d u m die J a h r h u n d e r t w e n d e in vielen Dör fe rn Hohenzol le rns noch zu hören war , w u r d e die E r in -n e r u n g an j ene schrecklichen Zei ten wachgehal ten , in denen die Kr iegshee re des Kaisers , d e r Liga, der Union, der Schwe-den, der F ranzose r u n d der a n d e r e n Völker Buropas vor 300 J a h r e n Deutschland über f lu te ten u n d b e i n a h e bis zur Vern ich tung ve rwüs te ten . E.= ist nicht beabsichtigt , übe r die a l lgemeinen, politischen u n d kr ieger ischen Ereignisse dieses langen K a m p f e s voil b lu t iger Schlachten glorreicher Siege, aber auch eines unaufhör l i chen Wechseis von Glück und Ver lus t zu ber ichten. Es wi rd hier n u r versucht , auf Gnand der in der Gemeinde Bingen l agernden Quel len (Kirchen-bücher de r P fa r r e i , Hei l igenrechnungen, Pro tokol le des D o r f -gerichts und Gemeinde rechnungen von Bingen) die E m - und Auswi rkungen des Kr ieges auf und in de r Gemeinde u n d P f a r r g e m e i n d e (Bingen, Hi tzkofen, Horns te in) in w i r t s cha f t -licher u n d bevölkerungspol i t i scher Hinsicht aufzuzeigen u n d darzuste l len , die Kr iegs le iden zu schildern und den A n n e n ein Denkmal zu setzen. Es d ü r f t e woh l begreiflich sein, daß dieses 30jährige Ringen u m Religion, Besitz, Macht u n d Recht mi t den Kr iegen u n s e r e r Zeit k a u m vergl ichen w e r d e n kann , w e n n auch m a n c h m a l ein Vergleich mit den von uns al len er lebten le tz ten Kr iegs tagen u n d der e rs ten Resatzungszei t recht n a h e liegt. T r e f f e n d kennzeichnet Eugen Schnell diesen Krieg mit fo lgenden Wor ten : „Es gibt wohl k a u m ein Stück de r deutschen Erde, das nicht von der Kriegsfackel des 30-jähr igen Krieges be leuchte t wä re . Das ist gerade das M e r k -mal dieses großar t igen Krieges, daß e r in eine Unzah l von k le inen Kr iegen sich auf lös te . In den 30 J a h r e n von 1618 bis 164r h a t t e jedes J a h r se inen eigenen Krieg, u n d j ede r Kr ieg spiel te auf e inem a n d e r e n „Kr iegs thea te r" . Daß von diesem Kr iegs thea t e r auch einige k le ine re Szenen auf Hohenzol lern

f ielen, d ü r f t e auf der H a n d liegen, wei l die be iden G r a f e n und spä teren F ü r s t e n von Hohenzol ie rn-Hechingen u n d Ho-henzo l l e rn -S igmar ingen als kaiser l iche und bayer ische Rä te Mi tbeg ründe r der Liga (des ka th . Fü r s t enbundes ) w a r e n .

Während des 1. Kriegsabschnittes (1618—1630) scheint Hohenzol lern n u r von den Durchzügen de r ka i se r -lichen u n d ligistischen T r u p p e n b e r ü h r t u n d durch E i n q u a r -t i e rungen und Cont r ibu t ionen (Kriegssteuern) be las te t w o r -den zu sein. In den aiuf dem R a t h a u s in Bingen bef indl ichen Or ig ina lu rkunden aus dieser Zeit (Gemeinderechnungen u n d Gerichtsprotokolle) f inde t de r Kr ieg ke ine E r w ä h n u n g . Es ist abe r auch möglich, daß j ene U r k u n d e n , die be im B r a n d e des ha lben Dorfes im J a h r p 1633 vernichte t w u r d e n , m e h r übe r die Zeit bis 1633 en tha l t en hä t ten . In der Hei l igenrechnung vom J a h r e 1651 w i r d dagegen bemerk t , daß die Pf leger „Un-se re r Lieben F r a u e n zu Bingen ' von den e ingenommenen Früch ten 11 Mal t e r 5 Vier te l 2 lnrni u n d 3 Mi ;er 3 Vier te l Veesen wegen de r e in fa l l enden r e u t h e r der Gemeind t zu k a u f e n gegeben", das Mal t e r H a b e r zu 7 fl. (Gulden) , u n d das M a l t e r Veesen zu 12 fl. Aus de r gleichen Rechnung en t -n e h m e n wir , daß im g e n a n n t e n J a h r e eine Renovie rung der P f a r r k i r c h e ve rgeben wurde , w o r a u s zu e r sehen ist, daß die B e w o h n e r der P f a r r g e m e i n d e noch nicht viel vom Kr ieg ve r -spür t haben d ü r f t e n . Es heißt in d e m Ver t r ag : „Den 5. Sep-t e m b e r diß l a u f e n d e n 28. j a h r i ist im Beisein R. P. Wießen-steigers zwiefal t iscb -n Großkhe l ie r s (des Cel lerars — Geld-v e r w a l t e r s — des Klos ters Zwiefa l ten , das im Besitze des Kirchensatzes und ande re r Güte: in Bingen war ) P f a r r n e r r s u n d be ide r Hei l igenpflegern mit H. J o a n n e Jüngl ing , Mahler , fo lgender gestal t con t rah ie r t worden : Den Chor, Capellen, Sacristei , das Langhaus , den hohen Altar , Borki rchen (Em-poren), Canzel, l3eichtstuel, Gestuel im Chor beidersei ts , Thüren , Gä t t e r f ü r die Al tä re . Chor u n d Capel len soll e r s aube r r enov ie ren u n d zurichten. E r solle 2 n e u e A l t ä r e a u f -stellen, die Arbe i t en und das Mate r i a l se lber l i e f e r n u n d alles Nötige beschaffen . F ü r diß alles ist gedachtem Jo. Jüng l ingen versprochen w o r d e n 2600 fl." (Ein M a u r e r ve rd ien te des Tags 28 x (Kreuzer) , 100 Ziegelsteine kos te ten 44 x, 100 Dach-

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4 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

p la t t en 52 x, 1 Scheffe l K a l k 40 x.) Die obengenann te Hei l i -genrechnung schließt in E i n n a h m e n u n d Ausgaben wie folgt ab: E i n n a h m e n an Fruch t u n d Geld 1981 fl 28 x 5 h (Heller) . Ausgaben w a r e n es 1752 fl 5 x 2 h, so daß bei den Pf legern ein Ueberschuß von 233 fl 23 x 3 h blieb. Als Beweis f ü r den wir t schaf t l ichen Niedergang durch den Kr ieg möge gleich der Abschluß der Hei l igenrechnung von 1647/48 folgen: E in -n a h m e n an Geld u n d F rüch ten 109 fl 4 x 6 h, Ausgaben an Fruch t u n d Geld 105 fl 53 x 4 h, so daß bei den P f l ege rn noch 3 fl 11 x 2 h verbl ieben.

In den Ki rchenbüchern de r P f a r r e i , die vom damal igen P f a r r e r Magis te r J o h a n n e s Chrysos tomus Vischer (Fischer) im J a h r e 1625 neu angelegt u n d w ä h r e n d des Kr ieges bis •¿XL se inem Tode vorzüglich g e f ü h r t w u r d e n , ist aus dem T a u f -buch f ü r das J a h r 16^8 zu ersehen, daß Solda ten im Dor fe e inquar t i e r t wa ren , denn a m 13. 4. u n d 16. 4. s ind die Cor -pora le J a k o b Gra iß und Bar tho lomais Roggenbach des h a u s -männischen Reg iments P a t e n zweier D o r f k i n d e r . In den a n -deren Ki rchenbüchern des gleichen J a h r e s f i n d e n w i r auch, daß in der P f a r r e i 36 Gebur ten , 7 Vers to rbene , 4 Hochzei ten und 535 Os t e rkommun ionen verzeichnet sind. Von den K o m -munionen en t f a l l en auf Bingen 370, auf Hi tzkofen 100 u n d auf Horns te in 65. Da es sich h ierbe i f a s t n u r u m Erwachsene handel t , ist die E inwohne rzah l der D ö r f e r erhebl ich größer gewesen.

Im 2, Abschnitt des Krieges, im sogenannten „Schweden-krieg" (1630—1634) ha t t e auch u n s e r e He ima t alle Schreck-nisse des Kr ieges in re ichem Maße zu spü ren bekommen . Nach den Siegen des Königs Gus t av Adoif von Schweden über die Kaiser l ichen bei Bre i t en fe ld 1631 u n d a m Leen bei Ra in 1632 k a m de r Kr ieg auch in u n s e r Land . Schon im Ju l i 1632 s t r e i f t en die Fe inde unse r Dorf , u n d als e rs tes Opfe r w u r d e „Matheus A m a n n von den schwedischen R e u t h e r n in der P l ü n d e r u n g erschossen." (E in t rag im Kirchenbuch vom 4. Ju l i 1632.) A m 6. Ju l i heißt es: „Kind ohne N a m e n des Mar t in Kepp le r u n d de r M a r g a r e t h e Schneider in ges torben vor de r T a u f e in der schwedischen Flucht ." Nach der Schlacht bei Lützen u n d d e m Tode Gus tav Adol fs a m 16. November 1632 w a n d t e n sich die wi lden H o r d e n abe rma l s nach S ü d -deutschland u n d bese tz ten mit den W ü r t t e m b e r g e m , die als Mitgl ieder der Union (evangelischer F ü r s t e n b u n d ) mi t ihnen v e r b ü n d e t wa ren , auch die G r a f s c h a f t e n Zollern, Ver ingen und Sigmar ingen . A m 5. März 1633 w u r d e von ihnen Sig-mar ingen erober t , die Kaiser l ichen w u r d e n in e inem blut igen Gefecht n iedergemacht oder ge fangen , und das Schloß Sig-mar ingen w u r d e in B r a n d gesteckt. Nicht besser erging es der Umgebung . Das Dorf Bingen w u r d e angezündet und ha lb in Asche gelegt. Sichern Bescheid d a r ü b e r gibt uns de r A n -h a n g e iner Ver t r agsabschr i f t zwischen der S tad t S igmar in -gen u n d der Gemeinde Bingen vom 25. J u n i 1639 über e inen a m 27. J a n u a r 1605 geschlossenen Vergleich wegen W a l d -u n d Feldgerecht igkei ten im Wei tha r t u n d im Ziegelhoiz. Es heißt da r in : K u n d t u n d zu wissen seye a l lermännigl ich mit d iesem gegenwär t igen t r ans f ix , als auf obbenrmnten Tag, Monat u n d J a h r (27. i . 1605) zwischen der S tad t S igmar ingen an einem, sodann e iner Gemeind t zue Bingen a m a n d e r n thai l zween g le ich lautender auf P e r g a m e n t ve r fe r t ig te r Brief aufger ichte t u n d j edem tha i l e iner z w a r zuegestell t , de r Ge-meind t Bingen abe r ih r E x e m p l a r nach dem 29. May anno 1633 bei dem v o r ü b e r g e h e n d e n Schwed i schen-Rhe ingrä f -lichen Marche, damalen der F leckhen Bingen teils in die Asche gelegt, neben a n d e r e n ih ren br ie f l ichen Documenten v e r b r a n n t worden , denen von Bingen auf ihr Ersuchen a m 25, 6. 1639 eine Abschr i f t ausgehändig t wurde . " Die schwe-disch" wür t t emberg i schen T r u p p e n scheinen bis Herbs t 1634 in der Gra f schaf t S igmar ingen gelegen zu haben . Auch das Kirchenbuch gibt uns wieder Aufschluß . I m T a u f b u c h f i n -den sich fo lgende Ein t räge : „22. März 1633, Kind Mar ia des Melchior D r e h e r und der K a t h a r i n a Mayr in ge tau f t in Sig-mar ingen , wegen der a n w e s e n d e n schwedischen Soldaten." Ande re K i n d e r w e r d e n in Scheer ge t au f t . ' E n t w e d e r juch ten die M ü t t e r zi ' r E n t b i n d u n g sicherere Or te auf , oder de r P f a r -re r w a r gerade abwesend oder auf d e r Flucht.)

Im Ste rbebuch ist zu lesen, „daß a m 15. J a n u a r i 1634 H an s H a u g von e inem Soldaten wegen se iner P f e r d e erschossen wurde . " Ebenso erging es dem „Chr is toph Henne , der seine P f e r d e durch die Flucht r e t t en woll te , von e inem Solda ten mit e ine r Kugel durchbohr t w u r d e und an den e r l i t t enen W u n d e n a m 13. Augus t ges torben ist." Die Hei l igenrechnung von 1634 sagt uns, daß Jakob Schneider auf dem Wege nach Scheer, wohin e r an den Melchior Stöckli den Zins in Höhe von 15 fl t r agen sollte, un t e rwegs von den Schot ten (solí w o h l Schweden heißen) ausgep lünde r t worden sei."

Gegen J a h r e s e n d e k a m e n w i e d e r kaiser l iche T r u p p e n d a -r u n t e r auch piccoiomimsche Rei te r ins Dorf, denn vom 2. 12.

1634 an sind m e h r e r e So lda ten des genann ten Regiments P a -ten bei Bürge rk inde rn . Anscheinend bes tand zu dieser Zeit ein er t rägl iches Verhä l tn i s zwischen Solda ten und Q u a r t i e r -wi r ten , denn auch die Off iz iere „Her r L e u t e n a n t h P e t e r Ep-lin und H e r r K a p i t a n u s H ie ronymus B a r r des lehner ischen Reg." un te rz iehen sich dieser Ehre . Bei den im Dorfe ge-borenen So ida tenk indern , die auch im Kirchenbuch verzeich-net sind, amt i e r en als P a t e n de r Fe ldscherer Georg F ü n f e u n d die Fe ldwebe l s -Hausf rau 1 A n n a Gusoni. A b e r noch schl immere Gäs te h ie l ten an fangs 1635 ungebe ten ih ren E in -zug in das Dorf: Pest , H u n g e r u n d Tod. Vielleicht ha t diese Notzeit die Söldner u n d die B ü r g e r zu e iner engeren Lebens -gemeinschaf t zusammengeschlossen, denn im Angesichte des Todes v e r s t u m m e n alle Gegensätze. U n d de r Tod hielt im J a h r e 1635 in der Pfai r rgemeinde reiche Ern te ! Lau t Ki rchen-buch s t a r b e n in de r Zeit vom 29. Mai bis 10. August 23 E r -wachsene an Hunger . D a r u n t e r be f inde t sich der „Hans Baur , der a m 12. Ju ly h inausgegangen ist nach Pf i f f e r l ing , dase lb -s ten im Wei tha r t he rnach todt ge funden , von e inem von Sig-mar ingendorf bei e iner aich vergraben , den 17. Ju ly wiede r ausg raben u n d here in auf den Friedhof ge fue r t worden ." Auch die M a r g a r e t h e Gul in ist wohl an H u n g e r u n d E r -schöpfung gestorben, denn es heißt von ihr : „Die Marga re the Gulin ist in Schär h in t e r de r Zehn tscheuer todt gefunden , von den H u n d e n schon angenag t u n d zue Schär begraben worden ." Noch schrecklicher w u r d e es in den nächs ten Mo-na ten , als die Pes t die durch H u n g e r e n t k r ä f t e t e n Leiber b e -fiel u n d Tag f ü r T a g ih re zahlre ichen O p f e r fo rder te . Bei den nach d e m 20. Augus t 1635 Vers to rbenen ist der E in t rag ins S te rbebuch : „Sequentes p le r ique pes te obierunt" . (Die Folgenden sind meis tens an der Pest gestorben.) Am f u r c h t -ba r s t en w ü t e t e die Seuche im Monat Oktober , wo manchmal an e inem Tage 5—8 Erwachsene u n d 5—10 K i n d e r s ta rben . I m S te rbebuch des J a h r e s 1636 machte der P f a r r e r in Late in e ine Nota, die in deutscher Ueberse tzung lau te t : „Im v e r -flossenen J a h r e sind in der P f a r r e i Bingen durch H u n g e r u n d Pes t aus al len S tänden , Geschlechtern u n d Lebensa l t e rn 368 Pe r sonen gestorben." E r f ä h r t dann for t : Ande re sind nicht duirch Hunge r sno t u m g e k o m m e n , sondern in den Kr ieg gezogen, oder, durch Hungersno t gezwungen, in f r e m d e L ä n -der ausgewander t , zumal , da nach den l a n g a n d a u e r n d e n U n -annehml ichke i t en des Krieges u n d der Hungersno t ein H a -gelschlag die ü b e r a u s herr l iche H o f f n u n g des Landmannes , die die H a n d des Schni t ters fo rde r t e , an der Vigil des hl. Lau ren t i u s (also a m 9. August , vor der Ernte) sehr rasch u n d vol ls tändig zers tör t ha t te ." F ü r w a h r , auch h ie r k a n n m a n sagen: „Es k o m m t sel ten ein Unglück allein!"

Nach der Schlacht bei Nördl ingen a m 7. Sep t ember 1634 wiede rho l t en sich die T ruppendurchzüge u n d E i n q u a r t i e r u n -gen häuf iger . Auch m e h r e n sich die Fä l le (wie schon oben vom P f a r r e r a n g e f ü h r t ) , daß sich B ü r g e r u n d Bürge r söhne den Soldaten anschlossen u n d l ieber bei j enen wa ren , die r aub ten , p l ü n d e r t e n u n d schlugen, als bei diesen, die solches e rdu lden muß ten . F ü r diese Ta tsache gibt uns das Ger ichts-protokol l die Belege. A m 24. F e b r u a r 1641 erscheint der P e t e r Heid ing vor d e m Dorfger icht u n d bittet , „daß m a n ihm die se inem Toch te rmann J e r g Lezauf von Riedhausen , der vor versch iedenem Herbs t fünf J a h r e n mit dem leu-wischen Regamen t in I ta l ia marschier t , in Bingen gehörende Vermögenschaf t aushänd igen möge, da e r e r f a h r e n habe, daß besag te r Lezauf nicht m e h r a m Leben sei. Als Zeugen f ü h r t er den J e r g Bengel von Rosna an, dessen Aussage u n d Ver -n e h m u n g also aufgezeichnet ist: „Jerg Bengel von Rosna u n -ge fäh r seines Al te r s 38, kundscha f t e t nach p rä s t i e r t em Aid u n d E r i n n e r u n g de r h a r t e n S t ra f f Maynaids , wie er der Zeug vor fünf J a h r e n mit J e r g Lezauf auch ein Soldat u n d e r m leuwischen Regamen t u n d e r s Obr is ten Compania mi t in I t a -lia marschier t , seien u n t e r e iner Capora ischaf t gewesen, als abe r das ganze Regamen t u m b verschienen Jakob zway J a h -ren vor de r S tad t und Fes tung Marcel l (?) gelegen und mit S t u r m angelof fen , hab er Zeug mit seinen se ibs ten Augen gesehen, daß der J e r g Lezauf , welcher sein Zeug gu te r Lanz -m a n n gewesen, neben a n d e r n m e h r in demselben S t u r m sey verschossen, u n d bey e iner Mille uff e inen schuzzweit vor der Stadt , im f r e y e n fe ld t beg raben worden ."

F e r n e r ist a m 8. Mai 1646 vor Schul theiß u n d Gericht e r -schienen: „El isabeth Kraus in von Gef r ids in Oesterreich ge-legen, mi t Vorwe i sung eines Ehebr ie f s u n d Verkündtsche ins vom H e r r n Obr i s t en -Wachmeis te r Daniel Mil ler des löblichen enkhenver t i schen Regaments , welche damit, zu ve r s t ehen ge-ben, daß J a k o b Kienin (Kiene) ein Soldat von Bingen ihr ehel icher Mann gewesen sei u n d anno 1645 vom Fe ind vor J ankhof f ( J a n k a u i. Böhmen) tödlich bl ieben sey: mit b e -gehren, was ihr gewesener E h e m a n n selig an Ve rmögen -schaf t ü b e r die Schulden zu Bingen h in ter lassen , daß ihr

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 5

Soiiiches folgen möcht," Auch im Ste rbeouch des J a h r e s 1637 wi rd eines Gefa l l enen gedacht . „Daß Mar t in B a u r von Bin-gen in dem Kr iegswesen aus dem Leben abge fo rde r t worden , haben neben a n d e r n a l lhier r e fe r i e re t H e r r Antoni Hule t piccolominischen Reg. Ri t tmeis te r . " Auch von dem Chr is toph Baur , der im J a h r e 1635 mit dem gleichen Reg. gezogen ist, ha t m a n nichts m e h r gehör t (also vermißt) . Neben diesen ge-fa l l enen u n d in f r e m d e r E r d e r u h e n d e n Söhnen der Ge-me inde scheinen aber noch we i t e re der W e r b e t r o m m e l ge-folgt zu sein, die dann in f e r n e n Landen nach Kr iegsende w i e d e r zu e iner bürger l ichen Tät igkei t gekommen sind, denn es b i t t en spä te r be im Ortsger icht u m den Gebur t sbr ie f :

1. H a n s Gaiss(er) , welcher je tzo in dem kayse rhchen Spi tha l zu Wien f ü r e inen P i s t o r - B e k h e n sich au fhä l t .

2. J o h a n n Schneider , welcher gesonnen ist, sich zu E h r e n -stein im Elsaß gelegenen hauserb l ich zu setzen.

3 >eorg Wirt, de r sich mit de r eh r u n d t u g e n d s a m e n J u n g -f r a u M a r g a r e t h e Klezin des Enge lber t Klezin von P f l e r z a m u n d im köllischen Land gelegen, ve rhe i r a t e t ha t ."

Die Aben teuer lus t u n d das wi lde So lda ten - und L a g e r -leben scheinen auch das weibliche Geschlecht in ih ren B a n n gezogen zu haben, denn in den J a h r e n 1646—1652 t r e t en v e r -schiedene Bürger töch te r an das Ortsger icht he ran , ihnen zur E i n b ü r g e r u n g u n d Ve rhe i r a tung die Gebur t sb r i e fe u n d das Zeugnis des ehrl ichen Verha l t ens an ih ren neuen Wohnor t zu senden. Diesem Abgang gegenüber ist auch Zugang zu verzeichnen. Schon im J a h r e 1636 ha l t en u m das B ü r g e r -recht in Bingen an : H e r r L e u t e n a n t h Andrea s Kess ing von Kons tanz und Ulrich Nizel von Auerbach in der Oberpfa lz

Soldat . Daneben k o m m e n auch in den nächs ten J a h r e n bis 1652 bei der B ü r g e r a u f n a h m e immer wieder neue, im Dorfe nicht heimische N a m e n vor. Ob es sich dabei u m ausge-schiedene Solda ten oder u m bürger l iche Pe r sonen hande l t , ist nicht zu ersehen, das e r s t e r e ist wohl ö f t e r s anzunehmen . So b i t te t auch ein gewesene r Soldat H an s J e r g Miller, Z im-m e r m e i s t e r aus Gran ing (Grenig?) im E i senburge r l and u m A u f n a h m e u n d verspr icht dabei , f ü r seine Arbei t in Bingen des Tags n u r 12 x zu nehmen , w ä h r e n d er in der F r e m d e 20 x ve rd ienen könnte . Von v o r e r w ä h n t e m L e u t n a n t Kess ing ist noch zu ber ichten, daß er einige J a h r e z u s a m m e n mi t dem Magis te r ar t . IIb. J o h a n n P f e i f e r (wohl aus Bingen, da der N a m e oft v o r k o m m t u n d e rs t vor k u r z e m in Bingen e r -loschen ist) horns te in ischer Vormundsvog t war . E r h a t t e auch einen he f t igen Stre i t mi t S to f fe l Visch (Chris toph Fischer) Schulmeis te r und Gerichtsschreiber in Bingen. Dieser S to f -fe l Fischer, der neben se inem Schul- u n d M e s n e r a m t e auch als Richter und Gerichtsschreiber des Dorfger ichts Bingen tät ig war , und dem wi r n e b e n d e m P f a r r e r Fischer diese Aufze ichnungen zum großen Teil ve rdanken , scheint se iner Schre ib- u n d Ausdrucksweise nach kein ungeb i lde te r M a n n gewesen zu sein. I m übr igen ist zu bemerken , daß es also im J a h r e 1615 in Bingen eine Schule gab, denn der G e n a n n t e sagte im J a h r e 1671 bei e inem Zeugenve rhö r im Al te r von 84 J a h r e n von sich fo lgendes aus : „Im J a h r e 1615 sei er Schulmeis ter im Dorfe geworden , h a b e al len so lennen (feier-lichen) Got tesd iens ten in der P f a r r k i r c h e a n w o h n e n bei A e m -tern , Vespern usw. den Chor f ü h r e n müssen, e r sey 30 J a h r e lang Schuolmeis ter gewesen u n t e r den P f a r r e r n J o h a n n e s Sorger, Chrysos tomus Fischer u n d Nikolaus Fischer."

(For tse tzung folgt.)

Die Friedhofkapelle in Gruol Aus der Geschichte eines 600 Jahre alten Kunstdenkmals

Tag f ü r T a g gehen viele an Dir vorüber , das stille R a u n e n der Bäume, die Dich umgeben , dr ingt nicht an ihr geschäf-tiges Ohr . Achtlos u n a ohne E h r f u r c h t schwir ren sie an Dir vorbei , Du äl tes tes K ind des Stunzachta les , Du t raul iches Mut te rgot teshe i l ig tum.

Z u m e r s t enma l hören w i r von i hm im J a h r e 1350. Hie r e r -zählt uns die Chronik , wie u m das J a h r 1350 Rudolf von Haigerloch, ein Sohn des Minnesängers Alber t von H o h e n -berg im K a m p f e mit dem Zol le rg ra fen lag u n d die be iden Heere sich an der Stunzach gegenüber s tanden , das eine auf dem „Galgen" bei Weildorf und das a n d e r e im Donauta l . Rudolf , auf dessen Seite sich schließlich nach schwerer Schla it de r Sieg neigte, ließ dann a m Or te des Sieges eine Kape l le er r ichten als Zeichen des Dankes Diese S t i f t ung e r -f r e u t e sich a l sba ld auch großer Bel iebthei t , w a s die zah l -reichen Zuwendungen bewiesen. Im Ver lauf von wenigen J a h r e n k o n n t e das Kircniein ein ganzes landwir t schaf t l i ches A n w e s e n sein eigen nennen . Mit noch m e h r e r e n anderen E i n k ü n f t e n h a t t e die L i eb f r auenkape l l e die Möglichkeit, sich e inen e igenen Kaplan zu ha l t en Wir t r e f f e n im J a h r e 1468 einen ständigen Kaplan dort , de r abe r n u r den Kape l l en -u n d Wal l fahr t sgo t tesd iens t zu tätigei h a t t e Die Seelsorge lag in den H ä n d e n des P f a r r e r s von Weiidorf Die Chronik weiß a l le rd ings wenig N a m e n dieser L i eb f r auenkap l äne . Michael Ney, der am 12. Mai 1614 s tarb , w a r de r le tz te von ihnen. Aus seinen Zeiten ber ich ten die Ki rchenbücher von großen W a l l f a h r t e n und Festen, wissen zu erzählen, wie das Volk in Prozess ionen von den en t f e rn t e s t en Orten her . von Fischingen und Det t ingen, zu u n s e r e m Mut te rgo t teshe i l ig tum im Stunzacnta i gepi lgert ist.

Nach dem Ableben des le tz ten Kap lans im J a h r e 1614 w u r d e n u r noch alle Sams tage in der oberen Kirche Got tes-dienst gehal ten . Nach Ausfa l l dieser Messen w u r d e n u r noch einige Male im J a h r e e ine Prozession abgehal ten . Leider ha t t e de r S tern , der übe r dem Wal l fahr t sk i rch le in a u f g e -gangen w a r bald seinen höchsten S tand überschr i t t en Doch an i n n e r e r W ä r m e h a t t e e r noch nichts ver loren . Die A n -hängl ichkei t des Volke? zu dieser S t ä t t e lebte t ro tzdem wei -ter , wenn auch der Got tesdiens t wesent l ich e ingeschränkt wurde . Im J a h r e 1632 s t i f t e te ein von schwerem Siechtum geheü t e r M a n n jähr l ich 2 Vier te l Korn u n d ein Vier te l H a f e r auf Lebenszei t zuguns ten des Kirchleins neben dem ein k le i -ne r Fr iedl in/ angelegt war , f ü r Unbekann.,e, Nichtkathol iken usw. Die P f a r r k i n d e r w u r d e n auf dem f r ü h e r e n Fr iedhof , auf dem sich heu te der K i n d e r g a r t e n bef inde t , beerdigt . Nur w e n n Hungersno t und Seuchen die Menschen d a h i n r a f f t e n , w u r d e der obere Fr iedhof benu tz t . Auch von Tagen großen menschlichen Elends, wo Kriegsvoik r a u b e n d u n d m o r d e n d

durch die Lande zog, we iß die Chronik zu ber ichten, wie die Schweden in den J u n i t agen 1635 Angst u n d Entse tzen in der Gegend h e r v o r r i e f e n u n d aus b loßer Mutwil l igkei t den Bürge rme i s t e r von Gruol erschossen. Am 28. Ju l i 1648 f a n d m a n auf der G e m a r k u n g ein v e rh u n g e r t e s Mädchen, das m a n bei der oberen Kirche begrub .

Nach e iner a l ten U r k u n d e f a n d e n im J a h r e 1648 in der oberen Kirche verschiedene Got tesdiens te s tat t . So u. a. a m Fes te des hl. Urban , wo m a n eine Prozession zur Weinbe rg -ha lde abhie l t u n d sich dann anschl ießend d e m Got tesdienst in der Kape l l e widmete , d a n n a m Veits tag, sowie der W e n -del ins tag w u r d e dort in fe ier l icher Weise begangen. Nach 1672 wi rd die Kape l l e „Unsere r Lieben F r a u e n Kirche" ge-nann t . Am 11. J u n i 1685 gelobte die ganze Gemeinde f ü r ewige Zei ten das St. Vi tus fes t zu fe iern, zur zeitlichen u n d ewigen Woh l f ah r t . Die Ursache des Gelübdes ist nicht m e h r au fzu f inden . Im J a h r e 1850 w u r d e n dann a l le rd ings die Feier l ichkei ten auf den d a r a u f f o l g e n d e n Sonn tag ver legt , an dem sie heu t e noch abgeha l t en werden .

Als es t r ü b e zu w e r d e n d roh te a m Glauben ' hhu .ne l Deutschlands, zeigte die Ge. e inde Gruol w iede rum 'l ie Liebe zu i h r em Mut te rgo t teshe i l ig tum. Da u m das J a h r 1835 P l ä n e f ü r e inen N e u b a u de r P f a r r k i r c h e angefe r t ig t w u r -den, War die Ver legung d e i Got tesackers zur oberen Kirche unumgängl ich geworden . Bei d ieser Gelegenhei t beschloß die fü rs t l i che Regie rung den Abbrvcl der Kapel le , ' im die Un te rha l t ungskos t en zu spa ren und Geld f ü r den N e u b a u der P f a r r k i r c h e f r e i zu b e k o m m e n . Als m a n sich abe r darauf energisch zur W e h r setzte, w u r d e das Kirchlein den Bürge rn unentgel t l ich überlassen, ur/d die Gemeinde n a h m es in ihr Besi tz- u n d S t e u e r h e f t auf . Am 1?. Augus t lS^l w i r d die Kape l l e von de r Gemeinde a n die kirchliche S t i f t vng abge-t re ten . In den d a r a u f f o l g e n d e n J a h r e n w u r d e n die Al t ä re res taur ie r t , das Gewölbe f r isch gemal t u. a. mehr .

Was ist n u n von der a l ten Kaplane iher r l i chke i t no~h übr iggebl ieben? Man gebe sich die Gelegenheit , u m die ä u ß e r e Bauweise der Kape l l e und ih re Innene in r i ch tung in Augenschein zu n e h m e n . Schon der e rs te Blick zeigt dem Kundigen , daß das gegenwär t ige Kape l l engebäude nicht aus e inem Guß ist, sondern d a ß es ba' i geschichtlich m e h r e r e n oder verschiedenen Zei ten angehör t . Der ä l tes te Teil mit der spi tzbogigen E ingangspfor t e geht bis ins J a h r h u n d e r t der G r ü n d u n g zurück. Der e rhöh t e Chor samt den u n t e r e n Stock-w e r k e n des T u r m e s d ü r f t e ba ld nach Mit te des 15. J a h r -h u n d e r t s en t s t anden sein. U m das J a h r 1601 w u r d e de r T u r m u m ein Stockwerk e rhöh t u n d mit e inem Spi tzhe lm gekrönt , der mi t g rüng ias ie r t en Ziegeln eingedeckt w u r d e . Der gan -ien Kape l l e w u r d e die F o r m gegeben, wie w i r sie heu t e

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6 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T . l ah r sang 1952

noch vor uns haben . Diese le tz ten V e r ä n d e r u n g e n ve ran l aß t e Graf Chr is toph von Hohenzol le rn-Haiger loch u n d seine g le ichf romme Gemahl in K a t h a r i n a , die eine große Vor l iebe f ü r das Kirchlein ha t t en , of t dar in in Andacht ve rwe i l t en u n d es mit reichen Spenden bedachten . D a r u m sind auch ih re W a p p e n a m Gewölbe angebracht .

Die beiden Glocken, ein schönes harmonisches Geläute , w u r d e n im J a h r e 1727 in Schaff hausen gegossen. Zweimal m u ß t e n sie in den ve rgangenen 50 J a h r e n de r unhei lvol len Kr iege wegen ih ren Glockenstuhl ver lassen und zur E i n -schmelzung abgel ie fe r t werden . J e d e s m a l a b e r wol l te es der glückliche Zufal l , daß sie davor b e w a h r t b l ieben und wie -de r h e i m k e h r e n du r f t en , w o sie we i t e rh in den scheidenden E r d e n b ü r g e r n den le tz ten G r u ß nachrufen .

Beim Ein t r i t t in den ' I n n e n r a u m m u ß sich das Auge zuerst an das g e d ä m p f t e Licht gewöhnen, denn die Tageshel le w i r d durch die b u n t e n gotischen Glas fens t e r abgeha l ten . Aus der a l ten gotischen Zeit ist zunächst das Gnadenbi ld , dem Bi ld-h a u e r K l i n k - H o r b vor e twa 25 J a h r e n ein neues Gewand verl ieh, e rha l t en geblieben. Es ist auf dem rechten Se i ten-a l t a r aufges te l l t u n d zwei spätgotische Engel ha l ten über dem H a u p t de r Go t t e smu t t e r eine Krone . Die Dars t e l lung der Schmerzensre ichen mit i h r em toten Sohne Jesus auf dem Schöße ist so innig und ergre i fend , daß m a n sich das V e r -t r a u e n und die Anhängl ichkei t der Bevö lke rung durch die J a h r h u n d e r t e h indurch leicht e rk l ä r en k a n n . Dieses Bildnis soll aus d e m 15. J a h r h u n d e r t s t a m m e n .

In d e r Zeit von 1480—1500 ha t woh l auch die Gebuirts-s tunde der übr igen gotischen S t andb i lde r geschlagen. Der Evangel i s t J o h a n n e s auf de r Epis te lsei te des Hochal tars , Se -bas t ian als k r ö n e n d e r Abschluß des gleichen Altars , de r be -sonders im Mit te la l te r bei Pes t und Seuchen ange ru fen wurde . U r b a n de r P a t r o n de r Weinberge und Winzer u n d der hl. Vitus, dem die B e w a h r u n g vor Fal lsucht und Hochwasser

zugeschrieben w u r d e . Aus der gleichen Zeit s t a m m t auch das große Kreuz a m Chorbogen. Die übr ige I n n e n a u s s t a t t u n g ist erst in nachgot ischer Zeit en t s t anden .

Ein köstl iches J u w e l ist de r Rosenkranz - oder Rel iquien-a l tar , de r den Ki rchenbüchern zufolge aus dem Klos ter Bins-dorf s t ammt . In Wirkl ichkei t ist de r ganze A l t a r a u f b a u nichts ande re s als ein kuns t re icher , re l iquiengeschmückter R a h m e n f ü r die Tafel , auf de r darges te l l t wi rd , wie die Himmelskönig in dem hl. Dominikus und der hl. K a t h a r i n a von Siena den Rosenkranz übergib t u n d das Klos te r Buis -dorf in Schutz n immt . Auch die e rg re i f ende Dars te l lung des Leidens a m Oelberg s t a m m t aus dem Klos te r Binsdorf und ist im J a h r e 1859 in den Hocha l ta r e ingebaut worden . Uebe r dieser G r u p p e s teht de r B a u e r n p a t r o n Wendel in . U m 1760 ist das Bildnis des Hei landes an de r Geißelsäule en t s tanden .

rs t vor einigen J a h r z e h n t e n ist das große Tafe lb i ld des hl. Vitus, das K i rchenmale r B a u e r - M ü n s t e r i. W. anfer t ig te , in die Kape l l e gekommen.

So f o r m e n sich n u n Außenans ich t und I n n e n r a u m mit den herr l ichen Dars te l lungen zu e ine r eh r fu rch t svo l l en Einhei t u n d s t immen eines j eden Besuchers Herz zu st i l ler Be t rach tung und inniger Andach t wie k a u m anderswo . Sie bie ten einen Einblick in die Heimat -Geschich te und vo r a l lem in die kunstgeschicht l iche Entwicklung. Wenn dieses Mut te rgo t t e s -he i l ig tum bis auf den heut igen Tag gepf legt und ge-f ö r d e r t w u r d e , so ist dies, wie schon aus den Dar legungen hervorgeh t , ein übe rzeugender Beweis f ü r den t ie fen christ-lichen Glaubenss inn der D o r f b e w o h n e r von Gruol durch all die ve rgangenen J a h r h u n d e r t e . Es ist eine heil ige Verpf l ich-tung de r k o m m e n d e n Genera t ionen, dieses Kleinod zu e r -ha l t en und zu bewahren , dami t bis in die f e r n s t e n Zeiten der t r a u t e K l a n g se iner Glocken ü b e r u n s e r e r He ima t im t r a u t e n S tundensch iag erschal len möge.

Josef S c h n e i d er, Gruol.

Volksmund Von Josef S t r o b e 1, K a r l s r u h e

I m Volksmund leben noch heu te eine große Zahl köst l icher üegeoenne i t en . i s t i n r m n a i i i u r a ie groue wen; meis tens auch unbedeu tend , so e r regen sie doch das In te resse der e infachen Menschen 'und sie werden , w e n n der L a n d m a n n Fe i e r abend ha t oder w e n n e r im Win te r be im „Außi l au fen" mi t se inem Nachbarn z u s a m m e n k o m m t , i m m e r wiede r e r -zählt u n d ebensogern gehört . Sie f u ß e n meist auf w a h r e n Begebenhei ten , die von i h r e r Ursprüngl ichkei t nichts v e r -loren haben, auch w e n n i rgend eir. Schalk noch das eine und ander , ^azu ge tar ha t . So sind ja auch die Märchen, ° a g e n und Fabe ln en t s t anden . I rgend eine aus Unkenn tn i s , Uebere i fe r oder menschl icher Unzulängl ichkei t en t s t andene Begebenhei t w u r d » von a n d e r n we i t e re rzäh l t u n d ihr dabei of t die F o r m de r Be l eh rung oder auch n u r der re inen Un-t e r h a l t u n g gegeben. Man denke an Gel ler t s Fabe l vom „Bauern und se inem Sohne". Le t z t e r e r w a r in der Welt d r außen u n d ha t dort vieles gesehen und so auch das „Auf -schneiden" gelernt . Und n u n wi rd in launischer Weise d a r -gestell t , wie der V a t e r den Sohn mit dense lben Mit te ln k u -r ier t ha t . So ist es auch bei unse ren Anekdoten , die w i r in der He ima t aufge lesen haben . Mögen die Menschen auch damals , als sie wirkl ich pass ie r t sind und die Erzäh le r 'und Zuhöre r die U r h e b e r noch persönlich k a n n t e n , herzlich ge-lacnt haben, so h a b e n diese Erzäh lungen auch h e u t e noch nichts von ih r em H u m o r ver lo ren f ü r den, de r wirkl ich H u m o r besitzt w ie das u n v e r d o r b e n e Volk.

1. Das unversiegbare Mostfaß U m 1800 lagen in Grossel f ingen die t r a g e n d e n O b s t b ä u m e

viel n ä h e r be im Dorf als heu te : a m Brande rweg , be im Wolschbrunnen, auf der Bond, \ or der I Calden, a m Bisinger Wasen, in U n t e r l a u e n oder im Löchle. Da s t anden schatt ige Knaus - , Wade l - u n d W i n t e r b i r n b ä u m e u n d we i t aus l adende Apfe lbäume mit wohlschmeckenden S a u e r ä p f e l n u n d kös t -licher Bre i t i ingern . Di» K n a u s b i m e n ließ m a n „teig" w e r -ben, das heißt den Gärungsprozeß auf der B ü h n e in der F ruch t durchmachen, - / obe i -de r süße Sa f t sich in T r a u b e n -zucker ve rwande l t e . Dann w u r d e n die „feigen" Bi rnen im heißen Bacitofen gedörr t u n d die Hutze ln gaoen mit Gr ieß-bre i oder Oelküchlein ein fest l iches Mit tagessen. Das a n d e r e Obst w u r d e gelager t oder zu Most gekel ter t , u n d fas t in j e -dem Haus u n d Ke l l e r lagen einige Fäs se r voll von diesem er f r i schenden Naß.

So w a r es auch be im Eustachius Sickinger u n d se iner F r a u Monika im Oberdorf . Der „Stäche-1 w a r ein fleißiger u n d

f r i e d s a m e r B ü r g e r und seine schaff ige F r a u spa r t e an al len Ecken und Enden , u m f ü r die zahlreichen K i n d e r ein_ p a a r Aeckerlein u n d Wieslein als He i ra t sgu t zusammenzubr ingen . Bei ihr w u r d e de r Mehltopf nicht leer, und das F a ß im Ke l l e r n a h m buchstäblich nicht ab, t ro t zdem der Stäche zum N e u n e - u n d Vie revesper immer ein Krüg le in Most vorge-setzt bekam, und an heißen S o m m e r t a g e n hol te die Monika noch ein zweites u n d w e n n es sein mußte , noch ein dr i t tes . Da stieg, w e m die Arbe i t nicht gar zu sehr drängte , dem S ' ache der „Geist" in den Kopf, abe r auch, und das war las schönste, die Fröhl ichkei t ins Herz, u n d er sang. Das hör te die Monika gern, und sie h ä t t e wohl gern mi tgesungen, wenn sie sich vor den Leu ten nicht geschämt hät te . Was w ü r d e n die Leu t sagen? A b e r de r Stäche sang und dazu sagte n i e m a n d etwa« E r sang de r Reihe nach all die Lieder , die e r in seiner Leaigenzei t im L a m m oder der Krone oder der L inde oder gar in der „Vorhölle" der F ä r b mi tgesungen ha t te , w e n n die j ungen Burschen mit ih ren Mädchen ge-tanz t ha t ten , u n d damals ha t auch die Monika mi tgesungen. Und der Stäche sang: Schön ist die Jugend , sie k o m m t nicht

lehr )der Auf Hohenzol le rns steilen Felsen w o h n t b r ü d e r -liche Ein t racht n u r oder Goethes Heidenrös ie in , das er ir_ se iner Jugend auf der Wande r scha f t im Elsäßischen k e n n e n gelernt ha t te .

Aber an e inem heißen Sommer tag , als schon das v ie r t e Krügle in ivlost auf dem Tische s tand, da wol l te dem Stäche de r F rohs inn ga r nicht k o m m e n und tief seufzend sagte er : „I w a ß au gar it Monel, der Moscht ho t t gar khoa K r a f t mei; de r w u t t e l iaweil d ü n n e r u n d d ü n n e r ; do müsse a ' H e x a dah in t e r sei." A b e r die Monel t rös te t ihn u n a sagte: „Tr ink nau , Stäche, i hol d r no a Krüg le voll; do w u t t der F r o h -sinn schau komme; i hol der no a Krüg le voll; s 'Faß ischt no ganz voll bis ans Spundeloch obe; i h a u d a f ü r g-sorgt , daß diesmol der Moscnr it ausgoht . Jedesmoi , w e n n i a Krüg le voll Moscht ghoit hau , h a u i glei a Krüg le voll Wasse r m i t g e n o m m a und ins F a ß neigleer t . Tr ink nau!" — „So, so", sagte de r S täche gedehnt , „des h a u i m i r glei dächt, daß a H e x a me im Moscht faß r u m h a n t i e r t und mein gute Moscht ve rwässe r t bot ."

2. Im Namen Seiner Durchlaucht

Seit a l te r Zart ha t t i auch die Baue rn von Grossel f ingen den zehnten Teil des F e l d e r t r a g s an ih ren Landeshe r rn , den F ü r s t e n von Hohenzol le rn-Hecningen , zu ent r ichten . Da e r -

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 7

schien zur Ernteze i t der Zehn tgänge r mit se inem m a n n s h o h e n S tab und bezeichnete jede zehnte . G a r b e als zehn t - und. a b -gabepflichtig. Zehn tgänge r w a r u m 1800 der Wälde rhannes , im T a u f b u c h als J o h a n n Wälde r e inget ragen. Der Wä lde r -hannes w a r ein ge t r eue r Diener seines H e r r n . E r k a n n t e die Bauernschl iche u n d ließ sich dahe r nicht täuschen, w e n n die B a u e r n zu grasiges Getre ide in die zehnte Ga rbe mi te in -gebunden ha t te . Da w u r d e k u r z e r h a n d diese besei t igt u n d eine a n d e r e mit sauberen Ha lmen und vol len A e h r e n an deren Stel le gelegt. H in te r dem W ä l d e r h a n n e s k a m auch gleich der Zehn twagen , der von k r ä f t i g e n Ochsen gezogen wurde . Bald w a r er voll u n d w u r d e in die Zehntscheuer e ingefahren . Diese w a r das größte und s ta t t l ichste G e b ä u d e im Dorf u n d ein Beweis d a f ü r , daß sich de r Zehn ten r e n -t ier te . Die Zehntscheuer s t and oben im Dorf auf der Be rg -nase, die sich wei t ins Ta l vorgeschoben ha t te , und n e b e n -an s t and ehemals das ebenso s tat t l iche Schloß de r a l ten Dor fhe r r en , der H e r r e n von Bubenhofen .

W a r der G a r b e n w a g e n e ingefahren , so w u r d e er vom Wäl -d e r h a n n e s e igenhändig abgeladen , u n d er sorgte u n e r m ü d -lich d a f ü r , daß kein H a l m u n d ke ine Aehre in unrech te H ä n d e oder Mäuler kam. Beim Abladen half ihm g e w ö h n -lich des Nachbars Bub, der Richard Beck. (Ich habe ihn noch gu t gekannt.) Der Richard war , wie e r es noch als r e i f e r M a n n zeigte, ein „a l la fänziger" Bub von damals e twa 12 J a h r e n . Richards A u f g a b e w a r es, die G a r b e n anzuschlagen, das heißt , e inen e isernen H a k e n in das Bandzeug e inzu-häkeln . Der H a k e n w a r a m Ober tense i l befes t ig t u n d mit diesem zog dann der W ä l d e r h a n n e s die G a r b e n in das „Greach" hinauf u n d legte sie dort sorgfäl t ig in Reih u n d Glied.

Nun wohn te in der Nähe ein Kle inhäus le r , dessen Viehbe-s t and in einigen Ziegen bes t and ; d a r u n t e r w a r auch ein bä r t ige r Ziegenbock, mit dem die Buben of t ih r Spiel t r i e -ben. Der Ziegenbock w a r ein un te rnehmüngs lus t iges Tier.

K a u m w a r der Z e h n t w a g e n in die Scheuer e ingefahren , so erschien er, u m seinersei ts se inen Tr ibu t zu holen; denn die vollen A e h r e n schmeckten auch i hm besser als das d ü r r e Gras a m Wegesrand . Da ha t t e n u n der Richard vollauf zu tun, u m den Bock f e rnzuha l t en , u n d ba ld w a r ein l ebha f t e s Zwiegespräch zwischen dem W ä l d e r h a n n e s u n d dem Richard im Gang. „Wälde rhannes" , rief Richard ins „Garbenloch" h inauf , „der Bock ist schau w i e d e r do." Und von oben echote es h e r u n t e r : „Richard, t re ib ihn fo r t ; n i m m d 'Goaßel u n d h a u i hm a p a a r nauf !" So w a r es schon ein p a a r m a l gewesen u n d zuletzt h a t t e de r Bock auch richtig ein p a a r tücht ige Geißelhiebe empfangen . Das schmerzte ihn u n d er v e r -schwand in e iner Sei tengasse .Aber den Richard h a t t e das Bockspiel u n d besonders das Zwiegespräch mit dem Wäl -de rhannes doch e r f r e u t . K a u m w a r e r w iede r auf dem Wagen, u m die G a r b e n anzuschlagen, so stach ihn de r M u t -wil len, u n d e r rief, obschon vom Bock nichts m e h r zu sehen u n d zu hö ren war , ins Garbenloch h inauf : „Hannes , der Bock ischt schau w i e d e r do!" Ob solcher Har tnäckigke i t w a r de r H a n n e s doch ganz entsetzt , u n d im Bewußt se in se iner v e r -an twor tungsvo l l en W ü r d e rief er h e r u n t e r : „Richard, im N a m e n Se iner Durchlaucht , gang na u n d schla(g) da Bock s ' taud!"

Der Richard ha t t e sein Ziel erreicht ; er ha t t e den W ä l d e r -aannes zum äuße r s t en gebracht , und das f r e u t e ihn von ganzem Herzen. A b e r laut lachen d u r f t e er nicht; denn der W ä l d e r h a n n e s w ä r e in se inem gerechten Zorn ims tand ge-wesen, ihn u m seinen schönen Pos ten als fü r s t l i ch -durch-laucht iger Garbenansch lage r zu br ingen . Aber e rzähl t ha t e r die Bockgeschichte doch, u n d die ha t alle gef reu t , welche dem W ä l d e r h a n n e s wegen seiner Genauigke i t be im Z e h n t -abgeben nicht besonders hold waren . Der W ä l d e r h a n n e s und de r Richard sind schon lange tot, abe r die durchlaucht igs te Geschichte wi rd heu te noch als u lkiger Si t tenspiegel aus der guten a l ten Zeit erzähl t . (For tse tzung folgt.)

Ein Wallfahrtsbild in der Pfarrkirche Hausen am Andelsbach

Um den F r a u e n b e r g in Hausen , die das Dorf von Süder. he r b e h e r r -schende Anhöhe , geht bis heu t e die forschende Ueber legung ü b e r die Bedeu tung u n d H e r k u n f t seines Na -mens. Eine tief in der Bevö lke rung wurze lnde Uebe r l i e f e rung weist , i r -gendwie eine f ü r das Dorf geschieht-.che Bedeu t samke i t ahnend , in f e rne

Vergangenhei t , abe r so ve r schwom-men u n d unk la r , daß es sich lohn , d e n S p u r e n der Uebe r l i e f e rung nach-zugehen u n d den N a m e n F r a u e n b e r g zu k lä ren . Auf dem östlichen A u s -läufe r des F rauenbergs , im Oberdor f , s teh t die stat t l iche P fa r rk i r che , de -j ^ n Inne res in den J a h r e n 194F u n d 1947 eine großzügig*; aufs glück-lichste ge lungene E r n e u e r u n g e r f a h -ren ha t . Die E r n e u e r u n g ha t , wenn m a n von der E i n f ü g u n g der zwei neuen gemal ten Fens te r in le tz ter Zeit absieht , mit der Ins tandse tzung des ä l tes ten Hoizbi ldwerkes der Kirche, e iner s chmerzha f t en M u t t e r -gottes, i h ren würd igen Abschluß ge-f u n d e n . Die P ie ta mit dem Leichnam Chris t i auf dem Schoß, an der n ö r d -lichen W a n d des L a n g h a u s e s auf der Frauense i te , w u r d e bei der Neu-fassung von Mess ingkrone u n d M a n -tel, den barocken Z u t a t e n aus einer Zeit, der die Einfachhei t des Vespe r -bi ldes nicht genügte , be f r e i t u n d bie te t sich heu te dem Beschauer in der ursprüngl ichen , schlichten Schönheit . „Das Gesicht de r Mut te rgo t t e s ist e rg re i f end von ü b e r s t a n d e n e m Leid u n d der w e h e n T r a u e r gezeichnet, wie n u r das Ant l i tz e iner s chmerzha f t en M u t t e r es sein kann , w e n n ein b i t t e re r Tag zu Ende geht." Ein bei der Neufas sung h inzuge füg te r ovaler goldener S t r a h l e n k r a n z gibt dem Bi ldwerk eine ha rmonische Geschlossenheit .

Wallfahrtsbild der Schmerzhaften Mattergottes in der Pfarrkirche Hausen a. A.

Das Vesperbi ld , das aus de r Zeit u m 1420 s t ammt , ha t seine beson-dere Geschichte. Der Chronist , P f a r -r e r u n d Dekan Hol lens te in in H a u -sen schreibt im J a h r 1745, das Volk e rzähl te auch h ie r die Legende, daß das B a u m a t e r i a l de r Kirche w i e d e r -holt durch uns ich tbare H a n d von e inem ande ren P la tz an die Stelle gebracht w u r d e , wo m a n dann die F u n d a m e n t e aushob. Dabei sei m a n in der E rde auf das Mar ienb i ld ge-stoßen, dem m a n ein Kirchle in e r -b a u t e u n d dem b a l d viele P i lge r zus t römten . Das Wal l fahr t sk i rch le in zu E h r e n u n s e r e r Lieben F r a u sei auf dem Berg ges tanden, der je tzt F r a u e n b e r g heiße. Die Wa l l f ah r t sei wei t und bre i t b e r ü h m t gewesen. Das Kirchlein möge durch Krieg, F e u e r oder E r d b e b e n zugrunde ge-gangen sein.

Der Chronis t schreibt ü b e r die Wal l f ah r t sk i r che abschl ießend:

„Unterdessen ist es s a t t s am b e -k a n n t und bezeugen es alle P f a r r -kinder , daß sie auf ih r mit w a h r e m V e r t r a u e n ger ichtetes Gebet be i die-sem anmut igen Bildnis viele u n d große G n a d e n er langt ha t t en , w ie denn allda jähr l ich viel Flachs, Kerzen u n d anderes geopfer t wi rd ." Das Gnadenb i ld ha t den U n t e r g a n g der Wal l f ah r t skape i l e ü b e r s t a n d e n

u n d w a r in der a l ten 1853 abgebrochenen Kirche, in die es ü b e r n o m m e n war , das Haup t s tück des Al ta res auf der F rauense i t e . Beim ISleubau der P f a r r k i r c h e 1853/55 erhie l t es seinen P la tz an der L ä n g s w a n d der Frauense i te .

P f a r r e r J . Wetzel schreibt in der „Geschichte der k a t h o -lischen Kirche in Schwaben-Hohenzo l l e rn" (1928) auf Seite 150, daß im 14. bis 16. J a h r h u n d e r t viele n e u e W a l l f a h r t s -

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8 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

or te zu Bi ldern de r s chmerzha f t en Mut te r , die ih ren to ten Sohn im Schoß häl t , en t s t anden sind, und n e n n t als Wal l -f a h r t s o r t e mi t solchen Bi ldern aus dem 15. und A n f a n g des 16. J a h r h u n d e r t s in Hohenzol le rn Deuts te t t en bei Ver ingen-s tadt und die Ki rchen zu Hermen t ingen , Beuron, Laiz u n d Glat t . In diese Zeit fa l l en auch die W a l l f a h r t e n zu Un-se re r Lieben F r a u zu Hausen . W ä h r e n d abe r die von Wetzel g e n a n n t e n Wal l f ah r t so r t e heu te noch gepflegt werden , ist die Wa l l f ah r t zu H a u s e n im L a u f e der J a h r h u n d e r t e in V e r -gessenhei t gera ten .

Der Berg, auf dem das Wal l fahr t sk i rch le in oder die Wal l -f ah r t skape l l e zu U n s e r e r Lieben F r a u ges tanden ha t , wa r ,

so wissen w i r jetzt , de r L ieb f r auenbe rg . Im L a u f e der J a h r -h u n d e r t e ist d a r a u s der F r a u e n b e r g geworden . Das ü b e r 500 J a h r e a l te Gnadenb i ld abe r ist in de r Neufassung , die ihm K u n s t m a l e r u n d R e s t a u r a t o r Josef Lorch aus S igmar ingen pie tä tvol l mit d e m ihm eigenen E i n f ü h l u n g s v e r m ö g e n in die a l ten B i ldwerke mit vo l lende tem K ö n n e n gegeben hat , eines der v e r e h r u n g s w ü r d i g s t e n Andachtsb i lder unse re r P f a r r -kirche, w e n n es auch, künst ler isch gesehen, mi t b e d e u t e n -deren u n d wer tvo l l e r en W e r k e n dieser A r t nicht we t t e i f e rn kann .

J. Mühlebac t

In der Niedeinacht von Harthausen bei Feldhausen S a g e n h a f t e Dorfgeschichte von Mar ia E. F 1 a d

Es w a r an e inem Donner s t ag vor Weihnachten , als der Win te r Wald u n d Fe ld in e inen dichten Schneeman te l hül l te .

Die H a r t h a u s e r fe ie r t en ih re Niedeinacht . Stolz und F r e u d e e r fü l l t e sie a l l jähr l ich ob dem a l ten Brauch, den die u m -l iegenden D ö r f e r nicht kann ten . A b e r das Geheimnis , das ü b e r de r Nacht lag, w u ß t e n auch sie nicht zu e rg ründen . Sie f e i e r t en e infach — aßen u n d t r a n k e n , w a s das Herz begehr te .

"n des Jö rg -Mathe i sen Haus ging es besonders reich her. Eigens zu diesem Tag w u r d e ein Schwein de ra r t gemäste t , daß es wie eine Kugel schien. E ine r Gans h ing das Weib des Jö rg ein Fe t tpo l s te r an, daß sie k a u m m e h r gehen konnte .

Da n u n die Fes tnacht h e r a n k a m , gaben beide Tiere ih re bes ten Stücke ab. Auf dem al ten, aus gefügigen Backste inen gebau ten H e r d b rode l ten sie, als w e n n die Ei fersucht in i hnen steckte. Es w a r auch, als wol l ten sie nicht dem J ö r g -b a u e r n mit Weib u n d K i n d e r n das Bes te geben, sondern dem a l ten Matheis , der an die neunz ig und se iner K i n d e r U r -ahn war .

U m das Gehe imnis der Niedeinacht w u ß t e allein de r Matheis . Nie k a m es ü b e r seine Lippen, weder bei den Seinen, noch bei den Nachbarn . Alles F ragen w a r umsonst . Das k o n n t e n die Dör f l e r nicht vers tehen , da er immer sehr gesprächig w a r und ihnen manches Zukünf t i ge weissagte, w a s denn auch wirkl ich e in t ra f .

War e twas k r a n k im Dorf , ob Mensch oder Vieh, w u r d e der Mathe is geholt . Er h a t t e in j edem Fal l ein he i l sames K r a u t zur Stelle.

War e r abe r allein, leb te e r n u r f ü r u n d mit e inem al ten Buch, das in P e r g a m e n t g e b u n d e n u n d mit e inem fes ten Schloß ve r sehen w a r . Wie ein Hei l ig tum hü te t e er es u n d ba rg es s tändig u n t e r se inemKopfk issen . Seit dreißig J a h r e n , seit seines Weibes Tod, san m a n ihn nie auße rha lb des Dorfes . N u r in de r Niedeinacht , u n d das w a r der einzige Tag im Jah r , ging de r Mathe is seinen gewohn ten Gang in den eine ha lbe S t u n d e e n t f e r n t e n T a n n e n w a l d . E r ging so heimlich, daß ihn nicht e inmal die Seinen fo r tgehen hör ten . Sie w u ß t e n genau, daß sie i hm nicht in den Weg t r e t en und ihn u m das Woher und Wohin b e f r a g e n du r f t en . Schon die Kle inen in des Jörg-Mathe ise i j H a u s w u ß t e n u m seinen Gang u n d schauten sich scheu nach i hm um, w e n n e r in der Nie-delnacht das Haus verl ieß. —

Heu te saß der Al te wie gewöhnlich auf der O f e n b a n k in de r gu ten S tube und h a r r t e mi t d e m Jörg, seinem Enkel , der verschiedenen Gerichte. T rau r ig saß e r da, und T r ä n e n mi lde r t en seine t ie f l iegenden schar fen Augen. E r beug te sich wei t vor, daß ihm der Jö rg nicht ins Gesicht sehen konnte . Sein weißer , wa l l ende r Bar t deckte den gepreß ten Mund.

Der Jö rg wol l te p i n p a a r m a l mi t se inem A h n ein Ge-spräch beginnen. E r m e r k t e jedoch, daß es nicht gehen woll te . Und ver legen schaute er nach der Tür , ob e r nicht ba ld e twas zwischen die Z ä h n e bekomme. Die T ü r e ging auf. Das Mar ie le sp rang mit e inem Küchle in de r H a n d auf den U r a h n zu, der es abe r k a u m beachtete .

H i n t e r i hm schri t t die M u t t e r mit der d a m p f e n d e n N u -delsupDe. Und von ih ren Rockschößen sp rangen voll Lus t u n d Gier der Heiner le und de r S t e f f e l zu ih ren Plä tzen .

Auch der Matheis e rhob sich i angsam und s tü tz te sich schwer auf zwei s t a rke Krücken. Des Jö rgen Weib, die Marie, half i hm vorsichtig an den Tisch. Beim Schmaus abe r wol l -t en nicht wie a n d e r e J a h r e f rohe S t u n d e n a u f k o m m e n . W ä r e der A h n nicht vor einigen Wochen gefa l len u n d h ä t t e dabei nicht be ide Beine gebrochen, w ä r e alles gut gewesen. Der Aite w a r d i m m e r t raur iger , je n ä h e r die S t u n d e h e r a n k a m , da er den gewohn ten Gang in den Wald machen woll te.

Der Jö rgbaue r u n d sein Weib ahn ten , was in i hm vorging; sie f r u g e n ihn aber nicht. Schweigend schaute ein jedes von

ihnen in die d a m p f e n d e Schüssel. Das Mar ie le aber , sein Liebling, wol l te den U r a h n zum Lächeln br ingen: Es grub die k le inen Händchen in den dichten Bar t u n d k rabbe l t e dr in h e r u m wie ein Vögelchen, das sich im Nest behaglich machen will .

Da w e h r t e ihm der U r a h n das e rs te Mal. E r s t a u n t schaute das Marie le in sein nachdenkl iches Ge-

sicht. Und scheu glitt es nach rückwär t s bis zum Schoß seiner Mut te r , das Gesicht des U r a h n s nicht aus seinen großen, b l a u e n Augen lassend. Je tz t s t and der Al te auf u n d h ink te nach de r Tür .

Die M u t t e r ging ihm ängstl ich nach u n d hiel t ihn fes t : „Urahn , woh in?" f r u g sie rasch.

„Ins Bett , Marie!" sagte er k le in lau t . Die Mar ie h a t t e das nicht von i hm e rwar t e t . Aber sie w a r

f roh , daß er ohne äuße ren Kampf zu Hause bl ieb und nicht wie sonst in die Niedeinacht woll te . —

Grel l schien das Mondlicht in eine kleine, geweiß te K a m -m e r u n d schüt te te sein Si lber auf den knöchernen , leichen-blassen Matheis . Friedl ich sch lummer te e r auf seinen b u n -ten, weichen Kissen. Sogar ein Lächeln s tahl sich hin und wiede r auf seine Lippen.

Der T r a u m g o t t f ü h r t e ihn vom Fes t schmaus aus der gu ten Stube . Leis stieg e r die ausge t re t enen Holz t reppen h inun te r und lief durch den düs te ren , engen Gang zu e inem niederen , hölzernen Pför tchen . N u r mi t M ü h e konn te er sich h indurch-zwängen.

Jus t s t and er auf der Wiese, h i n t e r dem Hause in der Niedeinacht . E r schaute sich um, ob er al lein sei, — ob er nicht von i rgendwo gesehen würde .

A b e r ke ine r aus dem Dor fe r ü h r t e sich. T ie fe r d rückte de r Alte se inen b re i t r indigen Hut i r die

S t i rne »tid schritt oedächt ig über die ka l t e schneeige Wiese, dem Walde zu. Plötzlich s t and e r still u n d horchte in den b e b e n d e n Tann, der sich ihm a u f t a t wie ein weißer s t r a h -lender Tempel . In ihm sollte das Muot i sheer se inen Einzug hal ten , dessen w a r e r sicher.

Indes er solches sann, zeichnete er mi t se inem Kno ten -stock t ie fe R u n e n in den weichen Schnee.

K a u m lag die Letz te vor inm, hor te e r ein Säuse in in der Lu f t . Es schien vom Dorf zu k o m m e n . . . E r hiel t den Atem an . . . Das Säuse ln w u r d e z u m B r a u s e n und k a m n ä h e r . . . Sein Auge schär f te sich . . . E ine schwerbe la -dene Wolke glitt un t e r d e m vollen Mondlicht weg — d e m T a n n en tgegen . . . . Die Wolke te i l te sich. Und aus ihr sp rang de r Schimmel mi t dem Gott.

Der Mathe is hob ve r l angend seine Hände . Mit den R a b e n möchte er fliegen — mit den Seelen. Denn in Scharen fo lg ten sie d e m Gott. Je tz t n a h m sie de r Tempe l auf — der Tann .

In seinen G r u n d f e s t e n f ing e r an zu wanken , als der Kriegsgot t se inen Speer zur E r d e stieß.

Selbst d e n Mathe is w a r es jetzt bang. E r hiel t sich fes t an e inem Ast, der sein S te rnenk le id in Angs t ver lor .

Wölfe heul ten , — Vögel scnrien — Seelen w i m m e r t e n — u n d der T a n n zerorach.

Und der a i te Matne is : „Wodan, r e t t e mich!1' Da w a r d e r mi t uns ich tbare r Gewal t emporgehoben . Er

sah sich auf dem Schimmel neben dem Kriegsgot t durch L ä n d e r u n d Meere re i ten u n d jedes J a h r in de r Niedeinacht sein Dorf besuchen.

Als der Jö rg des a n d e r n Tags in spä t e r Morgens tunde in die K a m m e r t ra t , lag der Al te still u n d lächelnd da,

Der Mathe is t r ä u m t e seinen le tz ten T r a u m .

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 9

ii- Ten Der alte Stadt-Titel von Haigerloch Von den sieben a l ten hohenzoller ischen S täd ten w u r d e n

nach de r G e m e i n d e - O r d n u n g vom 2. 7. 1900, in de r die p r e u -ßischen Verwa l tungsg rundsä t ze zur Gel tung k a m e n , n u r noch Hechingen u n d Sigmar ingen als S täd te ane rkann t , alle üb r i -gen, ungeachte t a l ten H e r k o m m e n s und ihrer Eigenar t , e r -h ie l ten die Bezeichnung „Landgemeinden" . Wenn bei e iner von ihnen die U m b e n e n n u n g f eh l a m P la tze war , dann ge-wiß be im al ten Haigerloch, das von Haus aus als S tad t ge-gründet , mindes tens durch sieben J a h r h u n d e r t e auch diesen Titel f ü h r t e und seinem ganzen inneren Wesen nach unzwei -f e l h a f t bis heu te eine S tad t gebl ieben ist. Kein Mensch in der Umgebung, ebensowenig wie ein u n b e f a n g e n e r F r e m -der, sprach von i hm anders als von e iner S tadt . Auch die obers ten kirchlichen Behörden haben Haigerloch s te ts als S tad t behandel t . F ü r den Begriff „Stadt" ist längst e rwiesen

den „stet t l in ze Haigerloch" tauchen in den U r k u n d e n des 14. J a h r h u n d e r t s i m m e r wiede r auf , bis sie schließlich vom 15. J a h r h u n d e r t an als e ine einzige S tad t erscheinen.

Die En twick lung e iner s tädt ischen V e r w a l t u n g mit e igenem Rat u n d Gericht ist daneben von a l t e r she r nachweisbar , ein al tes Zeichen von ihr ist das Stadts iegel mi t dem H o h e n b e r -ger Wappenschi ld , dessen ä l tes ter Abdruck mit der U m -schrif t : S. CIVIUM IN H A I G E R L O C H (Siegel de r Bürge r von Haigerloch) aus dem J a h r e 1306 e rha l t en ist. E inen wich-t igen Niederschlag f a n d e n die s tädt ischen Gerech t same im b e k a n n t e n Stadtbüchle in von 1457, e inen we i t e ren Marks te in f ü r sie bedeu te t das S tad tbuch von 1551. A b e r auch vom geo-graphischen S t a n d p u n k t aus ergibt sich derse lbe Schluß. Die be iden Städt le in auf dem fas t unzugängl ichen, von der Eyach u m f a ß t e n Felsr iegel u n d in dem engen Tal zeigen schon auf

u n d a l lgemein a n e r k a n n t , daß die E inwohne rzah l u n d ä u ß e r -liche Größe keineswegs ein wesent l iches Untersche idungs-m e r k m a l zwischen e iner S t a d t - u n d Landgeme inde da r s t e l -len k a n n ; entscheidend sind v i e lmehr die G r ü n d u n g und innere geschichtliche Entwicklung, die geographische Lage u n d der baul iche Grundr iß , die Eigenschaf t als Mi t t e lpunk t f ü r ein größeres oder k le ineres Gebiet u n d der w i r t s cha f t -liche Cha rak t e r , daneben auch das Bewußtse in der E i n w o h -ne r und der Umgebung . Alle diese Ges ich tspunkte ü b e r -wiegen we i t aus die von prak t i schen G r ü n d e n he r be s t immte Art der neuzei t l ichen Verwa l tung . I m Fal le Haigerloch sprechen sie j edenfa l l s überdeut l ich f ü r seine S tad te igen-schaft .

Als bewuß te s tädt ische G r ü n d u n g ist Haigerloch nicht a n -zuzweifeln, es n i m m t sogar insofern e ine Sonders te l lung ein, als es sich bei ihm u m eine Doppels tadt handel t . Nach den übe re in s t immenden Ergebnissen vielsei t iger Forschungen u n d dem Vergleich mit ähnl ichen Verhä l tn i ssen ergib t sich zwei -fellos, daß diese S t ad t an l agen im 13. J a h r h u n d e r t im A n -schluß an zwei dortige, e i nande r gegenüber l iegende Burgen en t s t anden sein müssen. Mit der u rkund l ichen N e n n u n g eines s tädt ischen Schul theißen u n d von Bürge rn im J a h r e 1237 ist wenigs tens eine von ihnen f ü r diese Zeit belegt . Noch zu Ende dieses J a h r h u n d e r t s erzähl t ein P e r g a m e n t von d e r „neuen, S tad t zu Haigerloch in dem Haag." Die be i -

den e rs ten Blick, daß es sieb bei i h re r Anlage ebensowenig u m eine a l te bäuer l iche S ied lung wie u m ein spä teres Dorf gehandel t h a b e n kann , dem be i de r ursprüngl ich fas t völlig f eh l enden M a r k u n g auch j ede Grund lage gefehl t haben würde . Vie lmehr weisen die u m m a u e r t e enge B a u a r t mi t deutl ich ausgemessenen Häuserb locks und die k l a r e M a r k t -p la tzan lage in de r U n t e r s t a d t auf ein Gemeinwesen f ü r Ge -werbe t r e ibende u n d K a u f l e u t e hin, das heißt auf e ine j e -ner Städte , wie sie im 13. J a h r h u n d e r t p l anmäß ig in gewissen Abs t änden bei uns angelegt w u r d e n .

Bei seiner e rs ten E r w ä h n u n g erscheint das C a s t r u m H a i -gerloch 1095 schon als Ger ichtss tä t te f ü r die Umgebung . Mi t -t e lpunk t f ü r seine Gra f schaf t u n d spä te re Her r scha f t mi t einer g rößeren Anzahl von Dör fe rn bleibt die S tad t auch in u n u n t e r b r o c h e n e r Folge und gelangt endlich als solche im Tausche gegen Rhäzüns 1497 an das H a u s Hohenzol le rn . U n -ter ihm wi rd sie nach der Landes t e i l ung des G r a f e n K a r l I. 1576 zum Sitz e iner e igenen Linie des Hauses . Als al lo-dia ler Hausbes i tz w a h r t Haigerloch auch nach dem U e b e r -gang an S igmar ingen gegenüber der dor t igen von Oesterre ich l e h e n b a r e n Gra f schaf t seine Sonders te l lung. Aus den he rge -b rach ten Verhä l tn i s sen h e r a u s e rhä l t sich ihre Ste l lung auch als preußische Obe ramts s t ad t bis zur Er r i ch tung des K r e i -ses Hechingen. Der polit ischen Bedeu tung entspr icht auch die

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' 0 H O H E N Z Q L L E R I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1952

kirchliche als Sitz eines Landkap i t e l s mindes tens vom 15. J a h r h u n d e r t an. Dieses kathol ische Landkap i te l h a t t e in f r ü -he ren J a h r h u n d e r t e n a l lerdings eine viel größere Bedeu tung und we i t e ren U m f a n g als heu te : es reichte, w ie es ein a l ter Stich noch k l a r zeigt, von Haigerloch bis Bal ingen, Rosen-feld, Sulz, Horb u n d Rot tenburg .

Bei all diesen o f f enkund igen und e indeut igen Zügen ist se lbstvers tändl ich, daß Haigerloch im Bewußtse in seiner B ü r -ger wie der U m w o h n e r nie anders als S tad t gegolten hat . Die re in ve rwa l tungsmäß ige und — rechtl iche Ste l lung ha t d a r a n bis heu te nie e twas ände rn können . Sie beschränk te sich auch stets n u r auf unse r L a n d ; denn im benachba r t en W ü r t t e m b e r g und Baden, in denen der Titel „S tad t" ke ine

s taatsrecht l iche Sonders te l lung mit sich br ingt , ist dort selbst k le ins ten Gemeinden ihre he rgebrach te und ih r em Wesen en t sprechende Bezeichnung stets unangefoch ten geblieben. Vor einiger Zeit ha t n u n die S taa t s reg ie rung in Tübingen Haigerloch wieder seinen al ten, innerl ich wohlberecht ig ten Titel als „Stadt" zue rkann t , eine Maßnahme , welche die u n -getei l te und rest lose Z u s t i m m u n g a l ler Geschich ts f reunde und L i e b h a b e r dieser e inzigar t igen romant i schen S t ad t f i n -det . — In e ine r der nächs ten Ausgaben der „Hohenzol ler i -schen H e i m a t " b r ingen wi r den Inha l t eines al ten, in te res -san ten Aktens tückes aus dem P f a r r - A r c h i v Haigerloch über die Geschichte der Gra f scha f t und S tad t Haigerloch zum Ab-druck. M.G.

Das gefährliche Geheimnis von Haigerloch Der T u r m in lu f t iger Höhe in der Obers t ad t ist wahrsche in -

lich das ä l tes te de r vielen geschichtlichen Bauwerke , welche die in te ressan te S tad t Haigerloch aufweis t . H ie r winde t sich die Eyach in großen Doppelschl ingen durch den Muschelkalk und läßt fas t ke inen R a u m f ü r die Häuser , die sich in der Un te r s t ad t an den U f e r n z u s a m m e n d r ä n g e n . F r ü h e r sprang auf dem Mark tp l a t z ein S a u e r b r u n n e n , de r im V e r l a u f e der Zeit versiegte. Tro tzdem k a n n sich Haigerloch mit vol lem Recht „Erholungsor t" nennen ; denn seine Lage ist herrl ich, und im Früh l ing f l ießt das F l i ede rmee r übe r alle Hänge.

Neben e iner großen Vergangenhe i t und e iner reichen Ge-schichte besi tzt Haigerloch ein eigenes Elek t r iz i t ä t s -Werk , die w e i t b e k a n n t e Schloßbrauere i und neben den Macco-Spinnere ien a n d e r e Fab r ikbe t r i ebe . Stolz sind die Ha ige r -locher vor a l lem auf ihr romant isches Schloß und die w u n d e r b a r e Schloß- u n d St. Annak i rche mit unverg le ich-lichem Kuns t re i ch tum. Fü r s t Joseph Fr iedr ich von S igma-r ingen w ä h l t e Haigerloch zu se iner Liebl ingsresidenz und ve rwende t e seinen ganzen Reich tum f ü r die Schloß- und St. Annaki rche , die im J a h r e 1755 als ge t reue Nachbi ldung de r b e r ü h m t e n Klos te rk i rche zu Zwie fa l t en e rbau t wurde . U n t e r d iesem F ü r s t e n k a m e n auch die J u d e n hierher , die ein eigenes Vier te l mit e ine r Synagoge bewohn ten und fr iedl ich u n t e r der Bevö lke rung lebten, bis m a n sie im J a h r e 1943 gewa l t sam depor t ie r te . Nach Kr iegsende k a m e n von 250 J u d e n noch acht zurück.

Die Aera des „Tausend jäh r igen Reiches" h in ter l ieß auch noch a n d e r e Spuren , und diese sind mit ein Grund , w a r u m Haigerloch eine fas t in te rna t iona le Be rühmthe i t e r langt hat . In dieser S tad t w a r nämlich in e inem Felsenkel le r u n t e r -ha lb der Schloßkirche die einzige deutsche U r a n b a t t e r i e u n -tergebracht , mit e inem angebau ten Labo ra to r i um f ü r A t o m -forschungen, f ü r A tomspa l tung u n d Atombombe.

Infolge ges te iger te r L u f t a n g r i f f e w u r d e das Ka i se r -Wi l -he lm- Ins t i t u t f ü r Phys ik in Be r l i n -Dah lem nach Ha ige r -loch verlegt , sodaß sich h ie r in den le tz ten Kr i egs j ah ren die wichtigste u n d zuletzt einzige deutsche Atomforschungs-

s tä t te be fand . Man h a t t e im Schloßkel ler 1,5 Tonnen Uran , 1,5 Tonnen schweres Wasser , sowie 10 Tonnen Graph i t und C a d m i u m un te rgebrach t : m a n b a u t e d a r a u s e ine U r a n b a t -ter ie mit U r a n und schwerem Wasser in e inem G r a p h i t -mante l . Der einzige Haigerlocher , der diesen gefähr l ichen Kel ler danach jemals be t r e t en hat , w a r de r Ver fa s se r dieses Berichts, de r abe r auch nicht m e h r sah als e ine gewölbte Ble ikuppel übe r de r U r a n b a t t e r i e und ein Gewi r r von D r ä h -ten an der Decke. Man a rbe i t e te in a l ler Stille, w a r aber nach Aussage des le i tenden Ke rnphys ike r s im J a h r e 1944 genau so wei t wie die A m e r i k a n e r im J a h r e 1942 waren . A m 22. Apri l 1945 kap i tu l i e r t e Haigerloch, und dami t ha t t en die deutschen Atom-Energ ie fo r schungen ih r E n d e ge funden . Die be im Einmarsch der F ranzosen nachrückenden A m e r i -k a n e r haben dann die gesamte U r a n b a t t e r i e „organisier t" , samt U r a n und schwerem Wasser . Der amer ikanische S p r e n g k o m m a n d a n t ließ sich durch eine vorher ige genaue Besicht igung der w u n d e r b a r e n Schloßkirche bewegen, von der beabsicht ig ten to ta len Sprengung des Schloßkellers a b -zusehen, da dieselbe zugleich die sichere Vern ich tung der Schloßkirche und eines großen Teiles der gesamten U n t e r -s tadt zu r Folge gehabt hä t te . Nach in tens ivem Ein reden b e -gnüg te er sich mit n u r k le ineren Sprengungen inne rha lb des Kellers , .wodurch großes Unglück ve rhü te t wurde . Al l -gemein ist m a n mit Recht de r fes ten Ueberzeugung, daß von d e m ganzen schönen Haigerloch ke in Ste in m e h r s tünde, h ä t t e n die Al l i ier ten gewußt , was in den le tz ten Kr iegs -j a h r e n hier ge t r ieben wurde, ganz abgesehen von de r u n -geheuren Gefahr , die in der Exp los ivk ra f t der U r a n b a t t e r i e selbst lag. So ha t besonde res Glück des Himmels , die schützende H a n d des Hl. F ranz i skus Xaver ius , des S t a d t -pa t rons von Haigerloch und das energische und mut ige E in -gre i fen von Menschen die romant i sche S tad t Haigerloch in ge fah rvo l l e r Vergangenhe i t vor dem U n t e r g a n g b e w a h r t . S tad t u n d Landscha f t s t ehen in a l t e r Schönheit da und e r f r euen die Menschen wie seit J a h r h u n d e r t e n Das g e f ä h r -liche Geheimnis von Haigerloch jedoch w e r d e n die Menschen auf Genera t ionen h inaus nicht m e h r vergessen. M. Guide.

Vom Zehntwesen im Walder Amt Die wei th in b e k a n n t e Klos terk i rche von Wald sowie die

s tat t l ichen Klos te rgebäude lassen darauf schließen, daß das Klos te r Wald in den ve rgangenen J a h r z e h n t e n e inen a n -sehnlichen Besitz innegehabt h a b e n muß . Aus k le inen A n -fängen ha t t e das Cis terc ienser innenklos ter es zu Besi tzungen in insgesamt 45 Or t scha f t en zwischen Bodensee u n d P f u l -l ingen gebracht .

Ein Minis ter ia le („Hofdiener") Kaiser Friedrich II., B u r -k a r t von Weckenstein, k a u f t e von Ulrich von Baibe das adelige, f re ie Gut zu Wald mit a l lem Zubehö r u m 50 P f u n d Si lber und s t i f t e te es a m 1. Apri l 1212 seinen be iden Schwe-s te rn J u d i t h a und I tha zu e inem Kloster . Dieses Klos ter erhie l t dann bis ins 18. J a h r h u n d e r t hinein i m m e r u n d im-m e r w i e d e r die Bes tä t igung seiner S t i f t ung und Pr iv i legien durch Päpste Kaise r und Für s t en . Das S t i f tungsgu t d ü r f t e "Ohl nicht allzu umfangre i ch gewesen sein. Tro tzdem v e r -

füg t das Klos te r bere i t s 100 J a h r e nach seiner G r ü n d u n g übe r e inen ganz ansehnl ichen Besitz. Dies ist in der H a u p t -sache auf die .veise Erwerbspol i t ik des Klos ters selbst zu-rückzufü) en, das jeden P f e n n i g E i n n a h m e n in Bes i tz tum i rgendwelcher Ar t anlegte. Eine wichtige Rolle bei der E r -wei te ing des Besitzes spiel ten na tür l i ch in der damal igen Zeit die zahlreichen f r o m m e n S t i f tungen und Schenkungen de r in der Nachbarschaf t b e g ü t e r t e n Ri t t e r und Her ren , de ren Töchter ja K l o s t e r f r a u e n im Got teshaus waren . Meist

schenkten sie ganze Höfe oder Güter . In den fo lgenden J a h r -h u n d e r t e n t r a t die Bedeu tung der Schenkungen immer m e h r zurück. An de ren Stel le k a m der Kauf durch das Kloster , das i m m e r bes t reb t war , seine Bes i tzungen zu e rwe i t e rn und abzu runden . Die größte A u s d e h n u n g d ü r f t e der Klos te r -besitz a m Ende des Mi t te la l te rs gehabt haben.

Dieser gewal t ige Besitz ist im „Walder U r b a r " ( G r u n d -buch) vom J a h r e 1501 bis ins letzte a u f g e f ü h r t . Dieses U r b a r n e n n t j eden Hof und Acker nebst Wiese und G ä r t e n mit F l u r n a m e n , Größe und Abgaben, die darauf laste:", sowie den Inhabe r . Es ist eine F u n d g r u b e f ü r Forscher al ler Ar t . Leider k o n n t e es bis heu t e noch nicht gedruckt werden . Nach dem Waide r U r b a r gehör te der a l le rgrößte Tei l von G r u n d u n d Boden im a l ten A m t e Wald dem Kloster . So h a t t e z. B. das Klos te r in Walbe r t swe i i e r 15 Höfe und Güter , in R u h e -s te t ten 6 Höfe, in Hippe t swe i l e r 6 Höfe , in O t t e r s w a n g 4 Höfe u n d 1 Mühle , in Ringgenbach 4 Höfe usw. Wenn auch der Klosterbesi tz a u ß e r h a l b des Amtes Wald nicht m e h r so zers t reu t wie f r ü h e r ist, so ist 1501 auch dieser Besitz sehr bedeu tend . In Ueber l ingen, Be rma t ingen und Markdor f ha t das Klos te r Weinberge ; Höfe besitzt es in Bot t ingen, Höl l -steig, Heudor f , Ka iko fen Lei t ishofen, Linz, Menningen . Min-dersdorf , Rast , Salenbach und Tha lhe im. D a r ü b e r h inaus ha t das Got teshaus noch Zehn tge rech t samke i t en in 10 wei -t e ren Dör fe rn .

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 11

Mit dem Besitz des Got teshauses ging es ba ld nach 1501 bergab . Der B a u e r n k r i e g machte sich in de r Wa lde r Gegend besonders s ta rk b e m e r k b a r . Die Aecker w u r d e n nicht m e h r bestell t , das Klos te r selbst von den H o r d e n e ingenommen und gep lünder t . Die K l o s t e r f r a u e n w a r e n ge rade noch recht • zeitig mi t V o r r ä t e n und Si lbergeschirr in das fes te P f u l l e n -dorf gef lüchtet . Bald hören w i r von Schuldverschre ibun-gen, die das Klos te r a u f n e h m e n mußte , dami t es seinen Ver -pf l i ch tungen den Sch i rmher ren gegenüber , den G r a f e n u n d F ü r s t e n von Sigmar ingen, nachkommen konnte . Das größte Unhei l b rach te jedoch de r 30jährige Kr ieg übe r das Got tes -haus. J a h r e l a n g m u ß t e n die K l o s t e r f r a u e n in den M a u e r n von Ueber l ingen Zuf lucht nehmen , das Klos te r w u r d e w i e d e r -holt gep lünder t u n d tei lweise n i ede rgeb rann t . Höfe ze r -f ielen, Fe lde r b l ieben unbebau t , H u n g e r und Pes t wü te t en . Selbst J a h r e nach dem Kr iege m u ß t e n die Walbe r t swe i l e r K i n d e r und F rauen , da es an Gespann fehl te , die Z e h n t -ga rben in die Zehntscheuer t ragen . Schuldverschre ibungen u n d V e r p f ä n d u n g e n ohne Zahl m u ß t e das Klos te r in den Kr i egs - und Nachkriegs j ä h r e n a u f n e h m e n . Auch im S p a n i -schen Erbfo lgkr ieg h a t t e das A m t Wald viel zu leiden. Der Druck der Sch i rmher rn wurde , wie a n d e r w ä r t s , i m m e r s t ä r -ker , u n d ih re F o r d e r u n g e n i m m e r höher . Von 1783 bis 1806 s t and das Klos te r u n t e r österreichischer Her r scha f t . N u r k u r z e J a h r e w a r e n ihm vergönnt , bis a m 6. S e p t e m b e r 1806 der f ranzösische Cheval ier das E igen tum des Got teshauses feierl ich dem fürs t l ich-hohenzol ler i schen H o f r a t Geßler in S igmar ingen übergab .

