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4 Therapiehaus Kraftort für Magersüchtige | 7 Lebensschutz Volksinitiative will das Leben umfassend schützen | 13 Porträt Hanspeter und Annemarie Obrist gehen neue Wege 25 Theologie Was es für die Bibel bedeutet, wenn die Evolution wahr wäre www.ideaschweiz.ch 6. März 2014 | 10 Seit 50 Jahren setzt si ch W Wycliffe Schwei z ein f fü ür r Sp rachforschung, A Al l p ph ha ab be et ti i s si i e er ru un ng g und d di i e Überset tz zu un ng g v v v v v vo o o on n G Go ot tt te es s W Wo or rt Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

Idea Spektrum Schweiz 10/14

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Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt mit Fokus auf die Schweiz und Deutschland.

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4 Therapiehaus Kraftort für Magersüchtige | 7 Lebensschutz Volksinitiative will das

Leben umfassend schützen | 13 Porträt Hanspeter und Annemarie Obrist gehen neue Wege

25 Theologie Was es für die Bibel bedeutet, wenn die Evolution wahr wäre www.ideaschweiz.ch

6. März 2014 | 10

Seit 50 Jahren setzt sich WWycliffe Schweiz ein ffüürr Spprachforschung, AAllpphhaabbeettiissiieerruunngg und ddiie Übersettzzuunngg vvvvvvoooonn GGootttteess WWoorrt

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

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2 I NSER AT E

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Liebe Leserin, lieber LeserAm Anfang war das vom Gründer der Wycliffe Bibelübersetzer Cameron Townsend oft zitierte Wort: „Und dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt verkündigt werden zum Zeugnis für alle Heidenvölker und dann wird das Ende kommen.” (Matth. 24,14) Dann kam die Vision: „Alle Menschen sollen in ihrer Herzenssprache Zugang zur Bibel bekom-men”. Dann die unkonventionelle Umsetzung dieser gigantischen He-rausforderung. Wycliffe Schweiz begann mit Gebet. Und mit dem über-natürlichen Zusammenfügen einiger einfacher Christen. Und mit dem damaligen Bestseller der Missionsliteratur „Noch 2000 Sprachen: die Ge-schichte der Wycliffe Bibelübersetzer”. Die Vision und die frische Art der Umsetzung schlug in der Schweiz ein und zwar aus folgenden Gründen: 1. Dank einer innovativen Methode wurde es möglich, ohne langjähriges Hochschulstudium eine bisher ungeschriebene Sprache zu analysieren und zu lernen.2. Wycliffe bot eine weitere Alternative zum missionarischen Einsatz in Übersee. Nicht nur Gesundheitsexperten oder Gemeindebauer waren gefragt, sondern auch ganz normale Christen mit einer abgeschlossenen Ausbildung.3. Die Aufgabe der Bibelübersetzung ist klar definiert und nachhaltig.4. Dank der weltweiten Arbeit konnten Interessenten unter verschie-denen Einsatzorten in allen Kontinenten auswählen. Viele schätzten die Internationalität der Organisation.Die geistliche Grosswetterlage hat sich seit den Anfängen vor 50 Jahren radikal verändert. Trotz Dutzender neuer Bibelübersetzungen in unseren Breitengraden verliert die Bibel an Einfluss. Mission wird in vielen Kreisen fälschlicherweise mit Kulturzerstörung gleichgesetzt. Neue Organisati-onen sind entstanden, die ihre Mitarbeiter in denselben Kreisen rekrutie-ren wie Wycliffe. Christen in Entwicklungsländern haben erfreulicherwei-se die ursprüngliche Vision übernommen. Das bedeutet, dass die Mitar-beiter aus dem Westen oft nur noch indirekt an der Übersetzungsarbeit beteiligt sind. Vor 50 Jahren vermutete man, dass 2000 Sprachgruppen eine Bibelübersetzung brauchen. Nach neuster Statistik (Ethnologue.com) gibt es heute über 7000 gesprochene Sprachen. In 1900 dieser Sprachen wurde die Übersetzungsarbeit noch nicht einmal angefangen. Thomas Wiesmann

Der Autor war viele Jahre lang Präsident der Wycliffe Bibelübersetzer Schweiz und Vorstandsmitglied von Wycliffe Global Alliance.

50 Jahre Wycliffe Schweiz

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bibLiSchLobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.Psalm 103,2

Sie kennen sicher den berühmten „Knoten im Taschentuch“. Den macht man, um etwas nicht zu ver-gessen, was leicht in Vergessenheit geraten könnte. Der Psalm 103 ist so ein „Knoten“ für mich. Wenn es mir nämlich „zu gut“ geht, nehme ich vieles als selbstverständlich hin, was eigentlich nicht selbstverständlich ist. Es gab und gibt in meinem Leben sehr viele Gründe, Gott zu danken. Wenn ich mein Leben bedenke, sehe ich, wie Gott mich geführt hat, wie er meine Familie und mich täglich bewahrt. Als ein Kind unserer Zeit liegt mir allerdings das Jammern, Klagen und Schimpfen eher. Das vergesse ich bestimmt nicht, wenn sich irgendein Grund dafür bietet. Und so gebrauche ich dieses Psalm-wort gern als meinen persönlichen

„Knoten im Taschentuch“. Es hilft mir, die Dinge zu gewichten und in die richtige Relation zu setzen.

Ein Lieblingsbibelwort von Ute Richter, Leiterin der Geburts- und Familienabteilung in der Geburtsklinik des Bethesda-Spitals Basel.

Bildnachweis: Wycliffe Schweiz (Titelseite); zvg (Seite 3)

Impressum Idea Schweiz

Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident, Sam Moser Stellvertreter, Paul Beyeler, Hans Lendi, Helmut Matthies, Matthias Spiess Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 44, Fax 031 819 71 60 E-Mail: [email protected] Internet: www.ideaschweiz.ch

Chefredaktor: Rolf Höneisen (rh) Büro: Steinackerstrasse 4, 9214 Kradolf-Schönenberg, Tel./Fax 071 642 44 21 E-Mail: [email protected]: Thomas Feuz (tf ), Christof Bauernfeind (chb) Erweitertes Team: Christian Bachmann (cb), Mirjam Fisch-Köhler (mf)

Verlagsmanager: Bruno Jordi, 031 818 01 [email protected] Kundenberatung Anzeigen: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 42; Fax 031 819 38 54 E-Mail: [email protected]

Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Franziska Schüller, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54E-Mail: [email protected]: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Einzelverkaufspreis: CHF 4.–Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: www.jordibelp.chSpendenkonto: Idea Information AG, 4410 LiestalPostFinance, 3013 Bern, Konto-Nr. 40-788586-4IBAN-Nr. CH14 0900 0000 4078 8586 4BIC-Code POFICHBEXXX

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Die Waage definiert nicht deinen Werttherapiehaus Gemeinsam mit dem Diakoniewerk Bethanien gründet die Sängerin Déborah Rosenkranz ein Haus für Magersüchtige.

Mit pauken und trompeten40 Bläserinnen und Bläser erfreuten letzten Mittwoch Gäste und Bewohner des Betag-tenzentrums der ETG in Bern. Nebst den Klassikern „To regions fair“ oder „Rivers of Babylon“ ertönte „Mir singät vo dä Fröid“, das Werk eines Schweizer Komponisten. Godi Zürcher untermalte seine Andacht schwungvoll mit dem Akkordeon.Das Ensemble macht jährlich vier Einsätze: vormittags üben, nachmittags Konzert – „Mit Musik Gott ehren, die Zuhörer erfreu-en und Kontakte pflegen“.

Nächste Auftritte: 11. Juni (Rotonda, Je-genstorf), 10. September (Schlössli, Pieter-len), 3. Dezember (Artos, Interlaken). (tf)

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parDonGebannt starren wir auf den Bildschirm, der vor uns an der Wand hängt. Zuerst sieht man nichts. Dunkle

und helle Flächen wirbeln auf dem Monitor herum. Dann auf einmal – wie aus einer anderen Welt – taucht plötzlich ein rundes Etwas auf. Unse-re Spannung steigt von Sekunde zu Sekunde ...

