40
Special | 30. Oktober 2014 Marketing Urs Schaeppi Manfred Bruhn Der Marketingprofessor der Universität Basel über Trends und Visionen. Seite 13 Philipp Wyss Vom KV- und Metzgerlehrling zum stellvertretenden Coop-Konzernchef. Seite 29 GfM-Marketingpreis 2014 für Swisscom Seite 7

HZ-Special «Marketing»

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Am 28.Oktober 2014 wurde der renommierte GfM-Marketingpreis im Hotel Dolder Grand in Zürich zum 30. Mal verliehen. Um diesen Anlass gebührend zu feiern, lanciert die Handelszeitung in Kooperation mit der Gesellschaft für Marketing (GfM) erstmals ein Marketing-Special im Magazin-Format.

Citation preview

Page 1: HZ-Special «Marketing»

Special| 30. Oktober 2014

Marketing

Urs Schaeppi

Manfred BruhnDerMarketingprofessor derUniversität Basel über TrendsundVisionen. Seite 13

PhilippWyssVomKV- undMetzgerlehrlingzum stellvertretendenCoop-Konzernchef. Seite 29

GfM-Marketingpreis 2014 für SwisscomSeite 7

Page 2: HZ-Special «Marketing»

© UBS 2014. Alle Rechte vorbehalten.

Bank to go.Nehmen Sie UBS einfach mit und

erledigen Sie alle Geldgeschäfte unterwegs:UBS e-banking.

Jetzt testen:

www.ubs.com/ebanking

Page 3: HZ-Special «Marketing»

3handelszeitung | Nr. 44 | 2014

special marketiNg

Wobleibt dasKindin denMarketeers!

Die Schweizer Werbetreibendennehmen sich etwas zu ernst. Dieauftraggebenden Unternehmenund Organisationen rücken dieKunden in den Mittelpunkt – um

jeden Preis und auf allen Kanälen. So haben siees sich auferlegt. Die auftragnehmenden Werbe-und Kommunikationsagenturen rücken die Ideewieder in den Vordergrund – nach der Konzen-tration auf die Technologie. So haben sie es sichauferlegt. «Co-Creation» lautet das krampfhafteModewort der Stunde.

Provokation gehört leider nicht zum Repertoireder Werbetreibenden. Die Auftraggeber wollenes allen recht machen und trauen sich nicht,über die Stränge zu schlagen. Die Auftragnehmerwollen es ihren Klienten auch recht machen undtrauen sich ebenso wenig, sich zu weit aus demFenster zu lehnen. Die Agenturen begleiten dieFirmen interdisziplinär in allen Bereichen derMarketingkommunikation und erfüllen derenForderung nach Gesamtlösungen. Leider mitvielen langweiligen Konventionen.

Kreativität ist auf beiden Seiten zwar ein Haupt-anliegen. Aber oft wird sie im Keim erstickt.Vor kurzem unfreiwillig geschehen bei einemTV-Spot der Migros, in dem ein italienischerPasta-Hersteller seine Nudeln bewirbt, die hier-zulande beim orangen Riesen zu haben sind. «InAktion bei Migros», heisst es am Schluss. Dum-merweise wird der Name der Detailhändlerinmit S ausgesprochen. Was phonetisch korrekt ist,

darf trotzdem nicht sein. Anstatt den Lapsus miteinem Augenzwinkern zu kommentieren, wirddie Peinlichkeit betont und die Schuld dem Pro-duzenten gegeben. Der TV-Spot wurde schnellgekippt. Schade, dass bei uns die Konkurrenzschläft oder zu anständig ist. In den USA hättenCoke und Pepsi ein Feuerwerk gezündet.

Wo bleibt also das Kind in den Marketeers? Zum30. Jubiläum des GfM-Marketingpreises wünschtdie «Handelszeitung» den Werbetreibenden Mutzu Kreativität und Provokation – unbeschwertwie ein Kind und ohne moralischen Zeigefinger.

(vor etwas mehr als 30 Jahren in Cancún)Stv. Ressortleiter «Handelszeitung»

Inhalttransformation UlrichH. moser, präsident dergfm, über das leitthemafür das nächste Jahr. 4auszeichnung swisscomgewinnt Jahrespreis derstiftung für marketing inUnternehmensführung. 7Perspektiven manfredBruhn, Jurypräsident undmarketingprofessor, übergute Werbung. 13Regelbruch so denkenlaut sven gábor Jánszkymenschen, deren ideendie Welt verändern. 17

Kundenmagazin sogelingt der Wechsel vomstory telling zum storyselling auch analog. 21Innovationen Die Hsgin st.gallen kennt 55geschäftsmodelle – beiHolcim mixt man sie. 25Detailhandel mal istder eine schneller, mal derandere. ein treffen beicoop in Basel. 29Brückenschlag DieFirma Vendbridgevermittelt zwischenklienten und kunden. 36

Foto-PoRtFolIo

Die ganzseitigen Bilderzeigen den aktuellen sowieacht ehemalige Gewinnerdes GfM-Marketingpreises.Die Geschäftsführer oderMarketingleiter erklären,welchen Stellenwert derAward für ihre Firma hat.

Fotos: Suzanne Schwiertz

ImPRessumDer special «marketing»im magazin-Format isteine redaktionelle Beilageder «Handelszeitung».

GesamtverantwortungNorman c. Bandi

Redaktionelle mitarbeitalice Baumann, sven gáborJánszky, klaus-Dieter koch,michael lütscher, gérard moinat,pirmin schilliger, alfredo trasatti,Benita Vogel, susanneWagner,DeniseWeisflog

Chefredaktor stefan Barmettlerstv. Chefredaktor pascal ihleRessortleitungmarkus köchlilayout roger cavalliFotografin suzanne schwiertztitelbild Dominik Baur/eQ imagesBildbearbeitung steven leachKorrektorat Urs Bochsler,Beat koch, Florian Vogleradresse Redaktion«Handelszeitung»Förrlibuckstrasse 708021 Zürichtelefon: 043 444 59 00Fax: 043 444 59 30mail: [email protected]: www.handelszeitung.ch

Verlag thomas garms (leitung),maike Juchler (stv. leitung),musti asaf (sales Director)anzeigenverkauf renato Oliva(leitung), adi Frei, Verenatschopp, karin Urech, evelineFenner (kunst), servais Y.F.micolot (Westschweiz), Brigittelopez-y-martin (Westschweiz)marketing patrizia serra (leitung),Nicola eberhard (productmanager), sabine carrieuadresse Verlag/Verkauf«Handelszeitung»Förrlibuckstrasse 708021 Zürichtelefon: 043 444 59 00Fax: 043 444 59 32mail: [email protected]: [email protected]

Druckringier print adligenswil ag

herausgeberinaxel springer schweiz ag

Bekanntgabe von namhaftenBeteiligungen im sinne vonart. 322 stgB: amiado group ag

Norman C. Bandi(vor etwas mehr als 30 Jahren in Cancún)

titelbild:do

minikba

ur/eqimag

es

Viviana Buchmann, Mobility

Page 4: HZ-Special «Marketing»

4 handelszeitung | Nr. 44 | 2014

Special marketiNg

IntervIew: norman c. BandI

Das Jahr 2014 stand bei der GfM unter demMotto «Successful Marketing in TurbulentTimes». Welches sind Ihre Hauptlehren ausdem selbst verordneten Leitmotiv?Ulrich H. Moser: Erfolgreiche Unternehmenhaben erkannt, dass turbulente Zeiten nichtdie Ausnahme sind, sondern immer mehrzum Regelfall werden. Im Marketing müssenwir konstruktiv mit diesen Veränderungenumgehen, ja sie wo immer möglich gar ge-stalten. Wer im Status quo verharrt, wird vonden flexibleren Mitbewerbern verdrängt.

Wie erfolgreich war die bewusst forciertemarktorientierte UnternehmensführungIhrer über 700 Mitgliedsfirmen dieses Jahr?Wir beobachten bei unseren Mitgliedernganz klar eine qualitative Verbesserung imBereich der marktorientierten Unterneh-mensführung. Es ist uns bewusst, dass dieGfM eher Firmen und Personen anspricht,die bereits eine hohe Affinität zum Kundenund dessen Bedürfnissen, zum Markt unddamit zum Marketing haben. Gerade auchum eine erweiterte Zielgruppe vermehrt fürdas Thema Marketing zu sensibilisieren,sind wir die Kooperation mit der «Handels-zeitung» und diesem Special eingegangen.

Trotzdem, die turbulenten Zeiten sind nochlange nicht vorbei. Was müssen die Marke-teers tun, damit ihre globalen Konzerne odernationalen KMU bestehen können?Schweizer Unternehmen sind meistensweder die grössten noch die günstigstenAnbieter. Die Marketingverantwortlichensind deshalb gefordert, ihre Firmen undderen Produkte und Dienstleistungen klarzu positionieren. Das heisst, wir müssen alsdie Besten, die Innovativsten und die Ver-lässlichsten auftreten. Die regelmässigenSwissness-Studien beweisen klar, dass diesder Schweizer Wirtschaft als Ganzes auchsehr gut gelingt. Die geltenden politischenRahmenbedingungen sind – noch – gut. Ih-nen müssen wir grosse Sorge tragen. Wirlaufen zurzeit Gefahr, sie im Berufsalltaglaufend zu verschlechtern und damit dielangfristige Erfolgsposition des StandortesSchweiz zu gefährden.

Das Jahr 2015 steht bei der GfM unter demMotto «Marketing-Transformation». Wasverstehen Sie darunter? Muss die markt-orientierte Unternehmensführung schonwieder neu erfunden werden?Nein, nicht neu erfunden, aber kontinuier-lich weiterentwickelt werden muss sie. Vorallem die Entwicklungen im digitalen Be-reich haben eine Transformation eingeleitet,die fundamentale Veränderungen mit sich

bringt. Wir möchten keine Ängste schüren,sondern bewusst die Chancen für die Mar-ketingverantwortlichen aufzeigen. Die Weltder Kommunikation vom «eins zu eins» zum«eins zu n» zum «n zu n» wird immer an-spruchsvoller. Doch: Wo bleibt beim Faktorn der Einfluss der eins, also des Anbietersvon Produkten und Dienstleistungen?

Welche Chancen gilt es dabei zu nutzen?Wie schon von Charles Darwin in seinerEvolutionstheorie postuliert, gewinnt lang-fristig nicht der Grösste oder der Stärkste,sondern der Anpassungsfähigste und Agils-te. Wer auf die grossen Trends oder Verän-derungen wie Customer Centricity, DigitalMarketing oder Mobile mit innovativen Pro-dukt- und Geschäftsmodellen am bestenagiert beziehungsweise reagiert, wird zuden Gewinnern gehören.

Wo lauern die Gefahren?Bei der GfM-Studienreise ins Silicon Valleyim Februar 2013 war ich vom Mindset des«trial and error», der dort herrscht, sehr be-eindruckt. Hierzulande wünsche ich mirmanchmal etwas mehr Mut zum Neuen. DieSchweiz gilt zu Recht als führender techni-scher Innovationsstandort. Es wäre schön,wenn wir die technischen Neuerungendurch innovative Marketingansätze zu er-folgreichen Produkten und Dienstleistun-gen weiterentwickeln könnten. Das WorldWide Web, ohne das wir unser tägliches Le-ben ja fast nicht mehr bewältigen können,wurde beispielsweise bei uns erfunden. Dieweitere Wertschöpfung haben wir dann lei-der anderen überlassen.

Und wie hilft die GfM ihren Mitgliedfsirmen?Wir versuchen als «honest broker» oder alsRelais-Station zwischen Wissenschaft undForschung auf der einen Seite und Praxis aufder anderen Seite zu vermitteln. Dabei hilftuns unsere über Jahrzehnte erarbeiteteGlaubwürdigkeit als neutrale, kompetentePlattform im Marketing in der Schweiz. Wirversuchen die vielen Signale und Impulse,die wir im Marketing beobachten, zu struk-turieren, zu priorisieren und danach unse-ren Mitgliedern sowie der interessiertenÖffentlichkeit zugänglich zu machen.

«Wirmöchten keineÄngste schüren»Ulrich H. Moser der Präsident der Gesellschaft für marketing (Gfm) überdie turbulenten Zeiten, die Unternehmenstransformationen erfordern.

Der marktorieNtierte

Name: Ulrich H. moserFunktion: Präsident, Gesellschaftfür marketing (Gfm) seit 2007;Profiverwaltungsrat, zum Beispielalfred müller, Hug oder rivellaAlter: 58Wohnort: ZugAusbildung: Ökonom FH,amP Harvard Business School

Der Verband die 1941 gegründeteGesellschaft für marketing (Gfm) istdie Plattform für marktorientierteUnternehmensführung. Sie hat inden vergangenen 73 Jahren derenentwicklung in der Schweiz mass-geblich beeinflusst. der Gfm gehö-ren derzeit über 700 Firmen allerBranchen sowie öffentlich-recht-liche, marktwirtschaftlich ausge-richtete Institutionen als mitgliederan. der verband unterstützt mitseinen vier tätigkeitsfeldern For-schung, aus- und weiterbildung,veranstaltungen sowie Publika-tionen das marketing nachhaltig.

Page 5: HZ-Special «Marketing»

Marketingpreis 2010

«Marketing heisst immer auch, sichentlang der Kundenerwartung zu

verbessern und am Ball zu bleiben.Unsere Trophäe ging übrigens kurznach der Übergabe in die Brüche –wir haben sie aber wieder repariert.

Klaus VolkenMarketingleiter, Mobiliar, Bern

»

Special marketing

suza

nneschw

iertz

Page 6: HZ-Special «Marketing»
Page 7: HZ-Special «Marketing»

7handelszeitung | Nr. 44 | 2014

special marketiNg

SuSanne Wagner

Ein junger Mann sitzt auf demSofa, schaut fern und surftgleichzeitig auf dem Tablet imInternet. Ein solches Bild hätteman sich im Jahr 1852 nicht im

Traum vorstellen können. Da war geradeder erste Telegrafendienst der Schweiz er-öffnet worden. In welcher Geschwindigkeitund auf wie vielen Kanälen parallel dieMenschen eines Tages kommunizierenwürden, ahnte man noch nicht.

Die Swisscom hat diese in den letztenJahren rasante technische und gesellschaft-liche Entwicklung eng begleitet. Besonderserfolgreich war dabei das Marketing: Ebenist die Swisscom mit dem 30. GfM-Marke-

tingpreis der Gesellschaft für Marketing(GfM) ausgezeichnet worden.