Den umfangre ichen Besitz, den das Klos te r j a h r h u n d e r t e -lang inneha t te , k o n n t e es na tür l i ch nicht selbst bewi r t s cha f -ten. Die e inzelnen Höfe u n d G ü t e r w a r e n „ lehensweise" oder zu „Tei lbau" vergeben. Hierbe i unterschied m a n „die Ausgabe zu f e s t e r Gült" , bei der jähr l ich ein f e s t s t ehende r Zins bezahl t w e r d e n mußte , w a s bei Wiesen fas t durchweg der Fal l wa r , und „die Ausgabe zu Tei lbau" , wobei ein Teil der E r n t e in G a r b e n bezah l t w e r d e n mußte . Die meis ten Höfe, vor a l lem in der N ä h e des Klosters , „waren zu Dr i t -teil u n d Vier t te i l ve r t an" , d. h. als Pacht m u ß t e die 3. oder v ie r te Ga rbe in die Wa lde r Zehntscheuer gebracht werden . D a r ü b e r h inaus b e s t a n d se lbs tvers tändl ich bei allen Güte rn , die dem Klos te r gehörten, noch die Verpf l i ch tung zur A b -gabe des Großzehn ten vom Getre ide , w ä h r e n d der K le in -zehnte, das sind die Er t r ägn i s se aus den Brachfe ld f rüch ten , dem P f a r r h e r r n zus t anden und in dessen Zehn tscheuer k a -men. Den größten Teil der Bes i tzungen auf der M a r k u n g Wald t r i eb das Klos te r als „Sal land" selbst um. Dies Gut w u r d e vom „Baumeis te r" ve rwa l t e t und ist desha lb im U r -b a r von 1501 nich^ en tha l t en . Von 1700 ab w a r e n auch Fe l -der der M a r k u n g Wald an die B a u e r n der Nachba rdö r f e r ausgegeben, wie dies aus dem U r b a r von 1790 ersichtlich ist, doch k a n n a n g e n o m m e n werden , daß das Klos te r den ü b e r -wiegenden Teil seines B e d a r f s an Lebensmi t t e ln aus dem se lbs tbewir t schaf te ien Kios te rgu t in Waid deckte.

Bei den Lehengü te rn des Klos ters haben wi r es fas t regel -mäßig mit ,Schupf lenen" zu tun, d. h. de r Lehens inhabe r k o n n t e jährl ich vom Hofe geschupf t w e r d e n Dies k a m je -doch anscheinend äußers t se l ten u n d n u r bei Mißwir t schaf t vor, so daß nach dem Tode des Va te r s in der Hegel dessen Sohn mit dem Hof bel iehen wurde . So k a n n m a n prakt isch die L e h e n auch als „Erb lehen" ansehen . Wechsel te der Be -sitzer, so m u ß t e als „Ersatz" j e nach Größe des Hofes 50 bis 120 Gulden bezahl t werden . Die Baue rn u n d Söldner w a r e n Leibeigene des Klosters . Woll te ein B a u e r oder eines se iner Fami l iengl ieder wegziehen, so m u ß t e f ü r Ent lassung aus der Leibeigenschaf t die G e b ü h r von 10 Gu lden je P e r -son bezahl t werden , a u ß e r d e m als „Abzug" e twa 1/5 des Vermögens . Andre r se i t s m u ß t e jeder , de r zuzog, als „Zuzug" 10 Gulden bezah len u n d einen l ede rnen F e u e r e i m e r stellen. S'ö k ö n n e n w i r aus den „Waldener Verhörspro toko l len" seit 1637 fes ts te l len , daß nach dem 30jähr igen Kr ieg gut 10 Prozent der Bevö lke rung aus Vora r lbe rg u n d der Schweiz in da 5 m e n s c h e n a r m e Walde r A m t zugezogen sind, w ä h r e n d .mgekehr i nach 1760 fas t aus j edem Dor fe junge Fami i i en

„in das Königreich U n g a r n " ausgewande r t sind. Die Le ib-eigenschaft w a r im A m t e Wald nicht so d rückend wie im Osten Deutschlands . Leute , die ke inen Besitz ha t t en , w ie Knechte u n d Mägde, konn ten jederzei t f r e i zu- u n d abziehen.

We. g vers tändl ich ist uns heut igen Menschen die „Ab-gabe ^es 3e thauptes" , d h. be im Tode des B a u e r n m u ß t e der Herrsch if£ das b e s t ; P f e r d das beste Gewand , u n d fa l l s er ke inen Solln hat te , das bes te Schwer t gegeben werden . Beim Tode c^ r Bäur in w a r e n d bes te K u h u n d das bes te Kle id abzugeben, " lan n a n n t e dies „das Fä l l en" Nach 1637 w u r d e a m A m t e Wald „mit dem P f j r d änder t Wahl" , d. h. 2. WE' 1 „gefäl l t" . Es m u ß t e also nicht m e h r das bes te P f e r d oder die bes te K u h gegeben werden , sondern n u r noch das

2. Stück. In den oben e r w ä h n t e n Walde r P ro toko l l en sind al le diese Fä l le genaues tens fes tgeha l ten . Wir sehen aoer andrerse i t s , wie das Klos te r „den Fa l l " nicht rücksichtslos e inget r ieben hat , sondern die Schuld of t te i lweise oder auch ganz nachließ, w e n n h i e r f ü r besondere Gründe , wie A r m u t , Bauschulden, K r a n k h e i t u. a. m. vor lagen. Es k a m w i e d e r -holt vor, daß Wi twen aus Walbe r t swe i l e r den Tod ihres Mannes mi t W a l l f a h r t e n nach Engelswies und Lore t to bei Meßkirch fä l len konn ten . A n Stel le des P f e r d e s k o n n t e n auch 20 Gulden, an Ste l le der K u h 10 Gu lden gegeben werden .

Die Höfe h a t t e n a u ß e r d e m noch „Kuchelgefä l le" an das Got teshaus zu fes ten T e r m i n e n jähr l ich ziu geben. Das Wa l -der U r b a r von 1501 f ü h r t diese Abgaben genaues tens auf . In der Regel w a r e n es je Hof iU Eier (120 St.), -i—6 H ü h n e r u n d stets „eine Fas tnach t shenne" . Aus all dem sehen wir. daß die Abgaben u n s e r e r V o r f a h r e n a n das Klos te r durch-weg hoch waren , andre rse i t s abe r auch, daß das Klos te r die Abgaben of t e rmäß ig te u n d te i lweise ganz erl ieß.

Außer diesen Abgaben haben die meis ten Höfe, besonders die a m nächs ten be im Klos te r gelegenen, noch F rond i ens t e zu leisten, teils als H a n d - , teils als Spanndiens te . Das Gu t ha t t e im Durchschni t t 3 „ E r t r a g w a n e " zu f ronen , d. h. nach A n g a b e des Baumei s t e r s f ü r das Klos te r ha t t e der Sö ldner Handd iens te , der B a u e r 3 Tage Spannd iens t e zu leisten u n d dabei Holz, Ziegel u n d Ka lks te ine zu f ü h r e n . A u ß e r d e m ha t t e j ede r B a u e r e inen „Tumtag" (Dungtag) zu f a h r e n , ebenso f ü r das Klos te r 1—2 „See- oder W e i n f a h r t e n " nach dem Bodensee (meist Ueber l ingen) zu machen u n d dabei F ruch t dor th in zu f ü h r e n u n d Wein aus den dor t igen Klo-s t e rgü te rn als Rückf rach t mi tzubr ingen . Die F r o n t a g e s t an -den der Zahl nach fes t u n d k ö n n e n wohl mi t Recht a ls sehr mäßig bezeichnet we rden . Im A m t e Wald gab es abe r ke ine „ Jagdf ronen" , die in a n d e r e n Her r scha f t sgeb ie ten so ve rhaß t w a r e n . Von den gesamten F r o n e n f ü r das Klos te r Wald h a t t e n die Walbe r t swe i l e r B a u e r n e twa 1/i zu leisten. Das Klos te r ha t t e nuir die „n iedere Ger ichtsbarkei t" , w ä h r e n d die „höhere Ger ich t sbarke i t " u n d das Jagdrech t den Sch i rm-h e r r n des Klos ters zus tanden . Das Klos ter konn te als nu r bis zu 10 G u l d e n u n d nie „an Leib u n d Leben" s t r a fen .

Welchen Re ine r t r ag das Klos te r Wald aus se inen Be-s i tzungen gezogen hat , läßt sich schwer nachweisen. Als A n h a l t s p u n k t h i e r f ü r k a n n „die Berechnung des r e inen E r -t rages des her rschaf t l i chen Or tes Walber t swei le r" , d ie von der österreichischen Her r schaf t , e twa u m 1784 ange fo rde r t war , gelten. Die M a r k u n g zähl te dama l s 840 ha, wovon 440 ha Wald u n d 400 ha landwir t schaf t l i ch genutzt waren . Alle Güter , ausschließlich Wald, gehör ten dem Kloster . Diese Aufs te l lung ist aufschlußreich und gibt uns ein k l a r e s Bild ü b e r die Abgaben des Dorfes u n d den sicher nicht zu Un-guns ten des Klos te rs be rechne ten Reiner t rag .

E s g e h e n a u s d e m O r t W a l b e r t s w e i l e r j ä h r -l i c h e i n : a) Lehenz insen auf Georgi und Mar t in i 95 Gu lden 17 Kreuz . b) An Kuchelgefä l len , 3060 Eier, 106

H ü h n e r , 33 H e n n e n 33 Gu lden 16 Kreuz . c) A n Fronen , die ve rgeben sind 61 Gulden 20 Kreuz . d) An Erdschätzen oder Laudemi i s 51 Gu lden — Kreuz. e) An Haup t rech t 2. Wahl 37 Gulden 48 Kreuz . f) Von de - 4. Garb , 1265 Vier tel Vesen,

536 Vier te l Roggen, 306 Vier te l H a -ber, 81 Vier te l Gers te

— 1126 fl. 28 kr . Hie rvon gehen f ü r 12 Zehn tknech te

in IE Tagen Erntezei t , Drescherlohn, einschließlich Verp f l egung u n d f ü r 40 G e t r e i d e f u h r e n nach Waid

206 fl 43. kr . Bleibt also re ine r E r t r a g 919 Gulden 44 Kreuz .

g) Vom Großzehn ten nach Abzug der 158 23 23

Unkos ten h) Vom Neubruchzehn ten i) Boden- u n d Wiesenzins k) An F rond iens t en in n a t u r a ab

zügl. Unkos ten u n d Verp f l egung 75 1) An Abzug u n d E i n k ä u f e n 5

m) E i n n a h m e n aus S t r a f e n 8 n) Aus dem Fischweiher nach Abzug

al ler Unkos ten 15 o) Erlös aus dem Walde 560

S u m m e der E i n n a h m e n

Gulden 25 Kreuz. Gu lden Gulden

Gu lden lu Kreuz. Gu lden Gu lden

Gulden Gulden

2 061 Gulden 8 Kreuz

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12 H O H E N Z O L L E R E S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1952

H i e r v o n s i n d a b z u z i e h e n : 1. Un te rha l t de r B e a m t e n 50 Gulden 2. Die B a u e r n e rha l t en 15 K l a f t e r (52l/2

Raummete r ) , die Söldner 8 K l a f t e r (28 R a u m m e t e r ) Brennho lz unentgel t l ich, ebenso B a u - und Zaunholz 735 Gulden

3. Dem P f a r r e r m u ß die Besoldung ge-reicht werden . Diese bes teh t in Geid, Früch ten , Wein, 30 K l a f t e r (105 R a u m -mete r ) Brennho lz usw. 295 Gulden 58 Kreuz.

4. Zuschuß d e r Her r scha f t zum Stock f ü r Ki rchenbau (Kirchenfabr ik) 10 Gulden

5. S teue r f ü r Kirchengut , an den schwä-bischen Kre i s zu zahlen • 75 Gulden (Dominicals teuer)

S u m m e der Ausgaben 1 165 Gulden 58 Kreuz.

Der re ine E r t r a g ist demnach 2 061 Guld. 8 Kr. abzüglich 1 165 Guld 58 Kr .

= 895 Guld. 10 Kr . Ais A n h a l t s p u n k t f ü r die K a u f k r a f t d ieser S u m m e mag

der Wer t eines Zugochsen dienen, der, wie aus e inem Prozeß nes Hechinger V i e h j u d e n Hei lb ronner mit e inem B a u e r n im Walde r A m t u m dieselbe Zeit ersichtlich ist, 22 Gulden be -t rug . Demnach ha t t en die Abgaben der Walber t swe i le r Bauern und Sö ldnern an das Klos te r den Wer t von 94 Zug-ochsen im Jah r , und de r vom Klos te r be rechne te Re ine r t r ag d a r a u s e inen Wert von 41 Zugochsen. Die Be las tung der B a u e r n in der „guten a l ten Zeit" w a r demnach wohl k a u m ger inger als sie heu te ist, und wi r k ö n n e n vers tehen , w a r u m unse re V o r f a h r e n d a r u n t e r mi t Recht geseufzt haben, wie wir ;s auch heu te noch tun . Wie spricht doch der Weise? „Alles schon dagewesen" .

Sämil iche a n g e f ü h r t e n Quel len bis 1501 b e f i n d e n sich im Fürs t l ichen Archiv, die nach 1501 im S taa t sa rch iv zu S igma-ringen. Jerg .

Hausen und Jungingen werden Pfarreien Eine U r k u n d e vom J a h r e 1488 ber ichte t : Wi r Ei te l f r iedr ich

Graf zu Zol lern b e k e n n e n und t u n k u n d a l le rmännigl ichen mit diesem Brief f ü r uns und den wohlgebornen unse rn l ieben B r u d e r Yt te l Fr iedr ichen G r a f e n zui Zol lern und un • ser a l ler Erben , als unse re lieb ge t reuen Vogt, Richter u n d ganze Gemeinde zu J u n g i n g e n und Wei ler ob Schlatt , desgleichen H a u s e n in dem Ki l le r ta i b i she r mi t i h r em Kirchgang u n d al len p fa r r l i chen Rechten in die P f a r r gen Ki l ler gehör t haben und abe r besorgen daß sie durch S a u m -nuis des Wegs, Ungewi t te rs , Kriegsläuf und a n d e r e r Ursach ha lbe r an den hl. S a c r a m e n t e n zu Zeiten, w o in die n i t zu kommen sei, ve rkü rz t werden möchten, das zu f ü r s e h e n und auch, daß sie zum d ikkenma l durch Ungelegenhei t des Wegs den Ki rcngang vermeiden , daß sie Feuersnot , Diebs tahl und a n d e r e Schäden in i h r em ussein besorgen müssen, dero und a n d e r e i h r e r Beschwerden halb sie uns als i h r em na tür l i chen H e r r n ihnen, nemlich die von Jung ingen und Weyle r us der Cappel zu Jung ingen , und die von H u s e n us der Cappel zu Husen an j edem ende eine P f a r r e i zu machen gnädiglich zu vergönnen gebeten .

Solch ihr ernst l ich Bit t und gute Meinung, auch die M e h -r u n g und F ü r d e r u n g des Got tesdiens tes w i r angesehen, b e -t racht und i h n e n das us sondern G n a d e n gnädiglich v e r -gunn t und e r l aub t haben, e r l auben und vergönnen ihnen das mi t d iesem Br iefe , doch uns und u n s e r n e rben die L e h e n -schaf t der P f a r r e n obgemelt vorbeha l ten , auch uns und u n -sern E r b e n an unser Herr l ichkei t u n d Obr igkei t unschädlich. Also und mi t der Bescheidenhei t , daß die vermel ten von Jung ingen u n d Wyle r die P f a r r zu -Tungingen und die von Husen die P f a r r zu Husen und solichs, so an disem Brif s tau t durch den hochwürdigen Fü r s t en und Her rn , H e r r n Ot ten Bischofen zu Constanz, unse rn l ieben h e r r n u n d Oheim, conf i rmieren , u f r ich ten und bestel len lassen, wie dann das nach O r d n u n g der hl. Kirche geschehen soll, und daß sie da rzu dem würd igen H e r r n C a s p a r S c h u l e r K i r c h h e r r n z u K i l l e r und e inem jeden k ü n f t i g e n Ki rchher rn daselbs t al le j ä h r jähr l ich und eines j eden ja r s besonders uf st. Mar t i n s t ag f ü r seine pfa r r l i che Recht, n ä m -lich die von Jung ingen und Weyle r 15 P f u n d Hel le r und die von Husen v i e r P f u n d Hei le r Hecii inger W ä h r u n g geben, des auch der würd ig H e r r V e i t K i p f t , K i r c h h e r r zu J u n g i n g e n und ein j ede r k ü n f t i g e r P f a r r e r daselbst von de r von J u n g i n g e n wegen, und H e r r H a n n s S a t t l e r , P f a r r h e r r d a s e l b s t z u H u s e n und ein j ede r k ü n f -t iger P f a r r h e r r daselbst von der von Hausen wegen Träge r u n d Fer t ige r sein, und sich des mi t . ren U n t e r t a n e n gegen dem Ki rchhe r rn zu Ki l le r nach No tdur f t verschreiben u n d versorgen sollen. Es sollen auch die von Jung ingen , Weyle r und H a u s e n denen von Ki l ler den Lohn dem M e s m e r zu Ki l ler he l fen geben, dami t er, wie von a l t em H e r k o m m e n ist, in dem Dienst b le iben möge. Dazu sollen sie der P f a r r • k i rche zu Ki l le r mit F rond iens ten mit Holz, Feld, Stein und a l lem dem, so dieseib P i a r r k i r c n zu i h r em Bau n o t d ü r f t i g ist, gehorsam, gewar t ig und v e r b u n d e n sein, wie a n d e r e P f a r r l e u t daselbs t ohne Gefährde . Auf das ha t der ehgenann t K i r chhe r r zu Killer , die p f a r r zu -Jungingen und Husen und was an dem brief s taut , gewilligt, und sich dami t f ü r sich und alle seine Nachkommen al ler p f a r r h c h e r Recht, so e r an den E n d e n gehabt haut , verzigen (verzichtet), ausge-n o m m e n das Corpus, auch die Zins zu Jungingen , Weyle r und Husen, desgleichen den Kle inzehn ten zu Husen, das dem ve rme l t en K i r chhe r rn zu Ki l ler u n d seinen Nachkommen ge-

geben w e r d e n soll, h in tangese tz t K r a u t - und Zwiebe lzehnten zu Hausen sollen dem v e r m e l t e n H e r r n H a n s e n Sa t t l e r K i rchhe r rn daselbs t und seinen Nachfolgern mi t s amt der Stol, Seelgerä t und O p f e r werden . Und die P f r ü n d e S t. C a t h a r i a e A l t a r z u K i l l e r mi t all ih ren Zinsen und E i n k ü n f t e n s o l l h i n f ü r oi a n d i e P f a r r z u H a u -s e n d i e n e n , dazu' sollen die von H a u s e n ih r em P f a r r e r zwei M a n n s m a d Wiesen geben ungefähr l ich . Es sollen auch die Jahrze i t en (Jahr tage) , so zu Kil ler gemacht und vor Da -t u m dies Br iefs gesetzt sind, zu Ki l le r b e g a n g e n werden , also daß die p fa r r l i chen Recht n u n f ü r o h i n den Ki rchhe r rn zu H a u s e n u n d Jung ingen u n d ih ren Nachfolgern d ienen und bleiben.

Die von Jung ingen und Weiler sollen auch ih r em Kirch-h e r r n und seinen Nach fah ren jähr l iche E i n k ü n f t e machen und verschreiben, dami t die P f a r r eir- ~n P f a r r h e r r n e rnäh r t , und der K i r chhe r r e twa 50 p f u n d he l le r J a h r e s g e h a l t habe . Das h a b e n die von Jung ingen also ge tan und dem P f a r r -h e r r n und Nachfolger zu den p fa r r l i chen Rechten zwei M a n n s m a d Wiesen, genann t die Hofs ta t t an des S tohen G a r -ten, gegeben, s toßen herab auf den Esch, u n d eine B e h a u -sung im Gemäs und einen B a u m g a r t e n , genann t des Münchs Gar ten , im Uchtet gelegen, und i hm dazu al le J a h r in j ede r Zeig zwei Jauche r t Ackers auf ih re Kosten, ohne des P f a r r -h e r r n schaden, zur rechten Zeit bauen , die dann de r P f a r r e r nach se inem Nutzen besämen soll. Desgleichen sollen sie i hm 3 P f u n d Hel le r jähr l ich Gül t dazugeben, und i hm den H e u -zebn ten gedörr t geben, wie sie ihn b i sher dem Ki rchhe r rn zu Ki l ler ungedör r t gaben, alles ohne Ein t rag . Hinderung , Wi-derrede , ohne Arglis t und Gefäh rde .

Des zu u r k u n d so h a b e n w i r obgenann te r Graf Ei te l -f r iedr ich zu Zollern unse r aigen Insigel f ü r uns und den obengen. unse rn B r u e d e r und unse re E r b e n . . . an den Brief gehenk t und w a n n wi r obengenann t em Pf . Caspa r Schuoler zu Killer , P f . H an s Sa t t l e r zu Husen und Pf . Veit K ip f t zu Jungingen , solches wie obst.aut, gewill igt haben , so geloben und versprechen wir , d a rw i o e r nit zu sein, zu t u n etc. Des zu u r k u n d so haben wir , wei l w i r a igner Tnsigeln mangelen , den ehrw. wohlgeb. Meis te r M i c h e l n , Dekan und P f a r r -h e r n n z u H e c h i n g e n und den ves ten J ö r g e n v o n O w v o n Z i m b e r n gebeten, daß sie f ü r uns u n d unsere Nachfah ren . . . i h r Insigel an dieser brief gehenkt haben . Und wi r Vogt, Richter u n d ganz Gemeind zu Jung ingen , Weiler und Husen b e k e n n e n alles das, so von uns an diesem Brief geschrieben s taut , geloben und versprechen bei unse rn Aiden f ü r uns und unse re Nachkommen, dem also ge t r eu -lich nachzukommen u n d d a r w i d e r n i m m e r zu sein . . . ohne Argl is t und Gefäh rde . U n d das zu U r k u n d , dieweil wi r eigens Insigels ni t haben , so hand w i r den ves ten J u n k e r J a c o b e n v o n H o l n s t e i n gebeten, daß er sein Insigel f ü r uns und unse re E r b e n . . . gehenk t ha t und an disen Brief , der geben ist uf Montag nächst nach sanct P e t e r u n a P a u l der hei l igen Zwöl fbo ten Tag in dem J a h r von Chris t i Gebur t gezählt t ausend v i e r h u n d e r t achtzig und in dem achten J a h r (30. J u n i 1488).

Einige Zeit he rnach (um 1540) ist die P f a r r e i Ki l ler nicht m e h r besetzt und prakt i sch der Ort mi t S tarze in nach H a u s e n e ingep fa r r t worden . Zwischen 1550- -58 wol l te Graf Jos Nik-las von Zol lern P f a r r h a u s und Gräbe r zu Ki l le r v e r k a u f e n . Die Gemeinde Ki l ler und S ta rze in boten 10 Gulden m e h r als f r ü h e r fei l geboten. Doch scheint nichts d a r a u s ge-w o r d e n zu sein. A m 13. Mai 1699 w u r d e n in Beisein des

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 13

Dekans des Kapitels Trochtel i ingen, zu dem das Ki l le r ta i seit a l ters gehörte , an Vogt Michel Räd le fo lgende P f a r r -gü te r zu Kil ler ver tausch t : Eine H o f s t a d t z u K i l l e r , worauf vor J a h r e n der dasige P f a r r h o f g e s t a n d en, s toßt oben uf Mar t in Lorch, un ten u f K e t t e r e n G a ß , zwischen der A i m a n d u n a d e m Michel Rädle selbst. F e r n e r ein Hofs tä t t ie , so schon vor unverdenk l ichen J a h r e n zu e inem Gär t i e gemacnt worden, stoßt oben auf e r m e l t e n Räd le selbst u n t e n auf den Fueßweg, so auf die Ha lden geht , welcher F u e ß w e g n u r der Zeit nach zu gebrauchen, sonst abe r d e m Rädl in zu genießen gehört , beidersei ts zwischen d e m Rädl in . Aus diesen zwei Hofs t ä t t en sind jähr l ich der He r r s cha f t 12 Schilling Heller zu geben. F e r n e r u n g e f ä h r dre i Vier te l M a n n s m a d G a r t e n im D e l l e n b r o n n e n , s toßt oben an die Lands t r aß , u n t e n uf Caspa r S tumpp , zwischen dem S t u m p p und Hans Lorchen Erben . F e r n e r dre i Vier te l Wiesen uf der Hofs tä t t . D a f ü r gab Räd le der P f a r r e i Hausen : 1 M m Wiesen auf Binsenberg , 1 Jauche r t Acker an der Halden . Von der Her r scha f t bezog seit a l ters die P f a r r e i Hausen , vorher P f a r r e i Ki l ler : Geld 5 P f u n d Heiler , Vesen 18 Scheffe l (— 9 Mit.), H a b e r 14 Scneffel , S t roh 1 Fuüer , al les Hecninger Maß. Die 15 P f u n d , welche die Gemeinde J u n g i n g e n 1488 an die P f a r r e i Ki l ler (und dann Hausen?) jähr l ich zu zahlen gewesen, sind 1776 längst abgelost . Die fo lgende bis ins e inzelne gehende Beschre ibung des H a u s e n e r P f a r r e i n k o m m e n s dieses l e tz tgenann ten Jahres , wie es sich nach a l ten Lagerbüchern dars te l l t , w ü r d e hier zu wei t f u h r e n , w ä r e aber f ü r die Eingesessenen nicht ohne Interesse . (Dom. Arch. Sigm. R. 78 Nu. 92).

Des Hochmeisters Ulrich von Bekannt l ich s t a m m e n aus dem Geschlecht der H e r r e r von

Jungingen , die u m 1300 nach J u n g n a u (das sie aus Schii tau u m t a u f t e n ) und Hohenfe l s übers iedel ten , zwei Hochmeis ter des Deutschen Ordens : K o n r a d u n d s e i n B r u d e r U l r i c h von Jungingen (1393—1407 bezw. 1407—10 Vgl Eisele in Mitt . d. Vere ins f ü r Geschichte Hohenzol lerns Jg. 62, 1931 S. 42—52). Von Ulrich u r te i l en manche Geschichts-schreiber, er sei zwar persönlich ein mut ige r K ä m p f e r , abe r ke in H e e r f ü h r e r gewesen Daß dieses Urte i l z u m m i n -d e s t e n l e i c h t f e r t i g ist, zeigt e ine n e u e r e Dars te l -lung seines Endes, aus der w i r die wichtigste Stei le en t -n e h m e n :

„Vom L i t aue r J a g i e 11 o (damals König von Polen) ha t t e der Deutschorden wenig Gutes zu e rwar t en . Das Verhä l tn i s zu i hm blieb d a u e r n d gespannt , m e h r m a l s d e m Kr ieg sehr nahe . Zum Glück f ü r den Ordenss t aa t ve rmochte der König L i t auen nicht zu behaup ten , wo sich sein Ve t t e r und F e m d Witold langsam zum Her rscher emporarbe i t e te . Witold w a r abe r kein we i t schauender S t a a t s m a n n und benu t z t e seine S te l lung als Zünglein an de r Waage n u r nach m o m e n t a n e n Vortei len. So wechsel te er s tändig zwischen Polen u n d dem Orden hin u n d her . U n o beide Mächte hü t e t en sich ängstlich, inn zu reizen. 1405 verzichte te Witold zum d r i t t enma l auf Sama i t en (Südlitauen). Der Ordenspol i t ik ge lang es diesmal, Jagie l lo als Bürgen f ü r den Verzicht zu gewinnen, selbst mit Zus icherung von W a f f e n h i i f e So schien das Bingen u m das Verb indungss tück zwiscnen P r e u ß e n und Liv iand end-lich beende t . Durch kluge, wohlwol lende Behand lung w u r -den die Sama i t en übe r raschend schnell be ruh ig t u n d f ü r den O r d e n zum großen Teil g;ewonnen. Aber schon 1408 e r -regte Witoid durch seine Sendl inge eine Revol te in S a m a i -ten und verhal f ihr durch seine T r u p p e n zum Sieg. Hoch-meis te r U l r i c h v o n J u n g i n g e n e rkann te , daß der Kr ieg unvermeid l ich sei. Er e r inner te sofor t Jagiel lo an seine feierliche Verpf l ichtung. Der polnische Gesand te ver r ie t aber , daß sein König nicht fü r , sondern gegen den Orden das Schwert z iehen würde . D a s b e d e u t e t e K a m p f g e -g e n b e i d e G r o ß m ä c h t e . iDie Ak ten aus der Re-gierungszeit Ulrichs beweisen, daß er genau so wie sein B r u d e r und Vorgänge r e inem Zusammens toß mit Po len ge-radezu ängstl ich auswich. Also gerade das Gegentei l ist wah r , was m a n ihm andichtete!)

Hochmeis ter Ulrich t ra f die z w e c k m ä ß i g s t e n V o r -b e r e i t u n g e n : durch Ei lboten w u r d e n die deutschen F ü r -s t en und Ri t te r zu r Hi l fe au fge ru fen , eine s t a rke Sö idner -macht angeworben , die I ivländischen Ordensb rüde r zur Tei l -n a h m e a m Kampf au fge fo rde r t . D e r M e i s t e r e r l e b t e a b e r i n d i e s e m F e l d z u g n u r s c h w e r e E n t -t ä u s c h u n g e n . Die deutschen Fü r s t en t a t en nichts, ein a n e r k a n n t e s Reichsoberhaupt gab es nicht, die R i t t e r w a r e n in ih re r Masse zu e inem Zug nach P r e u ß e n höchstens gegen hohen Sold zu gewinnen und die Iivländischen B r ü d e r ve r -weiger ten t rotz wiede rho l t en Drängens j ede Hilfe, ja schlos-

Im J a h r e 1592 gab der H a u s e m e r P f a r r e r Kar l Or th als E i n k o m m e n aus der P f a r r e i Kil ler , die er mi tversah , an : Von der Her r scha f t 5 P f u n d Geld, f ü r 1 F u d e r S t roh 1 Gulden, f ü r Opfe rwe in 1 fl., Vesen 9 IVilt., H a b e r 7 Mit., aus Wies-äckern 6 fl. u n d von den 3 Flecken den Norma lzehn t en der L a n d g a r b ä c k e r auf 3 J ah re , den Kle inzehnten , Heuzehn ten u n d 7 P f u n d Hel le r Zins. Aus der P f a r r e i H a u s e n bezog er : Besetz te Zinsen 30 P f u n d Heller , Vesen 4 Mit., H a b e r 2i/i Mit., dazu n u r noch K r a u t - u n d Zwiebe lzehn ten von H a u -sen, P f a r r h a u s b e n ü t z u n g u n d 5 Jauche r t Acker, 3 Mm. Wie-sen und 1 B a u m g a r t e n .

O h n e eigentlich als solche err ichte t zu sein, erscheint H a u -sen bere i t s 1482 als P f a r r e i die a b e r u n b e s e t z t w a r . Die F r ü h m e s s e zu Ki l ler (d. h. obige K a t h a r i n e n p f r ü n d e ) w a r mit ih r vere inigt . Sie ha t t e abeir nicht m e h r E i n k ü n f t e als 42 P f u n d u n d der Dekan zah l te davon als Subs id ium an den Bischof 2 P f u n d und 2 fl. hl. (F. Diöz. Arch. 26, 59). A m 13. F e b r u a r 1482 v e r ä u ß e r t e H a n s Schet ter l in von Hechingen u m 40 P f d . hl. (gerade das J a h r e s e i n k o m m e n der K a t h a -r inenkaplanei ! ) an die P f a r r k i r c h e zu St. Nikolai zu Hausen e inen jähr l i chen Zins von 2 P fd . hl. aus G r u n d -stücken zu Hechingen ( am K o l b r u n n e n und Wei lhe imerweg, Waidenbüh l a m zollerischen Grübl in , Etzenta l , im K r e w e l s -bach, im Sondern Esch, Ebenloch zu Hause r Uchtat , Bruch-wiesen u n d bei der W ü s t e n m u h l i n (Fürst l . Archiv S igmar in -gen R. 78 No. 89). Als im J a h r e 1556 die P f a r r e i H a u s e n -Ki l ler unbesetz t wa r , lieh Graf Jos Niklas a m 8. Apri l d e m B a d e r J akob Keß le r zu Jung ingen 1 Mm. Wiesen dieser P fa r re i , zu1 Jung ingen gelegen, auf 4 J ah re . J . A. K r a u s .

jungingen Kampf und Tod sen in dieser Bedrängnis mi t Withold e inen Waf fens t i l l -s tand . . . . Das Ordens l and P r e u ß e n s tand d a h e r 1408 den be iden übermäch t igen Gegnern a l l e i n gegenüber . Hoch-meis ter Ulrich entschloß sich sehr richtig, v o m V o r t e i l s c h n e l l e r M o b i l i s i e r u n g G e b r a u c h z u m a c h e n u n d e r ö f f n e t e d e n K a m p f e r f o l g r e i c h i n N o r d p o l e n . Eine Reihe sehr f e s t e r P lä tze er lag der Be -l age rungskuns t des Ordens nach kü rzes t e r Zeit . Es bl ieb j e -doch bei diesen takt ischen Erfolgen, weil Jagiel lo zu e iner Entscheidungsschlacht nicht heranzulocken war . Als die Kö-nige Wenzel von B ö h m e n und S iegmund von U n g a r n ih re Ve rmi t t l ung u n t e r Zus icherung von W a f f e n h i l f e gegen e inen Angrif f Jagiel los anboten , konn te die Ordens le i tung nicht a b -lehnen, ohne vor ganz Europa als F r iedensbrecher zu e r -scheinen. Die F r i e d e n s v e r m i t t l u n g blieb erfolglos. Die Or -dens le i tung k o n n t e den Win te r auch nicht zu e inem Angriff auf L i t auen benützen , wei l der l ivländische Meis ter zum Kampf nicht zu bewegen w a r . (Es w u r d e of t gesagt : Ulrich hä t t e im Winter L i t a u e n ze rschmet te rn sollen. Wie of t w a r das schon vergeblich versucht worden!) Bei Ablauf des W a f -fens t i l l s tandes scheint die Oirdensleitung trotz a l ler V e r -schle ierungskunst der Gegner doch d a r ü b e r in fo rmie r t ge-wesen zu sein, daß diese i h re Hee re in Po len vere in igen würden . (Man ha t getadel t , daß Ulrich die fe indl ichen Hee re sich vere in igen ließ. Wie hä t t e er das bei der A u s d e h n u n g Polens und Li tauens v e r h i n d e r n können?) Der Hochmeis ter s tel l te nun die gesamte A r m e e an de r großen E in fa l l sp fo r t e längs der Weichsel auf, die Haup tmach t östlich, ein Korps westl ich des Stromes, be ide s trategisch gut geschützt . Witold und Jagiel lo b rachen abe r we i t e r östlich vor, s t anden plötz-lich in P r e u ß e n u n d l ießen die t a r t a r i schen Re i t e r schwärme schauerl ich hausen . Der Hochmeis ter konn te wie sein Vor -gänger im J a h r e 1330 den Rückzug an t re ten , u m den Fe ind an die großen Burgen a n r e n n e n zu lassen. Das bedeu t e t e abe r bei der Wildhei t und Zahl der L i t aue r den völl igen Ruin des o f f enen Landes. . Ulrich von Jung ingen wähl te , w i e w o h l j e d e r a n d e r e a n s e i n e r S t e l l e g e t a n h ä t t e , den K a m p f , warf die A r m e e in e inem Gewal tmarsch nach Osten und legte sich bei T a n n e n b e r g dem Fe inde vor. Am 15. Ju l i 1410 k a m es zur Entscheidungsschlacht , w ie -de r u n t e r e inem verhängnisvo l len S te rn . Der l i n k e , aus loseren Verbänden von Fre iwi l l igen u n d preußischen U n t e r -t a n e n bes t ehende Flügel verlor , als m a n s tunden lang auf das H e r a u s t r e t e n des F eindes aus den Wälde rn gewar te t ha t te , die Nerven , ließ die s t a rke Ordensar t i l l e r i e nicht m e h r in Akt ion t re ten , sondern s t ü r m t e zwischen ihr h indurch den an re i t enden L i t a u e r n entgegen. (Auch bei Zela u n d Thapsus gingen Casars V e t e r a n e n ähnlich nach vo rne durch und 1871 m e h r m a l s preußische Divisionen!) Die L i t aue r w u r d e n t rotz dieses Feh le r s geschlager u n d schließlich in wi lde Flucht geworfen . Je tz t abe r erfolgtr .1er zwei te (von Ulrich nicht vorausgesehene) verhängnisvol le Feh le r : Ans ta t t wenigs tens mi t s t ä r k e r e n K r ä f t e n d e m rechten Flügel des Ordensheeres

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14 H O H E N Z O L . L E E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1952

Hi l fe zu br ingen, jag te die ganze siegreiche Rei te rmasse , n u r bedacht auf Beute, den F l i ehenden nach. (Nur gut diszipli-n ie r te Hee re w e r d e n nicht in diesen F e h l e r ver fa l l en . H a n -niba l k o n n t e bei C annae auf seine Rei te r zählen; de r P e r -serkönig Dar ius e r lag bei Gaugamela A l e x a n d e r dem Großen, wei l seine Re i te r scharen n u r auf Beu te ausgingen. Winrich von Kniprode siegte bei R u d a u glänzend, wei l sein Ordens -aufgebot präzis gehorchte.)

Der r e c h t e Flügel der Ordens r i t t e r mi t dem eigentl ichen Ordensaufgebo t ha t t e den Kampf gegen die v o r z ü g l i c h e , z a h l e n m ä ß i g w e i t ü b e r l e g e n e p o l n i s c h e A r m e e mit a l t em Schwung u n d großen Anfangse r fo lgen e r -öf fne t . Der Durchbruch aber durch die t i e fges ta f fe l t en Mas-sen mißlang, ja Jagiel lo k o n n t e bei seiner Uebermach t u m -fassend vorgehen. So w u r d e die Lage krit isch. Die Gebie t i -ger (Unte r führe r ) b a t e n Ulrich, das Schlachtfeld zu r äumen . E r l ehn te ab, angeblich wei l es gegen seinen r i t ter l ichen Sinn war , fak t i sch wohl auch, wei l e r wußte , der ganze l inke (bisher siegreiche) F lügel sei dami t dem Un te rgang geweiht . Der Hochmeis te r r a f f t e die le tz ten Reserven zusammen, u m den Durchbruch zu erzwingen. Es gelang nicht, u n d als die R i t t e r des K u l m e r Landes V e r r a t ü b t e n , f i e l U l r i c h s e l b s t , u n d u:m i h n d i e G e b i e t i g e r u n d d e r g r ö ß t e T e i l d e s O r d e n s a u f g e b o t e s .

Die in e inzelnen Schwärmen beu t ebe l aden zum Schlachtfeld zu rückkehrenden Scharen des l inken Flügels k a m e n zu spät u n d w u r d e n aufger ieben . Die O r d e n s a r m e e war1 tatsächlich vernichte t .

A l e x a n d e r de r Große, P r inz Eugen, Napoleon haben wie -derhol t durch persönl ichen Einsatz in kr i t i scher Si tuat ion gesiegt. H ä t t e Ulrich gesiegt, w ü r d e ihn die Geschichts-schreibung als großen F e l d h e r r n pre isen. Man f r a g t sich vielleicht, w a r u m stel l te er nicht das Ordensaufgebot auf den l i n k e n Flügel? E r m u ß t e in d iesem Fal le rechnen,

daß die losen V e r b ä n d e der Fre iwi l l igen u n d preußischen U n t e r t a n e n dem Stoß des s t a rken polnischen Heeres nicht lange genug s t andha l t en w ü r d e n .

Die Nieder lage b rach te in P r e u ß e n e inen ähnl ichen Z u s a m -menbruch wie in N e u - P r e u ß e n das J a h r 1806. Alles huld ig te dem Sieger, selbst s t a rke Ordensbu rgen w u r d e n von den B r ü d e r n — wohl meis t ä l t e ren — ver lassen. Ein rascher1 Vor -stoß Jagiel los mit Re i t e r schwärmen gegen die M a r i e n -b u r g h ä t t e woh l das Ende des Ordenss t aa t s gebracht . Der König erschien a b e r erst 10 Tage nach dem Siege vor der Burg. In dieser h a t t e H e i n r i c h v o n P l a u e n , der F ü h r e r der Westgruppe , seine ganze Macht u n d alles, w a s e r sonst an Menschen, K a m p f - und Lebensmi t t e ln z u s a m -m e n r a f f e n konnte , noch rechtzeit ig h ine ingeworfen . Jagiel lo versuchte , die B u r g zuerst durch S t u r m zu nehmen , m u ß t e abe r zur Be lage rung übergehen . Diese zog sich 8 Wochen hin, b rach te schwere Ver lus te und noch schwerere Lagerseuchen und ließ den deutschen Söldnerscharen u n d den je tzt k r a f t -voll in Akt ion t r e t enden l ivländischen B r ü d e r n Zeit zum A n -marsch. Witold ging den L iv ländern , die im östl ichen P r e u -ßen begeis ter t e m p f a n g e n w u r d e n , entgegen, w a g t e ke inen Kampf und zog nach L i t auen ab. Nun m u ß t e auch Jagiel lo fas t wie ein Flücht l ing P r e u ß e n r ä u m e n . Der Uns t e rn ging wei te r . Die zui Hi l fe geei l ten deutschen F ü r s t e n zwangen dem neuen Hochmeis te r Heinr ich von P l a u e n einen seh r u n g ü n -stigen Waf fens t i l l s t and auf : Der Orden sollte die Gefangenen mit de r R ie sensumme von 100 000 Schock böhmischer Groschen auslösen. Der T a t k r a f t P l a u e n s u n d dem O p f e r -sinn des ausgep lünde r t en Landes gelang es, die S u m m e recht -zeitig aufzubr ingen . "

(Aus Dr. P. Mar i an Tumler , D e r D e u t s c h e O r d e n , 1948, Ver lag Maye r u. Comp., Wien I, S ingers t r . 7. Der V e r -f a s se r ist de r derzei t ige Hochmeis ter des noch in Oesterreich b l ü h e n d e n Ordens!) J . A. K r a u s .

Ein Zollerischer Hochzeitszettel aus dem Jahre 15/ Alois B e c k , O f f e n b u r g

U n t e r den Bes tänden des Archivs de r ehem. Her r schaf t , Hausen -S te t t en a. k. M., die heu t e im gräfl. Douglas 'schen Archiv zu Schloß Langens te in im Hegau lagern, be f inde t sich ein Hochzeitszettel mit fo lgender Aufschr i f t :

„Verzaichnus der Pe r sonen uf jeziger Sigmaringischen Hochzeit 18. August i ao. 1577 ist".

Es hande l t sich u m die Hochzeit des G r a f e n Chr is toph von Zollern, B e g r ü n d e r de r Linie Hohenzol lern-Haiger loch, mit der Frei in K a t h a r i n a von Welsperg und Pr imör , aus a l t em Tiro ler Geschlecht, heu te im M a n n e s s t a m m erloschen.

Zingeler verzeichnet in: „Genealogie des Gesamthauses Hohenzol le rn" diese Hochzeit u n t e r m (Samstag) 19. Oktober 1577 im Schloß zu Sigmar ingen, Hod le r in: „Geschichte des Obe ramts Ha iger lochS Seite 116, j n t e r m (Donnerstag) 10. Oktober 1577 im Schloß zu Haigerioch. E ine Que l lenangabe f ü r diese Daten f inde t sich nicht.

Der Hochzeitszettel vom 18. Auigust 1577 s t a m m t von e inem de r drei, bei dieser Hochzeit a n w e s e n d e n Mitgl ieder der1 F a -mil ie von H a u s e n u n d ist d a h e r dieses D a t u m als das r ichtige be t rach te t worden . D e r vor l iegende Zet te l g l ieder t sich in 3 Teile: I m ers ten Teil w e r d e n die höchsten H e r r s c h a f t e n und Gäs te bezw. de ren V e r t r e t e r genannt , im zwei ten Teil w e r -den die N a m e n de r Junke*- auf ge führ t ,d ie gedient haben — es sind dies die Hofmeis te r , Truchsesse, Schenken, Fürschne i -de r u n d Vor tänzer , — im dr i t t en Teil w e r d e n die N a m e n de r j en igen J u n k e r genann t , die im e rs ten Teil summar i sch als Gefolge a n g s f ü h r t we rden . Die Ar t de r Aufs te l lun , im d r i t -t en Teil ist wil lkürl ich, sie e r l aub t nicht fes tzustel len, w e n diese J u n k e r jewei ls beglei tet haben , er Sonn tag als Hoch-zei ts tag ist nichts Außergewöhnl iches . I m selben Archiv b e -f inde t sich ein Hochzeitszettel des wohlgeborenen H e r r n M a r x F u g g e r und de r Grä f in A n n a Mar ia von Hohenzol lern , die in S igmar ingsn „uff Esto mihi" , somit a m Fas tnach t -sonntag 1589 s t a t t g e f u n d e n hat .

Verzaichnies der Für s t en . Gesandten, Grauen , Her rn . F r a -w e n z i m m e r und vom Adel so bev des woigeboren Her rn , H e r r n Chr i s to f fen G r a u e n zu Hohenzol le rn S igmar ingen u n d Ver ingen E r b k a m m e r e r u n d F rewle in Ca tha r i na F rey in zu Welsperg und P r i m ö r Hochzeit t uff den 18ten Augus ty a lhie zu S igmar ingen erschienen sindt Anno 1577

Hochzei t ter obgemeit , Hochzei t te rm obgemelt , Fürs t i ich Dur'chl Erzherzog F e r d i n a n d zue Oesterreichs Gesand te r , Ei t te l Fr ider ich Gr. zu Hohenzol le rn sampt 4 vom Adel; Chur fü r s t l i ch Brandenbu rgsche r G e s a n d t e r Joachim Gr. zu Hohenzol lern sampt 3 vom Adel ; Fürs t l ich bai r i scher Ge-sand te r H e r r Conrad t F r e y h e r r zu Bemelberg ; Fürs t l ich Wür t t emberg i sche r Gesand te r Fr ider ich von Bar i t t enbach

Obervogt zu Auirach (Urach); Fürs t l ich Car lspurgischer Ge-sand te r Mar t t i n von Renchingen zu Liebenzel l ; Fürs t l ich B a -dawischer G e s a n d t e r H an s Wolff von Breys ing Hof fme i s t e r ; Alt H e r r von Welsperg sampt se iner Gemahe l zweyen Sö-nen, 2 Töchtern, 2 J u n g k h f r a w , H o f f m e i s t e r u n d 2 vom Adel ; G r a u e Hainr ich zu F ü r s t e n b e r g sampt se iner Gemahel , Töch-ter , Geschweihen (Schwägerinnen) ain F rewle in von Solms, ain F r e w l e i n von Sulz u n d 2 F rewle in von Mont t fo r th , 2 J u n g k h -f e r n u n d sampt 4 vom Adel ; Die F r a w von F rund t spe rg , H e r r Georgen Gemahe l s ampt e inem Frewle in von KönigS'.ckh unc' Bolwei l ler auch a n d e r e n zwain F r a w e n z i m m e r ; H e r r von Rapold t s ta in s ampt seiner Gemahel , 3 Töchte rn u n d d e m Frewle in von Haydeckh, 2 J u n g k h f r a W vom Adel. H e r r Georg von T'ening H o f f m e i s t e r und Benedict Groll Hoff junckhei r rn ; Die F r a w von F i r r r i a n sampt zwen Töchter u n d 2 J u n g k h -f r a w e n ; Graue Joachim zu F ü r s t e n b e r g sampt se iner Ge-mahel , Hof fmeis t e r in , 2 J u n g k h f r a w e n , 4 v o m Adel ; Die F r a w Füchsin sampt zwen Töchter, 1 J u n g k h f r a w vom Adel ; Graue Wi lhe lm von Oet t ingen sampt se iner Gemahel , H o f f -meis ter in , 2 J u n g k h f r a w e n , 3 vom Adel ; Graue Heinrich zu L u p f f e n sampt se iner Gemahe l ; ' - loffmeisterin, 2 J u n g k h -f r awen , H o f f m e i s t e r Reyschach und 4 vom Adel ; G r a u e Got t -f r i d t zu Oet t ingen sa r rp t s e m e r Gemahel , 2 se iner Schwe-stern, Hof fme i s t e r in , 3 J u n g k h f r a w e n , H o f f m e i s t e r Senff u n d noch 6 vom Adel ; H e r r Wilhe lm H e r r zu Haydegkh sampt 2 vom Adel ; Graue Albrecht zu F ü r s t e n b e r g sampt N. von F r e y bürg, H o f f m e i s t e r u n d 2 vom Adei : Graue Freder ich zu Oet t ingen de r Jünger- s amnt 2 vom Adel ; G r a u e Ruedolff zu Sulz s ampt 2 vom Adel; H e r r Fr ider ich von Merßbuirg; T Terr J acob Truchsäß G e s a n d t e r M a t e r n von Memingen ; H e r r Carl Truchsäß G e s a n d t e r Chris toff von H a u ß e n ; H e r r P r e l a t zu Sa lmanschwei l l ; H e r r P r e l a t zu Zwi fa l t en ; H e r r P re l a t zu Schüsenr iedt G e s a n d t e r N. Vogt daselbs t ; H e r r P re l a t zu March tha l l G e s a n d t e r N. "ogt dase lbs t ; Weni Burd ige r H e r r G r a u e Cairll zu Hochenzoliern, Landvog t

Verzeichnis der J u n g k h e r so gedienth haben . Christoff W e n n d t i e r von Berg ra th , S t a t t ha l t e r zu Ro t t en -

hurg H o f fme i s t e r ; Adolf von Wes te r s t e t t en ; Ulrich von Wes te rs te t ten ; Joachim von H a u ß e n ; Dieboldt. von Ehingen; Jacob Grembl ich von J u n g m g e n ; H a n n s Grembl ich von J u n g i n -gen; Ulrich Grembl ich von Jung ingen ; Chr i s toph Gremblich von Jungingen , Jacob >'on Ehingen; H an s von F r e y b u r g ; Erns t von Pechenberg ; Geoirg P r e ü ß N. Schear von Schwar -zenburg ; H a n n s von Pe iha im, Zoller ischer Landvogt i scher H o f fme i s t e r ; H a n n s Wernhe r r von Wangen ; Fr ieder ich von A w ; N. Koib Zoller ischer H o f fme i s t e r ; P a u l e von F reybe rg ; H a n n s Georg Üf f l i nge r ; Volmar von Aw; Phi l l ipis von A w ;

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 1 5

Hans R i n h a r d t von Tet t ingen; Hans W e r n h e r r von Ehingen; H a n n s Chris toff von Be lha imb; Joachim P f u e l ; Christoff von K r e u t h ; Ph i l ipp von Wanngen ; P e t t e r von Bül t ingen; N. Escher; N. D o r n d o r f f e r ; Sebas t ian von Fulach; S u m m a 30.

Vc lgen tde r G r a u e n u n d H e r r n J u n g k h h e r r n : \

Hans Georg von Feningen; Hans Caspa r von Rischach; Wolff von L ichruef f ; Ba l t haße r von A w ; Veit von Auge-schen; P a u l u s Carl von Augspurg ; B u r k h a r d t Senff von Sau i -burg ; L e o n h a r d t Mel inger ; Bleßy Truchsäß von Re infe lden ; H a n s Ulrich Bles von Rot tens ta in ; Jacob von Sta in ; H an s Georg von F r e y b u r g ; Ei t tel Firiederich von Wes te r s ted ten ;

N. Wal t tku rch ; J o h a n n P l a r r e r ; Chris toff Vol landt ; Hans A d a m Beßere r ; Wi lhe lm von H a u ß e n ; Mar t t i n Schiens; Hans W e r n h e r r Vit t l ; W a l t h e r von R u e ß d o r f f ; Chris toff von Adolz-houen; Mar t t i n Wi ld imar von Wi ldens ta in ; H a n n s Schill ing; Andrea s von Tscheß; Georg S igmundt von Wißendaw; H a n n s von Tappe lzhauen ; Ser iacus Renz; Wolff Diet ter ich von S t a -dion; J a k o b von Bül t ingen; J o h a n n P r o ß w a l d e r ; J o h a n n Haß ; J o h a n n von S ta in ; Chris toff von Manndach ; Caspa r Zel ler ; H a n n s Conrad t von P e r n h a u s e n ; Joachim von Lubenbe rg ; Mar t t i n S iwar t t . S u m m a 38.

S u m m a r u m aller Rays igern u n d W a g e n p f e r d t t hu t t 525 P fe rd t .

M tteilungen aus hohenzollerischen Pfarrarchiven Von F. St .

In den Kleinarchiven, de ren he imatkundl iches Mater ia l b is lang noch so gut wie gar ke ine Beachtung g e f u n d e n hat , gehören die -P fa r r a r ch ive mit ih ren Hei l igenrechnungen, Bruder scha f t s rechnungen , Einzugsregis tern u n d S t a n d e s b ü -chern. Ge rade die le tz te ren en tha l t en sehr of t zei tgenös-sische Berichte übe r Dinge, die sie der Nachwel t übe r l i e fe rn wol l ten. I m fo lgenden soll der Versuch gemacht werden , die be t r . E in t räge in den Tau fbüche rn , Ehebüchern und To tenbüchern der S t a d t p f a r r e i Hechingen im Orig ina l text zu veröf fen t l ichen . So wie sie die jewei l igen S t a d t p f a r r e r n ie-derschreiben, u n d ohne G r u p p i e r u n g nach Sachgebieten sol-len sie da rgeboten werden . Z w a r w u r d e n diese Aufze ichnun-gen in de r Chronik der S tad t Hechingen zum Teil v e r a r -bei te t , abe r bisweilen unvol ls tändig , ja manchma l geradezu s innwidr ig , ganz abgesehen davon, daß w i r übe r die H e r -k u n f t nicht or ient ier t we rden , ein Mangel , der ja dem ganzen W e r k a n h a f t e t . In der d re ibänd igen Chronik de r S t a d t p f a r r e i Hechingen, die wi r de r n i m m e r m ü d e n F e d e r u n d d e m u n -glaubl ichen Fle iß des H. S t a d t p f a r r e r s Dr. Konst . Holl v e r d a n -ken u n d deren Drucklegung ein d r ingendes E r fo rde rn i s und eine wirkl iche he imatkund l iche Groß ta t wäre , w u r d e n diese spo-radischen E in t räge we i tgehend ve rwer t e t , abe r n u r insofern als sie zur Geschichte der S t a d t p f a r r e i Hechingen gehör ten . So m u ß t e vieles wegble iben, w a s an Ereignissen z. B. B r ä n -den, Nature re ign issen usw. in der we i te ren U m g e b u n g der S tad t Hechingen sich ereignete . Man ha t auch hier wie a n -d e r w ä r t s die Rosinen f ü r den ört l ichen Kuchen he rausge -lesen u n d den Rest l iegen lassen, d. h. noch nie v e r ö f f e n t -licht. Diesem Mangel möchten die fo lgenden Mi t te i lungen abhe l fen u n d zugleich ein Ausweg sein, auch an a n d e r e n Or ten solche Mi t te i lungen u n d Notizen aus den P f a r r b ü c h e r n zu s ammeln u n d sie in diesen Blä t t e rn e inem we i t e r en I n -te ressenkre is in i h r e r ganzen Fül le u n d Mannigfa l t igke i t zugänglich zu machen.

I m ä l t e _ s t e n T a u f b u c h (1663—1697) s t ehen auf dem vor le tz ten Bla t t fo lgende Notizen:

Notizen die F i rml inge b e t r e f f e n d : A m 6. S e p t e m b e r des J a h r e s 1 6 5 5 w u r d e n vom Hochw.

H e r r n Weihbischof von Kons tanz Georg S ig ismund Mül ler 2136 F i rml inge in der P f a r r k i r c h e zu Hechingen gef i rmt .

A m 5. und 6. Jun i des J a h r e s 1 6 8 5 sind w i e d e r u m von dem vor;,, n a n n t e n Hochw. H e r r n Weihbischof von Kons tanz in der P f a r r k i r c h e und in St. Luzen 2125 F i rml inge gesalbt worden .

A m 29. Ok tober 1 6 9 5 sind vom Hochw. H e r r n Weih -b)» :hof u n d Genera lv ika r von Kons tanz Conrad F e r d i n a n d 1388 F i rml inge in der Hl. F i r m u n g ges tä rk t worden .

Desgleichen w u r d e n a m 30. Oktober die beiden e rs ten Al -t ä re auf be iden Sei ten (wohl die be iden vorde r s t en Se i ten-ai tä-e , die Vorgänge r i r der jetzigen St i f t sk i rche ha t t e 11 Altäre!./ Tfl u n s e r e r Koi legia t - und P f a r r k i r c h e geweiht , der eine zu E h r e n de r Hl. Drei fa l t igkei t u n d de r seligsten J u n g -f r a u Maria , de r a n d e r e zu Eh ren des Hl. Anton ius von P a -dua. Noch vor d^m Mit tagessen zelebr ier te der Hochw. H e r r Weihbischof ein P o n t i f i k a l a m t des Hl. Geistes u n d nach dem Mit tagessen w u r d e w i e d e r gef i rmt . Nach de r Vesper we ih t e er noch 3 Glocken, eine davon nach Kl. Kreuz, zu E h r e n de r Hl. M ä r t y r e r Joannes u n d Pau lus , deren Fest a m 26. J u n i ist.

Dessen ist Zeuge der dermal ige Senior der K a n o n i k e r und S t a d t p f a r r e r J . M. Lentz,

T m z w e i t e n B a n d der Taufbüche r , de r die J a h r e I6b8—1729 u m f a ß t , f inden sich fo lgende Ein t räge :

Verzeichnis der jen igen , die im Hi. S a k r a m e n t der F i r m u n g vom Hochw. Weihbischof Conrad Geist a m 28. Oktober 1709 ges tä rk t w u r d e n (folgen die Namen!) .

Ein we i t e re r E in t rag b e t r i f f t die F i r m u n g durch Weih -bischof F r a n z J o h a n n Anton von u n d zu Sirgenstein am 24. Mai 1724 und a m 14. Mai desselben Jahres (? ) . Derse lbe Weih-bischof f i r m t e vom 12.—16. Augus t 1733 w i e d e r in Heehin-

gen. A m 9. März 1740 weil te , e inem le tz ten E in t rag zufolge, Weihbischof F r a n z Car l Josef von Fugger in Hechingen zur S p e n d u n g der Hl. F i rmung .

D e r r i t t e B a n d de r T a u f b ü c h e r (1730—1754) e n t -häl t die meis ten Notizen, die unve rmi t t e l t beg innen wie folgt : . (fehlt) neben Kirchen u n d Kapel len abe r e rö f fne t werden , dami t das Christ l iche Volk diese nach Bel ieben besuchen u n d da r inn das gewöhnl iche Ablaßgebe t ver r ich-ten könne . Diese Löbl. V e r o r d n u n g ist n u n schon von Anno 1770 bis dahe r beobachte t worden . S igna tum den 2. Oktobr is 1772 T. I d e m ut supra .

No tandum. Anno 1772 den 6. Aug. ist von Reo. ac. III Domino S u f f r a g a n e s J o h a n n Nepomuk F r e i h e r r von H o r n -stein de r in dem vor 4 J a h r e n e rwe i t e r t en Fi l ia lkirchlein Beu ren neu aufger ich te te A l t a r consecr ier t u n d mit d e m gewöhnl ichen Abb laß auff obbesagten Tage beschenket w o r -den. Hech. den 2. Oktobr is 1772.

Ehevor u n d z w a r den 1. Augus t ist von Haigerloch h ie r e inge t ro f fen die Hochw. Genera lv is i ta t ion von Kons tanz n a h m e n t s H e r r J o h a n n Simon Spengler , Genera l -Vis i t a to r u n d H e r r Cons tan t in Miller, Convisi ta tor .

Nun folgen noch einige J a h r t a g s s t i f t u n g e n : A m 15. J a n u a r 1 7 7 3 s t i f t e te die ledige M a r g a r e t h a

Nerz von Beuren 75 Gulden f ü r e inen J a h r t a g f ü r sich u n d die Ihr igen .

A m 3. A ui g u s t 1 7 7 6 s t i f te te Mar ia A n n a Greulich geb. Geiger, gewesene Wir t in z u m R a p p e n 50 Gulden zu e inem J a h r t a g f ü r sich u n d ihre V e r w a n d t e n .

A m 1 7. J u n i 1 7 7 8 ve r s t a rb in Beuren , seiner Heimat , der Hochw. H e r r Sebas t ian Nerz, ehem. Benef iz ia t zum Hl. Kreuz E r ha t t e 100 Gu lden zu se inem J a h r t a g ges t i f te t .

A m 3. A p r i l 1 7 8 4 ve rmach ten die Töchter des ve r s to r -benen Pos tmeis te r s Josef B lumens t e t t e r 75 Gulden zu e inem J a h r t a g .

Arn ) i. F e b r u a r 1 7 8 4 s t a rb im P f a r r h a u s zu R a n g e n -dingen be i i h r e m geistlichen B r u d e r Mar ia A n n a Schet ter . Sie h a t t e zu e inem J a h r t a g 85 Gulden ges t i f te t

Am 19. S e p t e m b e r 1 7 8 6 s ta rb die ledige Mar ia T h e -resia H a y d : sie h a t t e 6.' Gulden zu e inem J a h r t a g ges t i f te t .

A m 2 7. J a n u a r 1 7 8 7 s t i f te te F e r d i n a n d Dent, ehem. Bürge r zu K o n s t a n t u n d seit m e h r e r e n Jahi 'cn hiesiger H o f -

An das

Postamt

in

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H O H E N Z O L L E H I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1 9 5 2 16

maier , f ü r sich und seine a m 20. Mai 1786 ve r s to rbene F r a u Apollonia Henkl in 100 Gulden.

A m 12. A u g u s t s t a rb F r a n z Josef Winkler . gewesener Hofkoch. Er ha t t e 30 Gu lden zu se inem J a h r t a g besUmmt.

Dazu sei bemerk t , daß es e infache u n d feier l iche J a h r t a g e gab. Bei den e r s te ren w u r d e n bezahl t : dem K a n t o r 20 K r e u -zer. Bei den feier l ichen See l enämte rn w a r e n m e h r Pe r sonen oeteil igt . Der K a n t o r b e k a m 20, de r Organis t 15, 1er Orge i -t re te i i, de r Mesner 12, die Chorschüler (auch Chora lkna -ben genannt ) 8 u n d die Heil igenpfieger lf Krcuzei du rch -schnittl ich. Ausdrückl ich wi rd bemerk t , daß das See lenamt mit der Orgel zu beglei ten, a b e r Chorai i ter lazu zu s inger sei.

i For t se tzung folgt.)

Kleine Mitteilungen Der Schneckengarten zu Sigmaringen. Die 'Weinberg-

schnecken sind in kathol ischen Gegenden e in" Bekannte Fas tenspeise . W ä h r e n d sie bei uns heu te meis t aur a m Aschermit twoch, be im Schneckenball , lern letzten Akt der Fastnachtszei t , gegesser werden , spielen sie auf dem f r a n -zösischen Küchenzet te l w ä h r e n d de r Fas tenzei t eine große Rolle. Noch an den verschiedens ten Or t en in Wes t - und Süddeu tsch land w e r d e n Weinbergschnecken in sogenann ten Schneckengär ten gesammel t , ge fü t t e r t u n d nach der Df ck-lung in Kis ten verpack t u n d nach F rankre i ch exp^- t i e r t . Eine solche Sammels te l l e ist heu te noch in Gutens te in im Donau-tal. Auf e rha l t enen Rechnungen de r H o f h a l t u n g e n in Hechin-gen und S igmar ingen f i nden sich zur Fastenzeil st(.:ä Aus -gaben f ü r Schnecken. Der P la tz zwischen B„chha lde u n d Donau in Sigmar ingen, wo heu te die S tad tha l l e s teht u n d der heu te f ü Verans t a l t ungen a l ler Ar t , als Fes t - u n ü R u m -melp la tz benu tz t wird , heißt Schneckengar ten . Hie r auf de r feuchten Wiese w a r e n bis in das 19. J a h r h u n d e r t hinein Ge -hege, w o den S o m m e r ü b e r Schnecken gesammel t wurden , die im nächsten J a h r e als Fas tenspe ise d ienten. Sch.

I m J a h r e 1621 e rha l t en drei Mädchen aus Laiz, die in „Lus t - u n d Schneckengar ten" Heu gemacht , 48 x um zwei F rauen , die „gewaroe t" d. h. das gemäh te Gras zum D i r ren ause inande r gebre i te t h a b e n 16 x. (L-omänen-A rchiv Sigma-r ingen, R. 128). U n t e r dem 22. 4. 1737 bescheinigt de r E icha -ische Obervogt dem Fürs t l . F o r s t a m t S igmar ingen , daß cTer Schneckengar ten zu S t r aß berg, der mi t fo r s tamt l i cher E r -laubnis und gegen e inen jähr l ichen Selm ~ k e n oder Fo r s t -zins von fl 30 x u n t e r Ans te l lung eines "V n te r l ingers e inge-richtet wurde , ke iner le i Eingriff oder P r ä j u d i z in d i t Sigm. Fors t rech te sein soll. Als besonde re r Erwerbszweig der Ge -meinde Undingen im J a h r e 182*1 erwähn ' : die O b e r r m t s b e -schre ibung Reut l ingen den Handel mi t Schnecken, die von K i n d e r n im Walde gesammel t , in e inem Schnec1 s n g a r t . i ge-mäs te t u n d dann im großen nach a u s w ä r t s ( £ ; g m a r r gen, K r a u c h e n w i e s , Gammer t ingen) v e r k a u f t wurden . Dieser Hande l ha t 1856 au fgehör t . Noch im J u n i 1841 Dringt der Fürs t l . H o f g ä r t n e r Niklas in S igmar ingen folgende Anzeige: Es w e r d e n im fü r s t i . Ho fga r t en zu j ede r Zeit L i e fe rungen von Schnecken zu dem Pre i s von 3 x per 100 Stück ange -n o m m e n . Die Or t svo r s t ehe r w e r d e n ersucht , dies in den Ge-meinden JU veröffent l ichen- Sch.

B E S T E L L S C H E I N

zum Bezug der „Hohenzolleriscnen Heimat"

Ich/wir bestelle(n) ab sofor t zum l au fenden Bezug durch die

Post Stück „Hohenzollerische Heimat-*, Ver lagspos tamt

Gammer t ingen , zum ha lb jähr l i chen Bezugspreis von 60 Pfg .

Vor - und Z u n a m e

Genaue Anschr i f t

Dieser Bestellschein ist bei Neubes te l lung bezw. Nachbe-s te l lungen der nächs ten Poststel le aufzugeben . Um deutliche

Scnr i f t w i rd gebeten.

Miinzfund in Gauselfingen. I m Augus t 1951 ha t F a h r e r X a v e r K a n z im Wiesengelände h in t e r der „kurzen Gaß" (E igen tümer Sägere i Reicher t ) ein unglas ie r tes Tongefäß mi t Münzen ge funden . Die Sachvers tändige im Münzwesen be im Wür t t emberg i schen L a n d e s m u s e u m in S tu t tgar t , Dr. El i sabeth Nau, ha t 56 Münzen als Rot twei le r A d l e r b r a k -t ea ten u n d 22 als Hal le r „ H ä n d l e i n " - B r a k t e a t e n festgestel l t . Beide Münzsor ten s ind unda t i e r t u n d gehören mit g röß te r Wahrscheinl ichkei t ins 13. J a h r h u n d e r t . X a v e r Schilling.

Eine Brude r scha f t „Unte r A n r u f u n g von Jesus, Mar ia u n d Josef" in de r P f a r r k i r c h e Hettingen w u r d e vom Kons tanzer Gene ra lv ika r auf ein päpst l iches Breve hin a m 10. Dezember 1694 bes tä t ig t . (Frbg. S t ehende Register.) Kr .

Freibirsch. Die drei 1685 wegen A n m a ß u n g der f r e i en B ¿sch e ingesper r ten Hechinger Bürge r (Hohenz. J a h r e s -ne f t e 1940) zahl ten a m 30. J fi als S t r a f e 50 Reichstaler u n d w u r d e n dann fre igelassen. Wenn der zollerische Fo i s t schon a m 14. F e b i u a r 1477 a m Tanbach gegen Mössingen e r w ä h n t wird, ist vermut l ich der Rangend inge r Fors t gemeint , der 1468 von Mechti ld von Oesterreich an Zollern kam. (Wür t tb Regesten 13 232).

Am 24. Mai 1726 berichtete Dekan J o h a n n Melchior S e n f f -lin von Trochtelfingen, e r habe be feh l sgemäß das Reliquien-grab des Altars im Schloß zu Gammertingen auf Bi t ten der dor t igen v e r w i t w e t e n Mat rone nach der hl. Messe im Beisein des P f a r r e r s geöf fne t , wobei de r Deckel ziemlich neu e inge-m a u e r t schien. So en t s t and die Meinung, e n t w e d e r sei dort zu r Zeit der f ranzösischen u n d bayer i schen Z u s a m m e n a r b e i t (1704) ein Schatz ve rborgen worden , oder nächt l icher Weile habe ein Dieb den A l t a r in H o f f n u n g auf Beu te erbrochen. Aber beides bewahrhe i t e t e sich nicht. Vie lmehr f and sich in e inem mit Wachs leicht verschlossenen Glas ein Par t ike lchen eines u n b e k a n n t e n Heil igen in ein schmutziges Pap i e r ge-wickelt , dessen Aufschr i f t nicht m e h r zu en tz i f fe rn war . Nur das Siegel des Bischofs „ Johann J a k o b episc. Sebast iensis" ohne D a t u m k o n n t e m a n noch he rausbr ingen . (Zweifel los der Weihbischof Joh. J akob Mirgel Sebast iens is" yon Konstanz , der 1597 bis 1619 nachzuweisen ist ') . Der Dekan ba t dann auf Ansuchet , der Ma t rone u m Uebe r sendung neue r Rel iquien, w e n n möglich von der hl. A n n a (Hört!) , die jene Baron in sehr verehre , da auch das Gerede gehe, diese Heilige sei einst die Pa t ron in ^e r Kape l le bezw. des Al t a r s gewesen. DE Wappen des Dekans Senf f l in zeigt im Schild ein G e f ä ß gleich e ine r Salzbüchse; o f f e n b a r soll es ein S e n f g e f ä ß sein, das auch als Helmzier zwischen zwei B ü f f e l h ö r n e r n e r -scheint. (Freibg., S t ehende Register , u n t e r Gammer t ingen . ) K.

Vorgescnichtliche Funde in Hermentingen Bei den Ausg rabungsa rbe i t en f ü r die P u m p s t a t i o n a m

G ¿.Ilusbrunnen s t ießen die B a u a r b e i t e r in P/2 Me te r T ie fe auf TC ' sche rben . B a u u n t e r n e h m e r K ind l e r aus He t t ingen vers tändig te soforr die zus tändigen Stellen, sodaß der Ver -t r a r e r s m a n n f ü r Bodenfunde , S tud ien ra t Ka ibhenn , noch am 7. 11. 51 . Or t u n d Stel le die nöt igen Fes t s te l lungen machen k u m t e . G e f u n d e n w u r d e n zwei k le inere Feuers te l l en mit Mo>*ohlenres ten u n d bronzezei t l ichen Scherben. Wegen der Dür f t igke i t der F u n d e läßt sich die genaue re Zeit vorerst nicht bes t immen . Die F u n d e sind nach Tüb ingen zur U n t e r -suchung eingeschickt worden . Jerg .

Gesucht werden Bd. 17 und 18 der alten Folge des Freibg. iiiüzesanarchivs (Jg. 1885 und 1886) im Tausch gegen spätere Bände derselben Zeitschrift.

Zur Beachtung: Unse re Zei tschr i f t k a n n n u r bei der Post , nicht a b e r bei der Schr i f t le i tung beste l l t werden . Bei u n -rege lmäß ige r Zus te l lung w e n d e m a n sich an das Zus te l l -pos tamt .

Beim Ver lag S. Acker s ind von den ers ten vier N u m m e r n noch E x e m p l a r e vorhanden . Nachbes te l lungen sind dahe r möglich, worauf w i r besonders die H e r r n Schul le i ter a u f -m e r k s a m machen.

U m Kurznachr ich ten über A l t e r t u m s f u n d e bi t ten w i r herzlicl dami t alles Wissenswer te de r He ima t fo r schung e r -ha l t en bleibt .

Die Ver fasse r t r agen f ü r die e ingesand ten A b h a n d l u n g e n die V e r a n t w o r t u n g . Nachdruck de r Or ig ina la r t ike l ohne Que l l enangabe verbo ten .

Die Bezieher dieses Bla t tes w e r d e n gebeten, die „Hohenz. H e i m a t " in i h r e m Bekann tenk re i s zu e m p f e h l e n oder de r Druckere i Adressen von In te res sen ten anzugeben, denen ge rne P r o b e e x e m p l a r e zugesandt werden .

Page 17: Hohenzollerische Heimat Jg02 1952...Hohenzollerlsche Heimat Vierteljahresblätter für Schule und Haus Herausgegeben vom Verein für Geschichte in Verbindung mit Schriftleitung: Josef

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Hohenzollertsche Heimat Vier te l jahresblä t ter f ü r Schule und Haus

Herausgegeben vom Verein für Geschichte in Verbindung mit

Schrif t lei tung: Josef W i e s t , Gammer t ingen

Preis halbjähr l ich 0.60 DM

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Buchdruckerei S. A c k e r , Gammer t ingen

Nummer 2 Gammertingen, April 1952 2. Jahrgang

L Teil Aus der Geologie Hohenzollerns 1. Fortsetzung

Von Michael W a l t e r II. Vom Muschelkalk.

Der Buntsandstein, von dem wir in unserem ers ten Beitrag zur Geologie von Hohenzollern sprachen, ist an e iner s inken-den Meeresküste ents tanden. Dort haben ihn Wind und Was-ser geformt. An der allmählich s inkenden Küste der Nordsee können wir gegenwärt ig einen ähnlichen Vorgang gut ver -folgen.

Als die Küste der al ten Buntsands te in landschaf t immer t i e fe r sank, da über f lu te te das Meer allmählich dauernd das Land. In den Tiefen dieses Meeres konnte sich kein Sand absetzen, da dieser am S t r ande liegen blieb. Stat t dessen lagerten sich Kalk und Kalkschlamm ab und andere Stoffe, wie Gips und Salz, die u n t e r besonderen Voraussetzungen vom Meerwasser ausgeschieden wurden . In dem Kalkschlamm versanken die Leichen der im Meere abs te rbenden Tiere, der Muscheln, Fische, Krebse und sonstiger. Getiers, das sich in diesem Meere tummelte , das man nach seinem besonderen Reichtum an Muscheln als Muschelkalkmeer bezeichnete. Dieses Meer w a r kein Weltmeer , kein Ozean, sondern ein Binnenmeer , e twa der Ostsee oder i e m Mit te lmeer ver -gleichbar. An Großie k a m es dem alten Deutschen Reiche gleich und reichte auch wie dieses von der Maas bis an die Memel und von dem Bodensee bis an den Belt. Nach Süd-osten und Südwesten s tand es mit den damaligen Welt -meeren in Verbindung, die ihm Salzwasser zuführ ten . Die Tiefe des Muschelkalkmeeres wechselte beständig, und mit diesem Wechsel änder ten sich auch die Ablagerungen und Ausscheidungen des Meeres und damit die Gesteine, die sich .lus innen bildeten. Wir können deshalb einen unteren, mi t t -leren und oberer. Muschelkalk unterscht iden. Seit der Bil-dung des Muschelkalkes hat die s tändig unruhige Erde manche Hebung u n a Senkung mitgemacht. Schließlich blieb aber der Muschelkalk in manchen Gegenden weit über der Meereshöhe. Wo die übe r inm lagernden Gesteinsschichten im L a u f e der J ah r t ausende abgetragen wurden , erschien er an der Überfläche der Erde und bildete das Fest land, so in e inem Stre i fen von wechselnder Breite, der vom Thür inger Wald am Ostrande des Spessarts des Odenwaldes und des Schwarzwaldes bis an den Oben: ! , in bei Waldshut zieht. Dieser Streifen be rühr t auch H o h e n z o l l e r n , wo das ganze U n t e r l a n d , das Gau, dem M u s c h e l k a l k g e -b i e t angehört , n u r mit dem Unterschied, daß der Muschel-kalk in dem bohenzoilerischen Gebiet l inks vom Neckar, dem Dorn- oder Heckengäu (Dornhan, Dornstetten!!) , von zwei kleinen Ausnahmen abgesehen, unmi t t e lba r die Oberfläche des Landes bildet, wanrend er rechts des Neckars meist von den auf ihn : olgenden un te ren Schic ten des Keupers oder von Löß über lager t ist und n u r in den Taleinschnit ten zu-age tr i t t . Im Eyachtal begleitet er uns auf der St raße von

S te t t e r nach Owingen auf der westlichen Talseite bis zur Gemarkungsgrenze. Das Stunzachtal ist mit seinen Ta lwin-dungen und Stei lhängen "bis gegen Gruol hinauf ein echtes Muschelkaiktal . Im Starzel tal streckt er auf der Kas ten-halde bei der Rangendinger Mühle zum letztenmal seine Felsennase heraus uno auf der anderen Talseite endet er in einem kleinen Steinbruch hinter dem Schweinestall bei der Mühle. Bemerkenswer t erscheint die Tatsache, daß die Grenzlinie des Muschelkalkes im allgemeinen und an m a n -chen Stellen fas t haargenau mit der von der Schweiz k o m -menden und von Rottweil über Rangeridingen nach Rot ten-burg ziehenden wichtigen Römers t raße zusammenfäl l t . Es ist djes kein Zufall , sondert ein Beweis dafür , wie sorgfält ig die Römer ihre St raßenzüge den Geländeverhäl tnissen anzu-passen wußten. Wäre die S t raße wei te r unti i ver laufen , so hä t te sie die t iefeingeschnit tenen Muscnelkaiktäler übe r -

schreiten müssen; wei ter oben hä t ten ihr die Vorhügel der Gipskeuper landschaf t manche Schwierigkeit bereitet .

a) Der untere Muschelkalk oder das Wellengebirge. Wir wollen jetzt die einzelnen Abtei lungen des Muschel-

kalkes n ä h e r ansehen und feststellen, welche Bedeutung sie f ü r uns haben. Der un te re Muschelkalk, der auf den Röt-tonen des Buntsandste ines aufliegt, heißt auch W e l l e n -g e b i r g e, weil einige seiner Schichten eine wel lenförmige Oberfläche zeigen. E r f indet sich bei uns n u r an den un te ren Talhängen des Neckar-, des Fischbach- und des Glat tales und steigt von den Haup t t ä l e rn noch e twas die Seitentälchen hinauf . Seine un te ren Schichten, die meist nicht sehr w ide r -s tandsfähig sind, bi lden flache Hänge, die dem Ackt. bau dienen oder Wiesen t ragen, zumal sie von oben he r reichlich Wasser empfangen. Stei lere Hänge sind bewaldet . Die oberste Schicht ist hä r t e r und bildet manchmal eine kleine S tufe oder Kan te am Hang. Auf ihr steht die Burgru ine von Dießen. Auch mancher Hangweg benützt sie s trecken-weise. Wenn sich das un te re Glat ta l kurz vor seinem Ein-tr i t t in das Neckartal e twas verengt, so rüh r t dies daher, daß dort diese hä r t e ren Schichten an den Ta lwänden zutage t r e -ten. Das kalkhal t ige Wasser, das, aus dem oberen und mi t t -leren Muschelkalk kommend, diese Ta lkan te überf l ießt , scheidet an den da run t e r l iegenden Hängen seinen Kalk aus. Daruim f inden wir an ihnen im Glattal , vor al lem aber im Dießener- oder Fischbachtal die großen und wertvol len K a l k t u f f l a g e r . Das gesamte Wellengebirge erreicht bei uns eine Mächtigkeit von e twa 50 Meter.

b) Der mittlere Muschelkalk, auch Anhydrit- oder Salzgebirge genannt.

Der m i t t l e r e M u s c h e ' k a l k ist, u m es gleich vor-weg zu sagen, w i r t s c h a f t l i c h d i e b e d e u t e , d s t e g e o l o g i s c h e S c h i c h t u n s e r e s L a n d e s . F r ü h e r hieß man ihn auch Anhydri tgebirge, weil in ihm der Anhy-drit, ein weißgraues Gestein eine große Verbre i tung hat. Anhydr i t ist ein griechisches Wort, aas auf deutsch „wasser-f re i " oder' „ohne Wasser" heißt. Zu ergänzen ist ,.Gips". Anhydr i t ist also Gips ohne Wasser, manchmal ein. recht ge-fähr l icher Stein. Wenn er nämlich mit Wasser .der auch n u r mit der feuchten Luf t in Berührung kommt, dann saugt er die Feuchtigkeit auf und vei wandelt sich in echter Gips. Dabei vergrößer t sich seine Masse. Wird z. B. ein Tunnel durch Anhydr i t getrieben, soi wächst dieses infoig- der 'An-wand lung des Anhydr i t s in Gips in der feuchten Tunnel luf t allmählich zu und muß i m m e r wieder erwei ter t werde] Wür t t emberg hat einige solche kostspielige ^ u n n e i s una auch in Baden geht der Tunnne l zwischen Pforzheim und Ispr in-gen durch Anhydri t .

Aber der mit t lere Muschelkalk ha t nicht nur wasser f re ien sondern auch wasserhal t igen, ?lso echten Gips, der f r ü h e r besonders in Dett ingen s tark abgebaut wurde wie die ve r -lassenen Gipsgruben an der Neckarhalde beim „Schlößle" zeigen. Hohenzolleri h S im mit t le ren Keuper nochmals eine g ipsführende Schicht, ist also mit Gips reichlich ver -sehen. Wir werden bei der Besprechung der Keupe r fo rma-tion nochmals auf den Gips zu sprechen kommen.

Der G i p s ist nach seiner chemischen Zusammense tzung schwefelsaurer Kalk mit Wasser . Der Chemiker drückt dies durch die Formel CaS04 2 H 2 0 aus. Bei der Auflösung von Gips geiang! der Schwefel in das Wasser, und es ents tehen Schwefelquellen. Eine solche Schwefelquelle aus dem mi t t -leren Muschelkalk w u r d e einst im „Tale" südlich von Glat t gefaßt, ins Dorf geleitet und 2U S c h w e f e l b ä d e r n ver -wendet. Ich habe in den „Hohenzolieriscnen Jah reshe f t en" im 11. Band 1951 nähe r da rüber berichtet .

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18 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

Ursachen und Ziele der Auswanderung aus Oberschwaben im 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts

(Unter Auswer tung des im Staatsarchiv Sigmaringen unter C I 2 d ve rwahr t en Aktenmater ia ls )

Religiöse, politische und nicht zuletzt wir tschaft l iche Ver -hältnisse waren seit dem 16. J a h r h u n d e r t die Ursache f ü r Auswanderungen größeren Ausmaßes. Seit dem 18. J a h r -hunder t zwang insbesondere wirtschaft l iche Not, der Wunsch nach Verbesserung der Lebensbedingungen viele Deutsche, die Heimat zui verlassen, um in f r e m d e n Landen eine Exi-stenz zu suchen. Im Südwes ten des Reiches ha t te ein wenig f ruch tba re r Boden und die Zerstückelung des Grundbesi tzes infolge der hier herrschenden Real tei lung die E rnäh rung einer wachsenden Bevölkerung nicht m e h r ermöglicht. Noch im 19. J a h r h u n d e r t zählte der Südwesten mit 1,9—2,2 auf das Tausend der Bevölkerung zu den s tark von der Aus-wanderung be t ro f fenen Reichsgebieten. Das Merkant i l sys tem sah zwar in einer großen Bevölkerungszahl einer akt iven Handelsbi lanz eine Voraussetzung f ü r eine wirtschaft l iche Entwicklung des Staatswesens. Die Landeshe r rn konnten sich aber der Notwendigkeit nicht verschließen, den Unte r -tanen durch die Er laubnis der Auswande rung die Möglich-keit zum Lebensunterha l t zu gewähren. Fal lende Preise der landwirtschaft l ichen Erzeugung erschwer ten die Lage der fas t ausschließlich in der Landwir t schaf t tä t igen Bevölkerung.

Ein „Auswanderungsconsens" w a r im 18. J a h r h u n d e r t nicht n u r beim Verlassen des Reichsgebiets erforderlich. In dem terr i tor ia l s tark aufgegl ieder ten Südwesten ha t t e eine Unzahl von Gebietsherrschaf ten staatsähnliches Format . Hier w a r eine Er laubnis zur Auswande rung schon erforderlich, wenn der Angehörige eines Teils taates in eine Nachbarher r -schaft übersiedeln wollte. Ein junges Mädchen aus Bi l laf in-gen, das sich nach Zwiefal ten verhe i ra ten wollte, muß te f ü r die Heirat eine Auswanderungser laubnis erwirken. Ein j u n -ger Mann, der von Klpsterwald nach Langenensl ingen „aus-wandern" wollte, legte ein ärztliches Gutachten übe r körpe r -liche Schäden vor, um seine Mili täruntauglichkeit darzutun, von der die Er laubnis zur Auswanderung abhängig gemacht Wurde. Die Auswanderung eines Bürge-s von Langenens-lingen nach Krauchenwies w a r unbedenklich, da der „Aus-wande re r " sehr al t war . Mit dieser „Auswanderung" im Binnenland konnten die wir tschaft l ichen Verhäl tnisse großer Teile der not le idenden schwäbischen Bevölkerung nicht be-hoben werden. Wir werden sie nicht weiter verfolgen.