„Es ist ein Bäuchlein“, klärt uns die Ärztin lächelnd auf, während sie den Ultraschall bedient. Nach und nach werden weitere Details sichtbar. An dem Bäuchlein ist etwas dran. Zwei winzige Füsschen. Man kann nun gut sehen, dass das Kind auf der Seite liegt. Eine weisse Linie ist klar als Wirbelsäule zu erkennen. Die einzelnen Wirbel heben sich deutlich voneinander ab. Die Nabelschnur schwebt herum, wie der Sauerstoff-schlauch eines Astronauten. Fast ein bisschen verschämt hat es die Händchen vor dem Kopf platziert. Merkt es etwa, dass da jemand ungefragt in seine wohlige Privat-sphäre hineinleuchtet? Ich erkenne nun die Gesichtszüge. Es bewegt seinen Mund. Macht ihn auf und zu. Wir staunen.

Was da in den letzten Wochen und Monaten im Bauch meiner Frau entstanden ist, kann man nur als Wunder bezeichnen. Natürlich – die Entstehung des Lebens geschieht täglich millionenfach auf der Welt. Weil es offensichtlich nun mal funktioniert, scheint es selbstver-ständlich zu sein. Aber warum lebt etwas überhaupt? Gott hat dem Wesen seinen Atem des Lebens eingehaucht. Und das bleibt jedes einzelne Mal ein Wunder.

Christof Bauernfeind ist idea-Redaktor und Mitarbeiter einer freien Gemeinde.

für Déborah Rosenkranz geht ein seit langem gehegter Wunsch in Erfüllung.

In Zusammenarbeit mit dem Diakonie-werk Bethanien ruft sie „power2be“ ins Leben, ein Therapiehaus für Menschen mit Ess-Störungen.„Eine Reha für Mädchen mit Ess-Störungen wäre mein Traum!“, erklärte die junge Sän-gerin spontan während eines Fernseh-Interviews. Auf der Bühne zu stehen und vor grossem Publikum zu singen, das kennt die Dreissigjährige schon lange, und sie liebt es heute noch. Aber als Tee-nager hatte sie während sieben Jahren an einer schweren Ess-Störung gelitten. Sie

wäre fast daran gestorben, und ohne die Gebete ihrer Eltern und Gottes Eingreifen hätte sie es nicht geschafft, gesund zu werden. Doch nicht jeder hat solch einen Halt. Viele Betroffene versuchen alleine zu kämpfen. Deshalb nutzt die Sängerin ihre Bühnenpräsenz jetzt, um Betroffenen Mut zu machen, sich Hilfe zu holen.Vom Angebot „power2be“ ist sie begeis-tert: „Das ist ein idealer Ort, an dem alles zusammenkommt. Neben einem fachlich sehr kompetenten Team von Psychologen und Therapeuten, gibt es auch das Ange-bot von Seelsorge.“

Wohngruppe „power2be“Am Donnerstag, 6. März, kann die Wohngruppe „power2be“ in Kaltenbach bei Stein am Rhein besichtigt werden. Sie gehört zum Diakoniewerk Bethanien und bietet Platz für 8 bis 10 junge Frauen, die an einer Ess-Störung leiden, jedoch noch arbeits-fähig sind oder eine Schule besuchen. Nach Feierabend und am Wochenende wer-den sie von Fachleuten betreut. Déborah Rosenkranz vertritt „power2be Bethanien“ als Botschafterin, wirbt bei ihren Konzerten für die Stiftung Impact Bethanien und sammelt Spendengelder, weil die Kosten von den Krankenkassen noch nicht über-nommen werden.

Triagestelle Zürich, Telefon 043 499 12 19 b www.power2be.chb www.deborah-rosenkranz.com

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notiertMarc Jost im Bärenfell

Bei den Regie-rungsratswahlen im Kanton Bern treten alle bis-herigen Regie-rungsräte wieder an. Doch es gibt etliche Herausfor-

derer, einer ist EVP-Grossrat Marc Jost (40). Der SEA-Generalsekretär und Lei-ter von „Interaction“ hatte schon 2010 kandidiert und damals 37 000 Stimmen erhalten. Diesmal tritt er im Bündnis mit Barbara Mühlheim (Grünliberale) an. Die beiden wollen die Mitte stärken und eine Alternative zwischen den

„starren Blöcken von Bürgerlichen und Rot-Grünen sein“, sagt Jost. Die „Berner Zeitung“ porträtierte ihn im Bärenfell unter dem Titel „Wahlkämpfer mit bibli-scher Geduld“. (idea)

Zürcher Regierungsrat verbietet Bild in Abstimmungszeitung

Am 18. Mai sollte über die Volksinitiative

„Keine Werbung für alkoholische Getränke auf

Sportplätzen sowie an Sportveranstal-tungen im Kanton Zürich“ abgestimmt werden. Das ist plötzlich infrage ge-stellt. Der Zürcher Regierungsrat weist ein Foto des Initiativkomitees, das in der Abstimmungszeitung und auf Fly-ern gedruckt werden sollte, zurück. Das Bild sei „unbeabsichtigte Werbung für zwei Alkoholhersteller“. Die Initianten vom Blauen Kreuz sind konsterniert. Das Bild zeige eben eine typische Wer-besituation, nämlich Eishockey-Spieler, die für alkoholische Getränke werben. Dabei sei Alkohol im Sport fehl am Platz. Das Initiativkomitee erachtet das regierungsrätliche Vorgehen als wider-sprüchlich und zynisch und als „frag-würdige Zensur“. Es erwäge jetzt den Gang vors Bundesgericht. (idea)

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Julia ist eines der Mädchen, die von Déborah Rosenkranz begleitet werden.

Ideale ZusammenarbeitVor drei Jahren war Déborah Rosenkranz vom Leiter des Diakoniewerks Bethanien in Zürich zu einem Vortrag über Mager-sucht (Anorexie) und Bulimie (Ess-Brech-Sucht) eingeladen worden. Auch bei dieser Gelegenheit erwähnte die Sängerin ihren Wunsch nach einem Therapiehaus. Das machte die Diakonissen und den Betha-nien-Direktor hellhörig. Sie suchen immer wieder die Lücken im Sozialgefüge, wo sie leidenden Menschen dienen können. Da-bei erkannten sie, dass ein Angebot fehlt für Betroffene, bei denen ambulante An-gebote zu wenig bewirken.Viele Gespräche folgten und schliesslich fand man im ländlichen Kaltenbach TG

ein wunderschönes Hotel, das innerhalb von nur zwei Jahren umgestaltet wer-den konnte. „Es ist ein echtes Geschenk Gottes!“, strahlt die blonde Sängerin. „Und die erste Frau, die eingezogen ist, habe ich während zwei Jahren über Facebook be-gleitet!“ Déborah Rosenkranz wird immer wieder zu diesem Ort der Ruhe und Genesung fahren und Zeit mit den jungen Frauen verbringen. „Sie spüren sofort, dass ich sie verstehe. Ich habe das Gleiche durchge-macht wie sie“. Doch mit ihrer Geschichte und Liedern wie „Beautiful, wonderful, po-werful“ lädt sie ein, sich seinen Wert von Gott definieren zu lassen und nicht mehr durch die Waage. (mf) •

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fit machen, ehe ihr euch traut„Für uns ist die alljährlich hohe Teilneh-merzahl ein göttlicher Händedruck für unseren radikal-biblischen, aber auch hu-morvoll-lebensfrohen Versuch, Paare für eine Ehe nach Gottes Sinn zu begeistern“, freuen sich die FEG-Pastorenehepaare Ariane und Thomas Kaspar (Bülach) und Mirjam und Lukas Stolz (Wäldi). Stichworte zu den Seminarinhalten sind: „Rein in die Ehe, ohne Sex!“, „Die unterschiedliche Stel-lung von Mann und Frau als Segen!“, „Gute Kommunikation, der Ehe-Sauerstoff!“.

Den Hauptschlüssel für eine gelingende Ehe sehen die vier Leiter darin, dass Ehe-paare eine Beziehung zu Jesus haben und intensiv pflegen: „Jede Ehe wird überfor-dert, wenn man im Partner etwas sucht, was nur Gott geben kann!“ (id/ls)

b www.feg.ch

sie Meinen es ernst: 34 paare aM iMpulstag „fit für Die ehe?!“ in aarau

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W as kann man als gewöhnlicher Bür-ger für den Lebensschutz machen?“

Diese Frage stellte sich Heinz Hürzeler aus Luchsingen GL schon lange vor der Volks-abstimmung vom 9. Februar. Für den frü-heren Kommunalpolitiker war bald klar: eine Volksinitiative starten.