Das Bild des Mannes auf dem Sofa istnicht nur ein Sinnbild der Kommunikations-kultur unserer Zeit, sondern auch das Bei-spiel einer konkreten Zielgruppe. Immerhäufiger nutzt die Swisscom neue Möglich-keiten wie Online-Kanäle, um die Botschaf-ten genau in dem Moment an den Kundenzu bringen, in dem es ihn interessiert. «Wennich Lebensmittel einkaufe, bringt es mir we-nig, eine Information über die Swisscom TV2.0 zu erhalten», sagt Marketingleiter JürgPauli. Er interessiere sich eher dafür, wenner abends auf dem Sofa vor dem Fernsehersitze und parallel dazu im Internet surfe.

Die Nähe zum Kunden und dessen Be-dürfnisse spielen in der Unternehmens-

und Marketingphilosophie eine entschei-dende Rolle. Technologie soll nicht Selbst-zweck sein. «Wir versuchen nicht zu sagen,was ein Produkt kann. Sondern zu zeigen,welche Probleme des Kunden wir mit unse-ren Angeboten lösen können», so Pauli wei-ter. Die aktuelle Werbekampagne zu TV 2.0erkläre, wie die Swisscom das Problem be-wältige, wenn man nicht zu Sendebeginn zuHause sein könne.

Goodwill für die Marke transportierenVor zwei Jahren legte die Swisscom die

Bereiche Marketing und Kommunikationzusammen. Um die Kunden mit der rele-vanten Botschaft zum richtigen Zeitpunktzu treffen, arbeitet der Konzern auf der ei-nen Seite mit klassischen Werbekanälen

KundenimNetzGfM-Marketingpreis 2014 geschichten und emotionenwerden für die Interaktion immer wichtiger. Dafür wird dieSwisscom von der gesellschaft für Marketing nun geehrt.

}

Swisscom: Seit zehn Jahren tritt der Telekommunikationskonzern als Sponsor der Schweizer Ski-nationalmannschaft auf.

zvg

Page 8: HZ-Special «Marketing»

suza

nneschw

iertz

special marketing

Marketingpreis 2014

«Wir freuen uns ausserordentlichüber diese Anerkennung, weil

sie von Marketingprofis kommt. Siebestätigt unseren Kurs, Swisscomkonsequent auf unsere Kunden undderen Bedürfnisse auszurichten.

Jürg PauliMarketingleiter, Swisscom, Bern

»

Page 9: HZ-Special «Marketing»

9handelszeitung | Nr. 44 | 2014

special marketiNg

wie Plakaten, Inseraten und TV-Spotsoder klassischen Werbeinstrumenten wieDialogmarketing und Sponsoring.

Seit zehn Jahren tritt die Swisscom alsSponsor der Schweizer Ski-Nationalmann-schaft auf. Seit fünf Jahren unterstützt siedas grüne Flugzeugprojekt Solar Impulse.Als Sponsor möchte die Swisscom für dieKunden positive Erlebnisse schaffen undden Goodwill für die Marke transportieren.Auf der anderen Seite setzt der Tele-kommunikationsanbieter seit ein paar Jah-ren vermehrt auf den Einsatz der neuen(sozialen) Medien oder andere interaktiveFormen der Kundenkommunikation.

Selbst wenn das Marketingbudget in denletzten zehn Jahren kleiner geworden ist,gehört die Swisscom zu den grössten Werbe-auftraggebern der Schweiz. Genaue Zahlendazu gibt das Unternehmen nicht bekannt.80 Prozent des Budgets werden in teurereklassische Werbe- und Marketingformeninvestiert, 20 Prozent in die neuen Kanälewie Social Media oder virales Marketing.Der Anteil an neuen Kanälen wird zwar inden nächsten Jahren wachsen. Die klassi-schen Werbeinstrumente werden gemässPauli jedoch auch in Zukunft eine wichtigeRolle spielen, damit die Marke im Sinneeiner Public Awareness präsent bleibt.

Die Möglichkeiten des Internets nutzt dieSwisscom in Form der Support-Community-Plattform. Dort erhält der Konzern ganz nah

bei den Kunden viel Feedback aus demMarkt. Die Nutzer tauschen sich intensivüber einzelne Produkte aus und erhalten beiunbeantworteten Fragen, wo nötig, Antwor-ten des Moderators. Sie gehen etwa derFrage nach, wie man die Aufnahmen vonSwisscom-TV alphabetisch ordnet.

Die zweite wichtige Online-Plattformsind die Swisscom Labs. Hier können Kun-

den neue Produkte bereits vor dem Verkaufs-start testen und sich dazu äussern. Dabei istes dem Unternehmen wichtig, nicht nur aufdie Anwendung und den Nutzen der Produk-te zu fokussieren, sondern auch all die ande-ren Fragen zu berücksichtigen, die beimKunden auftauchen können: Wie komme ichüberhaupt zum Produkt? Was mache ich,wenn ich ein Problem habe damit? Oder

}

}

auch wenn das Werbebudget inden letzten zehn Jahren kleiner

geworden ist, gehört die swisscomzu den grössten auftraggebern.

sWisscom

Vom Telegrafendienst zum GlasfasernetzUrsprung Die Swisscom legte vomStaatsmonopolisten PTT zum konkur-renzstarken Telekommunikationsanbie-ter im freien Markt einen eindrücklichenWeg zurück. Die Geschichte des Unter-nehmens als Teil der Post-, Telefon- undTelegrafenbetriebe (PTT) begann 1852mit der Eröffnung des ersten Telegrafen-dienstes zwischen St.Gallen und Zürich –es ist gleichzeitig die Geburtsstunde derTelekommunikation in der Schweiz.

HistorieWeitere Meilensteine sind dieerste halbautomatische Telefonzentralein Zürich-Hottingen 1917 und dererste Fernmeldesatellit, der 1962 insAll geschossen wird. Oder das ersteNatel-A-Netz, das die PTT 1978 inBetrieb nehmen. 1985 wird die ersteGlasfaserfernleitung zwischen Bern undNeuenburg verlegt. Während der digi-talen Revolution in den 1990er-Jahrenmischt die Telecom PTT, wie das Unter-nehmen inzwischen heisst, vorne mitund wird Marktleader mit dem Internet-portal Blue Window, wie Bluewin zuersthiess. Zwischenzeitlich waren die PTT

auch für die staatlichen Radio- undFernsehsendungen der Schweiz undnach der Gründung der SRG SSR 1931bis Ende der 1980er-Jahre für den Un-terhalt der SRG-SSR-Studios zuständig.

Moderne Am 1. Oktober 1997 wird Tele-com PTT zur Swisscom, ein Jahr darauferfolgt der Börsengang. 2007 steigt dasUnternehmen ins Fernsehgeschäft einund ist 2012 Marktführer in diesemBereich. Die Swisscom ist massgeblichdaran beteiligt, dass ab 2009 das Glasfa-sernetz hierzulande vorangetrieben wird.

Gegenwart Heute beschäftigt die Swiss-com als führender Telekommunikations-konzern der Schweiz rund 17500 Mitar-beitende und erzielte im ersten Halbjahr2014 einen Umsatz von 5,7 MilliardenFranken. Die Swisscom bietet Geschäfts-und Privatkunden die ganze Palette vonMobilfunk und Festnetz über Internet biszu Digital-TV an. Zurzeit sind es 6,4 Mil-lionen Mobilfunk-, über 1 Million Fern-sehkunden, 2,8 Millionen Festnetz- undüber 1,8 Millionen Breitbandanschlüsse.

Wie sieht dasBild der Schweiz der Zukunft aus?Premiere Die Swisscom stiftet das Preisgeld des GfM-Marketingpreises 2014 von 20000 Frankenzur Erforschung und Entwicklung unserer Heimat. Alle Einwohner sind zur Teilnahme eingeladen.

NORMAN C. BANDI

Grüne Wiesen, imponierende Berge,lebendige Städte, gelebte Traditio-nen. Wer heute «Schweiz» googelt –

ungefähr 42 500 000 Ergebnisse in 0,45 Se-kunden –, dem präsentiert sich die Schweizals Land mit messerscharfem Profil, das vie-le Klischees abbildet. Gerade die Werbungbedient sich dieser Klischees oft und gerne,um «Schweiz» zu sagen.

Doch unsere Heimat wird immer viel-schichtiger und vielseitiger. Das Land verän-dert sich laufend dynamisch und organisch.Aber es wird von innen auch gebremst. Stich-worte wie Masseneinwanderungs-Initiative

oder Ecopop stehen negativ dafür. Wie siehtdas Bild der Schweiz der Zukunft aus? Also:Was sind die Meinungen und Hoffnungender Einwohner dazu? Welches Zukunftsbildder Schweiz hat die Kraft, die Menschen zumotivieren und ihnen Freude und Energie zuvermitteln? Alles Fragen, denen die Swiss-com ab sofort nachgehen möchte.

Bereits mehr als 1000 TeilnehmerDer Telekommunikationskonzern stiftet

zu diesem Zweck das Preisgeld des GfM-Marketingpreises 2014 von 20 000 Frankenzur Erforschung und Entwicklung des zu-künftigen Bildes der Schweiz. In Zusam-menarbeit mit der Werbeagentur Rod Kom-

munikation wurden Menschen aus der gan-zen Schweiz dazu eingeladen, mitzuteilen,wie ihre Schweiz der Zukunft aussieht.

Bereits mehr als 1000 Personen habenmitgemacht – darunter viele Swisscom-Mitarbeiter. Auf einer neuen Website dazuwerden ihre Meinungen in Wort und Bilddargestellt. Die Statements der Teilnehmerwerden in einer Tagcloud aggregiert, die diemeistgenannten Begriffe in Echtzeit abbil-det. Das Projekt wächst mit jedem Input.

Die Umfrageergebnisse bilden den Start-schuss und so die Basis für konzeptionelleArbeiten am Bild der Schweiz der Zukunft.

www.meine-schweiz-der-zukunft.ch

Page 10: HZ-Special «Marketing»

Der neue Cremig-Würzige von KALTBACH.

Höhlengereift. In Ruhe.

Jetztprobieren!

Page 11: HZ-Special «Marketing»

11handelszeitung | Nr. 44 | 2014

special marketiNg

wie komme ich wieder weg vom Pro-dukt? Antworten auf diese Fragen will dieSwisscom kommunizieren, und zwar mög-lichst mit einfachen Worten. Eine Tugend,die in dieser Branche sehr gefragt ist, wie derVergleich mit den Mitbewerbern zeigt.

«In unserem Metier besteht die Gefahr,mit Schlagworten um sich zu werfen, diekein Mensch versteht», sagt Pauli. DiesemProblem will man begegnen, indem mankünftig noch einfacher kommuniziert unddie Sprache der Kunden nutzt. «Einfach,vertrauenswürdig, inspirierend», lautendenn auch die drei wichtigsten Markenwerteder Swisscom. Diese Grundpfeiler sollen die

starke Marke noch mehr stützen und voran-treiben. Im Best-Swiss-Brands-Ranking desinternationalen BeratungsunternehmensInterbrand und der «Bilanz» belegt dieSwisscom dieses Jahr erneut den 6. Platz. DerKonzern gelte als urschweizerisch undvertrauenswürdig, gleichzeitig aber – seltenfür einen Ex-Monopolisten – als innovativ,begründete die Jury vergangenes Jahr dasgute Abschneiden.

Die Swissness soll laut Konzernchef UrsSchaeppi nicht mit plakativen Schweizer-kreuzen im Logo betont werden (siehe Inter-view unten), wie es bei anderen helvetischenTraditionsunternehmen gang und gäbe ist.Die Swisscom zeigt ihre Verbundenheit mitder Heimat viel lieber als Sponsor der ur-schweizerischen Sportart Ski alpin. Zudemwird grosser Wert darauf gelegt, das ins Un-ternehmen gesetzte Vertrauen hochzuhaltenund nicht zu missbrauchen. Etwa bei dersensiblen und zurückhaltenden Handha-bung der Kundendaten. Pauli sieht hier einegrosse Verantwortung gegenüber den Kun-den, die man wahrnehmen will.

Aktionen zwischen Top und FlopAuch emotionale Aspekte wie Über-

raschung, Spass, Freude, Humor, Erlebnissesind entscheidende Marketingfaktoren, ins-besondere bei einem Technologieriesen. «Jetechnischer ein Unternehmen unterwegsist, desto eher muss es bei den Kunden dieEmotionen ansprechen, um dem techni-schen Aspekt etwas entgegenzusetzen», sagtPauli. Die Kunden filtern immer mehr undnutzen die Medien selektiver. Deshalb wirdes immer wichtiger, gemeinsam mit demProdukt eine Geschichte zu erzählen, umdie Kunden zu erreichen. Oder vielmehr dieKunden dazu zu bringen, diese Geschichteselbst zu finden, etwa beim viralen Mar-keting, bei dem die Kunden so neugieriggemacht werden, dass sie einen bestimmtenYouTube-Film von selbst anklicken.

Mit der viralen Marketingkampagne fürdas Galaxy S4 von Samsung war die Swiss-com vor zwei Jahren überraschend erfolg-reich. Der knapp zweiminütige Film zum«Stare-Down» über einen Handy-Wettbe-werb im Zürcher Hauptbahnhof war so wit-zig, überraschend und gelungen, dass ermehr als 4,5 Millionen Mal angeklickt wur-de. Dafür gab es diverse Auszeichnungen.

Eine nächste Kampagne mit ähnlichemKonzept funktionierte weniger gut – fürMarketingleiter Jürg Pauli ein Anzeichendafür, dass es heute beim Marketing keinePatentlösungen mehr gibt. «Ob eine viraleKampagne ein Renner wird oder nicht, istsehr schwer vorauszusagen. Hier sind wirgefordert. Wir dürfen nicht aufhören, immerwieder Neues auszuprobieren.»

Gratulation zum GfM-Marketingpreis2014. Was ist aus Ihrer Sicht der Grundfür diesen Erfolg?Urs Schaeppi: Vielen Dank, wir freuenuns sehr über diese Anerkennung derMarketingprofis. Sie bestätigt unserenKurs, die Swisscom konsequent auf un-sere Kunden auszurichten. Das beginntbei der Produktentwicklung und setztsich fort beim Service an der Hotline undin den Shops. Auch die Marketingkom-munikation wird immer mehr zum Dia-log und involviert unsere Kunden. Alldies ist nur möglich dank unseren enga-gierten Mitarbeitenden.

Welches ist die wichtigste Marketing-philosophie Ihres Konzerns?Kunden zuhören und auf ihre Bedürf-nisse eingehen. Das klingt einfach,fordert uns aber tagtäglich aufs Neueheraus. Unsere Mitarbeitenden sindneugierig, neue Chancen zu entdecken.Gleichzeitig halten wir an Bewährtemfest. Diese Mischung macht es aus.