Die Auswanderung nach f r e m d e n Lander, ha f t e eine Los-lösung von der Heimat und von der Famil ie im Gefolgt . Man bevorzugte daher zunächst Länder , die nicht den völ-ligen Bruch mit den Angehörigen und dem Heimat land be-dingten. Um der von amtlichen Stellen nicht ve rkann ten Not der Bevölkerung zu steuern, begü-" t ig te Kaiser F ranz I. i u r c h eine Verordnung vom 2. Jul i 1755 die Auswanderung nach 4er ungarischen Grafschaf t Ratschka. Der K a m m e r r a t und die Oberamts rä te der Landgrafschaf t Nel ienburg in Stockach gaben in e inem Schreiben vom 12. Jul i 1755 an alle „hochgeehrten H e r r n Nachbarn von d^.i Bedingungen Kenn iis, un te r denen nicht zuletzt „zum Vorteil des a l ler -höchsten Staatsbesitzes" die E inwanderung von römisch-katholischen Famil ien erleichtert wurde . Beim verkauf aes heimischen Grundbesi tzes wie auch bei der Reise auf der Dpnau — die Grafschaf t Batscnka liegt zw^chen der Donau und der Theiß — w u r d e jede Beihilfe gewährt . Von der Be-zahlung der an den Lanaesf l t r s ten zu zahlenden ' uJ dhr t s -gelder waren die Auswandere r befrei t . ^ n der. in Ungarn e ingeführ ten beweglichen Sach »n du r f t en keine Abgaben e r -hoben werden. Die ungarische H o f k a m m e r bestell te zwei mit Ausweisen versehene Bean Le, die das „B~volkerungsge-schäft" hestroqglicfyst zu fgrder j i haftei und den Auswan-derern die ihnen zugesicherten Erleichterungen gewähren mußten. Das Verbot der Erhebung von Abzugsgeldem w u r d e o f fenbar von den Landesher rn nicht immer beachtet. Ein E r -laß des Kaisers vom 26. Mai 1759 weist auf Beschwerden oberschwäbischer Auswanderer , die auf dem Wasserweg in Wien angekommen waren, nachdrücklich darauf hin, daß Abzugsgelder nicht erhoben werden c r fen. Abgaben d u r f -ten nu r erhoben werden, soweit sie die Eandesher tn , auch der Kaiser, als Pr iva t leu te in ihrer Eigenschaft als G r u n a -her rn erheben konnten. Waren da rübe r hinaus Abfahrtsgelder entrichtet, so mußten sie sofort wieder ers ta t te t werden. In r er Folgezeit habpn s ta rke "u iwanderungtn den hohen A n -teil d« u tsdis tämnJge» Beyqlkerung in diesem Lr nde ge-schaffen,

Die Grafschaf t Batsch^a w a r f ü r aen s ta rben S ' w m Aus-wanderungs lus t iger n u r begrenzt au fnahmefäh ig . Die Not-

lage wei te r Kreise der Bevölkerung, die von amtlichen Stel-len immer wieder zugegeben wurde , zwang zum Aufsuchen andere r Länder , die den Lebensunterha l t sichern konnten. Der wirtschaft l iche Aufschwung Nordamer ikas ließ eine Auswanderung nach den Vereinigten S taa ten ers t rebenswer t erscheinen. Vereinzelte Berichte aus Amer ika wuß ten von einer erheblichen Besserung der wir tschaft l ichen Lage der Ausgewander ten zu berichten. Die un te ren Verwal tungss te l -len glaubten eine Auswanderung nach den Vereinigten S taa -ten zunächst nicht fö rdern zu sollen. Ein Bericht des Ober -amts Glat t vom 22. J an u a r 1833 verkenn t nicht die zuneh-mende Vera rmung der Bevölkerung; es feh le auch jede Aus-sicht auf Besserung ihrer wir tschaft l ichen Lage. In vielen Ortschaf ten sei die Gründung einer neuen Famil ie unmög-lich. Die Not werde im kommenden F r ü h j a h r sehr groß sein. Die Einreise nach Amerika berge aber die Gefahr , daß die Auswandere r als Bet t le r einem elenden Dasein verfal len. Mehre re 100 Famil ien seien zur Ausreise bereit .

Das Oberamt be fü rwor t e t eine Auswanderung nach Grie-chenland, wo durch den Regierungsantr i t t Königs Otto von Bayern, der nach Ermordung des Präs identen Kapodis t r ias im Oktober 1831 zum König von Griechenland gewählt war , eine Beruhigung eingetreten sei. Ein günstiges Klima, eine geringe Bevölkerung lasse hier die E inwanderung günstig erscheinen. In 9—15 Jah ren könne das von den Auswan-derern invest ier te Kapi ta l abgearbei te t sein. Die Regierung ve rkann te nicht, daß der Amtsan t r i t t des Königs Otto wohl eine Gelegenheit zur E inwanderung biete. Die Bevölkerung Griechenlands stehe abe r infolge der 100jährigen Herrschaf t der Barba ren (Türken) auf einer sehr niedrigen S tufe gei-stiger und sittlicher Bildung. Sie sei durch Bürgerkr iege ve r -wildert und von Haß gegen Ausländer getragen. Eine Aus-w a n d e r u n g nach Amer ika sei weniger gewagt. Im übrigen sei eine Fre igabe herrschaft l icher Güter in Dettensee das geeignete Mittel, u m die Erwerbsmöglichkeit zu erhöhen. Der Herrschaf t erwachse aus der Veräußerung des Landes kein Schaden, da ein geringer Bestand an Feld in P r iva t -händen K a u f - und Pachtpreise „auf eine enorme Höhe" ge-bracht hä t ten . In P r iva thand sei ein höherer landwir t schaf t -licher Er t r ag gesichert, den eine fleißige Bearbei tung und s tä rkere Düngung erbringe. Der „wenig überdachte Bericht" des Oberamts w u r d e zu den Akten genommen. Die Bi t ten um Gewährung der Er laubnis zur Auswanderung lassen e r -kennen wie schwer die T rennnung den Mitgliedern der F a -r"üie fäll t , wie aber doch Hie bi';tere Notwendigkeit zur Schaf fung einer Lebensgrundlage ke ine andere Wahl läßt. Wenn Vater Ki rn aus Weildorf im J a h r e 1833 die Er laub-nis zur Auswanderung f ü r seine Söhne Daniel (20 J a h r e alt) und Bonifacius (18 J a h r e alt) erwirkt , so verschließt er sich nicrit der Ansicht, daß Söhne ihre El tern und ihr Vater land nicht zeitlebens ver lassen solien, die Seereise berge Gefah -ren in sich, viele Beschwerden im Ausianci seien in Kauf zu nehmen. Die Söhne wiederum verkennen nicht, daß es ha r t =ei, „den lieben El tern und dem lieben Vater land auf ewig Lebewohl zu sagen." Aber bei 6 Söhnen und 3 Töchtern könne die e i n i g e vorhandene Feuerstel le n u r einem Kind vermacht werden . Die Kinder wollen nicht zeitlebens als Knechte hei Meistern dienen, wollen selbständige S taa ts -bürger werden, wozu ihnen in ihrem Vater land jede Mög-lichkeit genommen sei. Sie hä t ten das Maure r - und Stein-se tzerhandwerk er lernen können und seien h ie r fü r herzlich dankbar , sähen aber in ihrem Vater land keine Möglichkeit, eine Famil ie ehrlich zu ernähren . Nicht Leichtsinn oder 'vlutwiile ver t r ieben sie aus ihrern Vater land, sondern die H o f f n u n g auf eine glückliche Zukunf t , Jensei ts des großen Meeres w ü r d e n sie die hier empfangenen Wohl ta ten ni" ve r -gessen. Der Vater weist darauf hin, wie schwer es m m falle, sich zeitlebens von seinen Kindern zu t rennen, will sie aber glücklich wissen und erwirk t f ü r sie cue Er laubnis zur Aus-wanderung . Die Kosten der Auswan „erung schwankten in ihrer Hohe. Anton Armbrus t e r aus Dießen zahl te f ü r sich 400 Gulden, f ü r seine Ehe f r au 200 Gulden und die beiden Kinder J i t e r 15 J a h r e n je 100 Gulden. Bei den geringen Mit-teln der A i s w a n d e r e r wurc1.- die Höhe des Abzugsgeiaes vielfach auf die Hä l f t e ermäßigt , oft "öllig erlassen, in der Erwägung, daß die Gemeinde durch die Auswanderung der Zahlung von Unters tu tzungen überhoben wurde, Die Orts -armenkommissionen, die aus dem Pfa r r e r , dem Vogt dem Ar-menpfleger , dem Waisenrichter und 4 Gemeindegliedern be -standen, be fü rwor te t en gelegentlich die Auswanderergesuche.

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 19

Vogt, Or ts r ich ter u n d Amtsr ich te r bescheinigten die U n m ö g -lichkeit f ü r den Auswande re r , sich u n d seine Fami l i e durchzu-br ingen . Die Abzugsgelder w u r d e n vielfach f ü r die Gemeinde -a r m e n k a s s e e rbe ten , die u n t e r den obwa l t enden V e r h ä l t -nissen s ta rk in Anspruch genommen wurde . Die Not zwang gelegentl ich zum Ant r i t t der Reise, auch w e n n die Mit te l zur U e b e r f a h r t f ü r al le A u s w a n d e r e r nicht ausreichte. Zwei Fami l i en aus Dettensee, die e inundzwanz ig K ö p f e zäh l -ten, m u ß t e n aus Mangel an Mit te ln in B r e m e n eine Tochter zurücklassen. Sie t r a t dort in Dienste. I h r w u r -den spä te r durch Vermi t t l ung eines V e r w a n d t e n vom L a n d e s h e r r n die Kosten f ü r die U e b e r f a h r t bere i t gestell t . Auch Gemeinden g e w ä h r t e n gelegentlich Beihi l fen, u m A r -men las t en zu e r sparen . Eine g rößere Kinderzah l k o n n t e t rotz der h ier zu e r w a r t e n d e n Schwier igkei ten be im Aufsuchen e iner Arbei tss te l le von de r A u s w a n d e r u n g nicht abha l t en . Die Notzei ten w u r d e n von großen Fami l i en besonders schwer e m p f u n d e n . Meinrad S teh le aus Tr i l l f ingen t r a t mi t 6 K i n -dern die Ausre ise an, von denen das jüngs te 12 J a h r e alt war . Der K ü f e r Henge r aus Bi t t e lb ronn n a h m 5 Kinde r mi t ins Ausland.

Z w a n g in der Regel wir t schaf t l iche Not zur Auswande rung , so w a r e n Fäl le , in denen s t r a f b a r e H a n d l u n g e n ein Ver las -sen des Va te r l andes r a t s a m erscheinen ließen, n u r selten. Ein Zol langes te l l te r w a r wegen Unte rsch lagung von 40 Gul -den Dienstgelder zu e iner S t r a f e von 6 Wochen H a f t in H o r n -stein verur te i l t . Da der B e s t r a f t e die S t r a f e ers t zu e iner Jahresze i t v e r b ü ß t hä t te , in der die U e b e r f a h r t nach A m e -r ika gefahrvol l erschien, e rba t er eine V e r k ü r z u n g der H a f t -s t ra fe , die ihm g e w ä h r t w u r d e . Ein Weber, Va t e r von 3 Kindern , w a r wegen Ehebruchs zu 6 Wochen Gefängnis v e r -ur te i l t , die im G n a d e n w e g in e ine Ge lds t r a f e von 30 Gulden umgewande l t wurde . Auf Bi t ten des Ortsgerichts , das die Unmöglichkei t zur E r n ä h r u n g der Fami l i e bescheinigte, w u r d e die S t r a f e auf 15 Gulden ermäßig t , ein Betrag, den die V e r -w a n d t e n au fb rach ten .

Der A u s w a n d e r u n g w u r d e n bei der he r r schenden Notlage, der auch die V e r w a l t u n g nicht zu s t euern wußte , von den zus tändigen Verwal tungss te l l en ke ine größeren Schwier ig-

ke i ten berei te t , was auch die A u s w a n d e r e r d a n k b a r a n e r -k a n n t e n . Man w a r besorgt , e ine A u s w a n d e r u n g zu ve rh in -dern, w e n n ein gesundes Wei t e rkommen der A u s w a n d e r e r nicht ve rbü rg t war . U n t e r Ausnu tzung der bes t ehenden Not-lage suchten gelegentlich gewissenlose Agenten bil l ige A r -b e i t s k r ä f t e im Wege der A u s w a n d e r u n g zu gewinnen . Im Oktober 1767 s te l l te die V e r w a l t u n g der L a n d g r a f s c h a f t Nel-l enburg in Stockach fest , daß ein gewisser Thierr ig l im L a n d e he rumre i se , u m U n t e r t a n e n als spanische Kolonis ten nach Malaga zu gewinnen . „Verlockend gedruckte Schr i f ten" w u r -den ver te i l t . Kommiss ionäre bere is ten das Land , u m Aus -w a n d e r e r f ü r Malaga zu gewinnen . Dem Pos tmeis te r in Mengen, der u. a. solche Schr i f ten ver tei l te , w a r f ü r jedes P a a r a u s w a n d e r n d e r U n t e r t a n e n 15 Gulden als Entschädi -gung versprochen. Die benachba r t en V e r w a l t u n g e n w u r d e n auf das Tre iben des Thier r ig l a u f m e r k s a m gemacht , der bei B e k a n n t g a b e de r Ve ro rdnung in Saulgau v e r m u t e t wurde . Man ha l t e sich f ü r verpf l ichte t , alle Eingesessenen vor dem Tre iben Thier r ig l s ernst l ich zu w a r n e n . Thierr ig l und seine Anges te l l ten w a r e n f e s t zunehmen , w e n n sie ange t ro f f en w u r d e n .

Der wir t schaf t l ichen Not der wachsenden e inheimischen Bevö lke rung k o n n t e ein m a g e r e r Boden auf die Daue r nicht abhe l fen . Dem Mangel an Arbei tsmögl ichkei ten ha t m a n zunächst durch Aufsuchen n e u e r E rwerbsque l l en im Aus land zu begegnen versucht Von der Mi t te des 19. J a h r h u n d e r t s an begann m a n zur Behebung der f eh lenden E r w e r b s m ö g -lichkeiten den Hande l mi t se lbs tgefer t ig ten Waren, die m a n auf H a n d k a r r e n in der n ä h e r e n u n d we i t e ren U m g e b u n g ver t r ieb , wie Bumi l l e r in der Hohenz. He ima t Nr. 3/51 a n -schaulich geschildert hat . Diese Waren haben sich durch Qual i tä t und P re i swürd igke i t e inen a u f n a h m e f ä h i g e n Mark t zu ve r schaf fen gewußt , b is das A u f k o m m e n indus t r ie l le r Be -t r i ebe die handge fe r t i g t en Waren nicht m e h r als k o n k u r -renzfäh ig erscheinen ließ. In neues te r Zeit haben k le ine in -dus t r ie l le Be t r i ebe vornehmlich der Text i lbranche , die auch in k le ine ren Gemeinden wie Pi lze aus der E r d e schießen, die in den Gemeinden v o r h a n d e n e n überschüssigen Arbe i t s -k r ä f t e abzuschöpfen gewußt .

Dr. Dr. B r a u n s - S igmar ingen .

Wie es im 30jährigen Kriege in unserer Heimat zuging Ein Beitrag zur Geschichte des Dorfes und der Pfarrgemeinde Bingen bei Sigmarin^en

von Josef D e s c h 1 e r, Lehre r , Ablach (Fortsetzung)

Ueber den letzten Abschnitt des Krieges, den „Schwedisch-französischen Krieg" (163-5—1648) haben wir durch die Ge-meinderechnungen von 1640, 1642, 16^3 und 1645 besonders nach der wir t schaf t l ichen Sei te hin viele Belege u n d A n -ha l t spunk te . Wie das Ger ichtsprotokol l von 1637 berichtet , w u r d e das Dorf auch in diesem J a h r e von durchmarsch ie ren-den T r u p p e n heimgesucht . Von da ab bi lden E i n q u a r t i e r u n -gen und Durchzüge die Regelmäßigkei t , 3enn die Kr iegs -hand lungen zwischen den kaiser l ichen u n d bayer ischen Hee -ren einersei ts und den v e r b ü n d e t e n Schweden u n d Fr -m-zosen anderse i t s f a n d e n n u n hauptsächl ich in Süddeutsch land s ta t t Ueber die wir t schaf t l iche Sei te des Krieges lassei vir die Gemeinderechnungen sprechen. Die Rechnung des JE H .-es 1640 verzeichnet f ü r die Zeit vom 8. 4. bis 25. 10. an E in -n a h m e n den Be t rag von 499 fl 2 x Hiervon w u r d e n durch außerordent l iche , also durch den Kr ieg ve ru r sach te Anlagen (Umlagen) 370 fi au fgebrach t . An Ausgaben sind 390 fl e r -wachsen, von denen 316 fl ais d i r ek te Kr iegsausgaben zu b e -zeichnen sind. Sie setzen sich aus Cont r ibu t ionen (Kriegs-s teuern; , Kosten f ü r Verp f l egung u n d Besoldung der e in-qua r t i e r t en Soidaten (Grundsa tz ) . Der Kr ieg e r n ä h r t den Krieg!), Sa lväguard ien (Schutzwachen), F u h r i ö h n e n u n d a n -deren Kr iegsnotwendigke! ren zusammen . Einige E i n t r a g u n -gen mögen als Beispiele dies bezeugen:

„ I tem an den 4. Monat woiff ische Contr ibut ion nach Sig-mari i igen gel iefer t 22 fl.

H e r r n Kapa ro l — Korpora l — leuwiscnen Reg. sein Kos t -geld 2 fl 36 x. Den 13. Ju ly 1640 sein drey Gef re i t en u n d ein gemeiner Soldat leuischen Reg. sambt 4 Weiber a l lhero kommen , u n d bis den 22. diß denselbigen, weil sie mi t den u n d e r t h a n e n gessen noch dazu gaben 1 fl 52 x. I t em ge-dachten 4 Solda ten vom 22. Ju iy bis 30. da sie nicht m e h r mit den u n d e r t h a n e n gessen, j edem des tags 15 x tuet 8 fl. Diese 15 x en t sprachen dem Taglohn e in°s H a n d w e r k e r s , denn der vorh in genannte Z i m m e r m a n n Miller will im Tag f ü r 12 x a rbe i ten . Mar t in Werne rn und J e r g Schrecken ge-ben, daß sie e inen f i e r spann an einen Muniz ionswagen nach Mer spu rg bis gen Fr i l ingen getan, Fuor lohn zahl t 9 fl 36 x.

I t em den 4 R e u t h e r r n leuwischen Reg., well iche a l lhier im Q u a r t i e r gelegen an b a r e m Geld gel iefer t 55 fl 30 x.

I t em denen von Laiz und Sigmar ingen, well iche H e r r n H a u b t m a n n Opser f i e rgespannen und beha l t enen K a r r e n bezahl t 28 fl.

I t em an der hohenzol ler ischen Cont r ibut ion das 1. ma l 15 fl. Bei den hohen F u h r - u n d Boten löhnen ist zu bedenken ,

daß P f e r d e sel ten u n d teuer varen , daß es eL Wagnis b e -deute te , sein F u h r w e r k zur V e r f ü g u n g zu stellen, denn es k a m of t vor, daß nicht n u r P f e r d e u n d K a r r e n von den Sol-da ten beha l t en w u r d e n , sondern auch der F u h r m a n n sein Leben aufs Spiel setzte, wie es e inem Baue rn von Bingen be im Ueber fa l l eines fürs t l ichen Wagenzuges durch die Ho-uen twie l e r bei Wald erging. Wie sich die Kr iegskos ten von J a h r zu J a h r s te iger ten; die A n f o r d e r u n g e n an die Gemeinde und an den Einzelnen i m m e r neue F o r m e n a n n a h m e n , ist aus der Gemeinde rechnung von 1642/43 zu en tnehmen . In e inem H a l b j a h r Detrugen die E i n n a h m e n 887 fl 54 x, davon 843 fl 31 x aus Anlagen . Die Ausgaben be i ie fen sich auf 868 fl 34 x, davon e twa 80r. fl Kr ipgsausgaben, gegen 1640 also e ine S te igerung u m 100 ö/o. Auch aus dieser Rechnung mögen einige besondere E in t r agungen die Tatsachen beleuchten:

„Den 6. Novembr i s 1642 an der twiel ischen Kontribution nach S igmar ingen gehefer l laut Qui t tung 44 fl 33 x. (Auf dem HohentwieJ saß damals der wür t t emberg i sche Kr iegs -mann K o n r a d Wiederhoid , e i r ebenso t a p f e r e r als e rp r e s -serischer H e e r f ü h r e r , der durch seine Raubzüge die ganze Gegend vom Bodensee bis zur Donau unsicher und z insbar machte.)

Den 19. dezembr is 1642 an der sporkischen W i n t e r q u a r -t i e rung an den e rs ten Monat nach S igmar ingen über l ie fer t , laut Qui t tung 41 fl 27 x. Den 14. Mar ty 1643 H e r r n K a s t e n -vogi J o h a n n Frickchen f ü r das R a u h - u n d G i a t t f u e t e r wegen der sporkischen W i n t e r q u a r t i e r u n g nach S igmar ingen b e -zahlt 16 fl 6 x.

Den 21. Mar ty H e r r n P t a r r e r M. Nikolaus Fischer ai ihie f ü r ein Mal t e r C o m m i ß h a b e r zahlt 4 fl. (Dieser P f a r r e r M a -gister Nikolaus Fischer w a r der Nachfolger des f r ü h e r ge-

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20 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

n a n n t e n P f a r r e r s M. J . Chrysos tomus Fischer, der als gu te r Hi r t e seiner P f a r r k i n d e r 14 J a h r e in Bingen pas tor ie r t ha t t e u n d a m 18. J a n u a r 1639 im H e r r n en tsch lafen war . Es schei-nen B r ü d e r gewesen zu sein, denn beide w a r e n von M u n -derkingen.)

Alusgeben Gelt u m b Flaisch f ü r H e r r n Obr is ten Wol f fen u n d dem zu S igmar ingen l iegendem Kriegsvolk bis den 25. Apri l is 1643 f ü r 725 P f u n d , jedes zu 4 x 4 h t hue t 137 fl 54 x. Desgleichen u m b Wein u n d Bier 106 fl. (Ein E imer Wein kos te te 48 x, ein Maß Bier 2 x.)

I t e m e inem wolf f i schen F u r r i e r u m b Roßnegel zahl t 1 fl 12 x. M e h r ein Pis tol zu schießen 45 x. I t em dem wolf f i schen Wagenmeis t e r von e inem Pistol zu schießen u n d H e r r n Obr is ten Dienern f ü r ein Rohr (Gewehr) 1 fl 2 x. Anscheinend w a r n u n auch die Gemeinde f ü r e ine B e w a f f n u n g besorgt , wie ja auch die E ingänge des Dorfes mit Sch lagbäumen u n d Weh-ren versehen wa ren , denn es s ind ö f t e r s E in t r äge u n d Rech-n u n g e n f ü r die Ausbesse rung aufgezeichnet . Auch die Ge-meinde rechnung vom 11. F e b r u a r 1645 bis 26. November 1645 läßt die f a s t ausschließliche V e r w e n d u n g der durch Anlagen u n d En t l e ihungen erziel ten E i n n a h m e n in Höhe von 664 fl 34 x zu Kr iegszwecken deutl ich e rkennen . Cont r ibu t ionen nach dem Hohentwie l , nach Meßkirch, Ueber l ingen, Rot twei l . P fu l l endor f u n d Tut t l ingen w a r e n zu zahlen. Daneben m ü s sen die Bürge r zu wiederho l t en Malen Heu, Stroh, Ha fe r , Commißbro t u n d anderes nach Meßkirch, P fu l l endor f und Hohen Twiel l ie fern und f ü h r e n . Auch zu Schanzarbe i ten w e r d e n sie herangezogen. „Hans Schreckhen, Ba l t a sen Sohn geben, daß er sambt sein Roß a n d e r t h a l b täg zu Meßkirch ba l lesaden (Pall isaden) gef ie r t ha t 54 x. Hans A m a n n u n d J a k o b Riedinger , daß selbige zue Meßkirch e inen tag he l fen schanzen 40 x. J akob Rheinen, daß er 8 tag uff Hohen twie l Z immerholz gef ier t , zahl t 5 fl 27 x." Diese Belege l ießen sich noch beliebig v e r m e h r e n , da ja die ganze Rechnung fas t n u r aus solchen Ausgaben bes teh t . Die Ausbeu tung de r B ü r g e r u n d die Aussaugung des Landes setzten sich na tür l i ch bis Kr iegsende for t , u n d w i r d ü r f e n die Ausgaben des Dorfes f ü r die Zeit von 1640—48 n u r an b a r e m Gelde, ger ing ge-rechnet , auf 6 000 bis 8 000 fl veranschlagen. Daneben t r a t e n die Opfe r an Blut u n d Leben, die w i r schon durch die K i r -chenbücher belegt haben . Alles in a l lem genommen s i n d ' d e r Leiden, Qualen, Ver fo lgungen , Ausbeu tungen u n d B e d r ü k -kungen , die die Bewohne r in den le tz ten 18 J a h r e n des K r i e -ges über sich e rgehen lassen muß ten , übergenug , und m a n m u ß voll B e w u n d e r u n g gestehen, daß es die Liebe zum v ä -ter l ichen Acker, zu r heimischen Scholle war , die den B a u e r n immer wiede r mi t zähe r A r b e i t s k r a f t zur Beste l lung seiner v e r w ü s t e t e n u n d ve rwi lde r t en Fe lde r t r ieb. I m m e r wie -der sucht er die z e r s t a m p f t e n A e h r e n zusammen , u m in das n i ede rge t r e t ene L a n d den S a m e n zu s t reuen . Wenn sein I i tztes Zugt ie r ge raub t war , spann te er sich selbst voir den P f lu£ wie es von den K l o s t e r f r a u e n von Gorhe im Herichl t wird . Und so „haus te e r in seiner ha loze r fa l l enen Hüt te , f lüchte te be im H e r a n n a h e n größerer B a n d e n in die Wälder , un t e r de r . Zwange der Gewohnhe i t i m m e r wiede r rückkeh rend zu Herd und Scholle."

Auch der H e x e n w a h n scheint durch Jen Kriej E ingang ge funden zu haben, w i r d doch im Gerichtsprotokol l vom 19. August 1650 ber ichte t : „Den 19. Augusti anno 1650 haben sich beyl iegenden beve lhes beide oberke i ten diesses Z a u b e r h a n -dels verglichen, u n d dero diss: H a n s Bukh, Michel A m a n n , Hans S tephan Michel B u k h s Weib jV'^rii. Röschin, und K a -tha r ina P fe i f f e r , B a l t h a s a r Svhrekhs Weib in h o h e r ~brig-kei ts fä l l abges t ra f t , die a n d e r n aber als sein: Melchior Schrekh, J'erg Bukh Takob Schmid de r Jung , Ba lhas S c h r e i n und seine jüngs te Dochter in das n iedere Gericht gezogen."

Wer fen w i r noch einen Bück auf die V e r w a l t u n g des Dorfes w ä h r e n d der l angen u n d h a r t e n Kriegszei t . Das Lorf Bingen, das f r ü h e r ein Freidorf gewesen sein soll, gehör te damals i u r Gra f schaf t S igmar ingen, u n t e r s t a n d also in der hohen Ger ichtsbarkei t den G r a f e n u n d spä te ren Fü r s t en von Hohenzol le rn-S igmar ingen . Da abe r neben S igmar ingen hauptsächl ich die F re ihe r r en von Hornste: i in Bingen b e -güter t waren , entwickel te sich schon lange Ze>t vo rhe r l ang-wier ige St re i t igkei ten wegen der n iederen Gerichtsbarkei t . In den Ver t r ägen von Riedlinger 1579 u n d Mengen 1610 . ä* ren dann die Gerech t same der be iden Obr igkei ten und ® r Dor fgemeinde auf e inande r a b g e s ^ m m t un n de ra r t geregelt worden , daß die hohe Obrigkei t dem Ii Traf) r von S igma-r ingen allein zustand, die n iedere Obr igke ; t fegege i von Sig a r ingen und Horns te in gemeinsam ausgeübt wuri? Nur die gegensei t igen Eifersüchte le ien der beiden Gericntshe- ren bra hten es mit sich, daß auch das Du.-f einiv' besondere Rechte und Fre ihe i ten bis zum " ' e rkauf von Horns te in S igmar ingen im J a h r e 1787 behiel t , die dann a lsbald ihr Ende fanden .

An der Spitze der Gemeinde u n d des Niederger ichts s t and der von be iden Obr igkei ten oder de ren anwesenden B e a m t e n gewäh l t e „Geschworene A m b t m a n n u n d Schul thaiß" , der in schwier igeren Ger ichtsfä l len von den beidersei t igen A n w ä l -ten b e r a t e n wurde . Als Mitgl ieder des Niederger ichts a m -te ten 12 gewäh l t e Richter, denen zur eigent l ichen Dorf Ver-w a l t u n g 6 Männer , die sogenann ten „Sechser" beigegeben w u r d e n . Die geldliche V e r w a l t u n g des Dorfes besorgten 2 Bürge rme i s t e r u n d Dor fp f l eger . Daneben gab es noch m a n -cherlei Gemeindeämte r , als da sind: Gerichtsschreiber , 2 Hei -l igenpf leger , Waisenpf leger , Unte rgänger , Wein- u n d Bro t -e r lauber , Büt te l oder B a n w a r t , die alle durch einen beson-deren Eid zur F ü h r u n g ih re r Geschäf te angeha l t en wurden . Es w ü r d e übe r den R a h m e n dieser begrenz ten Arbe i t h inaus -gehen, w e n n die diesbezüglichen P u n k t e der Dor f - u n d Ge-r ich t sordnung h ie r angezogen u n d behande l t w ü r d e n . Doch möge noch ku rz die Zusammense t zung des Gerichts vom J a h r e 1636 e r w ä h n t we rden . Es wi rd berichtet , daß zur Ge-r ichtsbesetzung a m 20. Sep tember 1636 von Sei ten der Ge-r ich t sher ren a n w e s e n d w a r e n : „Herr J o h a n n Bücheler U n -dervogt , J o h a n n Fr ickh Protokol l is t u n d Bar th l i S t u r m No-ta r ius wegen Sigmar ingen, sodann ex p a r t e Horns te in H e r r J o h a n n P f e i f f e r a r t . lib. Magis ter u n d Horns te in ischer Vogt auf Horns te in . Z u m Geschworenen A m b t m a n n und Schul t -ha iß w u r d e gewähl t Ender l i Rebholz, zu Richtern: Melchior A m a n n , Chr is toph Fischer, H an s Z i m m e r m a n n , Hans M e n d -ler, H a n s Engel, H a n s Reiser , P e t e r Nollin, K a s p a r Schreckh, Theis Gerber , F r id l in Bugg, J akob Käppe le r , Ba l thas Schreckh; zu Sechsern: Georg Küene , Bast i P f e i f f e r , J akob Schmid, P e t e r Heiding, J a k o b Rettich, K a s p a r Werner . Ge-r ichtsschreiber ist neben se inem Schuolamte Chr is toph F i -scher. Neue B ü r g e r so der E rbhu ld igung ve r fa l l en : Hans Engel, Fr iedr ich u n d Mathe is Bugg, H an s Schreckh, J akob Käppeler , H a n s Schreckh J a k o b s Sohn, Mathe is Danner . Na -m e n so u m das Bürger rech t anha l t en : Mar t in W e r n e r von Horns te in , H e r r L e u t e n a n t h Andrea s Kessing von Konstanz , Ulrich Nizel von Auerbach der Oberpfa lz Soldat ." Wir sehen also, daß es meis tens N a m e n von Geschlechtern sind, die je tzt noch im Dor fe v o r k o m m e n oder vor k u r z e m ausges to r -ben oder weggezogen sind. Die Bevölkerungszah l scheint schon damals erhebl ich gewesen zu sein, denn es le is te ten ja 7 neue B ü r g e r aus dem Dorfe die Erbhu ld igung , wobei noch zu b e d e n k e n ist, daß im V o r j a h r e H u n g e r u n d Pes t im Dor fe gewüte t haben . Neben der Landwi r t s cha f t be t r i eben v e r -schiedene B ü r g e r ein H a n d w e r k , denn es w e r d e n alle in e inem B a u e r n d o r f e no twend igen H a n d w e r k s b e t r i e b e genannt . Ob die Geme indebads tube noch bes t anden hat , konn te aus den Akten nicht e n t n o m m e n werden .

Da das Niederger icht geme insam war , ha t t en alle Bürger von Bingen auch beiden Gerichts- u n i G r u n d h e r r e n die E rbhu ld igung zu leisten. Wie diese verl ief , möge das G ° -r ichtsprotokol l vom 26. 9. 1651 über die Huld igung an die G e b r ü d e r J o h a n n Bapt i s t u n d J o h a n n Heinrich von H o r n -stein besagen. „Actum Bmgen den 26. A'oris 1651 In P r e -sentia des Woigebohren Her rn , H e r r n Ber tolden, F r e i h e r r n von Stain, zum Kl ingenste in , H e r r n zu Walsberg, Hausen u n d S te t t en dem ka l t en M a r k t der P o m . Kayser i . May, Ra th und der löblichen Ri t te rschaf t im Allgäu di rektor , dann be i -den Oberkei ten , erstl ich wegen S igmar ingen H e r r Johann Fr ickh Undervogt und H. Georg Schneller protokoll is ten, dann wegen Horns te in J u n k h e r J o h a n n Bapt i s t u n d J u n k h e r J o h a n n Heinrich, beide Gebr i ede re r von u n d zu Horns te in u n d H e r r J o h a n n F r e y Obervogt ." In seiner Ansprache 'De-tonte de r V o r m u n d H e r r von Stein, daß n u n die JunKher von Horns te in m a n n b a r geworden seien u n d ihre Angelegen-hei ten selbst in die H a n d n e h m e n könn ten und es sei des-ha lb nötig, „daß die gemeinen U n t e r t h a n e n von Bingen ihnen wie in ren Vorvä te rn , a l t em H e r k o m m e n nach gelobt u n d ge-schworen sein müssen u n d ihnen, lenen von Hornste in , die E rbhu ld igung gieich Ih r Fl. G. (Fürst l iche Gnaden) zue Sig-mar ingen geschehen, p raes t i e r en werden , dabei aber w e r d e u n d begeh re m a n nichts Neues e inzut ie fen , u n d dieselbigen U n d e r t h a n e n bei ih ren Vert rag, Gebräuchen , Rechten u n d Gerecht igkei ten u n d a l t em H e r k o m m e n verble iben zu las-sen. Hierauf die U n d e r t h a n e n zu Bingen durch Anreas Reb -holzen Gema inen Ambtsschul tha i ssen vorb r ingen lassen, d ie-selbigen e r l r e u e n sich je tzt insgemain , daß Gott lob wieder J u n k h e r r von Horns te in vo rhanden , so zu der Regierung tauglich, und den U n d e r t h a n e n gar nit zu wider , auf ih ren der Gemaind t Ver t rägen , a l t em H e r k o m m e n , Gebräuchen , Recht und Gerecht igkei ten denen von Horns te in die E r b h u i -digung zu leisten, u n d sie f i e r e ine Mhobe r l it des " leckchen Bingen zu e rkennen . Hernach haben sämtl iche U n d e r t h a n e n die E rbhu ld igung u r d J u r a m e n t colpoiraliter p raes t i e r t (ge-m e i n s a m geschworen) u n d ein j e d e r in sunder t Vieden Gebr iede rn von Horns te in die H a n d t geben uind Glück ge-wenscht , u n d nach a l t em Gebrauch die von Horns te in j e -

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•Jchrganß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 2 1

dem Under thanen damahlen es 64 gewesen ein Maß Wein (etwa 1,5 Liter) und Brot ausfolgen lassen." F ü r w a h r ein schönes Bild al tväter l icher Si t te und guten Einvernehmens!

Zum Abschluß der kleinen- Arbei t über den 30jährigen Krieg mögen noch die in den Gemeinderechnungen und Ge-richtsprotokollen der Gemeinde Bingen und in den Kirchen-büchern der P fa r r e i (also auch Hitzkofen und Hornstein) umfassend) vorkommenden Geschlechtsnamen aus diesem Zei t raum angeführ t werden:

Amann, Arnold, Bayr, Baur, Beller, Buck (Bugg, Bukh) , Berner , Bögle, Binder, Bregenzer, Dreher , Drescher, Dan-nenberger , Danner , Engel (Engell), Frick, Frey, Fuxloch, Fischer, Fisch, Gunz, Geiger, Gerber , Glanz, Gasser, Graf (Graff) Geis, Gaiser, Guhl, Gul, Glaser, Guphar t , Henne, Hei-ding, Häberle, Henselmann, Harscher, Haberbosch, Herbst , Hürner , Hensler Haug, Hummel , Koch, Kiene (Kuene, Kiehne), Krezdorn, Kempf , Käppeler (Keppeler), Klenk, Klenck, Lacher, Lezauf, Miller, Mayer, (Mayr), Mauirer, Mesner, Mallenbrei, Mendler (Mindler), Mannhard t , Nolle (Nollin), Oßwald, P fe i f e r (Pfeiffer) , Rechberger, Rhein Ret-

tich, Rebholz, Rick, Resch, Reiser, Riedinger (Riedlinger), Rieber, Schneider, Schreck, Schröck, Scheffold, Schweik_ -dt, Selg, Seltenreic, Schneitenberger, Stephan, Steinwetzel , Sa t t -ler, Sauter , Specker, Späh, Speh, Traub, Uhl (Ul), Visch, Vischer, Villinger, Veyelmayr , Wirt , Werner , Wezel, Wächter, Zanger, Z immermann .

Da in der Gemeinde Bingen verschiedene Geschlechter schon seit J a h r h u n d e r t e n auf dem Boden der Ahnen sitzen und immer wieder Hunger und Not, Pest und Krieg übe r -s tanden haben, gelten auch f ü r sie die Worte Goethes aus H e r m a n n und Dorothea;

„Auch die t raur igen Bilder der Zeit, sie f ü h r ' ich vorüber ; aber es siege der Mut in dem gesunden Geschlechte!"

*

Quellen: 1. Kirchenbücher der P fa r r e i Bingen von 1625 an, 2. Rechnungen der Heil igenpflege Bingen von 1628 an, 3. Protokolle des Dorfgerichtes Bingen von 1621 an, 4. Gemeinderechnungen des Dorfes Bingen von 1621 an.

Hacho Erzählung aus der Zeit der Gründung Hechingens

von Maria E. F 1 a d Glühend schien die Sonne des achten J a h r h u n d e r t s übe r

eine Reihe von Bergen, die wie in einem Halbkreis ane inan-der hingen. Ihre S t rah len liefen h inweg über wel lenförmige Anhöhen und stachen in ein tiefes, brei tes Tal. Dort legten sie, nahe des Storzelflusses, ihr Gold auf ein reifes Aehrenfe ld .

Mehrere Gruppen von Menschen schwangen auf ihm ihre Sicheln, mit einem Ernst , als gälte es e twas Heiliges zu vollbringen. Vorsichtig faß ten sie die vollen Gers tenähren zu Büscheln, schnitten sie rasch durch und legten sie, eines neben das andere, zur heißen Erde nieder. Hacho, der Oberste und Aelteste der Sippe, schaute ihnen s innend zu. Keiner, ob Mann oder Weib, ge t rau te sich, in seiner Nähe über seine Arbei t h inweg zu schauen. Sein s t renger Blick, der stets wie ein ha r r ende r Feind auf seinem wet te rge-bräunten , vollen Gesicht stand, zwang sie zum Schaffen. — Hacho sprach wenig. Aber das Wenige genügte, daß sie ihm unter tänigs t gehorchten. Nie sahen sie aus seinem rötlichen, s t ruppigen B a r th aa r ein Lächeln kommen. Er w a r f ü r sie eine undurchdringliche Feste.

Stolz lenkte Hacho seinen Blick auf eine Gruppe gefange-ner Friesen. Aber je länger er in die schmalen, langen, von einer gewissen Schwermut umlager ten Gesichter sah, desto e rhabener dünk te er sich ihnen gegenüber. Sein un te rdrück-ter Haß gewann in seinen Adern neues Leben. Fast mit Wil lkür hielt e r seine grobknochige Hand an das Schwert , das leicht in seinem Gürtel hing. Er bezwang sich jedoch, da ihm gerade diese Menschen f ü r den Anbau seiner Ge-w ä n n e am ^ähesten und gründlichsten schienen. Seine Ge-danken verloren sich in eine f e rne Walstat t , aus der er vor wenigen Monden mit seiner Gefolgschaft zur neuen He im-stä t te siedelte.

Dort sah er Blut — das Biut seine beiden Brüder , die mit zerschlagenen Schädeln an der Erde lagen. Vor ihren Leichen s tand er mit Hildburg, seiner Mutter , e iner hohen Gestalt mit t ie fb lauen Augen

Sie s tand fest wie eine Säule, bis der Abend kam, d( r sein Licht gleich einer rötlich leuchtenden Fackel in "hre Haa-'e hielt, so daß diese noch einmal wie in Jugendfr ische ihr we l -kes Antlitz umsäumten . G r a u e n h a f t stach ihr Blick auf die beiden Leichen. Ihre ers ten Worte waren : „Hache! — Rache jedem Friesen!" Dann sank sie lautlos in die Knie. Hacho brachte sie in sein Lager. Und von der Zeit an t rug sie einen hilflosen Körper .

Eines Tages sagte sie zu inrem Sohne: „Hacho. g ründe dir eine Heimstät te . Nimm dir ein Weib! — Dann räche deine Brüder! Ich folge dir, wenn sich mein Schmerz ver r inger t !"

Täglich ha r r t e Hacho' seiner Mutter , Auch heute sah er das Tal entlang, bis hinauf an die wi ldbewaldeten Berge. Er füh l t e sich einsam. Ein Weib ha t t e er noch keines gefi iden. Unter den Freien seines Standes w a r keine, der er Minne zutr inken wollte.

Während er so dachtei, rol l te gemächlich ein kleiner , achsenloser Wagen an das Aehrenfe ld heran. Davor ging eir schwärzliches, kleines Rind. Und eine zarte, b lühende Maid geleitete den Wagen. Ih r H a a r f lu te te gleich einem Gold-strom vom Haup te und bedeckte fast ganz ihr schlichtes Ge-wand aus grobem, weißem Linnen, dessen Enden rote Strei-fen faßten .

Hachos Gesicht erhel l te sich bei ihrem Anblick, und er gab ihr f re ie Bahn. Aber gleich w a r es f ins te re r denn je zuvor.

Die Maid schritt schweigend und verschüchtert an ihm vorbei und brachte den Wagen ihren friesischen S tammesge-nossen nahe.

Alba, sann er, wä re sie eine Freie, er w ü r d e nicht zögern, sie als sein Weib he imzuführen . — Bis heute ließ er sichs nicht merken, daß er sie schon auf der Wals ta t t lieb ge-wann, als er sie zum ers ten Mal am Schluß der K ä m p f e r -reihen sah. Von da an s t r i t ten Schmerz und Haß und Minne in seiner Seele. — Der Schmerz durchrüt te l te den rauhen Krieger, w e n n er seiner toten Brüder gedachte. Und der Haß hak te in seine Seele ein, wenn er n u r einen sah aus fr iesischem Geblüt, ob Mann, ob Weib. Sie w a r e n die Mör-der seiner Brüder , — Minne aber str i t t in ihm, wenn er die Maid erblickte, schuldlos und rein und doch dem verhaß ten S t a m m zu eigen. Er n a h m sie mit den andern for t als Beute.

Sie folgte ihm will iger als ihre Stammesgenossen. Ahnte sie, was in ihm vorging? Sie schritt ihm, wenn sie konnte, wie ein verscheuchter Vogel aus dem Wege. — Heute muß te sie an ihm vorüber . Mit innerer F reude blickte er ihr nach, und er sah, wie sie leicht und oehend die an der Erde lie-genden Gers tenbündel auf den Wagen schichtete und den Wagen mit sicherem Griff zur U m k e h r wandte .

Langsam schritt Hachoi h in ter ihr hei seiner Hüt t e zu. Schon legte die Abendsonne ihr sanf tes Licht über die von Buchenstämmen rohgezimmerten Hüt t en der Hachinger, Und über die Hasels tauden floß er hin, die die einzelnen Hüt ten , sowie den ganzen Gau umzäunten . Es ließ die Umzäunung wie t i e fgrüne Kränze erscheinen.

Der kegelförmige Berg zunächst dem Gau, den Hacho Wo-aan weihte, schien wie der Gott s e l b e in leuchtender, l i la-farb iger Gewandung. Die Hachinger schauten ehrfürcht ig zu ihm auf und dankten f ü r den Erntesegen.

Hacho befah l seinen Leuten naen den Herden zu sehen. Und ehe die Nacnt heran kam, en tspann sich das letzte, l au te Leben des Tages.

Hacho legte sich mit seinen Mannen zum Spiele. E r wollte vergessen, was ihn den Tag über peinigte, und im Trunk woll te er seine heimliche Minne ersäufen.

„Hacho'" sprach Noitger und zwinker te listig mit seinen kleinen t ief l iegenden Augen: „Es w ä r e an der Zeit, daß du dir ein Weib erkürs t !" „Heil, Heil! Spielen wir um dein k ü n f -tiges Weib!" rief Wal raum begeistert aus und warf den Würfe l in die Mitte des Kreises, den die Mannen bildeten.

„Es wi rd euch k a u m gelingen, mir auf diese Weise ein Weib zu verschaffen", sprach Kacno ernst , und er dachte an Alba.

„Schneide kein Gesicht wie eine Bärentatze!" schalt ihn der l ebensf rohe Bardulf Und er schlug mit seiner brei ten, knöchernen Faus t so h a r t auf das weiche Bärenfel l , daß es stürmisch aufs täubte . Der stille, s an f t e Diethelm woll te ihn t rösten und sprach: „Trinke Met und s t ie le und du wirs t dein künf t iges Weib schon erkennen!" „Werde froh und tue wie ich!" sprach Meginwalt rasch. Und er leer te in e ; nem Zug einen großen bis zum Rande gefül l ten Becher Vlet. W ä h -rend die Mannen Hacho also bes türmten , s tand Alba äfn Storzelf iusse und sann in die Tiefe. Es litt sie nicht mehr bei ihren Stammesgenossinnen. Heimlich stahl sie sich hin-weg. — Eine Gestalt tauchte vor ihrem Ge;=te auf, so oft sie sie auch unterdrücken w o ' t e — ein Sehrt • ' tgespenst, das f ü r sie schlimmer schien, als selbst der H a k e n m a n n —

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2 2 H O H E N Z O L L E U T S C H E H E I M A T Jahrgang '352

Hacho. Warum gehörten ihre Gedanken gerade ihm, dem ärgsten Feind, den ihre Sippe je gekannt? Heute w a r er f reundl ich zu ihr . Was konnte das bedeuten? Die stechenden Blicke, die er sonst ihren Stammgenossen gab, bedeute ten nichts Gutes.

Plötzlich w a r d sie von einer wahnvol len Angst er faßt , die den zar ten Körpe r erbeben ließ. Sie reckte ihre schlanken A r m e gegen den f a rben f rohen Himmel und rief, fas t ohne daß sie es wollte: „Freia, holde Fraue, schütze deine Maid vor dem Verderben!" Darnach w a r d sie ruhiger , und sie ließ sich in dem hohen G r ü n des Ufers n ieder und e rwar te te die Nacht.

Diese k a m wie eine gütige F rau im S te rnenmante l und drückte ihr die müden Augen zu.

Ueber die Berge schien das Morgenrot , als Hundegekläff erscholl, das Alba aus t iefem, t raumlosem Schlummer riß. Als sie sich erhob, hör te sie h in te r sich, dem Fluß entlang, schwere gleichmäßige Tr i t t e kommen. Sie sah sich u m — Hacho! Und sie fühl te , wie sie erbleichte.

K a u m aber konnte sie ihre Gedanken fassen, sprangen die Hunde an ihr hoch und bekunde ten laut ihre Freude.

Hacho stand mit ein paa r Schri t ten vor ihr, mit Bogen, Pfei l und Spieß.

Alba senkte ihren Blick zur Erde, und Glutröte überzog ihre bleichen Wangen.

Ueber sein Gesicht ging ein sel tener S t rah l von Wärme. Sie aber glaubte, es ruhen n u r G r i m m auf ihr und stechende Augen.

„Alba, fü rch te dich nicht! Schenke mir deinen Blick!" Die sonst so r auhe S t imme ha t t e einen milden Klang.

Sie hob rasch ihr blondes Haup t zur Höhe und sprach leise: „Was befiehl t mein Her r?"

Und er e rwider te im selben milden Tone: „Geleite mich zur Jagd!" Darauf folgte sie ihm schweigend und unter tänigs t gleich seinen Hunden . Vom Storzeltal aber bis hinauf an den Fuß des Wodanberges f iel zwischen den beiden kein Wort.

In seiner Seele s t r i t ten Minne und Schmerz. Ob sie es ahnte, die seine Worte überdachte und zerlegte,

als wären sie ein Zauberspruch, der noch Geheimes barg? Am Fuße des Berges machte er Hal t und zeigte auf eine

alte, e insame Buche mit wei tverzweigten Aesten. Ein k a u m vernehmbares Flüs tern ging von ihr aus. Ih re

Blä t te r bewegten sich, als hä t t en sie jedem, der da in ihre Nähe kam, e twas Besonderes zu künden .

„Alba, sieh die Seelen meiner Brüder! Hören wir, was sie uns künden!" Aioa zuckte zusammen. Sie gedachte der Schuld, die schwer auf ihr und ihren Stammesgenossen lag. Und sie sah ängstlich in sein Antlitz. Eine drohende Wolke des Hasses und der Rache ver f ins te r te es. Plötzlich r ichtete er einen dämonischen Blick auf sie: „Ihr seid die Schuldigen an ihrem Tod, Ich sage dir, in wenigen Monden sind m e i n t Brüde r gerächt!" E r zog zur Bekrä f t igung seiner Worte das Schwert aus seinem Gür te l und stieß es gewal tsam neben sich in die Erde.

Alba zi t ter te am ganzen Körper . Sie vermochte nichts zu erwidern . „Rache rufen die Seelen, Rache! Hörst du sie nicht?" Er f aß te mit seine- knorpel igen Fäus ten die Maid und drückte sie gegen den Baums tamm. „Der Mut te r will ich n o c i war ten! Sie wird mit mir zum Racheopfer schreiten!" Die letzten Worte rief er tonlos m die l ispelnden Blä t te r Dann stieg er durch das Dickicht den Berg hinan.

Alba folgte ihm schweigend Oben legte er zum ers ten Male den Bogen a r , als ein

leichtfüßiges Reh seinen Weg kreuzte . Als guter Schütze traf e r es beim ersten Schuß ins Herz. Seine Hunde t r ieben ihm noch m e h r der Beulte zu. Jedoch f ü r heute ha t te er g e n u / an dem einen Beutestück. Er legte es Alba auf die weichen Schultern und stieg mit ihr zu Tal.

Wie er sie so behend dahingehen sah, gefiel sie ihm mehr und mehr . In seiner Seele aber s t r i t ten Minne, Haß und Schmerz. Minne gewann den Sieg. Sie und keine andere muß te sein Weib werden. Wohl w a r sie die Unf re ie aus dem verach tetsten und feindlichst der S tämme. Konnte er sie nicht f re i m a c h e n ' War s 'e ihm nicht gut genug zur Ver -mehrung seines Stammes? An ihrer Seite wollte er sein Glück genießen. Sollten aber seine Mannen sie nicht als sein Weib anerkennen, so mögen sie rings die Berge und Täle ~ als die Ihrige au fnehmen . Und von jenem Tage an, da sie ; , im ve rbunden ist, sollen sie ihren Namen träger und ihn fo r t -pf lanzen durch J a h r h u n d e r t e hm. Ueber den- letzten S t a m m -genossen stehe er als Schild der Treue. Und er f l a m m e zurück auf den ers ten der Ahnen — Hachio>! — M't diesen Gedanken ' ' a m ei zu Tal. E r merk te nicht, daß ihn Alba leise verließ und sich unter ihre Sippe mengte.

Die Nacht w a r angebrochen. Der Mond s tand wie ein leuch-tender runde r Mühlstein üoer dem Gau. F^in Silberlicht f lu te te über ihn hinweg auf einen einspmen Saumpfad , der vom oberen Storzeltal in den Gau der Kachinger einlief. Auf

ihm ging eine Gruppe Menschen, die einen, von einer Blähe überspann ten Kar r en mit e inem mageren Roß geleiteten. Fast alle zehn Schrit te machte er Halt , da seine achsenlosen Räder auf dem felsigen Gestein nicht mehr mi t tun wollten.

Hi ldburg w ä r e ihm längst entsprungen, wenn ihre Füße sie zu längerem Gehen getragen hät ten . Sie lag auf einem weichen Schaffell . Ein zweites lag übe r ih rem Schoß, das sie aber ungeduldig von sich stieß. „Sind wir immer noch nicht im Gau meines Sohnes angekommen" f rag te sie die Dienerin rauh, die eben die Blähe lüf te te , u m nach ihrer Herr in zu sehen.

„Nur noch wenige Gewanne t r ennen uns von seinem Bau!" sprach die Dienerin unter tänigs t und legte sorgsam das ver -schmähte Fell übe r die Füße der Herr in .

Hildburg, von der Reise e rmüdet , schlief ein, und der K a r -ren torkel te übe r Steine und Ges t rüpp Hachos Hüt t e zu.

Hachö lag in t ie fem Schlaf. Er hör te nicht, als der in grel-len Fa rben bemal te Türverschlag hin und her gerüt tel t wurde . Erst durch das Gebell seiner Hunde wurde er wach. Er sprang auf , gür te te sein Schwert u m und n a h m Bogen und Pfei l zur Hand, in der Erwar tung , einen Feind zu emp-fangen. Das Holz, das die Türe vor innen zuhielt, schob er zur Seite und öffnete . Und er s tand ers taunt vor Hildburg, seiner Mut ter .

„Hacho, bist du allein? Verl iere keine Worte! Ich habe dir Wichtiges zu künden!" Sie sprach es ernst .

Ihm k a m sie vor, als s tünde sie s ta r r und groß, wie ehe-dem, vor den Leichen ihrer Söhne. „Trit t ein!" sprach Hacho erwar tungsvol l . E r schob ihr rasch das Beste seiner Felle vor die Füße.

Hi ldburg sah sich um, ob sie allein seien — aber sie sah n u r die Hau t eines Wisent an einem Pfos ten hängen und neben ihr das Geweih eines Hirsches. Unte r dem Geweih s tand der Herd mit der darauf g l immenden Glut. Rings um sie s tanden einige Schüsseln und Krüge aus Ton. Als er be-merkte , daß sie sich mit Mißt rauen umsah, sagte er zu ihr : „Dieses Gelaß be t ra t ich bis heute allein. Du kanns t be-ruhigt reden." Nun begann Hi ldburg fas t wie zu sich selber zu sprechen: „Meine Söhne sind tot und keine Macht, selbst nicht die der Götter, f ü h r t sie in meine Arme. N u r m e h r ihren Seelen k a n n ich lauschen". Ih re Sprache ist ernst . Sie kenn t n u r die einen Worte: „Rache — Rache den Friesen! Da gaben mir die Götter ein Gesicht, das mich fas t ä rger m a r -ter te denn meiner Söhne Tod. Neben dir, Hacho, sah ich ein Gespenst, das wuchs vor meinen Augen zu einem Drachen heran und überwäl t ig te den ganzen Stamm." Sie sah bei diesen Worten in die Glut, die das Gelaß in dämmeriges Licht hüllte. Hät te sie in diesem Augenblick Hachoi ange-sehen, w ä r e sie vor ihm erschrocken.

E r schaute reglos und f ins ter b rü tend vor sich nieder. Der Ausdruck seiner Augen war ein von t iefem Leid erfül l ter .

„Hacho, w e r ist dein Weib?" f rag te sie ihn unvermit te l t . Und er erschrak und sprach: „Ich habe keines!" „Hegst du Minne in deinem Herzen?" f r u g sie we i te r n™

schaute ihm scharf und d u r c h d r i n g e n in die unruhig f l ak -kernden Augen Verlegen strich er seinen s t ruppigen Bar t und be jahte die Frage.

„Wer ist die Maid?" f r u g sie eindringlich. Di kennst sie, Mutter! Es ist Alba!"

Hi ldburg sprang auf, als wäre sie noch jung und behend und nicht dem Greis innenal ter nahe und gebrechlich. „Alba, Alba!" rief sie aus. Dieses "/ort schoß mit ve r jüng te r K r a f t durch ihre sonst so schwerfäl l igen Glieder. „Mein Sobr las Gespenst! Es wi rd zur Wahrhe i t ! Den ganzen S t a m m wird es erfül len. Um dessentwil len mußte ich zu dir kommen, bevor meine Glieder ganz gesundeten. Iioeh ist es Zeit, die schwere Schmach zu verhüten. Noch ist der Verspruch nicht getan. Hacno, re t te de ine- "itamm und gib ihn nicht in die Hände Jeiner Feinde!" Mit leidenschaft l icher Gebärde sprach sie es. Und während sie gleich e iner wa rnenden Göttin vor ihm stand, ve rwi r r t e sie1" ihr volles Haar . Eine bren.->en'>e Röte k a m über ihre vergilbten Wangen, als sie rief: „Vertilge die feindliche Sippe und ziehe mit ihr zum Wodansberge, um sie dem Höchsten als Todesopfer darzubringen!"

„Doch Alba soll leben.!" wand te er fes t und sicher ein. „Alba soll s terben!" warf sie zornig hin: „Erst dann sind

deine Brüde r gerächt!" „Wenn Alba s terben soll, bleibe ich unbeweibt!" e rwider te

er trotzig, schritt zum Herd und rü t te l te an der Glut, diQ zu verg l immen drohte. Seine Mut te r folgti ihm und faß ' : ihn leicht an der Schulter. Sie ha t t e einen Gedanken gefaßt, der f ü r den Sohn ihr einziges Hoffen war . Sie f r u g ihn sanf t : . Kennst du Waldt rau t , des edlen Marbots Tochter im nahen Weiler?"

Er an twor te te ihr w a r m : „Woh1 kenn ich sie. in ers ter Minne w a r mein Herz zu ihr en t f l ammt . Da hörte ich von dem Verspruch an den kriegerischen Wolf.

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J a h r g a n g 1952 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T 23

„Aber noch w a r sie nicht sein Weib. Wolf f iel im Kampf — W a l d t r a u t ist f re i !" rief sie begeis ter t aus. „Hacho, bleibe de iner e r s ten Minne t reu! N i m m sie zum Weib!"

Im Augenbl ick k o n n t e e r die Wor te nicht fassen . E r w u ß t e nicht, sollte e r sich übe r diese K u n d e f r e u e n oder sollte er sich gleichgültig verha l ten . E r s t aun te wor t los seine M u t -t e r an.

H i ldburg abe r k a n n t e ih ren Sohn. Sie wußte , daß e r je tz t al lein sein woll te. Und sie ver l ieß ihn, hof fend , daß e r eines Tages mi t W a l d t r a u t ihre H ü t t e aufsuchte .

Hacho schlief n u r wenig in der Nacht. Gleich e inem a n -h a l t e n d e n s an f t en Winde säusel ten ihm die be iden N a m e n W a l d t r a u t und Alba durch den Kopf. Ers t als der Morgen k a m , w u r d e ihm klar , was er t u n woll te . Alba soll nicht s te rben . Sie soll seines kün f t i ge s Weibes Diener in werden . I h r e Sippe aber soll geopfer t werden , noch ehe Wodans wi ldes Hee r durch die L ü f t e f äh r t .

Dieses über leg te er, als er d e m n a h e n Wei ler zuschrit t . Vor der H ü t t e Marbots machte er Hal t . Ob sie i hm noch gut sein konnte , f r u g e r sich, ehe er e in t ra t .

A b e r k a u m k a m ihm der Gedanke , s t and auch schon M a r -bots Tochter vor ihm u n d bot i hm lachend ih ren Gruß . Sie f ü h r t e ihn zum Vater , de r mi t seinen M a n n e n f r ü h be im Spiele lag.

Freundl ich lud e r ihn zu Gaste.

U n d Hacho t r a n k mit i h n e n Minne bis zum Abend und w a r mi t W a l d t r a u t glücklicher denn je. Als e r von Marbo t u n d se iner Tochter schied, sagte e r ihnen, daß er, w e n n er w iede r komme, den Versprach hole. E r wußte , daß er nach ih r em Sinne sprach. U n d e r schri t t f r o h b e w e g t nach se inem G au zurück. Auf d e m Wege dah in traf er Alba. Freundl ich k a m er ih r entgegen.

Sie a b e r woll te i hm entweichen. E r hiel t sie zurück u n d sah s t auend in ih r Antl i tz . E r las

in ihm nicht m e h r das schüchterne Kind, sondern das h a ß -er fü l l t e , r e i fe Weib. Sie w u ß t e von seiner Minne zu W a l d -t r au t . Sie t a t ihr wehe. Sie w u ß t e nicht w a r u m . Auch von dem g r a u e n h a f t e n Opfer , das ih re r Sippe war te t e , h a t t e sie e r f a h r e n .

Hacho wol l te sie f röhl ich s t immen. E r versprach ih r alles Gute, w a s n u r eine Unf re i e e r langen konnte .

A b e r sie ha t t e f ü r alle seine Wor te n u r e inen du rchdr in -genden, h a ß e r f ü l l t e n Blick.

Als er sah, daß es nutzlos schien, mi t ihr zu reden, ließ er von ihr.

Sie abe r eilte wie ein verscheuchtes Reh in den A b e n d und in die Nacht. Ke iner im Gau w u ß t e m e h r von ihr. Sie bl ieb f ü r i m m e r verschollen. Hacho abe r wol l te sie nicht v e r -gessen. Er n a n n t e die Berge, die seinen G au e inf ingen — Alb.

Was alte Grabsteine erzählen von Kar l K ö n i g , Weildorf

Wenn ich als k le ines Büble in meinen achtz ig jähr igen G r o ß v a t e r bei seinen tägl ichen Ausgängen begle i ten du r f t e , w a r das f ü r mich eine ganz besondere F reude .

Meist ging e r durch die Fe lde r oder in den n a h e n Wald, u n d i m m e r w u ß t e e r e twas zu e rzählen aus se inem langen Leben.

E ine r se iner l iebsten Gänge w a r der Besuch des a l ten Fr iedhofs , und ge rade dor th in ging ich a m l iebsten mit, denn dort e rzähl te er i m m e r von diesem und j e n e m aus dem Dorf , die er in se iner Jugendzei t gekann t ha t te .

Einmal , an e inem schönen Sommer tag , saßen wi r auf de r F r i e d h o f m a u e r im Schat ten der großen Linde, die dor t a m Eingang des n e u e n Fr iedhof s teht , be im G r a b e m e i n e r Großmut t e r .

Da begann er zu e rzäh len : „Heute sind es gerade zwanzig J a h r e her , seit deine „Ahne" ges torben ist. F r ü h a m Mor -gen ist sie gesund und m u n t e r a u f g e s t a n d e n und h a t die Arbe i t en im Hause verr ichtet . r>ann ist sie ns „Wn^ch-häus le" gegangen und ist im „Wegle" bei s' Wangers H au s umgesunken u n d tot gewesen. E m Herzscnlag ha t sie ge-t ro f fen ." — —

Nach einei P a u s e snkte er me inen Blick auf e inen in der Nähe s t enenden Grabs te in , welcher wegen se iner m e r k w ü r -digen F o r m von a l len a n a e r n abwich, u n d auf e inen zwei-ten Stein, der nicht wei t von diesem e n t f e r n t s tand.

„In d ieser Gräbe rn" , so t'uhi mein G r o ß v a t e r for t , „liegen zwei Jugendgespie l inn^n, die alle beide jungve rhe i r a t e t ge-s to rben s ina. Sechzig J a h r e sind es her , als diese zwei j ungen Mädchen im selben Tahr ih re • [ochzeit f e ie r t en und al le zwei w a r e n aus Gruol . Tch wai beiden bei der Hochzeit und w a r bei a l len beiden „Ehren tänzer" . Aber n u r wenige Mo-na t e vergingen, und ich + rug mit meinen K a m e r a d e n dieses j u n g e Weib auf den Fr iedhof , u n d wi r h a b e n sie dort in das Grab gesenkt .

K a u m drei J a h r e später s t a rb auch ihre Gespielin, und wiede r h a b e n w i r sie zu G r a b e get ragen, sie liegt dort u n t e r de r Säule. Agnes ha t sie geheißen. I h r e Gespiel in dort w a r die Anas tas ia" .

Ein ander Mal, als wi r durch das a l te Gi t t e r to r gingen, das sich in seinen ver ros te ten Angeln k n a r r e n d drehte , bl ieb er vor e inem Grab s tehen und begann zu erzählen:

„Es sine' e inmal in Bi t t e ib ronn ind in Weildorf ^vei Leu te zu gleicher Zeit ges torben. Weil n u n ¿Ter Fr iedhof zur H ä l f t e nach Bi t t e lb ronn gehörte, zur a n d e r n H ä l f t e nach Weildorf , und weii zu damal iger Zeit der P f a r r h e r r aus Weildorf zugleich auch F i l i a l p f a r r e r in Bi t t e lb ronn war , h a t t e dieser die be iden Beerd igungen auch zur gleichen Zeit bestel l t . De1" Leichenzug aus Bi t t e lb ronn sei d a n n e twas vor diesem aus Weildorf be im Friedhof angekommen . Es h a b e dann zwischen den be iden "otengräbern rast Hände l u n d Stre i t gegeben. Der To tengräbe r aus Bi t t e lb ronn h a b e e r -k lä r t , „seine Leiche" w e r d e zuerst begraben , denn sie sei zuerst dagewesen u n d es sei noch i m m e r so gewesen, daß : „Wer zuers t k o m m t " usw, Der Weildorf er To tengräbe r

abe r s te l l te sich auf den S t andpunk t , daß „seine Leich" zuers t beg raben werde , wei l doch bei ih r der P f a r r e r sei, denn in Bi t t e lb ronn habe m a n ja nicht e inmal e inen eigenen P f a r r e r . Dabei sei es auch geblieben, der P f a r r h e r r h a b e entschieden, daß diese Leich, bei de r e r sei, na tür l ich auch zuers t b e g r a b e n werde . Die zwei To teng räbe r abe r h a t t e n sich Zeit ihres Lebens nie m e h r recht le iden können ." —

Wenn ich in spä te ren J a h r e n oft und gern den a l ten Fr iedhof besuchte und Umschau hiel t u n t e r den a l ten G r a b -s te inen u n d Gräbe rn , die uns K u n d e geben von unse ren Vor fah ren , die vor m e h r als h u n d e r t J a h r e n gelebt haben , so sah ich j ene Gesta l ten , die de r G r o ß v a t e r m i r schilderte, vor meinen Augen lebendig werden , sah sie, wie sie d r a u ß e n auf den F e l d e r n r ings u m den Friedhof a rbe i t e t en und schaf f ten , wie sie h in t e r d e m P f lug durch die Furchen schri t ten, wie sie sä ten u n d e rn te ten . Fr iedl ich l iegen sie h ie r be ie inander , der B a u e r n e b e n dem Taglöhner , die Bäur in neben de r Magd. Uebe r ih ren G r ä b e r n wächst längst üppiges Gras, und u m die schlichten, schief s t ehenden Ste ine wucher t das Moos.

Wi ldwachsendes S t r auchwerk bescha t te t die k a u m noch e r k e n n b a r e n G r ä b e r und gibt d e m Friedhof ein r o m a n -i s c h e s Aussehen. Manche Inschr i f t en und Sprüche auf den Grabs t e inen geben uns K u n d e von k u r z e m Glück u n d bi t -t e r e m Leid, von Liebe und Tod, vom Denken und F ü h l e n der Menschen, die vor uns lebten .

I m m e r abe r h a b e n j ene zwei a l ten Steine, un t e r denen zwei junge b l ü h e n d e Menschenk inde r ruhen , me ine be -sondere A u f m e r k s a m k e i t behal ten , u n d ich habe ihnen im L a u f e der Zeit manches abgelauscht . Hören wir , was sie uns sagen: * M a n schrieb den 11. F e b r u a r des J a h r e s 1840. Ein k la re r ,

mi lde r Win te r t ag ging zur Neige. Die scheidende Sonne sand te ihre le tz ten S t r ah l en h e r ü b e r ü b e r den Waid, i m m e r t i e fe r ve r s ank sie h i n t e r den Wipfe ln der Tannen , ein letztes F l i m m e r n u n d Zi t t e rn noch, u n d sie ve r schwand im u n e n d -lichen Raum —

Auf den S t r a ß e n und Wegen, die von Weildorf nach den uml iegenden Ortschaften f ü h r t e n , sah m a n noch zahlreiche Fußgänger , alle im Fes t t agsgewand gekleidet , und arr Rock w a r ein buntes S t r äuß le in angehef te t . Heu te w a r die Hoch-zeit des Boni fa t ius K i rn u n d de r J u n g f r a u Agnes Siedler aus Gruol .

Auf dem Weg, de r von Weildorf nach d e m benachba r t en Gruol f ü h r t e , schr i t ten l angsam 7,viei 'Mädchen, in dessen Begle i tung sich ein j u n g e r Mann be fand .

Groß und s t a rk ging dieser an der Seite des Größeren der Beiden, dieses zärtl ich an der H a n d f ü n r e n d , denn dieses s tat t l iche Mädchen w a r seine Brau t ! Stolz und glücklich ließ e r seine Augen i m m e r und i m m e r wiede r über ihr dunkles H a a r gleiten, das in zwei mächt igen Zöpfen übe r ihre Schul te rn hing, sah in ihre k la ren , nach tdunk len Augen, die voll seliger Liebe zu i hm aufschau ten und in denen ein feuch te : Sch immer lag. H e u t e w a r sie i h r e r bes ten F r e u n -din u n d Jugendgespie l in bei de ren Hochzeit, u n d heu t e w a r

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24 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

sie z u m e r s t en Mal in d e m E l t e r n h a u s ihres Bräu t igams , das in wen igen Mona ten auch das ih re sein wi rd , denn auch sie w i r d ba ld in Weildorf i h re Hochzeit fe ie rn .

Als sie an d e r Stel le a n g e k o m m e n w a r e n , w o d e r Weg h e u t e nach Haiger loch f ü h r t , mach ten die be iden Mädchen Hal t , u n d sie b a t e n ih ren Beglei ter , je tz t n u r w i e d e r u m z u -kehren , sie w ü r d e n schon al lein den Weg vol lends zu rück -legen, es sei ja noch nicht so d u n k e l u n d f ü r c h t e n t u n sie sich auch nicht . E r a b e r b e s t a n d d a r a u f , noch wen igs tens bis zur Höhe h inauf mi t i hnen zu gehen u n d me in t e dabei , daß ihnen d e r „ S a u e r b r u n n e n G e i s t " , d e r j a ge-r a d e zu d ieser Zeit dor t u n t e n im H o h l w e g sein U n w e s e n t re ibe, nichts a n h a b e n könne . Lachend w a r e n die be iden Mädchen d a m i t e i nve r s t anden .

Auf de r H ö h e bei den zwei Kreuzen n a h m e n die L i e b e n -den Abschied vone inander , w ä h r e n d das zwei te Mädchen l a n g s a m wei te rg ing . E r ergr i f f seine H ä n d e u n d schaute tief in seine Augen. „Gute Nacht , Stasi!" — „Gute Nacht, Ludwig , schlaf wohl !" U n d das Mädchen ging eilig de r vo rausgegangenen Gespiel in nach. Diese e r w a r t e t e es in e iniger E n t f e r n u n g . „Hast du gewein t , S t a s i ? " f r a g t e e r -s t aun t das Mädchen . „Ja , Aga the , ich m u ß t e weinen , es w u r d e m i r auf e i n m a l so b a n g u n d t r a u r i g u m s Herz, als ich eben die Abendglocke hör te , da k a m m i r de r Gedanke , d a ß sie mich ba ld r u f e n w i r d zum T r a u a l t a r , a b e r daß sie auch e inmal me ine Sterbeglocke sein wi rd . " —

„Aber Stasi , w e r wol l te denn auch ans S t e r b e n denken , du bist j a so glücklich. Ba ld w i r s t du noch als j unges Weib e inem M a n n angehören , de r dich ü b e r al les lieb hat . E r w i r d di r ein schönes, t r a u t e s H e i m bere i ten , in we lchem du glück-lich u n d zu f r i eden leben wirs t . W e r d e ich auch e inmal ein solch großes Glück f inden , S tas i?"

„Gewiß, Aga the , auch zu d i r w i r d das große Glück den Weg f inden , vielleicht recht ba ld u n d so u n v e r h o f f t , wie es zu m i r k a m . — Das wünsche u n d gönne ich di r von H e r -zen. H e u t e h a b e n wir ," f u h r Stas i for t , „unse re Hochzeit fes tgesetz t , Aga the" . „Was du nicht sagst, du wil ls t auch schon so b a l d he i ra ten" , s t a u n t e das Mädchen, „und darf m a n wissen, welches dein Hochzei ts tag sein w i r d ? " „Den T a g selbst we iß ich noch nicht, a b e r im Jul i , noch vor der E r n t e w i r d u n s e r e Hochzeit sein," sag te Stas i glücklich. „Manchmal w a r es mi r e t w a s b a n g zu Mute , w e n n ich d a r a n dachte, daß ich in e inen „ f r e m d e n F l e c k e n " he i r a t en soll, a b e r je tz t ist j a Agnes auch d rüben , dann k ö n n e n w i r u n s ja besuchen, w e n n w i r ma l „ J o h m e r " kr iegen ." •—

Da t auch ten schon die e r s ten H ä u s e r von Gruo l auf , u n d die be iden Mädchen w a r e n ba ld zu H a u s e ange lang t , w ä h -r end i h r Begle i te r f röh l ich u n d g u t e r Dinge, ein Liedlein s ingend, Weildorf zuimarschierte. I m m e r noch w a r e n seine G e d a n k e n bei se iner B r a u t . Wie ha t es ihn in se inem I n -n e r s t e n a u f g e r ü t t e l t seit j e n e m Tag, als i hm Stas i das e r s te Mal begegnete . (For t se tzung folgt .)

IL Teil Die Kunstdenkmäler der Stadt Haigerloch von M. G u i d e , S t a d t p f a r r e r

Haigerloch\ Schloßkirche, Hochaltar

Auf T a f e l b i l d e r n schwäbischer M a -ler ö f f n e t sich of t ein Ausblick auf B u r g e n u n d Städte , die v e r w e g e n auf phan tas t i sch stei len Fe lsen ho r -sten, so ve rwegen , daß der Beschauer an de r Möglichkeit solcher L a n d -schaf ten zweifel t . A b e r es gibt in der Ta t solche landschaf t l i che Schönhei -ten, w i e e t w a die B u r g e n im obe ren Donauta l , u n d d a n n als besonde r s e indrucksvol les Beispiel das h o h e n -zollerische S täd tchen H a i g e r l o c h , die P e r l e des Eyachta les .

In e iner zwei fachen Schleife zwängt sich die n o r d w ä r t s d e m Neckar zu -s t r ö m e n d e Eyach durch die K a l k -fe lsen. N u r f ü r F l u ß u n d S t raße , u n d wo sich die K l u f t ein wen ig wei te t , f ü r zwei Häuserze i l en ist Raum. Hie r in de r schat t igen T ie fe l iegen die Vors t ad t u n d die U n t e r s t a d t ; h ie r ist das G e w e r b e ansäßig , das der W a s -s e r k r a f t b e d a r f ; zwei Fe ls r ippen , s ichel förmig g e k r ü m m t , g re i fen von rechts u n d l inks in die W i n d u n g e n des F lusses ein. Da h inauf , de r Sonne entgegen, zieht sich die Siedlung. Gegen Norden das Ka th . P f a r r h a u s , die Schloßkirche, das Schloß in e ine r F lucht wuncierschön abges tu f t . A r f de r scha r fen südl ichen Felsschneide aber l iegt die Obers tad t , ü b e r r a g t vom a l ten R ö m e r t u r m Mar me in t bei d iesem her r l i chen Anblick: ein S t u r m w i n d aus a l len v ie r Hirt iels-r i ch tungen h a b e T ü r m e und H ä u s e r d a n e r g e t r a g e n u n d sie im Wirbe l auf den Hüge ln u n d in de r r i e f e zer -s t reu t , u m Haiger loch zu bi lden. Was ist das doch f ü r e ine Fü l l e von A n -blicken, Ausbl icken u n d Einbl icken. Al le p a a r Schr i t t e ein ande re s Bild, ob m a n n u n v o m T a l e aus nach den hochgelegenen S tad t t e i l en e m p o r -blickt oder vom Schloß oder von der Ober s t ad t ü b e r die F e l s w ä n d e h i n u n -t e r schau t ; in der T a t : es ist w i e e ine romant i sche Phan tas i e s i dt auf e iner Weihnach t skr ippe , wie He in r . H a n s -jakob vor ba ld 50 J a h r e n se inen Eindruck von Haiger loch z u s a m m e n -f aß t e . W a s W u n d e r , d a ß Herzog E u -gen V .Wür t t embe rg bei e inem Besuch

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J a h r s a n a 1952 H O H E N Z O L L E R t S C H E H E I M A T 25

mit ih ren W e h r t ü r m e n u n d i h r e r Umwal lung , ih ren G r ä -b e n u n d winke l igen Gelassen f a n d dieser Graf se iner nicht m e h r würd ig . D a r u m w i r d der ganze Schloßfelsen neu ü b e r b a u t ; zuers t e r s t eh t der Wohnbau ; dann die verschie-denen Nebengebäude , die den we i t r äumigen Schloßhof u m -grenzen. Der W o h n b a u selbst ist von g röß te r Einfachhei t . Die h e r b e Schönhei t w i r d geste iger t durch die w e i ß - und ro t f a rb igen S te in fas sungen de r L ich tö f fnungen u n d die w e t -t e r f e s t en Fens te rk reuze . Mit wenigen St r ichen in F o r m von Ste inmetzzeichen ha t er seinen N a m e n verewigt . 1662 w i r d dem Schlosse ein d r i t t e r Stock aufgese tz t ; Wa lmdäche r und E r k e r ve rschwinden u n d machen P la tz f ü r prosaische Giebel ; übe r dem mi t t l e ren T o r e rs teh t 30 J a h r e spä t e r ein v i e r k a n -t iger T u r m mit p y r a m i d a l e m Hut .

Noch ist der Schloßbau nicht vol lendet , da w e r d e n schon die Arbe i t en f ü r

d i e n e u e S c h l o ß k i r c h e u n t e r h a l b des Schlosses in Anglriff genommen. Wer das Ge -l ände be t rachte t , de r k a n n vers tehen , daß die F u n d a m e n -t i e m n g s a r b e i t e n an d e m schrägen Fe lsen viele J a h r e in A n -spruch n a h m e n , der k a n n vers tehen , daß ers t 1591 der e igent -liche Ki rchenbau begann , der sich hinzog bis 1607. Es wi rd nach den a l ten gotischen Trad i t ionen gearbei te t , obwohl die

Haigerloch, Schloßkirche, Hochaltar

auf d e m Haiger locher Schloß entzückt von diesem herr l ichen Landschaf t sb i ld ausr ief : „Hier in Haigerloch w ü r d e ich mich a r m bauen ." Nun ha t tatsächlich die verschwender i sche P r a c h t e n t f a l t u n g der N a t u r auch die Menschen al ler J a h r -h u n d e r t e in ih ren B a n n gezogen u n d ihnen F r e u d e u n d Liebe zu r Kuns t schöpfung in die Wiege gelegt, sodaß Haigerloch bis zur S t u n d e wie k a u m eine a n d e r e S tad t übe r e inen e in-zigart igen Reichtum an w u n d e r b a r e n K u n s t d e n k m ä l e r n ve r -füg t .

I. Wie ein H ü n e aus der Urwe l t reckt de r

R ö m e r t u r m sein w e t t e r h a r t e s H a u p t empor ; die riesigen Quade r sind zwar nicht von den Römern aufgeschichtet , w i r h a b e n hier v i e lmehr e inen eh rwürd igen Rest der a l ten Burg auf de r Obers tad t , welche sich die a l ten G r a f e n von Z o l l e m - H a i g e r -loch u m 1050 oder noch f r ü h e r ers te l l ten . — Die mete rd icken Mauern , durchbrochen vom rundbogigen Eingang, die a l ten R u n e n - und Steinmetzzeichen, e ine bescheidene U r k u n d e aus den Bauzei ten des Römer tu rmes , weisen uns zurück in die Per iode der sogenannten romanischen Bauübe r l i e f e rungen u n d e r innern uns an die Zeiten, da die großen Dome von Speyer , Mainz u n d Worms e r s tanden . Mit Recht ist bis zur S t u n d e der R ö m e r t u r m das Wahrze ichen de r S tad t Haigerloch geblieben.

E twa hunde r t J a h r e spä t e r w i r d zwischen beiden Berghügeln in der t i e fen Mulde, die von der Eyach durchf lössen wird , die

S t . N i k o i l a u s k i r c h e err ichtet . Die a u f f a l l e n d s t a rken L a n g h a u s -m a u e r n sind noch vo rhanden , w ä h r e n d die übr igen Teile einer spä t e ren Zeit angehören . Noch läßt sich die f lache Neigung des e h e m a -ligen Daches fests te l len. Noch heu t e ist e ine rundbogige O e f f n u n g an der Nordse i te des Chores zu sehen, wo einst ein mächt iger ro-manischer T u r m seinen P la tz ha t te . Damals w a r die Zeit f r eud igen Bauens in der ganzen U m g e b u n g ; so e r s t and die Wei lerki rche in Owingen mit ih ren zierlichen F e n s t e r n u n d ih r em fe inen S t immungsgeha l t ; die Kirche in B ie t enhausen mit i h r em schmucken Por ta le , die Kirche in E m p f i n g e n mit i h r em imposan-ten T u r m u n d die Kirche in Weildorf mit i h r em gradl in igen Chorabschluß. Damals e n t -s t anden zu gleicher Zeit zahlreiche Burgen u n d Edelsi tze auf abschüssigen Felsen und hohen Bergrücken.

II. Inzwischen zieht die G o t i k ein in deu t -

sches Land und ver le ih t mi t Spitzbogen dem neuen hochs t rebenden Denken u n d Trach ten des Menschengeistes s ichtbaren Ausdruck. F r ü h u n d rasch b ü r g e r t e sich die neue go-tische Bauweise in Haigerloch ein u n d weist in den ä l tes ten Tei len des Schlosses ih re e r -s ten Einf lüsse auf . Alber t II. von Hohenbe rg (1253—1298) w a r in se inem e igens ten In te resse besorg t u m den w e h r h a f t e n u n d s tandesge-m ä ß e n Ausbau seiner Haiger locher Burgen. Wenn auch die Bossenquader des Schlosses e iner f r ü h e r e n Zeit angehören , s t a m m e n j e -denfa l l s die Schlitzlöcher u n d Spi tzbogenfen-s te r an dem al ten M a u e r w e r k aus der goti-schen Zeit. Ein J u w e l der gotischen Bauzei t zeigt vor a l lem der C h o r d e r U n t e r -s t a d t k i r c h e mit Netzgewölbe u n d zwei her r l ichen Schlußsteinen.

III . Die got isch-mit te la l ter l ichen Lebens - und

K u l t u r f o r m e n h a t t e n sich erschöpf t u n d die Menschen gaben sich gierig den neuen E in -f lüssen u n d Ideen mit i -en be rückenden Wirk l ichke i t s f reuden hin, die teils aus dem f e r n e n Osten u n d dem südlichen I ta l ien k a -men, tei lweise auch im eigenen L a n d geboren, f r u c h t b a r e n Boden f anden . Es w a r die Zeit der Renaissance, der Wiedergebur t der A n -t ike. Die b i she r geschauten •birmen vera l ten , die schöne Horizontal l inie f inde t Anklang, die Eirdenschwere wi rd betont . Aus solcher Geis tesr ichtung k o m m t

d a s S c h l o ß i n H a i g e r l o c h , ein W e r k des Gra fen C h r i s t o p h , des e r s ten Her rschers in der neu e r s t andenen Gra f schaf t (1576 bis 1592). Die a l te Burg

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2 6 H O H E N Z O L L E E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1952

Haigerloch, Schloßkirche, Cruzifix am Chorgitter

neuen F o r m e n schon e indr ingen und in Prof i l und Lin ien-f ü h r u n g vielfach durchsch immern . Massige S t rebepfe i l e r l a -den im Chor nach außen, im L a n g h a u s nach innen und sichern den Bes tand der Got tesburg auf s tei ler Höhe vor dem Absturz . Ein W u n d e r w e r k der Schmiedeisenkuns t scheidet das L a n g h a u s vom Chore, der des Geländes wegen auf die Seite gerückt ist und nicht in der Längsachse des Baues s teht . Ein J u w e l aus der Renaissancezei t ist der Hoch-a l t a r der Schloßkirche, den m a n eine christliche P r u n k g a l e r i e nennen möchte. Das ganze imposan te A l t a r w e r k ist in v ie r S tockwerken au fgebau t . Uebe r dem tempe i fö rmigen T a b e r -nakel , der ein K u n s t w e r k f ü r sich dars te l l t , sind die impo-n ie renden Ges ta l ten der dre i Gött l ichen Personen gelagert , Gebi lde voll Leben, K r a f t und Würde , von e iner technischen Durchbi ldung und Meis terschaf t , die jeden Beschauer e rgre i f t . Da rübe r be t en die Hi r t en das n e u geborene Got teskind an : im dr i t ten S tockwerk umschweben Engel jub i l ie rend die Got tes-m u t t e r ; übe r r ag t wi rd das ganze Werk von e inem Kreuz , zu dessen Füßen Mar ia Magdalena und Maria Sa lome s tehen. Dei ganze Al ta r ist be lebt mit Hei l igen- und Engelsges ta l ten und s t Ä i l t in l ichtem jub i l i e renden Weiß und Gold im De-w u ß t e n Gegensatz zu den sa t ten F a r b e n de r f r ü h e r e n Zeit.

