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1. Oktober 2014 | 40 Phänomen Freikirchen Inmitten der Säkularisierung unserer Tage sind viele evangelisch-freikirchliche Gemeinden quicklebendig. Religionssoziologen suchten nach ihrem Geheimnis. Seite 8 Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt 4 Sterben Eine Mehrheit befürwortet den „Alterssuizid” | 13 Porträt Andrea Trummer und Susanne Soppelsa gestalteten ein Kinderbuch | 17 idea-Leserreise Auf den Spuren Luthers 24 Mission Das Tee-Mobil wird 40 und steht vor neuen Herausforderungen www.ideaschweiz.ch Nachri i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i i c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c c h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h h ten und Meinunge

Idea Spektrum Schweiz 40/2014

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Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt mit Fokus auf die Schweiz und Deutschland.

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Page 1: Idea Spektrum Schweiz 40/2014

1. Oktober 2014 | 40

Phänomen FreikirchenInmitten der Säkularisierung unserer Tage sind viele evangelisch-freikirchliche Gemeinden quicklebendig. Religionssoziologen suchten nach ihrem Gehe imnis. Seite 8

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

4 Sterben Eine Mehrheit befürwortet den „Alterssuizid” | 13 Porträt Andrea Trummer und

Susanne Soppelsa gestalteten ein Kinderbuch | 17 idea-Leserreise Auf den Spuren Luthers

24 Mission Das Tee-Mobil wird 40 und steht vor neuen Herausforderungen www.ideaschweiz.ch

Nachriiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiicccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccccchhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhten und Meinunge

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idea Spektrum 40.2014

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16. April 2014 | 16

„Glauben wir, was Jesus sagt?“

Charles Reichenbach über einen

Autounfall, die Osterbotschaft

und seine Liebe zu Israel.

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

5 Songline Musicals mit 650 jugendlichen Stars | 11 Ostergarten Passionsgeschichte mit

allen Sinnen erleben | 16 Mercy Ships René Lehmann dient mit den Schiffen der Gnade

24 Diakonissen Eine Bewegung auf der Suche nach einer Zukunft www.ideaschweiz.ch

„Glauben wir, was Jesus sagt?“

Songline Musicals mit 650 jugendlichen Stars | 11

allen Sinnen erleben | 16 Mercy Ships René Lehmann dient mit den Schiffen der Gnade

Diakonissen Eine Bewegung auf der Suche nach einer Zukunft

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30. April 2014 | 18

„Ich stehe häufig im Gegenwind“Gottfried Locher im Interview. Seite 7

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

5 Ungewöhnlich Jugendliche bezahlen anderen die Zeche | 15 Dok-Film Freikirchen unter Generalverdacht? | 16 125 Jahre SAM Missionsgesellschaft feiert hohen Geburtstag

28 Theologie Was sagt die Bibel darüber , wer heilig ist? www.ideaschweiz.ch

5 Ungewöhnlich Jugendliche bezahlen anderen die Zeche unter Generalverdacht? |28 Theologie Was sagt die Bibel darüber , wer heilig ist?

Überraschen SieÜberraschen Sie

5 Senioren Impulse für Menschen im reiferen Alter | 10 Interview Susanne Geske über

das Leben nach der Ermordung ihres Mannes | 17 Halleluja Jo Der nächste Lebensabschnitt

24 Vergebung Über dieses biblische Kernthema herrscht vie l Unklarheit www.ideaschweiz.ch

19. März 2014 | 12

Vergebung

macht frei

Ihr Mann wurde brutal ermordet.

Warum Susanne Geske nicht

verbittert ist.

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

Überraschen SieÜberraschen Sie

5 Senioren Impulse für Menschen im reiferen Alter

das Leben nach der Ermordung ihres Mannes

24 Vergebung Über dieses biblische Kernthema herrscht vie l Unklarheit

Vergebung

macht frei

Ihr Mann wurde brutal ermordet.

Warum Susanne Geske nicht

verbittert ist.

4 Studientag Orte der Entschleunigung gestalten | 7 StopArmut Nachhaltigkeit in

der

Wirtschaft fördern |

17 Aufklärung Wirbel um den „Pubertätstag“ an Binninger Schule

26 Streitgespräch Was macht denn eine gute Predigt aus?

www.ideaschweiz.ch

26. Februar 2014 | 9

„Tretet auf,

redet klar!“Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

PR-Profi

Klaus J. Stöhlker

über Kirche und

Kommunikation

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Page 3: Idea Spektrum Schweiz 40/2014

EDI TOR I AL 3

Liebe Leserin, lieber LeserIn Sachen Innenschau sind die Freikirchen stark. Sie kennen viele inter­ne – auch kontroverse – Abhandlungen über „richtigen“ Gemeinde­bau und verantwortungsvollen Lebensstil. Für die Wahrnehmung der Freikirchen von aussen sorgen Sektenexperten. Auch wenn manche ihrer Beobachtungen Hinweise auf Fehlverhalten liefern, so ist doch ihr penetrant nörgelnder Unterton in Sachen Freikirchen stossend. Wer sein Leben aus freien Stücken an der Bibel orientiert, gilt als verführt oder dumm. Die Medien haben es immer noch nicht ge­merkt: Seit Jahren stützen sie die Existenz eines einseitigen Experten­ Monopols. Damit verpassen sie es, ihren Lesenden und Zuhörenden objektive Einschätzungen zu liefern. Zum Beispiel, warum manche Freikirche so quicklebendig ist oder weshalb neben leeren Kirchen neue Gemeinden entstehen. Doch es gibt Hoffnung!Unser Titelthema beschreibt, wie Religionssoziologen die Bewegung der Evangelisch­Freikirchlichen betrachten. Ihre als Buch veröffent­lichte wissenschaftliche Studie ist anders als alles, was bis heute an objektiver Information über Freikirchen existierte. Für Freikirchler ist sie wegen ihrer sachlichen Distanziertheit und Sprache ungewohnt, aber durchaus interessant. Ausgangspunkt war die Frage: Warum kann sich das evangelisch­freikirchliche Milieu erfolgreicher in un­serer Gesellschaft behaupten als andere religiöse Gruppen? Nach der Auswertung von 1100 Fragebögen und Dutzenden von Interviews steht die Antwort fest. Das Geheimnis der Freikirchen liegt – sozio­logisch bewertet – in ihrer Fähigkeit zum Wechselspiel von Öffnung und Abschottung, von Anpassung und Ablehnung, von Moderne und Konservativismus. Die freikirchliche Bewegung hält einerseits an einem harten Kern von Überzeugungen fest, übernimmt aber ander­seits die heutigen gesellschaftlichen Entwicklungen. Besonders er­folgreich im Wettbewerb zwischen religiös und säkular ist der charis­matische Typus. Jüngere Menschen aus eher klassischen und konser­vativen Freikirchen möchten vermehrt charismatische Merkmale in ihre Lebensweise einbeziehen. Auch das ist ein Ergebnis der Studie.Wer vom Phänomen der Freikirchen irritiert ist, dem gibt dieses Buch Einsicht in ihre Vielfalt. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass Mei­nungen differenzierter und Vorurteile abgebaut werden.

Rolf Höneisen

Freikirchen unter der Lupe

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BIBLISCHWenn Gott für uns ist, wer kann wider uns sein?Römer 8,31b

Warum nur haben so viele gläubige Menschen Angst? Angst vor Anders­gläubigen, Ungläubigen, vor Frem­den, Angst vor Unbekanntem, aber auch Angst vor dem Wissen der Menschen – Angst vor allem, was sie nicht kennen und verstehen? Ich begreife das nicht, haben wir doch den Glauben an Gott. Den Glauben an den, der uns so wie wir sind an­nimmt und liebt, der bedingungslos für uns ist! Wer kann uns da etwas anhaben? Also, legt die Angst ab! Wir können aus dem Vertrauen heraus leben. Legt die Angst ab vor anderen Lebensentwürfen. Vertraut darauf, dass die Liebe, mit der wir auf andere zugehen, auch als Liebe wieder zurückkommt. Und vertraut darauf – falls wir hintergangen wer­den –, dass wir mit Gottes Hilfe auch damit umgehen können und keinen Schaden nehmen. Es ist wirklich so: „Wenn Gott für uns ist, wer kann wider uns sein?“

Ein Lieblingsbibelwort von Roman Angst, Pfarrer in der Bahnhof­kirche in Zürich. www.bahnhofkirche.ch

Bildnachweis: GVC Winterthur (Titelseite); zvg (Seite 3)

Impressum Idea Schweiz

Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident, Sam Moser Stellvertreter, Paul Beyeler, Hans Lendi, Helmut Matthies, Matthias Spiess, Andrea Vonlanthen Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 44, Fax 031 819 71 60 E-Mail: [email protected] Internet: www.ideaschweiz.ch

Chefredaktor: Rolf Höneisen (rh) Büro: Steinackerstrasse 4, 9214 Kradolf-Schönenberg, Tel./Fax 071 642 44 21 E-Mail: [email protected]: Thomas Feuz (tf ), Christof Bauernfeind (chb) Erweitertes Team: Christian Bachmann (cb), Mirjam Fisch-Köhler (mf)

Verlagsmanager: Bruno Jordi, 031 818 01 [email protected] Kundenberatung Anzeigen: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 42; Fax 031 819 38 54 E-Mail: [email protected]

Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Franziska Schüller, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54E-Mail: [email protected]: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Einzelverkaufspreis: CHF 4.–Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: www.jordibelp.chSpendenkonto: Idea Information AG, 4410 LiestalPostFinance, 3013 Bern, Konto-Nr. 40-788586-4IBAN-Nr. CH14 0900 0000 4078 8586 4BIC-Code POFICHBEXXX

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N ach einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Zeitung Reformiert finden

68 Prozent der Befragten die Möglichkeit zum erleichterten Alterssuizid „eher gut“ oder „sehr gut“. Vor allem die Alters gruppe zwischen 55 bis 74 Jahren will eine liberale Lösung. Selbst einmal vom Altersfreitod Gebrauch zu machen, können sich dage-gen nur 51 Prozent vorstellen. Die breite Unterstützung beruht vor allem auf dem Argument der Selbstbestimmung: 77 Pro-zent stimmen dem Grundsatz zu, dass Menschen ihre Eigenverantwortung auch

Mehrheit will „Alterssuizid“ erlaubenUMFRAGE Klare Mehrheit der Bevölkerung ist für eine Legalisierung des Alterssuizids. Gottfried Locher: „Eine menschenverachtende Idee“.

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Überall rote RegenschirmeFLASHMOB IN ST. GALLEN MACHTE AUF „LIFE ON STAGE“ AUFMERKSAM

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Manche Sprichwör­ter finde ich doof.

„Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“ Oder: „Morgen­stund hat Gold im

Mund“. Oder: „Sich regen bringt Segen“. Genauer betrachtet wirken diese Sprüche wie Glaubenssätze einer Arbeitgeberpartei. Man könnte genauso gut sagen; „Schnauze halten, Wecker um fünf Uhr stellen und beweg deinen Hintern, wenn du am Ende des Monats Geld sehen willst.“ Oft sind solche Sätze einfach da, um nicht selber reflektieren zu müssen oder unbequeme Fragen und die Menschen dahinter schnell abzuservieren. Ich erinnere mich, wie mich als junge Christin Fragen zu meinem Halbbruder beschäftigten. Er hatte Selbstmord begangen. Das hat mich natürlich bewegt. Aufgewühlt wollte ich mich mit einem Seelsorger darüber aus­tauschen. Und was war die Antwort auf meine Fragen? „Lass die Toten die Toten begraben.“ Im Laufe meines Lebens – und dem Leben anderer – sind noch mehr solche mangelhaften Antworten dazu gekommen. Wenn Schreckliches passiert: „Gott hat einen Plan, man weiss nie, was dabei Gutes herauskommt.“ Bei Zukunfts­fragen: „Gott wird dir schon zeigen, was du lernen sollst.“ Bei Ängsten vor dem  Älterwerden: „In der Ewigkeit wird  alles besser.“ Irgend­ein Quäntchen Wahrheit steckt ja hinter diesen Antworten. Trotzdem wünschte ich mir auf schwierige Lebens­ und Glaubensfragen mehr durchdachte Antworten. Nicht einfach Bibelverse. Vielleicht sollten wir weniger Energie in evangelisti­sche Hochglanzveranstaltungen stecken, dafür umso mehr in lebens­relevante Seelsorgebegleitung. Das ist dann halt nicht so plakativ und nicht so laut, dafür echte Lebenshilfe.

Verena Birchler ist Leiterin Kommunika-tion bei ERF Medien in Pfäffikon ZH.

SEK-Präsident Locher: „Die Gesellschaft hat ein gestörtes Verhältnis zum Alter.“

im Sterben wahrnehmen dürfen. 71 Pro-zent sind der Meinung, dass Religionen in Fragen der Sterbehilfe keine Vorschrif-ten machen sollen, nur 27 Prozent halten die Lehre einer Kirche diesbezüglich für wichtig. Die Sterbehilfeorganisation Exit hatte im Mai entschieden, sich dafür ein-zusetzen, dass nicht nur unheilbar kranke Menschen Zugang zu Sterbemitteln er-halten, sondern auch betagte, lebenssatte Personen.

„Wir leben, um Gott zu loben“Der Präsident des Kirchenbundes SEK Gottfried Locher äusserte in einem Inter-view mit ref.ch, der „Alterssuizid“ sei eine „menschenverachtende Idee“. „Unsere Gesellschaft hat ein gestörtes Verhältnis zum Alter, wir sehen es nur als Last“, sagte Locher. „Wir leben, um Gott zu loben. Auch schwach, krank und alt, ob ich etwas tue oder bloss noch bin.“ Für Locher kommt ei-ne Mitarbeit bei Exit nicht infrage. Er wolle nicht Hand dazu bieten, dass kranke und alte Menschen das Gefühl bekommen, ihr Tod wäre für die Gesellschaft kein Verlust, sondern eine Erlösung. (chb) •

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Samstagnachmittag, in der St.Galler Markt-gasse. Der Auftritt einer Tanzgruppe lässt die Passanten für einen Augenblick verwei-len. Die Tänzer beenden ihre Vorführung mit aufgespannten Regenschirmen. Einige Umstehende klatschen und bemerken da-bei verblüfft, wie sich überall um sie herum rote Schirme mit dem Logo „Life on Stage“ öffnen. Die freundlichen Schirmträger ver-teilten Flyer für die Musical-Evangelisation vom 11. bis 15. November. Den Flashmob organisiert hat das Netzwerk St. Gallen. (id)

b www.lifeonstage.ch; www.netzwerk­stgallen.ch

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NOTIERTBund soll sich verstärkt für die Religionsfreiheit einsetzenDie Nationalräte Marianne Streiff (EVP), Philipp Hadorn (SP) und Erich von Siebenthal (SVP) reichten am 25. Sep-tember im Parlament vier Vorstösse zum Thema Religionsfreiheit ein. Hinter-grund sind die weltweit zunehmende Diskriminierung religiöser Minderheiten. Die Motionäre fordern von Bundesrat und Verwaltung, mehr für deren Schutz zu tun. Zusätzlich verlangt ein Postulat einen Bericht über die Situation religi-öser Minderheiten und mögliche Mass-nahmen der Schweiz.

TG: Keine KleidervorschriftenDer Thurgauer Grosse Rat hat am Mon-tag eine Motion mit 62 Nein gegen 51 Ja für nicht erheblich erklärt. Der Vorstoss von drei SVP-Kantonsräten hätte es den Schulgemeinden ermög-licht, Kleidervorschriften und damit z. B. auch ein Kopftuchverbot zu erlassen.

Zürich: Deutliches Ja zu einer Gesamt-Kirchgemeinde Aus den 34 reformierten Kirchgemein-den des Stadtverbandes Zürich wird eine einzige Kirchgemeinde. Die Liegen-schaften werden zentral verwaltet. In der Urnenabstimmung vom Sonntag ha-ben nur Oberengstringen und Witikon die heutige Struktur mit 34 autonomen Gemeinden beibehalten wollen. Bereits ab 2019 soll in der neuen Struktur gear-beitet werden.

Nur die Hälfte der Schweizer Konfirmanden glaubt an GottDie Aussicht auf ein grosses Fest und Geschenke sind die Hauptmotivation, weshalb reformierte Jugendliche sich konfirmieren lassen. An Gott glaubt jedoch nur die Hälfte der Befragten. Dies zeigt die erste gesamtschweize-rische Konfirmanden-Studie, die an der Universität Zürich erstellt wurde. Im-merhin: Jeder siebte Konfirmand gab zu Protokoll, oft zu beten.

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„Gemeinschaft heisst, sich verletzlich zu machen“, sagt Film-Initiant Mark Fels.

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I ch bin überzeugt, dass die westliche Christenheit die Kraft der Gemeinschaft

neu entdecken kann“, sagt Mark Fels, Gründer und Leiter der Lebensgemein-schaft „Basivilla“ in Ostermundigen BE. Dieses Anliegen habe er schon vor Jahren in einer Filmdokumentation darstellen wollen. Doch erst jetzt habe er mit Tamara Rüfenacht und Jonathan Hess die richtigen Leute gefunden, um das Projekt umzu-setzen. Die beiden jungen Filmemacher aus dem Kanton Bern besuchten neun ver-schiedene Gemeinschaften in der Schweiz und in England. Die authentischen und lebensnahen Aussagen der Bewohner wechseln sich in dem 30-minütigen Film mit stimmungsvollen Impressionen ihres Alltags und ihrer Lebensräume ab. So entstand ein eindrückliches Plädoyer für das gemeinschaftliche Leben, mit seinen Vorteilen, aber auch seinen Herausforde-rungen und Hürden.