Gegen den SterbetourismusDer Wortlaut der Initiative besteht aus vier Worten: „Menschliches Leben ist ge-schützt.“ Bisherige ähnliche Initiativen scheiterten in der Abstimmung, etwa die Initiative „Recht auf Leben“ im Jahr 1985.Warum also ein weiteres Volksbegehren mit ähnlichem Wortlaut? „Die neuesten Tendenzen in unserer Gesellschaft sind total lebensfeindlich. Der Druck auf ältere Menschen mit Pflegebedürftigkeit wird zunehmend grösser“, beobachtet der Forstingenieur ETH. Und er wird konkret: „Wollen wir wirklich eine Euthanasie vom Babyalter bis zum Zittergreis? Ist der Han-del von Spermien und Eizellen zulässig? Wollen wir den Sterbetourismus?“

Von der Eizelle bis zum TodSo einfach das Anliegen im Grunde ist, so schwierig gestaltete sich dessen Umset-zung. Anfänglicher Goodwill blieb oft auf Worte beschränkt. Die Bildung des Ini-tiativkomitees dauerte über ein Jahr. Die neun Mitglieder stammen alle aus Hürze-lers Bekanntenkreis.Warum aber der etwas sperrige Begriff „Lebensschutz stopft Milliardenloch?“

Hürzeler: „Leben zu schützen entspricht der christlichen Ethik – ‚Du sollst nicht tö-ten‘. Andererseits wurden wir beraten, das Anliegen finanziell zu begründen.“Wo ortet das Komitee aber das „Milliarden-loch“? Hürzeler: „Wir sind von einer mas-siven Überalterung bedroht, die unsere AHV infrage stellt.“ Und: „Abtreibungen bringen in 80 Prozent grosse Not mit sich. Die Kosten des ‚Post Abortion Syndrom‘ sind horrend. Zudem können die abgetrie-benen Kinder nie arbeiten, forschen, ent-wickeln und auch nie etwas konsumieren.“ Also doch eine weitere „Abtreibungsiniti-ative“? Dagegen verwahren sich die Initi-anten: „Es geht um mehr. Wir wollen einen Lebensschutz von Anfang bis zum Ende. Das betrifft insbesondere die zunehmend als ‚unwert‘ eingestuften letzten Jahre.“ Im letzten Lebensjahr würden oft so viele Medikamente verabreicht wie während des ganzen Lebens zuvor; das belaste alte Menschen.„Ein Paar liebt sich, es gibt Kinder. Das ist ein Zeichen von Gottes Segen.“ Zusam-men mit seiner Frau Anne engagiert sich Hürzeler in der Interessengemeinschaft natürliche Familienplanung (www.ignfp.ch). „Der Nachwuchs liegt dem Komitee sehr am Herzen“, bestätigt Hürzeler.

Ein Kaktus aus Lausanne„Wir arbeiten personell und finanziell mit sehr bescheidenen Ressourcen“, erklärt Heinz Hürzeler. Einzelne namhafte Persön-lichkeiten hätten bereits unterschrieben.

Lebensrechtsorganisationen und die bei-den evangelischen Parteien EVP und EDU haben noch nicht Stellung bezogen.Am 26. August läuft die Sammelfrist ab. Tags zuvor wird der Initiant seinen 70. Geburtstag feiern. „Kommen 100 000 Un-terschriften zusammen, reichen wir das Anliegen als Initiative ein. Ansonsten gibts eine Petition.“ Das Zustandekommen der Initiative wäre sein grösstes Geschenk.Heinz Hürzeler ist zuversichtlich. Auch wenn ihn die Westschweizer Zeitschrift „L’illustré“ mit einem Kaktus bedacht hat. „Warum sollte ich mich darüber ärgern? Der Kaktus gedeiht prächtig. Die Rose wä-re nach wenigen Tagen verwelkt!“ (tf) P

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Gruppenbild mit Kaktus: Hauptinitiant Heinz Hürzeler und die Hündin Shana.

Vier Worte für den Schutz des menschlichen LebensLebenSSchutz Eine neue Volksinitiative verlangt den Schutz des menschlichen Lebens von Anfang anbis zuletzt. Nötig sind 100 000 beglaubigte Unterschriften. Die Sammelfrist läuft im August ab.

Was will die Lebensschutz-Initiative?Die Volksinitiative „Lebensschutz stopft Milliardenloch“ verlangt den Schutz des menschlichen Lebens von der Keimzelle bis ins hohe Alter: „Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt: Art. 71 Menschliches Leben ist geschützt.“Mit einem solchen Verfassungsartikel auf Bundesebene könnte auch der Sterbetouris-mus unterbunden werden, ist das Initiativkomitee überzeugt. „Menschliches Leben ist das höchste Gut, das uns der Schöpfer anvertraut hat. Es darf nicht vernichtet werden.“Die Unterschriftensammlung läuft bis am 26. August 2014. Kontakt: Lebensschutz stopft Milliardenloch, Postfach 18, 8775 Luchsingen(079 122 20 30/Tonband). b www.lebensschutzinitiative.ch

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8 bren n pu n k t

Am 16. November 2013 feierten die Nawdba in Togo ein grosses Fest. Sie freuten sich darüber, ein Neues Testament und die Psalmen in ihrer

Sprache in Händen halten zu dürfen. Dieser Tag hat ei-ne lange Vorgeschichte. Vor 37 Jahren zogen Jacques und Marie-Claire Nicole zu den Nawdba, um deren Sprache zu erforschen und zu dokumentieren. Drei Jahre später, 1979, veröffentlichten sie eine Lautanalyse, die Grundlage für eine Orthografie. 1982 stiegen Marcel und Erika Gasser ins Projekt ein. Im Laufe der Jahre wurden nach und nach übersetzte Bibelteile und ausgewählte Verse in kleinen Auflagen vervielfältigt. 1992 wurde das 1. Buch Mose ver-öffentlicht. Dann kehrten Gassers in die Schweiz zurück. Die Arbeit wurde von togolesischen Übersetzern treu wei-tergeführt. Die französischen Wycliffe-Mitarbeiter Jacques Nicole und Hélène Ballarin unterstützten sie. Die 250 000 Menschen vom Volk der Nawdba leben in Togo und Gha-na. 3000 von ihnen sind Christen, Tendenz steigend.„Die Bibel ist die Einladung Gottes, ihn kennenzulernen. Wer Gott in seiner Muttersprache reden hört, schöpft Hoffnung.“ Dieser Text auf einem Wycliffe-Flyer leuch-tet ein. Wie sieht die Realität aus? Auf unserem Planeten werden 6918 Sprachen gesprochen. Ganze Bibeln gibt es in 513 Sprachen, Neue Testamente in 1294 Sprachen, we-nigstens ein Buch der Bibel in 1010 Sprachen. Zurzeit wird von verschiedenen Missionen, Bibelgesellschaften und Kirchen auf allen Erdteilen an 2167 Übersetzungspro-

jekten gearbeitet. An rund 1700 (79 Prozent) davon sind Wycliffe-Mitarbeiter beteiligt. Die Büros von Wycliffe Schweiz befinden sich in Biel. Den Titel „Direktor” mag Hannes Wiesmann in Bezug auf sei-ne Person gar nicht. Es erinnere ihn an Nadelstreifen und Zigarre. Er verstehe seine Aufgabe ganz einfach darin, den 17 Fest- und Teilzeitangestellten in Biel so zu dienen, dass sie ihre Arbeit erfolgreich ausführen können. Wyc-liffe Schweiz betreut rund 100 Mitarbeitende im Ausland. Diese arbeiten überall auf der Welt, wo Minderheitenspra-chen gesprochen werden.

Vor neuen HerausforderungenIn den 1960er- und 1970er-Jahren hatte die Organisation

50 jaHre Wycliffe Seit 50 Jahren setzt sich Wycliffe Schweiz ein für Sprachforschung,Alphabetisierung, Bibelübersetzung und Bildung. Wie geht es den Bibelübersetzern und wo liegen die Herausforderungen der Zukunft? Rolf Höneisen hat sie in Biel besucht.