D i e S c h l o ß k i r c h e W a r der ganze Bau der Schloßkirche somit ein Bild der

damal igen Uebergangsper iode der Kuns t von der Spätgot ik zur R e n a i s s a n c e ^ s o beginnt nit der Innen res t au ra t ion der Kirche im J a h r e 1748 durcn Fü r s t Joseph Fr iedr ich von Ho-nenzo i i em-S igmar ingen eine n e u e Per iode ih re r Geschichte. Das S t i l empf inden ha t t e sich inzwischen gewande l t ; die B a r o c k z e i t w a r herangebrochen . Fü r s t Joseph n a h m mit Vorl iebe seinen A u f e n t h a l t in Haigerloch, und ihm v e r d a n k t die S tad t e inzigart ige K u n s t w e r k e von uns te rb l ichem Reize. Sein Haup t in t e re s se w a n d t e dieser f r o m m e Für s t den K i r -chenbauten zu, de ren eine große Anzahl gerade seiner In i -t ia t ive ih re r E n t s t e h u n g ve rdank t . Mehr als in S igmar ingen , wo er die S tad tk i rche die J o s e . h s k a p e l l e und die Se i ten-kape l le der je tz igen fürs t l i chen Gru f tk i r che zu Hedingen e r -richten ließ, k o m m t dies in Haigerloch zum Ausdruck. Hie r ist der größte Teil se iner Tät igkei t auf die Verschönerung der S tad t gerichtet , u n d noch heu te können w i r auf Schri t t und Tr i t t seine Spu ren verfolgen. Das ers te große Werk w a r der U m b a u de r Schloßkirche im J a h r e 1748, de r mi t so großem Geschick vollzogen wurde , daß m a n im Inne rn voll-s tändig den Eindruck eines einhei t l ichen 3 a u w e r k s gewinnt . Der Eürstl. B a u h e r r berief den S igmar inger H o f m a l e r Mein rad von Au. Seine herr l ichen Freskogemälde an den Gewölben und

die sieben A l t a r b l ä t t e r der Se i t ena l t ä re lassen seine große Meis te rschaf t in Komposi t ion und F a r b e e rkennen . Derselbe K ü n s t l e r ha t auch neben der Haiger locher St. Annaki rche die Kirchen zu Sigmar ingen, Klos te rwald und Pfu l l endor f und Meßkirch mit ähnl ichen Bi ldern geschmückt. Die S tuck-o rnamen t ik w u r d e von den Meis tern der b e r ü h m t e n S tucka-teurschule in Wessobrunn ausge füh r t . E inen wesent l ichen Bes tand te i l des I n n e n r a u m e s bi lden die sieben Se i tena l tä re und die Kanzel , alles technische Glanzle is tungen des Barock mit Reizen, die sich empf inden , abe r nicht aussprechen lassen. Diese t r agen in ve r sch iedenfa rb igem M a r m o r mit den vergolde ten Kap i t a l en und O r n a m e n t e n viel zu der reichen W i r k u n g des I n n e n r a u m e s bei, mit g röß tem technischen Ge-schick a u s g e f ü h r t von dem b e r ü h m t e n S tucka teur Michael Fe ich tmayr von Augsburg , der ein J a h r z e h n t spä te r auch die Al tä re der S tad tk i rche zu S igmar ingen a u s f ü h r t e . Zu F ü ß e n des Kreuzes am Chorgi t ter s teht ein e rg re i fendes Bild der M a t e r D o l o r o s a , der Schmerzensmut te r , geschaffen von der kuns t f e r t i gen H a n d des B i ldhaue r s J o h a n n Georg W e k -k e n m a n n . Es ist ein Bild voll lebendigem Schmerz und t i e f em Leid, das jeden ge fangen n i m m t und uns t re i t ig zu den bes ten Kuns t schöpfungen aus der Barockzeit ü b e r h a u p t gehört . Zu be iden Sei ten hoch oben schauen die beiden S t a -tuen der fürs t l i chen E r b a u e r der Schloßkirche herab . Auf de r Epis te lse i te ist es der E r b a u e r : Graf Chr is toph als R i t t e r in prächt iger , schwarzer E isenrüs tung , zu seinen Füßen das Modell der von ihm e r b a u t e n Schloßkirche. Den H i n t e r g r u n d bi ldet e ine Ansicht de r S tad t Haigerloch zur Zeit der Reno-vat ion der Kirche. I h m gegenüber auf der Evangel iense i te s teht de r Renova to r : F ü r s t Joseph von S igmar ingen im f ü r s t -lichen Schmuck vor d e m Bild der S tad t S igmar ingen. So wie dieses a l t eh rwürd ige Got teshaus im J a h r e 1748 u m g e -b a u t wurde , s teh t es heu t e noch vor uns : „ein Stück H i m m e l auf Erden" , e ine einzigart ige Huld igung an die P a t r o n e der ' Kirche, die Hl. Drei fa l t igkei t , zugleich auch als D e n k m a l des f r o m m e n Glaubens der edlen S t i f t e r und E r b a u e r dieser Kirche. Die schweren und äußers t e rns ten G e f a h r e n des ve rgangenen Krieges ha t dieses Got teshaus glücklich ü b e r -s tanden . Im Kel le rgewölbe u n t e r h a l b der Schloßkirche w a r die einzige Atomforschungss tä t t e Deutschlands w ä h r e n d m e h r e r e r J a h r e (1943—1945) un te rgebrach t . Eine glückliche F ü g u n g des Himmels b e w a h r t e jedoch die herr l iche Schloß-kirche, nach dem Urte i l des vers t . Erzbischofs Dr. Nörbe r „die schönste Kirche Hohenzol lerns" , und dami t die ganze S tad t Haigerloch vor dem Untergange . (For tse tzung folgt.)

(Die Druckstöcke der Abbildungen sind in dankenswerter Weise von der Landeskommunalvern'altung in Sigmarinipen zur Verfügung gestellt worden.)

Haigerloch, Schloßkirche, Mattergottes am Chorgitter

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• J ch rganß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 27

Altes und Neues aus der Geschichte der Stadt Haigerloch Nach alten Akten aus dem Pfarrarchtv mitgeteilt

von M. G u i d e Haigerloch (Heigerloch, Haigirloch, Haigirlo, Haiger ioz,

Heigerlo, Hairioch, Haggerio, Hegerlo) .^tadt, wi rd u r k u n d -lich 1095 ers tmals und zwar als Burg („Castrum") genannt , auf welcher ohne Zweifel der jenige Zweig des G"afenhauses Zoliern 1. Sitz hatte, welchem Adelbert , der Micstifter des Klosters Alpirsbach, angehörte. In obigem J a h r r sieht man oei Veranlassung einer Schenkung von Güte rn bei W i l t i n g e n (ganz in der Nähe des Hohenbergs) an da- KTostsr St. Geor-gen auf Haiger loch Ri t ter versammel t , welche in d :n benach-bar ten Ortschaften: Owingen, Kirchberg, Weixdorf und Gruorn (Gruol) ihren Wohnsitz hat ten.

Burg und nachmalige Stadt Haigerioch waren der Mit tel-punk t einer nicht unbedeutenden Herrschaf t , zu welcher ge-n a n n t e Orte mit andern gehörten, und welche einen Teil der al ten Grafschaf t Zollern, später Hohenberg ausmachte. Da r -nach wi rd am Schlüsse des 13. J a h r h u n d e r t s >bengeiia:inter Adelber t von dem Hause Zollern Graf von Haiger ' o ch ge-nannt , welchen Titel auch seine Nachkom ^ e n meis f führ ten , bis sein Geschlecht nach der Mitte des 12. J a h r h u n d e r t s aus-s tarb.

Nach Abscheidung der Linie Hohenberg von dem Hause Zoliern fiel Haigerioch mit Zugehör an jene, wird aber erst u n t e r den Söhnen des S tammvate r s der Hohenberger im J a h r e 1225 genannt . Unter dessen Enkel Burka rd III. (1237, 1245) kommt es bereits als Dekanatssi tz und Stadt vor, deren Schultheiß und Bürger wir in dem ers tgenannten J a h r e um den Grafen , ihren Herrn , versammel t sehen.

Gleichwohl w u r d e noch in spä terer Zeit der Besitz von Haigerioch der Linie Hohenberg un te r Graf Alber t II., dem Minnesänger, von dem Hause Zoliern mit den Waffen in der Hand streitig gemacht, wobei es im J a h r e 1267 vor den Mauern der Stadt zu heißem K a m p f e kam. For tan aber t r i f f t man Haigerioch in den Händen der Gra fen von Hohenberg, un te r denen genanntem Adelber t II. von den Zeitgenossen häuf ig der Titel Graf von Haigerioch beigelegt w u r d e und die, wie schon f r ü h e r (1237) so auch später (1260, 1268, 1273, 1299, 1308, 1310, 1327, 1335, 1337, 1341, 1345) mi tun te r auf der dortigen Burg Hof hielten.

Nach der Mitte des 14. J a h r h u n d e r t s (1354) kamen Stadt und Burg Haigerioch durch die Witwe eines Gra fen von Ho-henberg teilweise als P f a n d an das Haus Montfor t und von diesem 1367 in der gleichen Eigenschaft an Wirtemberg, w a r aber zur Zeit des Verkaufes der Herrschaf t Hohenberg an das Haus Oesterreich wieder in den Händen ihrer al ten H e r -ren, des damaligen Grafen Rudolf, der sie schon vor dem (1375) teilweise an dasselbe ve rpfände t hat te , nun aber (1381) auch an genanntes Fürs t enhaus ve rkauf te .

Nachdem Rudolf Haigerioch mit anderem, indes mit Vor-behalt der Eigentumsrechte des Hauses Oesterreich, von die-sem als Leibgeding auf Lebtag wieder zurückerhal ten hatte, überl ieß er es den Grafen von Sulz, von denen es späte: als P f a n d wieder an das Gra fenhaus Wir temberg kam. Von die-sem löste es die m e h r e r w ä h n t e Erzherzogin Mechtild 1452 mit 13 000 Fr. wieder ein. Dieselbe ließ 1457 durch den da-maligen H a u p t m a n n der Herrschaf t Hohenberg und ihrt i Hofmeis ter das „Herkommen und die Gewohnhai t ten" der Stadt Haigerioch au fnehmen . Solche si> d in dem „Ha 'ger -locher Stadtbichle" en tha l ten (Perg. Hdscnrif t i S tad ta r -chiv zu Haigerioch.) 1488 w a r Haigerioch jedenfal ls bei dem Hause Oesterreich selbst, aber n u r auf kurze Zeit, denn 1497 e r w a r b es gegen Hingabe von Räzüns in Graubünden Graf Friedrich von Zoliern, bei dessen Hause, dem anges tammten es fo r t an geblieben und no^n i i unsern Tagen ist!

Nach diesem kurzen Abriß der Geschichte der Stadt Ha i -gerioch geben wir noch einige spezieile Nachweise über die äl testen Verhäl tnisse derselben.

Die Stadt , durch ihre höchst eigentümliche Lag - in zwei Teile geschieden — einen am und auf dem Bergrücken über der Eyach frech und einen tief im Tale gelegenen hufe isen-förmig umflossenen Teil — bestand in al ten Zeiten aus zwei städtischen Gemeinden — „obere und niedere Stat", von wel -chen jede ihren eigenen Scnultneißen, auch ihr eigenes Sie-gel hat te .

An der Spitze der S tad t und der dazugehörigeil Herrschaf t s tand als Ver t re te r und ers ter Beamte r der Gra fen ein Vogt, als welcher 1303 ein Konrad, 1323 ein gewisser „waise", 1333, 1341 wieder ein Konrad (Cuntz), 1350 Hans und 1373 Hans von Triberg, Rit ter vorkommen. Als Gericnts-Vc. ¡tände der Stadt (Städlte) insbesondere werden die Schultheißen au tge -füh r t , welche von den Gra fen gesetzt wurden, und deren *\mt nicht lebenslänglich war , daher häuf ig die „ait S c h u l t h e i ß e n r

genannt werden.

Ais Scnultheißen kamen in der Hohenberger Zeit vor: 1237 H., 1268 ohne Namen, 1284 Eberhard , 1299, 1301, 1306,

1308, 1314 Heinrich der alt schulthais, genannt der Dürre, 1314, 1323, Konrad, wahrscheinlich des vorhergehenden Sonn. 1328 Johannes Bamir, 1360 Albrecht und Haintz. Namentl ich in Gerichtssachen, indessen auch bei Ver t re tung der Stadt gegen außen, s tanden dem Schulthaißen die Richter und ein Rat ¿uar Seite, wie sich au - der oben zum J a h r e 1328 e r w ä h n -ten Verhand lung einer Urkunde zum 11. Jul i 1341 und den Verschreibungen der Stadt gegen die Herzöge von Oester-reich vom 9. Jun i 1333 und 10. Sep temoer 1384 ergibt

In Betreff der Besitzungen und des Einkommens der Gra -fen in (:von) ihrer Stadt Haigerioch weiß man r - i r wenig Spezielles. Urkunden v. d. J a h r e 1385 geben die E inkünf t e der Her rschaf t von Haigerioch auf jährlich 140 fl an, in ä l te-rer Zeit werden Boidenzinse au fge füh r t : ein Acker im „wi-thow" gab 3 Schilling „withowzins". Die Mühlen und Back-s tuben in Haigerioch waren Lehen der Herrschaf t , m a n weiß aber nicht, was sie er t rugen. Beim Tode eines Mannes n a h m die Herrschaf t zu „fogtrechten" das beste „fogtvieh" und in Ermange lung von Vieh „waut" (wat, Kleid) und „wauf fen" (Waffen) ; bei dem Abscheiden einer F r a u die „Claider; als dann sy an dem montag zu kirchen gangen ist." S t ra fge lder : „ein f r ä f f e l den Her ren drei p f u n d T u w i n g e n ' ; bei e iner „blut tend wund" und Vergehen an „ere und gut Her ren zehn p fund" .

D i e S t e l l u n g u n d R e c h t e d e r S t a d t g e g e n -ü b e r i h r e r H e r r s c h a f t . Die äl teste Nachricht von einem Stadtrecht von Haigerioch fäl l t in das J a h r 1306; es wird dessen e rwähnt , als ein Bürger der Stadt ein Gut an das Kloster Kirchberg ve rkauf te . Auf eine ziemlich f re ie Stel lung der Stadt gegenüber von ihren Her ren wenigstens in Gerichtssachen., weist der Jur isd ik t ionsver t rag welche die-selbe 1342 ohne Zuschau (Erwähnung) eines Gra f en v^n Hai-gerioch mit der benachbar ten Stadt Hechingen abgeschlossen, und wonach die Bürger der beiden Städte vor ihren Gerich-ten Recht nehmen und geben sollten, der vordem bes tandene Rechtszug vor die Gerichte >n Constanz aufhör te .

Von b e s o n d e r e n Rechten der Stadt gegenüber ihren Her ren (beziehungsweise Verpf l ichtungen der letzteren) he -ben wir aus dem „Stadtbichle" folgende aus: 1.) „Jeder neue H e r r der Stadt muß te eidlich geloben, die-

selbe bei ihrem Herkommen und ihren Gewohnhei ten, wie sie solche „von al ter hergebracht fand" , zu belassen.

2.) Kein Bürger sollte wegen eines Vergehens von dem Her rn der Stadt oder dessen Amts leu ten gefänglich eingezogen

werden, wenn derselbe das Recht hatte, Bürgschaf t zu stellen.

3.) Die Bürger w a r e n ihren Her ren zu keinen Tagdiensten verbunden.

4.) Die von Haigerioch ha t ten f re ien Zug. „Der and dannen ze ziehent" und das Recht, Bürger anzunehmen.

Eigentümlich v a r was Wir noch anfügen wollen, die Be-s t r a fung des „todtschiags". Wurde der Tä te r ergr i f fen, so e r -litt e r die Todesstrafe, w o nicht, so w u r d e auf folgende Weise v e r f a h r e r ' Der herrschaft l iche A m t m a n r besetzte das Haus des Totschlägers sechs Wochen und drei Tage lang, während welcher Zeit dessen „Gesinde" daselbst „Kost" hat te . Wenn nach Abschluß dieser Frist der Geflüchtete nicht mit den Her ren „überkommen" (übereingekommen) war , so nahm der A m t m a n n im Namen der Herrschaf t von des Totschlägers Gut 10 P f u n d Tübinger Schilling, die Stadt 1 P f u n d , und de r -selbe muß te die Stadt 10 J a h r e und einen Tag meiden. K a m er nach dieser Zeit vor das Tor und konnte schwören, daß er während derselben die Stadt nicht be t re ten habe, so konnte er in dieselbe gehen und blieb von Seiten des A m t -manns und der Stadt unangefochten, konnte er aber nicht schwören, u m auch vor den F reunden des Getöteten sicher sein zu können, so muß te er die Stadt auf wei te re 10 J a h r e verlassen.

Wir machen schließlich noch alte, angesehene Bürgerge-schlechter von Haigerioch n a m h a f t , von denen nicht selten Glieder bei Gra fen von Hohenberg als Zeugen genannt werden

Das älteste Geschlecht ist das der „Fuihaber" (Faulhaber). Es kommen von diesem vor: 1236 ein W e r r ° r (im Alpirs-bacher Diplomatar) 1297, 1299, 1300, T304 Werner F., 1356 H e r m a n n F., Vogt zu Haigerioch, 1364 Hans F.

Die ,Büringer", ohne Zweifel von Bieringen (O.A. Horb) bereingezoge- : 1237 der Büringer! 1297, 1299, 1300. 1304 H e r -Heinrich der Bür inger und sein Sohn Friedrich, 1314 Fr ied-rich der Bür inger und Berthold (Benz) sein Sohn.

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2 8 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

Die „Wirselin", 1252 Manegold, Zeuge bei Gr. F r . v. Zol-lern 1260 Wirsel in u n d Manegold, 1268 Manegold und B u r -kard , gen. W.

Die „Esel" von Haigerloch, sie f ü h r t e n in i h r em Siegel auf dem Schilde einen Esel. 1297, 1299 Ber tho ld der Esel, 1328 H e r r B u r k a r d der Esel, der e r b a r H e r r und sein gleichna-miger Sohn, derse lbe w a r in Har t , Tr i l l f ingen und Gruol be -güter t , 1333 Albrecht der Esel, er beschwört mit dem Vogt der S tad t die dem Herzog von Oesterreich gegebenen Zu-sagen ihres Her rn .

„Die Z immere r " , („Zimmerl i") von dem benachba r t en Ort Z i m m e r n hereingezogen, 1297 H e r r Werne r Z., 1299 derse lbe als näles .

Die „Ganusse r" (auch „Ganasser" ) , 1299 Benz gen. G. Ulrich und Heinrich, seine Brüde r , 1300 . . . G., 1333 schwört A lb -recht der Ganusse r f ü r seinen Her rn , 1385 Guntz l in G.

Die „Dür ren" 1297, 1304, 1308, H e r r Heinrich der Dürre . Diesem Geschlechte gehör ten zeitweise die Schul the ißen der S tad t an.

Die „Nater" 1299 H. gen. N., 1300 als B r u d e r im Kl. Ki rch-berg.

Der Postillon von Dr. E.

Es gibt Gedichte, die übe r al len Wande l der K u n s t a n -schauungen h inweg a m Leben ble iben; sie sind ins Volk ge-d rungen und haben in Herz und Sinn einen u n v e r r ü c k b a r e n Pla tz , denn bei ihnen haben sich Inha l t u n d F o r m vol lendet ve rbunden . Ihr Inha l t r ü h r t uns menschlich i m m e r wiede r an, wei l er groß in der Ges innung ist, mag der Vorgang noch so klein und unsche inbar sein.

Zu solchen Gedichten gehör t der „Post i l lon" von Nikolaus Lenau . Der schlichte Post i l lon mi t seinem t reuherz igen V e r -ha l ten ist eine Liebl ingsgesta l t nicht n u r de r Jugend , sondern der ganzen deutschen Sprachgemeinschaf t .

Uns Hohenzol ler v e r b a n d und ve rb inde t abe r noch m e h r mit dem Gedicht als n u r sein dichterischer Wer t und die gemüts t i e fe Wirkung , die es auss t rah l t . Es ging und geht in u n s e r e m Ländchen schon ein J a h r h u n d e r t lang die Nach-richt um, L e n a u h a b e bei e iner nächtl ichen P o s t f a h r t von Hechingen nach Bal ingen bei S te inhofen das entscheidende Er lebnis gehabt , das er in se inem Gedicht der „Posti l lon" im Win te r 1832/33 in Amer ika gesta l te t ha t .

J e n e u m l a u f e n d e Mit te i lung, die spä t e r auch in Lese-bücher a u f g e n o m m e n w o r d e n ist, m u ß wissenschaf t l ich zu-nächst als Sage bezeichnet w e r d e n denn u n t e r Sage im wei tes ten Sinr ve rs teh t m a n einen Bericht, de r von Mund zu Mund übe r l i e f e r . ¡würfle. Es gibt abe r ke ine Sage, h in te r der nicht e i r geschichtlicher K e r n steckt. Grund los oder gar bewuß t gefälscht k a n n unse re „Sage" vom Posti l lon in S te inhofen nicht sein. Wer h ä t t e wohl ohne b e s t i m m t e V e r -an lassung eine solche Nachricht e r f i nden sollen? Wer sollte ein In te resse da ran gehab t haben, ein falsches Gerücht f ü r den kleinen, bescheidenen Ort S te inhofen in Hohenzol lern au fzubr ingen und zu verbre i t en? Eine b e w u ß t e Fä lschung w ä r e sehr schnell wider leg t worden . „Aktenkundig" , wie der Ju r i s t sagen würde , ist das Ereignis nicht festgelegt . Die geschichtliche Forschung ha t d a h e r die Aufgabe , den Spu ren der Sage nachzugehen, bis sich die Wahrscheinl ichkei t der Sage zur Wirklichkeit verdichte t . In Lenaus Werken , Br i e -fen oder nachgelassenen Schr i f ten sind b i sher ke ine Nach-richten oder Andeu tungen fes tgeste l l t worden, die zur k l ä -r e n d e n Sicherheit f ü h r e n könnten . Das ist an sich nicht v e r -wunder l ich . Dichter p f iegen die f ü r ih re Dichtungen a n l a ß -f e b e n d e n Er lebnisse zu verschleiern. Es entspr icht nicht küns t le r i schen Absichten, persöni icne Er lebnisse zu ber ich-ten ; sie wol ien Er lebnisse dichterisch gestal ten, rhnen ein eigenes, a l igemeingül t iges Leben ver le ihen. Das ist h ier bei Lenau geschehen. Daß die Gesta l t des Post i l lon - dnht der P h a n t a s i e des Dichters en t sp rungen , sondern tatsächlich e r -lebt ist, f ü h l t doch wohl j ede r u n b e f a n g e n e Höre r oder Leser .

TJm in u n s e r e r k le inen Sagenforschung vo ran zu kommen , galt es zu f r a g e n : Wann und wo taucht die Nachricht zu-erst auf? Aus •"'•eichen QuePen s t a m m t sie? J e nähe r die e r re ichbaren Nachrichten an das Ere ignis h inauf rücken , desto zuver läss iger ist der geschichtliche K e r n gesichert . IVlein vers t . Vater , der von 1878—1896 in dem nahen Bisingen L e h r e r wa r , b rach te von dort die Erzäh lung vom S te in -ho fene r Post i l lon mit und hat sie uns in der u rsprüngl ichen F o r m wei tergegeben. Der in S igma- ingen ve r s to rbene H a u p t i e h r e r F ink gab mi r als seinen G e w ä h r s m a n n den in Hohenzol lern und d a r ü b e r h inaus w e i t b e k a n n t e n P f a r r e r Jos. B lumens t e t t e r an, dessen jugendl icher F r e u n d und Schütz-l ing F ink einst gewesen w a r . B lumens te t t e r , de r mit Ludwig

Die „Ri t ter" 1299 H. gen. R. Die „ B u r e n b u r g e r " 1314 W e r n e r der B. der „wischerei",

noch 1375 ein W e r n e r der Bu renbu rge r , dessen uxor Ade l -heid von Berma t ingen .

Die „Ammane" , vielleicht von Ro t t enbu rg hereingezogen, 1355 H an s und Heinz die A., sie besaßen einen Hof zu Imnau , 1383 wieder H an s der A.

Die Fu ihabe r , Genusser , Bür inger , die Dür r en und B u m e n -b u r g e r von Haigerloch f ü h r t die „Aufze ichnungen" auch u n -t e r den Hohenberg ischen Lehens leu ten auf .

Von B e r u f s a r t e n und G e w e r b e n der B e w o h n e r von Ha i -gerloch w e r d e n in der Hohenbe rge r Zeit genann t :

1260 ein Cirurgicus Rüdiger , 1263 ein Weber Hildebold der nebs t se inem Eheweib G e r t r u d in diesem J a h r e mi t dem Klos te r Ki rchberg e inen Ver t r ag in Betreff von Gü te rn bei Seebronn abschloß. 1306 ein „Brobeke" Ludwig und ein „Schnider" Werne r .

In der Nähe von Haigerloch ist wohl das „Owenloch" zu setzen, welches die Aufze ichnung als Hohenbergisches Lehen a u f f ü h r t .

von Steinhofen F 1 a d, Bonn

Uhland zusammen Abgeordne te r im F r a n k f u r t e r P a r l a m e n t (1848) gewesen ist und der selber schrif ts tel ler isch tät ig wa r , m u ß m a n als Kronzeugen doch wohl gel ten lassen; seine wissenschaf t l iche Zuver läss igkei t k a n n nicht bezwei-fe l t w e r d e n , u m so weniger , als er nach F inks Bericht noch den N a m e n des Pos tknechts gekann t und angegeben hat . Da raus w ä r e sogar zu schließen, daß B l u m e n s t e t t e r die u m -l a u f e n d e Erzäh lung auf ih ren Wahrhe i t sgeha l t gep rü f t habe .

Die ers te beglaubig te schrif t l iche Nachricht aber liegt vor in der Chron ik der Fami l ie des ehemal igen Dekans von Bal ingen, Fr iedr ich F raas . Aus ihr hat m i r P ro fe so r Dr. F r i t z Be rckhemer durch Brief vom 30. 4. 25 berichtet1) . Dort w i rd Rea l l eh re r Zink aus Ebingen genannt , der einst mi t Lenau v e r k e h r t e und Mit te der achtziger J a h r e von der En t s t ehung des „Post i l lon" erzähl te : „Lenau f u h r mi t Groß-v a t e r F r a a s eines F rüh l ingsabends im Pos twagen von Hechin-gen nach Bal ingen, als der Posti l lon nach dem Ort S te in-hofen anhie l t und nach dem an der B e r g w a n d gelegenen Kirchhof2) e ine lust ige Weise blies. Lenau f r a g t e nach dem G r u n d dieses Tuns und erhie l t die A n t w o r t : „Dort d r ü b e n ha t m a n jüngs t meinen K a m e r a d e n begraben, das Lied w a r sein Leiblied, er hat ' s geblasen, wie ke in andere r , und sooft ich h ier vorbe ikomme, b lase ich me inem K a m e r a d e n sein Leiblied als Gruß." In Ba lmgen angekommen, skizzierte L e -n a u sofor t seinen „Postillon". Hier liegt also etwa f ü n f z i g J a h r e nach En t s t ehung des Gedichts eine schrif t l iche Be -s tä t igung e iner im Volksmund u m l a u f e n d e n Erzäh lung vor.

I h r e Richtigkeit ist erst im J a h r e 1920 von Professor Bi-schoff in se inem Buche „Nikolaus Lenaus Lyr ik ' ' Bd. 1, S. 292, Weidmannsche Buchhand lung Berl in, angezweife l t w o r -den. Bischoff wies auf b e r ü h m t e F r i edhöfe in der S te ie r -m a r k u n d ande r swo hin, die nachgewiesener Maßen auf Lenau t i e fen Eindruck gemacht haben . Das Entscheidende abe r bei unse re r Unte r suchung ist nicht der Fr iedhof , son-de rn der menschlich so r ü h r e n d e Er l ebn i ske rn des Gedien-tes. Bischoff ha t auch n u r V e r m u t u n g e n ausgesprochen, abe r ke ine Beweise e rb r ingen können .

Daß die „Sage" abe r an den unscheinbaren 1r+ S te inhofen a n k n ü p f t , ist allein schon ein Wahrscheinl ichkei tsbeweis , dem e r nichts en tgegen zu setzen ha t . Indessen k a n n m a -dem ve rd ien ten L i t e r a tu rh i s to r ike r seinen 7\yeifel doch nicht ganz ve rübe ln . Es p f legen sich an mündliche Ueber -l ie fe rungen leicht Sagengespins te anzuhängen . So auch in u n s e r e m Fall , Vielfach l au te t e die in den Lesebachern ve r -bre i te te Fas sung dahin, daß L e n a u sofort seinen „Post i l lon" in Bal ingen niedergeschr ieben habe. Die ä l te re mündl iche und schrif t l iche F a s s u n g spricht n u r von „skizzieren". Das Gedicht selbst ist erst in Amer ika im Win te r 1832/33 ve r -f a ß t und von L e n a u spa t e r noch vielfach ve r fe ine r t worden .

Die Sagengöt t in ha t an dem K e r n noch ein anderes Ge -spinst au fgehäng t , eine poetische Ausschmückung, die ich ; n me ine r f r ü h e r e n Unte r suchung l icht e rkann t e . Ich habe '1. rt e inen Brief e iner Enke l in des Dekans F r a a s v e r ö f f e n t -licht des Inhal t s , L e n a u habe , von F r a a s eingeladen, die Nacht im P f a r r h o f in Bal ingen verbrach t . Diese Mit te i lung de r Enkel in ha t sich als unmöglich herausges te l l t , denn Fr iedr ich F r a a s ist erst im J a h r e 1836 P f a r r e r und Dekan in B a n n g e n geworden J e n e r Brief en thä l t einen I r r t u m , w e n n er ber ichtet : „Mein Vater^) und hauptsächl ich se ie Schwester Mar ia e rzähl ten uns zum öf t e ren von dem Be-

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 29

such Lenaus im D e k a n a t s h a u s in Bal ingen. Diese T a n t e Marie, ve r s to rbene Landger ich t s ra t Gmel in -F raas , w a r d a -mals , als Lenau mit i h r em Va te r erschien, ein junges M ä d -chen, u n d in i h r e m Gemüte lebte das Ereignis tief e inge-prägt ." Da raus geht z w a r hervor , daß Lenau das Dekana t s -haus in Bal ingen tatsächlich besucht ha t ; das k a n n erst nach 1836 geschehen sein, das Gedicht abe r ist schon 1832/33 en t -s tanden . Oskar F r a a s ist 1824, Mar ie F r a a s erst 1826 ge-boren . Lenaus Besuch fä l l t wohl in die J a h r e 38—44, in denen er sich viel in Schwaben aufh ie l t . Auf ein junges Mädchen m u ß ein so se l t samer Besuch wie der Lenaus , der bekann t l i ch sehr1 u m s c h w ä r m t w u r d e , sicher e inen t i e fen Eindruck gemacht haben . Daß es spä te r dieses Ereignis in V e r b i n d u n g zu dem a n d e r e n Ereignis brachte , von d e m m a n ihm n u r erzähl t haben kann , ist psychologisch k a u m v e r -wunder l ich . F ü r unse re Forschung ist es abe r insofe rn w e r t -voll, wei l die „poetische" V e r k n ü p f u n g zweier Ereignisse f ü r die Echthei t be ider Ereignisse spricht.

Der vom Sagengespinst gere inigte K e r n der Ueber l ie -f e r u n g bleibt j edenfa l l s u n b e r ü h r t . Das bes tä t ig t die T r a d i -t ion e iner P f a r r e r - u n d Gelehr tenfami l ie . Die wissenschaf t -liche Zuverläss igkei t e iner solchen Ueber l i e f e rung k a n n fügl ich nicht angezweife l t werden . Meine Versuche, a n d e r e persönl iche Verb indungen des Dekans zu Lenau oder zur sog. Schwäbischen Dichterschule fes tzuste l len, w a r e n b i she r ergebnislos. Es ist abe r beach tenswer t , daß Dekan Fr iedr ich F raas , der 1791 geboren u n d 1861 in Canns ta t t ges torben ist, ein Altersgenosse von Ludwig Uh land war , der von 1787—1862 gelebt ha t . Ju s t i nus Kerne r , der besondere F r e u n d Lenaus , s ta rb ebenfa l l s im J a h r e 1862. Glaubt j e -m a n d e rns tha f t , zu Lebzei ten dieser M ä n n e r hä t t e Dekan Fraas , e t w a zwischen 1840 u n d 1860, in welcher Zeit der

„Posti l lon" a l lgemein b e k a n n t wurde , den Seinen ein M ä r -chen a u f b i n d e n können , das zwanzig J a h r e nach se inem Tode schon a l lgemein im Umlauf wa r?

Z u s a m m e n f a s s e n d läßt sich also sagen: Der Wahrsche in-l ichkei tsbeweis f ü r die Richtigkeit der E rzäh lung von u n -se rem U n t e r l ä n d e r Pos tknecht w a r an sich schon erbracht . Prof . Bischoff k o n n t e z w a r darauf h inweisen, daß sie in Lenaus Schr i f ten nicht beglaubigt sei. Abe r w e d e r er noch ein a n d e r e r k o n n t e b i she r nachweisen, sie sei falsch oder ga r unmöglich. Die be igebrachten persönl ichen u n d schr i f t -lichen Zeugnisse rücken das Al te r der übe r l i e f e r t en E r -zäh lung u n d den e rzäh l ten Vorgang so n a h e zusammen , daß füglich an der Richtigkeit be ider nicht m e h r zu zweife ln ist. Solang kein Gegenbeweis e rbrach t wird , müssen wi r f e s t -ha l t en : Lenau ist in e iner F rüh l ingsnach t mit P f a r r e r F r i e d -rich Fraas , dem spä te ren Dekan von Bal ingen, übe r S te in -hofen g e f a h r e n u n d ha t dort das g rund legende Er lebnis zu se inem Gedicht „Der Post i l lon" gehabt .

Der namenlose b iedere Pos tknecht ha t als Urbi ld des „Posti l lon" mi t Recht sein Er innerungsze ichen auf dem K r i e g e r d e n k m a l an der Ki rche in S te inhofen u n d im H e r -zen seiner schwäbischen Lands leu te .

!) Von mi r veröf fen t l ich t in der He imatze i tung „'s Zoller -ländle" J ah rg . 1, H e f t 6, Hechingen 1925, u n d im Eichen-d o r f f k a l e n d e r 1927/28 hgg. v. Wilhelm Kosch, Ver lag Os-k a r Schütte, Aichach.

2) Es hande l t sich u m die u m die Ki rche gelegene B e g r ä b -n iss tä t t e u n d nicht u m den spä te r angelegten, we i t e r im Ta le gelegenen Fr iedhof .

3) Gemein t ist P ro fe s so r Oska r Fraas , der Sohn des Dekans Fraas , ein in W ü r t t e m b e r g b e k a n n t e r Na turwissenschaf t l e r .

Die einstigen Schlösser Hornstein und Bittelschieß bei Bingen Wer vom Bahnhof H a n f e r t a l l auche r t abwär t s w a n d e r t , u m

in Bingen die herr l ichen Gemä lde Bar tho lomäus Zei tb loms zu besichtigen, wi rd sicher auch den beiden Burg ru inen Bi t -telschieß u n d Horns te in e inen Besuch machen u n d einiges aus de ren Geschichte wissen wol len.

H o r n s t e in ist ers t seit dem 8. November 1873 Ruine, ha t den N a m e n von d e m ho rn fö rmigen Fe lsen u n d w i r d mit R i t t e r Heinr ich von Horns te in im J a h r e 1247 e r s tmals ge-nann t . Die A b s t a m m u n g dieser Adeligen, dessen B r u d e r Mangold 1250 sich von Her tens te in (heute Al te Burg, 1. St. l aucher tau fwär t s ) nann te , geht vielleicht auf Bit telschieß zu-rück. Nebenzweige des Geschlechts saßen spä te r zu Schatz-berg, Wilf l ingen, Göff ingen, Grün ingen (bei Riedlingen) u n d Binningen (bad. A. Engen) . Le tz te re be iden Linien b l ü h e n noch, seit 1636 als F re ihe r rn . I h r W a p p e n ist ein redendes : In Blau ein s i lbernes Hirschhorn gebogen übe r e inem gol-denen Dreiberg. Die a l te B u r g w a r n u r 60 Schuh (ä 30,5 cm) bre i t und von der 2,60 m dicken Schi ldmauer , de ren Res te noch zwischen den be iden schwachen R u n d t ü r m e n zu sehen sind, bis auf die äuße r s t e Spitze 72 Schuh lang. Bere i t s 1380 w e r d e n als Tei le der B u r g genann t : das U n t e r e u n d O b e r e Haus h in te re inande i gelegen (welch letzteres 1427 als Hin te res Haus , jenes als Großes Haus erseneint) und der T u r m den Swigger von Wildenau te i lweise von seinem Ohe im Kunz von Horns te in geerb t h a t t e und 1387 an Benz von Horns te in ve räuße r t e . Seit 1427 h a t t e n die H e r r e n von Reischacl Teile der Burg, seit 1465 auch den T u r m , u n d schließlich e rwa rb K o n r a d v. R. von Hans v. Horns te in auch das Restdr i t te l . Die Reischacher v e r p f ä n d e t e n alles samt Bit telschieß im J a h r e 1501 an Hie ron imus von Croar ia u n d v e r k a u f t e n es i5iü an den kaiser l ichen Sek re t ä r J o h a n n e s Renne r , nämlich: 1.) Schloß bezw. Fes te Hornste in , 2.) das Große Haus oder Al te Haus d a r a n u n d die Hofs ta t t dah in te r , da r in vor J a h r e n K o n r a d von Horns te in gesessen, 3.) die große Scheuer im Hof, 4.) die Hofs ta t t an der L u k e an -"ans Kel le r zu Hornste in , samt Holzlege, Mistschüt te und der Hofra i te , die zu dem Großen u n d dem Hin te ren H au s gehörte , 5.) den T u r m mit se iner Gerecht igkei t bei dem ge-n a n n t e n Schloß, 6.) das Burgs ta l l (Burgstelle) Beytelschieß, alles u m 4266 rh. Gulden. Der in L e h e n s u r k u n d e n noch 1694 vc kommende , aber atsächlich nicht m e h r bes tehende T u r m (mit Nebengebäuden) s tand vielleicht westl ich in 100 m E n t -f e rnung , w o be i" i Haus des S t r a u ß e n b a u e r n Deschler noch eine Zis terne u n d s ta rkes M a u e r w e r k im Boden stecken, aucn im Or t sp lan der F l u r n a m e Altes Schloß e inget ragen ist. Siehe ist h ier wenigs tens (vor 1694) e inmal ein „Neues Schloß" err ichte t gewesen. Denn in der Beschre ibung des Ri t t e rgu ts von 1740 heißt es: „Zum Alten Schloß Hornste in , das auf e inem hohen Felsen steht , k a n n m a n nicht ande r s als durch zwei Tore kommen , w ä h r e n d das ander Schloß,

so von dem ge rad (westlich) h inübe r ebenfa l l s auf e inem Felsen steht , eigentlich das Neue Schloß ist u n d durch e inen B a u m g a r t e n von j e n e m ge t rennt . Dieses aber , wei len es von A n f a n g an, da es e rbaue t von n i e m a n d bewohn t w o r -den, ist vo l lkommen zergangen u n d ein o h n b r a u c h b a r e r S t e i n h a u f e n geworden" . Da 1510 der T u r m nicht in, sondern b e i dem al ten Schloß i rgendwo a u ß e r h a l b ges tanden hat , ist der Schluß nicht zu gewagt , an seiner Stel le sei spä te r dieser neue Bau erstel l t worden .

Nachdem die S t a m m h e r r n 1512 die B u r g wiede r an sich gebracht und zum Wohnsi tz e rkoren , ger ie ten sie nach dem 30jähr igen Kr ieg in Geldschwier igkei ten, sodaß ein Ve t t e r von der Gö" inger Linie, F rh A d a m Bernha rd , Horns te in samt Bit telschieß im J a h r e 1694 u m 16 000 Gu lden der F a -mil ie r e t t en mußte . Derse lbe riß sofor t das a l te Schloß fas t vol ls tändig ab, bauite es 4stöckig (— 46 Schuh hoch) neu, ver leg te die a i te Kape l l e aus dem vorde r s t en A n b a u übe r dem Felsen in den runden , damal s e rhöh ten sog. Wasse r -t u r m beim oberen Tor, glich die be iden R u n d t ü r m e der a l ten B :g fegen len Hof in H ö h e u n d Fens t e rn e inande r an und f ü h r t e sie bis in Höhe der u n t e r e n Bühne , worauf sie welsche H a u b e n b e k a m e n . Der sogenannte L a n g e - oder Neue Bau mit seinen zwei Fe l senke i le rn zwischen dem noch s te-henden west l ichen Schnecken turm u n d der neuen Kapel le , das große K o r n h a u s (östlich vom oberen zum u n t e r e n Tor) wurden e rneuer t , ebenso die Bau ten im Vorhof (vor dem oberen Tor im heu t igen Dorf ) u n d le tz te re r mi t e iner "Hauer bezw. Z au n u m f a n g e r alles z u s a m m e n f ü r 14 200 Gulden. Dazu k a m ein neues P u m p w e r k an der Laud i e r t , dessen Ble i röhren das Wasser in den Schloßhof lei teten, auf 1 500 G. zu s tehen. Die Ka^ei le erh ie l t zunächst 1710 e inen T r a g a l t a r u n d 1725 durch Weihpiscbof F ranz Ant . von S i r -genste in die Weihe zur E h r e der Unbef leckten Empfängn i s (Dogma erst 1854!). Langwier ige Ju r i sd ik t ionshände l mi t dem F ü r s t e n h a u s S igmar ingen ver le ide ten d e m spä te ren Be -si tzer B e r n h a r d Mar ia v. H. den Besitz u n d so v e r k a u f t e er -79C Horns te in mi t Bit telschieß u n d h a l b Bingen u m 170 000 Gulden an den F ü r s t e n Anton Alois von Hohenzol lern . 1818 w u r d e im Schloß eine S t r a f a n s t a l t err ichtet , die 1868 nach Uebe rgang des Landes Hohenzol le rn an P r e u ß e n wie -der au fhör t e . Die H e r r e n von Horns te in ° r w a r b e n n u n ih re , ' t a m m b u r g wiede r zurück, w u r d e n abe r le ider wegen deren b isher igen V e r w e n d u n g nicht m e h r da r in heimisch u n d ve r -d ingten sie 1873 auf Abbruch an drei Horns t e ine r Bürger . Kape l l e u n d To rhaus daneben lief m a n s tehen, bis le tz teres ebenfa l l s seit 1900 zerfiel. Die F r e i h e r r n s te l l ten das Ki rch-lein der Gemeinde Tur Benü tzung frei , die es auch un te rhä l t .

B i t t e l s c h i e ß , n u r zehn Minu ten von Horns te in e n t -fe rn t , ist nach den H e r r e n benann t , die seit 1083 im Dorf dieses N a m e n s (2 St . südl . von Sigmaringen) a u f t a u c h e n u n d

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30 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T Jah rgang 1.952

um 1240—65 hier bei Bingen nachzuweiseil sind. Gegen Ende des 13. J a h r h u n d e r t s veräußer te einer des Geschlechts die ö d e B u r g s t e l l e und Güter dahier an die Habsburger , die sie dann vor 1313 an Mangold und dessen Sohn Konrad von Hornste in verpfändeten . Deren Nachkommen besaßen 1330 die (also wiederaufgebaute) F e s t e Bittelschieß als P f a n d und später als österreichisches Lehen. Ulrich v. H. ve rpfände te 1416 das „Niedere Haus" der Burg B. und ein dazu gehöriges Fischrecht an Wolf von Asch. Hierher ge-hör ten auch 1/a der Landgarben zu Bingen und das Recht, den Hir tens tab zu verleihen. Traf der Hirt den Schloßherrn nicht zu Hause, so brauchte er mit dem Stecken n u r dreimal an den Schloßfelsen zu schlagen, und erhielt damit den Stab geliehen. 1479—80 w u r d e Burg Bittelschieß in einer Fehde zwischen Erzherzog Sigmund von Oesterreich und Graf Ebe r -ha rd von Wür t t emberg wahrscheinlich von einem Lenens-mann des letzteren, Konrad von Reischach zu Hornste in ge-sessen, ve rb rann t und sei tdem nicht mehr aufgebaut ! Be rn -ha rd v. H. ve rkau f t e 1490 das Burgstal l mit Zubehör als österreichisches Lehen an den Grafen Andreas von Sonnen-berg, der es schon jahrs darauf an die Reischacher zu Horn -stein vertauschte, bei welcher Burg es for tan blieb. 1615 bis 1790 ist eine hornsteinische Mahl - und Sägmühle (am Aus-gang des Tälchens anstel le der jetzigen Schleuse) mit einer große Brücke genannt (Mühlhalde!). Die Wal l fahr t skapel le zu Unserer Lieben F r a u w a r noch 1694 dem hl. Ulrich ge-weiht und vermutl ich um 1625 von „Ulrichs Tr i t t " am Roß-lauf hier verlegt gewesen. Sie bes tand sicher 1651, als der

hornsteinische Kaplan einmal im Monat dar in Gottesdienst hielt. Kirchlein samt Al ta r w u r d e n un te r dem neuen Be-sitzer von Hornste in um 1696 erneuer t , westlich davon 1701 ein Brude rhaus errichtet, das 1810 samt dem Gärt le in davor wieder abging. Der letzte Eremit Mart in S t rang s tarb 1804, worauf das Sigmaringer Für s t enhaus die Wohnung an seinen Schäfer verpachtete . Daß die Kapel le in einem T u r m der 1480 zers tör ten Feste errichtet sei, scheint nicht g laubhaf t , da auf dem fast unzugänglichen Felsen dah in te r deutliche Mauerspuren (vielleicht des „Oberen Hauses") zu f inden sind. Das Niedere Haus von 1416 stand en tweder h in ter dem (erst un te r den neuen H e r r n Hohenzol lern-Sigmaringen e r -richteten) Oelberg, wo sich noch 1792 Kellergewölbe vor-fanden, oder auf dem ganz f re i s tehenden Felsen am Aus-gang des Tälchens, der einst mit Wassergraben umgeben war . Ein dreifacher Graben — in den inners ten münde t das bekann te Höhlenkamin — schloß die sonst unangre i fba re Obere Burg vom nördlichen, etwa 1,10 ha umfassenden rechteckigen Vorhof ab, der ehedem die Wir tschaf tsgebäude und Wohnungen der Burgleute mit mächtiger Mauer u m -schlossen haben wird. Die Anlagen des lieblichen Fleckchens Erde w u r d e n u m 1838 vom Fürs t enhaus Sigmaringen e r -stellt und samt der Kapel le bis heu te unterha l ten . Letztere ist n u r an Sommersonntagen geöffnet und wird von Bin-gen aus an bes t immten Tagen gottesdienstlich versehen, so an Maria Heimsuchung ehemals aber zwei Tage später , am Tag des hl. Ulrich (4. Juli), dessen S ta tue noch den Ehren -platz auf der Evangel iumsei te des Al tars innehat . J. A. Kr.

Aus hohenzollerischen Pfarrarchiven (Fortsetzung) v. F. St.

(Einträge im 3. Band der Hechinger Taufoücner (1730—1754:) Den 14. Dezembris 1739 habe ich bey Ihre Excellenz F r a u

Grä f f in in ihrer Capellen die ers te H. Meß gelesen. Anno 1740. Im Monat Februar i i ein solche Käl te e ingefal-

len, welcne gedauer t bis auf den 11. März, so dem kal ten Winther nichts nachgeben, in Pohlen, Moscau undt andern kal ten Ländern bis 5 Gradt höher als 1709 gestügen und vil menschen er f roren , auch sogar vil schwenen sich haben sehen lassen undt zue ro t tenburg bey 6 geschossen werd ten undt der he r r von u lm ein auf seiner t a f fe i gespetsset wie auch zue sigmaringen e iner geschossen worden, weicher 10 p f u n d gewogen, an dem undt ser vil hier sich aufgehal ten . Am aschermittwoch w a r ein ieidentlicher tag, aber am donners-tag ein solcher durcnt r ingender windt , so daß das ganze j äh r n iemahls gewesen, wie auch am f rey tag und sambstag con-t inuier t . In feste josephi auch ein tag zuvor ein sehr kal ter schnee gefallen mit einem grausamen Sturmwind undt hat dises we t t e r gedauer t bis auf den seien montag, w a r e n ein schöner hel ler tag gewesen. An philippi jacobi ein schöner tag gewesen, im fes te inventionis den ganzen tag geschneit, daß es erschröcklich anzusehen war . Undt dises we t t e r hat gedauert bis auf den 19. may, woran ein schöner tag gewesen.

Den 13. juni 1738 ist h. p f a r r e r Wilhelm leonardi zue boll gottseelig entschlaffen, requiescat in pace.

Den 8. augusti ist h. p f a r r e r zue thanhe im mathaeus wag -ner gestorben, requiescat in pace.

Den 9. septembris 1738 ist h. p f a r r e r in grosselfingen ge-s torben franciscus josephus lenz, rel iquit multa debita 500 fl et u l t ra et post mor tem vergandt woraen, daß ein tl n u r 20 xr. bekhomen, requiescat . dominus pröbst le anno 1738 den 19. novembris .

NB. Den 23. May 1709 ist h. S t ad tp f a r r e r joh. mar t in fischer von der gemeinen stadt hechingen 6 k l a f f t e r holz wegen be -grabung der Kinder von 1 bis 10 Jah r , wenn solche von b ü r -gerlichen ael tern hers tammen, jährlich zugestanden worden, wie solches auf dem ra thaus protocoliiert zu sehen. F ü r die begräbnis der nicht bürgerl ichen k inder sind zu bezahlen 12 xr.'

Notata was alhier under mier joanne mar t ino fischer pa -rocho et decano denckhwüert iges geschehen undt zwar anno 1719.

Den 28. may als abendts umb 5 u h r ist alhier ankhomen ein griechischer bischoff, welcher von denen türckhen gefan-gen, härtiglich geplaget undt entlich durch die h. h. pa t res jesuiten erlöset worden; ha t den 29. in alhiesiger hochfürst l . hoff Capellen öffentl ich more graecorum mess gehal ten; auch den 30. in alhiesiger s tü f f t und p fa r rkürchen .

Den 19. juni seindt alhier ankhomen die eüf f r ige buespre-diger mit n a m e n R. Dominus Carolus Maliarde, P. Michael Kolb, P a t e r Franciscus Juvenius Bailer, so 8 tag alle 3 p re -digen abgelegt auf e inem thea te r vor der undern kürchen-t h ü r heraussen, alwo bey 12 000 persohnen gegenwärt ig w a h -ren, auch bey dem h. creuz ein mission creuz aufgestöckhet, bey welcher procession bey 5000 persohnen gezählt worden. Seindt auch bei 12 000 persohnen mitt dem hochwürdigen a l ta r sacrament gespeiset worden. H. Pf leger w a r e n Thomas Regensburger und Jacob Fre idenman.

Den 28. aug. ist alhiesige kürchen ausgeweislet worden anno 1719 pro 50 fl. Den 31. octob. ist hier ein entsötzliche b runs t ausgangen bey laurent ie k ü p f f t undt 21 fü r s t ve r -b r u n e n nachts umb 3 vier tel auf zehn u h r und ist die ganze gassen bis zue des h. castners seel. behausung eingeäscheret worden.

Anno 1724 den 12. febr . ist zue bahl ingen gegen 3 u h r nach mit ternacht eine entsötzliche b runs t ausgangen, wor innen 164 häuser undt 263 hausha l tungen die ganze l inkhe sei then sambt vil 1000 schäffel veesen undt andere vil unzahlbaren f rüch ten ve rb runnen ; der schaden der häuser allein auf 3 000 000 fl geschätzt worden in meiner praesenz undt gegen-war th . P ro dolor! ist den 17. j anuar i i 1725 zue horb zwischen 4 undt 5 uh r eine entsötzliche feyerbruns t bey großen en t -s tehenden windt en t s tanden bey welcher k a u m ein theh der stat t über geblüben, namblichen der neckarthei l sambt dem f ranciscaner undt grauen samlung closter. NB. tacebo de miseria al iorum sapienti pauca.

Aus der Heimatliteratur v. J. A. K r a u s

M a u t e s Hohenzollern - Kalender 1951, der berei ts in vier Jahresfolgen 1938—41 entzückende Bi idblä t ter aus der Landschaf t und Ku l tu r Hohenzoherns nach A u f n a h m e n von Christ ian Maute darbot, erschien wieder nach langer Pause auf Weihnachten 1950 in zwei Ausgaben, die sich lediglich durch das mehr fa rb ige Vorsa.zblat t unterscheiden. Die eine zeigt den Fabrikschornstein der a. Maute-Bis ingen f ü r die Betr iebsangehörigen, und die andere die Burg Hohenzollern in Mehrfa rbendruck f ü r die Aligemeinheit (Verlag Kar l

Weinbrenner , Stut tgar t , 3.50 DM). Der Ka lender bietet 53 A u f n a h m e n mit Naturs t immung, i_,andschaftsformen, Or ts -und Arbei tsbi ldern, meist aus dem Kreis Hechingen. Viel-leicht könn ten da und dort auch historische Notizen im Text verwende t werden, ohne daß sie deswegen langweilig wi r -ken müßten. Inzwischen erschien auch der von 1952.

Zur Kirchenheil igen von -S t r a ß b e r g ist das sehr k r i -tische Buch von Adolf Reinie: Die heiiige "Verena von Zur-zach zu vergleichen (246 S., Abb. im Text und auf 20 Tafeln,

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J a h r g a n g J052 H O H E N Z O L L I S C H E H E I M A T 31

Holbe in-Ver lag in Basel, 1948; „Ars docta" B a n d 6). Es b e -hande l t die V e r e h r u n g u n d Legende der Heil igen, die k i rch-lichen D e n k m ä l e r des V e r e n a w a l l f a h r t s o r t s Zurzach, das sog. Mirake lbuch von ca. 1010, u n d zeigt, wie „die V e r e h r u n g in die Li turgie , Dichtung, N a m e n g e b u n g u n d ins Pa t roz in ien -wesen auss t rah l te . "

I m Organ des Scnwäbischen H e i m a t b u n d e s „ S c h w ä -b i s c h e H e i m a t " H e f t 5, 1950, veröf fen t l i ch te E b . G ö n -n e r von Hechingen einen Bückblick auf die Geschichte der hoiienzollerischen Fürstentumer anläßl ich des 100. J a h r e s -tages ihres Uebergangs an P r e u ß e n . Besonders s ind die U r -sachen dei damal igen Ereignisse herausges te l l t . Der V e r -fasse r ha t übe r die Vorgeschichte, nämlich die R e v o l u -t i o n v o n ' 8 4 8 i n H o h e n z o l l e r n e ine Doktorarbe i t geschrieben, die hoffent l ich ba ld im Druck erscheint, da sie wegen Ve rwendung von ganz n e u e n Quel len besonders wich-t ig ist.

.,Aus der Geschichte der Wälder Im hohenzollerischen Mo-räneiand" nenn t sich ein Aufsa tz des Kre i sschul ra t s Dr. K a r l K u h n in Hechingen, der im 19. H e f t (1950) de r V e r ö f f e n t -l ichungen ae r Wür t tog . Landess te l le f ü r Naturschutz u n d Landschaf tspflege erschien. Der als Na tu rwi s senscha f t l e r b e -k a n n t e Ver fasse r behande l t da r in a n h a n d von Archival ien des fürs t l ichen Archivs Sigmarir igen sein engeres H e i m a t g e -biet zwischen igmar ingen—Gstrach u n d P f u l l e n d o r f — M e ß -kirch in v ier J a h r h u n d e r t e n .

Ein ungemein aufschlußre iche Geschichte der oberpfälzi-schen Eisenindusterie bis Ende des 30jährig. Krieges schrieb F. M. R e e s im 91. B a n d de r V e r h a n d l u n g e n des histor . Vere ins Regensburg (186 S., 1950) Wer weiß demgegenüber bei u n s e twas übe r die a l te Köhle re i u n d E i sengewinnung auf der Alb, e twa von den H ü t t e n w e r k e n von Th ie rga r t en u n d Laucher t ta l , von den Feh l inschmi t ten (Funken - oder

Hammerschmieden) zu Bingen (1720) u n d Bur l ad ingen (vor 1544), d e m Eisenloch (1530) bei Ringingen u n d ande rem?

Die a l te Pfarrchronik des 18. J a h r h u n d e r t s von P f r . Höl -lenste in zu Hausen am Andelsbach bespricht A. Siegel im J a n u a r h e f t des Ober rhe in i schen Pas to ra lb l a t t s 1951.

St. Fidelis von S igmar ingen . Fes tschr i f t anläßl ich des 200-j äh r igen J u b i l ä u m s de r Hei l igsprechung. Sonderabdruck aus

St. Fidel is S t i m m e n aus de r Schweizer Kapuz ine rp rov inz" Bd. 33 (1940) 150 S. Ver lag de r St. F ide l i sbuchdruckere i L u -zern, Wesemlin . — Die h ie r nicht vor l iegende Schr i f t en thä l t Aufsä tze ungleichen Inhal t s , wie die Geschichte de r Hei l ig-sprechung, F. im Spiegei seiner Br iefe , ein kos tba res Bildnis, de r Weg zu r Größe, die B e r u f u n g , das Sch r i f t t um des He i -ligen, das M a r t y r i u m in den ä l tes ten Zeugnissen u. a. (Kr i -tische Besprechung von O. Vasel la in Zei tschr i f t f. Schweiz, Kirchengeschichte 1947, S. 330—331.)

E ine k le ine re izende S tud ie schenkte uns Reg.-Dir . Michael W a l t e r : „Oer Alte, des Hainburg ist", ein Lebensb i ld des G r a f e n Fr iedr ich von Zollern, Viz tum zu Augsburg , gest. u m 1361 (Zeitschr. f ü r Geschichte des Obe r rhe in s 1948, S. 307 bis 322'i- Aus 2 Dutzend U r k u n d e n schuf e r ein anschaul iches Biid seines Lebens u n d zugleich e inen w i l l k o m m e n e n Bei t rag zur k le inen He r r s cha f t H a i n b u r g bei Grossel f ingen.

Eugen S t e m m 1 e r, Die Grafschaft Hohenberg u n d ihr Uebe rgang an W ü r t t e m b e r g 1806 (Dars te l lungen aus der Wür t tbg . Gescnichte Bd. 34, 133 Sei ten u n d eine Kar te , V e r -lag K o h l h a m m e r - S t u t t g a r t , 1950, 5.40 DM). Das Werk m u ß s t ' Dn wegen de r u n m i t t e l b a r e n Nachbarschaf t von H o h e n -zollern in teress ieren, behande l t abe r auch teils die Geschichte de r H e r r s c h a f t e n Wehrs te in u n d S t raßberg , Dorf Wilf l ingen, ß e u r o n , Storzingen, Mühle Hei l igenz immern usw.

(For t se tzung folgt.)

Bernhardskapellen bei Melchingen und Kingingen In Nr. 3. 1951 des Ka th . Ki rchenb la t t e s des Laucher t t a l s

ber ichte te P f r . A . Waldenspu l ü b e r die ehemal ige B e r n -na rduskape i l e bei Melchingen, a m a l ten Weg nach Ringingen, " cren Stei le heu te durch e inen 1847 von der Fami l i e Georg

Viesei u n d E h e f r a u Luzia Faig le e r r ich te ten Bildstock b e -zeichnet ist. Wann iie Kape l le en t s tand , ist nicht m e h r nach -zuweisen J e d e n f a l l s lesen w i r im al ten Fleckenbuch von e twa 1450: „Es geht ein Weg vom käpel le uf den Büh l" (in Richtung Sa lmendingen) . Le t z t e r e r h ieß auch Galgenbühl , noch im 18. J a h r h u n d e r t w a r dor t auf der K a r t e ein Galgen eingezeichnet. 1661 w u r d e die Fe ldkape i i e r es taur ie r t , 1726 hat der M a u r e r U l a n d d a r a n gearbe i te t u n d der Schlosser Hans Mar t in H a u einen neuen Opfers tock aufges te l l t f ü r 1 Gulden 36 Kreuzer . U n t e r d e m r e f o r m f r e u d i g e n P f a r r e r Joh. A d a m Grausbec'k, e inem ehemal igen K o n v e n t u a l e n vom P r ä -mons t ra t ense rk los t e r Allerhei l igen, aus Wolfach gebürt ig , ging das Hei l ig tum ab ' vo r 1825). Die S t a tue abe r w u r d e 1847 in den neuen Bildstock ü b e r n o m m e n . Auch ha t die S t i f t e r -famil ie damal s zwei Pappe in aus Reut l ingen beschaf f t , die den Bildstock bis h e u t e beschirmen, w e n n sie auch inzwischen selbst a l tersschwach geworden s ind u n d vom Denkmalsschutz gepf legt werden . 1859 w u r d e das Bild auf Kos ten des Georg Viesei v. ¿eder ge faß t durch B i ldhaue r Ka r l Knaus , u n d s p ä t e r ließ die Wi twe das Bild noch e inmal e rneue rn . N eu -lich ha t K u n s t m a l e r Alber t Bausch-Melchingen den Stock und das Bild wieder zunf tgerecht ge faß t u n d ins tandgesetz t .

Merkwürd ige rwe i se b e f a n d sich ehemal s unwe i t d ieser S t ä t t e auch eine Be rnha rdskape l l e bei Ringingen, auch Wei-l e rkäppe le genannt , u n d mit jener einst (1530 Fleckenbuch!) durch e inen von Bur lad ingen nach Melchingen f ü h r e n d e n F u ß w e g ve rbunden . Auch sie ist u m 1830 abgegangen u n d an de ren Stel le ha t m a n an der Käppe les ta ig 1934 ebenfa l l s e inen Bernhardusbi lds tock err ichtet . B e i d e K a p e l l n w a r e n n i c h t k o n s e k r i e r t , u n d m a n k o n n t e da r in somit ke ine Messe lesen. 1530 reichte bis zu „St. B e r n h a r d e n " de r Weidezaun des Dorfes. I m J a h r e 1693 w u r d e das Hei l ig-t u m mit Schindeln neu gedeckt, auch Leim u n d Fa rben , B a u m - u n d Leinöl dazu ve rb rauch t u n d einige M a u r e r a r -beit gemacht . Hie r heißt es in der Heiligenrechi ing ba ld Wei ler - , ba ld Bernha rdskappe le . Angeblich n a ^ e dar in zu -letzt eine S t a tue de r Mut te rgo t tes ges tanden, in d e r e r ge-ö f f n e t e n M u n d die K i n d e r be im Beerensuchen gelegentl ich E r d b e e r e n legten. Wie schon Waldenspu l ve rmute t e , w i r d woh l das Zis terz ienserk los ter Bebenhausen bei Tüb ingen die V e r e h r u n g des Ordenshei l igen in unse re Gegend gebra ' t haben . D a f ü r sprechen m e h r e r e Gründe : I n de J a h r e n 1277 u n d 1279 schenkte de r Ringinger B rgher r , de r Ede l f r e i e E b e r h a r d von Ringingen einigen Besitz im O b e r a m t L Dön-berg ans Klos te r Bebenhausen . Demnach h a t t e e r enge B e -

z iehungen zu diesen Mönchen des hl . B e r n h a r d ! A m 22. Apr i l 1304, also nicht sehr lange hernach, s t i f te t d e r R i t t e r Anse lm von Holns te in in S te t t en an der Laud i e r t , also unwei t der be iden Kapel len , eine F r ü h m e ß p f r ü n d e , de ren Pa t rona t s recn t er w i e d e r u m dem Klos te r B e b e n h a u s e n e in räumte , das er b is zur A u f h e b u n g des Hauses im 16. J a h r h u n d e r t ausübte . Die Zis terz ienser müssen demnach bei Adel u » d Volk u n -serer Alb woh l b e k a n n t u n d gel i t ten gewesen sein. Z u d e m h a t t e n die P f a l z g r a f e n von Tübingen , die S t i f t e r B e b e n h a u -sens, im J a h r e 1256 u n d 1277 u n d spä te r wie es scheint die Obe rhe r r s cha f t im A m t Trochte l f ingen inne. Vielleicht fä l l t auch in die Zeit u m 1300 die G r ü n d u n g de r be iden Kapel len . E inen we i t e r en Z u s a m m e n h a n g mit Bebenhausen darf m a n vielleicht v e r m u t e n : Der W a l d n a m e B ä b e - oder alt „B e -b e n 1 o c h" bei der Ringinger B e r n h a r d s k a p e l l e ha t b i she r al len Deu tungsversuchen getrotzt . Soll te ga r B e r n h a r d oder noch eher B e b e n h a u s e n dar in stecken, wobei d a n n „ B e b e n h a u s e r L o c h ( » Waid)" e infach spä te r zu-sammengezogen wäre? Kr .

An das

Postamt

in

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32 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

Kleine Mitteilungen Hörschwager Kirchenbau 1701. Da das Kirchlein u m 1700

dem Einsturz nahe war , sandte P f a r r e r Benedikt Schmid von Trochtelfingen, dem damals die Filiale unters tand , Bet te l -br ie fe aus. A m 21. Dezember 1701 wurden die Arbei ten ve r -geben: „Heut dato haben M a r x Sonntag Vogt im Beisein beider Heiligenpfleger auch der gesamten Gemeind zu Her -schwag ihren Kirchenbau den Meistern J e rg Koler, Z immer-mann, und P e t e r Gom, Maurer , verdingt . 1.) solle Meister J e rg Koler einen völligen Dachstuhl samt auf 2 Säulen r u -henden Glockengerist, auch Veränderung der Borkirche (Em-pore) ver fer t igen f ü r 21 Gulden und 8 Viertel Vesen und 1 Viertel Gerste. Auch sollen die Burger ihm selbdri t t (also mit seinen 2 Gesellen) sechs Tag zu essen geben. 2.) solle M. Pe te r Gom auf das al te Gemäuer setzen annoch in die Höhe 6 Schuh (1.80 Meter) und solches um die ganze Vierung, auch die Borkirch he l fen ein- und ausrichten, f e rne r 2 große Fen -ster (je 6 Schuh hoch und 3l/2 Schuh breit) auch 3 Rundel l auf die Borkirch ( je 1 k Schuh hoch und brei t ) einsetzen, die al te Ki rchentür zumauern und eine neue in den vorderen Giebel einsetzen, die Kanzel neben das Fens te r befest igen und das Dachwerk wieder fer t ig machen. D a f ü r e rhä l t e r 34 Gulden, 1 Scheffel Vesen, 1 Vierl ing Erbsen, selbdrit t ä 6 Tag Speis von den Burgern, auch soll ihm während der Zeit ein Handlanger zugegeben werden . Herschwag den 21. Dezember 1701. Benedikt Schmid, Cammere r zu Trochtel-fingen, Marx Sonntag Vogt, Jakob Werz Aftervogt , Christ ian Werz, Heiligenpfleger (P fa r r ak t en Trochtelfingen). Bekann t -lich ha t man 1928 diese Kirche bis auf den Chor abge-brochen, auf dessen Mauern jetzt der Fachwerk tu rm errich-tet ist. K.

^iir die Gauselfinger Kirche l iefer te laut Hei l igenrechnun-gen ein sonst nicht hervorge t re tener Veringer Maler und Bi ldhauer E g i d i H o c h s t e i n im J a h r e 1758 einen hl. Wendelin und sechs weitere, nicht genannte Figuren, w o r u n -ter Xave r Schilling, der da rübe r in der Hohenzoll. Zei tung vom 29 . 8. 1951 berichtete, folgende noch vorhandene S ta -tuen mit Recht ve rmute t : Die Kirchenpatrone Pe t rus und Paulus , Schmerzensmutter , Oelbergchristus, Joachim (nicht Josef?) und Anna. Auch über Kelch und Ziborium f inden sich in den Rechnungen Angaben um 1786. Es sind Augs-burger Arbei ten (von Seetaler, wenn ich mich nicht irre). K.

Siechenhaus zu Ringingen. In dem westlich von Ringingen gelegenen Seeheimer Tal heißt eine Quelle S i e c h e n -b r ü n n e 1 e, so schon 1545 Siechenbrundlin. Die Ueberl ie-ferung, daß die hier an ansteckenden Krankhe i t en Leidenden ihr Wasser holen mußten , ist g laubwürdig. Es f i r d e t sich nämlich in der Hei l igengüter-Beschreibung vom J a h r e 1694 ein Acker im Kieinöschle, der h inaus gegen dem Sie^hen-haus stößt und herein an die Gemeindegasse (bei der K a p -pel!). Damit ist die Stelle des ' iechenhauses ziemlich genau zu best immen. Es lag da, wo der Fußweg die ers te Kvrve des Seeheimer S t r a f e al .chneidet. Wann das Haus ibging, ist nicht bekannt . Im 18. J a h r h u n d e r t scheint es nicht mehr bes tanden zu haben. Kr.

Gräberfunde im sog. Gallengarten zu Ringingen 1938. Bei Ausgrabung einer Dunglege des Gregor F r e u d e m a n n auf dem Gal lenberg am West rande des Dorfes k a m man in 1,50 m Tiefe im J a h r e 1938 auf einige Reihen menschlicher Skelette, von denen die einen geostet, die anderen mit dem Kopf ge-westet lagen. Der vers torbene Forscher Johann Dorn von Haid-Trochte l f ingen ha t t e f r ü h e r hier schon Alemannen-gräber vermute t , wohl wegen des benachbar ten F lu rnamens „Im L a r ' (Le — Grabhügel ) . Un te r den Schädeln und Ge-beinen f anden sich noch ganze Kiefer mit Zähnen. Im Gar ten s tand bis 1834 eine wohl ins 12. J a h r h u n d e r t oder f r ü h e r zu-rückreichende Kapel le des h l . G a l l u s , die auf das bekann te Kloster St. Gallen zurückgeht, was insofern auffä l l t , weil die Galluskirchen sonst meist P f a r r k i r c h e n waren . Unsere St. Mar t in geweihte Pfa r rk i rche dagegen liegt gerade am an -dern Or tsende nach Osten und s tand sicher schon 1530 dort. Vielleicht handel t es sich bei der St. Gallenkirche um eine f r ü h ausgegangene Eigenkirche des Klosters mit Seelsorge f ü r die klösterlichen Eigenleute. Mehrere P fa r rk i r chen am gleichen Ort w a r e n im Hochmit telal ter keine Seltenheit . Nachweislich be fand sich im J a h r e 1668 noch der Gottesacker bei der Gallenkapelle , aber wi r wissen nicht, ob er n u r in den vorausgegangenen Pest j äh ren vorübergehend dor thin ge-legt wurde . Nach Ueber l ie fe rung der E inwohner von 1806 soll die Gallenkirche einst die Mutterki rche gewesen sein, was man leider nicht m e h r nachprüfen kann . Gefäßscherben oder i rgendwelche Beigaben f anden sich nicht bei den Grä -bern , so daß es sich sicher n u r u m christliche Tote handeln kann . Mangels wei terer Beweise möchte man also auf Ueber-res te vom Friedhof von 1661 schließen. (Zollerheimat 1941, S. 1—3"

Alte Leute e r inner ten sich noch daran, von ihren El tern gehört zu haben, daß schon u m 1875 beim Bau des in f rage s tehenden Hauses viele Totengebeine zutage kamen . Und nach der Sage soll dort un te r der Türschwelle der ehem. Kapel le ein „Riese" begraben sein. (Hohenz. J ah re she f t e 1938 S. 146.) Ein Alemannenfr iedhof ist in Ringingen noch nicht entdeckt worden. Kr.

Kaplanei Bisingen. Am 10. Apri l 1519 erhiel t der Dekan von Hechingen den bischöflichen Auf t rag , den Verzicht des Kaplans Johannes Y s e 1 i n an der Kaplanei St. Cathar ina und Nikolaus der Kirche in Bisingen entgegenzunehmen. Am gleichen Tage wurde Magister Ebe rha rd Vogel von Meldungen, den Graf Joachim von Zollern als Vormund der Kinder des Gra f en F r a n z Wolfgang von Zollern schriftlich präsent ier t hat te , als neuer Kaplan proklamier t . Die Inve-s t i tur f a n d am 17. Mai 1519 s tat t (Erzb. Arch. Ha 110, fol. 41 und 44). Im J a h r e 1484 w a r ein Hainrich Businger (Bisinger) Kaplan am Al tar St. Nikolaus zu Bisingen und ' iatte ein E inkommen von jährl ich 26 P f u n d Heller 1539 Gold-mark ) (Freibg. Diöz. Arch. 26. S. 52). Kr.

I r Gammertineen we rden im Oktober )i>47 genannt- P f a r -re r Wolfgang Schetner (?), Schultheiß Dominikus Stii ;le, Burgermeis te r Hans Haw, fe rner Maister Johannes Haw, Bader, mit seiner Bads tube an der S ted tmar? r G. gelegen, r^er da raus an die P f r ü n d e St. Ka tha r ina und Nikolaus jähr-, iicn 1 P fd und 2 Schilling zu zahlen hat . Die Hanfgä r t en ge-ben die zennte Sang (Handvoll, Büschel, vgl. Weihsang!), odei f ü r 1 Vier tel (Samen) 1 Schilline. K.

Türkin air> Sigmaringer Hofe. Am 10. August 1699 ehelichte Blasius Haiß von Jungingen Klara N., eine ge tauf te Türkin , die beim fürs t l ichen Hofe zu Sigmaringen stand. Das Ver -mögen des Bräut igams bes tand in einem Jaucher t Acker, e inem halben Viertel Wiesen und dem 6. Teil an einem Hause. Die Türk in brachte in die Ehe, was „gnädigste Herrschaf t ihr schöpfte!" Haiß war auf Fürsprache der fürs t l ichen He r r -schaft zu Sigmaringen grat is aus der Leibeigenschaft ent las-sen worden. Sch.

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Beim Verldg S. Acker sind von den ersten fünf N u m m e r n noch Exempla re vorhanden . Nachbestel lungen sind daher möglich, worauf wir besonders die H e r r n Schulleiter a u f -m e r k s a m machen.

Die Verfasser t ragen f ü r die e ingesandten Abhandlungen die Verantwor tung. Machdruck der Originaiar t ikel ohne Quel lenangabe verboten! He imat f reunde! Werbt bi t te in Eu rem Bekanntenkre is f ü r neue Bezieher. Der Verlag stellt P robeexempla re zur Verfügung.

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Hohenzollerische Heimat Vier te l jahresblä t ter f ü r Schule und Haus

Herausgegeben vom Verein für Geschichte in Verbindung mit

Schrif t lei tung: Josef W i e s t , Gammer t ingen

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Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Buchdruckerei S. A c k e r , Gammer t ingen

Nummer 3 Gammertingen, Juli 1952 I 2. Jahrgang

/. Teil Fischingen, die älteste Saline Hohenzollerns von Michael W a l t e r

Der mit t lere Muschelkalk wird auch als Salzgebirge be-zeichnet, seitdem man vor ander tha lb J a h r h u n d e r t e n fes t -gestellt hat , daß sich in ihm reiche Salzabiagerungen f inden. Salzquellen aus dem mit t le ren Muschelkalk w a r e n schon lange bekannt . Das benachbar te Sulz am Neckar ve rdank t ihnen seinen Namen, seine Ents tehung und seine Bedeutung. Auch Hohenzollern besaß schon f r ü h eine Salzquelle zu Fischingen.

Im J a h r e 994 s tarb Hadwig, die Herzogin von Schwaben, die auf dem Hohentwiel residierte, Witwe des Herzogs B u r -chard II. von Schwaben. Da sie keine Kinder hat te , fiel ihr Erbe, zu dem auch Fischingen gehörte, an ihren Neffen, den nachmaligen Kaiser Heinrich II., der Heilige, der von 1002 bis 1024 regierte. Dieser gründete zur Bekehrung der Slaven im oberen Maingebiet zu Bamberg einen Bischofssitz. Da das neue Bis tum noch wenig der Ku l tu r erschlossen war , so ha t te es n u r wenig Einnahmen. Der Kaiser schenkte ihm deshalb die E inkünf t e des Klosters Stein am Rhein, unwei t des Ausflusses des Rheins aus dem Bodensee, das vorher auf dem Hohentwiel gelegen war . Zu den Besitzungen dieses Klosters gehörte auch P h i s g i n a c u m f ö n t e s a l i s , d h. Fischingen mit seiner Salzquelle. So können wir in der Schenkungsurkunde f ü r das Kloster Stein lesen, die der Kaiser am 1. Oktober 1005 in Ulm ausstell te. Um jene Zeit gab es also in Fischingen eine Salzquelle, die o f fenbar f ü r das Kloster Stein und damit auch f ü r das Bistum Bamberg eine wertvol le Einnahmequel le darstell te, sonst wäre sie in der Urkunde licht besonders e rwähn t worden. Mari hat schon bezweifeln wollen, daß Fischingen eine eigene Salz-quelle besaß und deutete die Stelle so. daß Fischingen einen Anteil an einer1 Sulzer Salzquelle gehabt habe, mit anderen Worten: Man t r au te Fischmgen keine eigene Salzquelle zu! Dieser Zweifel ist unberechtigt , wie die- geologischen Ver -hältnisse von Fischingen zeigen. Der mit t lere Muschelkalk, dem in dieser Gegend die Salzquellen entspringen, lieg! n u r wenige Meter un te r dem Boden des NecKartaies. Wanr -schemlich k a m e n diese Quellen in den Wiesen an der Ge-markungsgrenze gegen Mühlheim am Bach hin, die heu te noch „S a 1 z w i e s e n" heißen, zutage.

Salzquellen w a i e n schon ir vor - und irühgeschicntlicher Zeit ein wer tvol le r Besitz, der gut beschützt und t ap fe r verteidigt wurde, wie mancher Kampf zeigt, der sich u m sie abspielte. So m u ß t e n z. B. die Alemannen die Salzquellen von Schwäbisch Hal l u m das J a h r 360 n. Chr. gegen die he ran -f lu tenaen B u r g u n a e r verteidigen. Von wei ther zogen die Wege, die a l te r S a l z s t r a ß e n , auf solche Salzstellen zu. Das t r i f f t auch f ü r Fischingen zu. Von Nordwesten her k a m auf der i inken Neckarseite ein a l ter Weg, der anscheinend auch von den Römern benützt wurde ; er stieg von dem Höhenrücken zwischen Neckar und Glat t ins Neckartai he run -ter, überschri t t den Neckar in einer al ten Fur t in der Nähe der heutigen Brücke bei Fischingen, e rk lomm die Höhe und f ü h r t e auf dem Fischinger Weg nach Empfingen, dann weiter nach Wiesenstet ten, überschrit t die Fyach bei T r rnau, f ü h r t e dann über die Bodenschwelle südlich vom Neuhaus , wo ; r teilweise .loch gut e rha l ten ist, nach Bietenhausen, wo er die Starzel überquer te , um in e inem loch heute e rha l tenen Fe ld-weg üoer den Katzbach nach Weiler und R o t t e n b u r j wei te r -zuziehen. An ihm lag der römische Gutshof be im Neuhaus, die abgegangenen Siedlungen Bechhausen und Bossenhausen und, was vor a l lem bemerkenswer t ist, an der Uebergangs-stelle übe r den Katzbach der Lagerplatz von Menschen aus dem Psi .äol i thikrm. der ä l teren Steinzeit, aiso e tw" aus lern J a h r e 5000 v. Chr.! Daß diese Leute schon Handel t r ieben

und Wege benutzten, zeigt die Tatsache, daß sie als Schmuck eine Muschel t rugen, die mir vor zwei J ah ren meine Tochter Ger t rud aus dem Mi t te lmeerhafen Ostia, dem al ten Hafen von Rom, mitbrachte. Im f r ü h e n Mit te la l ter scheint dieser Weg zur Verbindung der al ten F rankenburgen am Neckar, der Neckarburg bei Rottweil, der Burg Wehrs te in bei F i -schingen und der Alts tadt bei Rot tenburg gedient zu haben. Ein andere r a l ter Salzweg f ü h r t e von Fischingen übe r E m p -f ingen in der Richtung Weildorf, bog aDer1 als „Horber Weg" vor Weildorf nach dem Hof Tannenberg und Gruol ab, um über Hospach nach Owingen weiterzuziehen. Von hier e r -k l immt er in der Reutesteig den Keuperhang und zieht als der „alte Hechinger Weg" h in ter dem „Härle" (Josephsgarten) auf Gemarkung Grosself ingen am „Hofstät t ie" vorbei nach Weilheim und Hechingen und von da auf die Schwäbische Alb. Der Weg ist auf der Weildorfer, Gruoler und Grossel-f inger Gemarkung noch recht gut erhal ten. Weitere al te Wege f ü h r e n nach Norden, so eine al te S t raße (Römerstraße?) von Fischingen über das „Hochgericht", Taberwasen, Mühlen am Neckar und wei te r nach Eutingen. Von dieser zweigt beim „Hochgericht" die S t raße nach Nordste t ten und Horb ab.

Im Zusammenhang mit der Salzquelle von Fischingen er-scheint die Burg W e h r s t e i n in einem besonderen Lichte. War sie eine Gauburg, deren Gaugraf zugleich Lehensherr , Schutzherr, Zol lherr der Salzquelle war , also das Amt eines Salzgrafen inne hat te? Wir f inden ähnliche Verhäl tnisse z. B. in Schwäbisch Hall. Jedenfa l l s k a m der E arg Wenrs te in über Fischingen schon 'recht, f rüh eine oeso"dero Redeutung zu. F ranz Xaver F o d i e r betont in seiner „Geschichte des Ober-amts Haigerloch" mit Recht, daß es sich hier nicht u m eine gewöhnliche Ri t te rburg handel t , sondern u m einen bedeu ten -den Herrensi tz . Im al lgemeinen beginnt der Burgenbau um die Mitte des 11. J ah rhunder t s . Die Zollerburg d ü r f t e um das j ä h r lObÜ ents tanden sein, die Burg Hohens taufen e twa 30 J a h r e spater und nach wei teren 10 J a n r e n die Burg auf dem Wirienberig. Auf dem „Werestein" hat aher Pipin der Kleine, seit 751 König des F ranken iandes und Va te r Kar l des Gro-ßen, 300 J a h r e f rüher , am 27 Mai "752, eine U r k u n d e ausge-stellt, in der er dem Kloster P r ü m in der Eifei einige Schen-kungen vermachte Es ist dies wohl die erste Urkunde , die wi] aus Hohenzollern kennen. Die zweite ha t der Priester Audadcar am 3. Mai 795 in Rangendingen geschrieben Die Pipinische Urkunde ist auch die erste Urkunde eines H e r r -schers, die in Hohenzollern ausgefer t igt wurde ; die nächste s tammt von Kaiser Kar l dem Dicken (87G—387j und w u r d e am 13. F e b r u a r 88? 'n Mindersdorf ausgestellt Pipin ha t o f fenbar bald nach seiner E rnebung zum König der F r a n k e n eine Reise durch sein Reich anget re ten und Ist dabei be i den Gaug-a fen abgestiegen, in unserem Fal le bei dem Gra fen des Nagoldgaues. der damals vermutl ich auf der Burg Wehr-stein seinen Sitz hat te . Vielleicht va r es Graf Gerotd oder dessen Vater . Dem Gra fen Gerold begegnen wir öf ters in Urkunden , in denen Schenkungen an Klöster aus der TT..i-gebung von Fischingen gemacht wurden. Seine Schwester Hi l -degard w a r Gemahl in Kar l s des Großen.

Die Burg Wehrstein ist wahrscheinlich nach einem Be-sitzer oder dem Erbaue r Wero b e n a n m Es ist der Stein, d. h. das „Steinhaus" des Wero. Ein Wero begegnet uns in j ene r Zeit in dem Codex Laureshamensis , dem Schenkungsbuch des Klosters Lorsch bei Weinheim an der 3 e r g s t r a ß j E r schenkte am 10. Jun i 767 mit seiner G e m a h ü n Het ta Güter auf der „Tomiges te te r marca" , d. h. auf der G e m a r k u n g Dornstet ten Die Urkunde w u r d e im 16. J a h r e der Regierung des Königs Pipin, am 10. Jun i 767 ausgestellt .

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34 H O H E N Z O L t , E H Í S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1952

Wir sehen, der R a u m u m Fischingen ha t eine a l te und reiche Geschichte. Sie n e n n t uns Ges ta l t en wie Pip in den Kleinen, den G r ü n d e r des Karoi ingerre iches , Hadwig , jene t a t k r ä f t i g e Schwabenherzogin , welcher der Dichter Scheffe l in se inem R o m a n „Ekkeha rd" ein e indrucksvol les Denkmal setzte. Ka ise r Heinrich II. den Heiligen. Unse re heimat l iche Geschichte wi rd in die Reichsgeschichte e ingegl ieder t und e r -häl t sc» e rhöh te Bedeutung , e rqu ickende Fr ische und Leben -digkeit .

Die Salzquel len von Fischingen sind versiegt . Sie lagen zu n a h e an der Oberf läche und w u r d e n deshalb schon f r ü h aus-gelaugt . Dasselbe Schicksal ha t t en auch die Salzquel len vom benachba r t en Sulz, w e n n sie auch länger flössen. Zu A n f a n g

des vor igen J a h r h u n d e r t s l ießen sie bedenkl ich nach. Man g rub von 1839 an m e h r e r e Bohrlöcher bei dem südöstlich von Sulz gelegenen Dorfe Berg fe lden und lei tete die dort ge-wonnene Sole nach Sulz. Doch vermochte d i e se Z u f u h r Sulz auf die Daue r nicht zu re t ten . A m 1. Apri l 1924 ve r füg t e die wt tbg . Reg ie rung die Schl ießung der Sal ine und bot das Werk der S tad t Sulz zum Kauf an, die es mit der Wasse r -k r a f t u m 90 000 G o l d m a r k e rwarb .

Die Zeit der G e w i n n u n g von Salz aus Salzquel len w a r f ü r unse re Gegend vorbei . Man ha t t e sich auf die b e r g m ä n -nische G e w i n n u n g umgeste l l t . So e r s t and vor h u n d e r t J a h r e n das Sa lzbe rgwerk S te t t en bei Haigerloch.