„Komische Klischees“„Oft ist die Vorstellung von gemeinschaft-lichem Leben mit komischen Klischees be-haftet, die Menschen davon abhalten, sich näher damit zu befassen“, bedauert Mark Fels. „Der Film soll helfen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.“ Gemeint ist etwa das Vorurteil, Lebensgemeinschaf-ten würden einen reinen Selbstzweck ver-folgen und sich abschotten. Für Thomas Widmer-Huber, Leiter des Gemeinschafts-hauses Moosrain und der Fachstelle Ge-meinschaftliches Leben in Riehen BS, kommt im Film klar zum Ausdruck, „wel-che Chancen und welcher persönliche Gewinn ein gemeinschaftlicher Lebensstil in sich birgt.“ Es werde aber auch gezeigt, wie auf unterschiedliche Art und Weise in die Gesellschaft hineingewirkt wird, etwa

Vom Wert des Lebens in GemeinschaftDOKUMENTARFILM Der Dokumentarfilm „Leben in Gemeinschaft“ ist ein Plädoyer für einen Lebensstil jenseits des Individualismus.

durch Gastfreundschaft oder sozial-diako-nisches Engagement. Auch die Schwierigkeiten des Miteinan-ders verschweigt die Dokumentation nicht. „Nur weil man unter einem Dach lebt, ist das noch keine Garantie dafür, dass man wirklich Gemeinschaft hat“, erklärt Mark Fels vor der Kamera. Gemeinschaft bedeu-te, sich dem anderen zu offenbaren und dabei selbst verletzlich zu werden. „In-timität heisst übersetzt so viel wie ‚in die Furcht hinein‘.“ Es sei ein Leben, das nur durch Verzicht möglich sei, weil man ein Stück Unabhängigkeit verliere. Letztlich bekomme man aber mehr zurück als man aufgebe, so der Grundtenor im Film.

Ohne Gebet geht es nicht„Das gemeinsame Leben funktioniert nur, wenn wir an der Beziehung zu Gott und an der Beziehung zueinander dranbleiben“, betont Werner Weiss von Don Camillo in Montmirail NE. Dementsprechend sei das Gebet ein besonders wichtiges Element ihrer Kommunität. „Nicht die Form des verbindlichen Lebens soll in diesem Film hervorgehoben wer-den, sondern sein Wesen. Das Liebesge-bot von Jesus kann nur in verbindlichen Beziehungen gelebt werden“, hält Mark Fels fest. Für Thomas Widmer-Huber füllt der Film eine Medienlücke. Bisher gebe es zwar einige Artikel und Bücher zum The-ma sowie das Portal commonlife.ch, „aber nun gibt es einen eindrücklichen Film“, freut er sich. Seit der Premiere ist der Film online abrufbereit. Die eigens geschaffene Webseite bietet zudem vertiefende Infor-mationen über die beteiligten Gemein-schaften und Bonusmaterial. (chb) •

b www.leben­in­gemeinschaft.ch

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idea Spektrum 40.2014

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4 StopArmut Simonetta Sommaruga will handeln | 7 Verfolgte Kirche Im Gespräch mit

HMK-Präsident Linus Pfister | 11 Campus für Christus 40-Jahrfeier und ein Leiterwechsel

XX Glaube Das Jüngste Gericht – an Jesus kommt keiner vorbei

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19. März 2014 | 12

Vergebung

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Warum Susanne Geske nicht

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Schloss Trachselwald ist ein geschichtsträchtiger Ort, gerade für die Täuferbewegung. Kommt genügend Kapital zusammen, soll darin deren Geschichte erzählt werden.

Schloss Trachselwald soll Täufergeschichte erzählenSPONSORENSUCHE Die Zukunft von Schloss Trachselwald ist ungewiss. Geht es nach Paul Veraguth, einem Pfarrer mit Täuferwurzeln, dann soll hier auch ein Begegnungsraum für Täufergeschichte entstehen.

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D as Emmental war früher ein zentrales Gebiet der Täuferbewegung im Kan-

ton Bern. Das über dem Dorf thronende Schloss Trachselwald diente noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im-mer wieder als Gefängnis und Kerker für verfolgte Christen mit täuferischer Ge-sinnung. Nachdem es schon längere Zeit Täuferwege bei Sumiswald und im Trub gibt, werden seit der Aufhebung des Regierungsstatthalteramtes (2009) im Schloss neue Anstrengungen unternom-men, dieses als Begegnung mit der Ge-schichte, speziell als Gedenkstätte für die Täufergeschichte zu nutzen. Bereits seit vier Jahren liegt ein Kon-zept vor: Das Schloss sollte durch Aus-stellungen und Begegnungsraum seine Geschichte erzählen, neben der Täufer-geschichte auch seine Rolle im Bauern-krieg und als Gotthelfs Armenanstalt für Buben. Die Gründung der erforder-lichen Stiftung scheiterte bisher an den Finanzen.

Pfarrer nimmt neuen AnlaufDas Schicksal von Schloss Trachselwald bewegt den Wattenwiler Pfarrer Paul Veraguth. In diesem Frühjahr vernahm er von der Existenz einer Arbeitsgruppe (Regierungsstatthalter Emmental-Ober-aargau, Markus Grossenbacher, Gemeinde-präsidenten Christian Kopp und Christian Waber, Trachselwald und Sumis wald, Tou-rismus Emmental). Dieses Team liess eine Projektstudie anfertigen und war auf der Suche nach dem auf Jahres ende erforder-lichen Stiftungskapital von 500 000 Fran-ken. Veraguth begann sich dafür zu enga-gieren, dass auch Sponsoren aus den USA an Bord geholt würden. Dazu nutzte er seine Kontakte in die USA, also dort, wo-hin viele Täufer ausgewandert sind. De-ren Nachfahren reisen häufig auf Spuren-suche ins Emmental. Veraguth setzte erste Schritte dieser Idee um, die schon länger in der Luft lag: Amerikanische Nachfahren der Täufer lassen sich in eine Partnerschaft

mit den Schweizer Mennoniten und der Arbeitsgruppe einbinden, denn: „Das Schloss ist für die Amischen und M ennoniten e in unersetzlicher Pro-grammpunk t auf ihren Reisen in ihre einstige Heimat. Es steht wie keine andere Stätte für die jahrhunderte-lange Verfolgung der Täufer.“ Ein histo-risch ausgerichtetes Begegnungszentrum zur Erinnerung an die Täuferverfolgung käme deshalb vor allem diesen „Heritage-Tours“ sehr gelegen. Die Rückendeckung durch die Schweizer Mennoniten, von denen Pfarrer Veraguth mütterlicherseits ein Nachfahre ist, war ein entscheidender Anstoss für seine Sponsoren-Reise in die USA. Im Juli bereiste er zwei Wochen lang Gebiete in Indiana, Ohio und Pennsylva-nia, wo Amische und Mennoniten einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung stel-len. Das Ziel war, Werbung für das Schloss-projekt zu machen und Finanzen zusam-menzubringen. „Hilfreich war, dass ich das Schloss an sich nicht mehr gross vorstellen musste – es ist dort bestens bekannt“, er-zählt Veraguth. Bis zu einem Viertel der Zuhörer an seinen öffentlichen Vorträ-gen waren schon einmal in Trachselwald gewesen. Veraguth: „Diese Leute gehen nicht aufs Jungfraujoch, sie interessieren sich vor allem für die Verliese im Schloss, dort, wo ihre Vorfahren einst eingesperrt waren.“ Da die Amischen kein Internet nut-zen, stellte Paul Veraguth neben anderem einen Kalender fürs Jahr 2015 mit Trach-selwald-Motiven her. Diesen verteilte er in den USA. Aber auch eine englischspra-chige Webseite ist entstanden. Zudem produzierte Veraguth eine 75-minütige DVD-Dokumentation, die er zu Hunderten verschenkte.

Nach seiner Rückkehr aus den USA ist Paul Veraguth zuversichtlich, dass Geld aus den USA für die Umnutzung des Schlosses flies-sen könnte. Es brauche Geduld, da die Ame-rikaner (Firmen wie Kirchen) oft erst Ende Jahr beschliessen, wie sie ihren „Zehnten“ einsetzten.Die Kosten für die Umnutzung des Schlos-ses werden auf 3,3 Mio. Franken veran-schlagt. Aus dem Lotteriefonds sollen 1,1 Millionen fliessen, sofern bis Jahresen-de eine halbe Million Franken als fixes Stif-tungsvermögen zusammenkommt. Paul Veraguth: „Dies ist auch eine einmalige Gelegenheit für reformierte und freikirch-liche Gemeinden, die Neugestaltung dieser Geburtsstätte evangelischen Glaubens zu unterstützen.“ Bis heute gehört das Schloss dem Kanton Bern. Dieser will das Gebäude zum symbolischen Preis von einem Fran-ken einer Stiftung übergeben. •Reinhold Scharnowski/Livenet

b www.trachselwald-castle.ch

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Um die Stabilität und das Wachstum der frei­kirchlichen Gruppen, Gemeinden und Bewe­gungen zu erklären, werden üblicherweise zwei

Thesen zitiert. Erstens: Freikirchen überleben, weil sie sich abkapseln, um sich vor den gesellschaftlichen Ein­flüssen zu schützen. Zweitens: Freikirchen verstehen es, sich in ihr Umfeld zu integrieren und anzupassen. Jürg Stolz und sein Team, zu dem auch der Neuenbur­ger Soziologe, Theologe und freikirchliche Pastor Olivier Favre gehört, präsentieren im neuen Buch „Phänomen

Frei kirchen. Analysen eines wettbewerbsstarken Milieus“ (Verlag TVZ) eine weitere These. Sie lautet auf gut Sozio­logendeutsch: „Dass sich das evangelisch­freikirchliche Milieu … ausbreiten kann, hat damit zu tun, dass es sich vor dieser Konkurrenz zu schützen weiss, indem es um sich herum Grenzen errichtet und zugleich wettbewerbs fähige Produkte anbietet.“ Die Freikirchen hätten die Fähigkeit entwickelt, sich „in die Realität des aktuellen Marktes“ einzubringen“. Sie würden „attraktive Produkte“ anbieten, die mit den säkularen Angeboten konkurrieren könnten.

STUDIE Für Religionssoziologen ist es absolut ungewöhnlich, dass sich die Freikirchen im aktuellen gesellschaftlichen Umfeld behaupten können. Ein Team um den Lausanner Soziologieprofessor Jürg Stolz beleuchtete das Phänomen. Jetzt erscheint die Studie als Buch. Von Fritz Imhof

Phänomen Freikirchen

„Studie gibt mir Impulse für die eigene Gemeindearbeit“Mitautor Olivier Favre über persönliche Erkenntnisse, Über-raschungen und den Wert des Buches „Phänomen Freikirchen”.Olivier Favre, was ist für Sie als freikirchlicher Pastor und Mitautor die überraschendste Erkenntnis im Buch „Phänomen Freikirchen“?Es gab auch für mich einige Überraschungen. Schon die Anzahl der Freikirchen in der Schweiz hat mich überrascht. Aber auch wie sich die Gemeinden soziologisch gesehen entwickeln. Überrascht haben mich zum Beispiel die Auswirkungen der Kinderarbeit und ihre Bedeutung für das Wachstum und den Erhalt der Mitglieder-zahlen. Auch die Interaktion zwischen religiöser Erziehung zu Hau-se und Kinderarbeit in den Gemeinden finde ich spannend.

INTERVIEW MIT OLIVIER FAVRE, SOZIOLOGE, MITAUTOR UND FREIKIRCHLICHER PASTOR

Wo hat die Arbeit Ihren eigenen Horizont erweitert?Ich habe heute ein besseres Verständnis für die Denkweisen inner-halb der Gesellschaft in den speziellen Milieus, von denen auch das evangelikale Milieu eines ist.Es ist mir dabei klarer geworden, wie und welche Leute Anschluss an eine Gemeinde finden. Deutlicher ist mir auch geworden, wie Mit-glieder der Freikirchen mit andern Leuten in Kontakt kommen und sie sie für die Gemeinde gewinnen können. Und wie sie selbst zum Glauben gefunden haben.Das war für mich inspirierend. Das hat mich auch angeregt, die ei-gene Gemeindearbeit zu überdenken.

Soziologe und Pastor Olivier Favre: „Einiges war überraschend."

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Interessant ist es allemal, wie die freikirchliche Bewe­gung für einmal wissenschaftlich untersucht und dar­gestellt wird. So ist den Religionssoziologen aufgefallen, dass Freikirchen ein Wertesystem aufbauen, welches gemeinsam gelebt und damit indirekt auch gegen seitig kontrolliert wird. Die Freikirchler pflegen demnach ein intensives Gemeinschaftsleben, bei dem man sich in diesen Haltungen und Werten bestärkt und ermutigt. Gleichzeitig bieten Freikirchen eine breite Palette von Angeboten an, von der Kinder­ und Jugendarbeit über Familienhilfe, Eheberatung, Ferien etc. Zudem sind viele Mitglieder aktiv in das Gemeindeleben und seine Unter­nehmungen eingebunden. Sie halten die zahlreichen Pro­gramme am Leben. Dem Autorenteam ist auch aufgefallen, dass die freikirch­lichen Werte durchaus nicht nur konservativ sind. Viel­mehr könnten sie auch Menschen der „Ich­Gesellschaft“ ansprechen und damit das Bedürfnis nach individueller Entfaltung erfüllen. Dazu gehört die Möglichkeit, sich bewusst für den Glauben zu entscheiden, aber auch die Freiheit, sich eine Freikirche nach dem eigenem Gusto auszusuchen – eine, die den eigenen Bedürfnissen am besten entspricht. Gemeinsames Bindeglied seien Bekeh­rung und Wiedergeburt, auch wenn diese je nach Tempe­rament und Herkunft sehr unterschiedlich erlebt würden.

Drei GrundtypenDas Autorenteam stand gleich zu Beginn seiner Arbeit vor der Herausforderung, die grosse Vielfalt an evange­lisch­freikirchlichen Gemeinden in Kategorien einzutei­len, um die Unterschiede herauszuarbeiten. Sie bildeten drei Typen: charismatische Freikirchen, klassische Frei­kirchen und konservative Freikirchen. Auf eine Zuord­nung ganzer Denominationen zu einer dieser Kategorien

wurde verzichtet. Aus gutem Grund. Die Soziologen stell­ten fest, dass auch häufig in­nerhalb eines einzelnen Frei­kirchenverbandes Gemeinden unterschiedlich ausgerichtet sind – von charismatisch bis konservativ. Zudem steht den Mitgliedern jedes Gemeinde­typus ein breites Angebot von Frömmigkeitsstilen über die ei­gene Gemeinde hinaus zur Ver­fügung. Am besten verstehe es das „charismatische Submilieu“, traditionelle Werte mit modernen Trends, individueller Entfaltung und persön­lichen Charismen zu verbinden und damit attraktiv zu sein. So wird im Buch festgestellt.

Unterschiedliche WertehaltungenAuf der Suche nach einem Begriff für das Phänomen der Freikirchen und deren „Milieu“ entschieden sich die Autoren für die „Evangelisch­Freikirchlichen“. Die­se Bezeichnung schliesst auch Mitglieder landeskirch­licher Gemeinden ein, die eine freikirchliche Prägung haben und die wichtigsten freikirchlichen Werte teilen. Die Soziologen vermeiden Begriffe wie Fundamentalis­ten oder Evangelikale, wie sie oft in säkularen Medien mit ab wertender Färbung verwendet werden. Es ist über­

Die Soziologen unterscheiden drei Gemeindetypen: konservativ, klassisch, charismatisch.

Worin liegt der Hauptwert des Buches für die Verantwortlichen in den Freikirchen?Sie gewinnen damit einen soziologisch fundierten Überblick über wichtige Themen wie z.B die Bekehrung. Die Interviews mit Mitglie dern sind sehr aufschlussreich. Einiges kommt uns bekannt vor, aber man entdeckt auch Nuancen, auf die man ohne diese Interviews nicht unbedingt gekommen wäre – z.B. auch über das geistliche Le-ben der Mitglieder. Sehr aufschlussreich ist das Kapitel, das sich der Frage stellt, weshalb Leute eine Gemeinde verlassen haben. Das war für mich sehr interessant, wenn auch nicht unbedingt erfreulich.

Stellen Sie gewisse Ergebnisse in Frage?Nein. Wir (das Autorenteam, Red.) haben jedes Kapitel gemeinsam diskutiert und fragliche oder missverständliche Aussagen überar-beitet, sodass sich alle damit identifizieren konnten. Wir haben da-rauf geachtet, dass keine falschen Eindrücke entstehen oder falsche Schlüsse gezogen werden können.

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haupt das Verdienst dieses Buches, dass es freikirchlich geprägte Menschen weder idealisiert noch unter General­verdacht stellt, sondern die Szene offen, sachlich und mit wissenschaftlichen Mitteln betrachtet und analysiert. Mittels zahlreichen Interviews arbeiteten die Autoren he­raus, dass es durchaus Unterschiede im freikirchlichen Wertekodex gibt, zum Beispiel bei den Familienwerten und der Sexualethik. Konservative Freikirchen haben immerhin eine Geburtenrate von 2,1 pro Frau, was zur Erhaltung der Bevölkerungszahl in der Schweiz ohne Zuwanderung ausreichen würde. Nahe dran sind die „klassischen“ Freikirchen mit 1,9, während die charis­matischen mit 1,6 zurückliegen. Die höchsten Zustim­mungsraten gibt es bei den Konservativen zur Frage, ob die Bibel streng wörtlich ausgelegt werden müsse (66,9 %), ob vorehelicher Geschlechtsverkehr immer ein Fehler sei (88,2 %), ob Abtreibung in jedem Fall ein Fehler sei (66 %) und ob der Mann die Familie versorgen soll, während die Frau zu Hause die Kinder erzieht (78,1 %). Die zweithöchs­te Zustimmung zeigen bei diesen Fragen die Charisma­tischen, während die klassischen Freikirchler vergleichs­weise liberal eingestellt sind.