Sie übersetzen Hoffnung

So entstand Wycliffe SchweizDie Anfänge von Wycliffe Schweiz reichen zurück ins Jahr 1957. Paul Meier, ein Basler Student, der nach Schottland gereist war um Englisch zu lernen, verbrachte dort die prägendste Zeit seines bisherigen Lebens. Bei der Rückkehr in die Schweiz war er erfüllt von einer tiefen Gewissheit, dass sein Leben in Gottes Hand war und er eine Bestimmung hatte, die es zu entdecken galt. Als ak-tives Mitglied der Vereinigten Bibelgruppen in Schule, Universität und Beruf (VBG), kam er in Kontakt mit Dr. Rudy Renfer, der aus den USA nach Basel gekommen war, um bei Karl Barth zu studie-ren. Der Amerikaschweizer Renfer war überzeugt von der Not-wendigkeit der Bibelübersetzung und dass die Schweizer Christen sich dabei engagieren sollten. Er erkannte, dass Paul zum Pionier dieser Bewegung berufen sein könnte. Für Paul seinerseits wurde die Begegnung mit Rudy Renfer und die Entdeckung der Wycliffe-Organisation zum entscheidenden Erlebnis. „Warum sollten die Christen in der Schweiz, einem mehrsprachigen Land, sich nicht

für die unerforschten Sprachen interessieren?“ Hier sah Paul seine Aufgabe: informieren und herausfordern. Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Mittelschullehrer belegte Paul Meier die sprachwissenschaftlichen SIL-Kurse in England. Dort traf er die 75-jährige Miss McCarthy, deren Grossvater mit Hudson Taylor in China gearbeitet hatte. Sie war eine Beterin ersten Ranges. Nach einer Morgenandacht am Kurs sagte sie zu Paul: „Paul, ich bete für dich, seit ich weiss, dass du die Wycliffe-Arbeit in der Schweiz bekannt machst.“ Dank Hans Bürki, dem Gründer und Leiter der VBG, eröffnete sich Paul Meier die Möglichkeit, in den Studentenbibelgruppen da-rüber zu berichten. Dazu kam der finanzielle Aspekt. Anfang der Fünfzigerjahre war es in der Schweiz noch unüblich, als Mitarbei-ter eines Werks von einem persönlichen Freundeskreis abhängig zu sein. Im Gegensatz dazu hatte Hans Bürki in den 50er Jahren das Modell der Verbindlichkeit propagiert und weite Kreise der christlichen Bevölkerung damit vertraut gemacht.

Wycliffe Schweiz feiert jubiläumAm Samstag, 8. März 2014, feiert Wycliffe Schweiz in Biel das 50-jährige Bestehen. Die Feier soll in erster Linie der Dankbar-keit gegenüber Gott Ausdruck verleihen. Ende 2013 arbeiteten 92 Mitarbeitende von Wycliffe Schweiz in rund 40 Sprachpro-jekten in aller Welt. Die Mitarbeitenden engagieren sich in Sprachforschung, Alphabetisierung und Bibelübersetzung. Seit 2006 leitet der Ethnologe Hannes Wiesmann (49) die Arbeit von Wycliffe in Biel. Er ist verheiratet mit Esther. Die beiden haben zwei erwachsene Kinder. Von 1992 bis 2004 arbeiteten sie an einem Sprachprojekt in Burkina Faso.

b www.de.wycliffe.ch

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einen regelrechten Boom erlebt. Daran mitbeteiligt waren die Vereinigten Bibelgruppen. Die VBG lebte damals nach der Devise, dass zehn Prozent ihrer Leute in den missio-narischen Dienst eintreten sollen. Der Aufschwung von damals hat sich allerdings gelegt. Die Zahl der Mitarbei-tenden stagniert. Zu den Gründen befragt, meint Hannes Wiesmann, man „schwimme halt schon etwas gegen den Strom“. Ein Einsatz mit Wycliffe sei eben eine langfristige, dafür aber auch eine nachhaltige Investition.Sprachforschung und Übersetzungsarbeit erfordern ei-nen weiten Zeithorizont. Der Zeitgeist dagegen will schon übermorgen mit allem fertig sein, und das steht der Arbeit von Wycliffe entgegen. Daneben sieht Hannes Wiesmann eine weitere Herausforderung – die im Westen zu beo-bachtende Bibelmüdigkeit. Das Interesse am geschriebe-nen Wort Gottes sinke. Damit verknüpft werde auch das Bibelübersetzen in Afrika nicht mehr so hoch gewichtet. Auch wenn sich ein Übersetzungsprojekt nicht innerhalb von zwei, drei Jahren realisieren lässt, sind bei Wycliffe kurze Einsätze möglich. Hannes Wiesmann: „Ein Kurz-zeitdienst kann die Türe sein zu einem längeren Einsatz.“ Optimal sei es, wenn alle Beteiligten danach zufrieden seien. Dafür setze man sich nach Kräften ein. Wiesmann

erzählt von Wycliffe Benin. Dort werde versucht, den einheimischen Pastoren zu dienen, unter anderem mit Schulungen am Computer. Diese Kurse würden sehr er-folgreich von Kurzzeitern aus der Schweiz geleitet. Mit Bibelübersetzen habe das zwar direkt nur wenig zu tun. Aber es sei ein Beitrag, um Gemeinden vor Ort zu stärken.

Veränderungen bei der Umsetzung des auftrags Beeinflusst das sinkende Interesse an Bibel und Überset-zungsarbeit die Spendeneinnahmen? Bei Wycliffe um-fasst die Hauptsumme des Spendeneingangs die Löhne der Mitarbeitenden. Sie werden von Freundeskreisen finanziell unterstützt. Dieses System hat sich gerade in der Finanzkrise bewährt. Trotzdem sieht Hannes Wies-mann zwei finanzielle Herausforderungen. Sie hängen zusammen mit dem veränderten Auftrag der Organisa-tion. Zum einen: Die Arbeit von Wycliffe entwickelt sich weltweit so, dass immer mehr Einheimische vor Ort tä-tig sind und Wycliffe ins zweite Glied zurücktritt. Man wirkt zunehmend beratend und unterstützend. Aber: „Noch ist es nicht so, dass diese Mitarbeiter von ihrem lo-kalen Umfeld unterstützt werden – und vielleicht wird es noch länger so bleiben.“ Wiesmann meint, die Schweizer

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Arnold Bärtschi, ein junger Lehrer, wurde Pauls erster Mitarbeiter. Er übernahm das Kopieren und Versenden der Rundbriefe, bis Hanna Graber ihn später ablöste. Im Schulhaus beherbergte er eine Gruppe junger Wycliffe-Freunde, die in den Winterferien 1960/61 gemeinsam das Buch „Noch 2000 Sprachen“ aus dem Englischen übersetzten.Hanna Graber, die bereits 1957 im Zusammenhang mit Bibelüber-setzung auf den Namen Wycliffe gestossen war, trat dem Team ebenfalls bei. Sie übernahm als erstes den Druck und Versand der Wycliffe-Rundbriefe.1962 heirateten Paul Meier und Inge Baltensweiler. Sie planten, nach Abschluss ihrer sprachwissenschaftlichen und biblisch-theologischen Ausbildung nach Nigeria auszureisen. Nur war zu der Zeit noch niemand in Sicht, der die Arbeit in der Schweiz weiterführen konnte und wollte. Zwar hatte sich 1961 Thomas Wiesmann, ein Schweizer, der am Fuller College in Kalifornien studierte, dafür interessiert. Aber auch die VBG hatten ihn um

Mitarbeit gebeten, und so entschied er sich für sie. Trotzdem schifften Meiers sich im Herbst 1963 ein, um ihren Einsatz in Nige-ria anzutreten. Gott hatte bereits mehrere Menschen vorbereitet, um die Arbeit in der Schweiz weiterzuführen. Zu ihnen gehörten Thomas Wies-mann, der seine Arbeit bei den VBG nach zwei Jahren beendet hatte, sowie Ernst Wyss, der aus gesundheitlichen Gründen aus China zurückgekehrt war. 1964 wurde der Verein Wycliffe Schweiz gegründet. Im ersten Vorstand wirkten neben Thomas Wiesmann und Ernst Wyss auch Heribert Wolfensberger sowie Sam Moser und Klaus Dättwiler. Nach dem Ausscheiden der beiden letzte-ren kamen Eric Hirschi und Manfred Engeli hinzu. Hanna Graber wirkte als Sekretärin. Diese Handvoll hingegebener und fähiger Menschen besorgte die Heimatadministration in ihrer Freizeit, bis die Anzahl der Mitarbeiter im Ausland und die gestiegenen Anforderungen in der Schweiz eine vollzeitliche Administration unumgänglich machten. Franziska Moser