Der rote Hans, ein Weithart-Räuber Im Wei thar t , dem großen T a n n e n f o r s t im hohenzol ler i -

schen Ober l and zwischen dem Andelsbach- und Ostrachtal , ha t a n f a n g s des neunzehn t en J a h r h u n d e r t s der Rote Hans sein Unwesen getr ieben. Sein Schicksal als W e i t h a r t - R ä u b e r ist uns dank der Aufze ichnungen des P a t e r s Benedik t Hänggi in Habsta l , des „Waldbrude r s vom Wei thar t " , über l i e fe r t und wird heu t e noch in den Wei tha r tgeme inden erzähl t .

Es w a r die Zeit der zwei ten und le tz ten kr ieger ischen Ause inander se t zung zwischen F rankre i ch und Oesterreich nach der f ranzösischen Revolut ion und vor dem Z u s a m m e n -bruch des Heil igen Römischen Reiches Deutscher Nation. Französische und österreichische T r u p p e n s t anden sich Mit te März 1799 auf den Höhen zwischen Ostrach und M e n -gen gegenüber . A m 21. März tob te die — f ü r die Oes te r -reicher erfolgreiche — Schlacht bei Ostrach, an die ein Denkmal auf der Höhe n a h e an der S t r aße nach T a f e r t s -wei ler e r inner t . Wochenlang gab es im n a h e n und wei ten U m k r e i s von Ostrach, in Mottschieß, Hausen , Wangen, J e t t -kofen, E inhar t , Habs ta l und Mengen E inquar t i e rungen , Re -quisi t ionen, Ueber fä l l e und Brandschäden mit a l len Aus -wüchsen ungezüge l tem Solda teniebens . Nicht i m m e r k rach -ten die G e w e h r e und K a n o n e n ; es gab auch ruh ige Tage, an denen sich die T r u p p e n unbeschwer t e r Ausgelassenhei t h ingaben. Ve rwegene Burschen mochten an diesem losen und lockeren Tre iben de r Solda ten Gefa l l en f inden . Zu diesen gehör te auch der ro thaa r ige J o h a n n Luitz, der einzige Sohn e h r b a r e r E l te rn aus Mottschieß, der als Rote r Hans wei th in b e k a n n t war .

Ein wildes, heißes Blut hat den abenteuer l ichen B u r -schen, angelockt von dem ve r roh t en Kriegsleben, t ro tz al ler M a h n u n g e n und Bi t ten seiner E l te rn in die F r e m d e ge t r ie -ben. Als die Nachforschungen übe r ihn ausbl ieben, ließ seine Mut te r , wei l m a n ihn tot g laubte , in Zell ein See lenopfer f ü r ihn abha l ten . Die E l te rn nd aus G r a m und K u m m e r übe r den ve r lo renen Sohn ba ld gestorben. Der aber e rgab sich u n t e r den f r e m d e n Legionen in Span ien e inem wi lden R a u b - und Mordgese l lenieben. An M a r i ä - H i m m e l f a h r t s t a g 1814 ist 's dann gewesen, als u m Mit te rnacht zu Mottschieß die greise Marga re th , die Schwester von Hansens Vater , durch ein unwirsches Gepol te r aufgeschreckt w u r d e und nach wenigen Minu ten e inem zer lumpten , f u r c h t b a r v e r -wahr los t en Kr iegsknecht gegenüber s tand . Es w a r der Rote Hans . Vom Tod der E l te rn und den Beschwörungen der Base, ein anderes Leben zu beg innen und sich e h r e n h a f t auf dem durch sie gehü te t en schönen Anwesen durchzu-br ingen, n a h m Hans keine Notiz.

Der ha t t e sich bere i ts im Sandhäus l e bei Mottschieß dem Schwarzen Vere, dem H a u p t e iner be rech t ig ten R ä u b e r b a n d e aus dem Ober land, als Räube r und Wilddieb v r - d u n g e n . Als dessen ve rwegener und schlauer K u m p a n brachte er reiche Beu te an Edelwild aus dem Wei tha r t ins Sandhäus l e und ins Wir t shaus zu Spöck, wo die Verasche Bande wüs te Ge -lage verans ta l te te . Wohl setz ten die her rschaf t l ichen Förs te r und J ä g e r alles da ran , das Räubernes t auszuheben, aber im-m e r gelang es den Raubgesel len, dem Zugriff ih re r V e r -fo lger zu en tgehen.

Neben dem Wei tha r twi ld w a r es die schöne Rese Kug le r von Mottschieß, e ine brave , gu terzogene Köhlers tochter , iuf die der Rote H a n s auch Jagd machte . Sie, die Hansens An-t räge mit Entschiedenhei t zurückwies, : w a r bere i t s die gi 'ck-licne B r a u t des schmucken, j ungen Förs t e r s Konrad W a n -ne r von Habsta l , des f lo t tes ten Jüng l ings im Umkre i s von vielen S tunden . Somit erbl ickte der Rote Ha - ; irr gewis-s enha f t en B e a m t e n seinen zweifachen Todfe ind . Die Folge eines Ki rbe tanzes im Hirschen zu Kabs ta l im Oktober 1816, w o Rese e iner V e r w a n d t e n Ausschankdiens te leisteti , w a r d roben im Walddickicht des Wei tha r t s u m Mi t te rnach t ein b lu t iger Ringkampf von zwei Menschen auf Leben und Tod. Der junge Förs te r w a r auf e iner S t re i fenwache vom Roten

H an s jähl ings übe r f a l l en worden . E r w e h r t e sich verzwei -fe l t gegen die w ü t e n d e n Angr i f f e seines Gegners . Schließ-lich u n t e r l a g jedoch der J ä g e r und blieb mit völlig zerr isse-nen Kle ide rn b l u t ü b e r s t r ö m t und ohnmächt ig im Ges t rüpp liegen. Mit teuf l i scher Rache setzte de r Unmensch dem U n -glücklichen noch mit dessen e igenem Hi rschfänger g r a u s a m zu. E r h ie l t den W e i d m a n n f ü r tot und b a n d sein einer

inzigen Wunde gleichendes O p f e r mit drei Str icken an eine Tanne . Noch in derse lben Nacht übe rb rach te in ausgelas-sener höllischer F r e u d e der Rote H an s dem Schwarzen Vere und se iner Bande die Nachricht vom wi lden Kampf und dem vermein t l ichen Tod des J äge r s ins Sandhäus le , und sie f e i e r -t en den Sieg durch ein wüs tes Saufgelage , bei dem die „Günzburge r Sephen und die dreckete Muet te r" , die Ge -noss innen der Bande , mit den Zechenden u m die Wet te t anz ten wie der L u m p a m Stecken.

Der Zerschlagene w a r aber wie durch ein W u n d e r noch a m Leben und litt, als er be im Morgengrauen an se inem Mar te rho lz wiede r zu sich kam, den qualvol ls ten, b r e n n e n -den F ieberdurs t . Als an j enem Morgen die schöne Rese durch den Wei tha r t auf dem He imweg war , sah sie bei den e rs ten T a n n e n das t r eue Hündle in ihres J äge r s auf sie zu-springen, winselnd und bet te lnd, als wol l te es sie f o r t -ziehen. Rese folgte, Unglück ahnend ; nach etl ichen hunde r t Schr i t ten s tand das Mädcnen d e m g r a u e n h a f t e n Anblick ihres B r ä u t i g a m s gegenüber . Entsetzl ich du rchwüh l t e der J a m m e r das a r m e Mädchen. Eilig be f r e i t e es mit se inem Taschenmesser den Ha lb to ten aus se iner verzwei fe l ten Lage. Einige T rop fen Kirschgeist , den Rese bei sich füh r t e , b rach -ten ihm S tä rkung . Auf die H i l f e r u f e des Mädchens ei l ten einige Köhler , die unwei t der Ungiücksstei le eben ihre A r -beit a u f g e n o m m e n ha t t en , herbe i und brach ten den U n -glücklichen zu seiner M u t t e r nach Habs ta l . Ein ganzes J a h r und noch d a r ü b e r h inaus w a r der junge Mann ans K r a n k e n -be t t gefesselt , und die hochweise F r a u „Dokter in" droben in der Klos te rapo theke erschöpfte , besonders auf Reses Bi t -ten, ihre ganze Hei lkuns t , den lange noch zwischen Leben und Tod Schwebenden zui re t ten . Die k rä f t i ge J u g e n d siegte. Und im F r ü h j a h r 1818 k ü n d e t e n die Kiosterglocken von Habs ta l das F r e u d e n f e s t der Hochzeit eines glücklichen Paares , des För s t e r s K o n r a d Wanner und der schönen Rese von Mottschieß.

Hochgemut und wie neu geboren strebte am 1. Mai 1818 Habs ta l s s t r a m m e r J ä g e r m a n n auf den Wei tha r t zu ins edle Waidwerk . Er k o m m t in die Nähe der Kreuzs t raße . Ein Kn i s t e rn im Gezweig lenkt sein scharfes Auge nach der Richtung des Geräusches ; e r gewahr t e inen Gewehr lauf und in dessen H i n t e r g r u n d das fuchsige 3pi tzbubengesicht äes Roten Hans . Zwei Schüsse wechseln gleichzeitig. Ein f ü r c h -ter l icher Schmerzensschrei und der Rote H an s t aumel t , seine f r eve lnde H a n d auf die Brus t d rückend und Einern B lu t -quel l wehrend , zu Boden. Er ist tödlich get roffen , abe r die E i s enna tu r des ve rwi lde r t en Gesel len will noch nicht s t e r -ben. Der Fö r s t e r eilt hinzu und macht se inem Todfe ind den ba rmhe rz igen Samar i t e r , i ndem er ihm die Schußwunde ve r -bindet . Je tz t w i rd der Blick des a rmen , f ü r i m m e r schadlos gemachten Wi ldere rs ganz weich, unrS grenzenlos w e h m ü t i g bietet der Rote H an s dem J r g e r die iuhe H a n d zum Ver -zeihen. Der kniet n ieder und reicht ihm beide Hände . Da fü l l en sich die b l u t u n t e r l a u f e n e n Augen de.: H a n s mit gro-ßen, he ißen Tränen , s töhnend bi t tet er, den P f a r r e r von Habs ta l zu holen, er wolle beichten. Dei Hochw. H e r r Mel -chior H a m m e r , das „Beichtväter ie" , ein C h o r h e r r von Kreuz -ungen , kam, ei lends herbeigehol t , mit dem V ersehglöcklein und b rach te dem s t e rbenden Roten H an s die letzte Weg-zehrung . Und mächt ig sei dessen Reue gewesen und e r -baulich seine S t e r b e k o m m u n i o n auf dem g rünen Waldmoos. Nach wen igen Minu ten w a r dem a r m e n Menschen das w u n d e Herz gebrochen. Zwei Tage spä te r w u r d e er auf dem Friedhof zu Zell in die geweih te E rde gebet te t .

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 35

Der Volksglaube abe r ließ den Toten nicht zur R u h e k o m m e n . Lange noch m u ß t e der Rote Hans im ganzen Wei t -ha r t ge is terweise umgehen . Meist t r ieb es ihn im Kre ise des Bildstöckle um, das m a n zu se inem Gedenken an se inem Sterbepla tz , n a h e de r Kreuzung der S t r aße M e n g e n — P f u l -lendorf und Habs ta l—Krauchenwies , er r ichte t ha t . Sein Schat tenbi ld , e ine Männerges ta l t mi t schwarzem, b r e i t k r e m -pigem Hut , die be iden H ä n d e an die in ein grünes Wams ge-hül l te Brus t gedrückt , ha t abe r n i e m a n d ein Leid zugefügt .

Auch den Schwarzen Vere u n d seine Bande ha t das Schick-sal ereil t . Mit se inem bürger l ichen N a m e n ha t der Vere, ein hochgewachsener , k r ä f t i ge r M a n n mit r abenschwarzem, lok-k igem H a a r und b l i tzenden Augen, X a v e r Hohenle i te r ge-heißen, gebür t ig w a r e r aus Rommels r ied in Bayern . Zu se inen ihm verschworenen Spießgesel len zähl ten neben dem Roten Hans 6 männnl iche und wenig m e h r weibliche P e r -sonen: der schöne Fri tz , sein B r u d e r Urle, der e inäugige F i -dele, der Baste, der Condéer und das Rommel shause r Schnei-derle . Stat t l ich w a r auch das schöne Geschlecht ve r t r e t en : die Günzburge r Sephe, die Resel, die schwarze Agath , die Sephe, die Agnes und Kreszenz Gebha rd und Otti l von See-

kirch. Dazu k a m noch eine Alte, die M u t t e r der Agnes, Kreszenz u n d Agath, genann t die „Dreckete Mut te r" . Vere, ein abge fe imte r und über legener Spi tzbube, hielt die F ü h -r u n g der Bande in f e s t e r H an d . Die Beu te w u r d e i m m e r ge-teilt , sodaß jeder zu f r i eden blieb. Der Wei tha r t w a r übr igens nicht der eigentl iche Bereich f ü r die Umt r i ebe der R ä u b e r -bande . Hier, in den dunk len T a n n e n g r ü n d e n , suchte diese n u r gelegentl ich Unterschlupf , w e n n sie sich im w ü r t t e m -bergischen Ober l and vor ih ren Verfo lgern nicht m e h r sicher füh l t e . Nach m e h r f a c h e n Ver fo lgungen w u r d e endlich die Bande gefaßt , nach Biberach e ingel iefer t und dort in m e h -r e r en Gelassen un te rgebrach t . Vere selbst w u r d e mit e inem ande ren Räube r in e ine r engen u n d fes ten Z.elle des Eh inge r T o r t u r m e s gefangengeha l ten . Schwere Ke t t en w a r e n ihnen u m A r m e u n d Beine gelegt. In d iesem T u r m ha t ihn ein Blitz, gelei tet durch die e isernen Ket ten , bei e inem Gewi t te r a m 20. Ju l i 1819 erschlagen. Seine Spießgesel len w u r d e n vom Gericht i h re r gerechten S t r a f e zuge führ t . Das w a r das Ende der le tz ten ge fü rch te ten R ä u b e r b a n d e im Ober land .

J . Mühlebach.

Die Hausertaleiche bei Oruol von Josef S c h n e i d e r , Gruol

Wenn wi r das Bild unse re r H e i m a t n a t u r n ä h e r be t rachten , so f inden w i r i m m e r wieder , daß verschiedene l andscha f t -liche Einzelmot ive der N a t u r ein besonderes und vor a l lem mannigfa l t iges Ant l i tz ver le ihen. Man denke n u r an die reizvollen Pappela l leen , die w i r übera l l in u n s e r e r He ima t vor f inden . Was w ä r e eine Landscha f t ohne Bäume, und wie öde und k a h l w ü r d e sie uns Menschen ins Auge fal len. . Als Kr iegs te i lnehmer e r inner t m a n sich bei dieser Gelegenhei t besonders an die we i t en russischen S teppen wo kein St rauch oder B a u m e inmal die Eintönigkei t der Gegend un te rb rach . Doch läßt es auch in unse re r He ima t sehr of t noch an der Verschönerung des Landschaf t sb i ldes zu wünschen übrig, und dies w ä r e e ine sehr v o r n e h m e A u f g a b e der Gemeinden , die mi t ga r ke inen a l lzuhohen Kosten v e r b u n d e n wäre .

Neben den geschlossenen B a u m g r u p p e n , die unse r e Hei -ma t l andscha f t schmücken, t r e f f e n w i r auch wieder e inzelne B ä u m e an, die geradezu wunde rvo l l sich in das Gesamtbi ld e in fügen und eine Augenweide im w a h r s t e n S inne des Wortes dars te l len . U n t e r diesen verd ien t besonders die a l te Hauser ta le iche an der S t r aße nach Binsdoirf besondere H e r -vorhebung . Sie zieht unwi l lkür l ich jeden W a n d e r e r in ih ren Bann .

Doch bevor wir dieses B a u m d e n k m a l n ä h e r be t rach ten , s t . zunächst noch ein dort in der Nähe bef indl iches l and-schaft l iches Einzelmotiv e r w ä h n t . Oie B insdo r fe r s t r aße die a m Or t sausgang Gruol be im sog. „Engelskreuz" 472 M. ü. d. Meer l angsam ansteigend ve r l äu f t , durchschneidet hier einen 500 Meter hoch l iegenden Gemarkungsd i s t r i k t „Withau" . Die rechts und l inks des Durchgangs angelegten Akaz ien-al leen b i lden dann im S o m m e r ein herr l iches Scha t tenspa-lier u n d geben dadurch dieser Stel le ein ganz besonderes ro -mant isches und idyllisches Gepräge: A m jensei t igen Aus -

gang gewinnt m a n d a n n einen übe rwä l t igenden Ausblick auf die guten, e r t ragsre ichen Wiesen des Hauser ta les , b e -n a n n t nach e inem Dorf, das hier in f r ü h e s t e r Zeit ges tanden und a b g e b r a n n t sein soll, wonach die Bewohner nach Gruol gezogen seien. Wer e inmal an dieser Stel le geweil t und sich der Be t rach tung h ingegeben hat , w i rd ein von Z a u b e r h a n d gemal tes Bild in sich a u f g e n o m m e n haben .

N u n abe r t r e n n e n uns n u r noch wenige Schri t te zu dem gewal t igen Baumr iesen , der h i e r schon ü b e r 500 J a h r e Wache übe r das Ta l häl t . Was könn te er uns alles e rzählen von dem Wande lgang de r Zeit, von menschl ichen F reuden , abe r auch von g roßem menschl ichen Elend. Z w a r ha t der Zahn der Zeit schon sehr s ta rk an diesem N a t u r d e n k m a l genagt . Doch darf m a n ruh ig behaup t en , daß die Eiche noch manche Genera t ion übe r l eben wird . Frei l ich ha t der Brand , den Z igeune rhände verursach t haben, vor e twa 20 J a h r e n dem B a u m sehr w e h e getan. Die ganze h in te re Seite des S t a m m e s ist damal s a u s g e b r a n n t und w u r d e dann spä te r v e r m a u e r t . Auch die Bli tzeinschläge haben of t schwere Schäden verursacht . Doch t rotz all dieser Schläge ha t die Eiche jedes J a h r wieder neues Holz ge t r ieben und ihr g rünes Laubk le id angelegt . I h r S t a m m u m f a n g mißt 8.70 Mete r und ^ie Höhe e twa 28—30 Meter . Das a m S t a m m a n -gebrachte Bild be f inde t sich dort =chon iange J a h r e und stellt die Schmerzha f t e in e rg re i f ende r Weise dar , was den W a n d e r e r zur f r o m m e n Be t rach tung anhäl t .

S innend s teht er vor diesem a l t eh rwurd igen N a t u r d e n k -mal , welches mit se iner Mächt igkei t e inen geradezu g igan-t ischen Eindruck auf s e m e r Be t rach te r macht , und hö r t m a n auf das geheimnisvol le R a u n e n in ih re r hohen Krone , so wird m a n e r fü l l t von dem Hauch geschichtsreicher und s a g e n h a f t e r Vergangenhe i t unse re r Heimat .

Das Wunder um Beuron von Mar ia E. F i a d

Drückende Schwule liegt über de r -"hwäbischen Alb als Graf Gerold * om Bussen auf seinem ede lgeformten Roß über die well ige Hochebene gegen das Tal h inrei te t Der e h r e n -w e r t e Ri t te r sond r Furch t und Tade l t räg t f r ohe Laune . Sein J a g d h o r n schmet ter t w e i t h m durch die Lüf te . Rings soll es auf den B u r g e n und Schlössern die Burghe r r en , seine F r e u n d e grüßen .

Manch e iner der Edlen gibt den G r u ß im Bläser ton zurück. In seiner F r e u d e m e r k t e r k a u m , wie ihm Steine, Wach-

holders t räucher und sonstiges wildes Gebüsch den Weg ve r -spe r ren wollen. Sein f indiges Roß k e n n t abe r die Schliche. Es übe rwinde t sie in toi len Sprüngen , die es sein Herr ge-lehrt . Viele Tage u n d Nächte t rägt es den Rei ter b e h u t s a m dahin . So br ingt es ihn wiede r zu Tal, zum he i te ren S t r and der Donaii.

Graf Gerold steigt von seinem Roß, das, wie sein H e r r in Schweiß geoadet , sich nach Rast und R u h e sehnt . Die K ü h l e des dah in f l i eßenden Wassers m u ß die b r e n n e n d e Hitze l indern .

Drohende Wolken ziehen l angsam übe r die Berge unr ve r -dunke ln die Sonne. Ein d u m p f e Rollen — noch In der F e r n e — r ü h r t an des Ri t te rs Ohr. Graf Gerold steigt eilig in

den Sat tel . U n d Rei ter und Roß sprengen wie im F lug durch das wi lde Tal, a m S t r a n d e der Donau ent lang . Plötzlich sieht sich de r Rei ter wie in einen wucht igen Fe l senkranz gebannt . F in s t e r e Ste ingesta l ten , !n Wolkenschat ten eingehül l t , d rohen r ings von den Höhen. Da — ein Donnerschlag Erschreckt b ä u m t sich das Roß senkrecht empor . Graf Gerold s türz au. dem Sattel Sein F u ß aber h ä n g t noch im Bügel, als das Roß zu wi ldem Lauf s 'ch gebärde t . Die Zügei schleifen p la t t an der Erde . Der edle Ri t t e r ahn t die G e f a h r des Todes. Er schaut nach dem Himmel , de r bel l ^oi Bii tzen durchzuckt . E r be te t zu Gott , daß der Ewige die Ge fah r a b w e n d e n möge.

Und wie sein BlicV So f lehent l ich a m Himmeisram' ' hängt, schaut e r in e inem s i lbernen Wolkenbet t ein her rl iches Klos te r Im selben Augenblick ist es, als ob auch sein Roß das W u n -der ahn t : Es haft im? seinen Lauf .

Graf Gerold be f re i t sich rasch aus seiner ge fahrvo l l en Lage Mit dem Dank gegen Gott e rkenn t er zugleich seinen Willen, hier , an diesem Or t seiner E r r e t t ung , ein Klos te r zu bauen . E r gelobt es als e rs te Ta t nach se iner glücklichen He imkehr . An iener Stelle, w"Ö vor seinen ß. ugen das W u n d e r geschehen, s teht n u n das Kloster , als gött l icher Zeuge, im w a l d u m s ä u m t e n Ta l der Donau.

(Bearbei te t nach e iner Sage von Ludwig Egiei .)

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36 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

Was alte Grabsteine erzählen (For tse tzung und Schluß)

An e inem he ißen S o m m e r t a g w a r es, als er mi t se inem bes ten F r e u n d und K a m e r a d e n im Wald seines Va te r s a r -beitete. Da s tand plötzlich ein Mädchen vor ihm, das im A r m ein Körbchen t rug , das voll gefül l t mit E r d b e e r e n war . Verängs t ig t und verscheucht wie ein ve r i r r t e s Kind, schaute es ihn mit seinen dunk len Augen h i l fesuchend an und ba t ihn, er möge i hm den Weg zeigen, es sei in Gruol d a -heim, habe sich be im Beerensuchen ve r i r r t und wisse je tzt nicht mehr , wo es sei.

Ueber rasch t und v e r w i r r t schaute er das f r e m d e Mädchen u n v e r w a n d t an, das so plötzlich wie eine Ersche inung vor ihm s tand. Ge rne wol l te er ihm, so sagte er, den Weg zei-gen, daß es wieder glücklich nach Hause käme, und e r hat es, mit ihm zu kommen , er wolle so wei t mit ihm geben, bis es den Weg mit Sicherhei t nicht ve r f eh l en könne . D a n k -b a r n a h m das Mädchen sein Anerb ie t en an, und w ä h r e n d es an seiner Sei te e inherging, e rzähl te es ihm, wie es gekom-men sei, daß es sich im Wald ve r l au f en habe . Mit noch zwei ä l t e ren F r a u e n sei es in den Wald gegangen, u m Beeren zu suchen. Als es aber im „ S t o c k e n " n u r wenig Beeren f and , seien die be iden F r a u e n wieder nach H a u s gegangen. Es sei dann u n t e r h a l b Kirchberg über das Ta l gegangen und auf der ande ren Seite den Berg h inauf , dor t habe es m e h r Beeren ge funden , dabei aber i m m e r we i t e r gekommen. Weit oben sei es gewesen und habe wei t übe r ein großes Dorf gesehen, es glaube, daß es E m p f i n g e n gewesen sei. Dann habe es wieder umgekehr t , abe r auf e inmal nicht m e h r ge-wußt , wo es sei, wohl m e h r als e ine S tunde sei es im Wald umherge i r r t , bis es ihn h ie r ge t ro f fen habe .

W ä h r e n d die be iden so p l a u d e r n d durch den Wald gingen, h e m m t e plötzlich ein b r e i t e r Wasser lauf , der quer über den schmalen Weg floß, ihre Schri t te . E r n a h m ihm das K ö r b -chen sorgsam ab und überschr i t t den Graben , dann reichte er ihm seine H a n d h inüber , und leichten Fußes sprang es über das Wasser . Lachend s t anden sie sich gegenüber , im-m e r noch hielt er die H a n d des Mädchens in der seinen, ihre Augen t r a f e n sich, dann entzog es ihm e twas v e r w i r r t seine Hand .

Bald ha t t en sie das Ende des Waldes erreicht , von wo aus m a n einige hochgelegene H ä u s e r von Gruol u n d den T u r m der oberen Kirche sehen konnte .

Nun woll te es sich eilig verabschieden, wei l es die Zeit des Beglei ters so sehr in Anspruch genommen habe. O, das h a b e e r gerne getan, das sei nicht der Rede wer t , vers icher te er dem Mädchen, seine Arbe i t sei nicht eilig, und w e n n es noch ein wenig Zeit hä t te , w ü r d e er ge rne noch e twas ve r -schnaufen . „Zeit h a b e ich ja schon noch," en tgegne te , die Maid, „es ist ja je tz t nicht mehr weit , bis ich dahe im bin, und ve r i r r en k a n n ich mich auch nicht mehr . "

Dann setzten sich beide auf einen der hier umher l i egen -den gefä l l ten S t a m m e a m Waldes rand n ieder Sie e rzäh l ten sich von ih re r Heimat , von der He ima t im E l t e rnhaus und davon, was ihnen die Z u k u n f t wohl noch alles b r ingen werde . So ging die Zeit im Fluge vorbei. Nun s tand das Mädchen auf und reichte ihm die Hand , u m sich mit a u f -r icht igen Dankeswoi t en f ü r seine f reund l iche Hi l fe von ihm zu verabschieden. E r abe r hielt die H a n d fes t in de r seinen und f r a g t e es, ob e r auch wissen dür fe , wie es denn heiße und ob er es nicht e inmal wiede r sehen dürfe . —

Eine fe ine Röte legte sich übe r das Gesicht de« Mädchens, als er diese F r a g e an es richtete. Nach einer Weile e rwi -de r te es ihm, sie heiße Anastas ia , und es f ü g t e lächelnd hinzu: „So r u f t mich abe r n u r unse r Her r P f a r r e r Schnell, sonst bin ich bei a l len Leu ten hal t die Stasi" . AJs er ihm n u n auch seinen N a m e n sagte, ba t e r noch e inmal u m ein Wiedersehen „Ich weiß es noch nicht," an twor t e t e es leise und sah an ihm vorbei . „Vielleicht," f u h r Anas tas ia for t , „gehe ich übermorgen , a m Sonn tag mi t t ag noch e inmal in die Beeren, und w e n n du dann wieder hier auf mich w a r t e n willst, ist es möglich, daß ich dich sehe; ich werd«5 me ine Gespielin mi tbr ingen, dami t ich nicht m e h r allein bin". Da -bei sah das Mädchen ihr von dej Seite schelmisch an, en t -zog ihm schnei ' die H a n d und ei l te mit raschen Schr i t ten der He ima t zu. Er sah ihm nach, bis es seinen Blicken en t -schwand, dann ging er zurück zu seiner Arbei t .

In se inem Herzen begann es zu singen und zu jubeln , S t a s i — — ein besel igendes, ihm u n b e k a n n t e s G e f ü h l n a h m ihn ganz gefangen. Seiner K a m e r a d e n und Mi ta r -be i te r e rzähl te er nun, was ihm begegnet sei, und eis er d iesem sagte, daß e r das Mädchen wieder sehen werde und

daß es seine Gespiel in mi tb r ingen werde , beschlossen sie, daß er mi tgehen soll.

Nachdem er so seinen Gedanken nachging, erreichte er ganz unve r sehens das Dorf wieder . Von wei tem schon hör te e r die f lo t te Tanzmus ik , und er begab sich wieder zur Hoch-zeit in den Hirsch.

Dann k a m eine Zeit des re ins ten Glückes f ü r ihn, denn seit j e n e m Sonntag, an dem er Stasi w iede r sah, w u ß t e er, daß er sie l iebte und daß auch Stasi ihm ihre junge Liebe schenkte. Aber auch sein F r e u n d und die Gespielin der Stasi, die Agnes, die sich an j enem Sonn tag k e n n e n le rn ten , f a n d e n Gefa l len ane inander , und ihre Liebe f ü h r t e nach k a u m einem J a h r glücklichster Brautze i t zu der h e u t i g e n H o c h z e i t des j ungen Paares . Ludwig wußte , daß die nächste Hochzeit im Dorfe die seine sein wird . Noch vor der E rn t e w i r d er seine gel iebte Stasi h e i m f ü h r e n . Dieser T a g w a r der 2 0. J u l i 1 8 4 0.

Mein Großva te r e rzäh l te mi r d a r ü b e r : Es w a r ein schwü-ler, he ißer Tag. Wir Ledigen s t anden f r ü h morgens d r a u ß e n bei den K r a u t l ä n d e r n und e r w a r t e t e n die Brau t . Sechs Kutschen sind es gewesen, die von Gruol her ge fah ren k a m e n . In der e rs ten saßen die B r a u t und ihre El te rn . Dann folgten in der zwei ten Kutsche die „Gespiel" und die Geschwister de r Brau t , und in den a n d e r n saßen die Ver -wand ten . Eine B r a u t j u n g f e r h a b e die B r a u t beg rüß t und sie wi l lkommen geheißen und ihr einen großen B l u m e n s t r a u ß übergeben . Dann h a b e ein Lediger den „Brautsprueh getan" , während die B r a u t die T r ä n e n von den Augen wischte.

Dann se' der „Gsell" zu der B r a u t in die Kutsche ge-stiegen und zum Hochzei tshaus ge fahren . Der „Gsell" sei der Andreas Haid von Weildorf , die „Gspiel" die Anas tas ia Kränz le r von Gruol gewesen. Es w a r e ine große Hochzeit, und die Kirche w a r gedrückt voll bei der T rauung . Im Hirsch h a b e m a n k a u m den E h r e n t a n z t u n können , so vol l-ges topf t w a r der Saal , und alle Wir t schaf ten seien den gan -zen Tag voll gewesen. Eine wunderschöne B r a u t w a r sie, die Stasi und h a b e ges t rah l t vor Glück und F r e u d e den ganzen Tag. Stolz und überglücklich w a r der Ludwig, und e r habe seine B r a u t immer an der H a n d ge führ t ,

Am Abend habe es dann noch ein schweres Wet te r ge-geben, und viele auswär t ige Hochzeitsgäste seien noch „V o n a u ß e n n a ß " geworden. Auch nach der Hochzeit h a b e der Ludwig, w e n n er mi t seinem jungen Weib spazieren ge-gangen sei, diese i m m e r an der H a n d ge führ t , wie zwei Ledige. Als ihnen dann im nächs ten J a h r ein kle ines M ä d -chen in die Wiege gelegt wurde , da w a r das Glück der be i -den vol lkommen.

Aber k a u m w a r der T a u f t a g vorbei , da iag' die iunge M u t -ter im schweren F ieber auf ih rem Lager . Kein Doktor konn te m e h r hel fen, und nach wenigen Tagen durchei l te das U n -f a ß b a r e das Dorf, die Stasi ist gestorben. Das w a r am 4. M a i 1 8 4 1. Ers t v ie rundzwanz ig J a h r e alt ist sie gewesen, und u n s a g b a r groP w a r der Schmerz des Ludwig u m sein junges Weib. Auch das Kind s t a rb nach einigen Wochen und m a n legte es in das f r ische Grab der Mut te r .

Wie groß die Liebe des Ludwig zu se inem jungen Weibe und wie unsagbar de r Schmer:: u n d die T r a u e r u m sie war , abe r auch wie e rgeben er sich in das Schicksal fügte , das alles sagt uns die e rg re i f ende Inschr i f t , J.ie er in den G r a b -stein seiner Stas i meißeln ließ und dre heu te noch voll-k o m m e n e rha l t en ist:

Hier ruh t Anas tas ia Eger, geb. Kohle, geb. 13. Apri l 1817, gest. 4. May 1841

. Die beste Gat t in deckt der Stein, N u r wenig Tage w a r sie mein . Dann n a h m sie Gott von dieser F rde , Damit durch sie der H immel nicht, Den er uns jensei ts ers verspricht , Mir diesseits schon geöf fne t werde ."

K a u m drei J a h r e später , am 14. F e b r u a r 1844, s tarb auch die Gespielin der Stasi, die Agnes. Ein schweres Ne rven -f ieber warf sie aufs Kranken lage r , dem sie nach wenigen Tagen erlag, gerade eine Woche, nachdem m a r ihre Mut ter , J o s e p h a S i e d l e r , g e b . B ü r k l e beg raben hat te .

Auf dem Grabs te in , e iner auf e inem runden Sockel s te-henden Säule, de ren oberer Aufsa tz abgebrochen daneben liegt, s teh t geschrieben:

Agnes Krrn, geb. Siedler aus Gruol , s ta rb a m 14. F e b r u a r 1844 im Al te r von

s iebenundzwanzig J a h r und neun Monath .

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J a h r g a n g ]95? H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T 37

„El tern t r e n n t die Zeit von in ren K inde rn G r a u s a m schnell r aub t sie des Todes Hand, Der G e d a n k e k a n n den Schmerz n u r l indern Wiedersehen w i n k t im bessern Land .

So r u h e n nun die be iden jungen Mer=chenkinder , die sich in i h r em ku rzen Erdehdase in so n a h e s tanden, auch h ie r n u r einige Schr i t te vone inander ge t rennt , seit m e h r als e inem J a h r h u n d e r t inmi t ten der a n d e r n Toten des Dorfes an der

S tä t t e des ewigen Schweigens. N u r k u r z w a r das Glück, f jas ihnen im Leben beschieden war , die r a u h e H a n d des Todes ha t be ide unerbi t t l ich herausger i ssen aus d e m ers t begonnenen Leben.

Geheimnisvol l r a u n t und w e b t es u m die a l ten G r a b -s te ine und Graber . 1 den hohen u ra l t en B ä u m e n f l ü s t e r t es vom Leben und S t e rben jener , die vor uns leb ten u n d s t a rben . Ka r l K ö n i g , Weildorf .

Der Hennenstein bei der Stadt Trochtelfingen Es ha t einen eigenart ig-verloclcenüen Reiz, mit der Leucnte

der Forschung in das u n b e k a n n t e Dunke l der Vorzeit e inzu-dr ingen und die Geschehnisse ve rgangene r Tage ans Licht und in die Nähe u n d uns vor Augen zu rücken.

Beginnen wi r mit e inem Stück Heimatgeschichte, unse r l iebstes Er innern , das uns heu t e noch gleichwie ein ho ld-seliger T r a u m aus de r goldenen Jugenaze i t , — sin sel ten a n -mut iges und liebliches Bild l e b h a f t vor der Seele s teht u n d uns die Heimat wohl anz iehender , t e u r e r und heimischer zu machen ve rmag .

Wohlan denn! Was berichtet uns denn die Chronik aus der Vergangenhe i t ü b e r den „Hennens te in?"

Wohl die ä l tes te Kape l l e der S tad t Trochte l f ingen ist der Hennens te in (Hunenstein , Hunens t a in ) . Die Kapel le , de r a l lersel igsten J u n g f r a u Mar ia u n d dem hl. Nikolaus geweiht , 20 Min" t en von der S t ad t en t f e rn t , südlich, im Wald auf e iner Fe l senhöhe gelegen, an deren F u ß die Seckach j u g e n d -fr isch vorübere i l t , k a n n heu te auf das hohe Al te r (schon 1322 wird die Kape l le e rwähn t ) von m e h r als 6 J a h r h u n d e r -ten zurückschauen.

U m s J a h r 1422 w u r d e an de r Kape l le ein K a p l a n ange -stell t . Di° Hennens t e_np f ründe w u r d e von den G r a f e n He in -rich und H a n s von W e r d e n b e r g ges t i f te t . Das P a t r o n a t sollte den Werdenbe rge rn , zumal dem Senior derselben, zus tehen.

Der I n h a b e r der P f r ü n d e , der seinen Wohnsi tz bei der Kape l le h a t t e — das Glöcklein der Kape l le ist 1495 gegos-sen — m u ß t e in dieser wöchentl ich vier hl. Messen lesen (eine de Beata , e ine f ü r die ve r s to rbenen S t i f t e r und al le -Abgestorbenen u n d zwei de Sanctis). Ais im J a h r e 1501 in der P f a r r e i Trochte l f ingen das Chorgebet e inge füh r t w u r d e (es w a r e n zu j ene r Zeit wegen der Fi l ia lseelsorge in der S tad t 8—10 K a p l ä n e ansäßig), ve r leg ten die G r a f e n Hugo und Chr is toph die Kap lane i nach der S tad t . Der Kap l an m u ß t e d e m g e m ä ß seine Wohnung in Trochte l f ingen nehmen . Bischof Hugo von Kons tanz bes tä t ig te a m 30. J a n u a r 1502 diese A e n d e r u n g und gab dem Kaplan das Recht, seine Ver -pf l i ch tung in der Weise zu e r fü l l en , daß e r zwei hl. Messen wöchentlich in der P f a r r k i r c h e und zwei auf dem H e n n e n -stein ze lebr ieren sollte.

Was könn te uns das a l t e h r w ü r d i g e Hei l ig tum auf dem Hennens te in nicht alles erzanlen vom Greuel der Ver-w ü s t u n g im Baue rnk r i eg u n d Dre iß ig j äh r ige r Krieg und de -ren Nachwehen : Teuerung , Krankhe i t en , Elend und Not und e iner unglaubl ichen V e r w i l d e r u n g de r Sit ten. Nicht mi t

Unre ;n t k o n n t e m a n schon damals mit dem Dichter k lagen: „Nichts Heiliges ist mehr , es iösen sicn alle Bande f r o m m e r Scheu; der Gute r ä u m t den P la t z dem Bösen, und a l le Las t e r wa l t en fre i ."

In diese düs te re Nacht scnrecklicher S i t t enve rde rbn i s leuchtet gleichwie ein l ichter f r eund l i che r Morgens te rn das r ü h m e n s w e r t e Beispiel des damal igen S t a n d e s h e r r n , des G r a f e n Joachim von Für s t enbe rg . — Nach dem Auss t e rben de r Werdenbe rge r w a r nämlich die Gra f schaf t Troch te l -f i i 'gen im J r h r e 1534 auf die G r a f e n bezw. die F ü r s t e n von F ü r s t e n b e r g übergegangen — Graf Joachim b e a u f t r a g t e 1584 seinen Sohn, den G r a f e n Friedrich, bei dessen E r n e n n u n g zu.ii S t a t t h a l t e r uer Her r scha f t Trochte l f ingen, die H e r r -schaft , Kler iker , Amts i eu t e und U n t e r t a n e n mit a l lem Erns te bei der k r e o l i s c h e n Religion zu e rha l ten . Von ihm selber und se iner Gemahl in e r w a r t e t e er ein gutes christl iches Bei-spiel. Die S t andeshe r r en , G r a f e n und F ü r s t e n aus uem Hause W e r d e n b e r g und Fürs t enberg , sie haben ih ren k a t h o -lischen Glauben s te ts hoch und in Eh ren gehal ten. —

Die f fu ld igung an die Schutzheil igen der Kapel le ist auf dem Deckengemälde durch e inen geharnischten R i t t e r in ' •nieenfl^r H a l t u n g von dem einheimischen Male r J o h a n n e s Eisele fe ins innig dargeste l l t .

Im 14. und zu A n f a n g des 15. J a h r h u n d e r t s ber ichtet die Chronrk von e iner Begha rden-Niede r l a s sung auf dem H e n -nens te in (Genossenschaf t ohne Ge lübdeab legung und K l a u -sur) mit e igenem Gottesacker . Die al te Kapel le w a r d neu a u f e r b a u t . Im J a h r e 1659 w u r d e der A l t a r von dem Weih-bischot Georg Sig ismund Mül ler neu geweiht . In spä t e r e r Zeit (18. l ah rhunder t ) w a r e n es Eremi ten (Einsiedler, W a l d -brü^'.er), die das Hei l ig tum behü te t und be t r eu t haben .

Wir können es unse rn Al tvo rde rn nicht genug danken , daß sie ein so schönes Fleckchen Erde ausgesucht u n d e r -w ä h l t und f e rn dem Weltgeräusch auf hohe r Fe l senhöhe und in der E insamkei t des Waldes ein Hei l ig tum e rbau t haben , das sie mi t a l len Reizen der K u n s t und N a t u r zu u m -geben wuß ten .

Der Hennens te in ist seit Menschengedenken vie lbesuchter Wal l f ah r t so r t gewesen, und heu te noch, besonders zu r B lü -t en - und Maienzei t i enkt so manene r Pi lger seine Schr i t te zum lieblichen Gnadenbi ld auf dem Hennens te in .

Unsere , der Nachkommen Pfl icht und Ehrensache ist es, das E rbe unse re r V o r f a h r e n wie ein köstl iches Kleinod zu bewahren .

Die Sage vom Kegelspiel mit dem Teufel Wenn m a n von Walbe r t swe i l e r nach Meßkirch geht, so e r -

streckt sich westl ich der L a n d s t r a ß e ein Wald, der heu t e Hausers tock genann t wi rd und f r ü h e r den Namen Hauserholz füh r t e . Dieser F l u r n a m e e r inne r t mi t dem Kieinhauseröscn und dem Großnauseröscn an die u m 1400 abgegangene Sied-lung Hausen a m Bach, die unwei t der heut igen Mühle von Walbe r t swe i l e r lag. Der h in te re Terl des neut igen H a u s e r -stocks ha t mindes tens seit 1500 den F l u r n a m e n „Dr Kegel -platz" . Durch ihn f ü h r t e f r ü h e r von Walber t swe i le r au de r so-genann te Meßki rcher St ieg (Fußweg) h indurch. Auf diesen P la tz ver legt die u m 1565 v e r f a ß t e Zimmer 'sche Chronik, die so manche schöne Sage unse re r He ima t enthäl t , auch die Erzäh lung von dem Kegelspiel mi t dem Teufe l . Nach de r Chronik soll sich die Begebenhei t e twa u m 1509 ere ignet naben .

Ein j u n g e r Mann aus Meßkirch, n a m e n s Michel, w u r d e ein weidi icher Kr i egsmann E r ist mit Michel Seß la rn von Meß-kirch u n d Josef Mayer von Riedl ingen, vo rnehmen Kr iegs -leuten, lange Zeit in Span ien gelegen und ha t mi tgeholfen , den Mohrenbe rg e inzunehmen u n d ha t auch sonst viel w ä k -ke re Taten verbracht . Dieser Michel ha t in seiner J u g e n d in Meßkirch das S c h m i e d e h a n d w e r k er le rn t . Daneben ist er abe r damal s ganz und gar auf das Kegelspiel versessen ge-wesen, sodaß er ke ine R u h e davor hat te . Wenn er wußte , wo Kegle r wa ren , so ist er ihnen in seiner großen Le idenschaf t nachgewande l t und ha t mit ihnen gekegelt . E ins tmals ist er an einem Sonn tag nach Os te rn in a l ler F r ü h e au fges tanden , ha t Kugel und Kegel zu sich genommen und in de;. Aermel gesteckt und ist damit , sobald m a n in Meßkirch die S t a d t -

tore ö f fne te , nach Klos te r Wald gegangei., wo gerade Kirch-weih war . Deshalb h o f f t e er, dort viele K e g e l b r ü d e r anzu -t r e f f e n . Wie e r n u n auf dem F u ß w e g in das H a u s e r Holz kam, begegne te ihm ein u n b e k a n n t e r Mann, der ihn nach c'em Wege f r a g t e und den Aerme l e rgr i f f , in dem Kuge l und Kegel steckten. „Ich sehe", sagte der Unbekann te , „du bist auch ein Kegler . D a r u m will ich mein Heil gegen dich ve r -suchen". Beide w u r d e n sich einig, sofor t an Or t und Stel le e inen geeigneten P la t z im Holz zum Kegeln herzur ichten Bald begann das Kegeispiel , das jedoch nicht lange daue r t e . Als der u n b e k a n n t e F r e m d e be im Kegelaufse tzen seinen Mante l e twas zurückschlug, da b e m e r k t e der Junge , daß der unheiml iche F r e m d e R o ß f ü ß hat te , also der le ibhaf t ige Teufe l war . Trotz des gewal t igen Schreckens rief der J u n g e Gott an, machte das Kreuzzeichen über sich und ve r t r i eb dami t den bösen Geist. Dieser soll mit solch großem U n g e -s tüm von ihm gewichen sein, daß m a n den Eindruck ha t te , als wol l ten alle B ä u m e des Holzes zusammens tü rzen . Tro tz-dem ging der junge Kegler nach Wald zur Kirchweih , aber solange er lebte, ha t t e er ke inen Sonn- u n d Fe i e r t ag m e h r vor der hl. Messe gekegelt . Dieses Beispiel, so f ä h r t die Chronik for t , soll ten sich unse re jungen Gesellen und die junge Welt zu Herzen n e h m e n u n d e twas m e h r go t t e s fü rch-tig sein und sich auch an Fe ie r t agen des Spiels und a n d e r e r Ungebühr l i chke i ten vor der Kirche en tha l ten . Der obenge-n a n n t e Michel, dem dieses A b e n t e u e r begegnete, ist h f -nach zu Rast gestorben, nachdem er viele J a h r e im Kr iegsdiens t zugebracht und sich ganz redlich gehal ten ha t . Jg .

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38 H O H E N Z O L L E R I S C H E E I H A T J a h r g a n g 1952

Eine seltsame Marderjagd und dazu etwas Jägerlatein Es w a r im Win te r 1887, da t r u g sich in Grossel f ingen eine

wunder l i che Geschichte zu, die m a n keineswegs übe rgehen kann . In der Nacht w a r nämlich t i e fe r Schnee gefal len. Wir B u b e n w a r e n f r ü h e r als sonst bei der Hand , u m unse re Schli t ten zu richten. Abe r noch f r ü h e r als w i r w a r e n die J ä g e r des Dorfes auf den Be inen ; u n s e r Nachbar , der Bap -tist Dehner , der Meis t e r j äge r Gregor Dehner , (das Urbi ld eines a l ten Dorfadel igen, u n d er soll e inmal in seinen bes ten J a h r e n als H e r r von Rosenegg im Bad Niede rnau sich n ie-dergelassen haben, w ä h r e n d sein F r e u n d Letzguß den h e r r -sc aft l ichen Diener ganz m e i s t e r h a f t spiel te) , we i t e r der „Wet tekäsper" , der „Kasper" u n d einige andere . H in t e r den Häuse rn , in den Gassen und Winke ln suchten sie nach ge-heimnisvol len Spuren . Wie in den K a r l M a y - R o m a n e n w u r -den die Spuren sorgfäl t ig geprü f t , die in dem f r i schgefa l -lenen Schnee zu sehen waren . Gegen 10 U h r s t and das E r -gebnis fest . Die Spuren r ü h r t e n von e inem M a r d e r her , der in der Nacht vergeblich an m e h r e r e n Hühne r s t ä l l en u m Ein laß gebeten hat te . Sie b e g a n n e n an der P fa r rhaus scheune , die e inen doppel ten Heuboden ha t te , l iefen dem Außerdorf zu und f ü h r t e n von dor t übe r den Bongar ten und den Schriet w iede r zur P f a r r h a u s s c h e u n e zurück. Dort m u ß t e also der nächtl iche R ä u b e r sitzen. Und in der Ta t : oben an der Ecke entdeckte m a n auch einen schmalen Spalt , durch den sich der H ü h n e r r ä u b e r e in- u n d ausgezwängt ha t te . F ü r uns Buben w a r das eine Freude , zumal w i r noch ke inen lebenden M a r d e r gesehen h a t t e n u n d obendre in der H i m - ' mel es ge füg t hat te , daß unse r L e h r e r e r k r a n k t w a r und w i r dahe r schulf re i ha t t en .

Bald ha t t en die J ä g e r den Kr iegsp lan gemacht, der dem M a r d e r den G a r a u s machen sollte. A n der Ecke der Scheune ha t t en sich dre i J ä g e r mi t ge l adenem G e w e h r aufges te l l t ; es w a r e n die bes ten Schützen der J ä g e r p a r t e i : der Gregor Dehner , de r Bapt is t D e h n e r und de r Wet tekäsper . Die a n -deren aber begannen in der Scheune ein gewalt iges T r o m -meln, Po l t e rn und Stoßen, in das sich das Gekläff de r H u n d e mischte. A b e r u n t e r dem Heuboden r ü h r t e sich nichts. O f -f e n b a r saß dort der Gesuchte z u s a m m e n g e k a u e r t in e iner dunk len Ecke. „Es hi l f t das alles nichts", sagte der Käsper le . „Wir müssen den Heuboden a u f r e i ß e n und ein oder zwei B r e t t e r h e r a u s n e h m e n und den M a r d e r mi t S tangen h e r a u s -t re iben; e inen H u n d h ine inzut re iben , ist nicht r a t s a m ; denn den beißt der M a r d e r zu Schanden" . Also w u r d e n S tangen geholt, ku rze u n d lange, und mit diesen stocherten die M ä n n e r in dem dunk len Verl ies h e r u m . Uebe r eine S t u n d e daue r t e das Gestocher. Da endlich f ie len von d raußen m e h -re re Schüsse. Die Spitze e iner • S t ange w a r dem Marde r o f f e n b a r in die Seite ge fahren , und de r Stoß w a r so hef t ig , daß er schleunigst das Wei te suchte. In e inem Satz w a r er vom Heuboden h e r u n t e r g e s p r u n g e n u n d in wenig we i t e ren Sätzen h in t e r der K i r c h h o f m a u e r ve r schwunden . Der Gregor Dehne r b e h a u p t e t e zwar, e r habe ihn ge t rof fen , denn d ro -ben a m Gebälk sehe m a n noch die Blu tspr i tzer . Das m a g wohl der Fal l gewesen sein. Abe r w e d e r w i r Buben, noch die J ä g e r un te r such ten den Balken. Wir, wie die Jäger , sp rangen dem Marde r nach, der in de r Löchlesgasse in einer Holzbeige Schutz und Zuf lucht g e f u n d e n hat te . An dieser

ging das Stoßen und Po l te rn von n e u e m los; der Marde r r ü h r t e sich nicht. Da endlich r iß der Käsper le die Scheite von der Holzbeige he run t e r , eines nach dem andern , w ä h -rend die J ä g e r mi t dem ge ladenen G e w e h r vor der Beige s tanden . Als der Käsper l e mi t se iner Arbe i t fas t fe r t ig war , sp rang der M a r d e r mit e inem gewal t igen Satz h e r a u s und schnurs t racks der P f a r r s c h e u n e zu. Es k rach ten wiede r die Gewehre , abe r der M a r d e r sp rang wie noch nie. An der P f a r r s c h e u n e w a r der We t t ekäspe r zurückgebl ieben. Als der M a r d e r dahe r sp rang , schoß auch er — piff , paf f ! A b e r auch e r h a t t e o f f e n b a r daneben geschossen; denn der M a r d e r sp rang in hohen Sätzen e inher , u n d u m ein H a a r hä t t e er sein Verlies in der P f a r r s c h e u n e w i e d e r erreicht gehabt . In dieser höchsten Not, sozusagen in der letzten Sekunde , warf sich der We t t ekäspe r auf den Marder , u m ihn, wie e inen Hasen, mi t der H a n d zu f angen . Das gelang ihm auch. A b e r der M a r d e r w e h r t e sich auch seiner H a u t und biß den Wet t ekäspe r in den Mi t te l f inger der rechten H a n d und ließ diesen nicht m e h r los. Beim Wet t ekäspe r abe r übe rwog der M a r d e r f a n g den gewal t igen Schmerz, und er packte den M a r -der mit de r L inken u m den Hals und e r w ü r g t e ihn ta t säch-lich. Der M a r d e r s t reckte alle v ier F ü ß e von sich, w a s o f f e n b a r sein E n d e anzeigte. A b e r der to te Marde r ha t t e den F inge r des Wet t ekäspe r s zwischen seinen Z ä h n e n wie in e iner Zange. Die ande ren J ä g e r k a m e n eiligst herbei , und sie m u ß t e n alle ihre K r ä f t e a u f w e n d e n , u m die Kie fe r des Marde r s ause inanderzuzwängen , ja e iner der J ä g e r m u ß t e hierzu sein Tascnenmesser zu Hi l fe nehmen . Als der We t t e -käspe r von der Marde rzange be f re i t war , lief er eiligst zum Kuchebeck K o n r a d Dehner , de r das A m t des Dor f san i t ä t e r s inne ha t te . Der Biß w a r nicht leicht, denn noch viele Wochen lang t r u g de r K a s p e r eine große Binde Ulm den Finger .

Die a n d e r e n J ä g e r aber gingen in die Linde, wo sie das Siegesfest f e i e r t en und wahrscheinl ich auch geziemend be -gossen.

W ä h r e n d w i r noch so das t anden und unsere Be n e r k u n g e n machten , k a m unse r Nachbar , der Bapt is t Dehne r auf uns zu und sagte: „Ja , ih r Buben, so f äng t m a n Marder , w e n n m a n mit dem G e w e h r nicht t r i f f t . Mit den Hasen ist es ganz anders . Diese l ieben den P f e f f e r , und dahe r k o m m t es, daß m a n gebra tene Hasen auch H a s e n p f e f f e r heißt . Wenn ich e inen H a s e n p f e f f e r h a b e n will, so lege ich e twas P f e f f e r auf ein Stötzle (das ist ein k le ine r P fah l , den m a n neben die F e l d m a r k e n einschlägt). Wenn die Hasen den P f e f f e r r i e -chen, so k o m m e n sie eiligst he rbe i u n d schnuppern an oem P f e f f e r h e r u m . Dabei f l iegt ihnen der P f e f f e r in die Nase, und der kitzelt sie. Dann müssen die Hasen niesen, und dabei schlagen sie die Nase auf das Stötzle, u n d zwar so hef t ig , daß sie u m f a l l e n und tot sind. D a n n b rauche ich die Hasen n u r zusammenlesen" . „Aber wenn dui ke inen P f e f f e r has t?" r i e fen w i r Buben . „Dann lege ich ihnen Salz auf J e n Schwanz". — „O, Bapt is t , das ist w iede r Jäge r l a t e in ; denn der Hase ha t ja gar ke inen Schwanz, sondern eine Blume" . D a r ü b e r m u ß t e auch der Bapt is t lachen, und er sagte: „Jetzt geh ich zu me inen K a m e r a d e n in die Linde, sonst le rn t ihr mich noch Bubenla te in , u n d da bin ich mit me inem J ä g e r -la te in zu Ende" . J . S t r o b e 1, Ka r l s ruhe .

Der „Platz" in Heiligenzimmern Wie a n d e r e Dörfer , so hat auch He i l igenz immern seine

Plä tze : den Kirchenplatz , den Schulplatz , den Käppe lesp la tz u n d neuerd ings auch -?inen Fußba l lp la tz . Ke ine r der a u f -g e f ü h r t e n Plä tze ha t abe r in der Geschichte des P f a r r d o r f e s eine so bedeu t ende Rolle gespielt und einen sc nachhal t igen Eindruck hinter lassen, wie der „Platz"! Dieser ist so tief in die Vors te l lungswel t der D o r f b e w o h n e r e ingegangen, daß er e inen eigenen N a m e n gar nicht nöt ig ha t te , sondern bis zur S tunde einfach der „Pla tz" genann t wi rd .

H e u t e bezeichnet m a n als , ,Platz" j enes Stück der D o r f -s t raße, soweit es von der großen M a u e r des oberen P f a r r -ga r t ens begrenzt wird , und dazu den von h ie r abzweigenden Weg in Richtung Klos te rmühle . Noch vor rund 100 J a h r e n s t and im oberen P f a r r g a r t e n die P f a r r k i r c h e . U m sie h e r u m lag der Freitriof, der e ingefr iedig te P la t z f ü i die Toten. Mit dem P f a r r h a u s daneben , der K lause (Haus des vers t . A lbe r t Schäfer) , de r T a f e r n e (Gasthaus) und dem B r u n n e n — u m 1800 k a m noch das Schulhaus dazu — w a r dieser Bezirk der Mi t t e lpunk t des Dorfgeschehens u n d Dorf lebens! Die Durch-gangss t raße f ü h r t e einst übe r die „Bruck", also h i n t e r P f a r r -haus und Kirche vorbei , w ä h r e n d an Stelle der heut igen P f a r r g a r t e n - M a u e r ein Hang den Uebergang v r m Hügel mi t

der Kirche und dem Kirchhot' zu der Dor f s t r aße bi ldete. Hier s tand vohl einst die Dorf l inde , u n t e r der in f r ü h e r e n Zei ten Recht, gesprochen wurde . Hier t ag te die Geme indeve r -sammlung , h i e r w u r d e n be im Jahrge r i ch t die Gemeinde -ä m t e r n e u ver te i l t und die Ricnter gewähl t , die u n t e r dem Vorsitz des Vogtes das Gemeindeve rmögen ve rwa l t e t en , die F l u r e n b a n n t e n und ö f fne ten , k u r z das regel ten, was im A b -lauf eines bäuer l ichen J a h r e s f ü r die Gesamthe i t der D o r f -b e w o h n e r von Bedeu tung ist. Hier u n t e r den L i n d e n b ä u m e n spiel ten die Kinder , sangen zur Maienzei i die Mädchen ihre nieder , und hier setzten sich nach der Tages Arbe i t die M ä n -ne r noch eine Wei le auf die Bank.

Auf dem „Platz" vor dem Frei thof u n d der P fa r rk i rche , im Mi t t e lpunk t des Dorfes , t raf sich j u n g und alt zum Got-tesdienst , zur Hochzei tsmesse wie zur Beerdigung! i u rwahr , der „Platz", de r den D o r f b e w o h n e r n soviel im Leben be -deute te , auf dem sich alles öffent l iche Geschehen abspielte, h a t t e e inen besonderen N a m e n nicht nötig: Die Nachwi rkung se iner e inst igen Bedeu tung ist so s tark , daß auch heu te noch das Wort der „Pla tz" f ü r j e d e r m a n n im Dorfe ein fes te r Be-griff ist, M. Sch,

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Jah rgang 1952 B O H Ï N Z O L L E R I S C H K H E I M A T 39

Volksmund — 3. Der Gottadäragleicherle (Fortsetzung )

l i eber das Wortspiel Gottadäragleicherle" haben sich erst kürzlich wieder die Gelehr ten vom Fach unterha l ten . Sie wuß ten namentl ich mit den Zwischensilben „adera" nichts anzufangen und suchten nach lateinischen und keltischen Vorbildern. Und doch ist nichts so einfach, als das. Der Got-tadäragleicnerle wa r dem Er f inde r des Ausdrucks, einem secnsjahrigen Buben, nichts anderes als ein kleines lächeln-des Kind, das in seiner Herzlichkeit, seinen vollen Rosen-wangen und den h immelblauen Augensternen eben dem Herrgot t selber gleicht. Die Geschichte hat sich aber folgen-dermaßen abgespielt:

Eines Tages mußte ein sechsjähriger Bub sein zweijähriges Brüderchen hüten. Zum Hütepla tz waren von Mut te r und Vater der große Obstgar ten h in ter dem Haus best immt. Dort lag luch ein großer Sandhau fen aus dem blendend-weißen •Stuoensandstein, der nicht n u r ein gutes Baumater ia l ist, sondern f r ü h e r auch als S t reusand f ü r Treppen und Stuben diente.

Dort am Sandhau fen beschäft igte der sechsjährige Hü te r sein kleines Brüderchen. Da w u r d e n Graben gezogen, Täler gefurcht , Berge gestürmt , Brücken gebaut und selbsJ das Wasser fehl te nicht, das in der Bacnr inne wie ein Wildstrom dahinfloß. Eif r ig w a r namentl ich der Zwei jähr ige an dei Ar-beit, denn Graben, Schaufeln, Bohren und Drecken waren ihm eine himmlische Lust, Der Aeltere wäre natürl ich lieber bei seinen Al te rskameraden vorn auf der St raße gewesen, die über den Dorfbach hüpf ten übe BaiKen unc Bret ter spran-gen und Fanger ies und Verschiupfer ies machten. Aber er mußte den Kleinen hüten, und Vater und Mut te r ha t ten ihn ernstlich e rmahnt , mit dem Kleinen nicht auf die S t raße zu gehen. »

Doch hof f t e er, den Kleinen nach mehrs tündiger Arbeit s n Sandhaufen endlich in Schlaf zu bringen. Dann wäre er f ü r ein paa r S tunden f re i gewesen. Doch dieser dachte nicht an Schlaf; Schaufeln und Drecken n a h m sein volles Interesse

II Teil

Die Legende vom Aufen tha l t und der angeblichen Ers t -kommunion des späteren Kaisers Napoleon III. in Veringen-dorf behandel te A. W., Ebingen in der Sonntagsbeilage der Schwarzwälder Post vom 21. Juni 1951. Aus den sonst ziem-lich anfechtbaren Aus führungen hebt sich der k la re Nach-weis hervor, daß Napoleon III. n i c h t in Veringendorf , son-dern in E i n s i e d e l n die erste hl. Kommunion empfing, und aus diesem Anlaß der große Kronleuchter gestif tet wurde . Die Sage ents tand wohl so: Ein Marmorf igürchen, das Dekan E. Brucker in Har thausen a. d. Icheer von seinem geistlichen Onkel F i " ; l i s (nicht Fideiius!) Engel in Ver ingen-dorf e rhal ten und (richtig phantastisch!) einer unbekann ten Kirche in Hohenzollern geschenkt habe, t rug angeblich auf der Rückseite in Handschr i f t die Worte: „Zur Er innerung an die 1. hl. Kommunion meines Sohnes; In re Königin Hor -tense". Nun ist h ieraus gar nicht zu ersehen, w e l c h e r Sohn der Königin damit gemeint w a r (falls das Ganze über -haupt stimmt). Denn A. W. irr t sich, wenn er meint, Na-poleons beide Brüde r seien schon k l e i n gestorben. Viel-mehr s tarb der ä l tere Bruder Ludwig erst 1831, käme also ebenfal ls in Frage. Aber mit diesem Andenken würde, kei-nesfal ls eine Fest legung der Kommunion nach Veringen-dorf gegeben sein! Noch größere Schwierigkeiten ergeben sich mit dem noch im P f a r r h a u s Veringendorf e rha l tenen „Goldenen Becher Napoleons," den A. W. abbildet, aber die Inschrif t unvolls tändig wiedergibt . Sie lautet angeblich: „Andenken an die Mut te r Kaisers Napoleons III. — 1842".

Die Inschrif t kann jeaoeh n i c h t aus dem eingravier ten J a h r s tammen, denn Napoleon bestieg erst 10 J a h r e später, nämlich am 2. Dezember 1852 ' l i c h t 1851. wie A. W. an -gibt una daraus 1951 ein lOOjahriges Jubr läum konstruier t ) den Kaiser thron und seine Mut te r lebte damals gar nicht

in Anspruch. Da k a m dem Hü te r ein re t tender Gedanke : Neben dem Sandhaufen lag der Schweinestall und dieser w a r eben lee: ; nu r ein paa r Bund Stroh lagen darin. Daher rief er dem Kleinen zu: „Komm, mei Schätzeie in mei Stäl le rein! Komm, mei Schätzeie, mei Fleischgückerle, mei Go t t adä ra -g l t i .K rle; komm, und leg dich aufs Stroh und mach ein Schläferle!" Schon wiederhol t ha t te er ihn in diese neue Schlafstät te zu verlocken versucht, und als er nicht ging, wollte er ihn mit Gewal t in den Stal l zerren. Doch der Kleine schrie aus Le ibeskräf ten und dem Hüte r e n t f u h r der Stoß-seufzer : „O was bist doch du f ü r ein master lauses (meis ter-loses) Kind! ' Also auch mit Gewal t wa r nichts zu erreichen, und der Kleine wurde erst dann wieder ruhig, als er am Sandhaufen schaufel te und dreckte.

Ais nun alles nichts naif , legte sich der Hü te r selbst auf das S oh im Schweinestall und rief dem Kleinen zu: „Komm, mei Schätzeie, mei Fleischgückerle, mei Gottadäragleicherle; komm in mei Ställe rein und leg dich zu mir aufs St roh und tu mit mir ein bisserie schläferle!" Uno dem Kleinen, dem die Lagers ta t t im Schweinestall wirklich e twas ganz Neues w a r und auf dem sein Hü te r so herrlicn zu liegen schien, ' am auch wirklich in den Stal l und legte sich neben seinen Hüter . Lau te r und eif r iger lockte er und redete ihm zu: „So mei Schätzeie, mei Fleischgückerle, mei Gottadäragleicherle; so ist's recht! So jetzt machst deine Guckäugerle zu und tust ein bisserie schlafe, so wie ich." Dabei f u h r ihm der Große ein paa rma l sanf t über die Augen, und richtig: bald schlief der kleine Tunichtgut den Schlaf des Gerechten. K a u m w a r dies geschehen, so erhob sich der Große von dem Lager, schloß die Türe zu und legte selbst den Querbengel vo r die-selbe. Dann aber lief e r zu seinen Kameraden auf der S t raße und holte in wildem Tollen nach, was er bisher ve r säumt hat te . Drinnen aber im Schweinestall scniief der Go t t adä ra -gleicherle selig wie ein Kind.

Josef S t r o b e 1, Kar l s ruhe .

mehr . Denn Hortense s ta rb 1837 und ihr Sohn machte 1840 .men :weiten, vergeblichen Putschversuch, der ihm „lebens-längliches Gefängnis" einbrachte, aus dem er 1846 nach Eng-land entf l iehen konnte. Daß der geistliche ( n i c h t Erz-Lischöfliche) Regierungsrat P f r . Fidelis Engel der Religions-lehrer Napoleons III. gewesen sei, ist wiederum nicht be-w i e s e ' . Vom -Tahre 1810 an w a r er P f a r r e r in Wilfl ingen und dann Riedlingen (?), seit 1818 P f r . in Sigmaringen, seit 182-i bis zu seinem am '.3. Jun i 1853 erfolgten Tod P f a r r e r in Veringendorf (Mitt. d. Vereins f. Gesch. Hohenzoll. 58. S. 36). Von einer behaupte ten Religionslehrerstelle im J^ihre 1817 bei dem 9jähr igen Pr inzen der Königin Hortense, die seit 1815 auf Schloß Arenenberg gewohnt habe, ist demnach nichts belegt. Eine solche k ä m e höchstens f u r die Sigma-ringer Zeit in Betracht, was aber wieder nicht 1817 gewesen sein kann. Ob der Pr inz je in Veringendorf war, w i s s e n w i r n i c h t , denn die engen Beziehungen der fürst l ich hohenzoiierisenen Famil ie mit P f r . Engel beweisen hier n ic h t s, und noch weniger kann man aus einer angeblichen „Königsgasse", die in Veringendorf von der Haup t s t r aße zur Kirche f ü h r e n soll, irgend einen Beweis d a f ü r en tneh-men. Was A. W. von einer Siegelsammlung e rwähnt , die Pfr . Engel sicher nicht als Religionslehrer, sondern höchstens als Regierungsrat angelegt haben wird, und was er sonst noch weitschweifig angibt, ist f ü r unsere Frage ohne Be-lang. Es bleiben schließlich n u r eine F a b e l und der B e c h e r übrig, dessen Inschrif t nicht von der Bonapar t e -familie, sondern wahrscheinlich von dem gedächtnisschwa-chen P f a r r e r Engel selbst im letzten halben J a h r seines 84jährigen Lebens (oder, weniger wahrscheinlich, von einem Glied der fürs t l ichen Familie) veranlaß t worden sein mag. Denn die Inschrif t kann erst nach dem 2. Dezember 1852 verfer t ig t worden sein! Kr.

Von sämtuchen bis jetzt erschienenen Nummern der „Hohenzollerischen Heimat" ist noch ein kleiner Vorrat vorhanden. Für 30 Pfennig pro Stück können sie bezogen werden von der

Buchdruckerei S. Acker in Gammertingen.

Napoleon III. in Veringendorf

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4 0 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T Jah rgang 1.952

Die Kunstdenkmäler der Stadt Haigerloch von M. G u i d e , S t ad tp fa r r e r

(Fortsetzung) ist ein übersichtlicher Wandpfei lersaal , über den ein mäch-tiges Gewölbe gespannt ist und eine ideale Fläche bietet f ü r ein Riesengemälde. Von besonderer Bedeutung ist bei der Baukons t rukt ion die Lichtführung, die nicht eine große und gleichmäßige Helligkeit erstrebt , sondern Sammlung des Lichtes auf bes t immte Bauteile. Das e infal lende Licht wird abgeblendet , ja gegen den Hochal tar werden die Fen -s te röf fnungen durch vor t re tende Pfe i le r und Pi las ter un -sichtbar gemacht. Daß bei der schmuckbegierigen Bauweise des Barock und Rokoko die Innenauss ta t tung eine w u n d e r -bare Prach ten t fa l tung zeitigt, ist leicht zu vers tehen. Raum-bild und Dekorat ion sind aufs engste mi te inander ve rbun -den. Das technische Dekorat ionsmit te l ist einesteils das Ge-mälde, anderntei ls der S tuckmarmor , der dem Naturs te in vorgezogen wird, weil er ein f re ies Gestal ten mit der F a r b e er laubt . Der Hochal tar mit dem Gnadenbi ld aus dem 15. J a h r h u n d e r t ist hineingestell t in ein architektonisches Ge-

häuse, das von vier weit vor t re ten-den Säulen getragen, von zierlichen Gesimsen über rag t und mit einem krönenden Baldachin abgeschlossen wird. Eingesprengte Put ten , reizende Gestal ten brechen jegliche Symme-tr ie und versetzen den ganzen Auf -bau in s türmischen Rhy thmus äs the-tischer Freude . Zu beiden Seiten des Altars s tehen symbolische Gestalten, die das al te und neue Tes tament darstel len. Die beiden Nebena l tä re sind ohne Säulen und Zubehör, sie umgeben jeweils das die Mitte be -herrschende Bild des Hl. Fidelis und Meinrad mit willkürlich gestal teten Rahmen. Belebt sind beide Al täre mit f rohen, b lendend weißen Engeln. Das ganze Langhaus überzieht ein ausgedehntes, f a rben f rohes Bild in solcher Perspekt ive , daß über dem wirklichen Raum ein zweiter illusio-n ä r e r geschaffen wird, der den w i rk -lichen zersprengt und ins Unbe-s t immte erwei ter t . Meinrad von Au stellt die S t i f tung der Kirche dar durch Fürs t Joseph, der neben dem Bauplane steht und ihn der Mut te r Anna darbietet . Zugleich ist sichtbar gemacht , wie der Fürs t dem Volk durch diesen Bau eine Wohltat spen-den und dem Ver t rauen der Notlei-denden entgegenkommen will. In diesem Bild hat der Küns t le r sich selbst verewigt . Das Kuppelgebäude stellt den Triumpf der Kirchenpat ro-nin im Kreis ihrer Verwand ten und Vorfahren dar, während das Chor-deckenbild eine Gebetserhörung wiedergibt . Gegenüber dem plastisch geschmückten Hauptpor ta l der Kirche steht das s t immungsvol le Kaplane i -haus mit au f fa l l endem Mittelstück, e ingebautem Prunksaa l , bre i tem rundbogigen Por ta l und einem klei-nen Balkon, von wo aus al l jährl ich am hohen St. Annafes t das Lob der Mut te r Anna verkünde t wird. Kirche und Kaplane ihaus bilden eine w u n -derbare Einheit, e rheben sich auf einem grünen Rasenteppich, umsäumt von einer Reihe a l ter Kas tan ien -bäume, abgeschlossen von der Außen-welt durch eine Umfassungsmauer , aus der 24 Pfe i le r emporragen mit 12 s te inernen Büsten von Verwand ten der Hl. Mut te r Anna mit kuns tvol -len Vasen, geschaffen von Georg Weckenmann, der auch im gleichen J a h r die kunstvol le S ta tue des Jo-hann Nepomuk auf dem M a r k t -b runnen schuf.

So bi lden in Haigerioch Natur und Kuns t eine selten beglückende H a r -monie wie k a u m wo anders, Und wer

Fürs t Joseph beginnt , unmi t te lbar nach der Vollendung der Schloßkirche, im J a h r e 1750 auf eigene Kosten

d i e S t . A n n a k i r c h e zu erbauen. Der P lan f ü r dieses Kleinod s t ammt von dem Münchener Kirchenbaumeis ter Johann Michael Fischer, der 32 Got teshäuser und 23 Klöster neu erstell t und ••in^ehaut hat. Sein besonderes Geheimnis ist die milde Feierlichkeit des Gesamteindruckes, die bei St. Anna zu Haigerloch mei-s te rha f t gelungen ist. Ausgeführ t w u r d e der P lan von Chr i -stoph Großbayr , die Holzplast iken s t ammen von Georg Weckenmann und die Malereien von Meinrad von Au. Es waren drei kunsts innige Männer , die in der Tat ihr Bestes gaben, um die Einheitl ichkeit des Gotteshauses zu sichern. Durch das ganze Werk geht die Absicht hindurch, ai ler Augen auf den r.hor zu ziehen und ihn als Schauplatz f ü r die gottesdienstliche Hand lung aufzufassen. Das Langhaus

Haigerloch, St. Annakirdie, Hochaltar

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J a h r g a n g 1952 H O H E N Z O L, L, E R I S C H E H E I M A T 41

entzückt ist von der einzigart igen Schönheit der Natur , den w e r d e n nicht weniger ansprechen und e rheben die imposan-ten K u n s t - u n d N a t u r d e n k m ä l e r , insbesondere die w u n d e r -b a r e n an t iken Kirchen de r S tad t Haigerloch, die seit J a h r -h u n d e r t e n bis zur S t u n d e Zeugen e iner großen his torischen

Vergangenhe i t gebl ieben sind. Sie m a h n e n die heut ige Gene-rat ion, ihre schöne He ima t zu l ieben u n d zu p f legen und sich so e iner ruhmvo l l en Vergangenhe i t der S tad t Haigerloch stets w ü r d i g zu erweisen.

P E T E R S C H W A B Ein hohenzollerischer Bildhauer des späten Barock in Gengenbach

von Alois B e c k , O f f e n b u r g Im J a h r e 1729 w u r d e P e t e r Schwab in De t t ingen /Hohen-

zollern als Sohn des Josef Schwab und der Anna Mar ia Bossenmayer als 7. von 14 K inde rn geboren. In seine J u -gend fä l l t der Bau de r Det t inger Kirche (1738—1740). Hier ha t der begabte K n a b e sicher seine e r s ten Kindrücke e r -

alten. Seine Lehrzei t ve rb rach te er vermut l ich im n a h e n Horb. Schon bald k a m er nach Gengenbach.

In der Or tenau her r sch te zu j ene r Zeit e ine reiche Bau -tät igkei t , da im pfälzischen Erbfo lgekr ieg diese Gegend schwer heimgesucht wurde . A m 7. Sept . 1689 wurde Gen-genbach fas t vol ls tändig n i ede rgeb rann t . Nachdem sich rm L a u f e der J a h r e die F inanzen der Gemeinde gebesser t h a t -t en und wieder Wohls tand e ingekehr t war , begann m a n überal l , die Schäden zu beheben . Eine Anzahl Kirchen, viele P r o f a n b a u t e n und B ü r g e r h ä u s e r sind heu t e noch Zeugen die-ser Aufbau tä t igke i t . Auch die f r e i e Reichsstadt Gengenbach u n d die dort ige Bened ik t ine r -Abte i w a r e n bemüht , die Kr iegsschäden zu überwinden . So wie dama l s Gengen-bach aus den T r ü m m e r n ers tand , ist die Stadt mit wenigen A u s n a h m e n bis heu te e rha l t en geblieben.

Die fo lgenden Daten aus dem L e -ben unseres Küns t l e r s v e r d a n k e n w i r dem 1950 ve r s to rbenen H e i m a t f o r -scher Geistl. Rat Augus t in Kast . Im J a h r e 1764 he i ra t e t e P e t e r Schwab in Gengenbach die Tochter Rosine des S te inhauers Josef J o h a n n und nach deren f r ü h e n Tod, Mar ia , Anna , die Tochter des Metzgers F ranz F ink und der Magda lena geb. Mast .

1762/63 schuf P e t e r Schwab die Kanzel der St. Mar t insk i rche (Leut-kirche) auf d e m Fr iedhof in Gengen-bach, die bis zur Säkula r i sa t ion im J a h r e 1803 als S tad tk i rche gedient ha t . Die Rocai l lekanzel beher rsch t die Nordwand der Kirche u n d ist in weiß , hel lb lau mit wenig Gold geha l -ten. Zwei re izende Pu t t en , die auf Muscheln sitzen, welche in Vo lu ten -Konsolen aus laufen , f l ank i e r en die E ingangs tü r zur Kanzel , ü b e r der das W a p p e n der Reichsstadt angebracht ist. Der Kaiizelkorb ist mi t ve r -goldeten Kar tuschen spa r sam ge-schmückt . Auf dem Schalldeckel sind die Oberkörper de r Evange l i s t ensym-bole: Stier, Adle r und Löwe ange -bracht , ein schwungvoll s t ehende r Engel, das Symbol des Evang. M a t -thäus , bek rön t das Ganze. Die K a n -zel ist das re i fs te W e r k unse res Küns t le r s . (Eine Abbi ldung der K a n -zel in: Bad. Heimat , O f f e n b u r g u n d die O r t e n a u 1935, Seite 290.)

Ein Chronogramm n e n n t das J a h r 1763 f ü r die Aufs te l lung der b e m a l -ten Sands te inp las t ik de r Immacu la t a , das sogenannte „Frauenbi ld" an der S t r a ß e von Gengenbach nach F u ß -bach. P e t e r Schwab ha t dieses Werk, das ganz den Geist des Rokoko a tmet , im A u f t r a g der Fami l ie von Bender gefer t ig t .

An de r S t r aße von Gengenbach nach O f f e n b u r g s teht auf der Ge-m a r k u n g Reichenbach der N e p o m u k -b r u n n e n . Die s t a rke Uebe rma lung dieser Sands te inp las t ik läßt die volle Schönhei t dieses Werkes nicht m e h r e rkennen . Der Sockel ist mi t reichen Roca i l l eo rnamenten geschmückt. Wie die Inschr i f t besagt , w u r d e dieser B r u n n e n im A u f t r a g der B ü r g e r der S t a d t G e n g e n b a c h i m J a h r e 1765 e r " Haigerloch, St. Annakirche, Deckenfresko im Langhaus

richtet , als F r a n z Carol Rienecker , Reichsschultheiß war . (Ab-bi ldung in: „Die Or tenau , Mi t te i lungen des hist. Vereins f ü r Mi t te lbaden , 16. Hef t , 1929, Sei te 430".)

Im J a h r e 1780 beschloß de r Reichsschultheiß, Al te r und J u n g e r Ra t der S t a d t die E r b a u u n g eines neuen „ rep rä sen -tab len" Rathauses , das d a n n im J a n u a r 1784 die reichs-städtische Reg ie rung a u f n a h m . Viktor Kre tz w u r d e als B a u -meis te r f ü r das Ra thaus , das im zuchtvollen Barock, dem u n v e r k e n n b a r e Züge, des sich schüchtern ge l t endmachenden Klassiz ismus bere i ts eigen sind, b e a u f t r a g t . E r w a r als j u n -ger B a u h a n d w e r k e r aus dem Allgäu, w o er 1729 geboren wurde , nach Gengenbach gekommen, h a t t e sich dort ve r -he i ra te t , w a r Mitglied des J u n g e n Rates geworden und h a t t e rasch als Baumei s t e r A n e r k e n n u n g ge funden . Sein Meis t e r -w e r k ist das Ra thaus . Der Sku lp tu renschmuck , küns t le r i sche Schlußste ine über den f lachen Fens te rbögen des Mi t t e l t r ak -

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tes u n d vor a l lem die drei F iguren auf dem Giebei sind Arbe i t en von P e t e r Schwab. Die ers te F r a u des Pe te r Schwab w a r eine Schwester der F r a u des Vikt. Kretz. Die oben -genannten Arbe i ten h a t t e n u n s e r e m Küns t l e r berei ts einen Ruf verschaf f t , daß die B e r u f u n g f ü r diesen A u f t r a g nicht nur von seinen ve rwandschaf t i i chen Beziehungen zum B a u -meis ter he r rüh ren . Die vier Köpfe an den Konsolen des sich

reit h inz iehenden Balkons vor dem Ratssaa l ve r s innb i ld -lichen die Erdte i le Europa , Asien, A f r i k a und Amer ika . Die über lebensgroßen F rauenges t a l t en auf dem Giebei s tel len die Gei echtigkeit und die Klughei t dar , die den sich le iden-schaftl ich reckenden Adle r mit dem Gengenbache r -Wap-penschild mit dem a u f w ä r t s - s c h n e l l e n d e n Fisch, f l ank ie ren . A m 4. März 1945 w u r d e der südliche Flügel des Ra thauses durch eine Bombe s ta rk zerstört , jedoch w u r d e hierbei keine der P las t iken unseres Küns t l e r s wesen Ich beschädigt oder vernichtet . Im Dezember 1950 w a r der W i e d e r a u f b a u bere i t s beendet . Dem Gengenbacher R a t h a u s k o m m t nicht nu r f ü r die Landschaf t a m Ober rhe in , sondern im ganzen deutschen

Südwes ten Bedeu tung zu. Es ist ein besonderes J u w e l in dem maler ischen und romant i schen ehemal igen Reicbs-s tadtcnen. (Abbi ldung in: „Baaische Heimat" , O t f e n b u r g und die Or t enau 1935, S. 14.)

Vor 2 Mona ten ist im Ver lag Schnell und Steiner , München in der Reihe der großen K u n s t f ü h r e r „Gengenbach /Ba-den" von Otto Erns t Sutter1 ¡und Josef Wohlleb erschienen. Hier s teht bei den A n m e r k u n g e n S. 14: Schwab Pe te r , b. (Bi ldhauer) von Det t ingen bei Horb, Meister der Kanzel von 1762 in St. Martrn, S. 15: Verhe i ra t e t sich in Gen -genbach 1764 und wird durch diese Hei ra t der Schwager des Viktor Kre tz ; die P las t iken an dessen R a t h a u s b a u s t a m m e n alle von Schwab S. 16. Von ihm neben zahlreichen ande ren Arbe i -ten auch das Epi taph f ü r Abt Benedik t Rischer an der südlichen A u ß e n w a n d der Abteikirche.

Neben diesen durch archivaiische Be-lege f ü r unse ren Küns t l e r gesicherten Arbe i t en ha t er sicher in Gengenbach, in der n ä h e r e n und wei te ren Umge-b u n g noch wei te re Werke geschaffen. In der Kirche zu Niederschopfhe im b e -f inde t sich a m Orge lprospekt e ine ge-schnitzte Maria Königin, e twa 1 m hoch, die der f r ü h e r e P f a r r e r von Nieder -schopfheim, Geist. Rat Barte ls , mit den fo lgenden Plas t iken , Pe t e r Schwab zu-

weist . Ursprüngl ich ha t sich diese Plas t ik in e iner abgegan-genen Kapel le b e f u n d e n .

An der Bundes s t r aße O f f e n b u r g - F r e i b u r g s teht bei Obe r -schopfheim eine b u n t g e f a ß t e Sands te inp las t ik der I m m a c u -lata, mi t der J ah re szah l 1775. H a l t u n g und Ausdruck a tmen noch ganz den Geist des Rokoko. Am Fuße des Kirchberges von Hofwe i l e r s teht ebenfa l l s eine Immacu la t a . Sie ist wie die v o r g e n a n n t e aus Sands te in gefer t ig t und ebenfa l l s b u n t -bemal t . Die P las t ik und der Sockel lassen deutlich eine W e n -dung zum Klass iz ismus e rkennen . (Abbi ldung in: Bad Hei -mat , O f f e n b u r g und die Or t enau 1935, Seite 397). Die J a h -reszahl 1791 weist das Todes j ah r unseres Küns t l e r s auf. Er ist a m 8. November 1791 in Gengenbach gestorben.

Bet rachte t m a n das bis je tz t b e k a n n t e Werk des Pe t e r Schwab, so m u ß m a n fes ts te l len, daß seine Arbe i t en nicht ganz die Güte der Werke eines J o h a n n Georg Weckenmann erreichen, aber t ro tzdem Anspruch auf ach tunggebie tende B e w e r t u n g ih re r Ausd rucksk ra f t und vor a l lem ihre r h a n d -werkl ichen H a l t u n g erheben.

Haigerloch, St. Annakirche, Kaplaneihaus

Qberschwäbisch-Hohenzollerische Jugenderinnerungen eines alten Burladingers

Beim letzt j äh r igen I r m a - W e s t - K i n d e r f e s t in Hechingen ha t die „Kleine G a r d e " l ebha f t e J u g e n d e r i n n e r u n g e n in mir wachgerufen , wie ich als K n a b e den Waf fenrock dieser „Garde" an fangs der 80iger J a h r e des vor igen J a h r h u n d e r t s auf dem Henauhof bei Buchau a m Federsee oft getragen habe und der in meiner Einsamkei t die Phan t a s i e meiner f r iedl ichen Kriegsspiele bef lügel te .