Die Jungen: modern und traditionellAufmerksamkeit gilt besonders den Jungen der „Evan­gelisch­Freikirchlichen“. Sie lieben andere Gemein­schaftsformen mehr als die Älteren. Nähe, Intimität und Wohlbefinden spielen für sie eine grössere Rolle. Bei den traditionellen Werten heben sie sich hingegen kaum von den Älteren ab. Die hohe Zustimmung zu den Familien­werten, die Bereitschaft junger Paare, mehrere Kinder zu haben und diese im christlichen Glauben – unterstützt durch ihre Gemeinde – zu erziehen, gilt den Autoren ver­ständlicherweise als ein weiterer Grund für das gute Ge­deihen der Freikirchen – auch wenn sich je nach Typus

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längst nicht alle Kinder später der Gemeinde ihrer Eltern oder einer anderen anschliessen. Das Buch liefert hierzu konkrete Zahlen.

Evangelisation: Praxis und BekenntnisEine weitere Ursache für Wachstum und Stabilität der Freikirchen ist die Evangelisation, das Weitertragen des Glaubens. Allerdings üben die Freikirchlichen dieses längst nicht immer direkt und frontal aus, wie es ihr Bekenntnis erwarten liesse. Als wichtigste Form macht Jürg Stolz die Freundschaftsevangelisation aus, die durch Angebote wie Alphalive gestützt werde. Im Zen­trum ihrer Identität stehe die Evangelisation nach wie vor bei den charismatischen Freikirchen. Zum Erhalt der Gemeinden trägt auch bei, dass die Evangelisch­Freikirchlichen bei einem Umzug am neuen Wohnort wieder eine Gemeinde aufsuchen.Mit besonderem Interesse wird man das Kapitel über Machtstrukturen in Freikirchen lesen. Sie sind je nach Freikirchen­Typus recht unterschiedlich, insbesondere was die „Macht“ des Pastors betrifft. Aufschlussreich ist auch eine Auswertung von Interviews mit Ausgetretenen. Die Resultate werden ohne Polemik und differenziert ver­mittelt. Oft steht hinter einem Austritt eine veränderte Lebenspraxis, die einfach nicht mehr mit den Werten der Freikirche korreliert. Ausgetretene beklagen einen diffu­sen Druck, sich diesen Werten anzupassen. Fo

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Die Studie soll dazu beitragen, Vorurteile und Stereotypen über die Freikirchen in der Schweiz abzubauen.

Was könnte Ihrer Meinung nach das Buch den Mitgliedern in Schweizer Freikirchen bringen?Es ist zwar nicht gut möglich, das Buch für jedes einzelne Mitglied zu kommentieren. Aber schon einzelne Kapitel können einem wesentliche Einsichten und eine andere Perspektive vermitteln. Ich kann mir auch vorstellen, dass einzelne Aussagen oder Kapitel in einer Gesprächsgruppe gemeinsam bearbeitet werden können.

Wünschen Sie sich, dass daraus auch Lehren und Konsequenzen gezogen werden? Wenn ja, welche?Das Buch vermittelt vor allem ein besseres Verständnis, was sich in den Gemeinden abspielt und drückt dies in einer soziologischen Sprache aus. Es macht auch deutlicher, was die Menschen in der Gemeinde suchen und erwarten. Das ist hilfreich für die Zukunft, zum Beispiel für die Gestaltung der Gottesdienste. Oder weshalb Leute gerade diese Gemeinde gewählt haben und welche Erwar-tungen sie damit verknüpfen.

Für wen ist das Buch in erster Linie geschrieben worden?Es richtet sich zuerst an Theologen, Soziologen und Journalisten, dann aber auch an die Leiter von Freikirchen. Das Buch ist nicht sehr anspruchsvoll geschrieben, enthält aber ein Vokabular, an das man sich vielleicht zuerst gewöhnen muss. Es war nicht das Ziel, den Gemeinden mit dem Buch zu helfen, sondern ein soziologisch abgestütztes Bild der Freikirchen zu vermitteln. Ich bin gespannt, was das Buch auslösen wird. Interview: Fritz Imhof

Olivier Favre (47) ist Doktor der Soziologie und Mitarbeiter am Observatoire

des religions en Suisse an der Universität Lausanne, das unter der Leitung von

Prof. Jörg Stolz steht. Favre leitet als Pastor das Centre de vie de Neuchâtel

(Bewegung Plus). Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Seine Doktorarbeit hat

er zum Thema „Die Freikirchen in der Schweiz“ verfasst.

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Konservativ und anpassungsfähigJürg Stolz resümiert: „Trotz anderweitiger kursierender Vorurteile und Meinungen ist das evangelisch­freikirch­liche Milieu anpassungsfähig. Es hält an einem harten Kern von Überzeugungen fest, übernimmt aber die heuti­gen gesellschaftlichen Entwicklungen. In diesem Doppel­spiel von Öffnung und Abschottung, von Anpassung und Ablehnung, von Moderne und Konservativismus, findet sich unserer Auffassung nach der Schlüssel zum Rätsel der Widerstandsfähigkeit des evangelisch­freikirchlichen Milieus.“ Stolz äussert dabei auch die Hoffnung, dass die im Buch „Phänomen Freikirchen“ aufgeschlüsselten Un­tersuchungen dazu beitragen, Vorurteile und Stereotypen über die Freikirchen in der Schweiz abzubauen. b

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Angaben zum BuchJörg Stolz, Olivier Favre, Emmanuelle Buchard, Caroline Gachet: Phänomen Freikirchen. Analysen eines wettbewerbsstarken Milieus, übersetzt von Elisabeth Mainberger­Ruh, 391 Seiten, 2014, Verlag TVZ.

AutorenJörg Stolz ist Professor für Religionssoziologie an der Universität Lausanne.Dr. Olivier Favre, Jahrgang 1966, ist Mitarbeiter am Observatoire des religions en Suisse und Pastor einer evangelischen Freikirche. Emmanuelle Buchard, MA, Jahrgang 1983, ist Assistentin für Religionssoziologie an der Universität Lausanne. Dr. Caroline Gachet, Jahrgang 1984, ist Religionssoziologin und Mitarbeiterin am Observatoire des religions en Suisse.

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Andrea Trummer (links) und Susanne Soppelsa: Glücklich über ihr Buch „Königskinder“.

Sag mal, warum trägt die Schnecke eine Krone?KINDERBUCH Die Idee kam Andrea Trummer und Susanne Soppelsa spontan: Wir gestalten ein Kinderbuch. Erfahrung damit hatten sie nicht. Heute staunen sie über den eigenen Mut und das Ergebnis.

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D as liebevoll illustrierte Buch „Königs­kinder“ handelt von den Geschwistern

Pia und Pio. Wenn sie an der Schnur der Musikdose ziehen, finden sich die beiden in einem fremden Land wieder, wo sie ei­ne wunderbare Atmosphäre der Liebe um­fängt. Sie erkennen, dass sie sich in einem Königreich befinden. Nicht nur sie tragen plötzlich Kronen, auch die Tiere, bis hin zu den Schnecken.„Es hat auf den Tag genau geklappt mit der Herausgabe.“ Andrea Trummer strahlt. Sie und ihre Freundin Susanne Soppel­sa wollten ihr Bilderbuch an der Pfingst­konferenz 2014 dem Publikum vorstellen – genau einen Tag vor Konferenzbeginn wurde es geliefert. Davor hatten die beiden „ein halbes Jahr lang Vollgas gegeben“, unterstützt und beraten von ihren Ehe­männern. Denn anfangs Dezember wurde Andrea Trummer mit einer medizinischen Diagnose konfrontiert, die ihr unter Um­ständen nicht mehr viel Lebenszeit lassen würde. „Jetzt erst recht“, sagten sich die beiden und sie nahmen das bereits ange­fangene Projekt definitiv in Angriff.

Body und Bilderbuch„Königskind“ steht auf den mit lieblichen Zeichnungen bedruckten Kinderbodys, die Susanne Soppelsa schon seit einiger Zeit produziert. Als Geschenk zur Geburt eines Kindes gehen diese weg wie frische Weggli. Doch immer wieder wurde die dreifache Mutter gefragt, ob es auch ein Bilderbuch dazu gebe. Susanne Soppelsa hat schon immer gern gezeichnet. Sie war daher dem Aufruf an der Pfingstkonferenz vor zwei Jahren gefolgt, sich segnen zu lassen, um ihre Kreativität zu Gottes Ehre einzusetzen. Auch Andrea Trummer fühl­te sich damals angesprochen. Sie schreibt gern. Die Frauen kannten sich, wohnten aber weit entfernt voneinander, in Zürich und Bern. Doch ein Jahr später zogen An­drea und Michael Trummer nach Bern und wurden unmittelbare Nachbarn von Su­sanne und Pio Soppelsa mit Familie. Auch

sie kaufte die Königskind­Bodys, und Susan­ne erzählte von der Nachfrage nach einem Buch. „Nichts leichter als das!“, antwortete Andrea spontan. Als die beiden ihren Män­nern von der Idee erzählten, sagten diese ihre volle Unterstützung zu. Beim Zeichnen kamen Susanne die Kenntnisse ihres Mannes Pio zugu­te, der als Werk­lehrer gearbeitet hat. Tochter Gian­na, 14 Jahre, diente als Modell für ei­ne Zeichnung. Die 4­jährige Jada und der 7­jährige Raffael Trummer waren Erst­hörer der Geschichte, je nach Reaktion schrieb ihr Mami etwas um. Der IT­versierte Michael Trummer richtete Webshop und Homepage ein. Durch die Erkrankung von Andrea, die Spitalaufenthalte und Chemotherapien nach sich zog, wurde es zeitlich zu eng, um einen Verlag zu suchen. Also entschlossen sie sich, 1000  Exemplare im Eigenverlag herauszugeben und das finanzielle Risiko selbst zu tragen. Dank der guten Offerte und Zusammenarbeit mit dem Medienhaus Jordi in Belp gelang es, das Buch terminge­recht fertigzustellen.

Gott hat alles in der Hand„Wir beide wurden während der Arbeit immer wieder inspiriert“, erzählen die ehemalige Direktionsassistentin Andrea Trummer und die Pflegefachfrau Susanne Soppelsa. Der Text lieferte die Basis für die Bilder, die Anfangsskizzen entwickelten sich hin zu ganzseitigen Themenwelten. Ziel des Buches ist es, den Leserinnen und Vor lesern zu vermitteln, wie wunderbar, wertvoll und kostbar sie sind, auch wenn Menschen oder Umstände etwas anderes sagen. Dies sollen Kinder früh erfahren, nicht erst wenn sie erwachsen sind. „Die­se Realität konkret in meiner herausfor­derndsten Zeit selbst zu erleben und zu

beschreiben, wurde mir zu einer Quelle der Kraft“, hält Andrea Trummer fest. „Ein Ziel zu haben und zu sehen, wie Gott Türen öff­net, das war ermutigend.“

Alternative zu MonsternSeit sie am Buch arbeiten, entwickeln sich ständig neue Ideen. Dem Duo schwebt eine ganze Erlebniswelt mit den Königskindern und dem Kronen­Sujet vor. „Als ich einer Buchhändlerin unser Buch anbot, war sie zuerst kritisch.“ Doch als die Zeichnerin Monster und andere hässliche Titelbilder auf Kinderbüchern sah, fand sie, hier fehle eine Alternative. Der Buchladen nahm die „Königskinder“ ins Sortiment auf. Der Proto typ einer Spieluhr in Form einer Krone ist schon entstanden. Auch liegen Anfragen nach einer englischen und französischen Version auf dem Tisch. Die beiden Frauen vertrauen darauf, dass Gott sie führen und ihnen Türen öffnen oder schliessen wird. Die Reaktionen auf das Buch sind jedenfalls vielversprechend. Einer Kundin liefen beim Durchblättern die Tränen übers Gesicht. Hat sie inmitten der vielen liebevoll gezeichne­ten Details die Liebe Gottes gespürt? P

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SYNERGIEGENERATION Y Die ab 1980 Geborenen, auch „Digital Natives“ genannt, prägen und hinterfragen mit ihrem Denken immer mehr unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Kirche. Was heisst das für uns?

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Keine Religion der Barmherzigkeitzu: „Gewalt im Islam?“, (Nr. 38, S. 25)

Ist der Islam eine Religion der „Barmherzig-

keit“? – Ja, bezüglich der Menschen, die zum

Islam konvertiert sind; Nein, wenn sich Sunni-

ten und Schiiten gegenüberstehen. Aber nicht

nur dann. Seit der Hedschra im Jahr 622 unter-

nahm Mohammed Feldzüge, um die animis-

tischen Araber mit Gewalt seiner Auffassung

über Religion und Staat zu unterwerfen (z. B.

die berühmte Schlacht von Badr im März 624).

Für die Araber galt damals: entweder Konver-

sion oder Tod. Was für eine Wahl ist das? Diese

Art von Religions- und Eroberungspolitik

setzten die folgenden arabischen und später

auch die türkischen Machthaber fort. Sind das 

die Kennzeichen einer Religion der Barm-

herzigkeit? Mohammed und seine Eroberungs-

feldzüge haben der islamischen Religion ihr

Gepräge gegeben. Das sehen Moslems und

Nichtmoslems so. Weil die Juden Mohammed

als Propheten ablehnten, wurden sie von ihm

verfolgt. Laut dem muslimischen Propheten-

biographen Ibn Ishaq fanden beim Massaker

des jüdischen Stammes Banû Quraiza im vor-

islamischen Medina 700 bis 800 Männer den

Tod. Nach diesem furchtbaren Schauspiel

wandte sich Mohammed den Reizen der ge-

raubten Frau Raihana zu, deren Ehemann und 

männliche Verwandte alle gerade in dem

Massaker umgekommen waren. Die jü-

dischen Frauen und Kinder wurden versklavt.

Mohammed vertrieb auch die übrigen bei-

den jüdischen Stämme in Medina, den Banû

Qainuqa und Banû Nadir. Den Besitz der Banû

Nadir erklärte er zur Fay (= Kriegsbeute,

Kollektivbesitz der Umma, der Moslems). Er

liess sie unter seinen Kämpfern aufteilen. Die

Fay gibt es bis heute. Unter dem Islam wurden

in den letzten 1400 Jahren die Christen des

Orients (z. B. Nestorianische Kirche) systema-

tisch unterdrückt, finanziell mit einer hohen

Kopfsteuer, der sogenannten Dschizya, ausge-

beutet – weil sie nicht Moslems werden

wollten und man die Eroberungskriege finan-

zieren musste –, sie wurden immer wieder

versklavt und bis heute dezimiert. Dennoch

haben diese Christen um 800 den Moslems

u. a. wichtige griechische Philosophen ins Ara-

bische übersetzt, ein unglaublicher Kultur-

transfer. Es wurden immer wieder die stärks-

ten und schönsten Jünglinge der Christen-

familien von den Moslems „rekrutiert“ (sog.

Knabenlese, auch unter den Türken auf dem

Balkan). Sie wurden fanatisiert und als gefürch-

tete Soldaten unter den Christen (!) eingesetzt.

Unter einer Religion der Barmherzigkeit stelle

ich mir etwas anderes vor. Wenn Herr Khorchide

ein Umdenken unter den 1,6 Milliarden An-

hängern des Islam bewirken kann, sind wir

diesem Religionspädagogen sehr dankbar.

Dankbar wären wir ihm auch, wenn offizielle is-

lamische Kritiken an Mohammeds Eroberungs-

politik und an den Suren, die zum Krieg aufru-

fen, erlaubt würden, damit unter den Religi-

onen eine echte Kultur der Barmherzigkeit, der

gegenseitigen Achtung und der Toleranz ent-

stehen könnte. Konvertiten dürften nicht mehr

verfolgt werden: Jeder Mensch soll sich frei

entscheiden können, was er glauben will.

Peter H. Uhlmann, Heimenhausen BE

Der Autor ist Unternehmensberater und Coach.

Er leitet die School for Leadership und die

C-Leaders Fachschule für Führungs kompetenz.

A ls mein Sohn mit 20 mein „weises Wissen“ hinterfragte,

dachte ich: „Tja, die freche Ju-gend!“ Nachdenklich stimmte mich aber, dass er eigentlich gar nicht frech war. Ich fragte ihn, warum er so reagiere. „Papi, das kann ich doch alles googeln!“ Das ist ein erster Unterschied zur Generation X (1965 – 76) und zu den Baby-Boomern (1946 – 64). Die Genera-tion Y (1977 – 98) hinterfragt die Dinge. Deshalb nennt man die Generation Y auch Generation Why. Sie holt sich ihr Wissen mit Vorliebe aus dem Internet, nicht wie die Älteren aus Gelerntem oder Gelesenem.

Je älter Menschen sind, desto mehr wird Erfahrung und Wissen hoch bewertet. Die Generation Y erarbeitet sich ihr Wissen lieber selber. Wissen ist keine Machtbasis mehr. Deshalb gehen sie lockerer mit Au-

toritäten wie z. B. Chefs, Eltern und Lehrern um. Das hat nichts mit Frechheit oder Arroganz zu tun, sondern mit einem neuen Verständnis von Wissenserarbei-tung und Leben.

Die Generation Y beobachtet intuitiv, was ihre Vorgänger mit

ihrer Art zu leben erreicht haben: Zwar Reichtum und Wohlstand, aber auch Burn-outs und Leistungsdruck. Deshalb ist für sie leben wichtiger als leisten. Freizeit und Reisen hat an Bedeutung gewonnen. Wie jede neue Generation definieren sie die Werte neu: Verbindlichkeit in Beziehungen ist ihnen wichtiger als Verbindlichkeit in der Arbeit, Sinnhaftigkeit ist ihnen wich-tiger als Loyalität.