Die Swisscom gilt als vertrauenswürdigesUnternehmen. Welche Faktoren – auch

im Marketing – sind verantwortlich fürdieses gute Image?Als Erstes sicher die Qualität der Pro-dukte und der Service, den wir bieten.Zudem sind wir ein verlässlicher Partner,nicht nur für unsere Kunden, sondernzum Beispiel auch im Bereich der Aus-und Weiterbildung. Im Marketing heisstdas, dass wir Versprechen auch einlösen.Wir müssen einfach kommunizieren,wollen aber dabei die Menschen inspi-rieren mit den spannenden Möglich-keiten der vernetzten Welt. Eine zentraleRolle spielen die Mitarbeitenden, sieerarbeiten sich das Vertrauen unsererKunden jeden Tag.

Das Firmenlogo wandelte sich im Laufeder Zeit – PTT hatte ein Schweizerkreuz,die Swisscom zuerst rote Rechtecke undnun den Rorschachtest. Ist es denkbar,das Schweizerkreuz wieder einzubauen?Die Swisscom steht für die Schweiz, daszeigt schon der Name. Sie könnten mitetwas Phantasie in unserem dynami-schen Bildelement auch ein Schweizer-kreuz sehen – zumindest ein halbes. DasSchweizerische noch plakativer zu spie-len, ist kaum sinnvoll. Wir wollen Swiss-ness transportieren, jedoch nicht zu starkmit den bekannten Klischees spielen.

Welche Rolle spielt das Marketing imRahmen Ihrer langfristigen Unter-nehmensstrategie «Swisscom 2020»?Das Marketing spielt weiterhin einezentrale Rolle bei der Umsetzung derStrategie. Die Strategiepfeiler «BesteInfrastruktur bauen – Beste Erlebnissegestalten – Beste Wachstumschancenrealisieren» bilden die Basis. Daraufbaut das Marketing als Triebfeder desUnternehmenserfolgs auf.

IntervIew: SuSanne wagner

«Wir lösenVersprechen auch ein»

Die swissness soll lautkonzernchef Urs schaeppi nichtmit plakativem schweizerkreuz

im logo betont werden.

}

tagcloud: Die meistgenannten Statementsauf www.meine-schweiz-der-zukunft.ch.

Urs SchaeppiKonzernchef,Swisscom, Bern

Page 12: HZ-Special «Marketing»

SWISS MADE

Die Kaffeekultur für Leute mit Stil feiert Jubiläum: Seit 20 Jahren verwöhnen die IMPRESSA-Kaffeespezialitäten-Vollautomatenanspruchsvolle Geniesser wie Roger Federer. JURA hat immer wieder neue Meilensteine bei Kaffeequalität, intuitiver Bedienung undDesign gesetzt. Der edelste Beweis dafür ist die limitierte J500 Celebration Edition mit einer in Handarbeit veredelten Frontpartie insilberner Carbon-Optik und einer Tassenplattform aus hochwertigem Glas. In ihr vereinen sich die geballte Kompetenz aus 20 JahrenEntwicklung, die Erfahrung aus über 3,5 Millionen verkauften Vollautomaten und die Leidenschaft für perfekte Kaffeespezialitäten.Schöner kann man ein Jubiläum kaum feiern. JURA – If you love coffee.

www.jura.com

«Latte macchiatobitte – frisch gemahlen,

nicht gekapselt.»

Page 13: HZ-Special «Marketing»

13handelszeitung | Nr. 44 | 2014

special marketiNg

IntervIew: AlIce BAumAnn

Dieses Jahr verleiht die Gesellschaft für Mar-keting den 1984 lancierten GfM-Marketing-preis zum 30. Mal. Gewinner ist jeweilsein Konzern oder ein KMU mit Sitz in derSchweiz. Was kann diese Auszeichnung beiden Preisträgern bewirken?Manfred Bruhn: Die Wirkungen gehen inzwei Richtungen: Erstens hat der Preis einenwichtigen internen Effekt als Bestätigungund Anerkennung der in den letzten Jahrenoder Jahrzehnten geleisteten Arbeit der Mit­arbeitenden. Zweitens hat er eine externeWirkung. Kunden und andere Zielgruppennehmen wahr, dass die Leistung des Preis­trägers ausserordentlich gut war.

Solche Awards gibt es wie Sand am Meer.Was ist das Alleinstellungsmerkmal desGfM-Marketingpreises?Speziell ist, dass wir pro Jahr nicht mehrerePreise vergeben, sondern nur einen Awardfür eine herausragende Marketingleistung.Wichtig sind auch unsere Kriterien fürdie Preisvergabe. Verlangt werden eine zen­trale Rolle des Marketings in der Unterneh­mensführung, zudem Innovation als wich­tiger Erfolgstreiber, Nachhaltigkeit in denErfolgsgrössen und natürlich SchweizerWurzeln.

Die GfM zeichnet also Vorbilder aus. 2014gewinnt die Swisscom den GfM-Marketing-preis. In den beiden Vorjahren waren es dieauf Nachhaltigkeit spezialisierten innova-

tiven Mittelstandsbetriebe Mobility sowieFreitag. Diese machen kaum Werbung. Jetzttriumphiert der Gigant mit dem grösstenBudget? Wie ermutigend ist dies für KMU?Für die Preisvergabe war überhaupt nichtdie Grösse entscheidend. Wir wollten indiesem Jahr nicht nur unsere klassischenKriterien zugrunde legen. Aus Anlass des30. Marketingpreises haben wir eine Firmaausgezeichnet, die in der marktorientierten

Unternehmensführung eine gewisse histo­rische Bedeutung hat. Die Swisscom gestal­tet seit Jahrzehnten aktiv den Markt und denWettbewerb. Dabei hat das Marketing einenherausragenden Stellenwert.

Was macht die Marke Swisscom im welt-weiten Vergleich aus?Die Marke Swisscom steht für ein Unterneh­men, das es geschafft hat, sich vom Staats­monopolisten PTT – Post­, Telefon­ undTelegrafenbetriebe – hin zu einem kon­kurrenzstarken Mitbewerber im SchweizerTelekommunikationsmarkt zu entwickeln.Swisscom gestaltet den Markt permanentaktiv. Das ist eine herausragende Leistung.

2008 gewann Logitech. Seither befindet sichdie PC-Maus im Sturzflug. Hat Ihr Jury-gremium den schweizerisch-amerikani-schen Hersteller von Computerzubehördamals falsch eingeschätzt?Wenn die Märkte technologisch getriebensind, gibt es immer Höhen und Tiefen. War­ten wir einfach mal die weitere Entwicklungab. Ein Beweis für die Nachhaltigkeit desGfM­Marketingpreises sind die anderen 29Höhenflüge der bisherigen Preisträger.

Attestieren Sie mit Ihrem kritischen Juryblickden Schweizer Unternehmen die Fähigkeit,den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen?Sicher haben die Schweizer Unternehmendie Fähigkeit, den Kunden in den Mittel­punkt zu stellen. Aber wenn die Firmengrösser werden, ihr Leistungsprogrammheterogener und ihre Märkte internationa­ler, dann wird es zunehmend schwieriger.Dort besteht noch Handlungsbedarf.

Ein Credo der Gesellschaft für Marketingist es, sogenannte Marketing Excellence zuleben. Was verstehen Sie darunter?

«Wir vergebenpro Jahr nureinenAward»Manfred Bruhn Der Jurypräsident des Gfm-marketingpreisesund Professor für marketing und unternehmensführung überalte Zeiten, neue trends – und seinen baldigen unruhestand.

«Beweis für die Nachhaltigkeitdes gfm-marketingpreises sinddie anderen 29 Höhenflügeder bisherigen preisträger.»

Der JurypräsiDeNt

Name: manfred BruhnFunktion: Präsident, Stiftung fürmarketing in der unternehmens-führung, seit 2008; Professor fürmarketing und unternehmensfüh-rung, universität Basel, seit 1995;Gründer und Gesellschafter, Prof.Bruhn & Partner AG, seit 2009Alter: 65Wohnort: BaselAusbildung: Studium der Betriebs-wirtschaft, Promotion, Habilitation

Die Stiftung einmal jährlich wür-digt die Gesellschaft für marketing(Gfm) mit dem «Jahrespreis derStiftung für marketing in der unter-nehmensführung» Firmen in derSchweiz, die sich durch herausra-gende marketingleistungen ausge-zeichnet haben. Seit 1984 wurden30 Gewinner gekürt (siehe Seite14). Sie erhalten jeweils ein Preis-geld von 20000 Franken, das siefür einen guten Zweck verwenden.Der Stiftungsrat beziehungsweisedie Jury besteht aus 14 mitgliedern.

}

Page 14: HZ-Special «Marketing»

14 handelszeitung | Nr. 44 | 2014

special marketiNg

Der GfM geht es um die Stellung desMarketings in der Unternehmensführung.Wird diese konsequent umgesetzt, heisstdas zum einen Innovationsfähigkeit sowieKreativität und zum anderen Professionali­tät in der Umsetzung – dies nach innen undnach aussen.

2002 habe ich zu einem Ihrer Lehrbücherüber integrierte Kommunikation eineMaster-Arbeit geschrieben. Wie hat sichdieses Thema seither verändert?Es hat sich rasant viel verändert. In einerNeuauflage meines Lehrbuchs zur inte­grierten Kommunikation mussten wir er­hebliche Veränderungen durch Web 2.0 undandere strukturelle Veränderungen in derKommunikation berücksichtigen. Es gehtverstärkt in Richtung kundenzentrierteKommunikation. Wir haben dazu acht Best­Practice­Fallstudien eingearbeitet. Vier da­von stammen aus Schweizer Unternehmen.

Die Märkte werden immer komplexer, dieZeit für Innovation wird stets kürzer, dieAbsatzvorgänge werden virtueller. Wiekaufen und verkaufen wir Produkte undDienstleistungen in zehn Jahren?Bitte die nächste 100 000­Dollar­Frage! Werkann heute im Marketing und Kaufverhalteneine Prognose für zehn Jahre abgeben? DieHalbwertszeit – sie betrug früher rund zehnJahre – liegt heute nur noch bei zwei Jahren.Also beobachten wir einfach die verän­derten Rahmenbedingungen und ziehendaraus die Konsequenzen für die eigeneBranche.

Die Markenstrategie gehört zu Ihren Kern-themen als Marketingprofessor. Welches istIhre Lieblingsmarke?Die Liste meiner Lieblingsmarken wäre zulang, denn es gibt ja so viele Branchen undKategorien. Aber das Erlebnis der Marke ist

das Zusammenspiel von uneingeschränkterFunktionalität und einem hohen erlebnis­orientierten Zusatznutzen.

Der Verkäufer sollte sich stets in die Schuhedes Käufers stellen. Was für Techniken undArgumente wenden Sie für sich an, wennSie privat eine grosse Investition tätigen,zum Beispiel in ein Auto – und welche Punk-te sind für Sie beim Kauferlebnis zentral?Auch dabei gilt: Keine Kompromisse bei derFunktionalität und ein hoher emotionalerErlebniswert bei der Marke. Das kann sichdurch Ästhetik, Design, Servicequalität undvieles mehr ergeben.

Marketingspezialisten setzen Faktenwissen,hartnäckiges Handeln und vernetztesDenken ein. Was sonst noch?Die Marketingspezialisten brauchen nochdie andere Gehirnhälfte: Kreativität, nicht­lineare Denkfähigkeit und die permanenteSuche nach ungewöhnlichen Lösungen.

Blicken wir auf Ihre intensive Lehr- undPublikationstätigkeit zurück: Was würdenSie aus heutiger Sicht anders machen?DabeiistmeineHerkunftzuberücksichtigen.Ich hatte meine akademische Ausbildungam ersten Marketinglehrstuhl im deutsch­sprachigen Raum bei Professor HeribertMeffert in den 1970er­Jahren. Wir musstendabei der Disziplin Marketing zum Durch­bruch verhelfen und waren thematisch sehrbreit ausgerichtet. Das ist heute nicht mehr

möglich. Mittlerweile gilt eine weitgehendeSpezialisierung und Ausdifferenzierung inder Marketingdisziplin.

Sie treten Ende Jahr als Marketingprofessorder Universität Basel und als Präsident desStiftungsrats der GfM in den verdientenRuhestand. Wer wird Ihr Nachfolger ander Hochschule, in der Jury und bei Ihrereigenen Beratungsfirma?Meine Nachfolge an der Universität Baselist noch nicht geregelt. Im Stiftungsrat wirdmein verehrter Schweizer Kollege ProfessorStefan Michel vom IMD in Lausanne dasPräsidium übernehmen. Und in der Bera­tung werde ich weiterhin aktiv sein.

Oft kann die Katze das Mausen nicht lassen.Sie sind ja selbst eine starke Personenmarke.Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?Für die Übergangszeit werde ich bis zurRegelung meiner Nachfolge noch an derUniversität Basel aushelfen. Dann werdeich unser MAS­WeiterbildungsprogrammMaster of Advanced Studies in MarketingManagement weiterführen und – wie er­wähnt – Beratung anbieten.

Sie sind der Gründer des MAS MarketingManagement. Social-Media-Studien gibt esauch schon mehrere. Welchen Lehrgangwürden Sie gern als Nächstes erfinden?In der Weiterbildung ging es mir immer umdie Fähigkeit zum strukturierten Denken,weniger um thematische Eintagsfliegenoder aktuelle Hypes, die dann schnell wie­der verschwinden. Diese kann man schnellin Seminarhotels bedienen. Die universitäreAus­ und Weiterbildung stellt die Denkstruk­turen in den Vordergrund. Und hier werdenwir uns im Marketing stärker mit Fragestel­lungen beschäftigen, die in Verbindung mitden Konzepten des Relationship Marketingzu sehen sind.

}

«Bitte die nächste 100000-Dollar-Frage! Wer kann heute immarketing eine prognose für die

nächsten Jahre abgeben?»

GfM-Marketingpreis: Alle Gewinner der ersten 30 Jahre

Jahr Unternehmen/Organisation Jahr Unternehmen/Organisation Jahr Unternehmen/Organisation2014 Swisscom 2004 Nespresso 1994 Ricola2013 Mobility 2003 UBS 1992 Calida2012 Freitag 2002 Emmi 1991 Sotheby’s Switzerland2011 Geberit 2001 Universität Bern 1990 Trisa2010 Mobiliar 2000 Swatch 1989 «Marketing Journal»2009 Mammut 1999 Oettinger Davidoff 1988 Universität St.Gallen2008 Logitech 1998 Bucher Motorex 1987 St.Moritz2007 Jura 1997 Coop 1986 Lista2006 Betty Bossi 1996 Roche 1985 Crossair2005 Sika 1995 Hilti 1984 «NZZ»

Von 1984 bis 1995 ging der GfM-Marketingpreis an die Führungskräfte der ausgezeichneten Institutionen;1993 wurde der Award nicht verliehen.