Mein Großva te r , Ba l thasa r F \ e g , ha t t e nach den Verkauf seines Gutes auf der Lichtnau (Egler 'sche Chronik der S tad t Hechingen S. 272) den Henauhof gekauf t . Mein Onkel , Josef Flieg, der Sohn meines Großvaters , der am 3. Oktober 1867 un te r den 16 in der Chronik de. S tad t Hechingen n a m e n t -lich a u f g e f ü h r t e n K n a b e n (S. 286) anläßl ich des Besuches des Königs Wilhelm mit der Königin Augus ta und dem K r o n -pr inzen Fr iedr ich Wilhelm im Hof der Burg Hohenzol lern aufges te l l t war , ha t t e den Waffenrock ins Ober l and mi tge -nommen . Dort f a n d ich a u ß e r d e m die Ulanka meines On-kels, der bei der 7. ¡rheinischen Ulanen (von denen eine Schwadron auch einige Zeit in Hechingen lag und 1850 a b -b e r u f e n wurde ) in S a a r b u r g (Lothr.) gedient ha t te . Weiter lag dort ein prächt iger Degen aus dunke lb l auem Stah l mit goldenem Griff , der ohne Zweife l aus dem fürs t l ichen Schlosse zu Hechingen s t ammte , von wo mein Großva te r nach dem Abgang des Fü r s t en verschiedene Gegens tände sich e r w o r b e n hat te , d a r u n t e r auch her r l iche Bi lder mi t Szenen aus dem t ro jan ischen Krieg. Mein Großvate r , der in der 48er Bewegung H a u p t m a n n bei der B ü r g e r w e h r war ,

e rzäh l te m i r oft, in Hohenzol lern habe es dama l s ke ine „Gockeler" m e h r gegeben, weil die H a u p t l e u t e alle Gocke-le r federn auf ih ren H ü t e n ge t ragen hä t ten . Der genannte Degen w u r d e von me inem Onkel zu einer Fa s tnach t sve ran -s ta l tung ausgel iehen und k a m nicnt m e h r zum Vorschein. Als ich jedoch vor J a h r e n das F e d e r s e e m u s e u m in Buchau besuchte, entdeckte ich dort, u n v e r k e n n b a r , den Degen in e inem Glasschrank bei anderen , zur Geschichte des Federsees gehör igen Gegens tänden . Ich k lä r t e danach den Be t r eue r des Museums über die H e r k u n f t des Stückes, aas mit der Ge-scnichte des Federsees nichts zu tun habe, auf , worauf er mir schrieb, daß der Ver lus t ihm jetzt , da er die H e r k u n f t kenne , umso schmerzl icher sei, denn die Franzosen hä t t en den Degen besch lagnahmt . Also auch Museumss tücke „ha-bent sua fa ta" .

Was Wunder , w e n n diese Gegens tände t rotz der t i e fen Eindrücke, welche die e igenart ige, ungemein in te ressan te Federsee landschaf t auf mich machen mußte , die Anhängl ich-keit an mein Hohenzol lern wachhie l ten und in V e r b i n d u n g mit me inen Gängen nach und von der Late inscnuie in Buchau ent lang Schauplatz der „Hunnenschlacht" der Ade -l indissage mit der Ruine der angeblich von den Schweden im 30jähr igen Kr ieg zers tör ten P lanken ta lkape l l e , die der F ü r s t von T h u m u, Tax is in ih re r jetzigen Gesta l t wieder a u f g e -bau t hat , me ine Vorl iebe f ü r Geschichte, besonders f ü r Kriegsgeschichte fö rder te . In dem von Buchau nach dem Seeaus f luß f ü h r e n d e n K a n a l spiel ten wir die Seeschlacht

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Ï^HR^ANG 1952 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T 4 3

von Salamis nach Art des „Ulmer Fischers techens" (ein Wasser turn ier ) .

Eine Beziehung zwischen Buchau und Hechingen bes teh t bekannt l ich durch die be iden herr l ichen St i f t sk i rchen, die be ide den Franzosen d ' I xna rd (18. J a h r h u n d e r t ) als B a u -mei s t e r ha t ten . Aus der Late inschule in Buchau ist mi r eine Episode in Er inne rung , die ich nicht u n e r w ä h n t lassen möchte. Unser P räzep to r , J o r d a n Bucher , ha t t e uns den e rs ten Vers des Liedes vom „Guten K a m e r a d e n " griechisch e ingepaukt , der (nach u n s e r e r Aussprache) lau te te : „Hetairos moi än aristos, he ta i ros moi än philos, hosakis g lanxa iä sema, badizee pa r emoi bäma , isos me t romenos isos m e t r o -menos!" Wenn w i r dies bei unse ren Exkur s ionen durch die Or t schaf ten sangen, sag ten die Bewohne r : „Jetzt k o m m e n die Buchauer J u d e n b u b e n (in Buchau lebten damal s viele I s r ae -liten) und singen wiede r hebräisch.

Z u m Schluß darf ich in diesem Z u s a m m e n h a n g noch ku rz

e twas ü b e r die Bedeu tung des Namens „Federsee" sagen. Die Bezeichnung „Feder" wi rd teils auf die Schi l fgräser , teils auf den Reichtum de r Wasservögel , teils auf das F e d e r n des Bodens be im Be t re ten des Ufe rge ländes zu rückgeführ t . Diese volks tüml ichen Deu tungen sind abe r wen ig e inleuchtend, da der N a m e des Sees schon seh r alt ist, das typische Schwan-ken des Bodens ers t von den beiden Seefä l lungen 1787 u n d 1808 h e r r ü h r t und die Bezeichnung „Feder" auch bei a n d e r n Gewässe rn vo rkommt , auf welche die bezeichneten A r g u -men te nicht zu t re f fen . Die größte Wahrscheinl ichkei t ha t m, E. die wissenschaf t l ich beg ründe te Aus legung des b e d e u t e n -den F l u r - und Or t snamenfo r sche r s Buck und des Geschichts-schreibers von Stad t und S t i f t Buchau, des P f a r r e r s J . E. Schött le von Seekirch, die den Ne len von „fad" (vielleicht vordeutsch) und „ fedar" (keltisch), beides „Sumpfsee", , able i ten.

H e r m a n n L e m b e c k , Hechingen, Hagelhof .

Aus Burladingen J. A. K.

Man ha t schon v e r m u t e n wollen, die J a h r e s z a h l 1185 der Weihe de r hiesigen Burgkape l l e (Hohenz. J a h r e s h e f t e 1950 S. 164) könne nicht s t immen, und beziehe sich auf das zol-lerische Schlößle, das angeblich 1485, also 300 J a h r e später , vom Bischof von Augsburg , n a m e n s Fr iedr ich von H o h e n -zollern e rbau t w u r d e (Frbg. Diözez. Archiv 1932 S. 143). Allein dieses E r b a u u n g s j a h r s t e h t g a r n i c h t f e s t . Vie lmehr w u r d e Fr iedr ich ers t 1486 Bischof. Nun behaup te t e Re iner in se iner 1843 erschienenen, übr igens s eh r schwachen „Genealogie des Hauses Hohenzol le rn" Sei te 29: Graf F r i ed -rich v. H. sei 1288 Domprobs t z u Augsburg und 1294 als Bischof nach Kons tanz bes t immt gewesen, a b e r aus Liebe zum kirkl ichen Fr ieden habe er das Bischofsamt an seinen Nebenbuh le r Heinrich von Kl ingenberg abge t re ten . Im J a h r e 1292 habe er als B i s c h o f z u A u g s b u r g hier zu B u r -ladingen das Jagdschloß gebaut , u m h ie r dem edlen Waid -w e r k obzuliegen. Re iner f ä h r t dann fo r t : „ S i e h e d i e i n S t e i n g e h a u e n e A u f s c h r i f t ü b e r d e m P o r -t a l d e s J a g d s c h l o s s e s".

Allein Re iner ha t sich geirr t . Der genann te Fr iedr ich von Zollern w a r n iemals Bischof von Augsburg , sondern s t a rb 1306 als Domprobs t daselbst . E r w a r nach Zingelers S t a m m -ta fe ln des Hauses Hohenzol lern ein Sohn des S t i f t e r s vom Klos ter S te t ten . Dagegen der 1450 geborene Sohn des Gra fen Jos Niklas I. von Hohenzol lern , ebenfa l l s Fr iedr ich genannt , w u r d e a m 20. März 1486 zum Bischof von Augsburg gewähl t und s t a rb als solcher a m 8. März 1505. Was also Reiner auf der Inschr i f t t a fe l des Bur i ad inge r Schiößles. die heu te ve r schwunden ist, las, bezog sich auf d i e s e n F r i ed -rich md di° J ah reszah l hieß zweifellos 1492 (vermutl ich p C C C L X X X X I I un te r de r auch sonst üblichen Weglassung des M, =o daß Reiner die seiden ers ten, ve rmut l i ch ur. leut-lichen, C als M ansan) Vermut l ich ha t die Inschr i f t ( la te i -nisch) besagt : „Graf Fr iedr ich v. Zoillern, Bischof von Augs-burg, bau t e dieses Schloß, u m dem edlen Waidwerk zu ob-liegen, anno 1492".

Dazu paß t auch besser , was wi r übe r den zolleri ichen Fors t rechts der Feh la bei B u r l a d m g e n wissen (Hohenz. J a h r -r e s h e f t e 1940), Mar. möchte annehmen , daß der Bischof auch in se inem Schlößle eine Kape l le einrichtete. Doch scheint von e iner solchen erst im I i . J a h r h u n d e r t e ine S p u r f e s t -s te l lbar , w o sie nach Eisele den Titel de r hlst. Dre i fa l t igkei t h a t t e (Frbg. Diöz. Archiv 1932 S. 144). P l äne von U m b a u t e n sind aus dieser Zeit im fürs t l ichen Archiv noch vo rhanden . (Vgl auch He ima tk l änge des Zoiler 1935. S. 35.) Das Schlößle w u r a e im J a h r e 1816 mit großen Ans t rengungen tei lweise

abgebrochen, dann 1860 an P r iva t l eu t e zu Brauere izwecken v e r k a u f t u n d ist 1886 u n d 1925 als Wir t schaf t vol ls tändig abgebrann t .

W ä h r e n d sich in dem zollerischen Lagerbuch von Bickels-pe rg u m 1435 hier nichts an Gebäuden f inden läßt, nenn t Ber thold Hagen 1544 im Band Bur lad ingen neben dem neuen Schlößle auch noch ein a l t e s S c h l o ß in de r Nähe der Kirche, das vermut l i ch n u r noch aus Wi r t scha f t sgebäuden bes tand und woh l an Stel le de r Gemeindescheuer und h e u -t igen a l ten L e h r e r w o h n u n g zu suchen ist (Fürs t l . Archiv, Hagens Lagerbuch) . Uebe r die E r b a u u n g dieses a l ten Schlos-ses ist nichts bekann t . Man möchte h ie r den a l ten Maierhof und Sitz des Dorfade l s von Bur lad ingen ve rmuten , der d a n n im 12. J a h r h u n d e r t der Zei ts i t te gemäß die H ö h e n b u r g auf der sog. Hohen Wacht und spä te r f ü r nachgeborene Söhne die Doppe lburg „Falken" , sowie eine we i te re auf dem Got t -f r i ed fe l sen (l inks und rechts ü b e r dem Ste t t ener S t räß le im Jenne ta l ) e rbau te . Bei l e t z tgenann te r Burgste l le ist noch ein Abschni t tg raben , be im „Fa lken" aber noch deut l iche G r ä b e n und M a u e r r e s t e zu sehen. Der Sage nach soll von der F a l -k e n b u r g zum Got t f r i ed fe l sen e ine l e d e r n e ' B r ü c k e ge-spann t gewesen sein, w a s nicht m e h r zu besagen braucht , als daß beide Felsen z u s a m m e n eine Rolle spiel ten. Ein Fa lke übe r Dre i - oder F ü n f b e r g w a r das Wappen d e r H e r -ren von Bur lad ingen und der Name Got t f r i ed oder Götz bei ihnen beliebt (Alberti , Wür t tb . Adels - und Wappenbuch) . Vermut l ich bezieht sich die W e i h e u r k u n d e auf die H ö h e n -b u r g „Bur lad ingen" auf der T ohen Wacht, welcher N a m e sicher nicht ü b e r das vorige J a h r h u n d e r t zurückr~icht. Der Feisen da run t e r , von dem ein Kreuz he rabg rüß t , heißt Kr^uz -l inger Stein. Le ider k e n n e n -vir den Vandai i scnen Krieg nicht, der unse re r Burgkape l l e so verhängnisvo l l wurde . B u r g Jung ingen w u r d e im Städtekrieg~'13U von den R e u t -l ingern u n J Burg ftingingen angeblich un längs t nach K l e i n -hans Schwelhers Tod 1450) „in aim Kr ieg" Zus to r f . Es wi rd jedesmal irgend eine der zahlre ichen R i t t e r f ehden gemeint gewesen sein, die eben vandal isch hieß, wei l en tgegen son-st iger Gewohnhe i t die Kape l l e zugrunde g e r i e t e t wurde . Im J a h r e 1354 w i r d ein H an s von Sa lbad ingen mit dem Z u -n a m e n „von Bur i aa ingen" genann t , der zu Trochte l f ingen saß. E r hat sicher Teile von B u r g u n a Dorf Bur lad ingen zei tweise innegehabt . Dieser Sa lmendinger Teil k a m dann an die G r a f e n von Zollern, die woh l schon vorhe r L e -l iensher ren gewesen waren , u n d die ihn 1386 u n d .408 an die Ringinger Truchsesse ve rp fände t en (Vgl. „Feh iaburgen" in Blatt , d. Schwäb. Albvere ins 1933 S 9—16).

Das Römerkastell auf der Schlichte In dem Ackerfe ld zwischen Bur ladingen und Hausen , noch

auf der M a r k u n g von le tz terer Gemeinde, w u r d e südlich von S t raße und B a h n abe r östlich der S t raßenschle i fe a m Neubronnen , an der a l ten Römer s t r aße Laiz- -Win te r l in -gen—Bitz—Hermannsdorf—Schl ich te—Ringinger Kape i l e im troo- enen Sommer 1911 von dem Forscher J o h a n n Dorn vom Weiler Haid bei Trochte l f ingen ein befes t ig ter Pla tz , fein K a s t e l l entdeckt , - eil bei der großen Trockenhei t das Get re ide au . den im Boden s teckenden M a u e r n im Wachs-t u m zurücKblieb. P ro fes so r Dr P. Gößler g rub es vom 27. März bis 3. Apri l 1912 im A u f t r a g de. Römisch G e r m a n i -ser en Kommission tei lweise aus. Prof . Nägele ber ichtet d a -•uber u n t e r Beigabe e iner SKizze in den B lä t t e rn des Schwä-

bischen Albvere ins 1912 S. 137. Dre aufgedeckten M a u e r n des

an den Ecken abge runde t en Q u a d r a t s w a r e n 1,80 m dick. Davor lief ein 3 | n t i e fe r und 8 m .brei ter Spi tzgraben. Jede Sei te des Q u a d r a t s ist in der Mi t te von einem Tnr durchbrochen, von dem eine S t r aße nach der Lage rmi t t e f ü h r t . Fes tges te l l t w u r d e n die be iden Tore nach Osten und Westen. Sie sind je 4 m brei t und von zwe> vo-spr ingenden , auch 4 m im Gevier t messenden T ü r m e n f l ank ie r t . Die Sei-ten des Lagers sind in der L ä n g e auf 125 m geschätzt, spä te r aber auf 13P m fes tgeste l l t worden . Das P r ä t o r i u m oder F e l d h e r r n g e b ä u d e zeigt die F ron t nach Norden. Der Platz ist u n g e f ä h r f ü r 500 Mann bes t immt gewesen, den A i b ü b e r -Tang vom S ta rze l - nach dem Feh i a t a l zu sichern. Der n a h e

N e u b r u n n e n gegen Hausen (heute B r u n n e n s t u b e in der St raßenschle i fe) d iente der Wasse rve r so rgung und vielleicht

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als Mi l i tä rbad . Neben dem Kaste l l k r euz t en sich die be iden schon vorrömischen Wege Feh la—Starze l ta l und die der Markungsgrenze fo lgende S t r aße Laiz—Winterl ingen- - H e r -mannsdorf—Schl ichte- -T ie fen ta l - -Ringinger Kape l le u. s. f. Beim Bau der L a n d e s b a h n 1899 ha t t e m a n nördlich des Fe ldkreuzes a m Bahneinschni t t die F u n d a m e n t e eines s t a r -ken „Turmes" e n t f e r n t und f ü r römisch gehal ten . Doch s tand h ie r i rgendwo bis 1810 die auf der Merian 'schen Zol-lerischen L a n d t a f e l gezeichnete Schlichtkapelle, de ren Dach-t r a u f e nach Starze l—Rhein und zur Feh la -Laucher t—Donau en twässe r ten .

Vom 5. bis 22. März 1914 g rub dann G. Bersu mit bis zu 22 Arbe i t e rn nochmal und ber ichte te d a r ü b e r in der „Ger -mania , Kor respondenzb la t t d. Rom. Germ. Kommiss ion" 1917, S. 111. fg. Vor dem Ste inkas te l l ha t t e schon eine bloße E r d -anlage bes t anden . Die U m f a s s u n g s m a u e r in de r Nordos t -ecke bes teh t aus Mauerguß aus Mörtel und u n b e h a u e n e n Kalks te inbrocken, der zwischen zwei fes te Schalen aus sau -ber1 b e h a u e n e n Quade rn e ingefü l l t w o r d e n ist. F u n d a m e n -t ier t ist n u r leicht, sel ten über 30 cm tief. Die Mauerdicke schwankt zwischen 1,60 und 2,50 m. Die Ecke ist durch einen 50 cm vorspr ingenden Pfe i le r ve r s t ä rk t , da hier das Gelände sehr s ta rk nach außen (Nordwest?) ab fä l l t und die Mauer dicht a m G r a b e n des f r ü h e r e n Erdkas te l l s sitzt. Im Inne rn der Nordostecke w u r d e ein u n g e f ä h r k r e i s r u n d e r B r u n n e n von 4 m Durchmesser ange t ro f fen , aber n u r 3 m tief ausge-graben. A u ß e r d e m f a n d e n sich viele vorgeschichtliche P f o -stenlöcher und Scherben (La Ténezeit?). Die Innens t r aße de r Nordsei te en t lang w a r 4,80 m brei t . I n n e r h a l b der S t r aße liegen die K a s e r n e n b a u t e n , wor in ö f t e r s Herds te l len , Kel le r -und Äschenlöcher fes tgeste l l t sind. Im Süden ist die Maue r n u r 1,20 m bezw. 1,60 m s tark , die S t r aße daneben abe r 5,50 m. Das Tor in der Nordsei te (porta praetor ia) ist ein Doppel tor und von 2 s t a rken T ü r m e n f lankier t , de r eine 5,25 m bre i t und hohl, der östliche n u r 4,20 m brei t bei e iner Mauerd icke von 1 m bezw. 1,20 m. Nach außen spr ingen diese Tore nu r wenig vor. Ein Mit te lpfe i le r von 5 m Länge nach außen und 2,60 m Bre i te gle ichlaufend mit der Kas te l l -seite tei l t das Tor in ein doppeltes . Das f r ü h e r e Erdkas te l l ha t t e h ier n u r ein einfaches. E ine Abzugsdohle zieht h ie r ins Freie. Es f a n d e n sich ziemlich viele Scherben mit Ziegel-s tempeln (Sigil lata) , viele Eisennägel , 3 Lanzenspi tzen, 2

Aext.e, 1 Fesselgerät ( A r m - und Beinschließen mit K n a p p -schlössern und Schlüssel), f e rne r in Bronze: 3 Fibeln oder S icherhei t snadeln des 1. J a h r h u n d e r t s und fo lgende 13 M ü n -zen, d a r u n t e r 2 von Vespasian, 1 von Titus, 5 von Domit ian, 2 von Nerva und je eine von Kaise r H a d r i a n und Antonin Pius. Diese be iden gehören nicht m e h r in die Kastel lzei t . F e r n e r f a n d sich ein als Schleifs tein benutz tes Steinbei l .

Die Ba rackenbau ten im Innern des Lagers w a r e n durch den U m b a u der E rdan lage zur S te inanlage nicht bee in f luß t . Anderser ts e rgab sich, daß von e iner l angdaue rnden Be-nu tzung des Kastel ls nicht die Rede sein kann . Es d ü r f t e nu r re la t iv - kurze Zeit bes t anden haben und ist e iner ü b e r -raschend gekommenen B r a n d k a t a s t r o p h e zum O p f e r ge fa l -len. Der A n f a n g scheint nach den Ziegels tempeln oder Sigil-la ten eher e twas f r ü h e r zu liegen, als m a n se i ther a n n a h m , nämlich u m das J a h r 85 nach Chris tus . Die Münzen und die durchaus einhei t l ichen Topf re s t e machen ebenfa l l s den U n -t e rgang des Kas te l l s noch vor dem J. 110 n. Chr. w a h r -scheinlich. So ur te i l t Bersu.

Man n i m m t an, daß die R ö m e r ursprüngl ich n u r die Alb-hochfläche von Süden her besetzten, die Kas te l le bei H a u -sen—Bur lad ingen und Lau t l ingen zur Abr iege lung de r T ä -ler an leg ten und ums J a h r 110 auch das Albvor land gegen den Neckar in Besitz nahmen , so daß die Kas te l le im inne r -römischen Gebiet bedeu tungs los wurden . Nach a l te r Sage soll hier bei Bur lad ingen einst eine S tad t ges tanden haben, wohl e ine schwache E r i n n e r u n g an die a l ten Römermauiern, die frei l ich seit J a h r h u n d e r t e n der Ackerboden deckt, und auch nach den Ausg rabungen wieder eine schützende Decke erhie l ten .

Die S t r aße durchs T ie fen ta l zur Ringinger Kapel le diente noch 1530 laut dem Ringinger Fleckenbuch als „Lands t r aße" und f ü h r t e von dor t nach Sa lmendingen . In der Nähe der Kape l le will Zingeler das al te S t r aßenp f l a s t e r u m 1880 in ziemlicher Brei te entdeckt haben, ca. 50 cm u n t e r der h e u -t igen „Heers t raße" . Her t le in ha t im Gegensatz zum Verlauf von 1530 die S t r aße von der Ringinger Kapel le an übe r Al teger t nach Melchinger Bergle und von dort ge radewegs nach Großengs t ingen suchen wollen. Bei der Al teger t und dem Aesenta l gab es tatsächlich 1545 eine F l u r H o c h g e -s t r ä ß . Joh. Ad. Kraus .

Die Anfänge des Schulwesens und die Einführung der österreichischen Normalschule im Amte Wald

(Nach den Akten im Staa tsarch iv Sigmar ingen, II 3895 und den Walder Verhörsprotokol len , ebendaselbst . )

Bald nach der E i n f ü h r u n g des Chr i s t en tums f inden wi r die A n f ä n g e f ü r eine a l lgemeine Bi ldung des Volkes. Die Klös ter und Bischofssitze w a r e n die e r s ten und j a h r h u n d e r t e l a n g die alleinrgen P f l anzs t ä t t en f ü r die Organisa t ion von Scha-le n. Der Gedauke eines a l lgemeinen Volksunterr ichtes , den schon Kai; - Ka r l der Großf d u r c h f ü h r e n wollte, schei ter te an dem Widers t and des Volkes, In den S täd ten machten spä te r die gesteiger ten Ku l tu rve rhä l t n i s s e des B ü r g e r t u m s auch -^ine gesteiger te Bi ldung erforder l ich In E r m a n g e l u n g von S t i f t s - und P fa r r s chu l en n a h m e n die s tädtischen Ö r -g&n die Sache Jer Schulen in die Hand, und es w u r d e n S t ad t - oder auch Ratsschulen err ichtet . So f inden wir e t w a }fc 1350 Schüler und L e h r e r in den Nachbars täd ten Meß-dreh, P fu l l endo r f , Mengen und Ueber l ingen. Auf den Dör -

fei (1 dagegen sah es noch lange J a h r h u n d e r t e was Schulen • tilangt, bös aus. Hier e rha l ten wir ers t nach dem 30jahrigen

Kriege vereinzel t Nachricht von -Schulen, meist Win te rschu-len, versehen mit Männern , welche selbst n u r m a n g e l h a f t lesen und schreiben konnten Ais L e h r e r w i rk t en häuf ig H a n d w e r k e r , gelegentlich auch en t lassene Soldaten Tn den vorderös terre ichischen Landes te i len erschien 1G66 die ers te prakt ische Schulordnung, die jedoch keinen Zw ng zum Schulbesuch ausübte . In diese Zeit fa l len auch die e rs ten P l a n e zur Er r ich tung e iner Schule in Walber t swei le r . 1680 wird dem dort igen Mesner e rk lä r t , e r könne das Mesne r -haus beziehen, müsse jedoch fa l ls ein Schulmeis ter ange -stellt würde , das Haus füi diesen Zweck r äumen . Es han -del t sich u m das heut ige Haus von Engelber t Schweikar t , das tatsächlich spä te r als 1. Schulhaus benutzt wurde . Der Leh re r ha t t e damal s ke ine Beneidenswerte A u f g a b e Als e in-zigen Lohn erhie l t er von den Schulk indern den sc genann ten Schullohn, dies w a r 1 Kreuze r in der Woche. Zum Hei/.en des Schul raumes m u ß t e jedes K m d täglich ein Stuck Holz von den Ei te rn mi tor ingen. Der Leh re r w u r d e meis t n u r f ü r einen Winter oder ein Jal i r angeste l l t und wechsel te sehr häuf ig , besonders w e n n er kein Eingesessener war . Es w a r an der Tagesordnung, daß die Schule dann j a h r e l a n g ohne

Leh re r war . Nament l ich l e rnen wi r als Schulmeis ter in Walbe r t swe i l e r 1709 M a r t m S c h o t z e r kennen , der mi t dem aus B ö h m e n zugewande r t en Waide r Schmied S i c c a , e inem bekann ten Schläger, in R a u f n a n d e l verwickel t war . Dieser L e h r e r w a r vo rdem Dragoner und Marke tender bei den L ü n e b u r g e r Dragonern gewesen, die im spanischen E r b -fo lge-Kr ieg 1704, ein halbes J a h r im A m t e Wald in Q u a r -t ier iagen. 1762 w i rk t e im gleichen Dorfe ein Caspar M a ; e r aus Arbon als Lehre r , der vom Mesnei im St re i t als „her -ge laufene Bagage" geschimpf t wurde . E t " ' a u m die gleiche Zeit w i rk t e in Renge tswei ie r Domin ikus B o s c h als „Schu-ster und Schulmeis ter" , und ebenso in Die tershofen , als e in-heimischer L e h r e r Bapt i s t Fu te rknech t .

Ein reges Leben auf dem Gebiete des Volksschulwesens in den vorderös terre ichischen L a n d e n t r a t in den fo lgenden J a h r z e h n t e n ein Kaiser Josef II (1765- -1790) widmete der Jugende rz i ehung seine besondere Fürsc ge. Auf kaiserl iche A n o r d n u n g w u r d e im J a h r e 1775 in den gesamten ös te r -reichischen L a n d e n ein Normalscnui ins t i tu t e ingeführ t , ' u r Be lebung desselben soll ten die U n t e r t a n e n zu t e ldbeHrägen herangezogen werden . Die hohe Ger ich tsbarke i t im Walder A m t e u n t e r s t a n d in diesen J a h r e n noch der Herrschäf f Sig-mar ingen . Ers t nach der U e b e r n a h m e des Amtes Waid durch Oesterreich, im J a h r e 1783, und d a m i t de r Unte r s te l lung un-te r das vorderösterre ichische A m t Nel lenburg bezw. Stockacli, trat, eine entscheidende Besserung auf dem Gebiet des Schulwesens ein.

Dort w a r a m 21. 11. r /82 „die österreichische N o r m a l -schule" e inge führ t worden . Der Untorr i i ht e rs t reckte ich auf Religion, Buchstabieren , Lesen, Schreiben, Rech t en , ' ie-ligionsgeschichte, wei t l iche Geschichte, v e r b u n d e n n It Geo-graph ie und deutscher Sprachlehre . Gegen El tern , die ihre Kinder nicht zur Schule schickten, w u r d e scharf vorgegangen. Sie m u ß t e n das doppel te Schulgeld bezahlen, und, fa l ls sie unbemi t t e l t waren , be im Neubau oder bei i e r R e p a r a t u r von Schulhäusern mi the l fen Durch kaiserl iche Vero rdnung vom 10. Ok tobe r 1783 w u r d e n wei te re Bes t immungen ge-

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 45

t r o f f e n daß nicht n u r in P f a r r o r t e n Schulen err ichte t w e r -den sollen, sondern übera l l da, wo im Umkre i s von e iner ha lben S tunde 90—100 un te r r i ch t s f äh ige K i n d e r im Alter von 6—13 J a h r e n v o r h a n d e n seien. Zur Einr ich tung dieser Schulen hä t t en die Grundobr igke i t , die P a t r o n e und die Ge-me inden je ein Dri t te l der Kos ten zu t ragen . Durch Er laß der Regie rung f ü r die vorderös terre ichischen Lande in F re i -b u r g i. Br. vom 7. 11. 1783 w u r d e we i t e r angeordnet , daß die Schulgebäude nebst L e h r e r w o h n u n g herzuste l len , zu u n t e r -hal ten , mit al len Schule r fordern i ssen zu ve r sehen und die Schuls tuben zu beheizen, de r P a t r o n u s schuldig sein solle. Ai :h solle dieser n u r e inen tüchtigen, in der Normalschule „abger ichte ten" (geprüf ten) Mann zum Schulmeis te r e r w ä h -len, der, fa l ls er die Stel le eines Mesners mi tzuversehen hat , dessen W ohnung zu beziehen habe. Die Bes t immungen übe r die Normalschulen w u r d e n nach Er l aß des K. K. O b e r a m t e s Stockach, dem ja Wald un te r s t and , a l l jähr l ich von der Kanze l ver lesen. Der Unter r ich t w u r d e zunächst in 4, spä te r in 2 Klassen erteil t .

Dies w a r e n die a l lgemeinen Vorausse tzungen , u n t e r denen im J a h r e 1785 im Walde r A m t e die 4 österreichischen Nor -malschulen eingerichtet wurden . Die a r m e n K i n d e r w a r e n vom Schulgeld bef re i t . Nach e inem Er laß vom 17. 1. 1786 sollen die Schulen, u m die K i n d e r den häusl ichen Arbe i t en nicnt zu lange zu entziehen, in 2 Klassen getei l t werden , „nämlich in die, welche buchs tab ie ren k ö n n e n und die es le rnen, dann in die Leser und Schreiber , und es soll mi t den einen vormi t t ags und mit den a n d e r n nachmi t tags Schule geha l ten werden" .

Auf a l lerhöchsten Befeh l vom 24. 8. 1783 ist im Walde r A m t e der Bau von 4 neuen Schulhäusern und die Ans te l -lung von 4 Schul lehrern notwendig . An den Besoldungs-kos ten sollen sich mit je 1 Dri t te l betei l igen:

1. die Grundhe r r s cha f t , 2. die K i r chen fab r iken (Heiligenpflege) und Z e h n t h e r r -

schaf ten, 3. die gesamten U n t e r t a n e n n a c h d e m gemeinen S t e u e r f u ß .

H i e r f ü r w u r d e im Walde r A m t e eine ordent l iche Schu l fond-kasse err ichtet . Der Voranschlag je Schulhaus be t räg t 600 Gulden. Schulgebäude sollen err ichte t und Normalschu l -lehrer beschäf t ig t und besoldet w e r d e n :

a) in Kappel . L e h r e r Isidor Gnädig. b) in Walber t swei le r . L e h r e r Josef Schweikar t . c) in Die tershofen. Leh re r Fidel i Gnädig. d) in Hippetswei ler . L e h r e r Josef Holl.

a) Der P lan zur Er r i ch tung e iner N o r m a l s c h u l e z u K a p p e l sieht vor, daß sich das adel ige S t i f t Wald, als die Grundhe r r s cha f t , mi t 1 Dri t te l an den Kosten zu be -teil igen hat . Das 2. Dri t tel sollen die Zehn t t e i l habe r t r a g e t , und zwar die K i rcnenfab r ik zu Walber t swei le r . wegen der 1387 dorthin incorpor ie r ten Fi i ia lkapel le zu Kappe l n u r mit der Hä l f t e , das St i f t Wald wegen des Zehn ten zu Ot -t e r swang . Kappel , Weihwang , LitzeiDacn u p 3 Reischach, f e r n e r die Hei l igenpf lege Kön igsb runn zu Pfu l lendorf w e -gen des Zehntan te i i s zu Ot te r swang , Weihwang, Litzelbach u n d Reischach, ebenso der S t a d t p f a r r e r zu Pfu i l endor f wegen des genossenen Zehn ten zu O t t e r swang und das S t i f t Pfu l lendor f w e g e r des Zehntan te i l s zu Weihwang. Das 3. Drittel »ragen die gesamten Un te r t anen zu Kappel , Ot te r swang , Weihwang, Litzelbach, Reischach und Glas -hüt te . Als Gehal t f ü r den Lehre r sind 164 Gulden bei f r e i e r W o h n u n g eingesetzt.

b) Zu den Kosten der N o r m a i s c h u l e z u H i p p e t s -w e i l e r haben be izus teuern : 1. Das adlige St i f t Wald als G r u n d h e r r s c n a f t 1 Drittel. Das 2. Dr i t te l zahlen: Die kle ine Ki rchenfabr ik daselbst , das St i f t Wald wegen des Z e h n t -ante i ls zu Gaisweiler , Hippetswei ler , Riedetswei ler , Ro-theniachen, die Hei l igenpf lege zu Pfu l l endor f wegen des

Zehntan te i i s zu Gaiswei ler , Hippetswei ler , Riedetswei ler , Rothenlachen, Ruhes t e t t en und Tau tenb ronn , die St. J akobspf l ege zu Pfu l lendor f wegen des Zehntan te i l s zu Gaiswei ler , das Spi ta l Ueber l ingen wegen des Z e h n t -antei ls zu Ruhes te t t en , das Spi tal P fu l l endor f wegen des Zehn tan te i l s zu: T a u t e n b r o n n . Das 3. Dri t te l zahlen die ge-samten U n t e r t a n e n zu Hippetswei ler , Gaisweiler , T a u t e n -bronn, Riedetswei ler , Rothenlachen und Ruhes te t t en .

Der L e h r e r e rhä l t 244 Gulden Gehal t bei f r e i e r Won-nung. (Besonders ausgebi lde te r und g e p r ü f t e r Lehrer . )

c) Zu den Kosten der N o r m a l s c h u l e z u W a l b e r t s -w e i l e r haben be izus teuern :

1. Das adel ige S t i f t Wald als G r u n d h e r r s c h a f t 1 Drit tel . 2. Die Ki rchenfab r ik Walber t swei le r , das S t i f t Wald als

Z e h n t i n h a b e r zu Wald, Walber t swei le r , die K o m m e n d e Mainau wegen des Zehn ten zu Steckein, alle z u s a m -men 1 Dri t te l .

3. Das 3. Dr i t te l die gesamten U n t e r t a n e n zu Walbe r t s -weiler , Wald und Steckein.

Da mit der Schulstel le der Mesnerd iens t v e r b u n d e n ist, w e r d e n die 60 Gulden Mesnerbeso ldung auf das Gehal t angerechnet . Fü r be ide Aemte r e rhä l t der Leh re r und Mes-ne r insgesamt 164 Gulden bei f r e i e r W o h n u n g im Mesne r -haus .

d) An i en Kosten de r N o r m a l s c h u l e z u D i e t e r s -h o f e n betei l igt sich:

1. Das adel ige S t i f t Wald als G r u n d h e r r s c h a f t mit 1 Drit tel .

2. Die Ki rchenfabr ik zu Dietershofen, das S t i f t Wald wegen des Zehn ten zu Dietershofen, Rengetswei le r und Buf fenhofen , das Kapi te l Meßkirch wegen des Zehn ten zu Ringgenbach, die Hei l igenfabr ik zu Meß-kirch, der S t a d t p f a r r e r daselbs t und der P f a r r e r zu Menningen wegen des Zehn ten zu Igelswies, alle zu-s a m m e n mit 1 Drit tel .

3. Das 3. Dri t te l zahlen die gesamten U n t e r t a n e n zu Dietershofen, Buf f enho fen , Ringgenbach, Renge tswei -ler und Igelswies.

Die Schulstei le ist mit dem Mesnerd iens t ve rbunden . Es gilt also das u n t e r Walber t swe i le r h i e rübe r Gesagte.

Die neuen Schulhäuser w u r d e n 1785 fer t iggeste l l t und in Bet r ieb genommen. Als e r s t e r Schulra t w i rk t e 1786 J o h a n n Michael L i e b e r m a n n von Rot tenburg , K. K. Kre i skommissä r in Schulsachen f ü r die Schulen des K. K. O b e r a m t s Stockach. Im F r ü h j a h r 1786 versuchten die U n t e r t a n e n von R u h e s t e t -t en wegen der großen E n t f e r n u n g von Hippe t swei le r gelöst und der Schule in Aach-Linz zugetei l t zu werden , was jedoch abgelehnt wurde , wei l Linz zur Gra f scha f t Hei l igenberg und nicht zu Ne l l enburg gehöre. Ganz schlecht müssen die Schulen vor 1783 jedoch nicht gewesen sein, denn das Gesuch der B ü r g e r von Ruhes t e t t en w a r von 12 Bi t t s te l le rn mit . em N a m e n unterschr ieben. Nur e iner machte an Stei le der Un-te rschr i f t ein Kreuz .

Wir sehen, wie der S taa t Oesterreich in den . turzen . i h -ren seiner Her r scha f t im A m t e Wald, von 1783 bis 18";'5, z ie lbewußt u n d energisch, wie sein a u f s t r e b e n d e r Br .m r P r e u ß e n im Morden es tat , das Schulwesen auf eine solide Grund l age stel l te u n d fö rder te . G e n a u so fortschrittlich .nü gründl ich ließ er in den J a h r e n 1783 brs 1790 Vn Am. : Wald durch den K. K. geschworenen Landgra f scha f t -Ne l l en bürg Geomete r F r a n z Jakob B l e i c h e r f ü r jede Gemeinde des St i f tes Wald ein besonderes G r u n d u r b a r i u m und die h e r r -liche, f a rb ige Geometr ische Mappa anlegen, die von j edem Ort te i lweise bis zu 7 große, f a rb ige Gru>. dkar ten enthalf und so übe r Besi tzverhäl tnisse , Wälder , F lu ren und F l u r -n a m e n genaues tens Aufschluß gibt. Auch diese le tz teren Quel len be f inden sich im Staa tsarch iv zu Sigmar ingen. Jerg .

Aus der Geschichte von Owingen Unsere Weiierkirche, d ie mi t dem Fr iedhof den letzten

Rest des ve r schwundenen Dorfes Oberowingen dars te l l t , ha t schon i m m e r wegen se iner a l te r tüml ichen B a u f o r m das I n -teresse de r H e i m a t f r e u n d e auf sich gezogen. Doch ist es ein I r r t u m , w e n n die , K u n s t d e n ü m ä l e r " sie als Kreuzki rche ansprechen wollen. Sie ist v ie lmehr als ehemal ige P f a r r -kirche des Doppe laor ies die dem Kl. St Georgen ; :) Schwarzwald unt r s t and (Zol lerheimat 1940 S. 1; 193 S. 53), dem hl. R i t t e r G e o r g geweiht . Die Hl. Kreuzkape i l e d a -gegen ist u m A n f a n g des 17. J a h r h u n d e r t s a m Or t s r and von Unte rowingen abgegangen. Das Gemälde der .Apostel-re ihe in Nähe der k le inen romanischen Fens t e r d ü r f t e vom J. 1740 s t ammen . Am Chorbogen fa l len zwei gemal te zol-lerische Wappenschi lde auf , die gegene inander gewende t

sind, d. n. der l inke Schild zeigl die F a r b e n im Spiegelbild. Die Inschr i f t heißt nicht, wie die K u n s t d e n k m ä l e r S. 251 wollen, MT 1598, sondern M 1598 R, wie das - h o t o Nr. 426 k la r da r tu t . Das sind nämlich die Anfangsbuchs taben des damal igen P f a r r e r s M a r t i n R a u e fn der nach P f r . 'eg-ger von 1590 h ie r wi rk te . Nach 5en Kons tanze r Pro tokol len w u r d e e r a m 26. Mai 1593 als Pfarre? proklamier t ur • erst a m 3. Apri l 1598 invest ier t , also im J a h r der Inschr i f t . E. wi rd somit vor 1593 V e r w e s e r gewesen und f ü r 1598 eine Res taura t ion der Kirche a n z u n e h m e n sein. Ein Kape l -ienbaui Rauchs ist zwe i fe lha f t .

N a m e n von hiesigen P f a r r e r n haben sich i ich m e h r e r e u n b e k a n n t e in den Ak ten des Erzb. A chivs ge funden , soc^Q die Liste von Riegger (Heimatk länge d. Zoller 1935 S. 61 f.)

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und mi r (Zol lerhe imat 1937 S. 56) ergänzt w e r d e n k a n n : 1) B u r k h a r t von Reu te 1303. 2) D i e t r i c h 1314. Einen Ki rchher rn Dietrich (denselben?) n e n n t Crus ius auch zum 23. 6. 1351. 3) H a n s von Bregenz 1367. 4) J o h a n n e s K i r p -b e r g e r (Kirchberger) , u m 1385 gestorben. 5. K o n r a d, der K a m m e r e r , ges torben u m 1388. 6) B e r t h o ' d H o l t s c h a f t bis 1419, in welchem J a h r er f ü r seinen Nachfolger 30 fl E r d f r ü c h t e bezahl t . 7) H e i n -r i c h F i r e r (Führer) von 1419 an. 8) B e r t h o l r ' W i n -s t a i n , dem am 15. J u n i 1442 auf P rä sen t a t i on von Gr Sig-m u n d von H o h e n b e r g die P t a r r e i ver l iehen u n d die Höhe der E r s t f rüch t e auf 20 fl e rmäßig t wuirden, und zwar ha t m a n ihm auf Bi t ten des Herzogs von W ü r t t e m b e r g 60 fl nachgelassen. E r ist 1465 tot. 9) K o n r a d E b e r l e r , soll a m 4. Mai 1465 die 80 fl E r s t f rüch te zahlen, abe r auf E in -t r e t e n des Gr. S igmund von Hohenbe rg w e r d e n ihm zuers t 60 und dann auf Bi t ten des edlen Lutz von L a n d a u alles bis auf 5 fl gesehenst , weil e r die P f a r r e i durch Tausch er langte . 1485 w a r e n hier 10) Kap lan J o h a n n S e n f f und 11) der Al tar i s t a m Mar i ena l t a r (wohl in der Mar ienkapel le) M a -gister C o n r a d C u o n i . 12) L i e n h a r d O e t t i n g e r (Ett inger) , h ier seit 28. Augus t 1488, sollte a m 30. Sept. auch 80 fl bezahlen. Auf F ü r s p r a c h e des edlen K a s p a r von KUn -genberg, des Schwagers , eines H e r r n von Bubennofen . ließ m a n ihm 60 fl nach. 13) P e t r u s F l a n d e r , sollte a m 28. Jan . 1495 ebenfa l l s 80 fl geben, aber auf sein f lehent l iches Bi t ten erl ieß m a n ihm 40. 14) H e i n r i c h S t e y m e t ; h ier a m 18. März 1503 mit 40 fl E r s t f rüch t e e rwähnl 15) Kap l an V i t u s W a l t e r res ignier te im J 1524 auf die Mar ienkap lane i und auf die H o m b u r g e r Kaplanei . 16) K a p -lan J o h a n n e s P i s c a t o r i s (Fischer) w u r d e am 13. 4. 1524 auf die Mar i enkap lane i u n d St. S tephan i p rok lamier t , p räsen t ie r t durch den Kons tanze r Kanon ike r J o h a n n Michael v. Bubenho fen sowie Wol fgang und Joh. J a k o b v. Bubenhofen . 17) K a s p a r P f l a n z e r w u r d e a m 14. 6. .1524 auf die Kaplane i der Kirche in Owingen, die zum Schloß H o m b u r g ges t i f te t ist, p r ä sen t i e r t durch den edlen J o h a n n e s von Wei-t ingen zu Homburg . Inves t i t u r a m 2. Ju l i 1524. 18) Magis ter H e i n r i c h , s t a rb h ie r als P f a r r e r 1528. 19) Magis ter T h o -m a s O t t 1534—43; resignier te . 20) G e o r g N e h e r (Nö-her, Neger) w u r d e a m 9. Mai 1543 e ingeführ t , p räsen t ie r t von Gr. Jos. 1 Nik iaus von Zollern. Neher t r a t schon 1544 zurück. 21) J a k o b M ü l l e r von Horb , wi rd a m 1. 9. 1544 p rok lamie r t und zugleich invest ier t . Er sei 1550 gestorben. 22) B a l t h a s a r O t t , P i ebanus zu Owingen ist a m 3. 12. 15c 1 e r w ä h n t . 23) J o h a n n e s N. e rhä l t a m 22. 5. 1553 auf ein J a h r den V e r w a l t u n g s a u f t r a g . 24) D a v i d W ü r t r e -signier te 1561. 25) J o a c h i m S t o c k w u r d e a m 2. Oktober 1561 auf die Pf . Oberowingen inves t ie r t auf P rä sen ta t ion des Gr. Car l von Hohenzol lern. 26) A n t o n i u s B r a u n , sei 1569 p rä sen t i e r t worden, 27) S e b a s t i a n T h u m ebenso 1574 (bei be iden ist jedoch nicht sicher, ob u n s e r Owingen gemeint w a r ) . 28) M i c h a e l D r e i t i e r 1583—85, w a r 1580 bis 83 in Bur iad ingen gewesen u n d 1560 Kap l an in Fr id ingen bei Riedl ingen. 29) S e b a s t i a n F i l i e r 1585 bis 87 30) J a k o b P f ä f f 1587—90. 13) M a r t i n R a u c h , 1590 P f a r r v e r w e s e r , p rok lamie r t 1593 und invest ier t 1598. Der spä te re (35.) Seelsorger von Owinger w a r der 1636- -39 a m t i e r e n d e Magis te r J a k o o u s K n a u s (nicht Kraus!) von Ver ingens tad t -Benz ihgen . Der 1661 vers torbene P f r . H an s Jörg H o f f m a i s t e r von Ro t t enburg (Riegger S 63) w a r 1646 P f a r r e r in Boll u n d 1651 in Grosse l fmgen Verwes er, v ie l -leicht besaß er auch eine Owinger Kaplane i .

P i a r r e r M a r t i n R a u c h schreibt 1601, er sei in großer Beschwernis wegen der Keßler , Spengle r und Gar tknechte ,

da er auf der Einöde (bei der Wei lerki rche nämlich, wo d a -mals o f f e n b a r ke ine we i t e r en Häuse r mehr s tanden) wohnen und hausen müsse, u n d bat , w e n n es der Heil ige vermöge, soll m a n ins Dorf h i n u n t e r e inen neuen P f a r r h o f b a u e n (Zol lerhe imat 1940 S. 10). P f a r r e r J o h a n n M i c h a e l H e r z o g (1642—68) gab im J a h r e 1651 bei der Visi tat ion an, er s t a m m e aus Rot tenburg , sei 37 J a h r e alt, P r i e s t e r seit 9 J a h r e n , s tud ier te in Würzburg und Ingols tadt , h ier seit 9 J a h r e n P f a r r e r , e r besitze auch die F r ü h m e ß p f r ü n d e , die seit l angem it der P f a r r e i v e r b u n d e n sei. K o m m u n i k a n t e n habe er 160 (d. h. übe r 14 J a h r e n , wozu noch e twa 100 Kinde r k a m e n , a l s o 2 6 0 E i n w o h n e r ! Es sind h ie r 2 K i r -chen: Die P f a r r k i r c h e a u ß e r h a l b des Dorfes u h 3 gut im S tand und mit a l len P a r a m e n t e n versehen. Die andere , d. h. F r ü h m e ß k i r c h e B. M a r i a e V i r g . liegt im Ort , ist gut im Bau. Derzeit w i r d hier das Allerhei l igs te a u f b e w a h r t , da wegen der benachba r t en Andersg läub igen in der P f a r r -ki rche w e d e r das Allerhei l igste, noch Taufs te in gelassen w e r d e n können , d. h. ein Taufs te in ist in k e i n e r Kirche, sondern im Beda r f s f a l l we ih t der P f a r r e r T- 'u fwasser . Es bes teh t n u r eine Hei l igenpf lege f ü r beide Kirchen. D a s P f a r r h a u s , ' d a s a u ß e r h a l b d e s D o r f e . s ') e i d e r P f a r r k i r c h e l i e g t , i s t b e i n a h e a m Z u -s a m m e n f a l l e n u n d w i r d d e r z e i t n i c h t b e -w o h n t , sondern im Dorf ist dem Geistl ichen ein anderes H au s zugewiesen (ass ignatae) . Ein Frühmeßb^ us bes teh t nicht mehr . Der Got tesdienst ist f as t rege lmäßig in der F rühmeßk i r che , auße r an den Sommersonn tagen und Festen, abe r n u r in sicheren Zeiten, wo er dann in d ° r P f a r r k i r c h e s ta t t f inde t . Chr i s t en leh re ist j eden Sonntag . E inen Si hu l -meis te r gibt es nicht. Vor dem T a b e r n a k e l b r e n n t kein ewiges Licht. Einst bes t and hier im Ort noch e i n e K a -p e l l e z u m H l . K r e u z , die a b e r seit unvordenkl ichen Zei ten zers tör t ist. Lediglich Spu ren davon sind noch vor -h a n d e n (vestigiis solum res tant ibus) . Das S t i f tungsve rmögen k a m an die P fa r rk i r che" . (Ha 67, Erzb. Arch.)

Im J a h r e 1665 a m 20. Apr i l e r f a h r e n wi r vom gleichen P f a r r e r , daß die P f a r r k i r c h e dem H l . G e o r g , die Kape l le aber dem hl. J a k o D u i s g e w e i h t sei u n d das d r i t t e Hei l igtum, die Hl. K r e u z k a p e 11 e, sei schon lange zu-sammengefa l l en .

P f a r r e r Sa lzhueber gab d a n n 1679 die K o m m u n i k a n t e n -zahl auf e t w a 300 an, und im J a h r e 1695 no t ie r te er 282 P f a r r k i n d e r , d. h. wieder Erwachsene , wovon 153 noen zu f i r m e n seien. Im J a h r e 1709 e r f a h r e n wir . daß P f r . Salz-h u e b e r aus Wei lhe im b. Hech. s t ammte , in München s tu-dierte, 66 J a h r e al t wa r , 366 P f a r r k i n d e r (ü^er 14 J a h / e ) b t • saß. P red ig t u n d Chr i s t en lehre hielt er abwechseln ( v k i -t ie r te rege lmäßig die Schule, ze lebr ier te täglich (was durch-aus nicht se lbs tvers tändl ich war!) Das Ewige Licht b r a n n t e n u r w ä h r e n d des Gottesdienstes . Bezüglich zers tör te r K a -pel len (wie die F r a g e lautete) habe der Pf; r e r vom ü f f i -zial die schrif t l iche Er laubnis , eine al te Kape l le abzubrechen, w a s auch (1697) geschehen sei) u n d a n d e r e n g r e l l e h a b e e r d i e n e u e P f a r r k i r c h e e r r i c h t e n l a s s e n . Je tz t be s tünden zwei Hei l igenpf legen, nämlich an der a l ten Kirche in 1U S tund E n t f e r n u n g u n d an der neuen. Le tz te re sei noch nicht konsekr ie r t , v i e lmehr w e r d e seit 11 J a h r e n auf e inem T r a g a l t a r mit E r l aubn i s der Obern hl. Messe gefe ier t (H. 67, Erzb. Archiv) .

Somit s teh t also die heut ige P f a r r k i r c h e anste l le der r u -he ren JaKobskapel le , die als E h r e n pa t ron auch die M u t -te rgot tes ha t te . Der P f a r r e r aber ist w ä h r e n d der T r u b e l des 30jähr igen Kr ieges in das heut ige Dorf Owi* »en ge-zogen, wie er schon 1601 woll te. Joh. Ad. Kraus .

Der Name \ l b f ü r das u n s e r Hohenzol lern schräg durch-ziehende Gebirge w a r schon den Römern zur Zeit des Ka i -sers Augus tus u m Chris t i Gebur t b e k a n n t . Der griechische Geograph Strabo, der u n t e r diesem Kaise r in Rom schrieb, berichtet , daß die A l p e n im Norden in m e h r e r e Züge aus -e inandergehen und daß e iner dieser Bergzüge, der jensei ts von Rhein und Bodensee gegen Osten sich h inz iehende mäßig hohe Bergz.i ig sei, an dessen i and die Donauque l len lägen n a h e dem Herzynischen Wald ( = Schwarzwald) . Der Grieche P to iemäus gedenkt ums J a h r 125 nach Chr i s tus ebenfa l l s in Rom der Alb als eines den Alpen gleichnamigen Ge-birgszuges. Auel, dei Römer P l in ius schreibt, de r Bregenzer See in Rät ien (d • der Bodensee!) iiege zwischen A lpen -züger Der N a m e Allgäu w i r d ebenfa l l s als Aibgau erk lär t . Ums J a h r 300 nach Chr is tus hieß die Alb, wie noch 600 J?h rc später J ä l o a " . F iav ius Vopiscus schrieb u m 282 n. Cnr., de r römische Kaiser Probus . der i. J . 282 s tarb , habe die Alemanner übe r Neckai und Alb zurückget r ieben ( t rans Niccerum et A ibam removi t ) Und Ermoldus Nigelius rede t im J a h r e 826 bere i ts von der S c h w a b e n a l b (.Alba Sue-vorum) , von der übe r den Rhein nach Westen h e r ü b e r t a u -

Der üebirgsname Alb send Hunde r t s cha f t en von Kr iegern k ä m e n . I m J a h r e 1083 heißt es in e iner Weingar t ene r U r k u n d e : Hl tzkofen (bei Sigmar :ngen) liege ü b e r der Donau d r ü b e n „am F u ß der

Alben" (in pe^.e Aipium). Ebenso rede t eine K a i s e r u r k u n d e 'on 1093 bere i t s von „Album' (als Mehrzahl form!) Im J a h r e

1300 w e r d e n die Berge zwischen Jung ingen im Ki l ler ta l und der Donau genann t : „an der Scherre u n d an der Alb". W ä h -rend Scnerre noch im O r t s n a m e n „Har thausen a. der Scheer" e rha l t en ist und das t i e fdu rch fu rch te Albmass iv zwischen L a u d i e r t , Donau, Spaichingen und Hohenzol le rn bezeichne! (vgl. Schären-Felsen des Meeres), ve r s t eh t m a n un te r Alb oder Alp soviel als B e ' , ' w e i d . ^ oder nach Ke ina th viel leicht e infach „Gebirge". Heu te noch redet m a n in den Alpen •on der „Alm" (von Albn) , wohin m a n im S o m m e r die

Herder , t reibt . Der U n n a m e „Rauhe Alb" dagegen ist wede r geschichtlich noch tatsächlich berecht igt (Vgl. B lä t t e r des Schwäb. Albvere ins 1890, £0—69; 1929, 134—135).

Von dem B e r g n a m e n ist jedoch der Bachname Alb und Elbe wohl zu scheiden: dieser soll soviel als „weißes, hel l -g länzendes Wasse r" bedeu ten . J . Ad. Kraus .

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J a h r g a n g 1952 H O H E N Z O L, L, E R I S C H E H E I M A T 47

Die Weilerkapelle ob Schlatt Auf der M a r k u n g Jung ingen in Richtung Schlatt lag der

seit 1317 e r w ä h n t e Weiler ob Schlatt , der 1393 von den H e r -ren von Liechtenstein an die Zo l le rgra fen v e r k a u f t wurde . Um 1600 w o h n t e n hier noch 2—3 Famil ien . Im J a h r e 1780 e r w a r b die Gemeinde Jung ingen das Area l des fürs t l ichen Hofes, der vom ehemal igen Weiler noch übr ig gebl ieben w a r und te i l te es in k le inere Parzel len , (s' Zol ler ländle 1927 S. 30.) E ine K a t h a r i n e n k a p e l l e daselbst w i rd 1544 und 1661 e r w ä h n t . Im J a h r e 1810 w a r sie so ruinös, daß m a n sie abr iß und das Glöcklein zum Schulhaus Jung ingen n a h m . Als vor e twa 10 J a h r e n die S t r aße oberha lb der oberen Brücke zu Schlatt ge rade gelegt wurde , schnitt m a n a l ten K u l t u r b o d e n an, wohl von der ehemal igen Siedlung h e r -r ü h r e n d .

Ein Schreiben des Owinger P f a r r e r s Joh. Ka r l Anton S a r -tory vom 18. 11. 1726 an den Bischof von Konstanz gibt uns einige A u s k u n f t übe r die Kapel le . Es heißt dor t : Die K a -pel le sei sehr alt, der h l . K a t h a r i n a g e w e i h t , u n d zu ihr seien be i läuf ig a n d e r t h a l b M a n n s m a d Wiesen, „die H a y -ligen Müe the" genann t , gest i f te t , die u m die Kape l le lägen. Das Gebäude s tehe inmi t t en lieblicher G ä r t e n des Weyle r -hofes, dessen Besi tzer schon i m m e r bis herauf zu se inem ve r s to rbenen Va te r Joh. Fr iedr ich Sar tor i , de r (1694—1724) L e u t n a n t auf Zol lern w a r (und 1704 die zollerischen Schanz-a rbe i t en im Ki l le r ta l vo rübe rgehend leitete) seit u n d e n k -lichen Zei ten her die an l iegende Wiese nu tzen und d a f ü r zum Un te rha l t der Kape l l e ein P f u n d Heller1 entr ichte ten. Der ve r s to rbene P f a r r e r Schibel von Jung ingen h a b e u n t e r m Trochte l f inger Dekan Schmid (1707—16) e inen Prozeß mit Sar tor i s Va t e r ge führ t , der darauf jährl ich 6 Gulden aus de r Wiese geben mußte . Auch der Schwager , der schon ver s to rbene L e u t n a n t Beu t t i e r und Sar tor i s Schwester und nach deren Tod die Ne f f en und Nichten, hä t t en jähr l ich 6 Gulden bezahlt . Je tz t abe r seien diese vVaisen durcn die

Jung inge r Hei l igenpf leger vor der Hechinger Kanzle i ge-zwungen worden , zehn u n d e inha lb Gulden zu geben, wo-gegen er sich ve rwahre .

Die Kape i le in den Gär ten bezw. die wohl 6 fl e r t r agende Wiese w e r d e dadurch geschädigt, daß sie f ü r die Reisenden den Weg abgeben müsse, besonders auch u m Chris t i H i m -m e l f a h r t zum P r o z e s s i o n s r i t t u m die Felder , wodurch gewöhnl ich Gras u n d zar te Zweige Schaden li t ten. Die Vor -be igehenden r issen auch die F rüch te ab u n d ver legten den Weg wil lkür l ich durch die Saat . Sein seliger Va te r habe so-gar 30 fl rücks tändigen Zins von seinen Vorgängern aus se iner Tasche der Kape l l enpf lege bezahlt , das Gebäude selbst res taur ie r t , ein 20 Gulden kos tendes Glöcklein gest i f te t , die Bi lder u n d den fes ten Al ta r of t aus e igener Tasche r e s t au -r ie r t und so den durch das Alter e ingeschlafenen Got tes-d iens t neu belebt . Der Weilerhof habe seine e i g e n e A b -g r e n z u n g u n d e i g e n e s W e i d e g e b i e t , dami t zur Zeit von Viehseuchen, wie zur Zeit in Jung ingen eine ve r -m u t e t werde , das f r e m d e Vieh nicht in des Hofes G ü t e r k o m m e n und e twas zur Ve rb re i t ung derse lben zurücklassen könnte . Die Kape l le sei jetzt an Maue r und Dach, besonders be im Glöcklein, schadhaf t , auch an Ge t ä f e r und W ä n d e n r e p a r a t u r b e d ü r f t i g und k a u m so würd ig imstand , daß 1- -2 mal im J a h r Got tesdienst sein könne, fa l ls nicht Abhi l f e geschaffen werde . E r b i t te nun, den Waisen die Wiese zu lassen, sie w ü r d e n d a f ü r die Kape l le res taur ie ren . Dies ge-schehe sicher nicht, w e n n m a n den E r t r a g zur Mut te rk i rche Jung ingen ziehe. Besonders e iner der Waisen sei ein S t u -diosus, w e r d e vielleicht K le r ike r und habe In te resse an der Kape l l e . . .

Wie schon oben bemerk t , w u r d e die Kape l le dann 1810 abgebrochen (vgl. s' Zol ler ländle 1927 S. 30—31.)

J. A. Kraus .

Aus der Heimatliteratur Eine wer tvol le E rgänzung zu dem Aufsa tz übe r das

G r o ß e S c h a n z e n w e r k des J. 1704 vom Bodensee zur Donau bei F r i ed ingen u n d wei te r über die Albpässe bis Urach (Zol lerheimat 1939, Sei te 33—47) f inde t sich im 26. Jahrga i j der Badischen He ima t 1939, H e f t 1, Seite 64—73, wo anläßlich des Verra ts und Fal ls der S to l lhofener Linien in Mi t te lbaden die Schurkenta t igke i t eines f ranzösischen Spions H i e r o n y m u s von E r 1 a c h, al ias Baron Elcin, geschildert wird. In fas t unglaubl ich k l ingenden A u s f ü h -rungen a n h a n d eines f ranzösischen Buches von Henry Mer -cier (Un Secret d' E t a t sous Louis XIV et Louis XV. LeP double vie de J é r ô m e d' Erlach, Pa r i s 1934) wi rd Eriachs Le-ben erzähl t , de r aus der Ar i s tokra t ie Berns s tammte , ins f ranzösische Heer e intra t , mi t 30 J a h r e n u m eines Mädchens wi l len katholisch wurde , nach 2j ähr iger Ehe sein Weib und seinen neuen Glauben ver l ieß und die Schul theißentochter von Be rn hei ra te te , im spanischen Erbfu lgekr i eg k a i s e r -l i c h e r O b e r s t , spä te r Generai und sogar Fe ldmarscha l l w u r d e u n d zum Schluß als S tad tschul the iß seiner V a t e r -s tadt s ta rb . Dabei hat er l aufend , wöchentl ich 2—3mal, Be-richte übe r T r u p p e n s t ä r k e und -Bewegungen , B e w a f f n u n g , Befes t igungen usw. der deutschen A r m e e n über die Schweiz nach F rank re i ch gescnmuggek und sich d a t ü r gut bezahlen lassen! Kein Wunder , daß die f ranzösischen Heere sowonl die obigen Schanzen als auch die S to l lhofener Linien so leicht ü b e r r e n n e n konn ten :

Kle ine Lebensb i lder der be iden A ugsburge r Bischöfe G r a f J o h a n n v o n W e r d e n b e r g - T ' r o c h t e J f i n g e n (1469—86) und seines Nef fen G r a f F r i e d r i c h v o n Z o l l e r n (1486—1505) f inden sich u n t e r dem Gesichtswin-kel des H u m a n i s m u s aus der F e d e r von Fr iedr ich Zoepfel im „Historischen J a h r b u c h " der Görresgesel lschaf t 1949, II.

' a lbband S. 679--687. Die S tad t Tu t t l ingen ha t u n t e r b e d e u t e n d e n geldlichen

Opfe rn sich ein schönes und reichhal t iges He imatbuch ( „ T u t t l i n g e n i m W a n d e l d e r Z e i t e n", S t ad t -ve rwal tung , 1949, 8.50 DM) von Dr. J . Fo rde re r schaf fen lassen, das dre Geschichte des Gemeinwesens seit der ä l te -s ten Zeit bis zur Gegenwar t beschre ibend und mit te ls einiger Bi ld ta fe ln vor Augen f ü h r t . Wenn m a n im Text m e h r Glie-de rung gewünscht hät te , so wi rd dieser Wunsch wei tgehend e r fü l l t durch eine gute Inha l t sübers ich t a m A n f a n g und ein Regis ter a m Schluß. Man k a n n der S tad t zu diesem Werk n u r gra tu l ie ren und wünschen, daß auch a n d e r e Ge-meinden dem Beispiel folgen mögen. Neben anderen wich-tigen U r k u n d e n ist auch das S tad tbuch von 1489 im A n h a n g wörtl ich abgedruckt , das schon im Hohenz J a h r e s h e f t 1950 S. 165 besprochen wurde . Einige Lese- und Ueberse tzungs-

f eh le r w u r d e n ausgemerz t , wobei sich der sonde rba re „bul-tag" S. 27 tatsächlich als „ tai l tag" en tpuppte . Auf die Obe r -dach- und Unterdachziegel , sowie die F l u r a b w e i d u n g

• ( n i c h t Armenspe i sung! S. 287) und das Brache tbro t in obiger Besprechung m u ß nochmal h ingewiesen werden . S. 69 ist von Backste inen die Rede, die ich im Ur t ex t nicht f inde . Wieden oder Ger ten w e r d e n nicht n u r von T a n n e n -zweigen herges te l l t ! Das „stuchelin" S. 280 ist nicht ein Stücklein, sondern a l tes „stuche" = ein bes t immtes Kle i -dungss tück von F r a u e n . Die J a h r z a h l auf S. 279 soll wohl 1550 (nicht 1150) heißen. Die A n m e r k u n g Nr. 80 S. 283 bleibt samt dem Text schwer vers tändl ich. S. 63 ist Gal tv ieh (nicht Gustvieh) zv lesen.

Das „ Jah rbuch des Hist . Vereins Dillingei- a. d. D.", Jg. 51 (1945—49) 154 S., en thä l t von Daniel Keßler eine M : n o g raph ie übe r den Dil l inger Baumeis er H a n s A l b e r t h a l , der auch 1627 das S igmar inger Scnioßportal u r d das Schlößle von Langenens l ingen schuf. J . A. K r a u s

An das

Postamt

in

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H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1 9 5 2 48

Kleine Mitteilungen A m 29. 9. 1517 erhie l t der K a p l a n a m St Jodoks - t tar in

der P f a r r k i r c h e zu G a m m e r t i n g e n, n a m e n s Wind iner (Windener) auf ein J a h r Absenzbewi l l igung ur der Dekan V e r w a l t u n g s a u f t r a g , ebenso a m 28. Sep t ember 1518 (Ha. 110, S. 182a und S. 195, Erzb. Archiv).

Adel von Burladingen. „ Im J. 1376 v e r p f ä n d e t e n K u n von Bur l ad ingen und sein Sohn al le ih re von Graf Wölfl in und Fr i tz von Ver ingen ü b e r n o m m e n e n Rechte zu G a m m e r -t i n g e n an ih ren O h e i m M a r q u a r d v o n B u b e n h o f e n wegen e iner Schuld bei Ge rung dem Obr is ten in Ro t t enburg u n d andern , i hnen in Ro t t enburg und Bal ingen gewordenen Leis tungen" . An der U r k u n d e im Staa tsarch iv S igmar ingen (Kasten B, Fach 17, Fas. 111) häng t ein undeut l iches Siegel, ein zweites ist abgerissen. K u n ist eine A b k ü r z u n g 1 ür I in-rad. (Nach W. B a u r ) Das W a p p e n zeigte nach der Reichen-auer Chron ik e inen s i lbernen J a g d f a l k e n mit roter K a p p e in goldnem Feld, wie er auf e inem Drei - oder F ü n f b e r g steht.

Kr. D i e R i n g i n g e r B a d s t u b e lag ans te l le des S ta ig-

b a u e r n - H a u s e s N". 76, das Bads tubenscheuer le nebenan a n -stelle des Hauses Nr. 75 ( Johann Mesmer) . Beide H ä u s e r grenz ten an den Hei l igengar ten , das sind heu t e die Gär ten an Birenstal l , die im J. 1834 von der Hei l icenpf lege in zwei S tücken v e r k a u f t wurden . Den einen Teil e r w a r b Nikodem K r a u s f ü r 80 Gulden (Haus 76), u n d den a n d e r e n K a r l Nadler (in 75) f ü r 30 Gulden. Es w a r damal s beides Wiesen. Kr .

D a s B r i e f b u c h (Ein- u n d Ausläufe) des G r a f e n E i t e l f r i e d r i c h v o n Z o l l e r n 1435—1436 be f inde t sich als Kopialbuch Nr. 360 im Staa tsarchiv S tu t tga r t . Seb. Locher ha t d a r a u s e inen Auszug gemacht , der sich im fü r s t l . h o h e n -zoll. Archiv bef inde t . Kr .

D e r B a c h n a m e S e c k a c h wi rd neues tens zu e inem kelt ischen Wort seak dür r , ausget rocknet gestellt , w ä h r e n d die E n d u n g ach so viel wie Wasser (Zeitschr. f. Gesch. d. Ober rhe ins 1951, S. 57).

H e x e v o n T r o c h t e l f i n g e n ? A m 2. J a n u a r 1555 w u r d e vom Bischof die E r l aubn i s er tei l t , die M a r t h a Ve-r inger in von Trochte l f ingen, die wegen ih re r U n t a t e n (male-fac ta , Hexere ien) e r t r ä n k t w o r d e n war , kirchlich zu bee rd i -gen gegen Bezah lung e iner G e b ü h r von 1 Schilling P fennrge (Erzb. Arch. Ha 343, S. 47 a).

Wegen I r r e g u l a r i t ä t ha t t e P f a r r e r Georg Gr ien von Horgenz immern ( H e i l i g e n z i m m e r n ) am 4. 7. 1555 Gulden zu zahlen. E r w e h r t e einigen Laien das F a h r e n übe r seine Aecker, doch die griff sn ihn mit o f f enen Schwerte rn an und brachten ihm 3 Kunden 'sei, weswegen er i r r egu lä r wurde . (Erzb Archiv, Ha 343, S. 57). ISlach Ersele hä t t e es 1520—23 in T r o c h t e l f i n g e n e inen P f a r r e r A l e x a n d e r S c h m i d gegeben. In den Kons t anze r Pro. : lamationsb. ' ichern heißt der b e t r e f f e n d e i m m e r M o r a n d u s S c h m i d , p r ä sent ier t von Graf J o h a n n v. Werdenberg , p rok lamie r t a m 3. 5. 1520, inves t ier t a m 25. Ma . 1520. E r res ignier te a m 21. Mai 1523! Kr .

B E S T E L L S C H E I N

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"

Ich/wir besteile(n) a b sofor t zum l au fenden Bezug durch

die Post Stück „Hohenzollerische Heimat", Ver l ags -

pos tamt G a m m e r t m g e n , zum ha lb jähr l i chen Bezugspreis

von 60 Pfenn ig .

Vor- und Z u n a m e

Genaue Anschr i f t

Dieser Bestellschein ist bei Neubes te l lung oezw. Nachbe-s te l lungen der nächs ten Posts te l le aufzugeben . U m deu t -

liche Schr i f t w i rd gebeten.

A m 14. J u n i 1527 gab de r Bischof von Kons tanz die E r l a u b -nis auf ein J ah r , die Messe zu f e i e rn auf e inem T r a g a l t a r in der Kape l l e im Weyerhaus zu Hettingen (Dekanat Trochte l -fingen.) (Handschr . 112, S. 140, Erzb. Archiv Freiburg. ) Kr.

A m 19. Febr . 1777 w u r d e auf Bi t t en des P f a r r e r s F ranz Jos. Fe tscher zu Hettingen v o m Kons t anze r Gene ra lv ika r der seit Al te rs he r von K r e u z e r f i n d u n g bis E r h ö h u n g (3. Mai bis 14. Sept.; übliche Rosenkranz f ü r die Fe ld f rüch t e dah in u m g e -änder t , daß j eden e r s t en Mona tssonn tag dieser Ze i t spanne eine lOstündige A n b e t u n g vor dem Allerhei l igsten s t a t t f i n -den soll Kr .

Im F e b r u a r 1711 beschwer te sich die Gemeinde Hettingen, der P f a r r e r von Kettenacker (Mg. Joh. Gg. Dür rhe imer ) weigere sich schon 12 J a h r e , t ro tzdem ihm die H ä l f t e des im J a h r e 1478 ges t i f t e t en Faule r ' schen Benef iz iüms zur A u f -besse rung seiner schwachen P f r ü n d e zugewiesen sei, die wöchentl iche Messe zu Het t ingen zu lesen. E r t ue es v ie l -m e h r in seiner e igenen P f a r r k i r c h e oder in der dor t igen n e u -e r b a u t e n Fei 'kapel le . Le tz te re heißt 1661 mit te l los und sehr ruinös. Im J a h r e 1701 lesen w i r von ihr . Die St. Georgs-kape l le liege in E n t f e r n u n g von 1 Vie r te l s tunde vom Dorf. Dahin gehe j ede Woche eine Prozession u n d w e r d e dort auf e inem beweglichen Al ta r s t e in Messe gelesen. Der P f a r r e r

ehe also nicht m e h r nach Het t ingen . Der Anwa l t des be -k lag ten P f a r r e r s wies d a n n 1711 i a r a u f hin, daß die e ine H ä l f t e de r Fauler ' schen S t i f t ung der He t t inge r P f a r r e r e in-

e h m e u n d so die wöchent l iche Messe ja e r fü l l t werde . (Frei-burg, S tehende Regis t ra tur . ) Kr .

Die Burg S gmarTfgen, an de ren F u ß sich nachher die S tad t entwickel te , v i ro bekannt l ich im J a h r e 1077 zum e r -s t enmal e r w ä h n t . Es he iß t nämlich in der P e t e r s h a u s e r Klo-s terchronik zu diesem J a h r : „Der (Gegen-) König Rudolf (von Schwaben) be lager te eine Burg di_ S : " m a r i n ' ;n heißt . Als e r aoe r von der A n k u n f t des Königs leinrich IV. e r -f u h r , der mit se inem H e e r übe r die Alpen zum Entsa tz he r - J u e , e: t ioh er u n d ging nach Sachsen" (Mon. Germ. SS. XX, J. 646). Locher ha t diese Nachricht in Bd. 1 (1867) der Ml ei' ngen des Vere ins f ü r Geschichte Hohenzol lern mitgete t. Spä t e r beric1- et G. Meyer von K n o n a u die Daten in St. -allische M—;eilg. zu va te r l änd . Geschichte, Bd. 17 (18. ) S. 46 und stell te s t , daß Rudolf ke ine 5000 Mann zur

•fügung atte, als er i m M a i 107 die Be lage rung durch-f ü h r t nachdem er noch an Ostern (16. April) :n Augsburg geweilt und d n n in Ess l ingen einen F ü r s t e n t a g ge altei

Bh'bt . Das ° f i ngs ¿st (4. Jun i ) dagegen fe ie r te er auf dem Rü< marsch im Kl. H i r sau und zog sich dann nach Sachsen

i rück. W e n e r in S ! gmar ingen be lager te , ist nicht be -kann ' M. v. K. sc-/:*: „Wesh lb S igmarmgen , iessen B e d e u -tung ü r die rmUtärische Beher r schung der oberen Donau und di<~ f ü r Rudolf wicht ige V e r b i n d u n g des u n t e r e n Schwa-ben mit de r oberen Gegenden, besonders Zürich und mit den Burgundischen L a n d s c h a f t e n a l le rd ings e inleuchtend ist, des Gegenkörigi- Begehr reizte, läßt sich nicht sagen". (Vgl. Gie-ebrecht , Gesch. 1er deutsch. Kaiserzei t , Bd. III , S U 4 l |

- Zur E r w e r b u n g S igmar ingens durch das Haus H a b s b u r g im J a h r e 1290 vgl. St. Gallis« ^e Mrtt. z. va ter l . Gesch. Bd 18 (1881) S. 225 fg. K.

AUS Hörschwag. A m 26. März 1757 erhie l t die hiesige F r n a l -kir< ; (damals noch de r P fa r re i Trochte l f ingen zugehörig) die Er l aubn i s vom Bischof von Konstanz , das Alierhei l igste auf dem Altar zu haben , wobei die polit ische Gemeinde sich verpf l ichte te , solange ke ine Mittel der Hei l igenpflege f ü r ein Ewiges Licht da seien, l ieselben zur V e r f ü g u n g zu stellen. Auch das O b e r a m t in Hechingen s t immte zu. (Freibg.; S te -hende Regis t ra tur . ) K.

K' Inzigkofen und Kl. Mariaberg. A m Scnn tag vor St J o h a n n e s t a g zu Sungichten (23 Jun i ) 1364 v e r k a u f t e n die Pr io r in und der Conven t des Klos ters Mar iabe rg bei G a m -rri^rtingen, das dem Bened ik t ine ro rden angehör te , an die K l a u s n e r i n n e n von Inzigkofen, die bei der Kape l l wohnen , da St Maur ic ius innen gnädig ist, alles- was sie b i sher zu "- 'zigkofen an '"Hitern usw. ha t t en , mi t A u s n a h m e einer Wiese in F l u r Tege rnau . Kaufpre i s 30 P f u n d und 10 Schil-l ing Hel ler . (Nach Locher.)

Zur Beachtung: Unse re Zei tschr i f t k a n n n u r bei der Post bestel l t werden . Pc i un rege lmäß ige r Zus te l lung w e n d e man sich an das zus tändige Pos t amt .

Die Verfasser t r agen für die e ingesand ten A b h a n d l u n g e n die V e r a n t w o r t u n g Nachdruck de r Or ig ina lar t ike l ohne Que l l enangabe verbo ten! H e i m a t f r e u n d e ! Werb t b i t te in E H e m Bekann tenk re i s f ü r neue Bezieher . Der Ver lag stellt P r o b e e x e m p l a r e zu r V e r f ü g u n g .

Es wi rd gebeten, nebens t ehenden Bestel lschein an Be -k a n n t e wei te rzugeben.

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HokensEOlIerlMhe Heimat Vier t e l j ah resb lä t t e r f ü r Schule und Haus

Herausgegeben vom Verein für Geschichte, in Verbindung mit

Schr i f t le i tung: Josef W i e s t , G a m m e r t i n g e n

Pre i s ha lb jähr l i ch 0.60 DM

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Buchdruckere i S. A c k e r , G a m m e r t i n g e n

Nummer 4 Gammertingen, Oktober 1952 2. Jahrgang

/. Teil Aus der Geologie von Hohenzollern

Das Salzbergwerk zu Stetten bei Haigerloch Zugleich ein Gedenkwort zum 7. Oktober 1852

Von Michael W a l t e r

(3. For t se tzung)

Am 7. Oktober dieses J a h r e s sind h u n d e r t J a h r e ve r f los -sen, se i tdem der Bohre r zur Aufsuchung von Steinsalz in S te t t en bei Haigerloch angesetzt w u r d e , ein Ereignis, das ein Wort des Gedenkens verd ien t .

Hohenzol lern w a r bis zum J a h r e 1850 ein kleines, aber se lbs tändiges Land, das in die be iden souveränen F ü r s t e n -t ü m e r Hohenzo l le rn -S igmar ingen mit Haigerloch u n d H o h e n -zollern - Hechingen zer -fiel. Es w a r ein Kle in-s taa t mit e inem Flächen-inha l t von 1142,3 qm, aber nicht der kle inste . Das Deutsche Reich ha t t e noch neun k le inere S t a a -ten, und das heut ige Eu= ropa zählt gar sechs Zwergs taa ten , die alle zusammen nicht e inmal die Größe des Kreises S igmar ingen aufweisen .

Ein k le iner S taa t kann , w e n n nicht besonders günst ige Verhä l tn i s se vorliegen, ke ine kos t -spieligen wir t schaf t l ichen und ku l tu re l l en A u f g a -ben lösen. Die F ü r s t e n von Hohenzol lern b e -m ü h t e n sich zwar sehr u m die H e b u n g des Wohls tandes des L a n -des. Sie un te r s tü tz t en die E i n f ü h r u n g des A n -baues der Ka r to f f e ln und des Klees, fö rde r t en den Obs tbau und die Milch-wir t schaf t . Sie g ründe ten schon im J a h r e 1834 eine ungemein segensreich w i r k e n d e S p a r - und Leihkasse , b a u t e n I m -nau zu e inem angesehe-nen Badeor t aus, s t i f t e -ten 1847 ein Landessp i ta l und be r i e fen n a m h a f t e Mediziner zur Le i tung des Gesundhei t swesens , machten aus -Haigerloch ein künst ler i sches Schmuckkästchen, das auch a n -spruchsvol lere N a t u r e n anzuziehen vermag, r i e fen bei H a i -gerlocb m J a h r e 1838 die F a b r i k Kar l s t a l ins Leben. Aber zu gröberen U n t e r n e h m u n g e n , mi t denen ein gewisses Wag-nis v e r b u n d e n war , re ichten die Mit te l nicht aus. Alle L ä n -der r ings u m Hohenzol lern, in denen Muschelkalk vo rkommt , ha t t en mit Erfo lg nach Salz gegraben. N u r Hohenzol lern vermochte die e r forder l ichen Mittel h i e r f ü r nicht a u f z u -br ingen .

Da k a m e n die Ereignisse des J a h r e s 1848, welche die F ü r -s ten ve ran laß ten , auf ih re Souverän i t ä t zu verzichten u n d ihr Land an P r e u ß e n abzut re ten . Die hohenzoller ische Be-vö lke rung w a r zu dieser Ab t r e tung nicht ge f rag t worden .

Salzbergwerk zu Stetten bei Haigerloch

Sie sah deshalb der Wei te ren twick lung der Dinge mit c iem gewissen Miß t r auen entgegen, das aber bald schwand, als sie sah, wie P r e u ß e n sich bemühte , des L a n d e s W o h l f a h r t zu fö rde rn .

Eine der e rs ten T a t e n des neuen Landeshe r r en bes t and dar in , in Hohenzol lern nach Bodenschätzen forschen zu las-sen. Das ganze L a n d w u r d e durch den Geologen Adolf

Achenbach geologisch a u f g e n o m m e n und das Ergebnis in e iner geolo-gischen Beschre ibung des Landes und e iner geolo-gischen K a r t e von Ho-henzol lern niedergelegt , die mit Genehmigung des damal igen p r euß i -schen Minis ters f ü r H a n -tel, Gewerbe und öf fen t

liehe Arbe i ten F r e i h e r r n August von der Heyd t im J a h r e 1856 im 8. J a h r g a n g der Zei tschr i f t der deutschen geologi-schen Gesel lschaf t ve r -öffent l icht wurde .

Der damal ige Di rek tor des Obe rbe rgamtes Bonn, dem Hohenzol lern u n t e r -stellt war , der b e r ü h m t e Geologe H e i n r i c h v o n D e c h e n (1800—1899), h a t t e nicht n u r dienst= lieh, sondern auch rein persönlich ein w a r m e s In te resse f ü r die geolo^ gische Erschl ießung Ho-henzollerns. Er bere is te selber das Land , u m die Gegend ausf indig zu m a -chen, in der m a n mit der größten Aussicht auf E r -folg nach Salz g r a -ben könne . H i e r f ü r k a m e n nach dem geo-logischen A u f b a u des

Landes' n u r wenige Gebie te in Frage , vor a l lem die Ein-t r i t t ss te l le der Eyach und de r Starzel in den oberen M u -schelkalk, also im Eyachta l der R a u m zwischen Owingen und S te t t en und im Starze l ta l die „Aub' ' bei der Mühle von Rangendingen , wei l an diesen zwei Stel len das Salz durch ^en oberen Muschelkalk genügend gegen Aus laugung durch Ober f i ächenwasse r geschützt ist und zugleich in e iner T ie fe liegt, die bei e iner Boh rung von e twa h u n d e r t Mete rn e r -reicht w e r d e n kann . Die besseren Verkehrsmögl ichkei ten und die sicheren geologischen Verhä l tn i s se entschieden f ü r S te t ten , wo a u ß e r d e m im Bedar f s f a l l e neben der W a s s e r k r a f t der Eyach auch noch die der Stunzach herangezogen w e r d e n kann .

Die Arbe i t b e g a n n a m 7. Oktober 1852. B e r g h a u p t m a n n von Dechen h a t t e f ü r die Anse tzung des e r s ten Bohrloches

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50 H Ö H N Z O L L E H I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1952

einen P u n k t auf der G e m a r k u n g Owingen, in de r F lu r „Rain" bes t immt , wo der Sulzbach die Ta lebene der Eyach elrreicht. Hier t r i t t de r Muschelkalk in se iner obers ten Schicht, den Dolomitfelsen, zum letzten Male an die Obe r -fläche. Nach e iner Arbe i t von fünf Mona ten st ieß der Boh-rer a m 14. März 1853 in e iner Tiefe von 123 m auf das ve r -m u t e t e Salz. Es w a r e ine Schicht von 8,80 m Mächtigkeit , in der das Salz mit e twas Tonen u n d Mergeln vermischt war .

Um festzustel len, wie wei t sich diese Schicht in der Tiefe ausbrei te t , w u r d e in der „Hebenau" auf S t e t t ene r G e m a r -kung, 1450 m von dem ers ten Bohrloch en t f e rn t , ein zweites Bohrloch niedergebracht . Hier konn te m a n den Bohre r in e iner t i e fe ren Schicht, den Nodosuskalken, der mi t t l e r en Schicht des oberen Muschelkalkes, anse tzen und erreichte deshalb das Salz schon in e iner Tiefe von 77 m. Es w a r ein Lager re inen Steinsalzes von 2,25 m Mächtigkeit . So h a t t e m a n bei be iden Bohrungen das e r h o f f t e Salz ge funden . Die F r e u d e w a r groß. Doch „des Lebens ungemischte F r e u d e w a r d ke inem Irdischen zu teil". Man glaubte, die in den be i -den Bohrlöchern fes tges te l l ten Salz lager s tünden m i t e i n a n -der in Verb indung u n d k ö n n t e n a m bes ten dadurch abge -bau t werden , daß m a n in de r Mit te zwischen beiden e inen Schacht anlege. Dieser w u r d e a m 2. März 1854 begonnen, der obere Muschelkalk durchgraben ; dann auch der mi t t le re , das eigentl iche Salzgebirge durchs toßen. Von Salz ke ine Spur ! Die En t t äuschung w a r groß u n d u m so schmerzlicher, wei l bei der A b t e u f u n g zwei M ä n n e r das L e b e n ver lo ren ha t ten . Auch w a r die Arbe i t dadurch s ta rk beh inde r t u n d erschwer t worden, daß dem u n t e r e n Muschelka lk in so s t a r -k e r Weise Koh lensäu re en ts t römte , daß den H ä u e r n S te in -stücke u m die Köpfe f logen. Es m u ß t e n L u f t b l ä s e r e ingebaut werden , u m in den gi f t igen Gasen we i t e r a rbe i t en zu können , können .