Die Generation Y hinterfragt, was in Politik und in Kirchen „gepredigt“ wird. Und dies

oft intuitiv richtig. Sie boykottieren Partei-ideologien und ziehen sich aus der Politik zurück. Sie durchschauen religiöses und eng machendes Denken in den Kirchen und gehen auch dort ihren eigenen Weg.

Das ganze Drumrum mit Gottesdienst und Kirche ist ihnen fremd. Sie erleben Gott mehr in der Natur, im Alltag oder in der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten. Die Generation Y bedenkt Dinge neu, statt vorgefasste Meinungen zu übernehmen.

Was heisst das nun für Gesellschaft, Wirt-schaft und Kirche? Ich bin gespannt, was sich in Ihnen dazu bewegt. M

Markus Züger

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D er syrisch-orthodoxe Erzbischof von Mossul, Matti Sharaf, rief einmal mehr

die Weltgemeinschaft zu rascher Hilfe auf. Die Menschen im Herrschaftsgebiet der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) würden beraubt, entführt, vergewaltigt und ermordet, Kirchen zwangsweise in Moscheen umgewandelt. Leider habe die Gewalt auch viele Nachbarn, mit denen bisher ein friedliches Miteinander möglich gewesen sei, aufgestachelt und radikali-siert. Er sprach sich deutlich für ein militä-risches Eingreifen aus. „Eine andere Spra-che verstehen sie nicht“, glaubt Sharaf mit Blick auf die IS-Terroristen.

Pazifistische Position unter DruckDie Aufrufe zur militärischen Interventi-on finden immer breitere Zustimmung, auch in kirchlichen Kreisen. „Protestier-ten diese 2003 noch weitgehend ein-mütig gegen die amerikanische Invasion im Irak, mehren sich jene Stimmen, die in den militärischen Interventionen eine dem christlichen Glauben angemessene Form von Verantwortungsübernahme se-hen“, schreibt das Theologische Seminar Bienenberg in einer Stellungnahme und erklärt: „Wir stehen in einer friedenskirch-lichen Tradition, die ihr pazifistisches En-gagement aus dem Leben, Sterben und der Auferstehung Jesu Christi ableitet.“Diese Position werde aufgrund der „schrecklichen und bedrohlichen Ereig-nisse“ einmal mehr grundsätzlich infrage gestellt. Trotzdem glaube man, dass pazifis-tische Überzeugungen in dieser Situation nicht hinfällig geworden seien. „Gerade als Christen sehen wir uns jetzt herausge-fordert, vom Evangelium her einen gewalt-freien Umgang mit den Feinden zu suchen.“

Gewalt verschärft KonflikteDie Gewalt stellt drängende Fragen, de-nen die Autoren in ihrer Stellungnahme

aus friedenskirchlicher Sicht begegnen möchten. „Dabei wissen wir, dass sich manches einfach sagen lässt, solange man sich in sicherer Distanz zu gewalttätigen Auseinandersetzungen befindet“, so das Bienenberg-Kollegium. Doch gerade im Bereich der Prävention habe man sich zu lange zu passiv verhalten und längst nicht alle Möglichkeiten der friedlichen Konfliktlösung ausgeschöpft. Die Auto-ren sind überzeugt, dass Gewalt nicht mit Gewalt zu überwinden ist. „Gerade das Beispiel Irak erinnert schmerzlich daran, wie in Konflikten vorschnell und einseitig gewaltsame Reaktionen in Betracht ge-zogen werden, die letztlich den Konflikt aber nicht lösen, sondern mitunter gar verschärfen.“ Derartige militärische Inter-ventionen würden häufig mehr verspre-chen, als sie je einhalten könnten. „Ein Blick in die Geschichte zeigt: So mancher ‚gerechte Krieg‘ wurde entgegen der ur-sprünglichen oder offiziellen Absicht mit zweifelhaften Motiven geführt.“

Jesus liebt seine FeindeDie grossen Linien der gesamtbiblischen Botschaft zeigten deutlich, was Gott am Herzen liege: „Schalom – gerechter Frie-de“, so die Autoren weiter. Am deutlichsten komme dieser umfassende Friedenswille in Jesus zum Ausdruck. „Kompromiss-los kämpft er gegen jegliche Pseudo-religion, gegen Ungerechtigkeit und Selbstgerechtig keit – und liebt seine Feinde dennoch, anstatt sie zu töten.“ Im Text wer-den eine Reihe alternativer Möglichkeiten der gewaltfreien Intervention aufgezählt. Etwa Gebet, gewaltfreie Friedenseinsätze, Flüchtlingshilfe oder auch der Einsatz von Polizeitruppen, die „ausgebildet in gewalt-freier Konfliktlösung und gebunden an in-ternationales Recht und Menschenrechte, die Menschen schützen könnten“. (chb) •b www.bienenberg-blog.ch

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PODIUMDabei sein war alles: Das galt für die rund 1000 Wett­kämpferinnen und Wettkämpfer der 1. Schweizer

Berufsmeisterschaften, die vor zwei Wochen zu Ende gingen. Mit den „SwissSkills Bern 2014“ erhielt die Berufslehre eine Präsentations­plattform in völlig neuer Dimension. Die viel beachtete und auch inter­national gewürdigte Premiere der erstmals zentral durchgeführten Schweizer Meisterschaften vereinte junge Berufstalente und deren Verbände aus der ganzen Schweiz. Der Anlass bot dem Publikum die bisher einmalige Chance, 130 Berufe hautnah zu erleben. Für fünf Tage stand die Berufsbildung im Schau­fenster der Nation. Eine einmalige Gelegenheit, die Stärken der dualen Bildung einer breiten Öffentlich­ keit aufzuzeigen und ein klares Bekenntnis für eine starke Berufsbil­dung. Über 155 000 Besucherinnen und Besucher konnten sich davon überzeugen, dass unser Land auch in Zukunft über genügend gut qualifi­zierte und praxisorientierte Fachkräf­te verfügt. Laien und Fachleute, jüngere und ältere Semester, Schüle­rinnen und Schüler im Berufswahl­alter. Sie alle sahen eine motivierte und leistungsbereite Jugend hautnah an der Arbeit – unsere zukünftigen Berufsleute, Kader und Unternehme­rinnen und Unternehmer. Nirgendwo sonst konnten sie so kompakt und praxisnah die unterschiedlichsten Berufe kennenlernen. Besonders gefreut hat mich persön­lich: Diese Jugend bildet die Mehr­heit und ist die Zukunft unseres Landes. Wenig wird darüber berichtet, dafür stimmt diese Feststellung umso optimistischer.

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Mit Gewalt gegen Gewalt?THEOLOGIE Der Krieg in Syrien und Irak fordert das friedenskirchliche Verständnis heraus. Das Bienenberg-Kollegium nimmt Stellung.

Hans-Ulrich Bigler ist Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes.

Zerstörte Kirche: Wie ist die an-gemessene Reaktion auf erlebte Gewalt?

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Stolpersteine auf dem Weg zum idealen PastorWer heute Pastor oder Pastorin werden oder eine andere Aufgabe in Gemeinde und Mission anstrebt, steht vor einem breiten Angebot von Ausbildungsmöglichkeiten. An wen soll er sich wenden? Welches Seminar bietet ihr die richtige Ausbildung?

Über die Wahl entscheiden oft ganz praktische Gründe wie Nähe, Möglichkeit der nebenbe-ruflichen Ausbildung oder das persönliche Kontaktnetz. Oft suchen Bewerber einfach mal im Internet nach den vorhandenen Ausbil-dungsangeboten. Die Wünsche eines zukünf-tigen Arbeitgebers, zum Beispiel einer lokalen Gemeinde, sind in dieser Phase oft zweit- oder drittrangig.

Wünsche und Realität driften aus-einanderWenn eine Gemeinde einen neuen Pastor oder eine Jugendarbeiterin sucht, wendet sich der Vorstand öfter an die Leitung der ihm bekannten Seminare. Die Gemeinde hat recht konkrete Vorstellungen über das Profil, das ein Bewerber mitbringen muss. Für die Gemeinde-leitung wäre es ideal, sie könnte schon poten-zielle Studierende, die sie kennt, motivieren, ein bestimmtes Seminar mit einem Profil zu besuchen, das der Gemeinde nahesteht. Doch das geschieht nicht häufig.

In der Praxis führt diese Lage dazu, dass sich Gemeinden schwer tun, geeignete Mitarbei-ter zu finden. Umgekehrt gestaltet sich auch die Stellensuche für Abgänger der Seminare schwierig. Im Gemeindealltag kommt es öfter zu Spannungen mit dem Pastor oder der Di-akonin, weil die gegenseitigen Erwartungen nicht übereinstimmen.

Resultat eines Dialogs

Die Leiterkonferenz des Verbandes VFG – Frei-kirchen Schweiz hat daher bereits vor zwei Jah-ren einen Dialogprozess mit den Seminarlei-tungen gestartet. In einem Hirtenbrief an die theologischen Seminare formulierte er seine Feststellungen und Erwartungen. Umgekehrt schrieben die Seminare einen gemeinsamen Brief an den VFG und schilderten ihre Lage und ihre Herausforderungen. Sie kämpfen zum Bei-spiel mit dem Problem rückgängiger Studie-rendenzahlen und müssen dennoch Bewerber wegen mangelnder Qualifikation abweisen.

Am 13. September haben sich die Leiter der Ge-meindeverbände mit den Leitungen der theo-

Der VFGZum Verband «VFG – Freikirchen Schweiz» gehö-ren 15 freikirchliche Körperschaften mit über 700 lokalen Gemeinden, vorwiegend in der deutschen Schweiz, sowie 7 Gast-Mitglieder. Wir bringen auf dieser Seite Informationen aus dem Leben von Freikirchen in der Schweiz sowie wichtige Themen und Anliegen des Verbandes.

Mit der Form der Publireportage unterstützt der VFG auch die Arbeit von «idea Spekrum Schweiz».www.freikirchen.ch

News aus der Leiter- konferenz VFG vom 13. 9. 14• Die Verbandsleiter haben am 13. 9. 14 in Bern zur

Kenntnis genommen, dass der Persönlichkeits-schutz bei Videoaufnahmen in Gemeindegottes-diensten höher gewichtet wird als bei normalen öffentlichen Veranstaltungen.

• Der VFG wird in Zukunft bei Vernehmlassungen bzw. öffentlichen Stellungnahmen auch den Tessiner Freikirchenverband FCELT einbeziehen und seinen Präsidenten Max Schläpfer als VFG-Vertreter an die FCELT-Treffen senden.

• Der VFG beteiligt sich an den Feiern zum Refor-mationsjubiläum. Matthias Spiess, Co-Generalse-kretär der SEA, wird den VFG im Vorbereitungs-komitee vertreten.

• Die STH Basel hat den Antrag auf Aufnahme in den Gästestatus im VFG gestellt und wird willkommen geheissen.

• Die SEA und der VFG beteiligen sich an den Vorbereitungen für einen Nationalen Jugendtag aus Anlass des Reformationsjubiläums 2017. Freikirchliche Organisationen wurden von den Landeskirchen ausdrücklich willkommen geheissen.

• Der VFG unterstützt die Initiative der Lucerne Initiative for Peace and Security gegen Gewalt gegen Glaubensgemeinschaften, gegen die Zerstörung ihrer Gebäude und Symbole und gegen Unterdrückung.

• Der VFG wendet sich gegen antisemitische Akti-onen und Verunglimpfungen, wie sie anlässlich des Gaza-Konflikts aufgeflammt sind. Er ist auch besorgt über die massive Verfolgung von Chris-ten in Nahen Osten. SEA und VFG wollen gemein-sam dagegen vorgehen. Bei der Kommunikation nach aussen wird er sich für Religionsfreiheit und gegen Diskriminierung einsetzen.

logischen Seminare an einen Tisch gesetzt und dann in Gruppenarbeiten Themen wie Berufs-bilder, Kompetenzen, Nachwuchsförderung, Ekklesiologie und Missiologie bearbeitet. Die Ergebnisse werden nun in den Seminarleitun-gen und den Verbandsleitungen ausgewertet. Über die Resultate will man sich gegenseitig informieren. Eine Konsequenz könnte darin bestehen, dass die Seminare für die Bedürfnis-se der Gemeinden sensibilisiert werden und ihre Ausbildungsgänge anpassen. Umgekehrt könnten die Verbände und ihre Gemeinden ihr Augenmerk verstärkt auf geeigneten Nach-wuchs in ihren Reihen richten und diesen bei der Wahl der Ausbildungsstätte und auf dem weiteren Weg begleiten. So könnte eine Win-win-Situation entstehen. Beide Seiten haben den Wunsch geäussert, miteinander im Kon-takt zu bleiben. Fritz Imhof

Erste Auswertung der Ergebnisse durch die Seminar- und Verbandsleiter. Foto: Fritz Imhof

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I DE A-LESER REISE 17

Welche Thesen Luther heute formulieren würdeREFORMATION UND MAUERFALL 41 Personen tauchten in Geschichte und Geschichten der Reformation ein. Augenzeugen erzählten vom Alltag in der Stasi-Diktatur der DDR. Ein Reisebericht von Thomas Feuz.

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Lehmann: Bei der idea-Leserreise „Auf Luthers Spuren“ haben diese Namen an Ausstrahlung und Kontur gewonnen.

Reformation – gestern und heuteZeitgeschichtliche Zeugnisse auf der Wart-burg sowie im Luther- und Bachmuseum machten deutlich, wie sich Gottes Geist in Wort und Ton einen Weg in Köpfe und Her-zen gebahnt hat. „Auch wenn ich kein gläu-biger Mensch bin, anerkenne ich Luthers Wirken. Er verhinderte das Auseinander-brechen Deutschlands. Luthers Bibelüber-setzung in eine verständliche Sprache gab uns Identität“, sagte ein Wachmann im per-sönlichen Gespräch. Die Grundmelodie des Evangeliums, Busse, Vergebung und die Freiheit eines Christenmenschen wurden vielen ganz neu bewusst.Im Podiumsgespräch drückte der Reprä-sentant der Evangelischen Kirche Deutsch-

lands (EKD) in Wittenberg, Jan von Campen-hausen, die Hoffnung aus, dass nebst den historischen Begebenheiten auch der Glau-be neu entdeckt werden möge.Heute hätte Luther wie damals „das ge-meine Volk“ im Auge: „Wenn Gelehrte zu-sammenkommen, machen wir's so kraus, dass sich unser Herrgott darüber wundert. Ich predige aufs Einfachste, und es ge-fällt allen.“ Und würde vielleicht anfügen: „Wenn das Ende gut ist, so ist alles gut.“

Es begann mit Gebet und KerzenKompetent und humorvoll bewies Helmut Matthies, Leiter und Chefredaktor von idea Deutschland, seine Kenntnisse der jüngeren deutschen Geschichte. Sei-ne Beschreibung des Alltags im DDR- Unrechtsstaat machte bewusst, wie be-klemmend das Leben als bekennender Christ wie auch als „normaler“ Bürger da-mals war. Mindestens so eindrücklich wa-ren Matthies' Schilderungen von Mauerfall

und „Wende“, die mit den Montagsgebe-ten des ostdeutschen Jugendevangelisten Theo Lehmann begonnen hatten. „Wir können doch nicht auf Kerzen schiessen“: diese Haltung des Dresdener Polizei-kommandanten verhinderte am 7. Okto-ber 1989 das befürchtete Blutbad unter den Hunderttausenden friedlicher De-monstranten. „Es war das erste Mal in der Weltgeschichte, dass eine Diktatur fried-lich gestürzt wurde. Ein eindrücklicher Be-weis für die biblische Aussage, dass Gott Regierende erniedrigt und die Niedrigen erhöht“, hielt Matthies im Gottesdienst nach lutherischer Liturgie fest.

… und die nächste Reise?Nach dieser ersten, gelungenen Leser reise macht man sich bei idea Gedanken, ob weitere folgen sollen. Chefredaktor Rolf Höneisen: „Denkbare Reiseziele sind auch kirchengeschichtlich bedeutsame Orte in der Schweiz.“ P

Reise-Impressionen: Sam Moser pre-digt; überrascht im Bach-Haus; Bibel im Luther-Museum in Wittenberg; Schreibstube auf der Wartburg; alle Teilnehmenden; Helmut Matthies mit Schweizer Fahne.

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idea Spektrum 40.2014

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So 12. – 18. Oktober, Hotel Hari Adel-boden: Eine Woche, die dich dem Ziel «Leben in der Fülle» näher bringt! mit William Lerrick. Leitung: Agnes & Edi Wäfler. Infos / Anmeldung: E. & A. Wäfler, Rossbodenstrasse 43, 7000 Chur, Tel: 081 284 84 [email protected] / www.tim-team.ch

Licht im Osten – LIO-Fest 2014:mit Balalaika-Orchester aus Weissrussland19. Oktober, Bern, FMG, Talweg 225. Oktober, Winterthur, Arche, Heinrich-Boss-

hard-Strasse 2

Konzerte mit Balalaika-Orchester21. Oktober, Chur, Treffpunkt – Christl.