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Christen könnten in diesem Bereich noch einen grösseren Beitrag leisten. Zum zweiten: Für Mitarbeitende im Büro ist es schwer, Unterstützer zu finden. Sie sind darauf an-gewiesen, dass genügend allgemeine Spenden den Weg zu Wycliffe finden. Im vergangenen Jahr wurde ein Spen-denrückgang durch Legate und eine Sammelaktion noch einmal aufgefangen. Der gesamte Ertrag betrug rund 4,4 Millionen Franken. Dass diese Summe immer wieder zu-sammen kommt, ist für Wycliffe-Leiter Wiesmann Grund für grosse Dankbarkeit gegenüber Gott und den Gemein-den in der Schweiz.Würde er unverhofft zu sehr viel Geld kommen, dann hätte Wiesmann durchaus Verwendung dafür. Eine Partnerorganisation namens „Faith comes by Hearing“ nimmt neu übersetzte Bibeltexte auf. So entstanden schon über 750 Hörbibeln. Sie werden mit solarbetriebenen, leis-tungsstarken Geräten abgespielt. Parallel dazu werden Leiter für sogenannte Hörgruppen ausgebildet. Diese hö-ren gemeinsam das Neue Testament und tauschen sich darüber aus. So kommen Menschen zum Glauben und es entstehen Gemeinden. Für nicht ans Lesen gewöhnte Menschen, und das sind vor allem Ältere, ist dieser Weg enorm hilfreich. „Das ist eines der Projekte, die wir im Rahmen unseres Jubiläums unterstützen wollen“, erklärt Hannes Wiesmann. Generell sieht er neue technische Möglichkeiten als enorme Chance, das Wort Gottes un-ter die Menschen zu bringen. Das gelte zum Beispiel auch für Webseiten in einheimischen Sprachen, auch für soge-nannt geschlossene Länder. Übrigens: Schneller verläuft die Übersetzungsarbeit heu-te trotz des Computereinsatzes nicht. Allerdings hilft die Technik, die Qualität der Übersetzungen zu verbessern. Moderne Such- und Vergleichsprogramme scannen die

Texte. Unklares und Falsches wird rasch gefunden und kann korrigiert werden.

Der TiefpunktIn der langen Geschichte der Bibelübersetzer gab es auch Niederlagen und Rückschläge. Eines der einschneidends-ten und aufwühlendsten Ereignisse waren schwere se-xuelle Übergriffe auf Kinder auf einer Missionsstation im bolivianischen Urwald in den 1970er-Jahren. Anfangs 2003 wurden diese Verbrechen bekannt. Unverzüglich lei-tete die betroffene Partnerorganisation eine umfassende Untersuchung ein. Eine der damals Betroffenen, Christi-na Krüsi, verarbeitete ihre traumatischen Erinnerungen im 2013 veröffentlichten Buch „Das Paradies war meine Hölle“. Sofort griffen die Medien das Thema auf. Wycliffe geriet in die Schlagzeilen, musste sich erklären. Er sei zu-tiefst betrübt ob dem, was Christina und ihrer ganzen Fa-milie an Ungerechtigkeit und Leid widerfahren sei, sagt Hannes Wiesmann. Das Bekanntwerden der Übergriffe führte bei Wycliffe Schweiz und seinen Partnerorganisa-tionen zur Ausarbeitung strenger Richtlinien zum Schutz von Kindern.

Die Vision 2025340 Millionen Menschen in über 2000 Sprachen hatten noch nie die Gelegenheit, die Botschaft der Hoffnung in ihrer Sprache zu hören. Seit einiger Zeit hat Wycliffe weltweit eine Vision: Bis im Jahr 2025 sollen in sämtlichen Sprachen, die noch eine Bibelübersetzung brauchen, ent-sprechende Projekte begonnen haben. Finden sich genü-gend Menschen, die ihr Herz von dieser Vision entzünden lassen? Finden sich genügend Beter, die sich von Gott eine Volksgruppe zeigen lassen und anhaltend dafür beten,

Rekl

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Amin Gemayel Ehemaliger Präsident des Libanon

Dr. Kishan ManochaVertreter der Bahai-Gemeinschaft

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«Ausserhalb des Gesetzes»? Die Bahai und die politischen

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bis die Bibel für diese Menschen in ihrer eigenen Spra-che vorhanden ist? Hannes Wiesmann erinnert sich: „Als die Vision 2025 innerhalb der Organisation angenommen wurde, hätte es bis zu ihrer Erfüllung noch 150 Jahre ge-dauert. Inzwischen ist dieser Zeitraum bereits um über 100 Jahre geschrumpft.“ Diese enorme Effizienzsteige-rung wurde durch neue Wege in der Ausbildung erreicht.

Der auftrag ist viel breiterUnd was wird aus Wycliffe, wenn die Bibel in alle wich-tigen Sprachen übersetzt worden ist? „Falls es uns dann nicht mehr brauchen sollte, haben wir hoffentlich den Mut, die Türe zu schliessen und etwas Neues anzupa-cken“, lacht Wiesmann. Allerdings sei der Auftrag von Wycliffe breiter als die Herstellung eines Buches. Auch Bildung zähle dazu, Entwicklungszusammenarbeit und

Was macht eine gute Bibelübersetzung aus? Der erste Gedan-ke ist, heilige Worte müssen eins zu eins übersetzt werden, exakt und genau. Stimmt das?Das ist im Prinzip richtig. Die Frage ist aber, was diese Anforderung in der Praxis bedeutet.

Können Sie mir das anhand eines Beispiels erklären? In der Sprache der Toussian bedeutet „ein kaltes Herz ha-ben“ wörtlich übersetzt „ich bin zufrieden“. In 1. Mose 45,26 wird berichtet, wie die Söhne Jakobs nach ihrem zweiten Besuch bei Josef in Ägypten heimkehren und dem Vater berich-ten, Josef lebe. Für sie überraschend bleibt Ja-kob unbewegt; es steht „sein Herz blieb kalt“. Mit anderen Worten: Er hat sich emotional abgeschottet. Übersetze ich nun wörtlich, ver-steht der Toussian-Leser, dass Jakob „zufrie-den war“, was schlicht falsch ist. Jakob war ganz und gar nicht zufrieden!

Also hätte die wörtliche Übersetzung an dieser Stelle in die Irre geführt. Wie haben Sie das Problem gelöst?Hier war es relativ einfach. Die Übersetzungstheorie be-sagt, dass bildhafte Begriffe und Vergleiche frei übersetzt werden dürfen. Wenn Jesus sagt „Ich bin das Brot des Le-bens“ und wir übersetzen in eine Sprache und Kultur, die kein Brot kennt, dann kann man ein anderes Bild wählen, das in diesem Kulturkreis bekannt ist – Jesus ist ja nicht wirklich Brot. Etwas anderes ist es, wenn reale Ereignisse beschrieben

Missionsarbeit auf der Grundlage der Muttersprache der betroffenen Bevölkerung. Es sei erwiesen, dass Kindern der Einstieg in die schulische Bildung leichter falle, wenn sie diesen in einer Sprache tun können, die sie wirklich verstehen. Hier leistet Wycliffe einen wichtigen Beitrag für die eigenständige Entwicklung von Minderheiten.Mit der fertig übersetzten Bibel hört es ja nicht auf. Wie geht man mit der Bibel um? Wie wendet man das Wort an? Wie lese ich sie mit Gewinn? Hier gilt es, Gemeinden zu schulen und Leitern zu helfen. Auch dafür setzen sich Wycliffe-Mitarbeitende auf der ganzen Welt ein. Doch am 8. März gibt es in Biel einen Marschhalt. Dann will man Gott für die vergangenen 50 Jahre danken. „Ohne seine Treue wäre das alles nicht möglich gewesen“, sagt Wyc-liffe-Leiter Hannes Wiesmann überzeugt und blickt über die Dächer der Stadt in die Ferne. •

werden, zum Beispiel der Sturm auf hoher See, in den Paulus geraten ist. Er befand sich ja tatsächlich auf einer Seereise. Der Übersetzer muss nach einer Möglichkeit su-chen, diese historische Tatsache auch für ein Wüstenvolk verständlich zu formulieren, das weder Meere noch Schif-fe kennt.Fachleute sprechen von „dynamischer Äquivalenz“. Eine Übersetzung soll genau sein, verständlich und natürlich.