Quelle: Gesellschaft für MarketinG (GfM)

Page 15: HZ-Special «Marketing»

special marketing

Marketingpreis 2009

«Für leidenschaftliche Bergsteigergilt das Motto: Nach dem Gipfel

ist vor dem Gipfel. So auch beimGfM-Marketingpreis, der die MarkeMammut wieder ein Stückweitergebracht hat. Die Auszeichnungbedeutet für uns eine Bestätigungfür Geleistetes und ist nach wie vorein Ansporn für noch Kommendes.

Rolf G. SchmidCEO, Mammut, Seon AG

»

suza

nneschw

iertz

Page 16: HZ-Special «Marketing»

Geberit AquaCleanDas WC, das Sie mit Wasser reinigt.

DiepureSauber-keit.

Erleben Sie mit Geberit AquaClean ein wohltuendes Gefühl vonFrische und Sauberkeit. Das WC mit Duschfunktion reinigtden Po auf Knopfdruck sanft mit einem warmen Wasserstrahl.Weil nur Wasser wirklich sauber macht.→ www.geberit-aquaclean.ch, 0848 662 663 und bei

Ihrem Sanitärfachmann.

Page 17: HZ-Special «Marketing»

17handelszeitung | Nr. 44 | 2014

Special MaRKeTiNG

RulebReaKeR

WieMenschen denken,deren Ideen verändern

R ulebreaker haben eine beson­dere Bedeutung für unsereWirtschaft. Sie bringen neueTechnologien und Produkte,neue Partner und Netzwerke.

Sie übertreten Grenzen, sie stören gewohnteModelle, brechen mit bekannten Regelnund schaffen neue Märkte. Doch Rulebrea­ker bringen nicht nur Neues, sie zerstörenauch Altes.

Die Grundwahrheit aller Markteroberun­gen durch grosse Unternehmen ist: Siemüssen sich selbst kannibalisieren. Es liegthingegen in der Natur der Dinge, dass diegrossen, etablierten Unternehmen nichtdanach streben, sich selbst anzugreifen.Dies tun kleine Firmen, oftmals ausden Nachbarbranchen. Doch wieso habendiese kleinen Angreifer überhaupteine Chance, gegen das Establishment derVerteidiger zu gewinnen?

Es gibt Märkte, in denen esschlecht ist, zu viel Kompe­tenz zu haben. Diese teuereingekauften und gepflegtenWerte stehen grossen Unter­nehmen meist im Weg,wenn es darum geht, sich anneue Nutzungsbedürfnissevon Kunden anzupassenund neue Technologien und Geschäfts­modelle zu entwickeln. Sie messen denWert ihrer Kompetenz nicht nach deraktuellen Lösungsqualität im Markt, sowie kleinere Rulebreaker­Firmen es tun,die mit ihrer weitgehend naiven, aberintelligenten Vorgehensweise angreifen.

Zudem müssen etablierte Unternehmendrohende Regelbrüche ihrer Branche unduneroberte Märkte frühzeitig erkennenkönnen. Es sind vor allem jene Sektorenanfällig, in denen seit langer Zeit keineVeränderungen mehr passiert sind und aufdenen die monopolartigsten Strukturenherrschen. Ganz besonders erfolgverspre­chend sind disruptive Innovationen inBereichen, die heute noch nach den altenZunft­ oder Standesregeln funktionieren.

Wir müssen dabei verstehen, dass vieleRegeln, denen wir uns tagtäglich unter­werfen, keine Naturgesetze sind. Es sind

Regeln, die wir uns selber auferlegen odervon denen wir annehmen, dass sie in derGesellschaft als allgemeingültig gelten. Essind oft eingefahrene Regeln des Establish­ments, gegen welche die disruptiven Inno­vatoren als Erstes aufbegehren. Die grösstenInnovatoren unserer Zeit sind keine ausser­ordentlichen Experten. Sie wissen nichtmehr als andere und können nicht mehr alsihre Nachbarn. Aber ihre Leidenschaft zumRegelbruch und zugleich die Lust am

Durchsetzen einer Verände­rung gehören zu den her­vorstechendsten Eigen­schaften des Rulebreakers.

Haben Firmen den drohen­den Regelbruch erst mal er­kannt, haben sie die selteneChance, diesen Regelbruchvoranzutreiben, einenneuen Markt zu erobern

und in diesem neuen Markt die Regeln zubestimmen. Natürlich gibt es dabei soetwas wie die Regeln des Regelbruchs. Siebeschreiben ein strategisches Herangehenan Zielgebiete und Unternehmen, eineDenkweise in verschiedenen Schritten, diedazu führt, zu erkennen, in welchen Berei­chen Regelbrüche möglich oder gar bereitsabsehbar sind, die Grundregeln dieserBranchen zu identifizieren, zu brechen unddurch neue Regeln zu ersetzen.

Dieses «Rulebreaker­Manifest» habe ichin meinem Buch «Rulebreaker – So denkenMenschen, deren Ideen die Welt verän­dern» ausführlich beschrieben. Es ist heutedas disruptive Handwerkszeug für jedenMarkteroberer.

Rulebreaking ist also eine Anleitung zumBessermachen, zum Grenzüberschreitenund zum Weltverändern – fangen Sie jetztgleich damit an!

Sven Gábor JánszkyTrend- undZukunftsforscher,Leipzig (D)

SveN GáboR JáNSzKy

Zukunftsforscherund RegelbrecherDenkfabrik Sven Gábor Jánszky(41) ist derzeit der innovativsteTrend- und Zukunftsforscher inDeutschland sowie Direktor derkreativen Denkfabrik 2b AHEADThinkTank in Leipzig. Als gefragterKeynote-Speaker hält er jedes Jahrnational und international etlicheVorträge. Zudem coacht JánszkyKaderleute und Unternehmen inProzessen des Trend- und Inno-vationsmanagements und führtKreativprozesse zur Produktent-wicklung. Daneben ist Jánszky Prä-sident des Verwaltungsrates der 2bAHEAD ThinkTank AG in Grub AR.

Vordenker In seinem Kommentar(siehe Artikel links) gibt der Ent-wickler der Rulebreaker-Strategieneinen kleinen Vorgeschmack aufdiese spannende Thematik, überdie er am 15. und 16. Januar 2015beim «GfM Brush Up zum Jahres-auftakt» der Gesellschaft für Mar-keting (GfM) in Bern sowie Zürichreferieren wird (siehe Seite 38).

«Wieso habenkleine angreifer

eine chance, gegendas establishmentzu gewinnen?»

Page 18: HZ-Special «Marketing»

special marketing

Marketingpreis 2012

«Dass wir damit ausgezeichnetworden sind, ohne einen einzigen

Franken für Anzeigen, Plakate oderTV-Spots auszugeben, hat uns inunserer Philosophie bestätigt: DasProdukt ist der beste Werbeträger.

Daniel und Markus Freitag (rechts),Gründer und Inhaber, Freitag, Zürich

»

suza

nneschw

iertz

Page 19: HZ-Special «Marketing»
Page 20: HZ-Special «Marketing»

Marketingpreis 2007

«Der Marketingpreis ist auch eineVerpflichtung für die Zukunft.

Es geht darum, sich sorgfältigweiterzuentwickeln und sich immerwieder zu überlegen, ob das, wasman tut, diesem Leistungsausweisentspricht – eine Herausforderung.

Emanuel ProbstCEO, Jura, Niederbuchsiten SO

»

suza

nneschw

iertz

special marketing

Page 21: HZ-Special «Marketing»

Mit Mobility stehen Ihnen 2650 Autos an 1395 Standorten zur Verfügung.Zu einem attraktiven Preis und top gewartet. So spart Ihr Unternehmen Geld,Zeit – und CO2.mobility.ch/business

special marketing

Alfredo TrAsATTi

Es ist schon erstaunlich, was ak­tuelle Studien zum Thema Con­tent Marketing zutage bringen.Laut einer neuen Erhebung desSchweizer Marktforschungsins­

tituts zehnvier verfügen nur 43 Prozent derUnternehmen im deutschsprachigen Raumüber eine Kommunikationsstrategie. Diemeisten Firmen besitzen demnach keinerleiTaktik, wie sie ihre Inhalte den Kunden undPartnern vermitteln möchten.

Dabei haben sich mehr als 80 Prozentdas Thema Content Marketing auf die Fahnegeschrieben – ohne genau zu wissen, wohindie Reise eigentlich geht. Umso erstaunli­cher, wenn man bedenkt, dass in den kom­menden Jahren die Budgets dafür verstärktaus anderen Bereichen umgeschichtet wer­den, etwa der klassischen Werbung.

Print-Publishing versus StreamingAlso mehr Geld für weniger Strategie?

Gut, das ist vielleicht etwas übertrieben. DieUnternehmen befinden sich im Content­Bereich in einem harten Wettbewerb. Quali­tativ hochwertigen Inhalt zu produzieren,ist aufwendig und teuer, das weiss manals Dienstleister nur zu gut. Mit einer aus­gefeilten Content­Strategie gelingt es, eineeffiziente und individuelle Veröffentlichungder Inhalte in einer Vielzahl von Kanälenzu ermöglichen. Und zwar in die jeweils fürden Content richtigen Kanälen.

So wurde beispielsweise das Kunden­magazin für Maxon Motor, Entwickler hoch­präziser Antriebe und Systeme aus SachselnOW, zuerst als digitales Produkt in Form ei­ner App für Apple­Geräte entwickelt. Erstdanach wurde zusätzlich ein Printmagazinaufgelegt. Beide Medien erscheinen paral­lel, sie wollen jedoch bewusst verschiedeneZielgruppen ansprechen. Die Erfahrung dervergangenen Jahre hat gezeigt, dass es nichtsinnvoll ist, die Inhalte sowohl im Print alsauch in den digitalen Medien eins zu eins zu

verbreiten. Vielmehr kommt es darauf an,die Inhalte entsprechend der Zielgruppeund dem Kanal anzupassen. So beispielwei­se gesehen bei den SBB mit deren Kunden­magazin «VIA». Das erfordert eine stringenteThemenplanung bei der Erstellung desContents. Ausserdem sollte die Platzierungbeziehungsweise Veröffentlichung nachstreng gesetzten Timings erfolgen.

Eine völlig neue Herangehensweiseerfordern digitale Magazine. Denn es gibtkeine Ausgaben mit einem festen Erschei­nungstermin mehr, wie das für ein Print­

magazin meistens der Fall ist. Die Attrakti­vität digitaler Magazine besteht auch darin,dass regelmässig neue Inhalte veröffentlichtwerden. Dabei geht es gar nicht darum, alleInhalte selbst zu produzieren, es könnenzudem Inhalte von anderen vertrauens­würdigen Quellen kuratiert werden.

Aufgabe des Unternehmens ist es, so­wohl kreativ als auch methodisch guteThemen zu identifizieren, zu sammeln undnach festen Kriterien zu bewerten. Dabeisollten die Interessen und Meinungen derKunden über Social­Media­Kanäle berück­sichtigt werden.

Erfolgskontrolle undWirkungsmessungZu guter Letzt ist eine aussagefähige

Analyse der Performance des publiziertenContents notwendig – einerseits im Hin­blick auf operative Kennzahlen wie Anzahlder Leser, Anzahl der Kommentare, die Ver­weildauer, die Verlinkung in sozialen Me­dien, anderseits auf strategische Kennzah­len wie die Conversion Rate (Umwandlungdes Status einer Zielgruppe in einen neuen).

Die Ergebnisse dieser Analyse solltendann wiederum in die Kommunikations­strategie einfliessen. Den Königsweg gehteine Firma dann, wenn sie ihre Produkteüber journalistisches Story Telling verkauftund damit einen direkten Beitrag zur Um­satzsteigerung erzielt. Im Idealfall wird ausStory Telling dann Story Selling.

Alfredo Trasatti, eigentümer und Chef, infel, Zürich.

Nichts geht ohneStrategieContent Marketing Vom story Telling zum story selling in der digitalen Welt.

laut einer studie verfügen nur43 prozent der Unternehmen imdeutschsprachigen raum übereine kommunikationsstrategie.

anzeige

Page 22: HZ-Special «Marketing»

special marketing

GfM Marketingpreisträger 2014

Schweizerische Gesellschaft für Marketing, Löwenstrasse 55, 8001 ZürichTelefon: +41 44 202 34 25, E-Mail: [email protected], www.gfm.ch

Die Schweizerische Gesellschaftfür Marketing GfM gratuliert der

zum Gewinn desGfM-Marketingpreises 2014.

Denise Weisflog

Peter Petrin, Vizepräsident desZentralvorstands beim Berufs-und Fachverband Swiss Marke-ting und Verantwortlicher fürdas Ressort Bildung, hält nichts

von Neutralität. Zumindest, wenn es um dieWeiterbildung seiner Mitglieder geht. «Wirsind verantwortlich für die Berufs- und hö-heren Fachprüfungen. In der Weiterbildungempfehlen wir unsere eigenen Angebote.»Dadurch, dass die höhere Berufsbildungmassgeblich von renommierten Organisa-tionen der Arbeitswelt mitgesteuert werde,sei die Nähe zur Wirtschaft gewährleistet.

Swiss Marketing vermittelt fünf Qualifika-tionen. Auf der Fachausweisstufe sind diesMarketing- und Verkaufsfachleute mit eid-genössischem Fachausweis. Marketingfach-leute werden in Firmen benötigt, die ihreLeistungen wirkungsvoll anbieten wollen.

Solche Experten konzipieren und realisie-ren auf Basis definierter Ziele professionel-les Marketing und gewährleisten die Vernet-zung der entsprechenden Instrumente wieVerkauf, Absatzförderung, Werbung, Distri-bution oder PR. Zur Prüfung wird zugelas-sen, wer die MarKom-Befähigung oder eingleichwertiges Examen innerhalb der letz-ten fünf Jahre bestanden hat und über min-destens zwei Jahre Berufspraxis in den Be-reichen Marketing, Marketingkommunika-tion (MarKom), Direct Marketing, Salesoder Public Relations (PR) verfügt. Darüberhinaus ist ein weiterer Fähigkeitsausweiswie Maturität oder Diplom einer Handels-oder Diplommittelschule erforderlich.

Diplomstufe und Höhere FachschuleDie Absolventen der Berufsprüfung für

Verkaufsfachleute erbringen den Beweis,dass sie die erforderlichen Fähigkeiten undKenntnisse besitzen, um im Absatz höheren

beruflichen Ansprüchen zu genügen. Fürdie Prüfung gelten dieselben Zulassungs-kriterien wie für Marketingfachleute.

Auf der Diplomstufe empfiehlt der Ver-band die Qualifikationen eidgenössisch di-plomierter Marketing- oder Verkaufsleiter.Marketingleiter eines Unternehmens sindverantwortlich für Vermarktung und Ver-trieb. Im Zentrum ihrer Aufgaben stehen dieEntwicklung und Umsetzung komplexerStrategien. Sie erstellen umfassende Markt-analysen und leiten relevante Schlussfolge-rungen ab. Zudem sind sie verantwortlichfür Marketingbudgets sowie Businesspläneund führen die Marketingabteilung.