Gemeinde, Saluferstrasse 4122. Oktober, Riehen, FEG, Erlensträsschen 4723. Oktober, Oberstammheim, Evang. Frei-

kirche Chrischona, Müsliweg 1www.lio.ch, 052 245 00 50

25. Oktober: Was macht den christ-lichen Glauben aus, wenn ihm gewisser-massen die kulturellen Kleider ausge-zogen werden? Auf der Suche nach diesem «nackten Glauben», finden zunehmend Men-schen in unserer Tradition hilfreiche Impulse. Bienenberg mit  Frieder Boller & Lukas Amstutz. www.bienenberg.ch / [email protected]

31. Oktober – 2. November: TanzwochenendeEine neue Form der Hinwendung zu Gott. Mit Astrid Künzler-Büchter.www.montmirail.ch

NOVEMBER 2014

7. – 9. November: Echt & Stark mit Ulrich Parzany und Markus Dolder und Band. www.feg-murten.ch

15. November: Basiskurs Bauchreden CHF 60.–, Kontakt 062 746 86 34, [email protected], www.adonia.ch/kurse

15. – 16. November: «Schwach und trotzdem stark» Bienenberg mit Thomas Härry. www.bienenberg.ch / [email protected]

18. – 21. November: CARLOS MARTINEZ in Montmirail – Spannender und origineller Kurs für alle, die in Gottesdiensten reden.www.montmirail.ch

29. November 2014: «Feindschaft töten» Gewalt und das Neue Testament, Muttenz, Gemeinde Schänzli, mit Tom Yoder Neufeldwww.bienenberg.ch / [email protected]

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ZITIERT

» Politisch noch schwerer wiegt, dass Anne Schneider, die an Brustkrebs erkrankte Frau des Ratsvorsitzenden der EKD, Niko-laus Schneider, in großen Interviews erklärt hat, auch sie würde bei unerträglichem Leid sich in den Tod helfen lassen – und ihr Mann hat gesagt, er lehne zwar diese Haltung ab, werde aber seine Frau notfalls in die Schweiz begleiten. In der katholischen Kirche fürchten nun manche, dass dies der Beginn einer allgemeinen Hal-tungsänderung sein könnte … Als Journalisten nachfragen, wird aber auch klar, dass [der Mainzer Kardinal Karl] Lehmann auch die evangelische Kirche für einen mittlerweile wackligen Partner in der Sterbehilfe-Debatte hält … Äußerungen wie von Schneider machten das gemeinsame Auftreten der Kirchen ›nicht leichter‹. «

Die „Süddeutsche Zeitung“ zur Vollversammlung der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz in Fulda

» Die kirchlichen Gemeindefusio-nen wiederholen die gravierenden Gebietsreformen der zurückliegen-den Jahrzehnte in einigen Bundes-ländern. Dort wurden ungefähr 400.000 ehrenamtlich tätige Bürger aus den Gemeindeparlamenten ›wegrationalisiert‹. Dies hat zu Desinteresse an der Kommunalpoli-tik geführt. Die gleichen Konse-quenzen werden nun auch der Kirche bevorstehen … Offenbar fehlt den Kirchenleitungen das Vertrauen in die Gläubigen, in deren Kompetenzen und Kräfte. Man zentralisiert ohne Rücksicht auf doch erkennbare Verluste. «

Der Professor für Geografi e Gerhard Henkel

(Essen) in der „Süddeutschen Zeitung“

» Ich habe ja überhaupt nicht die Abschaffung der Bundeswehr gefordert, sondern auf die Frage, ob ich die Abschaffung der Bundes-wehr fordere, geantwortet: Ja, das ist eine Utopie. Was die Leute so aufregt, weiß ich nicht … Selbst die Pressestelle der EKD hatte ja das Interview mit autorisiert, ich vertrete ja eigentlich nur kirchenof-fi zielle Standpunkte. «

EKD-Botschafterin Margot Käßmann (Berlin)

in der Illustrierten „Gala“ (Hamburg)

R adikale Muslime haben den in Berlin le-benden Betreibern eines Senders, der

über Inhalt und Ziele des Islams informiert, mit dem Tod gedroht. Wie idea erfuhr, han-delt es sich um den YouTube-Kanal „Al Ha-yat TV“ (Arabisch „Das Leben“). Dort infor-mieren Christen und ehemalige Muslime – darunter die pakistanisch-österreichische Menschenrechtlerin Sabatina James und der frühere Islamist Barino Barsoum – ei-genen Angaben zufolge „sachlich und wissenschaftlich“ über den Islam. Seit eini-gen Tagen kann der Kanal aber nicht mehr aufgerufen werden. Die Video-Plattform YouTube hat ihn wegen angeblicher wie-derholter Urheberrechtsverletzungen gesperrt. Wie einer der Betreiber von „Al Hayat TV“, der aus Syrien stammende Christ Bassam F., gegenüber idea sagte, sei dies nur ein Vorwand. „Denn wir drehen unser Filmmaterial entweder selbst oder synchronisieren arabische Sendungen un-seres Mutterkanals Hayat TV.“ Tatsächlich versuchten Islamisten, eine islamkritische Stimme zum Verstummen zu bringen.

Persönliche Daten weitergegebenAm 25. September habe sich ein gewisser „FirstCrist, Copyright“ bei YouTube gemel-det und erklärt, „Al Hayat TV“ habe seine Urheberrechte verletzt. Daraufhin teilte YouTube den Betreibern des Kanals mit, dass der Sender im Falle zweier weiterer Beschwerden geschlossen werden müsse, es sei denn, sie reichten eine Gegendar-stellung bei YouTube ein. Dabei würden al-lerdings die Daten des Kanaleigentümers an den Beschwerdeführer weitergeleitet. „Natürlich wussten wir, dass das Ziel war, an unsere persönlichen Daten zu kom-men“, so Bassam F., der seinen Nachnamen aus Sicherheitsgründen nicht nennen will. Vergeblich habe man versucht, YouTube davon zu überzeugen, von einer offiziellen Gegendarstellung abzusehen und im Ge-genzug alle notwendigen Nachweise der Urheberrechte beizubringen. Das habe die

Berlin: Islamisten drohen mit dem TodMEDIEN Eine Todesbotschaft an die Betreiber eines YouTube-Kanals

Videoplattform ignoriert und den Kanal stattdessen nach zwei weiteren Beschwer-den geschlossen: „Da uns das Projekt der Islamaufklärung aber sehr am Herzen liegt, reichten wir eine Gegendarstellung ein, und die Gegenseite bekam unsere persönlichen Daten.“

„Sorge dafür, dass dein Haus un-ter Polizeischutz gestellt wird!“Dass es dieser nicht um Urheberrechte ging, habe sich zwei Tage später gezeigt, als die Betreiber des Kanals eine E-Mail auf Arabisch erreichte. Darin heißt es: „Dan-ke für deine persönlichen Daten. Diese werden wir mit einem Bild deines Sen-ders ‚Alhayattvnet’ auf den Web-Seiten von Al Kaida und anderen europäischen Dschihadisten posten: In deinem Sender beschimpfst du den Propheten des Islams und sagst, er sei ein Verrückter und ein Verbrecher. Pass auf deinen Kopf auf und sorge jetzt schon dafür, dass dein Haus un-ter Polizeischutz gestellt wird!“ In der Mail werden sowohl Namen als auch persön-liche Daten der Betreiber genannt. „‚Pass auf deinen Kopf auf’ gilt in der arabischen Sprache als Morddrohung und meint die Enthauptung“, erklärte Bassam F. Inzwi-schen ermittle der Staatsschutz. Vorü-bergehend wolle man über www.islam-analyse.com senden. P

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B ei der Integration von Menschen mit ausländischen Wurzeln macht der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden Fortschrit-

te. Das berichtete die Leitung dieser 49.000 Mitglieder zählenden Freikirche in Willingen (Nordhessen) während ihrer Bundeskonfe-renz mit mehr als 1.000 Delegierten. Von den 785 Gemeinden sind 292 – also 37 % – „anderer Sprache und Herkunft“. Der Pfingst-gemeindebund bildet an seinem Theologischen Seminar Beröa (Erzhausen bei Darmstadt) auch ausländische Pastoren aus. Die Zielvorstellung sei der Bau multikultureller Gemeinden, sagte Prä-ses Johannes Justus (Hannover). So seien in seiner rund 400 Mit-glieder zählenden Gemeinde in Hannover 25 Nationen vertreten.

Bessere Beziehungen zu „Rom“ Die Beziehungen zwischen Pfingstlern und Katholiken sind nach Ein-schätzung der Vorstandsmitglieder des Bundes trotz weiterhin be-stehender theologischer Unterschiede von größerer gegenseitiger Aufgeschlossenheit geprägt. Dazu beigetragen habe auch eine Ges-te von Papst Franziskus. Er hatte Ende Juli die evangelikal-pfingst-kirchliche Versöhnungsgemeinde in Caserta bei Neapel besucht und dabei um Vergebung gebeten für die Fehler, die Katholiken der

Pfingstbewegung gegenüber begangen haben. Justus sagte, durch persönliche Kontakte zu Katholiken habe sich sein Bild vom „Leib Je-su“ verändert. Es gebe eine Öffnung von beiden Seiten.

Dank an die Evangelische Allianz Auf der Ebene der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) erfahre man einen „respektvollen Umgang“, betonte Vizepräses Frank Uphoff (München), der den Bund Frei-kirchlicher Pfingstgemeinden als Gastmitglied dort repräsentiert. Auch sei die Zusammenarbeit in der Vereinigung Evangelischer Freikirchen und der Deutschen Evangelischen Allianz noch en-ger geworden. Uphoff würdigte unter anderem, dass die Allianz deutlich Stellung genommen habe zu einem Fernsehfilm, in dem pfingstkirchliche und charismatische Gruppen als gefährlich ge-brandmarkt wurden. Wie neben Justus und Uphoff auch General-sekretär Peter Bregy und der Vorsitzende der zum Bund gehören-den Volksmission, Bernhard Röckle (Geislingen/Steige), betonten, erfährt man aber vor allem von lokalen Medien auch eine faire und wertschätzende Berichterstattung. P

b www.bfp.de • 06150 97370

Freikirche will multi-kulturelle GemeindenBUND FREIKIRCHLICHER PFINGSTGEMEINDEN Jede dritte Gemeinde in Deutschland ist international.

Teures ZDF, das ziemt sich nicht!ZWISCHENRUF Die Satire-Sendung „heute-show“ zog Christen beim „Marsch für das Leben“ durch den Kakao. Kein Ruhmesblatt für einen gebührenfinanzierten Sender, meint idea-Redaktionsleiter Wolfgang Polzer.

Satire darf alles, sagt man. Mag sein, aber es ziemt sich nicht alles. Für einen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ziemt

es sich jedenfalls nicht, Bürger, die für die Schwächsten auf die Stra-ße gehen, durch den Kakao zu ziehen. So geschehen in der „heute-show“ des ZDF (26. September), die die über 5.000 Teilnehmer des „Marsches für das Leben“ der Lächerlichkeit preisgab. Schließlich demonstrierten dort Tausende Gebührenzahler für jene Mitmen-schen, die sich selbst nicht gegen die Bedrohung ihres Lebens weh-ren können: die von Abtreibung bedrohten ungeborenen Kinder und die Senioren, denen die Sterbehilfe winkt. Noch dazu mussten sich diese Christen in ihrem Glauben provozieren lassen, während die linksgerichteten und teilweise gewaltbereiten Störer des Mar-sches ungeschoren davonkamen. D iese Satire-Sendung zeigt über-deutlich, wie sehr das Rechtsempfinden gestört ist, wenn es um Fragen des Lebensschutzes und des Glaubens geht. Denn anschei-nend ist sich auch in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt niemand

mehr bewusst, dass Abtreibung Tötung eines Menschenlebens und damit nach wie vor ungesetzlich ist. Und Christen müssen sich gefallen lassen, dass das Fernsehen ihren Glauben verhöhnt und verspottet. Es scheint äußerst fraglich, ob das ZDF in gleicher Weise mit Muslimen oder Juden verfahren würde.

Wo bleibt der Kirchen-Protest in den ZDF-Gremien? Auf Proteste von Kirchenvertretern in den Aufsichtsgremien wartet man bisher vergebens. Es ist auch schwierig, die Stimme gegen die Verhöhnung einer Veranstaltung zu erheben, von der sich beispielsweise die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zuvor distanziert hatte und die etwa im evangelischen Berliner Dom unerwünscht ist. Da hilft es wenig, dass sich die Kirche wenigstens im Nachhinein gegen die Gewalt-anwendung der von der Linkspartei und Teilen der SPD geförder-ten Marschge gner gestellt hat. P

v. l.: Generalsekretär Peter Bregy, Vizepräses Frank Uphoff, Präses Johannes Justus, Leiter der Volksmission, Bernhard Röckle

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Page 21: Idea Spektrum Schweiz 40/2014

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Obwohl mehrere muslimische Gelehrte und einzelne Dachverbände die Gräu-

eltaten radikal-islamischer Terrorgruppen wie etwa des „Islamischen Staates“ (IS) als unislamisch verurteilt haben, verteidigen Muslime, die zur Bewegung der Salafisten gehören, den „Heiligen Krieg“ gegen „Un-gläubige“. So kündigte der Londoner Predi-ger Anjem Choudary eine „große Schlacht“ gegen Christen in Syrien an, in der die Mus-lime siegen würden. Der 47-jährige Rechts-anwalt Choudary wurde am 25. September mit 9 Anhängern festgenommen.

Musiker zu Tode gehacktDie Staatsanwaltschaft ermittelt, ob sie junge Muslime für IS rekrutiert haben. Zu Choudarys Anhängern gehörten die Ex-tremisten Michael Adebolajo und Michael Adebowale, die den 25-jährigen Militär-musiker Lee Rigby am 22. Mai 2013 im Lon-doner Stadtteil Woolwich mit einem Beil zu Tode gehackt hatten. Die vom Chris-tentum zum Islam konvertierten Männer mit nigerianischen Wurzeln riefen dabei: „Allah ist groß!“ In Deutschland sind laut

Sicherheitsbehörden 6.600 Salafisten re-gistriert. 850 gelten als militant.

Gelehrte: IS pervertiert den IslamEine internationale Gruppe sunnitischer Gelehrter hat unterdessen den Kampf von IS scharf verurteilt. In einem 17-seitigen Schreiben wenden sie sich an IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi. Die 126 Gelehrten

weisen die Behauptung zurück, dass IS einen Kampf im Namen Allahs führe. Viel-mehr verkehre die Terrorgruppe den Islam in eine Religion der Brutalität, der Folter und des Mordes: „Das ist ein großes Unrecht und eine Beleidigung für den Islam, die Muslime und die gesamte Welt.“ IS spiele damit all jenen in die Hände, die den Islam als „barba-risch“ verunglimpfen wollten. P

Muslim-Prediger kündigt eine „große Schlacht“ gegen Christen anLONDON Hassprediger verhaftet – 126 internationale Gelehrte verurteilen IS-Kämpfe als unislamisch.

Zur öffentlichen Solidarität mit den von islamischen Terroristen verfolgten Chris-

ten hat die (charismatische) Geistliche Ge-meinde-Erneuerung in der EKD (GGE) auf-gerufen. „Outen Sie sich, zeigen Sie Flagge, dass Ihnen die Geschwister im Nahen und Mittleren Osten nicht egal sind“, schreibt der GGE-Vorsitzende, Pfarrer Henning Do-bers (Hannoversch Münden), im Rundbrief seiner Organisation. Er ermuntert dazu, ei-ne Plakette mit dem arabischen „N“ an der Kleidung zu tragen. Mit diesem Buchsta-ben haben Kämpfer der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) Häuser von Christen markiert. Das „N“ steht für Nazarener; so nennen Muslime jene, die an Jesus Christus glauben. IS stellt Christen vor die Wahl, ent-weder eine Schutzsteuer zu zahlen, Musli-

me zu werden, zu fliehen oder getötet zu werden. Manche Christen in der westlichen Welt haben das N-Symbol als Ausdruck der Solidarität mit den Verfolgten in ihr Profil im sozialen Netzwerk Facebook integriert. Dobers fordert dazu auf, noch einen Schritt weiterzugehen: „Lassen Sie uns nicht allein virtuell auftreten, sondern mit Leib und Le-

ben im Alltag (in Büro, Schule, Fußgänger-zone und Familie) unseren Glauben dezent, aber sichtbar und öffentlich bekennen!“ Mit der bei der GGE erhältlichen Plakette machten Christen deutlich: „Ich bin auch mit dem Jesus von Nazareth.“

Wie einst bei den Nazis Laut Dobers hat das Vorgehen des IS Traditi-on. Die Nationalsozialisten hätten es vorge-macht: „Erst Stimmung machen, dann Ju-densterne an Häuserwänden, Schaufenster-scheiben, später auf der Kleidung. Danach kamen die Raubzüge in jüdischen Familien und Sparbüchern, schließlich die KZs.“ P

b Die Plakette ist kostenlos erhältlich bei: www.gge-deutschland.de05541 9546861

Flagge zeigen für verfolgte Christen im Nahen OstenAUFRUF Geistliche Gemeinde-Erneuerung: Solidarität mit Plakette an der Kleidung bekunden!

In der Mitte der Prediger Anjem Choudary. Auf den Plakaten ist die Forderung nach einem Kalifenstaat zu lesen und dass sich Muslime gegen Unterdrückung wehren müssten.

Plakette mit dem „N” für Nazarener Foto

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NOTIERT Die Türkei unterstützt ISDie Gesellschaft für bedrohte Völker wirft der türkischen Regierung vor, die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) zu unterstützen. Sie helfe der Miliz logistisch und ermögliche es ihr damit, Minderhei-ten aus Teilen Syriens und des Iraks zu vertreiben. Generalsekretär Tilman Zülch (Göttingen) wirft er Bundesregierung vor, dieses Verhalten des NATO-Partners zu dulden: „In der Türkei bekommen die Extremisten Waffen, Gelder fließen, neue Kämpfer werden rekrutiert und in die Kampfgebiete geschleust, Verletzte werden in türkischen Krankenhäusern behandelt.“ Indem die Bundesregierung tatenlos zusehe, mache sie sich mitver-antwortlich für die „ständige Eskalation des barbarischen Ausrottungsfeldzuges“ gegen Kurden, Jesiden, Christen und gemäßigte Muslime. IS hat im Norden Iraks und Teilen Syriens ein „Kalifat“ ausgerufen, in dem die Extremisten das islamische Religionsgesetz, die Scharia, mit brutalsten Mitteln durchsetzen.