Das ganze Übersetzungsprojekt muss so auf-gebaut sein, dass die Lesenden Vertrauen fas-sen.

Solche Freiheit beim Übersetzen kennen andere Religionen nicht, oder?Nein. Tatsächlich ist unter den heiligen Bü-chern der grossen Religionen die Bibel die einzige Schrift, die auch übersetzt noch als autoritativ, als Wort Gottes, gilt. Die Idee der Übersetzung ist im christlichen Glauben von Anfang an angelegt. So finden wir in

den Handschriften äusserst wenige Aussagen von Jesus in der Sprache, in der er geredet hat. Alle anderen Jesus-Zitate wurden vom Aramäischen ins Griechische über-setzt. Dass Gott dies nicht nur zulässt, sondern sogar will, begeistert mich. Wir sehen darin nämlich, dass wir den Glauben bis zu einem gewissen Grad an unsere Kultur anpassen sollen. Sprache und Kultur gehören zusammen und jede Generation und Kultur muss den Glauben selbst entdecken und leben. •

Interview: Rolf HöneisenBild

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inTerVieW Was zeichnet eine gute Bibelübersetzung aus? Ist es die Genauigkeit oder doch eher die Verständlichkeit? Antworten von Hannes Wiesmann, Leiter von Wycliffe Schweiz.

„nicht immer ist wörtlich auch genau“

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Unsere Reise durch 13 Länder und vier Jahreszeiten löste eine intensive Re-

flektion über Gott und die Welt aus“, schaut Hanspeter Obrist zurück. Der ehe-malige Pastor und Leiter eines Hilfswerks definiert sich heute anders. „Man verlässt Gewohntes, muss sich in Neues hineinden-ken, völlig vertrauen lernen“, ergänzt die gelernte Kindergärtnerin Annemarie. Auf der Reise „Zu Fuss als Ehepaar nach Jeru-salem“, so der Titel ihres Berichts in Buch-form, fanden Annemarie und Hanspeter Obrist zu ihrer aktuellen Bestimmung.

Unterwegs zu sich selbstAls ehemaliger Leiter von amzi (Arbeits-gemeinschaft für das messianische Zeug-nis an Israel) beschäftigte sich Hanspeter Obrist intensiv mit dem Nahen Osten. Die Idee zur speziellen Reise entstand 2009.Von Beginn an erfuhr das Paar Gottes kon-krete Führung: „Bekannte boten uns einen Lagerplatz für unser Hab und Gut an. Zu-gleich wurde uns eine möblierte Wohnung für die Zeit nach der Rückkehr zugesagt“, erzählt Annemarie. Doch vorerst galt es, Dutzende von Entscheidungen zu treffen.Im August 2010 nahmen sie Abschied von Basel. „Völlig übermüdet, mit 18 und 21 Kilogramm Gepäck auf dem Rü-cken. Gemeinsam lasen wir mit Freunden den Psalm 16“, erinnert sich Annemarie. Während elf Monaten erlebten sie zahl-reiche unvergessliche Momente. „Etwa eine schwimmende Kuh in einem See am Gotthardmassiv“, schmunzelt Annemarie. „Oder eine verschlossene Trinkflasche, die an Weihnachten am Wegrand auf uns zu warten schien.“ Ein eindrückliches Erleb-nis hatte das Paar in Philippi. Hanspeter Obrist: „Wir standen vor dem Gefängnis, in dem Paulus und Silas inhaftiert waren. Und entschieden uns, ebenfalls in allen Lebenssituationen Gott zu danken und ihn zu loben.“ In vielen Gesprächen tausch-ten sie sich über Einsichten und Empfin-dungen aus. Nach dem Durchwandern von Italien, Kroatien, Albanien, Griechenland,

der Türkei und Zypern erreichten sie im Juli 2011 Jerusalem.

Für Gott offen bleibenSeit März 2012 unterrichtet Annemarie Obrist Kinder mit Migrationshintergrund. Hanspeter ist als Publizist und Referent tätig und unterhält mehrere Webseiten. In dieser Konstellation will das Ehepaar für Gottes Führungen offen bleiben.Schauen sie zurück, dann bleiben drei Begriffe zentral: Vertrauen – Identität – Dankbarkeit. „Alles ist eine Frage des Ver-trauens“, ist Hanspeter Obrist überzeugt. „Zuerst Gott vertrauen, dass er es gut mit mir meint. Fällt weg, was vorher Sicherheit gebracht hat, kommen wir in einen luft-leeren Raum und lernen, auf dem Wasser zu gehen.“ Ein weiterer Punkt ist die Iden-titätsfrage. „Wer bin ich eigentlich? Was bleibt, wenn nicht mehr Umfeld oder Leis-tung zählen?“ Beide entdeckten, dass sie in erster Linie eines sind: von Gott geliebte Menschen beziehungsweise Menschen, die sich von Gott geliebt wissen. „Worauf fokussieren wir uns: auf das Fehlende oder auf das, was wir empfangen haben? Kön-nen wir Gott in jeder Situation danken? Segen beginnt mit einem dankbaren Her-zen“, bringt es Annemarie auf den Punkt.

„Die Erkenntnisse und Erlebnisse haben uns einen neuen Zugang zu unseren Mit-menschen eröffnet“, sagt Hanspeter. In Seminaren und Gottesdiensten orientiert er über die aussergewöhnliche Reise, den christlichen Glauben und über Israel und den Nahen Osten. Das Paar hat einen ge-meinnützigen Verein gegründet, der die Vortragstätigkeit finanziell ermöglicht. Annemarie hat eine Anstellung als Sprach-lehrerin. Beide fühlen sich wohl in dieser Situation, obschon ihr Glaube gefordert bleibt. „Menschlich gesehen gibt es auch nach unserer Reise keine Garantie. Wir nehmen dankbar und bewusst an, was Gott uns zukommen lässt.“Aktuell arbeitet Hanspeter Obrist an einem Artikel über die drei monotheistischen Re-ligionen und ihre Zusammenhänge. „Oft denken Christen, dass sie das Judentum aufgrund einiger biblischer Geschichten kennen“, beobachtet er. Seine neue Arbeit fasziniert ihn. Und sie bekommt immer mehr Hand und Fuss. Dazu beigetragen hat auch der Reisebericht in Form eines 275-seitigen Buches. Ohne grosse Wer-bung verkaufte es sich bereits 750 Mal. PThomas Feuz

b www.BaselJerusalem.info, 078 803 38 56

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port r ät 13

Nach einem Jahr das Ziel erreicht: Annemarie und Hanspeter Obrist auf dem Ölberg.

„Mission possible“ mit Fuss, Hand und HerzZUr bestiMMUng geFUnden Zu Fuss wanderten Hanspeter und Annemarie Obrist von Basel nach Jerusalem. Ihre Pilgerreise hat sie nachhaltig verändert. Sich ganz auf Gott zu verlassen, bleibt für die beiden aktuell.

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6 Nac h r ic h t eN

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14 Sy N ergi e | LeSer br i ef e

Lasst es daher nicht an der nötigen Einsicht fehlen, sondern lernt zu verstehen, was der Herr von euch möchte. Epheser 5,17 (NGÜ)

Gott ist wesensmässig ein Praktiker. Damit ist sein Wort

nicht nur etwas für die Gemein-de und für zu Hause, sondern voller Hilfe-stellungen auch für unseren Arbeitsalltag.Als Schöpfer aller Dinge ist er auch der beste Ingenieur, Schreiner, Lehrer, Mecha-niker, Computerspezialist, Unternehmer, Verkäufer, Bereichsleiter, Arzt etc. Haben Sie sich schon einmal überlegt, was das für uns bedeuten könnte?Wenn wir in unserem Beruf irgendwo nicht weiterwissen, fragen wir ganz automatisch jemanden, der mehr Erfahrung hat, und das ist auch gut so. Aber sind Sie schon auf die Idee gekommen, dass Sie auch Gott

fragen könnten, was er dazu denkt oder in seinem Wort zu forschen, ob dazu etwas steht?Vor zwei Wochen habe ich mit Geschäftsleuten gemeinsam Lukas 10,1 bis 12 gelesen. Wir haben die „Geschäftsleutebrille“ aufgesetzt und den Text mit der Frage gelesen: „Was für Hilfen

und Prinzipien sind darin für unseren Ge-schäftsalltag enthalten?“ Das Resultat war überwältigend! Wir haben innert Kürze rund 15 äusserst praktische Punkte gefun-den. Kürzlich las ich an einem Morgen vor ei-ner Beratung in einer Konfliktsituation einen Bibeltext, der ganz praktische An-weisungen gab, wie man vorgehen soll. In der Vorbereitung für ein anderes Gespräch erhielt ich im Gebet einen klaren Impuls, wie das Problem angegangen werden soll. Gott ist so praktisch!