Im Zentrum der Aufgaben des Verkaufs-leiters stehen die Konzipierung, Planungund Führung der Sales- und Distributions-organisation sowie deren Detailkonzepte.Er plant und führt die Abteilung und steuertdie verkaufsspezifischen Managementpro-zesse. Um zu den entsprechenden Prüfun-

FünfWege zumFachmannWeiterbildung für swiss Marketing hört die Verbandsneutralität beim lebenslangen lernen auf.

anzeige

Page 23: HZ-Special «Marketing»

special marketing

gen zugelassen zu werden, müssen Kandi­daten einen eidgenössischen Fachausweisim Bereich der branchenspezifischen Be­rufsprüfungen besitzen und mindestens dreiJahre Praxis in einer Kaderfunktion im Mar­keting oder Sales nachweisen. Oder einDiplom einer anderen höheren Fachprü­fung, ein Diplom einer Höheren Fachschule,ein Diplom einer Hochschule besitzen undüber mindestens drei Jahre Praxis in einer

Kaderfunktion im Marketing oder Sales ver­fügen. Oder sie müssen das Fähigkeitszeug­nis einer mindestens dreijährigen beruf­lichen Grundbildung, das Fähigkeitszeugnisder zweijährigen beruflichen Grundbil­dung, das Diplom einer vom Bundesratanerkannten Handelsmittelschule oder einMaturitätszeugnis erworben haben und

mindestens sechs Jahre Praxis im Marketingoder Sales, davon drei Jahre in einer leiten­den Funktion, nachweisen können.

Betriebswirtschaftlich abgestütztAuf Stufe Höhere Fachschule (HF) setze

Swiss Marketing auf den Abschluss diplo­mierter Marketingmanager HF. Inhaber die­ses Abschlusses sind Generalisten mit brei­ten Fach­ und Führungskompetenzen. Siegehen anspruchsvolle Praxissituationen auseiner betriebswirtschaftlich abgestütztenProzessoptik an und kommunizieren – auchin einer Fremdsprache – mit den relevantenAnspruchsgruppen. Zudem führen sie Pro­jekte und Mitarbeiter, koordinieren, unter­stützen und motivieren die an den Aufga­ben Beteiligten zur Erreichung der Unter­nehmens­ und Werbeziele.

Der berufsbegleitende Weiterbildungs­lehrgang an der Höheren Fachschule fürMarketing und Kommunikation (HFMK)dauert mindestens sechs Semester, als Voll­zeitausbildung mindestens vier Semester.Zur HFMK zugelassen werden Inhaber ei­nes kaufmännischen oder verkäuferischenFähigkeitszeugnisses mit mindestens zweiJahren Berufspraxis im Marketing.

swiss marketing

Europa-Zertifikatefür die MitgliederVerband Der nationale Berufs- undFachverband für Marketingexpertenvereint rund 4000 Fach- und Füh-rungskräfte aus unterschiedlichenBranchen, die sich in 32 regionalenKlubs in der gesamten Schweiz tref-fen. Zudem organisiert Swiss Marke-ting die Berufs- und höheren Fach-prüfungen in Marketing und Verkaufund ist Träger des SchweizerischenMarketingtages mit Verleihung derjährlichen Marketing Trophy. Neukönnen die Mitglieder, die ein Dip-lom oder einen Fachausweis derhöheren Berufsbildung in den Berei-chen Marketing oder Verkauf besit-zen, exklusiv das international aner-kannte Europa-Zertifikat erwerben,das die Verwendung von weltweiteinheitlichen Berufsbezeichnungenerlaubt. Dadurch werden SchweizerBildungsabschlüsse europatauglich.

Der Berufs- und Fachverbandfür marketingexperten setztin der weiterbildung auf seinefünf eigenen Qualifikationen.

anzeige

Page 24: HZ-Special «Marketing»

Marketingpreis 2013

«Jeder Unternehmer in derSchweiz kennt den Award.

Und ich bin überzeugt, jederUnternehmer nimmt ihn auchsehr gerne entgegen. Ich denke,dass es qualitativ so weitergeht.

Viviana BuchmannCEO, Mobility, Luzern

»

suza

nneschw

iertz

Special marketing

Page 25: HZ-Special «Marketing»

25handelszeitung | Nr. 44 | 2014

special marketiNg

IntervIew: Gérard MoInat

Das Buch «Geschäftsmodelle entwickeln –55 innovative Konzepte mit dem St. GallerBusiness Model Navigator» dient Holcimnicht nur als Inspirationsquelle, sondernSie Frau Csik sind auch Co-Autorin diesesWerks.Wie muss man sich den Forschungs-prozess dahinter vorstellen?Michaela Csik: Am Institut für Technolo­giemanagement der Universität St. Gallenhaben wir über drei Jahre daran gearbeitet,die Muster zu isolieren, die es erlauben,Geschäftsmodelle zu innovieren. Hierzuhaben wir die Geschäftsmodell­Innova­tionen von mehr als 250 erfolgreichenUnternehmen der letzten 50 Jahre analy­siert. Die so aufgedeckten Regelmässigkei­ten haben wir schliesslich zu gemeinsamenMustern aggregiert, an denen sich Firmennun orientieren können.

Was ist das Resultat?Csik: Wir konnten aufzeigen, dass sich über90 Prozent aller Geschäftsmodell­Innovati­onen im Kern auf 55 Modelle zurückführenlassen – sprich: Das Rad bei Geschäfts­modell­Innovationen wird selten neu erfun­den. Die Herausforderungen liegen eher inder Veränderung der Unternehmenskulturund der Bereitschaft, über den Tellerrandder eigenen Industrie hinauszublicken.

Andere Lehrbücher nennen deutlich wenigerModelle. Wieso genau 55?Csik: Die 55 im Buch vorgestellten Modellesind nicht zu viel und nicht zu wenig, umdie ganze Welt der Geschäftsmodell­Inno­

vation abzudecken. Ohne die Leser zuüberfordern oder etwas Wichtiges wegzu­lassen.

Können Sie ein Schweizer Beispiel einessolchen Typus nennen?Csik: Klar, im Buch findet sich das BeispielNespresso. Nestlé verdient hier das Geld mitKapseln, nicht mit den Kaffeemaschinen.Dieser Geschäftsmodell­Typus beispiels­weise nennt sich «Razor & Blade», wobeiErsteres, der Rasierapparat als Basispro­dukt, quasi verschenkt wird und das Gelddann mit den Rasierklingen, sprich den Ver­brauchsmaterialien, verdient wird.

Herr Meister, Sie sind der Leiter InnovationManagement bei Holcim. Wie werdendiese Erkenntnisse beim grössten SchweizerZement- und Betonlieferanten genutzt?Christoph Meister: Basierend auf dem Tool,das im Buch «Geschäftsmodelle entwickeln– 55 innovative Konzepte mit dem St. GallerBusiness Model Navigator» vorgestellt wird,haben wir ein Holcim­spezifisches Vorge­hen entwickelt, mit dem unsere Mitarbeitersystematisch bestehende Geschäftsmodellebeschreiben und neue Geschäftsmodelleausarbeiten können.

Warum werden Geschäftsmodell-Innovatio-nen eigentlich so gross geschrieben?Csik: Es ist aus unserer Sicht ein essenziellesMittel, um sich im Wettbewerb zu differen­zieren. Das ist zwar auch über Produktemöglich, aber die Wachstumsmöglichkeitenbei Geschäftsmodell­Innovationen sindvielversprechender und erhöhen gleich­zeitig den Kundennutzen sowie die Kun­denbindung.Meister: Geschäftsmodelle erlauben es,innovative Lösungen, basierend auf oder inKombination mit innovativen Produkten,anzubieten und somit besser auf bestehendeMegatrends zu reagieren. Solche integrierteLösungen verlangen oft neue Geschäfts­modelle, weil sie die bestehenden Rah­menbedingungen grundsätzlich verändern.Neue Produkte und Dienstleistungen kön­nen das nicht in diesem Umfang.

Haben Sie ein Beispiel?Meister: In Indonesien dauerte es früher biszu vier Wochen, bis eine Strasse repariertwar. Heute können wir Strassen in nur sie­ben Stunden reparieren. Das ist eine kleineRevolution, weil der Verkehr in Ländern wieIndonesien ein massives Problem darstellt.Kilometerlange Staus, wie sie in der Haupt­stadt Jakarta üblich sind, beeinträchtigendabei nicht nur die Produktivität, sondernauch die Gesundheit und das Alltagslebender Bevölkerung.

Wie ist das möglich?Meister: Das traditionelle Geschäftsmodellist der Verkauf von Zement oder Beton, etwaan einen Strassenbauer, der dann die

«Radwirdselten neuerfunden»Holcim Christoph Meister und Michaela Csik überden ansatz für Geschäftsmodell-Innovationen beimgrössten Schweizer Zement- und Betonlieferanten.

}

«Wir haben die modelle vonmehr als 250 erfolgreichenUnternehmen analysiert undso zu mustern aggregiert.»

Christoph Meister und Michaela Csik, beideInnovation Management, Holcim, Holderbank.

Page 26: HZ-Special «Marketing»

Special marketing

Strasse repariert. Mittels eines inno­vativen Geschäftsmodells haben wir unszusätzlich zum Zement­ beziehungsweiseBetonlieferanten ebenfalls als integriertenLösungsanbieter positioniert. Den Kern derLösung bildet ein Spezialbeton, SpeedCretegenannt, der bereits nach sieben Stundenwieder belastbar ist.

Nur ein neues Produkt also?Meister: Nein. Hätten wir SpeedCrete ledig­lich als neues Produkt auf den Markt ge­bracht, hätte dies nicht ausgereicht, um seinvolles Potenzial auszuschöpfen. So kanndie falsche Anwendung unseres Produkts

Probleme bei der Ausführung verursachen,zum Beispiel wenn es zu früh oder zu späteingesetzt wird. Zusätzlich zu den Heraus­forderungen in der Anwendung kommt derPreis, der für diese Speziallösung verständ­licherweise höher ist.

Inwiefern?Meister: Um mit unserem neuen Produktalso wirklich Kundenbedürfnisse wie Stau­oder Gesundheitsprobleme adressieren zukönnen, mussten wir eine integrierte Lö­

sung kreieren, die die gesamte Wertschöp­fungskette mit einbezieht – von der Planungüber die Bereitstellung der Rohstoffe bis hinzur Strassenreparatur und zum Verkehrs­management.

Haben Sie damit das Geschäftsmodellverändert?Meister: Genau. Das geht so weit, dass wirdirekt mit der Regierung sprechen, nichtüber Drittanbieter. Anders als der Strassen­bauer steht diese eben nicht nur vor demProblem, eine defekte Strasse zu reparieren,sondern auch die Produktivität sowie dieLebensqualität ihrer Bürger zu steigern.SpeedCrete ist damit ein innovatives Ge­schäftsmodell, das es uns erlaubt, Entwick­lungen wie Urbanisierung oder Verkehrs­probleme zu adressieren.

Wie gehen Sie dabei konkret vor?Meister: Wir arbeiten nur mit ausgewähltenPartnern, die unser Produkt verwendendürfen, oder führen die Reparatur der Strasseselbst mit eigenem Equipment durch. FürSpeedCrete hat sich die traditionelle Ge­schäftslogik völlig verändert. Wir verkaufennicht mehr die Tonne Zement oder denKubikmeter Beton, sondern liefern auchdas notwendige Know­how und verkaufenQualitätsstrassen pro Quadratmeter. Damitkönnen wir eine höhere Wertschöpfung er­zielen und sind schwerer zu imitieren.

Hat sich Holcim dadurch verändert?Meister: Ja, denn Geschäftsmodell­Innova­tionen bedingen immer eine Anpassung des

Unternehmens, da sie jeweils mehrere Fak­toren zugleich verändern. Herausforderun­gen sind dann neben den neu benötigtenFähigkeiten unter anderem ganz profaneDinge wie die Anpassung der internenAbrechnungsprozesse von Kubikmeter aufQuadratmeter.

Das klingt nach einer sehr tiefgreifendenVeränderung?Csik: Ich denke ja, Veränderungen sind vieltiefgreifender bei Geschäftsmodell­Innova­tionen, als wenn man nur ein neues Produkteinführt. Kurz gesagt bedingt es oft eine Ver­änderung der bestehenden Unternehmens­kultur.Meister: Das stimmt. Es ergeben sich aberauch neue Risiken. Als Lösungsanbietersind wir für das Resultat verantwortlich. Da­her geben wir für SpeedCrete Garantien vonbis zu zwölf Monaten. Im Gegenzug werdenunsere Leistungen schwieriger kopierbarund wir erhalten Zugang zu neuen Absatz­märkten, neuen Kunden …Csik: …was wiederum neuen Wert für dasUnternehmen kreiert.

}

«geschäftsmodell-innovationenbedingen eine anpassung desUnternehmens, da sie mehrereFaktoren zugleich verändern.»

BUchtipp

Die eigene LogikrevolutionierenInhalt Das Buch«Geschäfts­modelle ent­wickeln» vonMichaela Csik,ehemalige wis­senschaftlicheMitarbeiterin,Oliver Gass­mann, Professorfür Innovations­management und Leiter des Insti­tuts für Technologiemanagementan der Universität St.Gallen, undKarolin Frankenberger, Habilitantin,rollt das Thema auf mehr als 300Seiten in drei Teilen neu auf: Ers­tens beschreibt es den St.GallerBusiness Model Navigator, zwei­tens bietet es Überblick über eineSammlung von Geschäftsmodell­Innovationen und drittens gibt esHinweise auf Software sowie Coa­ching. Basierend auf erfolgreichenMustern in anderen Industrien lässtsich die eigene Logik revolutionie­ren. Das deutschsprachige Werk istseit kurzem in Englisch verfügbar.

«Geschäftsmodelle entwickeln – 55innovative Konzepte mit dem St.GallerBusiness Model Navigator», OliverGassmann, Karolin Frankenbergerund Michaela Csik, Carl Hanser Verlag,318 Seiten, 39.90 Euro (Printversion).

anzeige

Page 27: HZ-Special «Marketing»

special marketing

Marketingpreis 2011

«Wenn wir zum Beispiel zwar dierichtigen Produkte entwickeln

und vertreiben, diese aber nicht gutgenug und genügend vermarktenwürden, dann bliebe der Erfolg aus.