Syrien: Abscheu über die Sprengung einer armenischen KircheMit Abscheu hat die EKD auf die Spren-gung einer armenischen Kirche in Syrien durch den „Islamischen Staat“ (IS) re-agiert. Die St. Nahatakats/Martyrs-Kirche in Deir ez-Zor war auch Gedenkstätte für den Völkermord an mehr als 150.000 Ar-meniern im Jahr 1915 in dem Wüstenort. Am 21. September zerstörten IS-Milizen die Kirche. Der Ratsvorsitzende, Nikolaus Schneider, und Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber schreiben an den Erzbischof der Diözese Deutschland der Armenisch Apostolischen Kirche, Karekin Dikran Bekdjyan: „Bitte seien Sie versichert, dass wir uns angesichts dieser schrecklichen Zerstörungstat unseren armenischen Glaubensgeschwistern, den Christen im Nahen Osten und allen Menschen, die unter den Gewalttaten der ISIS leiden, in Solidarität mit den Opfern und in Fürbitte zu Gott verbunden wissen.“ Die Zerstörung von Kirchen und Gedenkorten könne die Erinnerung an das Unrecht nicht auslöschen. Beim Völkermord an den Armeniern kamen rund 1,5 Millionen Menschen ums Leben.

ISBN: 978-3940431158Verlag: TvR Medienverlag Jena, Preis: 28.40 SFr.

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Vera Lengsfeld, links ihr neuestes Buch

über die Friedliche Revolution

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Über der Friedlichen Revolution von 1989 in der DDR war die Hand Gottes.

„Jeder, der dabei war, hat das gespürt. Und jeder, der sich daran erinnert, kann das immer noch spüren“, sagte die frühere Bürgerrechtlerin und CDU-Politikerin Vera Lengsfeld (Berlin) beim Kongress „25 Jah-re Friedliche Revolution“ in Schwäbisch Gmünd. Veranstalter war idea (Wetzlar) in Zusammenarbeit mit dem Christlichen Gästezentrum Schönblick. Dass damals kein Blut geflossen sei, bezeichnete sie als „das größte Wunder, das uns widerfahren ist“. Ein wesentlicher Grund dafür ist laut Lengsfeld die Tatsache, dass die Demons-tranten, auf die eingeprügelt wurde, sich nicht wehrten. Auch hätten sie viele Pro-vokateure, die die Stasi in die friedlichen Demonstrationen hineingeschmuggelt hatte, daran gehindert, Gewalt auszu-üben. Die Politikerin bedauerte, dass es anlässlich dieses „wunderbaren Ereignis-ses“ kaum größere Tagungen gebe: „Wenn man bedenkt, wie die Franzosen ihre Re-volution feiern, die ja auch sehr problema-tische Aspekte hat, ist es erstaunlich, dass wir Deutschen unsere Friedliche Revolu-tion so vernachlässigen.“

Viele Lehrer verklären die DDR Sie sei immer wieder erstaunt, wie wenig vor allem junge Menschen über die DDR wüssten. So habe in einer Umfrage jeder zweite Schüler gesagt, die DDR sei keine

Diktatur gewesen. Nach Lengsfelds Worten hat man dieses Unwissen auch den Lehrern zu verdanken, die nach der Wiedervereini-gung übernommen worden seien: „Viele verklären die DDR bis heute vor ihren Schü-lern.“ Nach Führungen durch das ehemalige Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen in Ber-lin fragten sie immer wieder Schüler: „Wa-rum hat uns das bisher niemand erzählt?“

Die SED ist nach wie vor unter uns Nach Lengsfelds Beobachtung ist in Deutschland weithin in Vergessenheit ge-raten, „dass die SED nach wie vor unter uns ist“. Seit 1989 habe sie sich lediglich viermal umbenannt. Teile des Spitzenpersonals sei-en geblieben. An Gregor Gysi etwa bewun-derten auch ihre Parteikollegen in der CDU, dass er ein sehr guter Rhetoriker sei. Aber dass er der letzte SED-Vorsitzende war, wis-se kaum noch jemand, beklagte sie. Der Im-munitätsausschuss des Bundestages habe 1998 festgestellt, dass seine Tätigkeit für die Staatssicherheit erwiesen sei. Wie Lengs-feld berichtete, war Rechtsanwalt Gysi 1988 nach ihrer Verurteilung wegen „versuchter Zusammenrottung“ – ohne ein Mandat von ihr; sie hatte einen anderen Anwalt – aktiv an ihrer Abschiebung beteiligt.

Ich habe Gysi angezeigtGysi bestreite nach wie vor, mit der Staatssi-cherheit in irgendeiner Form kooperiert zu haben. Lengsfeld: „Aus diesem Grund habe ich ihn angezeigt wegen eidesstattlicher Falschaussage.“ Der Fall liege noch bei der Staatsanwaltschaft Hamburg. Auf Lengs-feld waren 49 Stasispitzel angesetzt. P

Über dieser Revolution war die Hand GottesIDEA-KONGRESS „Jeder, der dabei war, hat das gespürt“, sagte eine der prominentesten Bürgerrechtlerinnen in der DDR, Vera Lengsfeld.

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Matthias Haghnejad

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E ine baptistische Kirche in Haiti wächst trotz politischer Instabi-lität, Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen. In den vergan-

genen 20 Jahren hat sich die Zahl der Gemeinden, Getauften und Gottesdienstbesucher der „Evangelischen Baptistischen Mission im Süden Haitis“ (MEBSH) mehr als verdoppelt. Das berichtete der Präsident der Mission, Alneve S. Emile (Les Cayes), bei einem Besuch des Partner-Werkes „DMG interpersonal“ (früher Deutsche Missionsgemeinschaft) in Sinsheim bei Heidelberg. Laut Emile hatte seine Kirche 1994 knapp 250 Gemeinden; heute seien es 488 – mit kleinen Hausgemeinden sogar 600. Sie haben 32.000 getaufte Mitglieder; sonntags kommen mehr als doppelt so viele Besucher in die Gottesdienste. Außerdem gehören zu dem Ver-band 235 Grundschulen mit rund 40.000 Schülern, 12 weiterfüh-rende Schulen, ein Radio- und Fernsehsender sowie eine Univer-sität. Besonders nach dem Erdbeben vom Januar 2010, das die Hauptstadt Port-au-Prince und ihr Umfeld in Schutt und Asche gelegt und rund 300.000 Todesopfer gefordert hatte, sei es zu

einem enormen Zustrom und zur Gründung von Gemeinden gekommen. Heute sei zwar die gröbste Not gelindert, doch 80 % der Bevölkerung lebten unter der Armutsgrenze. Emile: „Gemeinden kön-nen Pastoren kein Gehalt

bezahlen, Eltern nicht das Schulgeld und die Schuluniformen für ihre Kinder, so dass kirchliche Schulen kein Geld für die Gehälter der Lehrer haben und viele Kinder nie ausgebildet werden.“ Das größte geistliche Problem des Karibikstaates sei die Vermischung des christlichen Glaubens mit Naturreligionen und Voodoo-Kult. Von den 9,6 Millionen Einwohnern sind 55 % katholisch und 28 % evangelisch. Nach Schätzungen hängen gleichzeitig etwa 70 % der Bevölkerung dem Voodoo-Kult an. P

b www.dmgint.de

Seit der schweren Erdbebenkatastrophe haben Baptisten ZulaufHAITI 80 % der Bevölkerung leben noch unter der Armutsgrenze.

GEFANGENER DES MONATS OKTOBER

Einem Pastor droht die TodesstrafeIRAN Anklage wegen „Feindschaft gegen Allah“

Als „Gefangenen des Monats Ok-tober“ haben die Internationale

Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und idea den iranischen Pastor Matthias Haghnejad benannt. Sie rufen zum Gebet und zur Unterstützung für den früheren Muslim auf. Sicherheitskräfte verhafteten Haghnejad am 5. Juli in seinem Haus in Bandar-e-Anzali, einer Hafenstadt am Kas-pischen Meer. Die Beamten nahmen dort auch die Christen Mohammad Roghangir und Suroush Saraie fest und beschlag-nahmten Bibeln, christliche Literatur so-wie den Computer des Pastors. Am 3. Au-gust wurde er wegen „Feindschaft gegen

Allah“ und „Verderbenstiften auf Erden“ angeklagt. Beide Anklagepunkte können mit dem Tod bestraft werden. Haghnejad war wegen seines Glaubens bereits drei Mal zwischen 2006 und 2011 inhaftiert. Er ist leitend engagiert in der evangelikalen „Kirche des Iran“. Die IGFM und idea rufen dazu auf, in Briefen an den iranischen Prä-sidenten Hassan Ruhani gegen die Inhaf-tierungen und die mögliche Todesstrafe für Pastor Haghnejad zu protestieren. Ende 2013 hatte Ali Younesi, ein enger Berater des Präsidenten erklärt, dass niemandem wegen seines christlichen oder jüdischen Glaubens Rechte verwehrt werden dürfen.

Die IGFM wertet das erste Amtsjahr von Ruhani angesichts seiner Versprechungen als eine einzige Enttäuschung. Im Iran sit-zen mindestens 40 Christen wegen ihres Glaubens in Haft. Die Gesamtzahl der Kon-vertiten zum christlichen Glauben im Iran wird auf weit mehr als 250.000 geschätzt. Ferner gibt es bis zu 150.000 meist ortho-doxe armenische und assyrische Christen. Von den insgesamt 76,4 Millionen Einwoh-nern sind 99 % Muslime. P

Hier kann man um die Freilassung bitten: Präsident Hassan Ruhani via Botschaft der Islamischen Republik Iran, Thunstr. 68, 3006 Bern, Fax: 031 3515652

Gottesdienst der Evangelischen Baptistischen Mission im Süden Haitis

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Frage: Was ist ein Tee-Mobil? Antwort: ein Bus, der zu einer rollenden Teestube umgebaut wor-den ist. Erfunden wurde es von dem Missions-

werk „Jugend Für Christus”, das dem evangelikalen Dach-verband „Netzwerk m” angehört, dem früheren „Ring mis-sionarischer Jugendbewegungen”. Eigentlich sollte der Bus auf den Schrott. Doch es kam anders: Stühle und Bänke raus, eine Teeküche und Sitzecken rein. Von außen tauben-blau lackiert – Blümchen drauf. So entstand das Missions-projekt Tee-Mobil. Zur Vorgeschichte: Das Fahrzeug ist ein typisches Kind der 70er Jahre. Da protestieren junge Leute gegen das Spießertum der Eltern, deren Verwicklung mit Nazi-Deutschland, gegen den Schah von Persien und den Vietnam-Krieg. Alles wird kritisch hinterfragt. Diese Grundhaltung erreicht mit einiger Verspätung auch die christliche Jugendarbeit. Die Folge: Man geht nicht mehr in den Gottesdienst. Schon gar nicht mit den Eltern.

Ein Kennzeichen der Zeit damals: Alles muss diskutiert werden – am besten bei einer Tasse Tee. Schnell kommen missionarische Gemeinden auf die Idee, dafür Treffpunk-te zu schaffen. Die christliche Teestube wird geboren. Doch nicht jede Gemeinde ist in der Lage, so etwas ins Leben zu rufen. Neben den Räumen braucht es auch Mitarbeiter. Und für einen einzigen Missionseinsatz unter jungen Leu-ten ist der Aufwand letztlich zu groß, ein leerstehendes Haus in einen gemütlichen Treffpunkt umzugestalten.

Der erste Bus war ein GeschenkWas tun? Bei „Jugend Für Christus“ stellt man sich dieser Herausforderung. Das Missionswerk hat internationale Kontakte. In England wird gerade ein Londoner Doppel-stockbus zu einer rollenden Teestube umgebaut. Das

müsste doch auch in Deutschland möglich sein, so die Ver-antwortlichen. Man sucht einen Bus – und wird bei dem christlichen Unternehmer Ulrich Beul im Westerwald fün-dig. Er schenkt dem Missionswerk einen zwölf Jahre alten Eineinhalbdecker, der seine beste Zeit lange hinter sich hat. Nach dem Umbau geht er im Mai 1974 zum ersten Mal auf Reisen. Mit großem Erfolg: Junge Leute schauen vor-bei, lassen sich auf Gespräche ein – und einige werden Christen. Das Tee-Mobil wird nach drei Jahren durch ein ähnliches Fahrzeug ergänzt. Ab 1984 steigt das Missions-werk auf Doppelstockbusse um. Seit 2008 gibt es nur noch ein Fahrzeug, nachdem ein Bus auf der Heimfahrt vom Ju-gendkongress Christival in Bremen liegengeblieben ist.

Der Bus verändert auch das Leben der MitarbeiterDass man mit einem umgebauten Bus junge Menschen gut für Jesus Christus interessieren kann, spricht sich herum. Alfons Hildebrandt, der seit 30 Jahren als Missionsdirektor an der Spitze von „Jugend Für Christus“ steht, berichtet, dass 15 andere evangelikale Werke mit Bussen unterwegs zu jungen Leuten sind. Dennoch hat sein Werk auf dem Gebiet weiterhin ein Alleinstellungsmerkmal: die Jahres-mannschaft. Nach Ausbildung oder Abitur bleiben junge Leute ein Jahr oder länger dabei. Sie werden geschult, wie man mit jungen Leuten Freundschaften aufbaut, pfl egt und auch über den Glauben an Jesus Christus und die Bibel re-det. Für einen jungen Christen gebe es keine größere Er-fahrung, als zu erleben, von Gott gebraucht zu werden, in-dem ein Gesprächspartner Christ wird, so Hildebrandt. „Das haben Hunderte unserer Teammitglieder erfahren.“ Dies habe ihr Leben auf Dauer verändert. Viele sind Pasto-ren oder Missionare geworden.

Beim Kaffee einen Selbstmord verhindertMISSION Jugendliche mit der frohen Botschaft von Jesus Christus zu erreichen – das hat sich das evangelikale Missionswerk „JFC“ (früher: Jugend Für Christus/Mühltal bei Darmstadt) auf sei-ne Fahnen geschrieben. Dabei ist es immer wieder neue, ungewöhnliche Wege gegangen. Ein Arbeitszweig wird in diesem Jahr 40 Jahre alt: das Tee-Mobil. Was es damit auf sich hat und vor welchen Herausforderungen das Werk steht, beschreibt idea-Redakteur Klaus Rösler.

Die ersten Tee-Mobile waren Eineinhalbdecker. Inzwischen wurden die Busse durch einen blauen US-Lastwagen ersetzt.

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Heute Lkw statt Bus, Kaffee statt TeeTrotz der jahrzehntelangen guten Arbeit mit dem Tee-Mo-bil spüren die Verantwortlichen, dass man mit Tee und Bus nicht länger den Geschmack der jungen Leute trifft. Im Wortsinn. Jugendliche stehen heute auf Kaffee, Cappucci-no oder Latte Macchiato. Als 2012 schließlich der letzte Bus in die Jahre gekommen ist und ersetzt werden soll, verab-schiedet sich das Werk vom Buskonzept. Stattdessen kauft es einen amerikanischen Lastwagen. Hildebrandt: „Ju-gendliche werden allein durch das Äußere angezogen.“ Zusätzlich wird ein Aufl ieger erworben und zum rollen-den Café umgebaut – samt Küche und Dachterrasse. Der blaue Lkw heißt nun „Lifeliner“ (Lebenslinie).

Einsatz im „besonders harten“ MissionsgebietEr war im Sommer in Sassnitz auf Rügen in Mecklenburg-Vorpommern im Einsatz. Die Herausforderung dort ist groß. Das Bundesland ist ein „besonders hartes“ Missions-gebiet: Vier von fünf Einwohnern gehören keiner Kirche an. Rügen ist noch atheistischer. Nur jeder Zehnte ist Kir-chenmitglied. Ganze Generationen wachsen auf, ohne je-mals verstanden zu haben, worum es im christlichen Glau-ben geht. Damit wollen sich die Mitglieder der kleinen Lan-deskirchlichen Gemeinschaft in Sassnitz nicht abfi nden. Seit sieben Jahren laden sie deshalb das Missionswerk ein. Am Anfang kam noch das Tee-Mobil, inzwischen kommt der Lifeliner. Nicht nur die Pietisten sind begeistert, son-dern sogar die örtliche Gesamtschule. Die letzte Woche vor den Sommerferien wird als Projektwoche begangen. Der reguläre Unterricht fällt aus, stattdessen können sich die Schüler Themen aussuchen. Da passt es gut, wenn Gäste von außerhalb der Schule das Angebot vergrößern. „Ju-gend Für Christus“ bot ein Seminar an zum Thema Ras-sismus, Jugendgewalt, Selbstannahme und Konfl iktlösung ohne Gewalt. 130 Kinder der 7. bis 9. Klassen interessierten sich dafür. Auch nachmittags war der Lifeliner für die Schüler geöffnet. Er stand nur wenige Meter von der Schu-le entfernt am Ortseingang. Und tatsächlich schauten die Teenager vorbei – obwohl sie schulfrei hatten. Sie genossen die Atmosphäre. Ein Café, in dem sie auch ohne Geld will-kommen sind – wo gibt es das sonst?