Hier einige hilfreiche Tipps:

– Sagen Sie am Morgen, wenn Sie an den Arbeitsplatz kommen: „Guten Morgen, Herr. Schön, dass du da bist. Was möchtest du heute an meinem Arbeitsplatz von mir?“ – Suchen Sie während des Tages immer wieder mit Gott das Gespräch. Fragen Sie zum Beispiel: „Herr, was willst du, dass ich tue?“ „Was denkst du zu dieser oder jener Situation?“ „Was sagt dein Wort darüber, wie ich mich hier verhalten soll?“– Lesen sie regelmässig die Bibel mit der „Arbeits- und Geschäftsbrille“. Fragen Sie sich: „Was kann ich von diesem Text für meinen Arbeitsalltag lernen?“ P

SYNERGIEGlaubE Im alltaG Gott ist ein Praktiker. Das begeistert mich. Wir sollten verstehen lernen, was er von uns möchte, und das in jedem Bereich unseres Lebens, also auch am Arbeitsplatz.

Stefan Jakob

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Keine Förderungzu: „Pro und Kontra, Homöopathie für Christen?”, (Nr. 10, S. 30)

Homöopathie wird gern von gewis-sen Frommen verteufelt, weil ihre

Wirkung nicht mit grob-physikalischen Testmethoden verifiziert werden kann und dadurch nach Magie riecht. Doch in neue-rer Zeit fand man natürliche Erklärungen: Homöopathie wirkt auf der bioenerge-tischen Ebene, so dass ihre Wirkung mit bioenergetischen Methoden getestet wer-den kann. Das zeigt: Gottes Apotheke ist reichhaltiger, als die „Schulmedizin” es fas-sen kann. Zwei evangelikale homöopa-thische Ärzte, Karl Kleinschmidt und Her-mann Frick, verteidigen die Homöopathie im Büchlein: „Die Homöopathie und ihre re-ligiösen Gegner – im Blickfeld medizi-nischen Wissens und christlichen Glaubens“ (Neufeld-Verlag).Tilbert Moser, Olten SO

Verantwortung wahrnehmenzu: „Tretet auf, redet klar!”, (Nr. 9, S. 8)

Klaus J. Stöhlker bringt vieles auf den Punkt. Zu zwei seiner Aussagen

möchte ich trotzdem eine Ergänzung an-

bringen. Zur Kritik, die Kirche habe sich zu stark in Richtung Sozialfürsorge verändert, ist zu sagen, dass dies nur dort stimmt, wo die Kirche nur noch Sozialfürsorge betreibt, das gibt es leider tatsächlich. Ich selber bin Mitglied der Heilsarmee und dort spüre und erlebe ich, wie wichtig es ist, dass das Soziale und der christliche Glaube Hand in Hand gehen müssen. Seife, Suppe, Seelen-heil sind die drei S der Heilsarmee. Die Kir-che hat sehr wohl eine soziale Aufgabe, aber der Antrieb sollte aus einem leben-digen Glauben heraus entstehen. Da kön-nen wir uns sehr wohl von der reinen staat-lichen Sozialfürsorge abheben. Zur Kritik an den christlichen Parteien müsste Herr Stöhlker sich schon auch noch die Frage stellen, warum sie keine Wirkung mehr ha-ben. Eine Partei lebt nur so lange, wie sie unterstützt und getragen wird. Da muss ich die Christen in die Pflicht rufen. Wir sind uns nicht bewusst, welchen Einfluss wir in der Politik haben könnten, wenn wir die Verantwortung wahrnehmen würden. Nati-onal wie kantonal könnten wir Fraktions-stärke erreichen und hätten sofort mehr Gewicht und Einfluss. Wir sollten uns nicht ständig beschweren über den Wertezerfall,

die neuen Lehrpläne, die schleichende Isla-misierung, während wir nicht an die Urne gehen. Es ist auch müssig, sich ständig an der links-rechts Diskussion zu beteiligen. Das ermüdet. Als Christen haben wir das gar nicht nötig, wenn wir aus Glauben han-deln. Stehen wir auf und nehmen wir unse-re Verantwortung wahr! Wir wählen Chris-ten in die Politik und tragen sie auch im Ge-bet. Im Kanton Bern könnten wir schon am 31. März handeln, wollen wir?Hanspeter Steiner, Boll BE

NachtragBeim Interview mit Klaus J. Stöhlker (Nr. 9) fehlte versehentlich die Autorenangabe. Dies holen wir hiermit nach. Das Gespräch mit dem Kommunikations-Experten führte Andrea Vonlanthen. Die Redaktion

Leserbriefe entsprechen nicht unbedingt der Meinung der Redaktion. Wir beachten alle Zu-schriften, können aber nicht jede veröffentli-chen. Kürzungen unter Wahrung des Sinns be-halten wir uns vor. Die Redaktion

Der Autor ist Unternehmensberater und Ge-schäftsführer (www.vitaperspektiv.ch) und Leiter der SBG (www.sbgnet.ch).

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V ictor Kalisher ist Leiter der israelischen Bibelgesellschaft in Jerusalem. Er

wuchs in einer messianisch-jüdischen Fa-milie auf und will den Juden Jesus nahe-bringen. Während der diesjährigen Pro-Israel-Vortragstournee lehrt er an elf Or-ten in der Deutschschweiz über biblische Verheissungen zu Israel. Zu den Vorträgen werden über 3000 Personen erwartet.

Neuer Bund gilt auch den Juden„Viele Juden sind überzeugt, dass der neue Bund nur für die Heiden gilt“, stellte Victor Kalisher fest. Im Alten Testament sei die-ser aber an vielen Stellen erwähnt, so zum Beispiel in Jeremia 31. Der neue Bund in Christus sei unwiderruflich und ewig – die grösste Verheissung, die dem Volk Israel durch Abraham gegeben sei. Gott habe sich Abrahams Nachkommen immer wieder offenbart. In Genesis 28 habe Jakob in einem Traum Engel Gottes auf einer Leiter hinauf- und herabsteigen sehen, die bis zum Himmel reichte. „Nur durch Jesus können wir in Gottes Gegen-wart kommen. Er ist die Leiter, die uns mit Gott verbindet.“ Dieser Traum sei eine Be-

stätigung, dass Gott dem ganzen Volk Israel durch Christus Erlösung verheissen habe.

Josef als Vorläufer für JesusJosef aus dem Haus Israel sei nach Ägyp-ten gesandt worden, um während der Hungersnot das Leben aller Menschen – nicht nur Israels – zu retten. So sei auch Je-sus gesandt, um alle Menschen zu erlösen. Der neue Pharao habe Josef jedoch nicht mehr gekannt und Israel auslöschen wol-len, indem er alle neugeborenen Knaben in den Nil werfen liess. Kalisher erklärte: „Dieselbe Geschichte geschieht heute. In Europa wächst der Hass gegen Israel. Das Land wird isoliert und seine Produkte wer-den boykottiert.“ Israel stehe im Zentrum eines geistlichen Kampfes, denn es be-zeuge der Welt die Wahrheit Gottes.

Das Interesse am Glauben wächstKalisher, Ältester einer messianisch-jü-dischen Gemeinde in Jerusalem, erzählte vom wachsenden Interesse orthodoxer Juden am Glauben. In Jerusalem gebe es heute mehr als 30 Gemeinden. Israe-lis seien die grössten Internetnutzer der ganzen Welt. Jeden Monat würden mehr als 30 000 Suchanfragen mit Begriffen wie „Messias“, „messianische Juden“ und „Neues Testament“ registriert. Bei der is-raelischen Bibelgesellschaft sei man nun daran, einen Themenindex für eine he-bräische Webseite fertig zu stellen. Damit könnten passende Bibelstellen zu einem beliebigen Thema gefunden werden. Dies erleichtere suchenden Juden den Zugang zur Bibel.