Egon Renfordt-SasseMarketingleiter, Geberit, Rapperswil

»

suza

nneschw

iertz

Page 28: HZ-Special «Marketing»

25. GfM Marketing-Trend-Tagung

Schweizerische Gesellschaft für Marketing, Löwenstrasse 55, 8001 ZürichTelefon: +41 44 202 34 25, E-Mail: [email protected], www.gfm.ch

Mittwoch, 18. März 2015, von 9 bis 17 UhrThe Dolder Grand in Zürich

ReferentenDaniela Lager, Prof. Dr. Marcus Schögel, Dr. Steven Althaus,Manuel Nappo, Marian Salzman, Bernhard Heusler, Daniel Sieberg,Prof. Dr. Holger Rust, Heinz Karrer, Elke Guhl, Vince Ebert

Tagungsgebühr690 Fr. für GfM-Mitglieder890 Fr. für Nicht-GfM-Mitglieder

Anmeldung: www.marketing-trend-tagung.ch

kapital

global

vertikal

genial

sozial

monumental phänomenalmentalkausal

digital

medialloyal

irreal kolossal

radikal

emotionalinternational

marketing-transformation

Page 29: HZ-Special «Marketing»

29handelszeitung | Nr. 44 | 2014

special marketiNg

Benita Vogel

Um ein Haar hätte PhilippWyss in Russland Karrieregemacht. Er wollte vor 21Jahren kurz nach der Wendemit einem Partner den ersten

westlichen Supermarkt in Moskau eröffnen.«Den Standort hatten wir schon», erinnertsich der heutige Leiter Direktion Marketingund Beschaffung sowie stellvertretende Vor-sitzende der Geschäftsleitung von Coop –im Stadion des Fussballklubs Dynamo Mos-kau. Er lebte zuerst im Hotel und danach beieiner russischen Familie.

Der Werdegang des 48-Jährigen ist un-gewöhnlich. Der Luzerner absolvierte nachdrei Jahren Gymnasium eine kaufmännischeLehre bei einer Grossmetzgerei in SurseeLU. «Es war mir dort während der Schnup-perlehre am wenigsten langweilig», sagtWyss. Danach hängte er eine Metzgerlehrean. «Ich weiss, der Weg ist normalerweiseumgekehrt.» In einer Metzgerei hat Wyssseither aber nicht mehr gearbeitet, obwohler nach der Lehre bereits einen Vertrag alsFilialleiter beim Fleischverarbeiter und beider Coop-Tochter Bell im Sack hatte.

Den Job bei Bell trat er nach dem Militär-dienst allerdings nie an. «Ich wollte nichtunbedingt in einer Filiale stehen», erzähltWyss. Er zog den Sprung ins kalte Wasser vorund verabschiedete sich nach Russland.Doch Moskau war ein hartes Pflaster. DieVersuche – trotz Unterstützung aus derSchweiz –, ein Retailgeschäft hochzuziehen,fruchteten nicht. Wyss brach die Zelte inRussland wieder ab. Zurück in der Schweizheuerte er bei Migros an. Beim Coop-Konkurrenten in Zürich blieb er allerdingsnicht lange. Nach vier Jahren wechselteer 1997 nach Basel, wo er seither bei Coopvom Category Manager Fleisch, Fisch undFrischconvenience vor zwei Jahren zumMitglied der Konzernleitung aufstieg.

Gespür für Trends aus dem BauchBerührungsängste gegenüber Kunden

und Lieferanten scheint Wyss nicht zukennen. Er sei nahe bei den Leuten, wirdüber ihn gesagt. Das ist nötig in seinemHauptjob als Marketing- und Beschaffungs-chef. Muss er doch Bedürfnisse erkennenund kreieren. «Am Anfang einer neuenKampagne oder einer neuen Marke stehtimmer das Kundenbedürfnis», sagt Wyss.

Das Bauchgefühl sei wichtig. «Wir müssenspüren, ob ein Trend lang- oder nur kurz-fristig ist.»

Das Gespür hat ihn in den vergangenenJahren nicht oft getäuscht. Coop ist dank(neuen) Labeln stark gewachsen. DasFrischconvenience-Konzept Betty Bossi –2002 lanciert – etwa setzt heute knapp 500Millionen Franken um. Mit allen Coop-Nachhaltigkeitsmarken, wie etwa Natura-plan, Naturafarm, Pro Montagna und Na-turaline, hat Wyss den Umsatz 2013 auf 2,2Milliarden Franken hochgetrieben. Auch2014 will Coop mit Bio wieder 3 bis 5 Prozentmehr Umsatz machen. Insgesamt führt dieDetailhändlerin seit 1989 über 30 Eigen-marken und Gütesiegel. Die jüngsten sindPrima Gusto, Miini Region und Ünique.

Immer kann der Marketingleiter sichallerdings nicht auf sein Bauchgefühl ver-lassen. Plan B – eine Linie extra für denschnellen Lebensstil der jungen Generation– ist mit Ausnahme von einzelnen beliebtenProdukten aus den Regalen verschwunden.«Das Label kam bei der Zielgruppe nicht sogut an wie erwartet», gesteht Wyss. Es seiaber ein Versuch wert gewesen. «Wir habennicht übermässig viel investiert.»

In andere Kampagnen haben die Baslerweit mehr Geld und Energie gesteckt. Eine

gute Marke aufzubauen, koste schnell ein-mal einen zweistelligen Millionenbetrag, soWyss. Für die neue Weinplattform Mondo-vino haben mehrere Abteilungen über einJahr lang gearbeitet. Die Idee entstandschon vor zwei Jahren. «Wir möchten unsmit Wein noch besser profilieren und unsereRolle als Marktführer ausbauen», sagt Wyss.

Sich von der Konkurrenz abhebenDies nicht nur, weil Wein für Coop eine

grosse und wichtige Kategorie ist, sondernwohl auch, weil die Discountmitbewerberaus dem In- und Ausland die edlen Tropfenzu tiefen Preisen plötzlich für ihre Kundenentdeckten. «Mit Mondovino differenzierenwir uns», sagt Wyss. Er meint damit sichabheben von der Aktionsstrategie derGünstiganbieter – mit individuellen Ange-boten sowie Empfehlungen und Informatio-nen an die Kunden, unter anderem per App.

Sich von der Konkurrenz differenzieren,davon spricht Wyss oft. Gelungen ist ihmdas beispielsweise auch mit Ünique, demLabel für das krumme Gemüse. Auf die Ideekam er während eines Besuchs bei einemGemüsebauer. Als er erfuhr, dass dreibei-nige «Rüebli» und krumme Spargeln unter-geackert würden, sagte er sich: «Das kanndoch nicht sein, in der Zeit, in der alle

DerAbenteurerCoop Philipp Wyss kam über Moskau und die Migros zur Basler Detailhändlerin.Der stellvertretende Konzernchef lanciert jährlich zwei bis drei neue Marken.

}

Captain Coop: Die knifflige Schnitzeljagd durch das Verkehrshaus der Schweiz in luzern.

zvg

Page 30: HZ-Special «Marketing»

special marketing

Marketingpreis 1997

«Für Naturaplan wurde Coop alserste Detailhändlerin überhaupt

ausgezeichnet. 18 Jahre später erfülltuns dies noch immer mit Freude undStolz, denn der GfM-Marketingpreiswar Bestätigung und Verpflichtungzugleich, unsere Vorreiterrolle imbiologischen Bereich auszubauen.

PhilippWyssMarketingleiter, Coop, Basel

»

suza

nneschw

iertz

Page 31: HZ-Special «Marketing»

Positionieren Sie sich imPremium Segment.

EMBA — MarketingInfoabende: Do, 30. Oktober 2014, 18 Uhr

Do, 4. Dezember 2014, 18 Uhrfh-hwz.ch/embamarketing

Berufsbegleitend, bis zu 100 % Arbeitstätigkeit möglich. Direkt beim HB Zürich.

CAS Brand Leadershipfh-hwz.ch/brand

CAS Luxury Managementfh-hwz.ch/lux

Mitglied der Zürcher Fachhochschule

special marketing

von Lebensmittelverschwendung spre-chen.» Ünique war in wenigen Wochengeschaffen – ein Schnellschuss sozusagen.

Copy-and-Paste fast an TagesordnungDie Konkurrenz hat bisher noch nicht

nachgezogen. Obwohl Kopieren im Detail-handel quasi an der Tagesordnung ist. «Esist normal, dass man beobachtet, was dieMitbewerber machen, und dann eventuellnachzieht», sagt Wyss. Der Kampf um dieIdeen ist ein harter. Einmal ist Coop schnel-ler, ein nächstes Mal die Konkurrenz. «DieIdee mit Naturaplan haben uns sogar dieDiscounter abgeschaut.» Sie würden in derKommunikation mit den Kunden alle aufdas Thema Natur setzen.

Schon fast legendär ist der Kampf derIdeen mit Migros. Der eine lässt Kunden mitCumulus-Punkten sammeln, der andere mitSupercard. Wiederholt Coop seine Trophys,lockt Migros die Kunden mit Manias in dieLäden. Kommt Migros mit dem Spar-schweinchen, schickt Coop den Preisfuchslos. Auch als Migros die Bergprodukte Heidilancierte, musste sich Coop etwas einfallenlassen. «Der Name Heidi ist genial», sagtWyss. Das Konzept sei es hingegen weniger,weil nicht alle Produkte wirklich in der Berg-region hergestellt würden. «Hier wollten wireinen Schritt weiter gehen. Bei einem Pro-Montagna-Joghurt etwa stammt von derMilch bis zur Frucht alles aus dem Berg-gebiet und vor allem die Verarbeitung findetin der Höhe statt.» Damit könnten wichtigeArbeitsplätze gehalten werden.

Im Gegenzug hatte Coop bei den Kin-dern die Nase vorn. Kaum war Hello Familyauf dem Markt, zog Migros mit dem PendantFamigros nach. Auch was das Thema Nach-haltigkeit anbelangt, hatte Coop laut Wysseinen Vorsprung. Coops Bio-Umsatz undder Bio-Ruf seien viel stärker. Mit dem Jubi-

läum von Naturaplan – das Label wurdeletztes Jahr 20 Jahre alt – drohte Migroskomplett den Anschluss zu verlieren. DieZürcher lancierten vor zwei Jahren mit derImagekampagne Generation M ein Pro-gramm, in dem Migros künftigen Jahrgän-gen ökologische Versprechen macht, zumBeispiel den CO2-Ausstoss zu senken.

Wyss findet Generation M gut aufgesetzt.«Wir bei Coop konzentrieren uns in derNachhaltigkeit aber nicht auf Versprechenfür die Zukunft, die dann vielleicht nichteingehalten werden können. Wir fokussie-ren uns auf tatsächlich erbrachte Leistun-gen», sagt Wyss. Klar definierte Mehrjahres-ziele und die konkreten Resultate seien imNachhaltigkeitsbericht ausgewiesen.

Service wichtiger als soziale MedienAuch künftig werden sich die beiden

grössten Detailhändlerinnen der Schweiznichts schenken. Was die Digitalisierungder Kundenbindungsprogramme anbelangt,sieht sich Coop im Vorteil. Bons lassen sichan den Supermarktkassen schon via Smart-

phone einlösen. Dafür sei man beim ThemaSocial Media etwas zurückhaltend. «Wirsehen in den sozialen Medien noch keinengrossen Mehrwert», begründet Wyss. Coopwolle nicht in der Zentrale einen Apparataufblasen. «Wir investieren die Gelder lieberin unseren Läden für gut ausgebildetes Per-sonal und Kundenprogramme, mit denenwir breitere Zielgruppen ansprechen.» Des-halb gewichte man digitale Serviceleistun-gen und mobile Angebote stärker als diePräsenz auf externen Plattformen.

Denn im nächsten Jahr sollen wieder einbis zwei neue Marken dazukommen. Zu-dem steht bei Wyss ein weiteres Jubiläumauf dem Programm. 2015 wird die Kleider-marke Naturaline 20 Jahre alt. Deshalb hatCoop Schnitte und Farbe des nachhaltigenKleiderlabels komplett modernisiert unddafür Designer in Paris engagiert. Mit derfair gehandelten Biobaumwolle will Marke-tingleiter Wyss hoch hinaus. Mittelfristigschwebt ihm ein Umsatz von 100 MillionenFranken pro Jahr vor. Heute beträgt diesergegen 70 Millionen Franken.

Disney

Coop will die Schweiz zum Kochen bringenSammelaktion Schon letztes Jahr konn-ten die Kinder in der VorweihnachtszeitPanini-Bilder von Mickey Mouse und Co.einkleben. Diesmal geht Coop einenSchritt weiter und schafft ein ganzesGesamtkonzept. «Heute wird in Schwei-zer Haushalten viel weniger gekocht alsfrüher und viele Kinder lernen gar nichtmehr kochen», erklärt MarketingleiterPhilipp Wyss. «Aus diesem Grund möch-ten wir die Familien mit diesem Disney-

Rezept- und -Sammelbuch mehr zumKochen motivieren.» Betty Bossi hatsich für 24 Rezepte von Trickfilm-Storyswie Nemo, Planes oder Winnie Puuh ins-pirieren lassen. Noch bis am 6. Dezem-ber 2014 können die Kunden Sticker vonzwölf Disney-Geschichten ergattern, umdas Rezept- und Sammelbuch zu bebil-dern. Pro Einkaufsbetrag von 20 Fran-ken erhalten die Eltern für ihre Kinderein Päckchen mit fünf Panini-Aufklebern.

}

anzeige

Page 32: HZ-Special «Marketing»

special marketing

GfM Brush Up mit Sven Gábor Jánszky

Schweizerische Gesellschaft für Marketing, Löwenstrasse 55, 8001 ZürichTelefon: +41 44 202 34 25, E-Mail: [email protected], www.gfm.ch

«Rulebreaker – So denken Menschen,deren Ideen die Welt verändern»

BernFreitag, 16. Januar 201508.00–09.00 UhrUniversität Bern, UniS,Schanzeneckstrasse 1, Hörsaal A-122

ZürichFreitag, 16. Januar 201512.00–13.00 UhrHWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich,Lagerstrasse 5

Tagungsgebühr (inkl. Verpflegung):75 Fr. für GfM-Mitglieder150 Fr. für Nicht-GfM-Mitglieder

Anmeldung: [email protected] oderwww.gfm.ch/de/veranstaltungen/

Sven Gábor Jánszky:Trendforscher,Keynotespeakerund Strategiecoach

Michael lütscher

Die erste Werbung war gratis,aber umso wirkungsvoller. Eswaren Dichter und Denker,die die Schweiz zum Ferien-land machten. Jean-Jacques

Rousseau und Friedrich Schiller priesen dasLand als Hort der Freiheit und intaktenNatur und machten es so zum «must see»für die jungen Engländer auf ihrer obligatenBildungstour auf dem Kontinent. Sie warendie ersten Feriengäste, welche die Schweizbereisten.