Warum junge Leute sich engagierenDer Erfolg der Arbeit steht und fällt mit den Teammitglie-dern. Ohne Begeisterung geht da nichts. Tamara Maier aus Mönsheim bei Pforzheim ist schon seit zwei Jahren beim Lifeliner. Die 21-Jährige ist verwandtschaftlich vorbelastet: „Eine Tante von mir war vor einigen Jahren beim Tee-Mo-bil“, erläutert sie. Es macht ihr Spaß, mit fremden Menschen ins Gespräch über den Glauben zu kommen. Was sie nicht so gut fi ndet? „Ich erlebe es immer öfter, dass man kaum mehr Zeit für ein Gespräch hat. Manchen ist es auch unan-genehm, einen Kaffee zu genießen, für den man nicht be-zahlen muss.“ Mathias Mühlbauer (20) aus Gaggenau ver-

bringt ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Missionswerk. Er hat erlebt, wie er sagt, „dass Gott auch in kleinen Dingen einfach da ist“. Ein Beispiel: „Ich brauchte ein längeres Stromkabel. Und genau in dem Moment fragt jemand, ob wir ein Stromkabel brauchen könnten, er würde es sonst wegschmeißen.“ Eine regelrecht dramatische Erfahrung hat Jeanice Sommer (21) aus Itzehoe gemacht. Nicht nur junge Leute besuchen den Lifeliner, sondern manchmal auch Obdachlose. Sie hatte in diesem Jahr mit einem älte-ren, nach Alkohol riechenden Mann zu tun, der mit ihr über Gott und die Welt und vor allem sein Leben reden will. Sie geht auf ihn ein – aber es ist anstrengend. Und so bittet sie andere Teammitglieder, sich um den Mann zu kümmern, als er am nächsten Tag wieder da ist. Nach vier Tagen spricht der Ältere für alle überraschend ein Gebet. Und er bekennt in einem seelsorgerlichen Gespräch, dass er sich am ersten Tag umbringen wollte. Das Gespräch mit Jeanice habe ihn umdenken lassen.

Ohne Spenden fährt auch der Lifeliner nichtBei aller Begeisterung für den Lifeliner – die Arbeit steht fi nanziell auf wackeligen Beinen. Wer den Lastwagen ein-lädt, erhält keine Rechnung, erfährt aber, was der Einsatz tatsächlich kostet. Außerdem muss ein kostenloses Quar-tier für die Mannschaft gestellt werden. Auch wenn das Team jeden Cent mehrmals umdreht, bevor es ihn ausgibt: Die Fahrten kosten Geld. Auch die Verpfl egung für Team und Gäste. Direktor Alfons Hildebrandt rechnet vor, dass pro Jahr für den laufenden Betrieb ohne Abschreibungs-kosten für den Lkw rund 200.000 Euro benötigt werden. Es sei nicht sichergestellt, dass dieser nicht allzu hohe Betrag durch Spenden auch wirklich eingeht. Warum? „Jugend-arbeit ist die am schlechtesten fi nanzierte Arbeit in Gottes Reich. Wir kriegen kaum Erbschaften“, sagt er. Ohne Idea-lismus und die Gewissheit, von Gott in diese Arbeit beru-fen zu sein, steht man das nicht lange durch. Doch der Rückblick ist eine Ermutigung. In den letzten 40 Jahren ist das Werk immer über die Runden gekommen. Hilde-brandt: „Gott hat uns durchgetragen!“ P

b www.yfc.de • 06151 141090

Diskussionsrunde im Auflieger des Lastwagens

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Die Besonderheiten charismatischer FrömmigkeitEVANGELIKALE IM FERNSEHEN In der vom NDR verantworteten ARD-Dokumentation „Mission unter fal-scher Flagge“ (Erstausstrahlung 4. August) wurden 5 charismatische Werke heftig kritisiert. Was ist dran an den Vorwürfen? idea bat die Leiter der Organisationen um ein Interview. Im 5. Teil äußert sich Jobst Bittner, Gründer der großen TOS-Gemeinde Tübingen. Mit ihm sprach Karsten Huhn.

idea: Herr Bittner, anders als die anderen vom NDR kriti-sierten evangelikalen Organi-

sationen standen Sie für ein Interview zur Verfügung. Warum?Bittner: Ich denke, dass es gut ist, auf die Medien zuzugehen – auch wenn sie kritisch berichten wollen. Ich habe damit bisher gute Erfahrungen ge-macht. Auch das Gespräch mit dem NDR empfand ich als angenehm.In der Sendung werden Sie zitiert mit Aussagen über das Evangelium, über Himmel und Hölle, Teufel, Tod und Ver-dammnis und mit der Aussage: „Jesus ist nur ein Gebet von Ihnen entfernt.“Das waren Ausschnitte aus einem län-geren Gespräch, und ich freue mich, dass mein Anliegen rübergekommen ist. Ich bin dankbar für das Interview.

Schreien, zittern, irres LachenDie Sendung zeigt auch Ausschnitte aus der „Heiliger-Geist-Woche“ Ihrer Ge-meinde. Gezeigt werden Menschen, die schreien, zittern oder in irres Lachen ausbrechen. Wozu soll das gut sein?Das ist charismatische Spiritualität, wie sie in Heilungsveranstaltungen geschieht. Wir glauben, dass das Wir-ken des Heiligen Geistes gemäß Apos-telgeschichte 2 auch mit körperlichen Manifestationen verbunden ist. Das zeigen auch diese Videoausschnitte. Wichtig ist mir: Diese Erscheinungs-formen sind nicht die Voraussetzung für Christus-Nachfolge, sie sind aber ein Element charismatischen Lebens.Diese Manifestationen wirken nicht nur auf ein säkulares Publikum, sondern auch auf viele Christen irritierend.

Diese Diskussion gibt es, seitdem es charismatische Gemeinden gibt. Man-che empfi nden das Wirken des Heili-gen Geistes körperlich – und das kommt entsprechend zum Ausdruck. Noch einmal: Entscheidend sind nicht diese Äußerlichkeiten, sondern was im Inneren des Menschen und in sei-ner Gottesbeziehung geschieht.

Das Feuer GottesDie NDR-Sendung zeigt, wie Sie ins Mi-krofon pusten und das „Feuer Gottes“ über Ihrem Publikum ausrufen.Das ist Teil des Gottesdienstes und eine Handlung des Glaubens – ver-gleichbar mit dem Segen, der in Gemeinden ausgesprochen wird. Es gehört zu unserem Heilungsdienst.

Homosexualität per Gebet heilen?Einer Ihrer Redner war der Hamburger Arzt Arne Elsen, der – laut einem Pano-rama-Reporter – per Gebet den Geist der Homosexualität austreiben wollte.Das Thema unserer Konferenz war aber nicht Homosexualität, sondern Heilung. Der Reporter hatte sich unter das Publikum begeben und unerlaubt gefilmt. Das ist meines Erachtens Hausfriedensbruch. Beim persönli-chen Gespräch des Reporters mit Arne Elsen war ich nicht dabei. Der NDR weist den Vorwurf des Haus-friedensbruchs zurück. Er habe Bilder aus der Liveübertragung Ihrer Gemein-de verwendet.Das stimmt. Dennoch wurden auch Bilder des Panorama-Reporters ver-wendet, die unerlaubt gefi lmt wor-den sind.

Würden Sie Arne Elsen wieder in Ihre Gemeinde einladen?Ja, ich schätze ihn als einen integren Mann Gottes, der einen besonderen Heilungsdienst hat und ein Segen für viele ist.Lässt sich Homosexualität per Gebet heilen?Praktizierte Homosexualität ist ein Le-bensstil, den die Bibel ablehnt. Durch die persönliche Umkehr zu Jesus und durch das Gebet besteht die Möglich-keit, diesen Lebensstil abzulegen.

Brauchen Enkel ein Gebet, um von Nazi-Schuld frei zu werden?In der Sendung werden Sie auch mit den Worten zitiert, dass bis zu drei Viertel der Deutschen „unter dem Schatten des Ho-locaust“ lebten. Durch Gebet wollen Sie die Nazi-Vergangenheit aufarbeiten und die „Decke des Schweigens“ zerbrechen.Das ist derzeit ein großes Thema in der Psychotherapie. Es gibt einen Ge-nerationentransfer an Schuld, das heißt, Kinder und Enkel sind durch nicht aufgearbeitete Schuld und Trau-mata der Großeltern betroffen. Um da-von frei zu werden, bieten wir in Se-minaren Hilfe an.Sie lassen Ihre Gemeinde folgendes Ge-bet nachsprechen: „Ich löse mich im Na-men Jesu von der Wehrmacht, Waffen-SS … und zerbreche diese Flüche über mir … die Fahnenschwüre, Hitlergruß.“Dieses Gebet ist Teil der Aufarbeitung. Es ergibt sich aus der Lehre von Erb-sünde und Blutschuld – und der Mög-lichkeit, davon umzukehren und frei zu werden. Wenn wir das tun, kann Heilung und Lösung geschehen.

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Die charismatische „Tübinger Offensive Stadtmission e. V.“ (TOS) wurde 1987 von Jobst und Charlotte Bittner aus der Tübin-ger Baptisten-Gemeinde heraus gegründet. Das Werk nennt sich heute TOS Gemeinde Tübingen. Weitere Gemeinden und soziale Dienste wurden in Leipzig, Ueckermünde, Albstadt-Tailfingen und Halle (Saale) ge-gründet. Seit 1997 entstanden durch Gemeindegründungen, den Aufbau von Waisenhäu-sern in Lateinamerika und von Rehabilitationszentren für Drogenabhängige und AIDS-Infizierte in Osteuropa neue Arbeitszweige in neun Ländern. TOS-Gemeinden gibt es in Ban-gor (Nordirland), Svetlagorsk (Weißrussland), Lima (Peru), La Paz (Bolivien) und San Salvador de Jujuy (Argentinien). Jobst Bittner studierte an der Univer-sität Tübingen Theologie, seine Frau Charlotte Alte Geschichte. Sie haben zwei Söhne.

b www.tos.info 07071 360920

Das klingt nach einem magischen Welt-bild.Es ist ein biblisches Weltbild! Schließ-lich heißt es in den Zehn Geboten: „Ich, der HERR, dein Gott, bin ein ei-fernder Gott, der die Missetat der Vä-ter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen“ (2. Mose 20,5). Gleichzeitig heißt es aber auch in der Bi-bel: „Der Sohn soll nicht tragen die Schuld des Vaters, und der Vater soll nicht tragen die Schuld des Sohnes“ (Hesekiel 18,20). Jeder ist also nur für seine eigenen Sünden verantwortlich.Das ist mir bekannt, aber es wäre leichtfertig, die Lehre von der Erb-schuld nur mit dieser einen Bibelstelle zu beseitigen. Martin Luther vertrat die Lehre von der Erbsünde und sprach von einer Stellvertretung der Ursünde, das heißt, die Handlungen von Adam und Eva haben Auswir-kungen auf uns alle.

Mein Großvater kämpfte als deutscher Soldat 1942/1943 vor Stalingrad. Muss ich mich als sein Enkel davon lösen?Es kann durch Blutschuld besondere Sündeneinschläge und einen Gene-rationentransfer von Ängsten und Traumata geben – Dinge, über die ihr Großvater vielleicht nie gespro-chen hat. Das beschäftigt heute viele Therapeuten. Wo es Schuld gibt, können Sie auch in der Generatio-nenfolge davon betroffen sein. Diese Frage können Sie sich nur selbst be-antworten.Ich kannte zuvor keine Gemeinde, die darum betet, sich von Waffen-SS, Fah-nenschwüren und Hitlergruß zu lösen.In charismatischen Seelsorge-Schu-lungen ist das lösende Gebet von ok-kulten Bindungen und Belastungen ein wichtiger Bestandteil. Ich bin da-von überzeugt, dass das Blut Jesu mächtig ist, uns von solchen Flüchen zu befreien.

„Manipulativ und verunglimpfend“Sie sagten zu Beginn unseres Gesprä-ches, dass Sie mit dem NDR ein ange-nehmes Gespräch hatten. In Ihrer Stel-lungnahme zur NDR-Sendung haben Sie jedoch zahlreiche Richtigstellungen vorgenommen.Das eine schließt das andere ja nicht aus. Der NDR-Beitrag war nicht objek-tiv, sondern manipulativ und verun-glimpfend. In seiner Reaktion auf die Stellungnahmen schreibt der NDR, er habe „missbräuchliche Strukturen“ aufgezeigt, in denen der „Glaube als Machtmittel“ instrumentalisiert wer-de. Diesem Anspruch ist der Film je-doch nicht gerecht geworden. Gibt es eine Frage, die Sie gerne dem NDR stellen würden?Hat sich der NDR mit den positiven Stimmen in den kritisierten Gemein-den auseinandergesetzt, mit all denen, die Segen und Heilung erlebt haben?Vielen Dank für das Gespräch! PFo

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Eine Steuer, die von Kirchen in Deutschland selbst erhoben wird, passt nicht zur Kirche Jesu Christi (Begründung siehe unten). Also gehört sie abge-

schafft. Aber wie soll das geschehen? Würde man deren Ab-schaffung über Nacht verkünden, wüsste jeder, dass damit für Gemeinden wie auch für kirchlich Bedienstete erhebli-che ökonomische Probleme entstünden. Vor allem die Fi-nanzierung bestehender Beschäftigungsverhältnisse stünde vor dem Aus. Da schreckt man instinktiv zurück und wen-det ein: Dann doch lieber nicht, bei dem, was da alles auf uns zukommt. Es geht halt nur mit der Kirchensteuer weiter – weiter wie bisher. Aber genau solch eine Nichtlösung darf um Gottes willen nicht das letzte Wort haben.

Jede Gemeinde finanziert sich aus freiwilligen GabenTiefgreifende Reformen brauchen Zeit, viel Zeit. Die Zeit kann man sich nehmen, wenn man weiß, worauf Refor-men zielen. Und das müsste eigentlich allen klar sein: auf eigenverantwortliche örtliche Gemeinden, die sich aus den freiwilligen Gaben der Gläubigen selbstständig finanzieren, so wie es ja weltweit in den meisten Kirchen üblich ist. Vorbild für eine solche Organisationsform könnten evangelisch-lutherische beziehungsweise refor-mierte Kirchen in Amerika oder in Australien sein. Unter dem gleichen Bekenntnis sind dort Gemeinden mittels Synoden geschwisterlich miteinander ver-bunden.

Rettet die Kirche: Schafft die Kirchensteuer ab!REFORM Um die Kirchensteuer ist in diesem Sommer eine Diskussion entbrannt. Viele aus der Kirche Ausgetretene geben an, dass die Erhebung der Kirchensteuer der Hauptgrund dafür sei. Weltweit ist der Einzug einer Kirchensteuer durch den Staat die Ausnahme. In Deutschland wird sie seit Anfang des 19. Jahrhunderts erhoben. 2013 betrug das Aufkommen der evangelischen Volkskirche 4,99 Milliarden Euro – ein Rekord in der Geschichte dieser Steuer. Allerdings ist nur etwa jedes dritte Kirchenmitglied kirchensteuerpflichtig. Trägt die Kirchensteuer auch in Zu-kunft? Nein, meint der evangelische Pfarrer Jochen Teuffel. In seinem Buch „Rettet die Kirche. Schafft die Kirchensteuer ab!“ beschreibt er, wie eine Reform aussehen könnte. idea druckt Aus-züge aus seinem Buch, das demnächst im Buchhandel erhältlich ist.

Warum die Kirchensteuer unbiblisch ist – Die 12 Thesen eines bayerischen Pfarrers und Buchautors

1. Die Kirche bekennt Jesus Christus als ihren Herrn: Ihre Handlungen und Ordnungen müssen sich deshalb an seinem Wort und Werk messen lassen.

2. Die Kirche ist kein Volk von Steuerschuldnern, sondern die Gemeinschaft aller Gläubigen, die unter und nach dem Evangelium leben.

3. Die Kirche lebt nicht von Abgaben der Gläubigen, sondern allein durch die Selbsthingabe Jesu Christi, die wir im Abendmahl empfangen.

4. Die Lebensbeziehung, die Christus schenkt, befähigt Menschen, ihm auf seinem Weg zu folgen und selbst opferbereit zu werden.

5. Allein durch freiwillige Gaben können Christen den Auftrag der Kirche unterstützen und daran Anteil gewinnen.

6. Freiheit und Nächstenliebe sind Grundpfeiler der christlichen Gemeinschaft. Gesetzliche Zwangsverhältnisse lassen sich nicht mit ihnen vereinbaren.

7. Die Kirchensteuer ist eine öffentlich-rechtliche Zwangsabgabe, kein freiwilliger Mitgliedsbeitrag. Man kann sich ihr als Kirchen-mitglied nicht einfach entziehen.

8. Die Kirchensteuer steht im klaren Widerspruch zum Evangelium Jesu Christi und zu den evangelischen Lehrbekenntnissen.

9. Die Tatsache, dass getaufte Christen durch einen Austritt aus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts generell vom Abendmahl ausgeschlossen werden, ist ein Skandal. Die Lehre von der Rechtfertigung des Sünders allein durch Glauben wird damit infrage gestellt.

10. Der Mammon droht das Evangelium zu verdrängen: Je größer das Budget der verfassten Kirchen, desto mehr Entscheidungen werden in Abhängigkeit vom Geld getroffen.

11. Das derzeitige Kirchensteuersystem macht die Landeskirchen zu Anstaltskirchen und versperrt den Weg zum nachhaltigen Gemeindebau und zur Mission.

12. Ein Ausstieg aus der Kirchensteuerfinanzierung muss stufen-weise erfolgen. Sein Ziel ist eine Kirche, die sich aus den freiwilligen Gaben der Gläubigen selbst finanziert und durch Umlagen übergemeindliche Dienste trägt.