Vom G r u n d e des Schachtes aus st ieß m a n n u n gegen die Verbindungs l in ie der be iden Bohr löcher vor. Da gab es eine neue Ent täuschung . Auch in dieser Richtung f a n d m a n ke in Salz. Ein Versuch, gegen das zweite Bohrloch hin Salz zu f inden, mißglückte insofern , daß woh l Salz g e f u n d e n wurde , aber in e iner solchen Beschaf fenhe i t u n d ger ingen Mächt ig-keit, daß sich ein A b b a u nicht lohnte. Doch de r Obers te iger R a i f f e i s e n , der B r u d e r des G r ü n d e r s de r Ra i f fe i sen-vereine, ließ den Mut nicht s inken. E r t r ieb vom Schacht aus e inen Stollen nach der entgegengesetz ten Richtung, also nach Süden vor. Seine A u s d a u e r w u r d e be lohnt ! A m 5. Ju l i 1857 k rach ten die Böllerschüsse durch das Eyachta l u n d v e r k ü n -de ten der e r s t aun t au fho rchenden Bevö lkerung die e r f r e u -liche Kunde : D a s a b b a u w ü r d i g e S a l z l a g e r i s t g e f u n d e n ! Hohenzol lern ha t eigenes Salz! Es w a r eine Schicht von sieben Mete r Dicke, die bei we i t e r em Vord r in -gen an Reinhei t u n d Mächtigkei t z u n a h m

Je tz t konn te mit dem A b b a u begonnen werden . Die e r -forder l ichen Bet r iebs- u n d Wohngebäude über Tag w a i e n schon in den J a h r e n 1855/57 erstel l t worden . Im J a h r e 1859 konn te das e r s te Salz in den Hande l gebracht werden . Das Sa lzbergwerk S te t t en oei Haigerloch e r fü l l t e seine be iden Hauptzwecke, den Bewohne rn von S te t t en und Umgebung Verdienstmöglichkei t zu b ie ten u n d Arbei tsmögl ichkei ten zu schaf fen und den Sa lzbedar t Hohenzol lerns Zu decken, der sich auf 12 000 Zentner Kochsalz und 4 000 Zen tne r S te in -salz belief.

A u ß e r d e m w u r d e noch H a Ü e r a e gewonnen. Es ist dies ein gepochter und gemah lene r Grps, de r mit der bei der Ge -winnung des Kochsalzes in den S i edep fannen zurückble iben-den Mut t e r l auge ü o e r b r a u s t oder mit einigen P rozen ten Steinsalz t rocken gemischt, als Düngemi t te l drente. Die Hai l -e rde besi tzt eine gute D ü n g e k r a f t und w a r einst bei den

B a u e r n sehr geschätzt, so daß das Werk im J a h r e of t m e h -re re t au send Zen tne r abse tzen k o n n t e und auf diese Weise e ine hübsche N e b e n e i n n a h m e erzielte. Auch die den u n -teren Schichten des Salzgebirges en t s t römende K o h l e n -s ä u r e b rach te eine kle ine Nebene innahme . Sie w a r an eine F i r m a aus dem Rhe in land verpachte t , die f lüssige Koh len -säure d a r a u s hers te l l te . Als abe r nach dem ers ten Wel t -kr iege das Elsaß als Absatzgebie t ver lo ren ging u n d zugleich auch die Rein igung des Gases i m m e r m e h r Kosten v e r u r -sachte, s tel l te die F i rma den Bet r ieb e in ; das Koh lensäu re -w e r k w u r d e abgebrochen.

Der Bet r ieb des Sa lzwerkes lief im A n f a n g reent gut. Der Absa tz des Salzes w a r durch das s taat l iche Salzmonopol ge-sichert. Das Werk beschäf t ig te e twa fün fz ig Arbe i te r . Außer menschl ichen A r b e i t s k r ä f t e n w u r d e n noch die W a s s e r k r ä f t e der Eyach u n d Stunzach f ü r den Bet r ieb ausgenütz t . Als diese infolge der A b n a h m e der s tändigen W a s s e r f ü h r u n g nicht m e h r ausreichten, w u r d e im J a h r e 1896 eine Loko-mobi le aufges te l l t . A n f a n g s w u r d e das gebrochene Steinsalz durch Menschenkra f t an den Auf fuhr schach t herangebrach t . Im J a h r e 1875 n a h m ein in die T ie fe be fö rde r t e s P f e r d dem Menschen diese Arbe i t ab. Da die Sal ine S te t t en in den ers ten vier J a h r z e h n t e n ihres Bes tehens an ke ine E i senbahn -linie angeschlossen war , m u ß t e das v e r k a u f t e Salz durch F u h r w e r k e abgehol t werden . Durch die E r ö f f n u n g der ers ten Tei ls t recke der Hohenzol ler ischen L a n d e s b a h n von S te t t en nach Eyach w u r d e der Versand wesent l ich er leichter t u n d verbill igt , zumal dadurch auch der Anschluß an die S t a a t s -b a h n bei de r S ta t ion Eyach erfolgte ; aber ers t die E r ö f f n u n g der le tz ten Tei ls t recke von S te t t en nach Hechingen a m Weih -nach t sabend 1912 gl ieder te endlich das Sa lzwerk in die Ge-samt l in ie der L a n d e s b a h n ein.

K a u m ein J a h r z e h n t nach dem Bes tehen der Saline, auf den 1. J a n u a r 1868, w u r d e das s taat l iche Salzmonopol a u f g e -hoben u n d dami t das Salzwerk in den S t rude l des P re i s -und K o n k u r r e n z k a m p f e s hineingezogen. P r e i s v e r e i n b a r u n g e n mit a n d e r e n Sal inen wechsel ten mit K ü n d i g u n g e n der V e r -t räge. Vorübe rgehende Gewinne u n d Ueberschüsse w u r d e n ba ld wieder durch no twendige Zuschüsse aufgezehr t . Dazu kam, daß i m m e r n e u e Sa lzwerke en ts tanden , wodurch der Absatz insbesondere von Steinsalz f ü r den indus t r ie l len Ver -b rauch nach dem Nieder rhe in und der Schweiz f ü r die süd-deutschen Werke ver loren ging. Die Sal ine S te t ten w a r f ü r den preußischen S taa t ein re ines Zuschußun te rnehmen ge -worden , dessen St i l legung in E r w ä g u n g gezogen w e r d e n mußte , so schmerzlich dies auch f ü r die Gemeinde S te t t en gewesen wäre . Doch es f a n d sich ein güns t iger Ausweg. Das Sa lzwerk k o n n t e an die Gesel lschaf t f ü r e lektrochemische Indus t r i e Dr. A lexande r Wacker in München verpachte t w e r -den, die den Betr ieb im März 1924 ü b e r n a h m .

Dami t begann f ü r das W e r k eine neue Zeit. Der ganze Betr ieb e r f u h r unter der t a t k r ä f t i g e n u n d z ie lbewußten Lei-t u n g des Ober ingen ieurs H u g o R a h m wir tschaf t l ich u n d technisch eine völlige U m - und Neuges ta l tung. Das Sieden von Kochsalz hör te auf Das Steinsalz w u r d e gemahlen u n d den chemischen Werken der- F i r m a zugeführ t . Es ist e r -staunlich, was die m o d e r n e Chemie aus dem chemisch so e in-fachen Steinsalz, das in seiner re inen F o r m n u r aus den E l e m e n t e n Chlor und N a t r i u m besteht , herzus te l len weiß, ange fangen von der Soda, dem Glaubersa lz und der Salz-säure bis zur Zellwolle und dem K a m m e , den sich die D a m e n in die H a a r e stecken. Nachdem n u n die Hemmnisse , die der zwei te Wel tkr ieg der Gesel lschaf t und der Sa l ine brachten, glücklich ü b e r w u n d e n sind Kann da« Sa lzwerk S te t t en mit Bef r ied igung und Stolz im Oktober dieses J a h r e seinen 100. Gebur t s t ag fe ie rn .

Aus der Geschichte der Burg Wildenstein Wild wie ihr N a m e u n d ih re Umgebung, k ü h n u n d trotzig

wie der Fels, dessen Scheitel sie krönt , s teht die a l te Berg-fes tung Wildens te in auf stolzer Höhe u n d schaut h inun te r in das herr l iche Tal, durch das sich die Donau in m a n n i g -fa l t igen Windungen B a h n gebrochen hat . Die meis ten ih re r Schwes te rn sind zers tör t u n d s t a r r e n als zu sammengesunkene Ruinen auf den W a n d e r e r herab , sie aber ha t mit ihren s t a rken Mauern , die mit dem Felsen verwachsen scheinen, die J a h r h u n d e r t e übe rdaue r t .

I h r e beweg te Geschichte beginnt vor e inem J a h r t a u s e n . I. Wann und von w e m die Burg e rbau t wurde , läßt sich nicht mi t Bes t immthe i t angeben ; es soll ein Sei tenzweig der Ed len von Die t fu r t gewesen sein, de ren S t a m m b u r g nu r wenig d o n a u a b w ä r t s s tand. E r s tma l s tauchte ih r N a m e 940 mit e inem Abt Hat to von Wildenstein auf . Na i ' aehr fachem Be-sitzwechsel — das Geschlecht de re r von Wildenste in schrint schon f r ü h ausges torben zu sein — br ing t 1352 die Erb tochter

Brigi t ta von Gunde l f ingen die Burg mit der Her rschaf t W e r n e r V. von Z immern als Morgengabe zu. Das Geschick der Burg bleibt n u n f ü r lange Zeit mit diesem Geschlecht ve rbunden . Welche Schicksale sie bis dahin gehabt hat , ist nicht b e k a n n t Krus ius e rzähl t in seiner „Schwäbischen Chronik" lediglich, daß a m 25. J a n u a r 1348, abends zwischen 4 u n d 5 Uhr , ein so entsetzliches E r d b e b e n en t s t anden sei, w ie Deutschland noch keines er lebt habe . Unte r f ü r e n t e r -iichem Krachen u n d Brausen habe sich die E rde geschüttel t , so daß n i emand m e h r habe auf rech t s t ehen können. Ohne vo rhe rgehenden Regen seien die Flüsse übe r die U f e r ge-t re ten , u n a u n t e r den vielen Burgen, Schlossern u n d Kirchen sei auch die Burg Wildenste in mi t i h re r Nachbarschwester Fa lkens te in zum Teil e ingestürzt . Ob dabei Menschen zu Schaden k a m e n , wi rd nicht e rwähn t , dagegen, daß dres E r d -beben in Bayern , B ö h m e n u n d M ä h r e n 40 Tage mit ku rzen Un te rb rechungen gedauer t habe, daß 26 S täd te völlig v e r -

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 51

schüt tet w o r d e n seien und daß zwei zusammens tü rzende Berge m e h r e r e S täd te und D ö r f e r mi t Menschen u n d Vieh zugedeckt hä t t en . Wer die Burg w i e d e r a u f g e b a u t hat , ist nicht zu ersehen.

In de r Folge s t re i ten sich m e h r e r e E d e l h e r r e n u m ihren Besitz, so die H e r r n von Höven, die P f a l z g r a f e n bei Rhein, die Herzöge von Bayern , die von S t au fenbu rg , von B o d m a n n und auch die S tad t Rottweil . E inen Ante i l an de r Burg scheinen abe r die von Z i m m e r n diese ganze Zeit übe r b e -ha l ten zu hahsn , denn Mit te des 15. J a h r h u n d e r t s b r ing t sich Hans von Z i m m e r n w i e d e r in ih ren Alleinbesi tz . Mit e inem, f ü r jene Zeit geradezu e n o r m e n K I t e n a u f w a n d ließ er die Burg so a u f b a u e n , daß sie nach damal igen Begr i f fen u n e i n n e h m b a r war . U n t e r g röß ten Schwier igkei ten ließ er auch einen B r u n n e n anlegen, doch der Fe lsen b e k a m Risse, und das V. asser ver lor sich zunächst stets, wie es gewonnen w u r d e . Nach se inem Tode vol lendete W e r n e r von Z immern das Werk seines Vaters , das in einer Zeit, in der n u r das Recht des S t ä rke r en galt , den Neid a l ler benachbar ten Ri t te r hervor r ie f . Zu den schl immsten Nachbarn gehör ten die H e r r n von Werdenbe rg -S igmar ingen , die sich des Wi lden-steins u m jeden Pre i s bemächt igen woll ten. Da mit Ge-wal t nichts auszur ichten war , w u r d e der To rwar t bestochen, de r zu e iner ve rab rede t en Zeit den Werdenbe rge rn die Fa l l -b rücke he run te r l i eß u n d das Tor ö f fne te . Durch den L ä r m w u r d e die Besa tzung aufgeschreckt , und es gelang ih r un te r F ü h r u n g ihres K o m m a n d a n t e n Hans von Stein, die E in -dr ingl inge h inauszuwer fen . Mit den W e r d e n b e r g e r n f loh der t reulose Torwar t , de r zur Be lohnung f ü r seinen Ve r r a t im Klos ter zu Laiz lebenslänglich von den Werdenbe rge rn u n -t e rha l t en wurde . Nun entschloß sich W e r n e r von Z immern , die Burg zu ve rkau fen , und so k a m sie in den Besitz des G r a f e n Endres von Sonnenberg . W e r n e r behiel t sich f ü r die eigene Pe r son und seine Nachkommen das Rückkaufsrecht vor. Wenige J a h r e spä te r r e u t e ihn der Handel , und es ge-lang ihm, durch Kauf wieder in den Besi tz des schönsten Kleinods seiner Fami l ie zu gelangen. Er legte e ine s t a rke Besa tzung in die Burg u n d n a h m dor t seinen endgül t igen Wohnsitz , den e r bis dahin in Meßkirch gehabt ha t te . U m die W e r d e n b e r g e r abzuschrecken, schloß er mi t m e h r e r e n Nachbarn Bündnisse . Diesen m u ß t e ve r t r agsgemäß die Buirg jederzei t o f fens tehen , und sie legten ebenfa l l s eine Be-satzung hinein. W e r n e r w a r jedoch von Argwohn und V e r -dacht gegen seine Bundesgenossen geplagt , e r g laubte , sie w e r d e n ihn bei passender Gelegenhei t aus se inem Eigen tum ve r j agen . So warf e r denn eines Tages ku rze rhand , als der Burgvogt abwesend war , die S t r e i t k r ä f t e seiner Bundesge -nossen hinaus. Diese w a r e n z w a r ü b e r Werne r s Tat sehr er regt , l ießen sich aber durch hohe Entschäd igungen be -sänf t igen . W e r n e r lebte in de r Folge ruhig und still auf seiner Burg und erre ichte ein Al ter von 90 J a h r e n . Bis in die letzten J a h r e seines Lebens soll e r täglich in Beuron dem Got tesdiens te be igewohnt und auf d e m He imweg stets i r -gendeinen schweren Gegens tand , ein Stück Hoiz, e inen Stein oder dergleichen auf dem Rücken mit in die Burg genommen haben . Weder b r e n n e n d e Sonnenhi tze noch gr immige Win-terkäl te , w e d e r S t u r m noch Regen sollen ihn auch nu r ein einziges Mal von diesem Gange abgeha l t en haben, de r die Folge eines Gelübdes in t r ü b e n Tagen gewesen sein soll.

Nach Werne r s Tod f iel die Burg seinen dre i Söhnen zu, von denen e iner auf seinen Antei l verzichtete . Die be iden anderen , J o h a n n und Got t f r ied , ger ie ten mi t e inande r in einen j ah re l angen Strei t , da J o h a n n se inem B r u d e r vo rwar f , er sei Fe l ix von W e r a e n b e r g aus S igmar ingen be im Meuchel-mord an Andreas von Sonnenbe rg behilf l ich gewesen. (Von dieser Un ta t zeugt das große Sandste in-Bel ief a m S igma-r inger Scnioßportal.) Beide suchten i c h gegenseit ig zu ve r -d rängen und möglichst v ie ' Schaden zuzufügen . In de r Ze r -s törung der Burg, die zudem noch von e iner Feue r sb runs t ge t ro f fen wurde , übe rbo ten sich beide im Wet te i fe r . Ers t das E ingre i fen des Kaisers setzte dem j ah re l angen , unsel igen Bruderzwis t ein Ende. Got t f r ied , n u n _m Alleinbesi tz der Burg, bau t e sie u n t e r großen Kosten wieder auf u n d p l an t e sogar zu rhren Füßen , e ine S tad t anzulegen, die den Ñ a m e n „Wildens tadt" e rha l t en sollte Die P l ä n e w a r e n schon en t -wor fen , der P la tz schon abgesteckt und aucn das Geld w a r schon aufgebracht , da w u r d e Got t f r i ed s tat t des e r w a r t e t e n Sohnes eine Tochter geschenkt, w a s ihn so ent täuschte , daß er den P l a n fa l len lreß.

Im J a h r e 1518 brach ü b e r Süddeu tsch land j ene v e r h e e -rende Seuche, der schwarze Tod genann t , de ra r t here in , daß m a n befürch te te , sie w e r d e die ganze Gegend entvölkern . Got t f r i ed schloß sich mir den Seinen ein volles J a h r in die Burg ein, es w u r d e n i emand e in- noch ausgelassen, und re t t e t e sich so und den Mi tbewohne rn das Leben. In Not -zeiten w a r die Burg auch Zuf luchtsor t des Kl -^ te r s Beuron, de r Komtu re i Al t shausen , der W a l d e n b u r g e r (bei R a v e n s -burg) und ande re r mehr .

1525 brach de r B a u e r n a u f s t a n d aus und zwang Got t f r i ed wiede rum, sich f ü r längere Zeit in de r B u r g einzuschließen. Der Anlaß , aus d e m e r sich zu dieser Zeit den besonderen Zorn der Meßki rcher zuzog, ist in te ressant . In e iner Ra t s -v e r s a m m l u n g der Bürger von Meßkirch war , ve rmut l i ch u n -t e r dem Ein f luß der Wiede r t äu fe r , der Beschluß gefaß t w o r -den, alle unzücht igen M a n n s - und F r a u e n p e r s o n e n aus der S tad t zu ve r j agen . Der Meßki rcher B ü r g e r Jö rg Schüssel-d r e h e r erhob in de r V e r s a m m l u n g den Einspruch, daß m a n dann selbst kochen und waschen müsse . Darob en t s t and großer Lä rm, und Schüsse ldreher w u r d e u n t e r Schlägen in den T u r m geschleppt, aus den ihn Got t f r i ed bef re i te .

In se inem Gre isena l te r saß Got t f r ied , u n b e k ü m m e r t u m die Welt , die w i e d e r u m e inmal vo rübe rgehend R u h e hielt , in se iner Liebl ingsburg, den Rosenkranz in der H a n d und einen H u m p e n guten Weines vor sich. Seine Angehör igen und Diener d räng ten ihn, nach Meßkirch umzusiedeln , wo er bessere P f l ege f i nden könne . In Wahrhe i t behag te ihnen allen das e intönige und abgeschlossene Leben auf der Burg nicht mehr . Got t f r i ed versprach es ihnen, sobald der in der B u r g l iegende Wein a u s g e t r u n k e n sei. Die Chronik melde t , daß n u n vom Burgvogt bis zum Sta l lbuben, von de r K a m -m e r j u n g f e r bis zur le tz ten Küchenmagd alles d e r a r t m i t -half , den Wein zu t r inken , daß m a n vom Morgen bis zum Abend 3 Monate lang in der Burg ke inen nüch te rnen M e n -schen m e h r an t ra f . Z u m größten V e rd ru ß der Seinen und de r Dienerschaf t ließ Got t f r i ed abe r die Fässe r n u n wieder au f fü l l en . Ers t als sich die Vorboten des n a h e n Todes e in -stel l ten, ver l ieß er seine Burg. Das letzte Mal ü b e r die Zug-brücke re i tend , r i e r e r u n t e r T r ä n e n : „Lebe wohl, mein l ieb-stes Wildenstein!" .

I m J a h r e 1594 soll de r letzte männl iche Sprosse, Graf Wilhe lm von Z immern , die Burg an die G r a f e n von H e l f e n -stein v e r k a u f t haben . Nicht lange blieb sie in de ren Besitz. Als der letzte männl iche Sprößl ing dieser Linie s tarb, k a m die B u r g durch die Erb toch te r an deren Gat ten , den G r a f e n Ura t i s l aus von Für s t enbe rg . Noch heu te gehör t Wildens te in der Fami l ie Fü r s t enbe rg .

Im 30jähr igen Kr ieg ließ der Kaiser wohl mange l s e ige-n e r K r ä f t e die B u r g t ro tz d r ingende r Bi t ten ohne a u s -re ichende Besatzung. Uebe r ganze v ie r M a n n v e r f ü g t e ihr K o m m a n d a n t . Auf dem Hohen twie l saß de r Fe ind und b e -obachte te genau. A m Sonntag, den 10. Augus t 1642, f iel es dem K o m m a n d a n t e n ein, mi t dre ien seiner Leu te nach Meß-kirch zu gehen. Dem Vier ten und D ü m m s t e n dazu über l ieß m a n die Fes tung . Sorglos, wie im t iefs ten Fr ieden, ließ e r die Tore o f fen und die Fa l lb rücke herabgelassen . Spaz ierend erg ing er sich vor den Toren, als e r plötzlich von H o h e n t -wie le rn Solda ten umr ing t und ge fangen war . Eine der auf der Fes tung w o h n e n d e n F r a u e n ha t t e dies beobachte t und Geis tesgegenwar t genug, be ide äuße re Tore zuzuschlagen u n d zu verr iegeln . Allein die schwere Zugbrücke hochzu-ziehen, die die inne re Fes tung mit dem Vorhof ve rband , d a -zu reichten ih re K r ä f t e nicht aus. Sie rief die wenigen a n -deren F r a u e n und hieß sie, das übe r dem Tor bef indl iche Geschütz ioszubrennen. Dach diese ha t t en ke inen Mut und gaben vor, mi t dem Geschütz nicht umgehen zu können , sie h inde r t en sogar die Unerschrockene, als sie es selbst t u n woll te . Inzwischen h a t t e de r Fe ind das äuße re Tor e inge-schlagen, das zwei te abe r w ide r s t and selbst den hef t igs ten B e m ü h u n g e n . Desha lb w u r d e n Lei te rn geholt , u m durch eine übe r dem Tor bef indl iche Schießschar te e inzudr ingen, die ge rade groß genug war , einen Mann durchzulassen. Das mut ige F r a u e n z i m m e r wol l te jeder - E inkr iechenden mit e inem Säbelhieb den Kopf vom R u m p f e t r ennen , allein, auch h ie ran w u r d e sie w i e d e r von den anderen F r a u e n gehinder t . So f iel die Burg als leichte Beu te dem Fe inde zu, und es ist nicht über l i e fe r t , 3b hier Ve r r a t im Spiele war. Der K o m m a n d a n t und seine G e f ä h r t e n f lohen; später soll er sich gestel l t haben ; welche S t r a f e ihm abe r zutei l w u r d e , ist nicht b e k a n n t .

N u n w a r die Burg in schwedischen Händen , und die Bayern versuch ten alles, u m in ih ren Besitz zu k o m m e n . Hef t ige A n g r i f f e schei ter ten an der t a p f e r e n Ver te idigung durch dir Schweden. Man griff also zu r Blockade, die dann auch die Kapi tu la t ion erbrachte , da die Schweden nicht w u ß -ten, ob und w a n n sie Hi l fe zu e r h o f f e n hä t ten . I h n e n w u r d e freier1 Abzug gewähr t . N u n wol l te F ü r s t e n b e r g w i e d e r auf seine Burg, doch dies gelang ihm erst nach J a h r e n . Das w a r Burg Wildenste ins letzte kr ieger ische Epoche. Sie ist n iemals mit Gewal t e ingenommen worden .

Den F ü r s t e n b e r g e r n d iente sie bis zum Ver lus t i h r e r L a n -deshohei t als S taa t sgefängnis . Dann s tand sie, von al len W a f f e n entblößt , j edem offen , sodaß es wohl in der Folge ke iner s t re i t enden P a r t e i m e h r der M ü h e w e r t erschien, sich u m sie zu zanken. Vielleicht ist es diesem U m s t a n d zu v e r -danken , daß sich heu te noch j ede r Besucher ih re r U n v e r -sehr the i t e r f r e u e n kann . Hans Baron.

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52 H O H E N Z O L L, E R I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1952

Ein Kreuzritter von der Burg Hornstein Eine romant i sche Sage

Ri t t e r H e r m a n n von Horns te in lebte zur Zeit des Kaisers Barba rossa mi t se inem Sohn B r u n o e insam u n d zurückge-zogen auf B u r g Horns te in , da seine Gat t in schon f r ü h ge-s to rben war , u n d seinen Sohn h a t t e er an den Hof des G r a -fen von Nei lenburg geschickt, dami t er dort zum tücht igen Ri t t e r he rangeb i lde t werde . N u r selten k a m Besuch au f s Schloß — auße r e inem, u n d das w a r das lieblich e rb lüh t e Töchterlein des Nachbarschlosses Her tens te in . Auch Bruno r i t t ab u n d zu von Nei lenburg in die väter l iche Burg, u m den Va t e r zu besuchen, abe r fas t noch m e h r t r ieb ihn die a u f -sprossende Zune igung zu E m m a von Her tens te in . Der j u n g -fr ische Ri t t e r ahn t e nicht, daß sein eigener, noch rüst iger Va t e r ein Auge auf das R i t t e r f r äu l e in gewor fen ha t te . Als der Sohn B r u n o zum Ri t t e r geschlagen u n d in dem Heeres -zug Barba rossas gegen Heinr ich den Löwen t a p f e r g e k ä m p f t ha t te , t r a t e r voll f r o h e r H o f f n u n g den He imweg an ; er wol l te n u n u m E m m a s H a n d anha l ten . Schon w a r er auf dem v e r t r a u t e n Weg, der zum Schloß h i n a u f f ü h r t e , da sah er im Zwielicht der A b e n d d ä m m e r u n g ein P a a r vor sich — das Mädchen — er täuschte sich nicht — w a r E m m a , zu der sich ein U n b e k a n n t e r herabneig te . Die f u r c h t b a r e En t t äuschung r a u b t e ihm jede Ueber legung. In der V e r w i r r u n g se iner Sinne, daß der E r w ä h l t e n seines Herzens Gewal t geschehe, zog er sein Schwer t u n d hieb mi t e inem gewal t igen Streich auf den U n b e k a n n t e n n ieder . Im Fa l len schrie derse lbe en t -setzt: „Bruno!" Es w a r sein e igener Va te r . —• Wie w a r das gekommen? In Burg Her t ens te in w a r die i r r ige Nachricht e inget rof fen , B r u n o sei im Kr ieg gefal len, u n d so ha t t e E m m a den Werbungen des noch fas t jugendl ichen Ri t te rs E r h ö r u n g geschenkt. B r u n o e r f u h r dies alles, nachdem das Schreck-liche durch seine H a n d geschehen war , erst un ten im Dorf Bingen. Lange Zeit i r r t e B r u n o f lücht ig u n d uns tä t u m -her, obdachlos, ke ine R u h e f indend , die Menschen meidend, da er befürch te te , m a n w ü r d e es von seiner S t i rne lesen, daß er1 seines Va te r s Blu t vergossen ha t te . Endlich t r a t er im Klos ter Beuiron übe r die Schwelle, hof fend , f r i e d e n zu f inden, den er u n t e r den Menschen vergeblich suchte. Er w a r als Novize eine ku rze Zeit im Kloster , ohne jedoch das Ge-lübde abzulegen. Doch ba ld war dem jugendl ichen, nach Ta ten dü r s t enden Ri t te r das Klos te r leben zu eintönig, u n d so en t f loh B r u n o des Nachts aus dem Klos te r im Tal der Donau ins Laucher t t a l der he imat l ichen B u r g Horns te in zu. Im Dörf le in Bingen, angesichts der väter l ichen Burg, w u r d e dem Sohne eine Kunde , welche ihm ein Zen tne rge -wicht von se inem Herzen wälz te : daß sein Va t e r von der schweren Wunde , die er ihm geschlagen, genesen sei. Diese

Nachricht wol l te Brunos Herz t rös ten, und so wol l te er bei se inem V a t e r u m Gnade b i t ten . Doch de r f r eud igen Nach-richt übe r die Genesung seines Va te r s w a r noch ein Wort be igefügt , das B r u n o von n e u e m sehr bedrückte , denn sein Va t e r h a t t e ihm den Fluch gesprochen, u n d er wol l te seinen Sohn nicht m e h r sehen. Von n e u e m f a ß t e B r u n o den E n t -schluß, w iede r ins Klos te r Beuron zurückzukehren , u m dort sein Leben als Mönch zu beschließen. Da erscholl jedoch die Nachricht durchs Tal, daß Kaise r Fr iedr ich zur E robe rung des heil igen Landes ein Kreuzhee r rüs te , das der 67jährige Kaiser f ü h r t e . B r u n o w a r e iner der ersten, der sich u n t e r die F a h n e des Kreuzes stell te. E r sagte sich, besser im Kampf f ü r das Grab Chris t i den Tod f inden, als in der M a u e r des Klos ters un tä t ig zu sein. Bei Regensburg s ammel t e Kaiser Fr iedr ich das Kreuzheer , es w a r e n 3000 Ri t ter , d a r u n t e r auch B r u n o von Hornste in , die den Ka i se r die Donau h inab be -glei teten. Bei Be lgrad b e f a n d e n sich noch m e h r e r e tausend Fußknechte . In Bulgar ien legte der L a n d e s f ü r s t Hindern isse in den Weg, die jedoch des Kaise rs Sohn Herzog Friedrich mit seinen t a p f e r e n Schwaben zurückschlug u n d dem Heere f re ie Bahn machte . Desgleichen stel l te auch der Kaiser der griechischen Nat ion Hindern isse in den Weg, w u i d e aber ge-zwungen, dem deutschen Hee re f r e i en Durchzug zu ges ta t ten . Im März des J a h r e s 1190 setzte der Ka ise r mit se inem aus übe r 10 000 Mann kr iegs fäh igen Pi lgern bes t ehenden Hee re nach Asien über . Am 14. Mai l ie fer ten die K r e u z f a h r e r dem 30 000 M a n n s t a rken Hee re des Su l t ans Saladin, der J e r u -sa lem erober te , e ine siegreiche Schlacht. Zehn t ausend T ü r -ken bedeckten die Wals ta t t . Herzog Fr iedr ich ha t t e indes mi t seinen Schwaben die S tad t im S t u r m genommen, in welche n u n die K r e u z f a h r e r j ube lnd einzogen. Doch der r i t -ter l iche Kaise r sollte diesen ers ten Sieg nicht er leben, die heil ige S tad t nicht sehen. Das H e e r w a r u n a u f h a l t s a m bis zur S tad t Seleuzia a m Calykadmuis vorgedrungen . Dem K a i -ser d a u e r t e der Uebe rgang des Heeres übe r den F luß Sa leph zu lange, u n d so sprengte er hoch zu Roß in die ka l ten , r e ißenden Flu ten , u m sie mi t dem schwimmenden P f e r d e zu durchqueren . J u n k e r B r u n o von Horns te in , der s tändige Beglei ter des Kaisers , sprengte ihm nach. Aber der Ka i se r wie sein J u n k e r w u r d e n von den Flu ten , de ren K r a f t s t ä r -k e r wa r , als sie g laubten , fo r tgeschwemmt . Als Leiche b rach te m a n den Kaiser ans Land , w ä h r e n d sein t r e u e r Eckehard B r u n o von Horns te in von den F lu ten for tger i ssen wurde . So endete f ü r be ide der Kreuzzug, denen es nicht ve rgönnt war , J e r u s a l e m zu erreichen, u n d so w a r e n beide e ingegangen in das himmlische Je rusa l em. Josef H ä r l e .

Das Haigerlocher Richtschwert von 1511 In Haigerlocn lebte das Geschlecht der S te inmayer , es w a r

eher ein berücht igtes , denn be rühmtes Geschlecht. Die S te in -rnayer s te l l ten viele J a h r h u n d e r t e die Nach- oder Scha r f -r ichter . Männe r , die die A u f g a b e ha t t en , u n t e r dem r ä u b e r i -schen Gesindel jener Zeit a u f z u r ä u m e n . Im Besitz de r F a -milie b e i a n ü srch ein Schwert , das als „Haigerloeher Richt-schwert" eine gewisse Be rühmthe i t er langte . Es blieb vom J a h r e 1511 bis zum J a h r e 1832 Erbgu t der Famil ie S te in-mayer , Als J o h a n n Georg S te inmayer der letzte Besi tzer im J a h r e 1832 zu seinen Vä te rn ve r sammel t wurde , ging das Schwer t an die He r r en von Gw über . Nach e iner V e r ö f f e n t -l ichung des Sülchgauer Al t e r tumsvere ins w a r das Schwer t sehr s ta rk u n d schwer, 88 cm lang ohne den Griff u n d 5 cm brei t . Es w a r zweischneidig, sehr scharf und a m Ende ab-gerundet , Auf de r einen Sei te zeigte es ein Rad, auf der a n -dern Sei te w a r ein Galgen aufgezeichnet .

Ein Mitglied der berücht ig ten Re inha rds - und H a n n i k e l -bande , der J o h a n n Re inhard , auch „Meizel" genann t , w u r d e am 5. Augus t 1788 in Felldorf vom „Henker le von M ü h r i n -gen" hingerichtet . Der M a n n sollte an dem Missetä ter sein Meis ters tück machen, er leis tete aber so schlechte Arbe i t und m u ß t e m e h r e r e Maie h inhauen , daß der anwesende A m t -m a n n bedauer te , ke ine Pis tole bei der H a n d zu haben, u m die Leiden des a r m e n Sünder s abzukürzen . Ande r s v e r f u h r der Haiger locher Nachrichter mi t der J o h a n n a Ca tha r ina Dedler au's Betzingen, der Genossin des J o h a n n Re inhard . Der Chronis t ber ichtet : „Der Haiger locher Nachrichter ta t e inen sicheren Hieb . . . . "

Am 17. Ju l i 1787 w a r in Sulz der H a u p t m a n n J a k o b Re in-

h a r d hingerichtet worden . Zu Chur in G r a u b ü n d e n h a t t e Inn der A m t m a n n Schäfer aus Sulz, ein Schrecken al ler Male f i -kan ten , au fgespü r t u n d nach Sulz gebracht . Der H a n s j ö r g Re inha rd h a t t e seinen Ve t t e r v e r r a t e n u n d f ü r diese J u d a s -ta t von W ü r t t e m b e r g e inen Freibr ief e rha l ten , auf den sich die Re inha rds noch lange ber ie fen . F re ihe r r Otto von Ow, P f a r r h e r r der Wachendorf ' schen Besi tzung Bierl ingen, schickte dem InKulpaten den K a p l a n Diener , den f r ü h e r e n Beicht-va te r von Hannike l . E r sollte den vers tockten Sünder zum Tode vorbere i ten . Weil abe r der Z i g e u n e r h a u p t m a n n lange ein unbußfe r t i ge s Gebahren an den Tag legte, rief ihm der Kap l an in de rben Wor ten zu: „Du Hüllenbl i tz , willst du dem Teufe l lebendig m den Rachen f a h r e n ? " Der Hann ike l h ä t t e in we i t e F e r n e n geschaut und hä t t e gean twor te t : „Wenn die dre i gefei ten, ausgegrabenen GIocKen ni t wä ren , die Pumpelschel le zu Börst ingen, das Siibergiöcklein zu Bie-r ingen u n d das Kalkwei l , dann wol l te ich ein Wet te r das Neckar ta l h i n a b f a h r e n lassen, daß den Leu ten das große Grausen käme." Der Zigeuner mochte selbst an seine ü b e r -na tür l ichen K r ä f t e glauben, vielleicht ha t er auch seine U m -gebung schrecken wol len; das Wet t e r ist nicht gekommen. Ers t ein J a h r spä te r hä t t e es m Bier l ingen ein Hage lwe t t e r gegeben. Es h ä t t e großen Schaden angerichtet , und die losen Mäule r ha t t en n u n e twas zu reden. Sie sch impf ten auf ih ren Kap lan , er h ä t t e zu Hause b le iben sollen. Nun h ä t t e ihnen der Hann ike l dieses U n w e t t e r übe r die F lu ren geschickt. Mit der A u s ro t t u n g der H a n n i k e l b a n d e w a r das L a n d und insbe-sondere auch das hohenzoller ische L a n d von einer großen P lage bef re i t . H an s D ü r r , Bal ingen.

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 5 3

Vom „geschossenen Bild von Klosterwald" Wenn m a n von Wald auf der L a n d s t r a ß e nach Walber t s -

wei le r geht, so k o m m t m a n e twa 100 m vom heut igen Or t s -ausgang en t f e rn t an der Stel le vorbei , wo f r ü h e r h a r t wes t -lich der L a n d s t r a ß e die Sankt Annakape l l e s tand. Sie w u r d e u m 1800 abgebrochen. Der Oesch t r äg t jedoch heu te noch den F l u r n a m e n „St. Annenösch", wie er schon voir 400 J a h r e n hieß. W a n d e r n wi r e inen ha lben Ki lomete r wei ter , so sehen w i r os twär t s der L a n d s t r a ß e e inen neuzeit l ichen Bildstock aus Holz auf e inem Betonsockel. Der F l u r n a m e lau te t h ier : „Geschossenbildäcker"; 1500 hießen die Aecker Bildäcker. Von diesem Ort ber ichtet die u m 1565 geschriebene Z im-mersche Chronik, Band I Sei te 452 im Anschluß an die Sage vom geschossenen Bild a m F u ß e des Zoller folgendes: „Zu Zei ten des a l ten H e r r n Johann , F r e i h e r r n zu Z immern (1354 bis 1441) ha t ein f recher , ungo t t es fü rch t ige r Mensch die 3 Schuß auf ein Kruz i f ix , a m Wege zwischen dem Kloster, Wald und d e m Dorf W a t t m a n n s w e i l e r getan. Die 2 Fuß t r i t t e , wo der verzwei fe l te Mensch ges tanden, sind geblieben. Sie sind jetzt (1565) noch v o r h a n d e n und w e r d e n bis an den Jüngs t en Tag nicht vergehen . Es b le ib t ke in Regen und ke in Schnee da rauf . So verwischt sie kein Ungewi t t e r . Vor J a h r e n w u r d e daselbst eine Kape l le gebaut . Als diese a l t e r sha lbe r ve r fa l l en war , ließ die nächs te Aebt iss in vom Rotenste in (Anna von Rothenste in-Saleck, 1528—1557) e inen hölzernen Bildstock an der gleichen Stel le wieder auf r ich ten" . Sowei t die Sage de r Z immerschen Chronik .

In der Klos terk i rche zu Wald bef inde t sich u n t e r h a l b des Al ta rb i ldes auf d e m M a r i e n a l t a r das sogenannte „geschossene Bild von Wald" . Es ist eine alte,, rohgeschni tz te u n d s ta rk ve rwi t t e r t e Kreuz igungsgruppe in e inem Glaskäs tchen mit Giebeldach, e twa 20X35 cm groß. Die Holzgruppe zeigt Chr is tus a m Kreuz, zu beiden Sei ten Mar ia u n d Johannes . Das Al te r der G r u p p e läßt sich wohl k a u m genau m e h r fes ts te l len, doch scheint die Holzschni tzarbei t vor 1500 en t s t anden zu sein. Links und rechts vom Kreuz sehen w i r zusammen 3, k n a p p f ingernage lgroße Löcher (Durchschüsse) u n d eine ä h n -lich große Ver t i e fung . Dieses Bild s tand ursprüngl ich zwi-schen Wald und Walbe r t swe i l e r und ist eben das „geschos-

sene Bild", von d e m obige Sage der Z immerschen Chronik ber ichtet .

Neben dem M a r i e n a l t a r be f inde t sich ein altes, m e h r f a c h geänder tes und übe rma l t e s Gemä lde auf e iner Holztafel , die die F reve l t a t in der Reihenfolge fes thä l t und fo lgende A u f -schrif t t r äg t : „Wahre Abbi ldung des sogenann ten geschosse-nen Bildes bei Klos te rwald , auf welches im schwedischen Kr ieg 1630—1635) ein le icht fer t iger Soldat 3 Schuß ge tan u n d zur S t r a f e aber gleich n a h dabei von der sich e r ö f f n e n d e n E r d e ist versch lungen worden ." Auf d e m Gemälde sehen wir , wie ein Soldat im langen schwedischen Waffenrock aus Leder mit se iner Muske te 3 mal auf e inen Bildstock schießt, der genau das heut ige „geschossene Bild" zeigt, und wie er d a n n daneben von der E r d e verschlungen wird . Das Bild zeigt die Kape l le u n d das Eremi tenhaus , die spä te r an der Stel le der F r eve l t a t er r ichte t wurden , und nach de r Mappa des J a h r e s 1790 (Flurkar te ) eine ansehnl iche Größe gehab t haben . Das „geschossene Bild" und obiges Gemä lde b e f a n d e n sich in dieser Kapel le . E twa u m 1800 s t a rb h i e r der le tzte K l a u s -ner . E r w u r d e auf dem a l ten Kirchhof zu Walber t swei le r begraben . Hie raus entwickel te sich dann zwischen den s t re i t -b a r e n P f a r r h e r r n zu Walbe r t swe i l e r und d e m Klos te r Wald ein l anger Stre i t vor dem K. K. ne l lenburgischen O b e r a m t -m a n n zu Stockach. Nach mündl icher Uebe r l i e f e rung soll aus dem Abbruch des B r u d e r h a u s e s und der Kape l le zu A n f a n g des 19. J a h r h u n d e r t s die heut ige Kape l le in Reischach e r -bau t w o r d e n sein. S t a d t p f a r r e r C. Baur , Hechingen, berichtet in den Hohenzol ler ischen J a h r e s h e f t e n , 1938, Seite 231, daß f r ü h e r in de r abgegangenen Wal l f ah r t skape l l e jeden Fre i t ag eine hl. Messe gelesen w u r d e und heu te noch, se i tdem das Gemä lde und das „geschossene Bild" in der P f a r r k i r c h e zu Wald sind, h ie r j eden F re i t ag zu den heil igen fünf W u n d e n unseres H e r r n gebetet u n d an den F a s t e n f r e i t a g e n eine be -sondere Pred ig t gehal ten wird. Wir f r e u e n uns auch da rübe r , daß der E igen tümer des Feldes, auf dem das „geschossene Bild" und spä te r die Kape l le mit dem B r u d e r h a u s s tanden, sein Bildstöckle wiede r her r ich ten läßt u n d so j ede r W a n -de re r nicht nu r an die F reve l t a t , sondern auch an den G l a u -ben und die Got tes furch t u n s e r e r V o r f a h r e n e r inne r t wird.

Jg.

Die Gräberfunde in Dettingen Das L a n d e s a m t f ü r Denkmalspf lege in Tüb ingen teilt mi t : A m Nordausgang Dett ingens, os twär t s der S t r aße nach

Horb, s t ießen Arbe i t e r bei der Ausschachtung f ü r den N e u -bau von Dr. med. P S t r aub inge r in 30—70 cm Tiefe 5tlf Gräber , die vom 17. bis 22. Apri l durch das Landesamt f ü r Denkmalsp f l ege Tübingen un te r such t w e r d e n konnten . H i e r -bei zeigte es srch, daß bei den G r a b a r b e i t e n ein bis je tz t noch u n b e k a n n t e r a lemannischer Reinenfr iedbof des 7. J a h r h u n -der t s angeschnrt ten w o r d e n w a r . Insgesamt konnten 1 3 G r ä -ber f re igelegt werden . Die Toten lagen in der f ü r die Ale-m a n n e n üblichen Bes ta t tungsweise mi t den F ü ß e n nach Osten, d e m Kopf nach Westen, so daß der Blick der a u f -gehenden Sonne zugewende t war . In den meis ten G r ä b e r n f a n d e n sich Beigaben, die den Toten von ih ren Angehör igen f ü r das Leben im Jensei t s ins Grab gelegt w o r d e n w a r e n . Ein M a n n ha t t e zu seiner Rechten sein langes zweischnei-diges Eisenschwert — dre A l e m a n n n e n n a n n t e n es Spa tha — u n d ein einschneidiges Kurzschwer t , den Sax, dessen Schneide mit vier verz ie r ten Bronzeköpfen besetzt war . Eine

große e iserne Schnal le gehör te zum Wehrgehänge , dessen mit k le inen Bronzenägeln bese tz te r L e d e r r i e m e n noch als schwarze V e r f ä r b u n g im Boden zu e rkennen war . Zwei an den F ü ß e n l iegende e iserne Pfe i l sp i tzen vervol l s tändig ten die B e w a f f n u n g des Toten. In e inem anderen M ä n n e r g r a b f a n d e n sich eine e iserne Lanzenspi tze , ein Sax und ein e iser -ne r Mit te lbuckel eines r u n d e n Holzschildes. Die Holztei le des Schildes w a r e n — wie auch de r hölzerne Lanzenschaf t , völ-lig vergangen . In e inem wei t e ren M ä n n e r g r a b lagen ebenfa l l s ein Sax, die dazugehör ige Eisenschnal le u n d eine T:leine römische Bronzemünze . Eine F r a u t r u g als Schmuck eine Ke t t e aus bunten Glasper len und Amethys ten . Auf ih re r Brus t lag eine schön verz ier te Bronzen?del . Außerde n w a r ihr noch ein k le ines E i senmesser ins Grab mitgegeben. In den übr igen Gräbe rn f a n d e n sich ebenfa l l s Kurzschwer te r , E i sen-schnal len und kle ine Messer.

E twa 100 b i s 150 G r ä b e r d ü r f t e der kleine Friehof u m -fassen, auf dem vor e twa 1300 J a h r e n die G r ü n d e r des heu t igen Det t ingen ih re letzte Ruhes t ä t t e f anden .

i' reu Münzforschung in Hohenzollern Wer die re ichhal t ige Geschichts i i te ra tur und die H e i m a t -

kundeze i t schr i f t en unseres L~ ides k e n n t u n d i m m e r *»<ieder ben itzt, m u ß Ceststellen, daß die M ü n z k u n d e ( = Numis -mat ik) nu r recht spärl ich zu Wor te kommt . Ich ' e r s t ehe da -bei Numisma t ik im wei tes ten Sinne, d. h. sie soll neben d e m geprägten Geld auch das große Gebiet der Medail ler al ler Art, P lake t t en , wir t schaf t l iche P rägungen , Orden und El i ren-zeicnen und schließlich auch nse r Pap ie rge ld umfassen .

Ma: k a n n wohl sagen, daß es seit J a h r h u n d e r t e n bis auf die neues te Zeit in a l len L ä n d e r n unu vor a l lem in Deutschland eine ü b e r a u s umfangre i che numismat i sche L i -t e r a t u r gibt, was b rauchen w i r dann noch f ü r Hohenzol le rn eine besondere Numismat ik? W ä r e sie je ein Bedür fn i s ge-wesen, dann w ä r e sie auch da. Nun ,sie w ä r e auch da, w e n n es nicht an zwei Dingen gefehl t hä t te . Unse re He imat fo rscher k a m e n fas t nie da rau f , die Numismat ik als Hilfsmit te! bei ih ren Unte r suchungen heranzuz iehen , und zum ande rn f eh l t e

es bei uns an hohenzoll . Spez ia l sammlern , die sich neben ae r F r e u d e a m schönen Stück auch die Mühe machten , den h i -storischen, wir t schaf t l ichen u n d küns t le r i schen Z u s a m m e n -hängen nachzugehen. Beides k a n n nachgehol t werden , und w i r erschl ießen uns dami t e inen ergiebigen u n d schönen neuen Teil u n s e r e r He ima t fo r schung

Wie k a n n m a n abe r die Sache in Gang setzen? D e V o r a u s -se tzungen d a f ü r sind bei uns günstig. Für die V e r ö f f e n t -l ichung k le ine r u n d großer Arbe i t en und kurze r Nachrichten ü b e r F u n d e und Neuersche inungen s tehen uns die „Hohenz. J a h r e s h e f t e " des Geschichtsvereins u n d lie vom gleichen Verein he rausgegebenen Vier te l j ah r e sb l ä t t e r „Hohenzoll. He ima t " zu r Ver fügung . Eine Verö f fen t l i chung in der Tages -presse ist nicht r a t sam, wei l sie dort als Ein tagsdruck schnell w iede r aus dem Gesichtskr eis verschwinden, w ä h -r en d die genann ten Zei tchr i f ten vielfach gesammel t w e r d e n und spä te r in unse ren Bibl io theken zum Nachschlagen bere i t

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stehen. Wer soll mi t tun? Berufen dazu sind in ers ter Linie alle Heimatforscher , die bei ihren Studien i rgendwie e twas „Numismatisches" f inden, oder in ihren Heimatbezi rken von Bodenfunden oder Neuprägungen hören. Auch die kleinste Nachricht ist von Bedeutung. Dann k o m m e n die Sammler . Sie werden gelegentlich wenig b e k a n n t e oder besonders schöne hohenzollerische Stücke e rwerben und davon Kenn t -nis geben. Wer neben dem Sammeln auch Münzstudien betreibt , wi rd sicher auch einmal e twas Zusammenhängen-des zu berichten haben.

Wer F reude am Münzsammeln hat , der soll es auch mit Vers tand betreiben. Es hat wenig Sinn, planlos wie es ge-rade so daherkommt, Geldstücke und Medail len aller Her ren Länder in Schachteln zu legen und sie hie und da e inmal gründlich durcheinander zu rüt te ln . Man muß sich ein Ziel setzen! Etwa n u r Geldstücke der heute zum neuen Südwes t -staat zusammengeschlossenen Länder sammeln, oder w ü r t -tembergisches Geld seit der Err ichtung des Königreiches, Medaillen b e r ü h m t e r Leute eines begrenzten Gebietes, Con-stanzer und Fre iburger Bischöfe, religiöse Medaillen Schwa-bens, schwäbische Mit te la l termünzen, Wir tschaf tsprägungen und Preismedai l len usw. Auf diese Ar t kann man in j a h r e -langer, f reudevol ler Betät igung auf e inem besonderen Ge-biete e twas Abgerundetes zusammenbr ingen .

Und jetzt zum „nur Hchenzol le rn-Sammler" . Der sammelt alles, was zum weitesten Begriff der Numismat ik bei uns gehört. Die eigentlichen Münzen sind nicht zahlreich, d a f ü r aber selten. Sie sind auch in der L i t e r a tu r mehr oder weniger vollzählig zusammengefaßt . Doch auch da gibt es noch m a n -ches zu entdecken. Unser geprägtes und gedrucktes Notgeld gehört auch hierher . Ergiebiger ist das Gebiet hohenzoll. Medaillen und Plaket ten . Da sind zahlreiche Stücke des Fürs tenhauses , auf tüchtige Männer unseres Landes, die Weihemedai l len unserer Wal l fahr t sor te und der hl. Pa t rone

unseres Landes, Vereinsmedai l len aller Art , Preismedai l len und -p iaket ten , Prägungen mit der Burg Hohenzollern und dem Schloß Sigmaringen. An Wir tschaf tsprägungen nenne ich Biermarken, Milchzeichen, Konsum- und Fabrikzeichen. Jub i läumsprägungen al ler Art . Wem das nicht reicht, der zieht noch Orden und Ehrenzeichen heran, oder Medaillen und Münzen ehemal iger Landesher ren auf jetzt hohenzol-lerischem Boden. Geborene Hohenzoller als Aebte, Bischöfe und Landesher ren in anderen Gebieten. In der Geschichte unserer Heimat t r e f f en wir die Namen mancher Männer1, die, meist aus kriegerischem Anlaß, hier waren und ein mehr oder weniger gutes Andenken hinter l ießen: Generale vieler Länder , e twa Jan van Werth, Horn und die F ü h r e r des französischen Emigran tenkorps nach der großen Revolution von 1789. Man kann auch in die Römerzeit zurückgehen und schöne Por t rä tköpfe der Kaiser sammeln, die unse r Gebiet eroberten, befest igten und verteidigten. Will man den An-schluß an große Zeitereignisse, die f ü h l b a r in unser Land hineinwirkten, pflegen, so kommt man z. B. auf den Wiener Kongreß, Handels - und Münzverträge, den Schwäbischen Kreis, Hunge r - und Pestzeiten.

In diesem Sinne betr ieben, ist auch eine Hohenzoller-Sammlung sehr vielseitig und regt zu mannigfachen Studien in unsere r Landesgeschichte an. Wie wäre es, wenn auch unsere Museen sich, mehr als bisher, um diese Dinge an-nehmen würden? Besonders f ü r die jugendlichen Sammler ist Anschauung von großem Wert. Wer in der Jugend mit dem Sammeln beginnt , der braucht vorerst noch kein Geld f ü r seine Liebhaberei . Da durchsucht man mit Eifer und Spürs inn die Knopfschachteln und Kramkäs t en der ganzen Freundschaf t und macht überraschende Funde .

Das alles wollte ich e inmal zur Münzkunde in Hohen-zollern sagen. H. F a ß b e n d e r .

Hexen in Hohenzollern-Hechingen Wir waren als Zehnjähr ige um die J a h r h u n d e r t w e n d e

noch nicht so unabhängig und freizügig wie die Heutigen. Man ging noch nicht seine eigenen Wege an den langen Winterabenden, sondern mit Vater und Mut te r zum Nach-ba rn oder Verwandten , vergnügte sich spielend mit Vet tern und Bäschen, hör te mit e inem Ohr die Dorfneuigkei ten. Aber immer spitzten wir die Ohren wie ein Kaval ler iegaul beim Signal, wenn das beliebte Thema von Spuk, Geistern, Zauberern und Hexen zur Sprache kam. Wenn sich auch die Haa re s t räubten und ein Schauder den andern über den Rücken jagte; das w a r doch prickelnd und gruselig, wenn man da hörte, wie es in dem Haus der alten, e inspännigen und schrulligen „HühnermamseH'T des Nachts über1 die Treppen polterte, mit Ket ten rasselte, verschlossene Türen au f sp ran -gen, der ganze Giäserkas ten Klirrte, menschliches Aechzen und Stöhnen das Haus er fü l l te und schließlich eine schwarze Katze mit feur igen Augen auf das Bet t sprang, daß dem ent -setzten Schläfer Herz und Atem st i l ls tanden. Ein andere r wuß te von Pferden , denen über Nacht u n e n t w i r r b a r e Zöpfe geflochten waren , die am Morgen in Schweiß gebadet, mit geblähten Nüstern und f l iegenden Lenden die Bohlen s t a m p f -ten, von Kühen, die plötzlich rote Milch gaben, von Katzen, die wie Hunde bell ten und noch manch andern n a a r s t r ä u -benen Dingen. Das waren wohl die letzten, offen zutage lie-genden Aus läufer einer geistigen Epidemie, die als Hexen-wahn fast drei J a h r h u n d e r t e h indurch einen großen Teil von Europa beherrschte und ungezähl te unschuldige Opfer forder te .

Der Glaube an Dämonen, die sich gewisser Menschen als Werkzeuge bedienen, um andern Menschen zu schaden an Hab und Gut oder an Leib und Leben, ist wohl so alt wie die Menschheit selbst und wi rd nicht so schnell vom Erdboden verschwinden. Wir brauchen n u r an den gewalt igen Einf luß zu denken, den auch heute noch das Zaubere runwesen bei den meisten Naturvölkern spielt. Die Afr ikamiss ionäre kön-nen ein Lied davon singen. Im Grunde genommen w a r auch der Hexenwann im 16. und 17. J a h r h u n d e r t nichts anderes als der vu ikanar t ige Ausbruch des unter der christlichen Decke schlummernden heidnischen Aberglaubens. Der Ablauf emes solchen Prozesses w a r fas t überal l derselbe. Eine plötz-liche Krankhe i t im Haus oder eine Seuche im Stall , ein Un-glück im Geschäft oder ein Hagelwet te r im Feld konnten n u r das Werk des bösen Feindes sein, der durch seine menschlichen Verbündeten solches Unhei l anrichtete. Men-

d e n , hesonder. ' alte Frauen , die durch ein auffa l lendes körperl iches Zeichen, "urch geistige Fehler oder Absonder-lichkeiten von der Allgemeinheit gemieden oder gefürchtet waren, gerieten sehr leicht in den Verdacht , daß eben diese Zeichen ein Beweis ihrer Verbindung mit dem Teufe l seien.

Die Anzeige muß te von Gesetzes wegen nach der Hals-gerichtsordnung Kaiser Kar ls V., gen. „Karolina", minde-stens von zwei ver t rauenswürd igen und gut be leumundeten Personen ers ta t te t werden. Wie weit eigener Vorteil oder persönliche Feindschaf t und Rachsucht dabei ausgeschaltet werden konnten und eine Anzeige unwi rksam machten, konnte k a u m damals mit Sicherheit festgestel l t werden, selbst wenn der gute Wille vorhanden w a r und das Gesetz die Möglichkeit dazu bot. War der Stein e inmal ins Rollen gebracht, dann gab es fas t nie mehr ein Aufha l ten . Die An-geschuldigte w u r d e verhör t . Gestand sie nicht, dann k a m die „peinliche Befragung", d. h. die Folter . Diese w u r d e in im-mer s teigendem Maße mit Zwischenpausen solange for tge-setzt, bis das a rme Opfer, vor Schmerz fas t wahnsinnig, alles bekannte , was man ihm vorwarf . Besonders verheerend wirk te sich dabei der Umstand ^us, daß nicht n u r die eigenen Greue l ta ten an Mensch und Vieh und der Bund und die sittlichen Excesse mit dem Teufe l e rpreßt wurden , sondern auch die Angaoe der andern Beteiligten, sodaß eine rich-tige Ket tenreakt ion ausgelöst wurde, deren Ende nicht ao-zusehen war . Die also f ü r schuldig Befundene w u r d e ge-wöhnlich auf dem Schei terhaufen „zu S taub und Asche" ver -brannt , bisweilen im Wasser e r t r änk t und in .el tenen Fäl len zur Hinr ichtung mit dem Schwerte „begnadigt". Wie ver -heerend sreh diese e rp reß ten Angebereien auswirkten, sehen wi r z. B. daran, daß in der Grafschaf t Fechingen in den J a h r e n 1576—1653 von 30 abgeur te i l ten Hexen 10 von Ran-gendingen gestellt wurden ; Hechingen zählte n u r 7, Jung in -gen und Owingen je 3 und 7 andere Dörfer je eine Die mei-sten von diesen w u r d e n ve rbrann t , drei „zum Schwert De-gnadigt" und zwei des Landes verwiesen, nachdem m a n einer von ihnen noch die Zunge angeschnit ten hat te .

Vielfach hat man geglaubt, dieses unmenschliche Vorgehen habe seine Haup t t r i eb feder bei einer in die I r re gegangenen Justiz, letztlich be im Landesher rn als oberstem Richter ge-habt . Die Bevölkerung habe diese, wie so manch andere Be-drängnis, im Bewußtse in ih re r Macht- und Rechtlosigkeit wehrlos über sich ergehen lassen in s tändiger Angst, selbst in das zermalmende Räderwerk dieser e rbarmungslosen Ma-schinerie zu geraten. Dem ist aber nicht so. Vieh ^ehr kamen ja die Anzeigen meist aus der Mitte der Bevölkerung, die den Gerichtsherrn zur Verfolgung und grausamen Bes t ra fung förmlich drängte . So bi t te t z. B. eine Eingabe aus Grossel-f ingen aus dem J a h r 1627 den Fürs ten „under thenig zur Ausrot tung dieses Unkrau t s (der Hexen) erarig nach Wissen und nach Befundenen Dingen gegen den Schuldigen, es t r e f f e gleich an wen es wolle, mit A b s t r a f f u n g ernstlich zu ve r -fahren ." Aus einer gemeinsamen Eingabe der 5 Dorfe: Ran-gendingen, Weilheim, Grosselfingen, Owingen und Steinhofen

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J a h r g a n g 1952 H O H E N Z O L, L, E R I S C H E H E I M A T 55

vom J a h r 1616 las der Graf nicht mi t Unrecht den scnlecht vers teckten Vorwurf heraus , daß er „zur A u s r e u t u n g des Unkrau te s der Hexen die Gerecht igkei t der G e b ü h r nach ni t adminis t r ie re ." Diese G e m e i n d e v e r t r e t u n g h a t t e sogar den Verdacht ausgesprochen, daß der Hechinger Schar f r ich te r in A n w e n d u n g de r Fol te r seiner A u f g a b e nicht recht gewachsen sei. Sie wünschten , daß m a n den von Oberndorf hole, der in Haigerloch erfolgre icher gearbe i te t habe. Die T o r t u r b e -gann gewöhnlich damit , daß die Angek lag te an den auf d e m Rücken z u s a m m e n g e b u n d e n e n H ä n d e n hochgezogen wurde , dann w u r d e n Gewichte an die Zehen gehängt , sodaß die A r m e aus den Gelenken gedreh t w u r d e n , spä te r w u r d e n Daumensch rauben angelegt , die F ü ß e e ingespannt , mit g lü-henden Eisen geb rann t und an verschiedenen Stel len des Leibes mi t g lühenden Zangen Stücke von Fleisch h e r a r ge-rissen. Das genügte im al lgemeinen, u m ein volles Ges t änd -nis zu erreichen. Tro tzdem k a m es vor, daß solch a r m e O p f e r auch u n t e r den wahns inn igs ten Schmerzen nicht b e k a n n t e n . Al lerdings w a r e n de ra r t ige Fä l l e äuße r t selten. Dann bl ieben zwei MöglichKeiten. E n t w e d e r w u r d e diese fas t übe rmensch-liche S tandhaf t igke i t als eine K r a f t des Teufe ls angesehen. Dann n a h m das Verhängn i s seinen Lauf . Oder es k a m e n dem obers ten G e r i c h t s h e r m schwere Bedenken , die ihn vor e inem Jus t i zmord zurückschrecken ließen. E ine r von diesen se l tenen Fäl len ere ignete sich im J a h r e 1616 in Owingen mit zwei Wei-bern , B a r b a r a Beckin, wey l and Michael C a m m e r e r s Witibin und Agnes Mauser in , Bened ik t Bürk l ins Eheweib . Diese w a -ren wegen verdächt iger Hexe re i angezeigt und „peinlich be -f r a g t " worden , ha t t en abe r beide ga r nichts bekann t , d a r a u s zu bef inden , daß sie mit der H e x e r e y b e h a f f t oder u m g e g a n -gen seyen." Die Sache ging an den G r a f e n J o h a n n Georg, daß e r einen r ichter l ichen Spruch e rgehen lasse, ob „ferner mit de r T o r t u r in sie zu setzen oder was sich ein a n d e r e r Weg gegen ihnen zu ve rha l t en . "

Darauf w u r d e ein Rechtsgutachten eingeholt , wahrsche in -lich bei der jur is t ischen F a k u l t ä t in T ü b m g e n Darauf e r -k a n n t e de r Graf zu Recht, daß die beiden „der ge fangnus mit A b n e h m u n g e ine r gewöhnl ichen Ur f ed" ent lassen w e r d e n sol-len. Ob diese Landesve rwe i sung zur A u s f ü h r u n g k a m , ist nicht ersichtlich. J eden fa l l s w u r d e n sie vorers t in ihre H ä u -ser v e r b a n n t und m u ß t e n al le Aetzung, Hü te r lohn und a n -dere „bi l l igmäßigen u f fge lo f f enen Unkos ten selbst haben und t ragen."

Endlich verd ien t in diesem Z r s a m m e n h a n g noch E r w ä h -nung , daß o f f enba r nicht alle der Hexe re i bezichtigten P e r -sonen auch förmlich angeklagt , gefänglich eingezogen, der T o r t u r u n t e r w o r f e n und gerichtet w u r d e n . Auch d a f ü r f i n -den sich in Owingen einige Beispiele. So lau te t eine Eingabe an den Gra fen aus dem J a h r 1591:

„Es ist u n g e f ä h r vo r e inem J a h r Gal l H e r m a n n zue O w i n -gen H a u s f r a u e n wegen bösen Bezichts der bösen Weiber oder Unholden ins H a u s und ni t d a r a u s zu w a n d e l n ve rbo t t en

worden , sy auch bis anhe ro gehorsambl ich da r innen v e r -bl ieben. Dieweil abe r er H e r m a n n ein a r m e r Tag löhner und solche sein H a u s f r a u e n ni t im H au s zu e r n e h r e n möglich sein würde , pi t t er under then ig , beme ld t e sein H a u s f r a u e n im Fleckhen Auwingen uff ih r Wohlha l t en w a n d e l n zue las-sen gnädigst zur bewil l igen."

Der Bescheid lau te te : Genehmig t . Am 16. 3. 1591 und wiede r am 2. 7. 1592 br ing t H a n s Reckh

unde r then ig f ü r , wie daß se inem Weib ein Zei t l ang ins H au s gebot ten worden . Bitt de rwegen ganz unde r then ig u m gnädige Bewil l igung, daß sie w iede r aus dem H aus w a n d e l n tö r f fe .

Auf die e rs te Eingabe laute te der Bescheid: Sie ha t nichts d r a u ß e n zu schaffen.

Die zweite Eingabe ist e twas aus führ l i che r gehal ten. Der M a n n weist darauf hin, daß sein Weib wegen des bösen Be-zichts, als w e n n sie der bösen Weiber oder Unholden wäre , a l lhie ins G e f e n k h n u ß k h o m m e n u n d nach Ent lassung de r -selben ins H au s und nit d a r a u s zu w a n d e l n gebot ten worden . Dieweilen abe r anitzo die H e u w e n und hernach die E r n d t e -zeiten er auch auf dem Feld zue a rbe i ten und sie darauf höchlichen zue gebrauchen hät t , ba t e r ganz under then ig , ihr seiner H a u s f r a u e n gnädiglich zue ve rgunnen , daß e r sie auf seinen G ü t e r n zum Heuwen , Schneiden und ande rn Fe ld t -a rbe i ten gebrauchen dör f fe . Welches sye beide u m Ew. G n a -den mit i h r e m andecht igen Gebet t gegen Gott den Al lmech-tigen und dero glücklichen und l angwür igen Regie rung und Gesundhei t und sonsten unde r then igs t e r Diversion zue die-nen sich jederzei t under then igs t und gehorsambs t erzaigen wollen.

Dieses Mal lau te te de r Bescheid: Wir wollens bewil l igen, w e n n abe r f e r n e r P lag f ü r k o m m e n , soll er s amt ih r sein Lohn d a r u m b empfangen .

Daß abe r die Sache nicht i m m e r so gl impfl ich ablief , mag m a n aus e ine r Notiz vom 9. 9. 1591 e n t n e h m e n . Dar in b e -richtet der Vogt von Auwingen , daß ihme J e r g Koler , dem vor diesem seine H a u s f r a u v e r b r a n n t wo r d e n , a n -gezaigt und geklagt habe, wie Mar t in K ü m m e r l i n dase lbs ten ihme sein Dochter darauf geschmecht (geschmäht) und ge-saj ;t habe, m a n w e r d e ihr auch thuen wie der Muet te r .

Hier wird de r Vogt b e a u f t r a g t , den Hande l zu schlichten. Aus diesen Fäl len läßt sich ziemlich deutl ich e rkennen , wie of t und wie schnell persönliche Abne igung und St re i t igkei ten zu e iner solchen Anzeige g e f ü h r t haben mögen.

Man mag mit Schaudern und Schrecken e r fü l l t w e r d e n übe r Menschen und Zeiten, in denen solch unmenschl iche G r a u s a m k e i t e n möglich w a r e n und sich sogar in die Toga de. Gerecht igkei t hül l ten . U m abe r die E n t r ü s t u n g e twas zu mi ide rn und das stolze Se lbs tbewußtse in des 20. J a h r h u n -der t s e twas zu dämpfen , sei d a r a n e r inner t , was noch vor 10 J a h r e n vor Volksgerichten möglich war . r r .

Die ßisinger Inschrift In der 1786 abgebrocnenen Kirche in Bisingen bei Hech

b e f a n d e n sich a m Chorbogen auf der Evangel iense i te zwei Inschr i f t s te ine , die schon in „Zol lerheimat 1933 S. 7 b e -sprochen w u r d e n . Davon sind heu te noch zwei Bruchstücke (nicht n u r eins, wie dort angegeben) vo rhanden . Das eine f inde t sich an der Chorwand der Evangel iensei te mi t den Buchs taben ANTE/DERI / IMPerA/RE, das zweite rechts am Chorbogen mit den Buchstaben: ECCLEsiae IPS/ TE D F p/ RO A P u d R A / GEN CER. Die F o r m de-r Zeichen weicht z. T. bedeu tend von den heut igen ab (die Kle inbuchs taben s tel len Auf lösungen von Abkürzungen dar ) , besonders die M und E sind durchweg gerunde t . Ursprüngl ich w a r e n es 17 und 11, also zusammen 28 Zeilen, von denen jetzt b e -dauer l icherweise n u r noch die 11.—14. Zeile (Zweites Bruch-stück) und die 21. bis 24. Zeile t e i l w e i s e e rha l t en sind. In me inem Druck von 1933, der na tür l ich die Buchs taben nicht n a t u r g e t r e u wiedergeben konnte , da sie hä t t en beson-ders angefe r t ig t w e r d e n müssen , sind die Zeilen 27 und !9 u n d 31 als a n d e r e L e s a r t en twede r zu streichen, oder hä t t en besonders daneben gesetzt w e r d e n sollen.

Eine nochmal ige U e b e r p r ü f u n g des Textes , de« durch eine f e h l e r h a f t e Kopie von 1786 im Fürs t l . Hohenzoll , Archiv in S igmar ingen fes tgeha l t en ist, ergab un te r Auf lösung de r K ü r z u n g e n mit ziemlicher Sicherheit, von der n u r die letz-ten vier Zeilen ausgeschlossen sind;, fo lgenden Bes tand : NOTVm SIT O m n I B V s / QVOD EGO BALDE/ - BERTVS eT VXOR/ MEA W I L L I B I R G / DEDIMUs - 2 F.CCLI =iae/ PREDIVm Nos t -R uM APuD/ MESSINGEN EA ConT-j DICIONE VT EX EO/ S g B W n S u M A T u r AD/ ILLVMHVA-TIONEM/ ECCLEsiae IPSIVS NOC/- Te, De PREDIO V E P RO A P u d R A N G O D I N / - GEN CERA CGir .PA/- RETVR P R O MISSA/ - RVM C E L E B R A T I / - ONE Et

ANno DomiNI/ MCCXX/ IX R E G n / - ANTE FRe / DERICO/ I M P e r A T O / - RE/ EGO eT P O S T / - ERI MEI A D / - N O T A -viMVS d - 7 o n a h e c .

(Unsicher ist vor a l lem ADNOTAviMUS der zwei t le tz ten Zeile.)

Zu deutsch :„Kund sei allen, daß ich Ba ldebe r tus und meine Gat t in Will ibirg dieser Kirche gegeben haben unsern Hof bei Mössingen, u n t e r der Bedingung, daß aus ihm de r Talg genommen w e r d e zur Beleuchtung dieser KTrcfre bei Nacht. Vom Hof bei Rangend ingen abe r soll das Wachs b e -schaf f t w e r d e n f ü r die Feier der Messen und im J a h r e des H e r r n 1229 u n t e r de r Reg ie rung des Kaisers Fr iedr ich (II.) habe ich und meine K i n d e r diese Schenkungen hier a n m e r k e n lassen."

In Chormi t t e ha t t e sich be im F u n d der Inschr i f ten eine Fußbodenp la t t e in besonde re r Große b e f u n d e n die abe r ke i -ner le i Schr i f t oder Beigaben aufwies . Unser Ba ldebe r tus m a g identisch sein mit dem zollerischen Truchseß gleichen Na-mens, der a m 2. Apr i l 1228 (nicht 1218) den Deutschordens-b r ü d e r n des Hospi ta ls zu J e r u s a l e m f ü r ih r H a u s zu Ulm ein Gut mi t dem d a r a n h a f t e n d e n Pa t rona t s r ech t de r K che des benachba r t en T h a n h e i m u m 40 Ta len te Rot twei le r Wäh r u n g v e r k a u f t ^ , wobei auch sein B r u d e " Burckar t Fliz ,ink e r w ä h n t wi rd (Mitt. Hohenzoll . 24. 95 und Wir tb . U r k u n d e n -buch 3, 225—26 Nr. 739), also wohl vom Bisinger Adel.

Auf die phantas t i sche E r k l ä r u n g de r Inschrif t , die 1769 von Bisingen an den Bischof von Kons tanz gegangen s t i , wie der Rea lschemat i smus der Erzdiözese F r e i b u r g von 1863 ber ich-tet, b rauch t hier nicht e ingegangen zu werden .

Jon . Ad. Kraus .

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56 H O H E N Z O L L I E I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1.952

Das Bilderhäusle von Grosselfingen Von Michael W a l t e r

Mit ten in dem Mark t f l ecken Grosse l f ingen liegt da, wo von der H a u p t s t r a ß e die Wege nach der Kirche und dem Schriet, dem heut igen Marktp la tz , abzweigen, eine Kapel le , die von den E inwohne rn und auch in a l ten U r k u n d e n das Bi lderhäus le genann t wird . Dies Bi lderhäus le soll von e inem B a u e r n ges t i f te t w o r d e n sein, wei l seine Ochsen, die im „Tal" d r u n t e n mit s amt dem Wagen den H a n g h i n u n t e r -rutschten, un ten glücklich ankamen .

Der t rau te , gemütl iche N a m e Bi lde rhäus le w u r d e f r ü h e r of t f ü r das F r e m d w o r t Kapel le gebraucht . Auch die Nach-b a r n von Grossel f ingen im Nordos ten (Weilheim) und S ü d -wes ten (Ostdorf) h a t t e n einst ihre Bi lderhäus le . So lesen w i r f ü r Wei lheim im J a h r e 1544 von „zwei J auche r t Acker vor dem Bi lderheuss -lin", wohl die h e u -tige St. U r b a n s k a -pelle. Zwei J a h r e vorher , im J a h r e 1542, wi rd in Ost- . dorf e ine Hofs ta t t „by dem By lden -huss" e rwähn t .

Wie alt das Gros-sel f inger Bi lde r -häus le ist, wissen w i r nicht. Der h e u -tige Bau ist nach der Inschr i f t übe r dem Türbogen : „ANNO 1737", also vor 215 J a h r e n e r -stellt worden . Der Baume i s t e r h ieß Chr is t ian P f l u m m , vermut l ich der Va -ter von j enem H u -bert P f l u m m , der dreißig J a h r e spä-t e r den Kreuzweg bei St. Lützen baute . A m 25. Sep-t e m b e r 1738 ha t der damal ige De= kan des Kapi te l s Hechingen, der S t a d t p f a r r e r J o -h a n n Mar t in F i -scher in Hechingen, die ers te hl. Messe „bey grosser Menge Volckh" in der n e u e r b a u t e n K a -pelle gelesen. Wie aber zahlreiche U r k u n d e n zeigen, s tand schon vo rhe r eine K a p e l l an die- Grosself mger ser Stelle. Die ä l -teste Urkunde , die bis jetzt übe r das Vorhandense in des Bi lder -häusles A u s k u n f t gibt, s t a m m t aus d e m J a h r e 1495. In j enem J a h r e erhie l t Konrad Kübier , genann t S ta imer , aus der . . . F r a u e n p f l e g e a u f d e r S t a i g " ein Dar lehen . Z u r Sicher-s te l iung der Zinsen f ü r dieses Dar l ehen gab er G ü t e r in den G e w a n n e n Hagenbuch, am Bisinger Berg, vor Rieten, und eine A n w a n d e l bei des J u n k e r s Bre i t enacker als P f a n d . Diese Ur= k ü n d e ist f ü r die Or t s - und Kirchengeschichte von Grosse l f in-gen in m e h r f a c h e r Hinsicht von hohem Werte , doch wol len w i r jetzt nu r das aus ihr herausholen , was f ü r unse r Bi lderhäus le von Bedeu tung ist. Wir e r f a h r e n aus ihr, daß es dor tmals „Unsere r F rau" , also der Mut te rgo t tes geweih t wa r , w ä h r e n d es heu t e e ine Wende l inuskape l le ist. Sodann sehen wir , daß es eine eigene P f r ü n d e ha t te , aus de r es Geld ausle ihen konnte . Auch übe r seine Lage e rha l t en w i r Aufschluß; es lag an der „Staig". Dor tmals w a r noch ke ine Brücke übe r den Bach heim heut igen Ra thaus , sondern m a n m u ß t e diesen in e iner F u r t übe rque ren . Der Weg f ü h r t e zwischen den heu t i -gen Gas thäuse rn „zur Krone" und „zum Adle r" zum Bache h in -u n t e r und auf der ande ren Seite gegen das B n d e r h ä u s l e h in in ziemlich s tei lem Anst ieg wiede r in die Höhe. Die Grosse l f in -ger F r a u e n von heu te kennen diese „Staig" zur Genüge, da sie dieselbe gar of t auf i h r em Wege zur Backküche und zur Molkerei ab - und aufs te igen müssen. Die Lage der Kape l le

ist gut gewähl t . Sie s teh t fes t und sicher auf den an s t a t t -lichen A m m o n s h ö r n e r n so reichen Ar i e t enka lken des Schwar -zen J u r a — nicht auf Muschelkalk, wie die K u n s t d e n k m ä l e r des Kreises Hechingen schreiben, noch viel wen ige r abe r auf dem Schweizer Ju r a , wie der Druckfeh l t e r t eu fe l in den Be-r icht igungen zum I. Band im Band Sigmar ingen uns g lauben machen möchte.

Dem Pla tze und se iner Umgebung k a m i m m e r eine be -sondere Bedeu tung zu, wie w i r das an Wegkreuzungen ö f t e r s fes ts te l len können . A m Bache un ten lag die al te B a d -s t u b e , von der wi r im J a h r e s b a n d der „Hohenzoillerischen

J a h r e s h e f t e " von 1951 e ingehender ber ichte ten. In ih re r Nähe h a t t e u m die Mit te des 16. J a h r h u n d e r t s der in den U r k u n -

den aus j e n e r Zeit o f t g e n a n n t e R u m -

pelhans , der Schmied, seine Werks tä t t e au fge -schlagen, u n d uns wei t davon lag die obere Mahlmühle , f ü r de ren Bet r ieb m e h r e r e Weiher zur V e r f ü g u n g standen. Bads tube , Schmiede und Mühle sind längst ve r schwun-den. S ta t t ih re r e r -hie l ten im J a h r e 1868 das Ra thaus mit der Backküche und in neues te r Zeit die Molkerei h ie r ih ren Pla tz Sie haben mit dem Brückenbau und den dami t v e r b u n -denen A u f f ü l l u n -gen die ganze' U m -gebung völlig u m -

gestal te t . Das D e n k m a l f ü r die Gefa l l enen aus dem ers ten Wel t -kr ieg ha t sich t r a u -lich an das Bilder*

häus le ange-schmiegt, sich

gleichsam un te r seinen Scnutz ge-stellt . In unmi t t e l -b a r e r Nähe vom Bi lderhäus le f l ießt das B . i l d e r -b r ü n n 1 e, das von nie vers iegen-den Quel len ge-speist wi rd , und

dessen Wasser sich im Volke e iner besonderen Wer t -schätzung e r f r eu t , läßt sich doch manche r K r a n k e dort sein T r i n k w a s s e r holen. Mir will scheinen, als ob zwi-schen Bi lderhäus le und B ü d e r o r ü n n l e nicht nur dem Na-m e n und der Lage nach, sondern auch k u l t m ä ß i g ein Zu-s a m m e n h a n g b e s t ü n d e und ein alter Quel lkul t be ide ve r -binde. Es sind mi r gegen h u n d e r t Fä l le bekann t , in denen Weihe- und Hei i igebrunnen in der Nähe oder gar in Ki r -chen und Kape l l en entspr ingen.

Um das J a h r 1395 erhie l t Grosse l f ingen eine eigene K a p i a -nei, die abe r nichts mit dem Bi lderhäus le zu t u n hat te . Diese Kap lane i w u r d e dann im J a h r e 1472 u n t e r Los t r ennung von der b isher igen Mut te rkr rche Wei lheim zur e igenen P f a r r e i e rhoben. Aoer t rotz der K a p l a n e i - und P f a r r e i g r ü n d u n g be-hielt das Bi lde rhäus le zunächst noch we i t e rh in seine beson-dere Bedeu tung und gab aus se iner P f r ü n d e Dar lehen an ge ldbedür f t ige Leu te gegen en tsprechende Sicherheit , wie uns eine Reihe von U r k u n d e n zeigen. I m J a h r e 1497 e r -scheint es als „Kapel le ob der B a d s t u b e " und im J a h r e 1530 wi rd es u n t e r dem B a d e r Fr iedr ich Koch sogar als Lehens t r äge r der Bads tube e rwähn t , und bei dieser Gelegen-hei t gewisse rmaßen amtlich als „Bildhüssl in" bezeichnet. Zwei J a h r e nachhe r n e n n t es eine we i te re U r k u n d e „Unserer l ieben F r a u e n Bildhüssl in." Beide U r k u n d e n t ragen das Sie-

Bilderhäusle

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J a h r g a n g 1952 H O H E N Z O L, L, E R I S C H E H E I M A T 57

gel des Hans von Weit ingen, der dama l s als Nachfolger der H e r r e n von Bubenhofen Or t she r r von Grosse l f ingen war . S p ä t e r ging anscheinend die ganze P f r ü n d e des Bi ider i iäusles

n die P f a r r k i r c h e über , wahrscheinl ich u n t e r dem G r a f e n Jos Nikiaus II . (1538—1558), der in zwei K ä u f e n in den J a h -ren 1539 u n d 1542 den ehemal igen Besitz der He r r en von Bubenhofen und der H e r r e n von Wei t ingen mit Grosse l f in -gen und der H a i n b u r g e rworben ha t te , und der manche P f r ü n d e n v e r s c h i e b u n g vornahm, wie die A u f h e b u n g der P f a r r e i e n Gause l f ingen (1544) und Schlatt (1546) und der Kap lane i Bisingen (1554) zeigen. Wir schließen dies daraus , daß der Zins, den Konrad K ü b l e r nach der oben a n g e f ü h r t e n U r k u n d e vom J a h r e 1495 an die P f ründe , , Unse re r l ieben F r a u auf der Staig" zu zahlen ha t te , von seinen E r b e n im J a h r e 1543 unter ausdrückl icher B e r u f u n g auf die von K ü b l e r e ingegangene Verpf l i ch tung an die Hei l igenpf lege de r Kirche bezahl t w e r d e n mußte .

Voii dieser Zeit an hören w i r fas t zwe ihunder t J a h r e nichts m e h r von dem Bi lderhäusle . Auch in den Berichten übe r das b lut ige Gefecht, das in se iner unmi t t e l ba r en U m g e b u n g a m 16. J a n u a r 1733 zwischen den T r u p p e n des Fü r s t en und den Bewohnern von Grosse l f ingen s t a t t f and , wi rd es nicht ge-nann t . Erst die schon e r w ä h n t e Inschr i f t vom J a h r e 1737 gibt wieder K u n d e von ihm. Vielleicht daß mit dem dor tmals e r -folgten Neu- oder U m b a u auch ein Wechsel des Schutzhei-ligen vorgenommen wurde , w e n n dieser nicht mit e iner Vieh-seuche im Z u s a m m e n h a n g s teht . Der heut ige Schutzheilige, der heil ige Wendel in , ist der Beschützer des Viehes, der Pa t ron der B a u e r n und Hir ten . Auch die W e n d e l i n u s -k a p e l l e scheint einige Zeit eine eigene P f r ü n d e besessen zu haben, wie die Wendel inusäcker a m „Brande rweg" ve r -mu ten lassen. Der Neubau von 1737 sowie die A e n d e r u n g im Schutzpat ron und die n e u e P f r ü n d e n a u s s t a t t u n g könn ten auch mit dem eingangs e r w ä h n t e n Ge lübde des B a u e r n im Z u s a m m e n h a n g stehen. Aber auch die neue P f r ü n d e ist dem Bi lderhäus le wieder ver lo ren gegangen. Wiederhers te l lungs -a rbe i ten und besondere Anscha f fungen müssen aus f re iwi l l i -gen G a b e n und mi lden S t i f t ungen bes t r i t t en werden , die im-m e r reichlich f l ießen, wie die E r n e u e r u n g des Bi lderhäus les im J a h r e 1937 zum zwe ihunde r t j äh r igen Bes tehen des h e u -t igen Baues und die wiederhol t no twend iggewordene N e u b e -schaf fung seines Glöckleins zeigen.

Bei den E rneue rungsa rbe i t en im J a h r e 1937 w u r d e a m Bil-de rhäus le e ine En tdeckung gemacht , die w i e d e r u m deutl ich zeigt daß w i r in ihm eine alte, vo lksve rbundene Ku l t s t ä t t e besi tzen, die mit dem Volksleben und den Volksbräuchen innig v e r b u n d e n ist. Bei der B e f r e i u n g de r Tü rp fos t en von der al ten Mör te lbekle idung k a m e n a m rechten Türp fos t en , der, wie die ganze U m r a h m u n g , aus S tubensands te in bes teht , e igenart ige E inkerbungen , sogenannte W e t z r i l l e n zum Vorschein, dre vermut l ich dadurch en t s t anden sind, daß die Dor fbewohne r verschiedenen Gebrauchsgegens tänden f ü r den bäuer l ichen und handwerk l i chen Beruf durch Wetzen an diesem Pfos ten eine religiöse Weihe zu geben bes t r eb t wa ren . Ich w a r gerade in me ine r He ima tgeme inde Grosse l f ingen a n -wesend, als diese Wetzr i i len oder W e t z m a r k e n f re igelegt —urden und k o n n t e auf ihre hohe volkskundl iche Bedeu tung h inweisen und sie vor e inem neuen Uebers t re ichen re t ten . So kann jeder , der ein al tes Ku l t und K u l t u r d e n k m a l zu schätzen weiß, ein solches an dem Grosse i f inger Bi lderhäus le b e w u n d e r n , was ihm sonst in der Regel n u r an al ten, b e -deu t samen Got t e shäuse rn möglich ist.

Auße r dem Bi lderhäus le ha t , oder besser gesagt ha t te , Grossel f ingen im L a u f e der Zeit nocn v i e r we i te re K a -pellen, eine Fests te l lung, die selbst manchem Or t skund igen neu sein wird. Von diesen vier ande ren Kapel len ist heu t e n u r noch eine vorhanden , die F r i e d h o f k a p e l l e , die auf dem im J a h r e 1882 von der Kirche nach dem Galgenra in ver leg ten Fr iedhofe steht . Sie ist u n t e r P f a r r e r Eugen Maier ,

dem nachmal igen S t a d t p f a r r e r von Gammer t ingen , im J a h r e 1890 e rbau t worden und ha t die Schmerzha f t e Mut te rgo t tes als Schutzherr in . Die ers te A n reg u n g zu ih re r E r b a u u n g geht auf den Geist l ichen R a t und Dekan Heinrich Heyse zurück, der, bevor er S t a d t p f a r r e r in Hechingen wurde , übe r zwei J a h r z e h n t e in Grosse l f ingen wi rk te , und bei se inem Weggang nach Hechingen im J a h r e 1886 durch eine n a m h a f t e S t i f t ung den Grundstock zu ih re r E r b a u u n g legte.