Auch dem Wintertourismus, der Mitteder 1860er-Jahre einsetzte, liegt Gratis-werbung zugrunde. Diesmal waren es Medi-

ziner, die Patienten mit kranken Lungen ausdem feuchten und smogbelasteten Winterdes industrialisierten England ins kalte,aber sonnige Alpenklima nach Davos undSt. Moritz schickten. Denen ging es hier baldbesser. Es gefiel ihnen in den verschneitenBergen so gut, dass sie zu Hause darüber inZeitungen und Büchern berichteten. DieEngländerin Elizabeth MacMorland, dievieleJahreinDavosresidierte,veröffentlichte1878 ein Buch mit dem programmatischenTitel «Davos Platz – A new Alpine Resort forSick and Sound» und schwärmte darin vom«Paradox, dass hier Schnee liegt und an derSonne zugleich Hitze herrscht».

Die Berichte aus den Bergen zeitigtenWirkung. Trotz der schlechten Verkehrsan-

bindung – Pferdeschlitten von Chur oderLandquart aus – reisten jeden Winter mehrGäste aus England (und Deutschland) andie Wintersonne nach Davos und St. Moritz.Andere Ferienorte folgten. Nicht nur in denSchweizer Alpen, bald auch in den um-liegenden Ländern.

Auf dass er positiv berichteUnd so wurden in den 1890er-Jahren in

der Schweiz erste Verkehrsverbände ge-gründet, um zu werben und Public Rela-tions (PR) zu betreiben. Zeitungen wurdengratis mit «Clichés» zwecks Illustration be-dient und die ersten Werbebüros im Aus-land eingerichtet. St. Moritz bezahlte um1910 sommers und winters einen amerika-

Wasvor 150JahrenseinenAnfangnahmWintertourismus Die Geschichte der Vermarktung der skiferien ist fast so lang wie sie selbst.

anzeige

Page 33: HZ-Special «Marketing»

special marketing

nischen Schriftsteller, auf dass er positiveBerichte verfasse.

In den Nachbarländern Frankreich undÖsterreich-Ungarn gründete man zu Beginndes 20. Jahrhunderts staatliche Tourismus-ämter. Nationalrat Alexander Seiler aus derZermatter Hoteliersdynastie forderte daher1911 in einer Motion, dass die Schweiz das-selbe tue. Daraus wurde dann 1917 mit Bun-desmitteln die Nationale Vereinigung zurFöderung des Reiseverkehrs, die Vorläuferinvon Schweiz Tourismus (ST). Sie vermark-tete fortan das Ferienland im Ausland.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegshatte sich die Situation für die Schweizgrundlegend verändert. Die Fremden blie-ben aus und die in der Belle Epoque wiePilze aus dem Boden geschossenen Hotel-paläste leer. Aus einem Nachfragemarktwurde ein Angebotsmarkt. Mit subventio-nierten Angeboten versuchte man, in derZwischenkriegszeit Touristen anzulocken.Vergünstigte Wechselkurse, Benzingut-scheine und verbilligte Bahnbillette solltenausländischen Touristen einen Schweiz-besuch versüssen. Für die einheimischenWintersportler erfanden die SBB Ende der1920er-Jahre das Wintersportbillett, Vorläu-fer des heutigen Snow’n’Rail-Angebots. Und

der Schweizerische Skiverband verschenkteSkis an Kinder und Jugendliche.

Als mit dem Zweiten Weltkrieg die Frem-den abermals ausblieben, entdeckte dieTourismusbranche endgültig die Einheimi-schen als Feriengäste. In grossen Kampag-nen wurden die Vorteile von Winterferienpropagiert, allen voran die «Kraft des Son-nenlichts». Transportunternehmen wie dieWengernalpbahn gewährten Soldaten imUrlaub Sondertarife, nicht zuletzt als «Wer-bezweck für spätere, bessere Zeiten».

Sport als militärische FrüherziehungIm Fokus der Bemühungen standen

zudem Familien. Unterstützt wurde diesesWerben vom Bund, der die Skibegeisterungvon Kindern und Jugendlichen als militäri-sche Früherziehung förderte. Dazu gehörte1941 die Lancierung des SchweizerischenJugendskilagers, das nebenbei der Idee desSkilagers zum Durchbruch verhalf.

Erholung, Ski, Schnee und Sonne: DieMarketingargumente für den Wintertouris-mus sind bis heute die gleichen geblieben,auch wenn sie mit anderen Medien in im-mer neuen Märkten verbreitet werden.

Michael Lütscher, Journalist, Sachbuchautor, Zürich.

Buchtipp

«Alles fahrt Schi!» –«Wer häts erfunde?»Inhalt Die Ge-schichte des alpi-nen Wintertouris-mus beginnt imWinter 1864/65,als St.Moritz undDavos als ersteOrte in den AlpenWintergästebeherbergten. In150 Jahren ist der Wintersport zueiner bedeutenden Wirtschaftsbran-che angewachsen – und zum Ele-ment schweizerischer Identifikation.Alles dazu im Buch «Schnee, Sonneund Stars» von Michael Lütscher mitBeiträgen von Ursula Bauer, SamuelBurgener, Peter Jegen, Adi Kälin,Max Keller, Christof Kübler, RolandKüng, Adolf Ogi und Sepp Renggli.

«Schnee, Sonne und Stars», Michael Lütscher,NZZ Libro, 272 Seiten, 250 Bilder, 88 Franken.

anzeige

Page 34: HZ-Special «Marketing»

34 handelszeitung | Nr. 44 | 2014

special marketiNg

Klaus-Dieter Koch

Schon gewusst? Die Schweizer Uh-renindustrie war das erste Opferder Digitalisierung. In den 1970er-Jahren brachten die Japaner digi-tale Zeitmesser auf den Markt, die

so genau und so billig waren wie nie zuvor.Es dauerte nicht lange, bis die Konkurrenzam Ende war. Erst als der UnternehmerNicolas Hayek auf Drängen der Banken diemaroden Firmen übernommen und fusio-niert hatte und die Swatch entwickelte, be-gannen die hiesigen Hersteller, ihre Produk-te und Fähigkeiten aus einer anderen Pers-pektive zu sehen – und sich neu zu erfinden.

Damit schuf die Schweizer Uhrenindus-trie eine Erfolgsgeschichte, die bis heute an-hält. Zwar stammen weniger als 3 Prozentder weltweit verkauften Zeitmesser aus derSchweiz, doch vereinigen siefast zwei Drittel des wertmäs-sigen Marktanteils auf sich.Bei den Luxusuhren besitztman eine geradezu erdrü-ckende Vormachtstellung mitüber 95 Prozent Weltmarkt-anteil. Wie konnte das gelin-gen? Hayek ging nach einemSechs-Punkte-Plan vor (sieherechts), im Sinne von SteveJobs’ Diktum: «Die Menschen wissen nicht,was sie wollen, bis man es ihnen zeigt.»

Damit Stärke nicht zur Schwäche wirdWie bereit ist die erfolgsverwöhnte

Schweizer Uhrenindustrie für die Heraus-forderung aus Kalifornien? Viele Manufak-turen vernachlässigen ihre Heimmärkte.Aus Profitgier errichtet man vertikale Ver-triebsstrukturen, die man nicht beherrscht,und klotzt in besten Lagen riesige Lädenhin, die kaum Besucher anziehen und weitentfernt vom Breakeven veröden.

Die Menschen können vielleicht nichtalle Hintergründe durchblicken, dochhaben sie zumindest in den entwickeltenLuxusmärkten ein feines Gespür dafür,wann ihnen mehr Geld für die Marketing-hülle anstatt für echte herausragende Leis-tung abgeknöpft wird. Das reduziert dasVertrauen in die mühsam aufgebautenMarkensysteme und sensibilisiert die Auf-merksamkeit für Neues. Das macht dieSchweizer Uhrenindustrie verletzbar.

Genau in diese Lücke sticht die digitaleApple Watch. Samsung und Co. werden nieverstehen, wie man Technologie bezie-hungsfähig macht. Es werden immer funk-tionsüberladene Produkte bleiben, die diemeisten Menschen kalt lassen und zu denennur echte Nerds ein Gefühl aufbauen kön-nen. Genau deshalb ist Apple zum wert-vollsten Unternehmen der Welt geworden.Es versteht es wie kein anderer Technologie-gigant, über Design und Marketing seinenbillig in China zusammengebauten Produk-ten ein menschliches Antlitz zu geben undsie beziehungsfähig zu machen.

Apple macht Technologie menschlichGenau wie italienische und französische

Luxusmarken oder Rolex und Patek, dieeben nicht mehr funktionsgetrieben sind,sondern für einen Lebensstil mit den ent-

sprechenden Werten stehen.Deswegen ist die AppleWatch eine Gefahr für dieUhrenindustrie – die Kauf-motive sind dieselben. DerKampf wird nicht über tech-nologische Features ausge-tragen, sondern über diePositionierung auf Lebens-knappheiten, über Lebens-stile und das Zugehörig-

keitsstreben der Menschen. Das hat Appleverstanden und das macht Apple gefährlich.

Die Schweizer Uhrenindustrie ist dahergut beraten, sich zu hinterfragen und sichintensiv mit den Themen Smartwatch undSoftware auseinanderzusetzen – Letzteresein Gebiet, auf dem die Hardware-fixiertenManufakturen noch wenig Erfahrung besit-zen. Fakt ist, dass die Branche im mittlerenPreissegment am stärksten wächst und dassbis 2018 laut Studien bereits 450 Millionenintelligente Zeitmesser über die Ladentischegehen könnten. Dieser Umsturz kann diehiesigen Hersteller nicht kalt lassen.

Als Brancheninnovator bietet Apple –wie in den 1990er-Jahren die Swatch – dieChance, sich weiterzuentwickeln. Firmen,die ihre Marken nur ausbeuten, zu gierigsind, nicht genug investieren, nicht klar undeindeutig positioniert sind oder es sich zueinfach machen, werden durch Apple Prob-leme bekommen. Und letztlich untergehen.

Klaus-Dieter Koch, Partner, Brand trust, Nürnberg (D).

Bedrohte SchweizUhrenindustrie Mit seiner apple Watch sagt der technologiegiganthiesigen Manufakturen den Kampf an. ein Bluff oder ernst gemeint?

Die menschenwissen nicht,was sie wollen,bis man esihnen zeigt.

sechs-puNkte-plaN

Die Lehren vonNicolas Hayek1. Durch die Günstiguhr swatch ha-ben viele schweizer Marken begrif-fen, welche chancen darin liegen,gross zu denken und ihr selbstver-ständnis vom Feinmechaniker zumlifestyle-unterstützer zu wandeln.

2. uhren sind Glaubenssysteme.Das Bedürfnis nach exakter Zeitan-zeige ist längst ausgereizt. lebens-knappheiten hingegen können nievollständig befriedigt werden.

3. aus verträumten Manufakturensind global ausgerichtete, profes-sionelle organisationen geworden,die ihre chancen auf dem Welt-markt zu nutzen wissen. Man ver-kaufte nicht mehr nur, was produ-ziert wurde, sondern integrierteden Vertrieb in die Wertschöpfung.

4. Der frühe erfolg der damaligensMh, sprich der heutigen swatchGroup, motivierte investoren ein-zusteigen. Dank dieser Kapitalkraftkonnte in technologien, Marketing-und Vertriebsstrukturen, Mitarbei-tende und nicht zuletzt repräsen-tative Gebäude investiert werden.

5. Dadurch entstand eine noch nieda gewesene innovationswelle.Man begann damit, seine Kundenzu entwickeln, und konzentriertesich darauf, diese lustvoll für the-men zu interessieren und sich inPreisregionen zu bewegen, dievorher schlicht nicht existierten.

6. am wichtigsten war, sich selbstin Frage zu stellen und Menschenmit Visionen ans ruder zu lassen.Die Generation der Patrons stirbtaus oder tritt ab und wird ersetztdurch Manager, denen aber oft derMut fehlt, neue ideen auch gegenWiderstände mit hohem persönli-chem Karriererisiko durchzuboxen.

Page 35: HZ-Special «Marketing»

special marketing

Marketingpreis 2002

«Das ist nicht nur ein Stelldicheinder Branche, sondern auch ein

bisschen ein Messen der Firmen. DerPreis ist ein Leuchtturm in unsererMarketinglandschaft. Es ist wichtig,dass man ihn weiter hegt und pflegt.

Urs RiedenerCEO, Emmi, Luzern

»

suza

nneschw

iertz

Page 36: HZ-Special «Marketing»

36 handelszeitung | Nr. 44 | 2014

SPECIAL MARKETING

Pirmin Schilliger

W ie lässt sich eine Unter­nehmensstrategie um­gehend in positive Re­sultate ummünzen? Wieist ein Angebot im Markt

zu positionieren, damit es sich klar differen­ziert und dabei auch die Margen stimmen?Mit welchen Argumenten lassen sich Auf­träge gegen preisaggressive Konkurrentengewinnen? Mit solchen und ähnlichenFragen beschäftigen sich viele Beratungs­firmen, zum Beispiel auch die auf Innova­tionen und Wachstumsinitiativen speziali­sierte Vendbridge in Zürich.

Am klarsten beantworten lassen sich dieFragen, wenn Unternehmen konsequentdie Perspektive ihrer Kunden einzunehmenversuchen. Die Ergründung und profundeKenntnis dieser Innensicht gehört mittler­weile zum Erfolgskonzept vieler bekannterKonzerne – von Apple bis Nike und vonEasyjet bis Unilever. «Diese Unternehmentauchen tief ein in die Handlungswelt ihrerKunden und erkunden fortlaufend derenAnsichten, Vorstellungen und Wünsche,als ginge es dabei um pures Gold», erklärtVendbridge­Partner Beat Walther.

Er hat mehr als 25 Jahre Erfahrung in Un­ternehmensstrategie, Marketing und Sales,unter anderem bei Procter & Gamble (P&G)als Marketing Director der Paper DivisionSwitzerland oder als Projektleiter beiMcKinsey & Company. Seit 2003 arbeitetWalther zusätzlich eng mit der eidgenös­sischen Kommission für Technologie undInnovation (KTI) zusammen.

Kunden-InsightsMethodisch kommen die Berater mit

klassischer Markt­ und Meinungsforschungallerdings nur mehr bedingt ans Ziel. Dereneigentlicher Schwachpunkt ist es nämlich,dass die Kunden bloss auf den Fragenkata­log reagieren. Was darin nicht bereits the­matisiert ist, kann gar nicht aufgedeckt wer­den. Zudem orientieren sich die Kunden anbestehenden Produkten und Lösungen. DieManager ihrerseits nehmen selektiv wahrund verfolgen Themen, die ihnen persön­lich am Herzen liegen.