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Eine stufenweise Reform in 40 JahrenIn den Landeskirchen bestehen fi nanzielle Verpfl ichtungen gegenüber den Mitarbeitern, die nicht einfach über Nacht aufgegeben werden können. Aber man kann stufenweise einen Umbau vornehmen, der Rücksicht auf bestehende Arbeitsverhältnisse nimmt und dennoch gemeinsame Schritte auf das Ziel zugehen lässt. Was wäre, wenn man den kirchensteuerlichen Hebesatz, der auf die staatliche Einkommen- sowie auf die Kapitalertragssteuer ange-wandt wird, über einen Zeitraum von vierzig Jahren stu-fenweise absenken würde, von derzeit acht bzw. neun Pro-zent auf null? Jährlich würde er damit um ganze zwei Pro-millepunkte reduziert werden, so dass die Einnahmen aus der Kircheneinkommensteuer nur jeweils geringfügig ver-mindert würden. Das gäbe für eine Kirchenreform Pla-nungssicherheit. Man müsste allerdings gleich von Beginn an öffentlich erklären, dass die Finanzierung durch eigene Kirchensteuern nicht im Sinne des Evangeliums ist. Kir-chenmitglieder, die nach staatlichem Recht aus der Lan-deskirche austreten, würden daher nicht länger vom Abendmahl ausgeschlossen und könnten weiterhin kirch-liche Amtshandlungen beanspruchen.

Jede Gemeinde kann selbst nachrechnenMit Beginn der Reform kann jede Kirchengemeinde für sich selbst nachrechnen, inwieweit sie die Finanzmittel vor Ort erwirtschaftet, die sie für die eigene Arbeit sowie für die landeskirchliche Umlage benötigt. Gegenüber den ei-genen Gemeindemitgliedern lässt sich damit auch eine de-fi zitäre Finanzlage kommunizieren, die durch freiwillige Spenden kompensiert werden kann. Wo Gemeinden mit ihren eigenen Einkünften den bisherigen Immobilienbe-stand sowie den Personalumfang nicht dauerhaft fi nanzie-ren können, stehen sie selbst in der Verantwortung, Immo-bilien zu veräußern sowie den Personalaufwand zu redu-

zieren. Umgekehrt kann durch Einwerbung weiterer Fi-nanzmittel die Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter in der jeweiligen Gemeinde ermöglicht werden. Kirchenaufsicht-liche Genehmigungsvorbehalte werden schrittweise durch Beratungsprozesse mit übergemeindlichen Dienststellen ersetzt.

Wenn sich Gemeinden auflösenLangfristig nimmt die örtliche Gemeinde die alleinige Ver-antwortung wahr und hat damit auch die Konsequenzen aus eigenen Finanzentscheidungen zu tragen. Es werden Regelungen gefunden, die die Haftung anderer Gemein-den oder kirchlicher Körperschaften für gemeindliche Schulden ausschließen. Ultima ratio einer gescheiterten Selbstfi nanzierung ist die Aufl ösung der jeweiligen Ge-meinde. Auf den ersten Blick mag das manchen erschre-cken, aber wenn eine örtliche Versammlung der Gläubigen, die für den Evangeliumsdienst tätig einsteht, nicht länger zustande kommt, ist Kirche Jesu Christi dort in der bishe-rigen Organisationsform am Ende.

Jeder kann sich seine Gemeinde aussuchenWesentliches Element der Kirchenreform ist die Preisgabe des überkommenen Parochialsystems, demzufolge der Wohnort eines Christen die Mitgliedschaft in einer territo-rial abgegrenzten Pfarrei bzw. Kirchengemeinde bedingt. Auf gemeindlicher Ebene wird eine freiwillige kirchenmit-gliedschaftliche Registrierung mit jährlicher Erneuerung eingeführt. Dabei können sich die Kirchenmitglieder (auch diejenigen, die aus der landeskirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgetreten sind) unabhängig über-kommener Parochiegrenzen in einer örtlichen Kirchenge-meinde ihrer eigenen Wahl betätigen. Die Kirchengemein-den werden damit zu Personalgemeinden. Das aktive und passive Wahlrecht in der jeweiligen Kirchengemeinde

Jochen Teuffel (50) ist seit 2009 Gemeindepfarrer in Vöhringen/Iller (Kir-chenkreis Augsburg). Von 2002 bis 2008 war er als Pfarrer und Dozent für Systematische Theologie am Lutherischen Theo-logischen Seminar nach Hongkong entsandt.

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steht den dort registrierten Kirchenmitgliedern zu. Für alle registrierten Gemeindemitglieder sind kirchliche Amts-handlungen gebührenfrei. Für nichtregistrierte Getaufte und deren Angehörigen werden weiterhin Kasualien wie kirchliche Trauung oder Bestattung gegen Zahlung einer aufwandsgerechten Kasualgebühr gewährt.

Wird der Vorgang einer freiwilligen Versammlung der Gläubigen ernst genommen, darf es keinen „Pfarrzwang“ geben. Warum nicht in einer Gemeinde engagiert mitwir-ken, deren Versammlungsort in der Nachbarstadt liegt, wenn einem dort die Evangeliumsverkündigung und die gottesdienstliche Gemeinschaft besonders zusagen?

Ein Weg durch die Wüste Wenn man es wirklich will, wird die Kirchenreform gutge-hen, auch wenn der Weg nicht einfach wird. Mit Bedacht sind 40 Jahre Reformzeit benannt worden. Das ist der Zeit-raum, den das Volk Israel im Anschluss an den Auszug aus Ägypten in der Wüste auszuhalten hat, bevor es in das Ge-lobte Land einziehen darf. Die Wüste gilt Israel als Ort der

Entbehrung, der eigenen Erneuerung sowie der göttlichen Zuwendung. Auch die anstehende Kirchenreform lässt sich als Wüstenzug angehen, der weg von den kirchensteuerli-chen „Fleischtöpfen“ auf die Freiheit der Gotteskindschaft ausgerichtet ist. Dieser Reformweg wird mit Entbehrungen, Rückschritten und Widerständen verbunden sein. Aber gleichzeitig werden diejenigen, die diesen Wüstenweg be-schreiten, erfahren, dass ihr himmlischer Vater sie auch unter Mangelbedingungen „mit allem, was nottut für Leib und Leben, reichlich und täglich versorgt“, wie es in Mar-tin Luthers Kleinem Katechismus heißt. Eine verfasste Kir-che, die reich an Finanzmitteln ist, steht in der Gefahr, dass sie sich immer mehr von den „Sorgen dieser Welt“ (Markus 4,19) gefangen nehmen lässt. Wer selbst in der Mission in Übersee tätig gewesen ist, weiß, mit wie wenig materiellen Gütern Kirchen in anderen Ländern ein segensreiches Aus-kommen haben. Armut und Einfachheit müssen nicht schöngeredet werden, aber mehr fi nanzielle Unbedarftheit dürfte in unseren Kirchen durchaus angebracht sein.

Eine Kirche, die etwas fordertDie Kirche nimmt dort Gestalt an, wo Menschen sich um das Evangelium versammeln und miteinander Abendmahl feiern. Wenn es um das Wesen der Kirche geht, kostet das nicht die Welt. Man kann das Abendmahl am Tisch des Herrn in einem bürgerlichen Wohnzimmer feiern, im Foyer einer dörfl ichen Mehrzweckhalle, unter einer Hinterhof-überdachung in den Außenbezirken von Phnom Penh oder aber im Ulmer Münster. Für das Wesentliche der Kirche ist die Kirchenfi nanzierung unwesentlich. Wenn es um die Zu-kunft der verfassten Kirchen in Deutschland geht, wird die Verpfl ichtung der Gläubigen in der Gemeinschaft vor Ort entscheidend sein. Eine solche Verpfl ichtung erwächst nur dort dauerhaft, wo Menschen immer wieder neu erfahren, dass es in der Kirche Jesu Christi um das eigene Leben geht. Dazu hat Jürgen Moltmann, altersweiser Professor für Sys-tematische Theologie in Tübingen, den steuerfi nanzierten Landeskirchen eine prophetische Absage erteilt: „Wo eine Gemeinde aus einer Parochie, das heißt aus einem kirchli-chen Betreuungsbezirk, zu einer Gemeinschaft wird, wird sie selbstständig. Es entstehen ein gegenseitiges Anteilneh-men und Teilen und die gegenseitige Hilfe. Es erwachen die Geistesgaben und die Lebenskräfte einer Gemeinde … Wird eine Gemeinde zur Gemein-schaft, dann wird sie auch zur Quelle des Lebens und der Orientierung für viele. Natürlich fordert das die aktive Beteiligung der Gemeindeglieder. Aber eine Kirche, die nichts fordert, tröstet auch nicht.“ P

Die Kirchensteuer – von einer Kirchengewerkschaft erklärtSo erklärt die Kirchengewerkschaft (Hamburg) in ihremneuesten Mitteilungsblatt die Kirchensteuer

Kirchensteuer ist die Steuer, die Kirchen sowie religiöse und weltan-schauliche Gemeinschaften von ihren Mitgliedern erheben. Das Recht auf Erhebung der Kirchensteuer wurde bereits 1919 in der Verfassung der Weimarer Republik verankert und 1949 so in das Grundgesetz übernommen. Hier kennen wir den Artikel 140 der Weimarer Rechts-verfassung des Grundgesetzes. Diese Möglichkeit steht heute allen als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemein-schaften offen. Die Evangelische Kirche in Deutschland macht hiervon Gebrauch, wenn sie mit den staatlichen Finanzverwaltungen vereinbart, die Kirchensteuer für sie einzuziehen.• Für die Dienstleistung des Kirchensteuereinzugs zahlt die Kirche dem

Staat eine Vergütung. Diese beläuft sich auf 4 % des Kirchensteuerauf-kommens.

• Der Staat hat jedoch weder Entscheidungsbefugnisse noch Einfluss auf die Verwendung der Kirchensteuer.

• Die Finanzämter ziehen ausschließlich die Steuer ein und leiten diese direkt an die Kirche weiter. Alle Kirchenmitglieder der Evangelisch-Lutherischen Kirche oder der anderen in der Anerkennung der Körper-schaft öffentlichen Rechts sind kirchensteuerpflichtig. Jedoch zahlt Kirchensteuer nur, wer ein Einkommen bezieht und dafür Lohn-, Kapi-talertrag oder Einkommensteuer entrichtet.

• Die Kirche erwartet also nur von denjenigen Kirchenmitgliedern einen Beitrag zur Finanzierung, die ihn ohne Not leisten können.

• Daher müssen beispielsweise Kinder, Studierende oder Arbeitslose, die über kein zu versteuerndes Einkommen verfügen, keine Kirchen-steuer zahlen.

• Die Höhe der Kirchensteuer richtet sich nach der Höhe der Lohn- oder Einkommensteuer bzw. nach der Höhe des zu versteuernden Einkom-mens. Wer weniger verdient, zahlt weniger Steuern und damit auch weniger Kirchensteuer.

• Der Kirchensteuerhebesatz beträgt 9 % der Lohn- und Kapitalertrags- oder Einkommenssteuer (in Baden-Württemberg und Bayern 8 %) und höchstens 3 % des zu versteuernden Einkommens.

ISBN: 978-3-03848-011-2Verlag: 'fontis-Verlag BaselPreis: 19.90 SFr.

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Samuel Moser (Belp) ist Präsident i. R. der Vereinigung evangelischer Freikirchen und Gemeinden in der Schweiz.

» Zur Freiheit hat uns Christus befreit! «

Aus dem Brief des Paulus an die Gemeinden in Galatien 5,1

„Freiheit, die ich meine, ist kein Gaukelspiel, wo-mit man zum Scheine Toren ködern will.“ So hat der Pädagoge und Pionier der Inneren Mission,

Christian Heinrich Zeller, gedichtet. Neben Gleichheit und Brüderlichkeit gehört Freiheit zu den Schlagworten der Französischen Revolution. Ein Zauberwort! Bis heute! Karl Marx brachte das populäre Verständnis wie folgt auf den Punkt: Frei ist, wer heute dies, morgen jenes tun kann, mor-gens jagen, nachmittags fi schen, abends Viehzucht treiben, nach dem Essen kritisieren, wie man gerade Lust hat.

Doch Freiheit besteht nicht darin, dass wir tun können, was wir gerade wollen, sondern darin, dass wir wollen, was wir tun sollen. Freiheit kann es nur geben, wo der Ursprung der Freiheit ist, und das ist allein bei Gott. „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ Martin Luther bindet die Frei-

heit des Christenmenschen an Gottes Wort: „Die Seele hat kein anderes Ding, weder im Himmel noch auf Erden, in dem sie lebt, gerecht, frei und Christ ist, als das heilige Evangelium, das von Christus gepredigte Wort Gottes.“

Frei von der Macht der SündeJesus sagt: „Jeder, der sündigt, ist ein Gefangener der Sün-de“ und „Wenn euch der Sohn Gottes befreit, dann seid ihr wirklich frei“.

Es gilt zu unterscheiden zwischen „frei von“ und „frei zu“, frei von der Macht der Sünde und frei zum Dienst. „Ein Christ lebt nicht für sich selbst, sondern in Christus für seinen Nächsten“, betont Luther. So ist Freiheit kein Schattenbild, sondern ein Himmelsbild, das Kopf, Herz und Hand erfüllt. P

Freiheit ist kein Schattenbild

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PORTRÄT

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Ali Yalcin wird 1978 in Syri-en geboren. Seine Mutter kommt aus dem Irak, sein

Vater ist kurdischer Türke. Beide sind Jesiden. Weltweit gibt es laut Schät-zungen etwa 800.000 Anhänger. Ihre Religion ist vom Judentum, Christen-tum und Islam beeinfl usst. Sie glauben an Seelenwanderungen und die Wie-dergeburt. Ein als Pfau dargestellter Engel dient als Mittler der Gläubigen zu Gott. Als Ali 9 Jahre alt ist, zieht die Familie zu Verwandten nach Deutsch-land. Als Jugendlicher driftet er ab, hat die falschen Freunde. Kaum erwach-sen, verlässt er sein Elternhaus, ver-kauft Drogen, wird später Zuhälter.

Das Gewissen drücktEs ist schnell und leicht verdientes Geld. Gedanken um die Frauen macht er sich nicht. Doch dann regt sich sein Gewissen. Tief in seinem Innern weiß er: Was er macht, ist falsch. Er schämt sich immer mehr. Aber er weiß keinen Ausweg. Er ist zu stolz, mit anderen zu reden, und denkt stattdessen an Selbstmord. Eines Nachts beginnt er zu beten. Es sind wirre Gedanken, die er formuliert: „Ich glaube zwar über-haupt nicht, dass es dich gibt, Gott. Aber wenn doch: Warum hast du das zugelassen, dass ich so schlecht bin?“

Visionen weisen den WegEr bekommt Träume und Visionen. Er sieht 3 Kreuze, die zu einem werden, strahlend weiße Engel, Feuer- und Wolkensäulen, aus denen Gott zu ihm spricht. Dunkle Gestalten verfolgen ihn, können ihm aber nichts anhaben. Was das alles bedeutet, weiß er nicht. Aber seit er die Visionen hat, wacht er morgens friedlicher auf. Die Selbst-mordgedanken sind weg. Doch er kennt die Bibel nicht, sondern nur den Glauben seiner Eltern – und auch da-rüber weiß er nur wenig. In der Zwi-schenzeit heiratet Yalcin eine Jesidin. Sie bekommen Zwillinge. Dann schenkt ihm ein Bekannter eine Bibel. Er fängt an zu lesen. Erst versteht er nur wenig. Doch er bleibt dran. Er hat das Gefühl, dass sein Herz wie Feuer brennt. Er sagt: „Ich will zu diesem Je-sus gehören.“ Yalcin führt Gespräche mit Christen und wird selbst einer.

Die Ehe ist gefährdetSeine Familie ist geschockt. „Jesiden akzeptieren Menschen anderer Religi-onen“, sagt Yalcin. „Aber ein Jeside selbst wird als Jeside geboren und muss auch als einer sterben.“ Sie be-schimpfen und bedrohen ihn, auch mit dem Tod. Yalcin nimmt es hin: „Schon in der Bibel steht, dass die An-

hänger Jesu verfolgt werden.“ Doch die Situation wird noch schwerer. Denn seine Ehe ist gefährdet. Seine Frau versteht ihn nicht. Sie macht ihm Vorwürfe: „Was für ein Gott ist das, der damit einverstanden ist, dass un-sere Ehe kaputtgeht?“ Sie droht, die Kinder zu nehmen und ihn zu verlas-sen. Yalcin: „Sie wollte, dass ich Jesus aufgebe. Aber das konnte ich nicht.“ Es sind harte Jahre. Er betet, dass auch seine Ehefrau Christin wird. Das Wunder geschieht. Heute haben die Yalcins 3 Kinder und sind Mitbegrün-der einer kleinen internationalen christlichen Gemeinschaft in Biele-feld. Sie treffen sich in einem Raum der (freikirchlichen) Mennoniten Brü-dergemeinde Bielefeld-Heepen und haben das Ziel, eine Gemeinde zu werden. Es kommen Kurden, Afgha-nen und Syrer. Regelmäßig verteilen sie Bibeln in der Bielefelder Innen-stadt. Viele Muslime sind interessiert. Oft sind es gute Gespräche. Manch-mal werden sie beleidigt. „Das macht nichts“, sagt Yalcin. „Ich habe schließ-lich Jesus.“ Er wird weiter berichten, wofür sein Herz so sehr brennt. P

KONVERTIT In Deutschland leben rund 80.000 Jesiden, in der Schweiz einige Hundert. Einer von ihnen war Ali Yalcin (36). Doch die 4.000 Jahre alte asiatische Mischreligion erfüllte ihn nicht – er wurde Christ. Ein Porträt von Daniela Städter.

Mein Herz brennt

DAS WORT DER WOCHE

» Man kann kein geborener Christ sein. Man kann nur ein wiedergeborener Christ sein. Wir sind in Sünde geboren. «

Der US-amerikanische Journalist und Bestsellerautor („Bonhoeffer“) Eric Metaxas (New York) bei der überkonfessionellen internationalen Konferenz „In Verteidigung der Christen“ in Washington