Die übr igen drei Kape l l en sind ve r schwunden . Zu ihnen gehör te die B u r g k a p e l l e auf der H a i n b u r g im Walde be im Un te ren H o m b u r g e r Hof. Die Ha inburg , die im J a h r e 1344 zum ers ten Male genann t wird , ist wohl k u r z vo rhe r von dem G r a f e n Fr iedr ich von Zollern, genann t der Alte, des H a i n b u r g ist, Viz tum zu Augsburg , H e r r der Her r scha f t H a i n b u r g als J a g d b u r g e rbau t worden . Die Burgkape l l e h a t t e vermut l ich den hl. Huber tus , den Schutzpat ron der Jäger , zum Kirchenpat ron , der dann später , nach der Er r ich tung de r P f a r r e i Grosself ingen, zunächst zum Mi tpa t ron und schließlich zum H a u p t p a t r o n de r P f a r r k i r c h e wurde . Nach dem Tode des G r a f e n Fr iedr ich ( t 1361) ger ie t die H a i n b u r g al lmähl ich in Zerfal l , w u r d e a b e r nach 1er E r w e r b u n g der Her r scha f t H a m b u r g durch Konrad I. von Bubenhofen u m das J a h r 1420 wieder hergestel l t . Im J a h r e 1470 wi rd ein Heinrich Voegeli aus Rosenfe ld als Burgkap lan auf der H a i n b u r g genann t , später Vi tus Wal t e r und als dessen Nachfolger Caspa r P f l a n -zer. Im J a h r e 1617 wi rd das Kirchlein auf der H a i n b u r g u m 15 Gulden zum V e r t ä f e r n verd ingt . Dann hören w i r nichts m e h r von der Burgkapel le . U m das J a h r 1642 scheint die Ha inburg , Wie so manche a n d e r e B u r g in u n s e r e r Gegend, von Konrad Wiederhiold auf seinen S t re i fzügen vom H o h e n t -wiel aus zers tör t w o r d e n zu sein. Dabei ging auch dre B u r g -kape i le zu Grunde .

Die He r r en von B u b e n h o f e n e r b a u t e n u m die Mit te des 15. J a h r h u n d e r t s in Grosse i f ingen selbst ein Schloß, das auf de r Stel le s tand, auf der die am 17. Mai 1948, a m P f i n g s t m o n -tag, a b g e b r a n n t e Zehntscheuer lag. Dieses Schlof h a t t e eine S c h l o ß k a p e l l e , in der nach e iner Bewil l igung des Bischofs von Kons tanz vom J a h r e 1534 das hl. Meßopfer d a r -gebracht w e r d e n dur f t e . Mit der Ze r s tö rung des Schlosses, die vielleicht mi t j ene r der H a i n b u r g zusammenfä l l t , v e r -schwand auch die Schloßkapelle.

Im J a h r e 1784 er te i l te der Weihbischof von Kons tanz die Er l aubn i s zur Darb r ingung des hl . Meßopfe r s in e iner den hl. Dreikönigen geweih ten Kapel le . Wo s tand diese f ü n f t e Kapel le? Nach l angem Suchen f a n d ich sie auf e iner ; ' t en Zeichnung vom Un te ren H o m b u r g e r Hof aus dem J a h r e 1776. Sie lag ganz in der Nähe des Haup te inganges in J ie Ruine H a i n b u r g und k o n n t e nach dem ih r dor t zur V e r f ü g u n g s t ehenden R ä u m e n u r klein gewesen sein. Um jene Zeit h a t t e der u m die H e b u n g der Landwi r t s cha f t und den vor -bildlichen Bet r ieb seiner e igenen G ü t e r sehr besorg te F ü r s t Joseph Wilhelm (1750—1798), dem die große Obs tan lage im Här l e bei Grosself ingen, der Josephsgar ten , E n t s t e h u n g u n d N a m e n ve rdank t , auf dem Un te ren H o m b u r g e r Hol" e ine Molkerei und Käserei , sowie e ine Obs tve rwer tungss te l l e e in-gerichtet . F ü r das Pe r sona l dieser „hochfurs t l ichen Schwei-zerey" w a r diese D r e i k ö n i g s k a p e l l e bes t immt , in der jeden Monat eine hl. Messe gelesen wurde . Sie scheint schon längere Zeit bes t anden zu h a b e n ; denn von ihr heißt es im J a h r e 1776, daß sie „neu renovie r t " w o r d e n sei. Aus ihr s t a m m t wohl die in Grossel f ingen im Pr iva tbes i tz b e f i n d -liche Mut te rgo t tess ta tue . Auch diese Kape l le ist zerfal len. N u r wenige Ziegelreste zeugen von ih r em einst igen Dasein.

Unse r Bi lderhäus le ist uns e rha l t en geblieben. Es ha t sich mit se inem anhe ime lnden N a m e n in die neue Zeit he re inge -re t te t , in der es als kleine, bescheidene S tä t t e st i l ler Andacht durch seine a l te Vo lksve rbundenhe i t neben der s tat t l ichen Schwester , der neuen P f a r r k i r c h e auch kün f t i gh in ein P l ä t z -chen in den Herzen der Grosse l f inger beha l t en wird .

Hermann Anton Bantle Zu seinem 80. Geburtstag am 22. April 1952

von X a v e r S c h i l l i n g

„ H e r m a n n Anton Bant le , der letzte deutsche Frescomaler . " So ha t J o h a n n e s M u m b a u e r seine persönl ichen E r inne rungen an Bant ie überschr ieben, die 1930 im Oktobe rhe f t der Mo-natsschr i f t „Heiliges Feue r " erschienen sind. „Der letzte deutsche F re scoma le r mag sein", so heifit es da wei ter , daß uies nicht ganz wört l ich s t imm aber e ine gewisse Sonde ra r t de r kirchlichen Monumenta lmale re i , und vielleicht die ech-tes te ist m ; i ihm zu Ende gegangen."

Und Dr. Goering, Dachau, schreib*" ein J a h r spä te r : „Wer von H e r m a n n Anton Ban t i e noch nichts gehör t hat , dem sei

gesagt, daß e iner der g röß ten Meis ter christ l icher Malere i der Gegenwar t , ein Sohn der südwes tdeu tschen Heimat , d ie-sen N a m e n t rug."

Von se inem Leben und Scha f fen soll h ier n u n die Rede sein. H e r m a n n Anton Bant le ist a m 22. 4. 1872 in S t r a ß b e r g gebo-ren. Sein G r o ß v a t e r müt te r l icherse i t s w a r der Bildschni tzer und Male r Jos. Schilling. Von dieser Mut te r se i t e h e r scheint also seine Begabung h e r z u s t a m m e n . Mit se inem G r o ß v a t e r ist der wissenshungr ige K n a b e nach S igmar ingen gekommen; auch we i t e r nach Beuron, das nicht lange vorhe r von Bene-

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d ik t inern neu besiedelt worden war . Dort w a r es auch, daß dem K n a b e n die Gött in seines Lebens gegenüber t ra t , die m o n u m e n t a l e Malerei . Dort liegt S a n k t I .Iaurus. „In leuch-t e n d e r P rach t s t anden die Malere ien , nein, was sage ich, die f a rb ige Arch i tek tu r vor meinen s t a u n e n d e n Augen." So schreibt Ban t l e spä te r übe r diesen unver löschbaren Eindruck.

Hier in Beuron über f i e l später den jungen Mann auf e in-m a l das Wissen u m seinen Beruf , u m seine B e r u f u n g . Vor der S a n k t Mauruskape l l e r e i f t e in i hm der Entschluß, in das Klos ter Beuron e inzut re ten . Und dor t w u r d e er de r L ieb-l ingsschüler des Malermönchs Desider ius Lenz. Der junge Maler Ban t le ha t da und dor t als Gehi l fe des Meisters H a n d anlegen dür fen . Doch nach einigen J a h r e n ha t e r e r k a n n t : Hier in Beuron ist nicht die S tä t t e deines Bleibens — und so schied er, im Fr ieden mit seinen Oberen , aus dem Kloster aus. Desider ius Lenz aber , sein hochverehr te r Lehre r , ist ihm zei t lebens ein vä te r l icher F r e u n d und Be ra t e r geblieben.

Nun folgen lange J a h r e uns t e t en Suchens und Wanderns . U n t e r vielen E n t b e h r u n g e n geht H e r m a n n Anton Bant le zur wei te ren Ausbi ldung als Maler nach München, nach Par is , und von 1905 bis 1912 nach I ta l ien. Vor a l lem s tud ie r te er in I ta l ien die K u n s t der Fresko-Malere i . Dort f a n d H e r m a n n Anton Bant le auch seinen zwei ten Lehrmeis te r , nämlich Giotto. Es w a r vor a l lem die K la rhe i t der Komposi t ion, die Beseel thei t der Kon tu ren , die weise Ver te i lung der f a rb igen Flecken, dann das „Wandgerechte" , w ie es Ban t l e nenn t , was ihn bei Giotto fessel te. Diese P r o b l e m e von R a u m und F a r b e haben unse ren Küns t l e r i m m e r beschäf t ig t . In vielen A u f -sätzen u n d Schr i f ten ist e r f ü r seine E r k e n n t n i s s e e inge t re -ten. Mit echt schwäbischer Dickköpxigkeit. Und der Schr i f t -s te l ler und Mensch Bant le ist wohl so in teressant , wie es der Maler ist.

Und wo; ha t sich der Maler dieses Wissen geholt? J e d e Ar t der Bildungsmöglichkei t ha t er ausgenütz t . In den großen Galer ieen und Museen s tud ie r t e er vor a l lem die a l ten Aegyp-t e r und altgriechischen Vasenbi lder . Und dann zog er sich zurück aus dem T r u b e l der S t äd t e in die Einsamkei t . In die Berge des Apennin oder in die H e i m a t b e r g e der Schwaben-alb. „Da k a m die G n a d e Gottes zu ihm, da er e insam gewor -den." F e r n von der großen H e e r s t r a ß e f a n d e r sich selbst. Die S tudien aus Vi terbo und Anticoli , aus Olevano u n d Assisi, von Montefa lcone und aus der Campagna , alle die Landschaf ten , Arch i t ek tu ren und K ö p f e t r agen den großen Stil, den er bei den Al ten gesehen u n d in der E insamkei t f ü r sich e r rungen hat te . Sein Lebenszie l s tand je tzt k la r vor seiner Seele: Durch Wort und Schr i f t wil l er die w a h r h a f t große, religiöse M o n u m e n t a l k u n s t v e r k ü n d e n und — was in seinen K r ä f t e n steht , im Bild verwirk l ichen . Er sah dies als eine von Gott ihm au fe r l eg t e B e r u f u n g an. Daher konn te er ein mönchisches, eheloses Loben der A r m u t und des V e r -zichtes leben — auch auße rha lb der K ios t e rmaue rn .

In seinen Aufsä tzen ha t Bant le die höchs ter Anfo rde rungen an die K ü n s t l e r gestellt . Ha t e r n u n selbst diesen höchsten

Ansprüchen auch genügt? Jedenfa l l s m ü h t e er sich d a r u m mit b i t t e r em Erns t e ein Leben lang. Doch s tand er schon im Schei te lpunkt seines Lebens, als er den e rs ten großen A u f -t r ag b e k a m : In einer Kirche an der Mosel sollte er e inen K r e u z w e g malen . Mit Feuere i fe r s tü rz te er sich in diese Aufgabe . Im In te resse g rößere r Kla rhe i t verzichtete er auf die Viel fa l t von F igu ren ; zwei oder drei F iguren zeichnen seine Komposi t ionen aus. Die Lichtgestal t des Hei lands b e -herrscht j ede de r S ta t ionen. Auf d u n k l e m Hin te rg rund , der k a u m durch einen dü r f t i gen Dornzweig belegt ist, schrei-tet der Schmerzensmann dahin ; b r u t a l daneben die Henker , von Weh zerr issen die F rauenges ta l t en .

Die Ur te i le übe r seine Kuns t sind natür l ich nicht gleich. Hohe A n e r k e n n u n g und Ab lehnung — beides ha t er er lebt . Ein hohe r K i r chen fü r s t äuße r t e zu seiner U m g e b u n g be im Bet rach ten eines Kreuzweges : „Ce n 'est pas mon a f fa i r e" . E infache Leute , die von Kuns t nichts zu ve r s t ehen glauben, sagten schlicht: „Man k a n n vor den S ta t ionen beten." P r o -fessor Neuß schreibt bei e iner Besprechung: „Bantle, sich selbst immer t reu , geht seinen innerl ich vorgeschr iebenen, of t e insamen Weg. Seine Bi lder sind ebenso reich an E m p f i n -dung wie an rel igiösem Gehal t ." Und de r Maler ist dann doch noch zu A n e r k e n n u n g und A u f t r ä g e n gekommen. In manchen Kirchen von Wür t t emberg , Baden, Hohenzol lern, in der Schweiz und in den Rhe in landen f inden sich Bi lder von seiner Hand . Daß nicht alles wunschgemäß gegangen ist, ha t neben a n d e r n U m s t ä n d e n — wie z. B. der I n f l a -tion — auch seinen G r u n d in der übe rg roßen Empf ind l i ch -kei t des Malers . Besonders , w e n n er glaubte, m a n t r e t e se iner Ehre als K ü n s t l e r zu nahe , konn te er, der sonst sehr be -scheidene, von u n e r w a r t e t e r Eckigkeit und Kant igke i t sein. Das ha t ihm natür l ich manche Widerwär t igke i t e inge t ragen — abe r auch seinen Auf t r aggebe rn . So schreibt er im No-v e m b e r 1924 in e inem Br iefe : „Gestern abend bin ich aus S tu t tga r t zurückgekommen. Es w u r d e mi r zu kal t zum Wei-te rmalen . (Er ma l t e dama l s in der Herz - Jesu-Bas i l ika in S tu t tga r t -Ga isburg . ) Geld ha t m a n dor t auch keines. Ich weiß nicht, wovon ich diesen Winter leben k a n n . Wir bi l -dende K ü n s t l e r le iden unsagba r u n t e r der Unguns t und Ve r rohung der Zeit, und es bes teh t wenig Hof fnung , daß es in den k o m m e n d e n J a h r e n besser sein wird ."

Es folgen dann m e h r e r e mage re J ah re . Größere A u f t r ä g e f eh l t en ganz. Mit Bi ldnismalen und Rad ie ren schlug e r sich durch. Endlich im J a h r e 1929 schien das Blat t sich zu w e n -den. Er b e k a m den ehrenvol len Auf t r ag , in die H e r z - J e s u -Kirche in Köln e inen K r e u z w e g zu malen .

Vier S ta t ionen des Kreuzwegs vol lendete unse r Maler . Da e r k r a n k t e er an e iner B l indda rmen tzündung . Es w a r im Juli 1930. Ein S tuden t pf leg te den S c h w e r k r a n k e n in se inem Atel ier in München. Doch am 27. Ju l i 1930 ist H e r m a n n A n -ton Bant le dort in München gestorben. Er w u r d e auf dem Waldf r iedhof beigesetzt . — Am 22. Apri l 1952 w ä r e e r achtzig J a h r e alt geworden.

Die Frohnstetter Rebellion Am 28. Ok tober 1625 ha t eine kaiser l iche Kommiss ion zu

Pfu l lendor f dii Entscheidung gefäl l t in Sachen Wes te r s te t t en gegen die rebell ischen U n t e r t a n e n zu F rohns te t t en . Die H e r r -schaf t S t r aßbe rg mit Kaise r ingen und F rohns t e t t en w a r nämlich als Lehen von Buchau im J a h r e 1532 von den H e r -ren von H o m b u r g an die Wes te r s t e t t en v e r k a u f t worden . Nun ha t t en die U n t e r t a n e n zu F rohns t e t t en gegen ih ren Her rn , den edelges t rengen Georg Dietrich von Wes te rs te t t en und Trackens te in zu S t raßberg , Lau t i ingen und Wi lden t i e r -be rg verschiedene Beschwerden vorgebracht und w a r e n in solcher Halss ta r r igke i t und Widersetzl ichkei t dabei b e h a r r t , daß dieser be im Kaiser um Hi l fe anhie l t So; w u r d e denn a m 20 F e b r u a r 1625 der Graf Egon von F ü r s t e n b e r g mit der Schlichtung der Hände l b e a u f t r a g t . I h m w u r d e n noch der hochgelehr te Erns t v. Schei lenberg zu A i lmen tho fen und der Rechtsgelehr te F e r d i n a n d Seida der Rechten Doktor und erz-herzoglicher Rat und Kanz le r der Markg ra f s cha f t Burgau als He l fe r beigegeben. Sie rück ten a m Dienstag, den 22. Oktober , nach Pfu l l endor f und schr i t ten fo lgenden Tags zur Handlung , im Beiwesen des A d j u n k t e n des F ü r s t e n Leopold, Erzherzog zu Oesterreich.

Zunächst w u r d e nach gebührender1 Legi t imat ion den Un-t e r t a n e n ihr Unrecht mi t al lem E*nst un te rsag t , sie zu schul-digem Gehorsam v e r m a h n t u n d dann auf ihre Obrigkei t neu vereidigt Sodann w u r d e n be ide P a r t e i e n au fge fo rde r t , ih re Beschwerden vorzubr ingen. Georg Dietr ich von Wes te r s t e t -t en ließ ver lau ten , nachdem seine U n t e r t a n e n durch die neue Huld igung ihm w i e d e r u m zum Gehorsam verpf l ich te t seien, wolle er zuerst ihre F o r d e r u n g e n hören, die dann also gleich entschieden w u r d e n , wie folgt :

1. F r o n d i e n s t e . Sie b rach ten vor, j eder Baue - zu F rohns t e t t en müsse der Obrigkei t f ü r F ron und Dienste j ä h r -lich e inen Gulden u n d dreißrg Kreuze r reichen, ein Täg löhner aber e inen Gulden und einen Kreuzer . Tro tzdem m ü ß t e n sie al le andern F rond iens te leisten. Das Geld sei also eine ungerechte Forde rung . Dagegen w u r d e vonsei ten des J u n -kers darge tan , daß d i ^ U n t e r t a n e n nach den U r b a r von 1528 und der b isher igen Uebung', das Geld u n d die Arbei t ge-leistet hä t t en . Entscheid: Es ha t beim Bisher igen zu: bleiben, n u r w e n n e iner in der F ron Dung aus füh r t , sind ihm an Geld ^ ier Batzen abzurechnen und w e n n er mi t der1 M a h n e bau t (Feldbau), sollen ihm jährl ich 10 Kreuze r abgezogen w e r -den. Die F rohns t e t t e r sagen, sie m ü ß t e n jähr l ich wohl 60 Morgen Feld der Her r scha f t in al len A r t e n bauen, säen, schneiden und in die Scheuer l iefern, und dennoch w ü r d e n innen F r o n f u h r e n nach S t raßberg , Lau t l ingen und Glashut t en zugemute t , müß ten auch bei des J u n k e r s G n a d e n - und P a c h t j a g d alle J a g d f r o n mit Hagen und Jagen und Tre iben verr ichten, w a s ihnen ganz unerschwinglich erscheinen wolle. Der Wes te r s t e t t e r aber legte w iede r Or ig ina lkau fb r i e f e u n d Lagerbücher vor , u. a. von 1570, aus denen hervorging, daß die F r o h n s t e t t e r zu den sog. ungemessenen Fronen , die auf Bel ieben des J u n k e r s s tanden, verpf l ich te t seien. Nach S t r a ß -berg und Laut l ingen müssen sie jedoch lediglich die sog. Gi l t f rüchte ( jährl iche Lehenabgaben in Früchten) f a h r e n , a n -de re F r o n f a h r t e n seien nach Angabe des Junke r s auch nie ver langt worden . Dami t a b e r j eder Teil wisse, wieviel er in Z u k u n f t leisten oder e r w a r t e n dür fe , sollen *7on jetzt an j ede M ä h n e (oder Täglöhner , die zu einer Mähne z u s a m m e n -setzen) verpf l ich te t sein, ande r tha lb Jaucher t Win te r - und

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J a h r g a n g 1952 H O H E N Z O L, L, E R I S C H E H E I M A T 59

ande r tha lb Jauche r t S o m m e r f r u c h t zu bauen , säen, schnei-den, m ä h e n und in die Scheuer zu l ie fern . D a f ü r aber soll die Her r scha f t ihnen auch h i n f ü r o das l ie fern und geben, was auch sonst bräuchig ist (Fronbrot etc.). Die J a g d f r o n soll wie b isher bleiben.

2. Das L ä n g e n f e l d und a n d e r e Güter , die von den U n -t e r t a n e n als A lmende angesprochen aber nicht bewiesen w e r d e n können , sollen ihnen auf ihr un te r t än iges Bi t ten und auf die F ü r b i t t e der U n t e r h ä n d l e r u n d Schiedsrichter , den Baue rn sowohl wie den Sö ldnern (d. i. T a g w e r k e r n ) , ausge-geben und geteil t werden , daß sie sie gegen Reichung der gewöhnl ichen L a n d g a r b e (neun ten Garbe) und von j eder J auche r t zwei Vier tel (oder Simere) b a u e n dü r fen . N u r die V/2 Jaucher t , die zum Her r scha f t sbau gezogen werden , sollen dort bleiben.

3. Die H a r t w i e s e n sollen nach B e h a u p t u n g der U n -t e r t a n e n in ihre Lehen gehören, von denen abe r der J u n k e r , w e n n sie gebaut werden , die L a n d g a r b e ve r langen wolle. Der Wes te rs te t t e r k a n n jedoch beweisen, daß die L a n d g a r b e aus diesen Wiesen vor 20 und m e h r J a h r e n i m m e r gegeben w u r d e , also bleibts be im al ten.

4. Die S c h ä f e r e i und deren Schadenmachen auf der Glashüt te . Der J u n k e r sagt, w e n n sein Schäfe r ohne sein Wissen auf der Glashü t t e Schaden gemacht .hät ten die U n -t e r t a n e n dagegen eben k lagen u n d ihn (den Schäfer) p f ä n d e n sollen, dann w ä r e es rechtzeit ig abgestel l t worden . Sein Schäfer zu F rohns t e t t en w e r d e angewiesen, die Vieh- u n d Roßweiden möglichst zu schonen oder doch erst dem Ge-meindevieh und den Bürger rossen nachzufahren , d. h. den B a u e r n den Vor t r i t t zu lassen.

5. Den F u e t t e r h a b e r wollen die F r o h n s t e t t e r nicht stel len, wie er von j edem Haus, das Rauch ha t , ve r lang t wird . Aber die Urba r i en und unvordenk l iche Gewohnhe i t beweisen ihn zu recht. J e d e r Rauch oder Herd m u ß dahe r 2 Vier tel H a b e r geben, ohne Rücksicht auf die Zahl der Hausgenossen, die dazu gehören.

6. Die B a n n m ü h l e zu S t raßberg . Die F rohns te t t e r b e -schweren sich, dor th in f a h r e n und den Gerbe r lohn zahlen zu müssen , auch w e n n j e m a n d den Veesen in die F r e m d e v e r -kau fe . Allein das Bannrech t der Un te r en Mühle zu S t r a ß -be rg is t mit D o k u m e n t e n bescheinigt und das mi t dem Ger -be r lohn bei a l len uml iegenden B a n n m ü h l e n gebräuchlich. Also' bleibts dabei. Weil die F rohns t e t t e r zu dieser Mühle wei te r haben als die S t raßberge r , sollen sie nicht dazu f r o n e n brauchen .

7. Die F rohns t e t t e r sollen die B a d s t u b e zu S t r a ß b e r g besuchen, oder welcher im J a h r e in- oder m e h r m a l ein a n -deres Bad besucht, dem B a d e r daselbst jährl ich sechs Batzen zu geben schuldig sein. Nach dieser Zah lung s teht dann je -d e r m a n n f re i , ein Bad zu besuchen, w o ihm eben und ge-fä l l ig ist.

8. Die H ö l z e r und W a l d u n g e n zu F rohns te t t en , welche die U n t e r t a n e n ohne Beweis als h r E igen tum a n -sprechen, aber der J u n k e r durch K a u f b r i e f e zu seinen G u n -

sten anspr icht , sollen solange sein eigen bleiben, bis die U n t e r t a n e n bessere Beweise vor legen können . D o c h s o l l i h n e n d a s n ö t i g e B a u - u n d B r e n n h o l z w i e b i s h e r d a r a u s g e g e b e n und die Hölzer in Eh ren geha l ten werden .

9. Die Unkosten , die durch die vorgegangene Exekut ion en t s t anden , h a b e n die F rohns t e t t e r selbst zu t ragen . ( O f f e n -b a r ha t m a n sie durch eingelegte Kre i s t ruppen zum P a r i e -ren gezwungen gehabt!)

10. Die 12 K r e u z e r Weidgeld, 5 Batzen Frongeld und 8 Batzen Dienstgeld, die schon im U r b a r von 1570 vo rkommen , b le iben bes tehen und sind der Her r scha f t jähr l ich zu b e -zahlen.

11. Wenn die U n t e r t a n e n die Waldungen und Al lmenden als Gemeindee igen tum ansprechen abe r nicht beweisen k ö n -nen (wie hä t t en sie das auch beweisen sollen?), beweis t der von Wes te r s t e t t en das Gegentei l , bleibt also vore rs t im Recht.

Endlich w u r d e von den Schiedsr ichtern ver langt , die F rohns t e t t e r m ü ß t e n ih re r ordent l ichen Obrigkei t (d. h. dem J u n k e r ) von Wes te r s t e t t en eine öffent l iche Abbi t te leisten. Weil abe r der J u n k e r wegen Leibsindisposi t ion (Unpäßl ich-keit) dem Huld igungsak t nicht selbst be iwohnen kann , soll diese vor dem wohlede lges t rengen J o a c h i m von und zu Hausen und S te t t en zum K a l t e n m a r k t in Gegenwar t der K o m -missar ien vor sich gehen. Sie sollen vor ihnen einen F u ß -f a l l t u n und ih r begangenes Unrecht b e k e n n e n und a b -bi t ten . Obwohl der von Wes te r s t e t t en auf die T a x i e r u n g der bei dieser U n r u h e en t s t andenen s t a rken Unkos ten drängte , die den U n t e r t a n e n zu F rohns t e t t en au fgebü rde t w e r d e n sol-len, ha t de r österreichische A d j u n k t (Beisitzer) sich dagegen gewandt , auch der von Hausen f ü r die F r o h n s t e t t e r ein Wort eingelegt . Der Wes te r s t e t t e r ließ sich dann angesichts se iner derzei t igen K r a n k h e i t herab , den a r m e n U n t e r t a n e n gegen Versprechung ihres e i f r igen Gebets u m F r i s t u n g seines L e -bens oder wenigs tens u m eine f röhl iche A u f e r s t e h u n g be im Allmächtigen, die Unkos ten zu schenken und ihnen ange-sichts obiger Fü r sp rache und aus angeborener guter A f f e k -tion ih r begangenes Unrecht von Herzen zu verzeihen, u n d das in der Zuversicht , sie w ü r d e n sich gegen ihn, w e n n ihm der liebe Gott sein Leben länger schenke, (und d a n n n gegen seine Erben) desto t r e u e r u n d gehorsamer ve rha l t en , m a ß e n seines Teils auch an al ler obrigkeit l icher Treu und Hilf kein Mangel erscheinen solle.

Dessen zu w a h r e r U r k u n d e haben die Kommissa r e samt dem Her rn A d j u n k t e n von diesem Rezeß vier g le ichlautende E x e m p l a r e ve r f e r t i gen lassen, (eins f ü r den Für s t enbe rge r , eins f ü r den A d j u n k t e n , und j eder P a r t e i eins), sie e igen-händ ig un te r schr i eben u n d gesiegelt. Geschehen zu P f u l l e n -dorf, den 28. Mona t s t ag Oktober des e in tausendsechshunder t -f ü n f u n d z w a n g z i g s t e n J ah re s . Siegel und Unterschr i f t en .

( Dom. Arch. Sigm. R. 64. S t r a ß b e r g K 34, Fach 2 Nr. 1.) Nach wenigen J a h r e n s ta rb der H e r r von Wes te r s t e t t en

als le tz ter seines S tammes , und Buchau n a h m die Her r scha f t S t r aßbe rg in eigene Ve rwa l tung . J . A. Kraus .

Die Herren von Magenbuch von Josef S t r o b e l , K a r l s r u h e

1. Vorbemerkung In dem J a h r g a n g 1935, Seite 130 ff der Hohenzol lerschen

J a h r e s h e f t e ha t P f a r r e r Fr iedr ich Eisele die Geschichte der H e r r e n von Magenüuch darges te l l t . Dieses einst in Südschwa-ben wei tverzweig te Geschlecht ist in mancher Beziehung ron wir tschaf t l icher u n d his tor ischer Bedeutung. Aber de ren wei te Ve rb re i t ung b rach te es mi t sich, daß auch Eisele nicht alle jetzt noch v o r h a n d e n e n u rkund l ichen Belege e r fassen und in se inem Aufsa tz v e r w e r t e n konnte . Als seine Arbe i t erschienen war , habe ich ihm noch eine Anzahl u rkund l i che r Abschr i f ten zugesandt in der A n n a h m e , er w ü r d e se iner A r -bei t noch einen Nacht rag folgen lassen. Das ist abe r bis jetzt nicht geschehen, t ro t zdem ich aus einer B e m e r k u n g e n t n e h -m e n konnte , daß ein solcher Nachtrag folgen w ü r d e Aber ein Höhe re r ha t un te rdessen auch Eisele die F e d e r aus der H a n d genommen. Doch ha t t e Eisele o f f enba r noch manches ü b e r diesen Gegens tand h in ter lassen . Wo aber dieser Nachlaß verb l ieben ist, k a n n ich n u r aus e iner B e m e r k u n g seines Nach laßverwa l t e r s ve rmuten . Dahe r übergebe ich der Re-dakt ion de r „Hohenzoller ischer He ima t " wenigs tens das von mi r übe r die He r r en von Magenbuch gesammel t e M a -terial , dami t es nicht eines Tages ungenütz t M a k u l a t u r wird.

Die e inzelnen Nacht räge habe ich so geordnet , daß sie leicht dem Or ig ina laufsa tz e ingereiht w e r d e n können .

2. Nachträgliches über die Herren von Magenbuch F ü r das J a h r 1292 (S. 131) nenn t Eisele den Ri t te r H e i n -

r i c h v o n M a g e n b u c h als Diener des Herzogs Albrecht

von Oesterreich. Dieser Albrecht w a r der ä l tes te Sohn R u -dolf von Habsburg , geboren zwischen 1248 u n d 1254 und seit i282 erbl icher Herzog von Oesterreich, der 1298 gegen A d o l f v o n l a s s a u zum deutschen König gewähl t w o r -den war . Mit diesem Herzog Albrecht von Oesterreich s t r i t t der g e n a n n t e Ri t t e r H e i n r i c h v o n M a g e n b u c h 1286 geger den ungar ischen G r a f e n Y b a n (Stalin S. 93). Die Schwaben be t rach te te m a n damals in U n g a r n als F remde , l e ren E n t f e r n u n g von Albrecht die U n g a r n i m m e r d r ingender

fo rde r t en und 1295 h a t t e n sie ih r Ziel auch tatsächlich e r -reicht. Albrecht h a t t e die Schwaben aus seinen Diensten ent -lassen mit A u s n a h m e von vieren. Als n u n die U n g a r n auch die En t l a s sung von diesen v ie ren fo rde r t en , t r a t er en t -schlossen auf u n d we ige r t e sich.

A u f g r u n d e iner B e m e r k u n g in Lichnowskis „Geschichte des Hauses Habsbu rg" (2CCLXV1II) besaß H e i n r i c h v o n M a g e n b u c h neben dem von Eisele genann ten Vogtrecht übe r Mengen und Sigmar ingendorf (S. 137) auch das P f a n d -recht übe r Gutens te in (Eisele S. 142!). Fr iedr ich III., der Sohn Albrechts , der 1322 in der Schiacht bei Mühidorf gegen Lud-wig von Bayern unter lag , schlug dem Ri t t e r Heinrich von Magenbuch und dessen Sohn 40 MS (40 Mark Silber) auf die genann te P fandscha f t . ("Pfister: G. v. Sch. Nach t rag in l ich-nowskis Geschichte des Hauses Habsburg , 2 CCLXVIII . )

Am 13. Dezember 1362 siegelte F r i c k v o r . M a g e n -b u c h (S. 139) die Urkunde , wonach Hans von Schwaindorf von Ru ty seinen K o r n - und Heuzehn ten zu Schonloch an der K r u m b a c h a u zum Leibgeding seiner Tochter U r s u l a ,

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Klos te r f rau zu Wald, gibt, so daß nach deren Tod der Zehn-ten seinen (Hans v. Sw) Hanns und Hainrich heimfal len und seine Tochter, wenn dieselben vor ihr ohne Leibeserben sterben, damit f re i schalten kann . (Fürstenb. U. B. VI. 18, 2 S. 32).

1388 gut temtag v. st. Vitustag (8. Juni) ve rkaufen F r i e d -r i c h v o n M a g e n b u c h und U r s e 11 e von Hoeln-stein, seine Schwester, Anshelm seligen Tochter von Hoeln-stein, Clausen dem Ungelter ihren Teil der Burg Hoelnstein mit allen Zugehörden, da run te r auch ein Dri t te l des Zehn-ten zu S ta inhülwen um 1 P f u n d Geldes, das die G erter in von Sta inhülwen aus ihrer Wiese gibt. (Fürsienb. U. B. VI, 93, 3 S. 151). Hier wird Urselle Friedrichs v. M. Schwester und Anshelm V. H. Tochter genannt , wohl Schwiegertochter. Friedrich v. M. ist wohl identisch mit dem zu Mengen seß-ha f t en A m m a n n F r i e d r i c h v. M. (S. 139).

Am 16. J a n u a r 1369 (am Zins- bezw. Ziuistag nach Hilari (Fürstenb. U. B. VI, S. 89, Nr. 45) kommen A l b r e c h t v o n M a g e n b u c h und A l b r e c h t sein Sohn mit Wernher von Zymmern gütlich überein wegen der Leute, welche von Honstet ten jetzt gen Meßkilch gefahren und da seine Bürger geworden sind. Sie gönnen auf dessen Bitte diesen Bürgern, „die gut, die si untz he r gehaben hant , zu haberen (häbern) den nehsten habrat , der nue aller schierest kunt , und ouch danne daz Winterkorn, daz sie ietzo gesaeget hant , und den habern, den sie nue nohst saegent werdent , ze schnidenne, inzenemene und daz körne dannen ze fue r enne und iren ge-werp und iro wandel darzu und da von de habenne, untz inen der b lume wirt ," doch sollen sie während dieser Zeit Zins und Vogtrecht geben und auich die andern Dienste davon thun, wie sie bisher gethan haben. Das Heu und Stroh, das auf diesen Gütern wächst, so „zu dem naechsten künf t igen nutze" auf denselben bleiben und nicht von dannen ge führ t werden. Nehmen die Bürger also den Nutzen ihrer Güter ein, so sollen sie die Ausstel ler in ihrem Dorfe f ü r b a ß nicht i r ren und kein Gewerb, noch Handel daselbst haben außer mit Willen derselben. Ziehen sie aus Meßkilch in andere Dörfer und hal ten ihr Bürgerrecht zu Meßkilch nicht, so soll Wernher von Zymmern sie vor den Ausstel lern nicht weiter schirmen. Haben diese Bürger ledig Eigen zu Honstet ten, so mögen das „wol buwen mit ihren pfenigen oder mit be t te pfluegen."

Der genannte Wernher von Zymmern , Ritter, ist am Sankt Gregorientag Anno Domini 1384 im Alter von fas t 100 Jah ren gestorben und in der Pfa r rk i rche St. Mar t in zu Meßkirch neben seiner ersten Gemahlin, die ihm 1350 im Tode vor-ausgegangen war , begraben worden; es w a r die Gräf in Anna von Waldburg-Rohrdorf , durch welche die Grafen von Zym-mern, zu Her renz immern gesessen, in den Besitz von Meß-kirch-Rohrdorf kamen. F rau Anna war die Tochter des Gra -fen Bertold, Truchseß von Waidburg-Rohrdorf . Die Hochzeit f and 1319 statt . Da die Ehe aber krnderlos wa r und das Ge-schlecht der Herren von Zimmern auszusterben drohte, so vermähl te sich Wernhe r von Zimmern 1353 zum zwei tenmal mit Brigit te von Gundelf ingen, die ihm einen Sohn J o h a n -nes und eine Tochter Anna gebar. (Bühler : Wappen, Becher, Liebesspiel; aus der Chronik der Grafen von Zim-mern 1288 bis 1566, S. 53).

Eisele gibt (S. 141) an, daß C o n r a t und R u f v o n M a -g e n b u c h am 29. Jul i 1362 vom Herzog Rudolf von Oester-reich einen Revers über den Wildbann ihrer Pfandschaf t zu Gutenstein erhielten. Da aber Eisele die Grenzen dieses Wild-bannes nicht angibt, so seien sie aus ortsgeographischen und f lu rnamenkundl ichen Interessen nachgeholt : Es handel t sich um den Wildbann mit aller Zubehörde und mit dem Geleit in dem Bezirk von Schmychen der Burg Undteischmychen, von da gen Nuwen Guetenstein in die Burg, daraus gen Nickhoffen in den Hof, daraus den nächsten gen Bolt und den Bolterstails (sie) hinauf , als der Weg daselbst hindurch geht un te rha lb der S ta inrynnen gen Menningen auf das Feld und vor dem Holz und auf bis gen Oberstet ten, daraus bis gen Haynste t ten, daraus bis in die Burg Valckenstein und von da wieder gen Symchen die Burg. Geben zu Spir an dem nechsten Fr i tag nach St. Jacobstag 1362. (Fürstenb. U.B. VI. 15 S. 24.)

Die S. 142 über F r i c k v o n M a g e n b u c h e rwähnte Urkunde muß durch folgende ergänzt werden: 1408 Ziustag nach St. Hilar i tag (10. Januar ) ve rkaufen um 166 P f u n d h F r i c k v o n M a g e n b u c h der Alt, zu Meßkirch geses-sen und seine Söhne H a n s und C o n r a t dem Kloster Laitz die Hä l f t des großen Zehntens zu Ober Schmeyen, die sie von ihren Vet tern H a n s und H e i n r i c h erhal ten ha-ben. (Fürstenb. U .B . VI, 111, 2 S. 184). Eisele e rwähn t wohl diese Urkunde, gibt aber den Kaufpre i s nicht an.

Nicht e rwähn t w u r d e von Eisele B u r c k a r t v o n M a -g e n b u c h, der am 11. Nov. 1427 (Eisele S. 144) an seinen Vet ter C h u n r a t v o n M a g e n b u c h um 500 fl. Rh. sein Drit tai l des Dorfes Ingelswies ve rkau f t ; dazu das Vogtrecht zu Mengen, das Wasser und Fischlehen zu Nykofen an der Tonaw, Vogtrecht und Lehnschaf t der Kirche zu Talheim und ein Gütlein zu Vilsingen, alle seine Vogtrechte zu K r a w -chenwies und alle seine Eigen- und Vogtleute, die er derzeit im Lande zu Swaben hat, alles, teils rechtes Eigen, teils Pfandschaf t , wie es seine V o r d e m und er manches J ah r in nützlicher Gewähr hergebracht haben. Gegeben am St. Mar-t instag 1427. Es siegelten: der Ausstel ler und Ulrich von Harns te in (sie), F r i c k v o n M a g e n b u c h , der Aeltere und Vet ter des Ausstel lers ; f e rner Ecken von Reischach an der Schaer und F r i c k e n v o n M a g e n b u c h , der J ü n -gere, auch ein Vet te r des Ausstellers. Die Siegel der zwei letzteren fehlen. (Fürstenb. U. B. VI. S. 292 Nr. 192.)

S. 146 e rwähn t Eisele, daß W o l f d e r J u n g e v o n M a g e n b u c h durch den österreichischen Landvogt, Graf Hans von Lupfen, mit dem Dorf Stortzingen belehnt worden ist. Das geschah zui Baden an Unseres Her rn Uffer t tag als er gen Himmel fuhr , 1403, also am 24. Mai des genannten Jahres . Dieser W o l f v o n M a g e n b u c h , der nach der Ansicht Eiseies ohne Nachkommen gestorben ist, lebte 1427 nicht mehr , denn in diesem Jahr , an St. Johannß des Teuf -fe rs tag (24. Juni) lieh der genannte Hans von Lupfen zu Constantz das Dorf Stortzingen Otten Schuler als Träger des Grafen Heinrich von Werdenberg und seines Bruders Eber -har t . wie das dieselben von C o n r a d t v o n M a g e n -b u c h e rkauf t haben; sie müssen aber stets einen Wappen-genossen als Träger stellen. (Fürstb. U .B . VI. 137. S. 223.)

(Fortsetzung und Schluß folgt.)

Aus hohenzollerischen Pfarrarchiven (Fortsetzung) v. F. St.

(Einträge im 3. Band der Hechinger Taufbüche r (1730—1754): Anno 1725 den 28. May ist hier angelangt Ih r Hochwürden

undt Gnaden alt we l tbekhand te r von Ihro päpstl icher Hei-ligkeith Innocentio dem 13. ausgeschückhter MIssionarius H von Schönckh aus Westphalen gebüertig, aldasiger Capitels Dom decano wie auch Thumprobs t zue Thoren, hat in ve r -schinem fes to Corporis Christi das Venerabi le getragen, das Hochambt gehalten undt nachmit tags bey S : Luzen eine trostreiche Predigt abgelegt. Ein H e r r mier höchst v e r w u n -derlicher Demueth Frombhei th und Aufferbaul ichkei th .

NB. den 4. Septembris 1726 als in festo Rosaliae ist zwi-schen 9 undt 10 Uhr zue Stein des al ten vogts Hauss Georg Lämelin in Aschen gelegt worden.

Den 24. Septembris 1726 ist die ura l te Kayserl iche Reichs-stat t Reut l ingen in Asche geiögt worden undt bey 900 Häuser verbronnen, dero Elendt mit keiner Feder zue beschreiben.

Kurz zuevor ist zue Trochtelf ingen eine ebenfahls en t -sötzliche Feyrsbruns t ents tanden, auch bey 100 Häuser ve r -brendt worden.

NB. 1726. In dem Monath August i seindt bey 30 Brüns ten auf Höchen Zollern gesehen worden, also das man nit mehr auf Zoilern schießen dörf fen wegen großer angst undt forcht.

NB. den 19, Dezembris habe ich Johannes Mart inus Fischer Decanus et Parochus Hic Hechingae ex licentia Reverendis-simi ac Il lustrissimi Domini Domini Pro Episcopi Francisci Antonii de et in Sürgenstein (?) bey der ruehe christi in der Capelen der oberen Vorstadt die erste H. Meess sambt einer kurzen oration gehalten, undt ist dise Capellen von H. Jo-hannn Greylich K a u f f h e r r alhier aus sonderer devotion er-bauet worden, gott gebe ihm darvor hier die zeittliche, dor t -ten die ewige rueh. f ia t

Anno 1729 den 16. Jul i ist hier ankhommen Admodum Re-verenaus ac Reiigiosus Pa te r Ambrosius (Lücke) ex mona-sterio Zweifa l ten cum sacro báculo S. Magni propter n imium copium locustarum, c i rmium et bruchorum, quae pra ta agros e' campos devas taverunt . (Vgl. Hohenz. Heimat 1. Jahrg . Nr. 4 S. 63).

Anno 1731 Den 9. f ebruar i i als in festo S. Apoloniae ist selbe nacht ein solcher schnee gefal len das man vast nit ha t können von haus zue haus komen, dergleichen bey Mans ge-denckhen nit geschehen. Der 8. febr . ist gestorben Johannes Klein Corporal under dem hochen zoll Contingent, selben begraben zue können, hat man bey herrsenaf t straff geDot-ten daß ein jeder vor seinem haus ha t t e miessen ein weg machen, daß die t räger haben fo r tkomen können, auf dem

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Jahrgang 1952 H O H E N Z O L, L, E R I S C H E H E I M A T 61

Kirchhoff wäre ein solcher sehne, daß man kein Creuz hat m e h r gesehen außer den eüsern hochen Creuzen undt dieser sehne hat gedauret bis nach ostern hier, anderwer ths aber bis schier auf pf ings ten undt hat die Käl te gedauer t bis auf S. Marxtag , an welchem ein schöner tag gewesen undt fo l -gents der sommer sein völligen anfang genommen. NB. he r -nachher wide rumb etlich täg gerögnet bis auf den a u f f a r t h s -tag, wä re ein schöner tag gewesen bis auf den volgenden sontag als den 6. May, woran nach gehal tener Vesper u n d t Umbgang ein donnerwet ter mit e inem ganz w a r m e n undt heüf f igen Regen erfolget.

Anno 1731 ist zue Ebingen den 2. J u n y durch ein gottlosen 70 J a h r erlöbten burger undt huetmacher ein grosse feyrs -b runs t ents tanden, welche erstlich seine aigne behausung bey dem undern thor angestöckht, weilen er auf die gal leren condemnieret worden, sich aber dardurch zue rechnen 47 fü r s t mit ver lurs t vil 1000 säckh Korn, Haber, Gers ten undt andere Hausmobilen durch die F l a m m e n verzöhrt worden.

NB: Den 2. September ist a lhier durch den Maister F r a n -zen gehönckt worden Hans Georg Sontag sonsten der Bilger genandt , welcher sich verwunder l ich zue dem todt bera i t te t undt erst umb halber 2 u h r sein loben aufgöben weilen wüer gaistliche 4 s tundt lang zue dem galgen beglait tet .

Den 17. September ist gleich darauf Vat ter undt Sohn mit Namen Claus German undt Johann German gehönckht worden.

Anno 1731 den 7. Ju l i seindt abermahl hier gehönckht worden Johannes Heneman vulgo der b randenburge r ein f ranckh undt f r anz joseph K r a u ß von Seff l ingen ein Mann von 24 J a h r e n gehönckt worden, ihre Kepsweiber aber mit rue then ausgestrichen worden.

14 Tag hernach ist wieder einer mit Ruethen ausgehauen worden, der Galgen auf den Buckhel gebrent worden.

Den 19. Ju l i 1731 ist der erste Stein bey der ers ten Ca-pellen zue dem Berg Calvari gelegt worden im Namen Ihro Hochfürst l . Durchlaucht Friedrich Wilhelm Fürs t zue Ho-chenzollern Ihro Hoch Edel Gestreng Her rn Pau l de Bara t t i undt Meiner Johann Mart in Fischer Dechandt undt P f a r r e r alda, wie auch Her rn H e r r n Burgermeis te r Johann Chryso-stomi Greylich als geistlichen Vat ter etc.

Den 21. Jul i ist das Creuz bey dem Mit te la l tar aufger ich-tet worden in Beysein Meiner nicht ohne große Gefahr , in-dem das große undt dückhe Sail in kurzer Aufr ichtung e t -was gebrochen, daß man andere Anstal t hat missen machen, sonsten das Creuz zue T r ü m m e r gangen währe , nit ohne größten Schaden des Hochaltars, wie auch wegen den daran arbei tenden Menschen.

Anno 1732 den 7. Merzen als an dem Fest des Englischen Doctors Thomae v. Aquin ist ein großer L ä r m und t Forcht ents tanden, indeme eine güff t ige Sucht von dem Rein, so ge-nandt wurde der Fliegende Wurm, welcher durch die L u f f t

lsoi schnerl mit großem Geräusch durchflogen, daß in einem Tag bis 5,f S tundt wei th u m b sich gefressen und naben die Kie und :£älbei einige B e t e r n oder Schrunden baldt ob, baldt under der Zungen bekhommen und wan man ni t gleich geholfen hette, w ü r d e lies crepieret sein. Das Mittel vor dise Sucht warf; ein sülbernes geltlein, so wie ein Sporn ausgefeilet, mit diesem mueste man die Blater aufreissen, sauber auswaschen,, a lsdann mit Offenruess undt Honig ge-schmieret, hat gleich geholffen.

Den 29. Juni i 1732 als an dem Fest Pe ter undt Pauli habe ich sub poena suspensionis eine Excomunicat ion von der Canzei miessen publicier^n wieder die Hochfürst l . Rä th als Her r Carey von Zigesar, Her r Joh. Theodor Schäffer von Ti-bingen, Her r Johann H e r m a n Schäffer Canzler, Herr Jo -seph Nägele Rath, weilen sie anno 1731 den 9. September Her rn Johann Leonhardt , P f a r r h e r r n von Boll in meiner abwesenhei th a rmata m a n u zue dem Rappen zuer Ve rwah-rung geführ t worden undt 21 Täg darauf verblüben, bis ein Poenal Decret von Constanz erfolget.

Den 4. Jul i ist in alniesiger P fa r rkü rchen die neye Bohr -bühne aufgerichtet WO' den undt von denen H: Pf leger Carll Ripp undt Jacob F reydemann aufgerichtet worden.

Anno 1733 den 16. J anua r i i ist der Scharmüzel zwischen alhiesigen undt Ihro Durchlaucht des gnädigsten Erbpr inzen Eberha rd ! Haus t ruppen und t under denen bau ren zue Troch-telf ingen (so und nicht Grosselfingen!) vorbeygangen, war in Titr. Her r Tröster als Leue t tenandt sambt andern 2 Soldaten todt auf dem Platz geblüben, wie auch 3 Bauren undt über 12 tödtlich v e r w u n d e t undt zue Krüppe l geschossen worden, worüber die lets tern das Feldt e rhal ten undt dise Phil is ter mit der Flucht salvieret.

Was die Rangent inger 'oetröffent seindt sie schon anno 1732 ausgetre t ten aus furcht der Schläge, gefängnussen und . andern ha r ten to r tu ren der ganz f leckhen ausgeraubt , laß nit ern wagen noch andere nötnige Sachen zue dem b a u -wesen übergeblieben, aber den April l wider völlig eingeruckt undt possession genommen, darauf sie sambt stat t undt iandt

ex manda to caesareo sich des f r eyen bürs t bedienet undt annoch bedienen thuen.

Den 11. Juli i ist der sogenandt spechzemayer hoff zue beyern durch ein gelögtes f ey r zue aschen verbronnen undt dasiger mayer , soi von rangent ingen gebürtig, nit ein heilers wer th salvieren können undt mit größter gefahr seines lö-bens das in der wiegen gelögnes kindt noch erröt te t , wei t ter nichts.

Den 10. Ju l i hat das wet te r eingeschlagen zue Reitl ingen 7 fü r s t verbr in t t auch 2 m ä n n e r verbrendt worden, so von dem tonner getroffen.

Den 6. Ju l i ist a lhier eine Reichsexecution wegen dem f reyen bürs t eingeruckht 400 Man zue Fuess undt 100 zue Pfe rd t .

Anno 1734 den 31. Ju l i als in festo S. Ignati i ist a lhier in wei th undt brei t t gegen abendts ein solcher erschröcklicher wolkenbruch undt plazregen gefallen, daß das wasser in der al ten s ta t t zue den fens te rn hineingeloffen, den menschen mit feyer le i t te rn zue hilff gekhommen, alle steg undt weg, äckher undt wüsen dergestal t ruinier t , daß es zue e rba rmen gewesen, auch alle wuher hinweg genommen, daß man in festoi por t iuneulae mit feyr la i t te rn ein steg über das wasser miessen machen zue S. Luzen zue kommen, den großen H: Ablaß zue gewünnen, der algietige gott wolle uns fe rners vor dergleichen wassergüssen gnädiglich behüet ten . Mit e inem wort t , es ist ein solcher schaden daraus ents tanden, so un -beschreiblich wäre .

NB: Anno 1734 ist der f ranzos in das reich gefallen, Köhl und Phi l ippsburg eingenommen, das ganze badische landt totali ter ru inier t t sambt andern anl iegenden s tä t ten undt dörf fer , wie auch oberkürch alle H: H: (?) daß weder s t roh noch hey noch ander furaschi haben mehr können au fge -bracht werden, wordurch viel 1000 undt 1000 a rme leith ge-macht worden.

NB: Der krieg in I tal ien w ä r e ebenfahls höchst gefährl ich also undt der gestalt , daß der f ranzos fast ganz italien e in-genommen undt verwiestet , auch eine sehr gefährl iche schlacht vorbeygangen daß der general Mersy das loben ein-gebüsset sambt 10 000 der unsr igen geblüben.

NB: Den 15. September aber hat der general vor Königs-öckh undt der Her r Lui von wür t t enbe rg die f ranzosen gleichsam schlaffendt Überfällen, worüber die größte con-fusion under dem fe indt ents tanden, daß einige Marschalles in s. v. hosen undt hemete r die f lucht genommen, das ganze lager miesen verlassen, in welchem ge funden undt erbeut te t worden sind:

Nemblichen 25 pa r bauckhen, 3000 centner pulfer , 4000 centner bley, 5000 centner luntten, 365 wächserne w ü n d -lichter, 10 000 bomben, 75 canonen, 5000 gezelts pret ion (?), 2 350 p fe rd t undt 3 100 maul thier , die königliche kriegs cas-sen mit 7 millionen, 10 000 spanische crosadas, 55 feyrmörser , 600i* scheuffel und t hackhen, 1000 coronaden, 5000 eymer mayländerwein , 50 centner süloergeschürr , 1000 ochsen undt 500 milchküehe, 10000 centner reiß, 50 fässer f lmtenste in , 3000 so lda t ennon tu r , 4000 fl inten, die königliche car funckhel -s te inerne nach tuhr - undt nachtanzeiger, 2 paa r samete Ho-sen, 3 hempter , ein paa r ban tof fe l und 3 paa r s t rümpff , so in dem gezelt des kömgs befunden , I t em die canzley mit 30 pal len pap ie r undt £ine l is te von 50 spionen, welche der könig selbsten besoldet. Mer proviant auf fi mona th vo r 100 tausendt mann Letstl ichen seindt 300 officiers gefangen, dabey 15 00ü gemeine, was vor todten auf des fe indts seitten sich bef indet , ist noch ungewüss, unserersei t ts seindt ge-b lüben 600 mann. Ueber obgedachte speeifieation hat sich ein bekhand te feder ve rnemmen lassen: IeDer Man avs Ti ro l VVIüsset es also W a h r zVseln. (Chronogramm.)

Anno 1735 den 3Ü. J en n e r ist zue Rot tenburg am Neckher feyer auskommen, 2 hoch'oergische scheyren, 600 schäffel ge-treidt sambt noch etlich 1000 garben in aschen gelöget worden.

Den 4. Merzen 1735 ist zwischen 1 undt 2 uhr zue Rot ten-bürg am Neckhar ein entsötzliche b runs t ents tanden, daß innerhalb 16 stunden ganz Rot tenburg im seiligen X -andt ge-s tanden undt ein solcher v ü n ü t auf allen vier or then en t -s tanden, daß es einem höllischen undt mal l f ic ier ten f ey r -gleich gesehen, ausgenommen die p fa r rkü rchen aö S. Mar -t inum undt der Pfar rhof f sambt dem schloss e rha l ten wor -den, nöbst wenigen an dem neckhar gelegenen häusern . Das Elendt wäre sc groß, aaß es mit keiner feder zue beschreiben undt also vil 1000 mal te r f u chten verzehret worden, auch bey 600 bürger die eüsserste a rmue th dadurch erl i t ten haben.

A n n o 1737 den 26. Ju l i an dem tag der H. Muet ter Annae ist zwir°hen 4 undt 5 u h r ein erschröckhliches donnerwet te r en ts tanden undt solche steiner gegeben als wie die halbe hiener ayer, den anfang genommen oberhalb Steinhofen, Steinhofen selbsten getroffen, bisingen, thana, boll, bur ia t in -gen, melchingen bis nachher u lm alles erschlagen, da man nun die sichel solte anlegen, welches ohne herzenlaidt nit

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ha t k ö n n e n angesehen werden . Gott wolle uns noch f e r n e r s vor der gleichen unglückh gnädiglich beh ie then .

Anno 1738 den 25. S e p t e m b e r h a b e ich J o h a n n Mar t in Fischer zue Grosse l f ingen die von Chr i s t i an P f l u m ney e r -b a u t t e Capel len besuecht , die ers te mess dar in gelesen bey großer menge volckh. Mer habe ich den 26. Sep tembr i s das Crux i f i x auf dem Kürchhoff benedic ier t .

Den 19. Novembr i s als an dem tag der H. El isabetha der e rs te sehne gelögt, den a n d e r n tag als den 20. cont inuir t .

A m H. Chr i s tag schnee gefa l len wie auch neyen j an r s t ag ein ehr l icher sehne gewor f f en u n d t zimlich guet tes we i t e r gewesen.

(Damit enden die Aufschr iebe im 3. Band der Hechinger Taufbücher . )

Die ä l tes te e rha l t ene Hei -l igenrechnung von Ringingen vom J a h r e 1692 rede t von der Hei l igenpf lege „St. Anna und Mar t inus" . Dieser N a m e be -deu te te eine h a r t e Nuß f ü r die Geschichtsforscher. Denn der a l lgemeinen E r f a h r u n g nach ist der hl. Bischof Mar t in von Tours übera l l de r we i t aus ä l -t e re Pa t ron , ja reicht of t bis in die ers te Zeit der f ranzösischen Mission zurück, w ä h r e n d die M u t t e r Mar iens eigentlich ers t u m s J a h r 1400 in besondere V e r e h r u n g kam. Fr . Eisele v e r -m u t e t e e inen Z u s a m m e n h a n g mit der benachba r t en S a l m e n -dinger Kornbüh lkape l l e der hl. Anna , die zufäl l ig im J a h r e 1507 in e iner Ringinger U r -k u n d e des P e t e r Schwelher von S t r a ß b e r g e rs tmals e r w ä h n t wird . Al lgemein setzte sich bei Ringingen die Meinung durch, die hl. Anna müsse in spä te r Zeit vor den hl. Mar t in h inge-setzt worden sein. Tatsächlich f a n d sich dann im A f f e n -schmalzer J a h r t a g von 1406 le tz te rer als einziger P a t r o n der P f a r r k i r c h e (He imatk länge des Zoller 1935 S. 73—75). Das ganze Rätsel w u r d e schließlich durch die Türkens teue r l i s t e vom J a h r e 1542 gelöst (Zoller-he imat 1938 S. 93), die un t e r den übr igen Ringinger S t eue r -pfl icht igen auch die P f l egen nenn t . Unse re r lb. F r a u (Ma-r ienkapel le) 1 P f d . 9 Schilling ( = 51,04 Goldmark) , S t . A n n a P f l e g e r 9 Sch. 6 h l r ( = 16,82 GMark) St . Mar t inspf leger 4 P f d . h l r = 140,80 GMark) , der P f a r r e r von der P f a r r e i und

Kap lane i 10 P f u n d 17 Sch. ( 381,92 GMark) , die sie zu a h -le" ha t ten . Man sieh4 aus den Zahlen , daß dl" Annapf lege selbständig, abe r an Vermögen nu r a r m w a r . O f f e n b a r b i l -de te dies spä te r den Anlaß, sie mi t der Hei l igenpf lege St. Mar t in zu verernigen.

Nun besaß der hiesige Bürge r Alois Dorn an der Rauß, spä te re r Bürgermeis te r , bis u m 1912 auch eine a l te S t a t u e

St. Anna zu Ringingen

St. Anna selbdritt aus Rlngingen-Hohenzollern, Mitte 15. Jahrhundert (40 - 45 cm Höhe)

Originalzeichnung von Bruno Schley Freiburg i. Br. Scheffelstr. 40

„St. A n n a se lbdr i t t " (Anna als Großmut t e r , Maria als M u t t e r u n d das Jesukind) , d i e w i r h i e r i m B i l d e z e i g e n k ö n n e n . Sie s t a m m t o f f e n b a r aus kirchl ichem Besitz und geht zweifel los auf obige a l te P f l ege zurück. K ü n s t l e r B r u n o Schley (Fre iburg i. Brsg., Scheffe ls t r . 40) ha t nach e inem verg i lb ten P h o t o die Zeichnung gefer t ig t . Die S ta tue s t a m m t dem Stil nach aus der zwei ten H ä l f t e des 15. J a h r h u n d e r t s u n d w a r 40- -45 cm hoch. Sie s tel l te zwar, wie die meis ten Wal l -f ah r t sb i lde r , ke ine höchste küns t le r i sche Le is tung dar , abe r gab doch der m ü t t e r -lichen Liebe der M u t t e r Anna , die als Pa t ron in des K i n d e r -segens ve reh r t wurde , mit Kind und Enke l e inen sehr sprechenden f r o m m e n Aus -druck. Das Jesusk ind mit der Wel tkugel ist ganz unbek le i -det, im s ta rken Gegensatz zu den fa l tenre ichen G e w a n d m a s -sen der G r o ß m u t t e r und der m ä d c h e n h a f t e n Mut te r . Seine Züge sind wie bei vielen goti-schen B i ldwerken durchaus nicht so lieblich, wie es der jetzige Zeitgeschmack w ü n -schen möchte. Al lerdings t rug dazu auch ohne Zweife l die barbar i sche spä te re B e m a l u n g bei, in der sich das Bi ldwerk befand , bevor es von Ringingen schenkweise nach Owingen u n d ciann durch P f r . Benno K r a -mer , dama l s noch K a p l a n an St. A n n a in Haigerloch, se inen Weg in den K u n s t h a n d e l n a h m , w o es l e i d e r v ö l l i g v e r -s c h o l l e n i s t .

in Gemälde „St. A n n a se lbdr i t t " aus dem 18. Jahrhunder t , sfand sich bis u m 1896 im Oberfe ld des Mar i ena l t a r s u n d

hängt je tzt auf der Mädchensei te des Kirchenschiffes . Auch der neue Mut te rgo t t e sa l t a r zeigt auf der Epistelsei te eine S t a tue der hl. A n n a mit Buch, geschaffen von Josef Ri fesser aus Groden-Ti ro l . Wo abe r mag das ä l tes te Ringinger Schni tzwerk St. A n n a heu t e sein? J. A. K r a u s .

Zur Pfarrliste von Straßberg Msgr. C. Vogel, der jetzt in Owingen im wohlve rd ien ten

Ruhes t and lebt, ha t in „He imatk länge des Zol ler" 1934, S. 45 fg. die P f a r r e r von S t r a ß b e r g mit l iebevol ler F e d e r beschr ie-ben. Hie r seien nun aus dein Erzb. Archiv einige Daten nach-ge t ragen:

1) C o n r a d , der Leu tp r i e s t e r von B u r k 1326. Der ers te Geistliche, den Vogel a n f u h r t :

2) P f r . B e r n h a r d zu Weyien, der e inen J ä h r t ig ha t te , ist vielleicht identisch mit dem Ki rchhe r rn B e r n h a r d v o n W u r m l i n g e n z u B u r g 1390, der 1405 tot war . B u r g ist nämlich der a l te N a m e des P f a r r d o r f s ne -ben S t r aßbe rg und mit ihm zusammengewachsen (vgl. Nachweis bei Dichtschlag, P r o g r a m m d. G y m n a s i u m s Hedingen 1872 S. 7—10). Die He r r en von Wu rml i n g en saßen auf dem b e k a n n t e n Berge de r W u r m l i n g e r Kape l le bei Tübingen, und von ihnen s t a m m e n auch die H e r r e n von Ste inni lben. Lichtschlag br ing t viel Mate r ia l von S t raßberg!

3) U l r i c h R u g g e r , V i k a r der P f a r r k i r c h e Burg, e rhä l t a m 2. SeptemDer 1469 Absenzbewil l igung.

4) K i rchhe r r S t e p h a n U e b e l l i e r r 1470—72. 5) Nach sernem Verzrcht wi rd S e b a s t i a n G r e t z i n g e r

von Ver ingen a m 26. Okt. 1472 als Vicarus pe rpe tuus auf die Pfa r rk i rc i i e in B u r g o d e r S t r a u s b e r g p r o -k lamier t , 1480 erhiel t er auf 1 J a h r Absenzbewil i igung, ging 1418 weg.

6) J o d o k u s K e l l e r von Stein w u r d e a m 7. Aug. 1484 vom Klos te r Stein a m Rheni , dem B u i g - S t r a ß b e r g seit Ka ise r Heinrich dem Heil igen als P a t r o n zugehörte , p r o -k lamier t , doch verzichtete er 1487

7) J o h a n n e ? U l r i c h S n e l l (Schnell) w u r d e a m 20. F e b r u a r 1487 auf die P f a r r k i r c h e St. Nikolaus (irrig f ü r St. Verena!) in S t r a ß b e r g bei Ebingen p rok lamie r t .

8) A n d r e a s N. zahl te im J a h r e 1507 dem Bischof als E r d f r ü c h t e u n s e r e r P f a r r e i vierzig Gulden.

9) H a n s U l r i c h R e c h p e r g e r wi rd 1510 als Ki rcn-h e r r dah ie r e r w ä h n t .

10) C o n r a d u s A c k e r w u r d e a m 31. Mai 1518 an die P f a r r k i r c h e B u r g a l i a s S t r a ß b e r g invest ier t ,

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• J c h r g a n ß 1952 H O H E N Z O L L K H I S C H E H E I M A T 63

nach dem Tod von Ulrich Rechperger . 1523 und 1524 e r -hielt er je 1 J a h r Absenz. Res ignier te 1526.

11) C h r i s t o p h o r u s Z u c k s c h w e r t w u r d e a m 8. Aug. 1526 auf P rä sen ta t ion des Klos ters Stein a. Rh. p r o -k lamie r t u n d zugleich invest ier t , verzichtet 1535.

12) J o h a n n e s S a l c h von Ebingen folgte in „ B u r g b e i S t r a ß b e r g " a m 8. Dezember 1535, p räsen t i e r t von Wol fgang von Honburg in Möggingen.

13) Nach se inem Rückt r i t t fo lg te als P f a r r e r M a r t i n I r s -1 i n g e r von Lau t l ingen a m 22. 4. 1539, der nach a n d e r e r Nachricht erst a m 13. Dezember 1543 gefolgt sei, be ide -mal ist Wolfgang von H o n b u r g Collator. Am 9. J an . 1550 w u r d e I rs l inger Ve rwese r von F rohns t e t t en auf 1 J a h r .

14) Magis te r U l r i c h I r s l i n g e r (Yrslinger) ist 1570 hier Verweser , w i rd a m 14. November 1574 hier P f a r r e r .

15) U r b a n u s U n d e r s i n g e r (Hunders inger) ist 1587 als P f a r r e r e r w ä h n t .

16) n e n n t Vogel einen P f a r r e r M a r t i n W i t t m a y e r von Rangend ingen 1595.

17) J o h a n n e s C a b a s ode r C a b i s, 1600 bis 1615. 18) J a k o b u s H a u g von Ver ingen wird nach Verzicht

des J o h a n n e s Kab iß a m 14. Ju l i 1615 als P f a r r e r p r o -k lamie r t . Wei tere N a m e n e rgeben sich vielleicht aus der Veröf fen t l i chung von M a n f r . Krebs als A n h a n g der1 Ze i t -schrif t „F re ibu rge r Diözesanarchiv", die nächs tens zu e r w a r t e n ist.

Nach den Notizen des f K a m m e r e r s K e r n l e r in Benzingen w ä r e das ehemal ige Dorf B u r g bei S t r a ß b e r g im H ö f e n -t a l gelegen gewesen. 1782 habe der Blitz in die Burg S t r a ß b e r g geschlagen, worauf m a n drei S tockwerke a b t r a g e n mußte , auch Zugbrücke und Fa l lga t t e r wegließ. Am 23. Aug. 1743 sei als letzte Hexe auf dem Galgenberg v e r b r a n n t w o r -den: K a t h a r i n a Geiger von B u r e . (Name jedoch f ü r diese spä te Zeit auf fa l lend!) Joh . Ad. K r a u s .

Buchbesprechung Neue Bei t räge zur Archäologie und Kunstgeschichte Schwabens . Ju l ius B a u m zum 70. Gebur ts tag , hgg. von der Gesel lschaf t zur F ö r d e r u n g des Wür t tbg . Landesmuseums , 248 Sei ten und 130 Abb. auf T a -feln, ka r ton ie r t 15 DM, Ver lag W. K o h l h a m m e r , S tu t tga r t , 1952.

Ein f rüch teschwere r bun te r K r a n z von Arbe i ten und Bii -dern als Dank an den Di rek tor des Wür t tb . Landesmuseums , der al len F r e u n d e n de r Heimat , den Ge leh r t en verschieden-ster Richtungen und den in te ress ie r ten Laien, viel Anregung zu geben ims tande ist. O. P a r e t b r ing t n e u e Beweise f ü r seine These, daß es n iemals P f a h l b a u t e n im herkömmlichen Sinne gab. Die massenweise v o r k o m m e n d e n P f ä h l e a m Bo-densee u n d a n d e r s w o e rk lä r t er e in leuchtend als Ueber res te e iner besonderen Ar t der Fischerei! A. Rie th behande l t Glasper len aus Bronzeze i tgräbern als E i n f u h r w a r e aus dem Süden. P. Gößler sucht das Rätse l der Viereckschanzen zu lösen und deute t auf al tkel t ische Kul t s t ä t t en . W. Holbach e rk lä r t die E l fenbe inpyxis der Reichenau als u m 1300 nach-geschnit tenes Werk des 6. J a h r h u n d e r t s . W. Wentzel meint , das Tu r ine r Grab tuch könne f ü r das A u f k o m m e n des Dre i -näge l typus bei Kreuz igungsb i ldern u m 1200 den Anstoß ge-geben haben. (Doch ist dami t die Fes t legung de r Sindone u m 1355 durch die neuen Ergebnisse J . Blinzlers u n v e r e i n -bar . ) An den Pass ionsre l iefs von Mau lb ronn weist Wentzel E inf lüsse der P a r i e r nach. W. Clasen behande l t Heinr ich Brunsbe rg und die P a r i e r und H. Koepf die S tu t tga r t e r P a r -ierpläne. Ein Augsburge r A l t a r aus dem A n f a n g des 15. J a h r h u n d e r t s f inde t seine ikonograf ische und geschichtliche Dars te l lung von K. Mar t in . Die Kunstgeschichte wi rd in e iner A b h a n d l u n g von C. Altgraf zu Sa lem übe r die K r e u -zigungstafel auf Schloß Hei l igenberg we i t e rge füh r t . H. F e -ger b e f a ß t sich mit der Bi ldkomposi t ion eines a l tdeutschen Werkes, A. Sciiahl spür t der spätgot ischen S ta f fe lha l l e in W ü r t t e m b e r g nach (St i f tskirche S tu t tga r t , Ki rchheim u. T., Owen, 1 ßlingen u. a.). A. Walzer s innier t übe r die V e r k ü n -d igungsdars te l lung im Gebetbuch E b e r h a r d s von W ü r t t e m -berg, D F rey übe r die Pass ionsmyst ik im Spä tmi t t e la l t e r . Ueber U l m e r Bildnisse u m 1500 schreibt H. Buchhei t ; D ek -ke r -Hau f f erforscht die H e r k u n f t des Obers t en fe lde r Altars , A A. Schmid das Gebetbuch des Sa lemer Abts J . Necker (1550—29). Die Münzen und Medai l len Hz. Ulrichs von Würt tbg . un te rsucht E. Nau, und E. Endr ich beschreibt die G r a b d e n k m ä l e r der a l ten St i f t sk i rche Buchau, d a r u n t e r auch zweier Grä f innen von Zollern. Im Aufsa tz „Vedute und Kar tenb i ld u m 1600" vergleicht M. Schefold eine Menge a l te r K a r t e n und Landschaf t sans ich ten des Schwäbischen Gebiets, w ä h r e n d W. F le i schhauer übe r das indianische Lack- und das türkische Boiser ienkabinet t in L u d w i g s b u r g Be t rach tungen anstell t . Andere Aufsä tze b e h a n d e i n den Car l sberg bei Wei-kersheim, f e r n e r ein Gemälde Carlones, den Male r F. M. Kuen in Ulm (Wengenkirche), w ä h r e n d G. Weise der H e r -k u n f t des Rokoko-Musche lwerkes in Schwaben nachgeht . Schließlich bet rachte t R. Schmidt den Schloßplatz von S t u t t -gart . Ein Verzeichnis der Schr i f ten J . Baums und eine Menge herr l icher Tafe lb i lder zu den Aufsä tzen beschließen den e m p f e h l e n s w e r t e n Band. J . A. K.

Heimatbücherei Hechingen. Die geologische Abte i lung des Wür t t . Stat is t . Landesamtes in S tu t t ga r t ist mit u n s e r e m Verein in Schr i f ten tausch get re ten Der Verein ha t e rha l t en : J a h r e s h e f t 1951: Geologie und Hydrologie der Hei lwässer von Bad Mergen the im; Forst l iche Bodenka r t i e rungen im Keupergeb ie t des S t rombergs in W ü r t t e m b e r g ; Geologische Schulkar te nebs t E r l ä u t e r u n g von Südwes tdeu t sch land ; Geo-tektonische Uebers ich tskar te der Südwes tdeu tschen Groß -scholle nebst E r l äu t e rung . (Sämtl iche Werke w u r d e n der He imatbüchere i in Hechingen zugeteilt .) Der geologischen Abte i lung herzl ichen Dank! W.

Ein schwieriger Flurname Der heut ige Scha fwe idename „die Schraie" bei Weilheim

(Hechingen) erscheint in Bickelsbergs Lagerbuch von 1435 als „uf der Schraig". Auch die Kapel le Mar ia Schray bei P fu l l endor f h ieß 1473 bei der e r s ten sicheren Nennung „Ka-pel le zu der Schraigen". Dr. J o h a n n Schupp b e m ü h t sich in se inem e m p f e h l e n s w e r t e n Büchlein „Kul turchronik der Wal l -f ah r t sk i rche Mar ia Schray" 1952 (Buchdruckerei J o h a n n Maie r in P fu l l endo r f , 192 Seiten, 32 Bilder, gebunden 5 DM) mit viel Scharfs inn, den N a m e n zu e rk lä ren , der in der Folge „zu der Schrayen, uf der Schray, zur Schräue" laute te , ohne daß er frei l ich zu e inem endgi l t igen Urte i l kommt . Ein Schräjeloch u n d Schrä jebach weist er1 zwischen L a u f e n b u r g und Oberhof nach, bei U n t e r h a r m e r s b a c h e inen Schrei le-grund , bei Hödingen im Hegau eine Schragengrub und in Ueber l ingen einen Schra ienbühl , der 1572 „uf der Schraien" hieß.

Die Legende von den drei Angstschreien des Mar ienbi ldes im 30jähr igen Kr ieg ist o f f e n b a r erst a u f g r u n d des längst be s t andenen Namens en t s t anden! Die Ansicht W. Fischers im Schwäbischen Wör terbuch , es hand le sich u m eine k l a -g e n d e oder schmerzhaf t e Mut te rgo t tes ist völlig aus der L u f t gegr i f fen . Dagegen hat schon der u n ü b e r t r o f f e n e Michel R. Buck im Oberdeutschen F l u r n a m e n b u c h im J a h r e 1880 (Neuauf lage 1931) den N a m e n in e iner Weise e rk lä r t , die bis heu te nicht umges toßen w e r d e n konnte . Es hande l t sich tatsächlich u m eine a l te F l u r -E i n f r i ed i g u n g mit te ls s c h r ä -g e r S t a n g e n , die mit te lhochdeutsch „die Schräge" oder „Schrege" hieß. Sprachlich gehören zum gleichen W o r t s t a m m unse r S c h r ä g e n (Tisch mit schrägen oder ve r sch ränk ten Füßen) u n d Schranke (Schräg- oder Querba lken) . Nach Buck hat dann 1926 Rem. Vol lmann und schon 1906 Jul . Miedel aus dem schwäbisch-bayer ischen Sprachgebiet noch wei te re he rgehörende Bezeichnungen beigebracht , wie Schreiloch, in der Schreigen, Geschrege, Schrei, Gschrei, Geschray, an der Schraie asw. Dageg'er versagt wie so of t W. Ke ina th in be i -den Auf lagen seines Wür t t emberg i schen F iu rnamenbüch le ins ! Der Versuch Schupps, den N a m e n Mar ia Schray mit dem a l t -hochdeutschen Wort screiata Schreiete (Schandsäule) zu-sammenzubr ingen , befr iedigt bei n ä h e r e m Zusehen nicht.

An das

Postamt

in

Page 64: Hohenzollerische Heimat Jg02 1952...Hohenzollerlsche Heimat Vierteljahresblätter für Schule und Haus Herausgegeben vom Verein für Geschichte in Verbindung mit Schriftleitung: Josef

64 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T - ' i ^ r ^ a n ? 1952

V o r a i i e m t a u c h t d a s t n i r g e n d s m e h r a u f . Auch sind seine auf dem Bild gezeigten Einfr iedigungen bei

laria Schray keine schrägen Stangenzäune mehr , und zeit-lich viel zu spät über l iefer t . Galgen und P range r lagen in Pfu l lendorf an ganz andere r Stelle! Und auf seine Frage, w a r u m denn n u r bei der Wal l fahr tski rche und nicht auch sonst der Name Schray ( = Stangenzaun) sich gebildet haben soll, könn te man an twor ten : „Aus dem gleichen Grund, aus dem nicht alle weißhaar igen Leute den Fami l i ennamen Weiß erhiel ten"! Wer will das entscheiden, w a r u m hier und nicht anderwär t s? Die 1563 von Auswär t igen e rwähn te „Malstat t" unweit von Maria Schray bedeute t m. E. einfach „Walstat t" , d. h. Schauplatz des damaligen Mordes (S. 114), sicherlich aber nicht „Gerichtsstätte", da diese M a h l stat t (ahd. mahals ta t ) geschrieben sein müßte! Nein, die äl teste Form Schraige weist nu r auf den Weidezaun aus s c h r ä g e n S t a n g e n , wie er noch im Schwarzwald wei tverbre i te t ist. Au l der F lu r Schraige oder Schray ents tand eben 1473 die Marienkapel le im Weidefeld. Krs.

Die Zeitschrift für württhg. Landesgeschichte erschien auch im 8. J a h r g a n g 1944—48 (Verlag Kohlhammer) in bekann te r Reichhaltigkeit , P . Gößler behandel t das Burgholz bei Tüb in -gen, J. Fischer germanische Völkernamen (die Schwaben s ol-len ihren Namen von einem Totenkul t haben: Die Schlafen-den) K. Bobnenberger die Namen Urach, Biberacn und Stok-kach, H. Mürdel die rä t se lhaf ten Ki rchenfundamente von (Unter-)Regenbach a. d. Jagst , während A. Ste inhauser in-te ressante Untersuchungen über die Pelagiuskirche in Rot t -weil anstell t . Dabei e r fahren wir von den Anfängen der Diö-zese Konstanz, deren Gründung von Chur aus neuestens von F r a u Prof . Reiners behaupte t wird, über den Bis tumspatron Peiagius, dessen Reliquien in Konstanz und seit (ca 1050) in Rottweil verehr t wurden . M. Eimer f ü h r t uns durch den schwäbischen Kirchenbau des Mittelalters, G. Bossert zeigt den würt tbg. Beamtenwechsel 1544 und Frida Sauter das Lebensbild der Herzogin Sabina von Bayern-Wür t t emberg . Die Fre iung (Asyl) der S tad t Neuenbürg beschreibt A. Reile. Unter den Nachrufen ist besonders der F, Gößlers f ü r den Frühgeschichtler H e r m a n n Stoll e rwähnenswer t .

Der 9. J a h r g a n g (1949/50) mit 408 Seiten enthäl t einen nicht ganz überzeugenden Bei t rag von H. Meyer zum a lemanni -schen Volkss tamm der Ju thunen , wobei die rings um die Ge-richtsstädte U 1 m in En t f e rnung von 15 k m gelegenen mit te l -alterliche Gerichtsstät ten (S. 13) Langenau, Holzkirch Be r -maringen, Ringingen, Bihlafingen, Buch und vielleicht Weißenhorn besonders bemerkenswer t scheinen! M Eimer beschreibt ein Por ta l zu Alpirsbach, K.O. Müller in gewohn-te r Exakthe i t zwei neugefundene Pergainei i tb iä t ter mit wer tvol len bisher unbekann ten T r a d i t i o ' n e s H i r s a u -g i e n s e s aus dem 12. J ah rhunde r t , die z. T. n u r mit tels Quecksi lberdampi-Larnpen wieder lesbar gemacht werden konnten. Ein Graf Gero von Zolra k a m so zum Vorschein. G. Heß behande l t die äl teste Zeit des Frauens t i f t s Ober -stenfeld. H Mürdel f ü h r t die Untersuchung über Regen-bach weiter , der inzwischen vers torbene A. Ste inhauser w i r f t die Rottweiler Gründungs f rage nochmal auf. Ueber das Neuenbürger Stadtrecht (seit 1431) schreibt A. Reile. Nach einer Abhand lung von A. Kyr iß über wür t tembergische Buchbindereien in spätgotischer Zeit folgt der Tübinger Ver -

t rag zwischen Herzog Ulrich und der Landschaf t von 1514 (R. Rau). Nach einem Aufsatz über Kirche und Schule un te r dem wür t t . König Wilhelm I. (1816—64) von H. Hermel ink folgt ein wei te rer iber das Wirtschafts leben derselben Zeit von P. Gehring. Kleine Mitteilungen, Nachrufe auf P. Härle , K. Stenzel, K. Weller u. a., Besprechungen und Anzeigen von geschichtlich wer tvol lem Schr i f t tum und Tät igkei tsbe-richt der Landeskommission beschließen den Band, dessen Register aucn die honenzoilerischen Orte umfaß t (im Gegen-satz zu irüher!) . Ein Sigmarsdorf und Felds te t ten und Wa-ber tswei ler (S 333) gibts nun freilich nicht bei uns, sondern Sigi"" aringendorf und Feldhausen. Auch hat nicht Ver ingen-c ladt, sondern Veringendorf eine doppel türmige Kirche, die Famil ie S t rüb w a r nicht zu Trochtelfingen, sondern in Ve-r^ .gen ansäßig. Stat t Fidelisschrein wird es wohl Fidelis t ü r heißen sollen. Kr.

Hohenzollensche Janreshefte 1952 Band 12 Jah rgang 1952 „Hohenzollerische Jah re she f t e " ent-

hält folgende Abhandlungen: V o r w o r t : S. K. H. Pr inz Franz Joseph von Hohenzollern. M i t g l i e d e r v e r z e i c h n i s . E i s e l e F r i e d r i c h , P f a r r e r f (Trocntelf ingen):

Die Bischöfe aus Hohenzollern (II. Teil). M a i e r N i k o l a u s , Dekan (Gammert ingen) :

Bildbeilage: Bischöfe aus Hohenzollern. H e r b e r h o l d : Dr., Oberarchivrat (Sigmaringen):

Reichslehen oder österreichisches Eigentum G u h l A d o l f , Archivinspektor (Sigmaringen):

Zur Rechtsgeschichte des Dorfes Krauchenwies. K r a u s J o h . Ad . , Ord inar ia t ssekre tä r (Freiburg i. Br):

Die Sippe der Truchsesse von Urach-Ringingen. W u n d e r G e r h a r d , Dr., (Gelbingin bei Schwäb. Hall) :

Die ä l teren Schenken von Stauffenberg , S c h a i t e l M., Diplom-Landwir t (Sigmaringen):

Die Dorf Ordnung von Heil igenzimmern vom J a h r e 1473. S c h u p p J o h a n n , Dr. theol., P f a r r e r (Zell a. Andelsbach):

Hohenzolierische Regesten aus den Pfu l l endor fe r Archi-ven (Fortsetzung und Schluß).

K r a u s J o h. A d., Ord inar ia t ssekre tä r (Freiburg i. Br): Fors tordnung der gefürs te ten Grafschaf t Zollern um 1623.

H i n w e i s e . Mitgi iederbei trag jährlich 6 DM, H ie r fü r erhal ten die Mit-

glieder das Jahreshef t . Anmeldungen an den Schr i f t führe r Her rn Fürst l . Archivrat Dr. Joh. Maier, F ü r s t i Dom.- und Hausarchiv, Sigmaringen, Karls t r .

E I N L A D U N G Am M o n t a g , den 20. Oktober 1952, 14 Uhr, findet in

H e c h i n g e n in dem oberen Saal des Gasthauses „Museum" die

HAUPTVERSAMMLUNG des „Vereins für Geschichte, Kultur- und

Landeskunde in Hohenzollern" statt. Den Vortrag wird Herr Oberarchivrat Dr. H e r b e r h o l d , Sig-maringen über das Thema „Die Territorialentwicklung in Ho-henzollern" halten, wobei zur Erläuterung Landkarten mittels Epidiaskop gezeigt werden. Hierzu sind die verehrl. Mitglieder und alle Heimatfreunde er-gebenst eingeladen. Der Vorstand.

Zur Beachtung: Unsere Zeitschrif t k a n n n u r bei der Post bestellt werden. Bei unregelmäßiger Zustel lung wende man sich an das zuständige Postamt .

Die Verfasser t ragen f ü r die e ingesandten Abhandlungen die Veran twor tung . Nachdruck der Originalart ikel ohne Quel lenangabe verboten! He imat f reunde! Werbt bi t te in Eurem Bekanntenkre is f ü r neue Bezieher. Der Verlag stellt P robeexempla re zur Verfügung.

Es wird gebeten, nebens tehenden Bestellschein an Be-kann te weiterzugeben.

Die Druckstöcke f ü r die Abbi ldungen Seite 49 und 56 sind uns von Her rn Fabr ikan t Chr. M a u t e in Bisingen unen t -geltlich zur Verfügung gestellt worden. Recht herzlichen Dank!

Die nächste N u m m e r der „Hohenz. Heimat" bringt ein Inhaltsverzeichnis der beiden Jahrgänge .

Vor sämtlichen bis jetzt erschienenen N u m m e r n der „Ho-henzollerischen Heimat" ist noch ein kleiner Vorra t vo rhan-den. F ü r 30 Pfennig pro Stück können sie bezogen werden von der Buchdruckerei S. A c k e r , Gammert ingen.

B E S T E L L S C H E I N

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"

Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug durch

die Post Stück „Hohenzollerische Heimat", Verlags-

postamt Gammer t ingen , zum halbjähr l ichen Bezugspreis

von 60 Pfennig .

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Dieser Bestellschein ist bei Neubestel lung bezw. Nachbe-stel lungen der nächsten Poststel le aufzugeben. Um deut -

liche Schrif t wi rd gebeten.