Gleichzeitig betonen sie, wie wichtigihnen die Zufriedenheit und die Bedürfnisseder Kunden sind, die sie selbstverständlichbestens zu kennen glauben. In der Praxisführt diese Sicht zu marginalen Innovations­schüben und austauschbaren Produkten,die mit den ewig gleichen Argumentenverkauft werden. «Die wirklich innovativenAnsätze, die sich in den Firmen in profi­tables Wachstum umsetzen lassen, fehlenhingegen», gibt Walther zu bedenken.

Die Experten von Vendbridge versuchendiese Schwächen auszuglätten. Dabei er­gründen sie systematisch die sogenanntenKunden­Insights. Es geht bei diesem Begriffnicht einfach um Wünsche, Motive sowiedie vielbeschworene Kundenzufriedenheit.«Kunden­Insights sind vielmehr präziseEinblicke in Emotionen und Probleme, dieKunden während der Nutzung eines Pro­dukts oder einer Dienstleistung erleben»,sagt Vendbridge­Partnerin Alice Šáchová.

Šáchová verfügt über 25 Jahre Berufs­erfahrung, davon 14 Jahre als Geschäfts­führerin, unter anderem im Brand Manage­ment bei Procter & Gamble sowie alsUnternehmensberaterin bei der BostonConsulting Group (BCG) in London undZürich. Seit 2010 ist sie Vorstandsmitgliedder Gesellschaft für Marketing (GfM) undseit 2012 Präsidentin der Schweizer Mana­gement Gesellschaft (SMG).

Bei der Fahndung nach dieser Innensichtnutzt Vendbridge die eigens entwickelte«Customer­Focused Innovation»­Methode(CFI), die unter anderem auf Prinzipien desHarvard­Professors Clayton Christensenberuht. Die Analyse erfasst detailliert die

Kundensicht alsErfolgskonzeptVendbridge Die Zürcher Beratungsfirma unterstütztUnternehmen beim entwickeln von Wertversprechenund Wachstumsinitiativen mittels ihrer cFi-methode.

Alice Šáchová und Beat Walther,beide Partner, Vendbridge, Zürich.

Page 37: HZ-Special «Marketing»

SPECIAL MARKETING

Aufgaben, die einem Kunden bei der Pro-duktanwendung zufallen, zerlegt diese inkleinere messbare Einheiten und wertet sienach ihrer Bedeutung. «Indem textlich allesmöglichst lösungsneutral formuliert wird,umgehen wir das Dilemma, dass sich Kun-den an Bestehendem orientieren», erklärtŠáchová. Selbstverständlich geht es dabeibeispielsweise auch um Kundenzufrieden-heit, die aber nicht einfach bloss registriert,sondern geradezu seziert wird.

Value PropositionDie Auswertung der Analyse findet ihren

Ausdruck in einer quantitativ abgestütztenKundenwert-Landkarte, die in der Folge alsstrategischer Dreh- und Angelpunkt zurKundenorientierung genutzt wird. Dankden Insights wird letztlich klar, woran Kun-den Mehrwert festmachen und wo sie mitbestehenden Lösungen unzufrieden sind.Aus der exakten Erkenntnis, was ein Kundemit der Nutzung eines Produktes oder einerDienstleistung erreichen will, was er daranschätzt, liebt, hasst, vermisst oder was er

allenfalls daran verändern möchte, ja sogarwie er das verändert haben möchte, lässtsich eine verschärfte Value Proposition ab-leiten. Sie bildet die wertvolle Basis für eineerfolgreiche Innovationsstrategie und fürdas Geschäftsmodell.

Die Wirkung einer geschärften ValueProposition ist fast immer wachstums-belebend. Gemäss Walther hauptsächlichaus drei Gründen: Erstens fühlten sich Kun-den besser verstanden und abgeholt. Zwei-tens würden damit die Positionierung einesUnternehmens im Markt, die strategischeMarkenbotschaft und die Verkaufsargu-mente sofort konkreter und kundenrelevan-

ter. Und drittens werde ein Innovations-schub ausgelöst, aus dem neue Produkteund Dienstleistungen resultierten, die derValue Proposition gerecht würden.

Šáchová spricht auch von einer Frisch-zellenkultur, einer Quelle der Erneuerungund meint: «Wir öffnen unseren Auftrag-gebern die Augen und stossen sie auf diejeweiligen Schmerzpunkte der Kunden.»Die von Vendbridge praktizierte Methodebasiert zwar auf Ansätzen des Konsumgüter-marketings. Sie hat sich mittlerweile aber inden verschiedensten Branchen bewährt.

Zu den Auftraggebern der Beratungs-firma mit ihren acht Beschäftigten zählenUnternehmen von Alstom, Bossard undDistrelec bis Sulzer, Syngenta und RocheDiagnostics. Die Beispiele zeigen, dass derCFI-Ansatz sowohl in B2B- als auch in B2C-Märkten bei Firmen zu schnellem und er-folgreichem Wachstum führen kann. «Wirarbeiten branchenunabhängig und habenbisher weltweit in über 120 Projekten rascheErgebnisse mit lang anhaltender Wirkungerzielt», sagt Walther.

Die Auswertung der Analysefindet ihren Ausdruck in

einer quantitativ abgestütztenKundenwert-Landkarte.

ANzEIGE

Page 38: HZ-Special «Marketing»

special marketing

news} gfm Brush up 2014

Digitales Armageddon mit Dietmar Dahmen

} gfm Brush up 2015

Zum Jahresauftakt mit Sven Gábor Jánszky

}marketing-trend-tagung

Achtung neue Location

Vortrag Am Donnerstag, 13. Novem-ber 2014, präsentiert die Gesellschaftfür Marketing (GfM) – gesponsert vonIBM Schweiz – den deutschen Berei-cherer von Menschen, Marken sowieUser Experiences, wie Dietmar Dah-men sich selbst bezeichnet. Er schautauf über 20 Jahre Erfahrung in Mar-keting und Werbung in Hamburg,Los Angeles, München, New Yorkund Wien zurück. Der freie CreativeConsultant referiert von 14.45 bis15.20 Uhr im StageOne in Zürich un-ter dem Titel «Digitales Armageddon

– warum die Strategie der drei Affennicht funktioniert». Die Tagungsge-bühr ist gratis. Anmelden kann mansich online via die GfM-Website.

Vortrag Am Freitag, 16. Januar 2015,tritt der angesagte deutsche Trend-und Zukunftsforscher gleich zweimalin der Schweiz auf. Den ersten «GfMBrush Up zum Jahresauftakt mit SvenGábor Jánszky» hält er von 08.00 bis09.00 Uhr im Hörsaal A003 der Uni-versität Bern. Seinen zweiten Auftrittunter dem Titel «Rulebreaker – Sodenken Menschen, deren Ideen dieWelt verändern» hat er von 12.00 bis

13.00 Uhr im Auditorium der Hoch-schule für Wirtschaft Zürich (HWZ).Die Teilnahmegebühr beträgt jeweils75 Franken für GfM-Mitglieder oder150 Franken für Nichtmitglieder. ImPreis ist zudem ein anschliessenderApéro inbegriffen. Anmelden kannman sich online via die GfM-Website.Ein Vorgeschmack auf den Inhalt sei-ner provokativen Thesen findet sichin diesem Magazin auf Seite 17.

Kongress Die 25. GfM Marketing-Trend-Tagung feiert ihre Jubiläumsdurchführungnächstes Jahr an einem neuen Veranstal-tungsort. Statt im Kongresshaus Zürichtreffen sich interessierte Geschäftsführer,Unternehmer, Marketeers oder Agentur-vertreter im Hotel The Dolder Grand amZürichberg. Ansonsten bleibt sich die Ge-sellschaft für Marketing (GfM) treu. DerKongress am Mittwoch, 18. März 2015, dau-ert von 09.00 bis 17.00 Uhr. Diesmal stehtdie GfM Marketing-Trend-Tagung unter

dem Titel «Marketing-Transformation». Zuden Referenten beziehungsweise Podiums-teilnehmern gehören unter anderem Ste-ven Althaus (BMW), Elke Guhl (Swiss Life),Bernhard Heusler (FC Basel), Heinz Karrer(Economiesuisse), Manuel Nappo (HWZ),Marian Salzman (Havas PR), Marcus Schö-gel (HSG) oder Daniel Sieberg (Google).

www.marketing-trend-tagung.ch

anzeige

Page 39: HZ-Special «Marketing»

Die Marketing-Branche gilt als ungemein dy-namisch und bringt immer neue Aufgaben,Instrumente und Spezialisierungen hervor.Wie erleben Sie diesen Wandel?Es mag durchaus sein, dass neue Funktionenentstehen, neue Instrumente beispielsweise imdigitalen Bereich zusätzliches Wissen erfordern,neue Fähigkeiten gefragt sind. Gleichzeitig ver-schwinden aber auch Funktionen und Instru-mente. Unser Wissen wird konstant erneuert,überarbeitet – einiges ist überholt und wird er-setzt, das ist eine normale Entwicklung. In derSumme bleibt aber die absolute Fülle der An-sprüche an Wissen und Skills in etwa gleich –wie auch ihre ungefähre Ausgestaltung. GrosseVeränderung des Berufsfeldes an sich habe ichfolglich in den letzten Jahren nicht festgestellt.Wo ich aber allerdings einen Wandel feststelle,ist in der Dynamik unseres Alltags. Alles scheintviel kurzlebiger, es wird weniger auf lange Sichtgeplant, spontaner entschieden.

Und welche Folgen hat diese Kurzlebigkeitauf die Entwicklung von Weiterbildungsange-boten?Die Menschen sind ungeduldiger und habendaher andere Erwartungshaltungen. Aus- undWeiterbildungsangebote, die früher drei oder vierJahre dauerten, werden als zu lange angesehen.Zu gross ist die Sorge, zu viel Zeit in etwas zuinvestieren, das bald schon überholt sein könnte.Dabei ist diese Angst aus meiner Sicht unbe-gründet. Das fundamentale Strukturwissen überMethoden und Vorgehensweisen unterliegt kei-ner dieser kurzlebigen Entwicklungen, sondernhat eine ungemein höhere Halbwertszeit.

Meine Aufgabe ist es aber, den Markt zu bedie-nen und nicht zu belehren; d.h. die veränderteNachfrage zu befriedigen. Entsprechend struktu-rieren wir die Zeitmodelle von Bildungsformatenneu. Ein Abschluss beispielsweise, der früherneun Monate dauerte, wird nun mit Zwischen-

abschlüssen angeboten und dauert drei Mal dreiMonate. Das Grundgerüst bleibt indes gleich:Methoden, Strukturen und Modelle von Marke-ting-Konzepten bilden das Fundament. Lediglichder Mix der Instrumente verschiebt sich analogzu den natürlichen Langzeitentwicklungen imMarkt von Zeit zu Zeit, wie beispielsweise eineverstärkte Verlagerung weg von Print zu Onlinein der Medienwahl.

Durch diese Umstrukturierung der Bildungs-formate ergeben sich aber auch neue Kom-binationsmöglichkeiten. Führt das nicht zueiner gewissen Intransparenz?Bildung ist ein Investitionsgut. Und das Tätigendieser Investition setzt eine Auseinandersetzungmit dem Angebot, aber auch mit den eigenenKenntnissen, Ansprüchen und Zielen voraus undsollte der Berufsphase, in der man sich befindet,entsprechen. Entweder wird das Fundamentdurch eine generalistische Qualifikation gelegtund breites Grundwissen vermittelt, oder Wei-terbildungsprogramme vertiefen fachliche Spe-zialisierungen oder breitgefächerte Qualifika-tionen auf Management-Stufe. Das umfassendeBildungsangebot in der Schweiz ist letztlichFluch und Segen zugleich. Natürlich entstehtdurch die Fülle eine gewisse Intransparenz, diesekann aber durch Recherche relativ leicht aufge-löst werden. Anderseits kann jedes Bildungs-bedürfnis quasi unabhängig von Bildungsgradund Berufserfahrung befriedigt werden: vomOrchester, den Spezialisten und Projektmana-gern auf fachlicher Stufe, bis hin zum Dirigenten,dem Generalisten und Geschäftsführer auf Ma-nagerstufe. Somit ist der Segen der Angebots-fülle merklich grösser als sein Fluch.

Und welche Rolle übernimmt Swiss Marke-ting bei der Strukturierung von Bildungsfor-maten?Als Berufs- und Fachverband holen wir die Ant-worten bezüglich Ansprüchen und Entwicklun-

«Viele Entwicklungen rüttelnkaum am Grundgerüst»

Dr. Peter Petrin ist Direktor des SIBSchweizerisches Institut für Betriebs-ökonomie und Vizepräsident desZentralvorstands von Swiss Marketing,dem Berufs- und Fachverbandfür Marketingexperten, wo er dasRessort Bildung verantwortet.

Dr. Peter Petrin über den Fluch des Trends zur Kurzlebigkeit

und den Segen der Angebotsfülle im Bildungsbereich.

Weiterkommen mit

Swiss Marketing · Talacker 34 · CH-8001 Zürich · Tel. +41 44 914 44 44 · www.swissmarketing.ch

gen direkt aus der Wirtschaft. Momentan führenwir zum Beispiel gerade eine Berufsfeldanalyseim Marketing und im Verkauf durch und befra-gen systematisch Praktiker nach den Arbeits-situationen, denen sie täglich begegnen. Diegewonnen Erkenntnisse münzen wir auch aufunser Prüfungssystem um und legen es immerso an, dass sowohl Grundwissen entsprechenddem Fundament als auch seine konkrete Anwen-dung gefragt sind. Das ist die Stärke unseresSystems: der Praxisbezug.

Es ist diese Fokussierung auf die Praxis, die unserPrüfungssystem prägt, nicht Branchen-Trendsoder der Trend zur Kurzlebigkeit. Dadurch haltenwir eine Ankerfunktion inne, was in Sachen Bil-dung eine extrem wichtige Rolle spielt. Aus un-seren fünf Qualifikationen ergeben sich Berufs-bezeichnungen, Fachausweise und Diplome, dieauch in Jahren noch einen hohen Stellenwerthaben. Swiss Marketing bietet fünf Qualifikatio-nen: zwei auf der Fachausweisstufe (Marketing-und Verkaufsfachleute), zwei auf der Diplom-stufe (Verkaufs- und Marketingleiter) und einehöhere Fachschule (Marketingmanager).

Publireportage

Page 40: HZ-Special «Marketing»

Wir sehen eine Schweiz,in der auch Ihr besonderer Ortein hervorragendes Netz hat.

Eine Schweiz, in der Sie flexibelarbeiten können.

Und in der die Neugier Ihrer Kinderim Netz ungefährlich ist.

Eine Schweiz, in der Jugendlichein der Ausbildung über sichhinauswachsen können.

Wir sehen eine Schweiz, in derEngagement ausgezeichnet wird.Danke für den GfM-Preis 2014.

Willkommen im Land der Möglichkeiten.swisscom.ch/moeglichkeiten