Scherrer: „Hinter Israel stehen“Abschliessend rief Pro-Israel-Gründer Werner Scherrer die gut 300 Zuhörenden in Wetzikon dazu auf, für Israel zu be-ten und ihren Platz als Christen in Gottes Heilsplan einzunehmen. „Wer hinter Israel steht, darf mit Gottes besonderem Segen rechnen.“ (cb) •

b www.proisrael.ch

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PODIUMJesus sagt: „So schlecht ihr auch seid, ihr wisst doch, was euren Kindern gut tut, und gebt es ihnen.“ Lukas 11,13

Wenn man den eigenen Kindern gute Dinge gibt, gehört dies für Jesus nicht zum „absolut Guten“, sondern zum

„relativ Guten“. Dieses vermag die menschliche Natur neben dem Bösen auch zu erbringen. Paulus beleuchtet diese Unterscheidung: „Wenn sich jemand nicht um seine Angehörigen kümmert ..., verleugnet er den Glauben und ist schlimmer als die Ungläubigen.“ (1. Tim. 5,8) Damit meint er: Wenn Christen nicht einmal das relativ Gute tun, errei-chen sie das moralische Niveau nicht, das Gott selbst von den Ungläubigen erwartet, weil dieses Niveau für die menschliche Natur erreichbar ist und weil nur so das Weiterbestehen des menschlichen Lebens möglich ist. Das absolut Gute auszuüben besteht darin, bedingungslos allen Forderun-gen Gottes zu folgen, sogar gegen die eigenen Interessen. Das absolut Gute tun heisst oft gegen eigene Wünsche handeln, manchmal „sein Leben verlieren“, wie es die Schrift betont! Gott will, dass die Christen das absolut Gute tun. Dies ist schwierig und fordert immer den Sieg des

„neuen“ über den „alten“ Menschen. Sind wir Christen bereit, das relativ Gute zu übertreffen und das absolut Gute zu tun, um unsere Zeitgenossen anzusprechen, um den christlichen Glauben kohärent zu leben, um das Fortschreiten des Bösen zu verlang-samen, um in der Politik, in der Wirtschaft und in der Kultur bessere Werte mitzutragen – in einem Satz: um das Salz der Erde und das Licht der Welt zu sein?

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Der neue Bund gilt ewig: Victor Kalisher (rechts), Übersetzer Peter Vollmar.

Israelis suchen den Messias im InternetPrO Israel Auf einer Vortragstournee sprach Victor Kalisher über den neuen Bund und erklärte, wo suchende Israelis Antworten finden.

Jean-Pierre Graber war Nationalrat der SVP. Er wohnt in La Neuveville BE.

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16 PU BLI REPORTAGE

Die Arts Ministry School begleitet junge Menschen in einen musikalischen Dienst

Inspiration durch das ganz Grosse

Als Musiker und Songschreiber hat Dänu Wisler nationalen Bekanntheits-grad erlangt. Mit seiner Musik und ausgefallenen Projekten ist er regel-mässiger Bestanteil medialer Bericht-erstattung. Als Schulleiter der Arts Ministry School hat der Querdenker die Nase vorne. «Ich beobachte in der christlichen Lyrik eine Tendenz der

Ghettoisierung. Und eine Einseitigkeit im Umgang mit Worten», sagt er. Und präsentiert Lösungen für Kirchen und Gemeinden.

Wo liegen die Schwerpunkte in Ihrem Ausbildungspro-gramm?Die langjährige Erfahrung hat uns vom klassischen «Schüelerle» mit Noten und Abschlüssen weggebracht. Letztlich zählt, dass ein Musiker wirklich spielen kann. Musikalisch setzen wir auf Bandspiel, Rhythmustraining und Songwriting. Theologisch fördern wir das selbststän-dige Denken: Sich eine eigene Meinung bilden, diese be-gründen und diskutieren können steht ganz oben auf der Prioritätenliste.

Sie nennen das Songwriting. Warum?Wir haben uns eine Kompetenz erarbeitet, die in diesem Umfang bei ähnlichen Schulen so nicht vorhanden ist. Ne-ben den andern Fächern sehen wir hier unsere Stärken.

Wie gefallen Ihnen die aktuellen Worship-Lieder? Es spielt nicht so sehr eine Rolle, ob mir die Lieder ge-fallen. Ich beobachte eine Tendenz der Gettoisierung in der christlichen Lyrik. Und auch eine Einseitigkeit im Um-gang mit Worten. Insider können sich vielleicht daran er-götzen, aber für andere wirkt es schnell etwas kitschig. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass die gängige Worship-Kultur einen Absolutheitsanspruch in Lieder- und Themenwahl, Musikstil und Aufführung erhebt. Dabei wi-derspiegelt sich oft mehr eine Form der einseitigen Ame-rikanisierung, als eine intensive Auseinandersetzung mit Theologie und Poesie.

Warum ist das so?Wir haben es mit einem Paradox zu tun: Wahrheit, die sich nicht in Worten zu formulieren sucht, ist keine Wahr-heit. Aber eine, die nur in Worten existiert, ist auch keine. Christliche Poesie und Lyrik schöpfen einerseits aus dem, was wir als Wahrheit verstehen, andererseits aus subjekti-ver Individualität. Spannend wird es, wenn man merkt: Da kennt jemand das grosse Ganze und bewegt sich frei im Raum der Sprache. Wenn das fehlt, konstruiert man sich schnell eine Privatmythologie.

Wie arbeiten Sie konkret?Wir vermitteln Prinzipien. Noch wichtiger sind die prakti-schen Übungen, das Schreiben selber. Ein wichtiger As-

pekt ist die Beschäftigung mit Texten der grossen Schrift-steller und Dichter. Man kann viel lernen von ihnen – nicht immer, was sie beschreiben, sondern wie sie etwas be-schreiben. Es ist erstaunlich, wie lange sie oft brauchten, um ihre Figuren und Geschichten zu entwickeln. Das ist für uns heute, wo immer alles sehr schnell gehen muss, eine wichtige Lektion.

Der AMS Kurs dauert ein Jahr. Ist das nicht ein biss-chen wenig?Wenn man erwartet, dass jemand nach einem Jahr ein mit allen Wassern gewaschener Künstler ist, ist es zu wenig. Dann sind aber auch drei oder vier Jahre nicht genug. Die Schüler müssen nach einem Jahr wissen, was dazu ge-hört, wenn sie Musiker oder Songschreiber sein wollen. Gehen müssen sie den Weg immer selber.

Die AMS in Walzenhausen AR Die Arts Ministry School wurde 2000 als erste christli-che Musikschule im deutschsprachigen Raum gegrün-det. Die praktisch ausgerichtete Ausbildung beinhal-tet musikalische und theologische Fachbereiche. Der Jahreskurs kann durch ein Zusatzjahr an der Kirchen-musikschule St. Gallen ergänzt und mit einem von der evang.-ref. Landeskirche anerkannten Abschluss als Kirchenmusiker ergänzt werden. Arts Ministry School, Sonnenberg 1, 9428 Walzenhausen071 888 05 88 | www.ministryschool.ch

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D as Klima in Kuba ist nach wie vor schwierig, fasst ein HMK-Mitarbeiter

zusammen. Regelmässig besucht er für das Hilfswerk „HMK Hilfe für Mensch und Kirche“ mit Sitz in Thun den Inselstaat in der Karibik. „Das geistliche Klima ist schwierig; der immer noch herrschende Kommunismus sagt: Es gibt keinen Gott. Das Christentum dagegen sagt: Es gibt einen Gott.“ Obschon die einstigen Revo-lutionsführer zusammen mit Fidel Castro einen religionsfreien Staat durchsetzen wollten, hätten Katholiken, Protestanten und Anhänger afrikanischer Kulte trotz-dem an ihrer Glaubensüberzeugung festgehalten. Die HMK hilft kubanischen Christen mit Schulungen und Rechtshilfe und unterstützt 700 Gemeindegründer.

Von 0 auf 2500 in 55 JahrenIm Jahr 1990 schätzte man noch 12 000 bibeltreue Christen, das war rund 30 Jahre nach Beginn der Repressionen. Aber ganz anders als einst von Fidel Castro geplant, ist das evangelische Christentum zuletzt erheblich gewachsen. Selbst die Behörden sprechen heute offiziell von rund einer Million evangelikaler Christen in Kuba, was rund zehn Prozent der Gesamtbevölke-rung entspricht. Alleine eine der grössten christlichen Denominationen zählt heute rund 680 000 Mitglieder.Dort, wo Gott einst für tot erklärt wurde, dienen heute 2500 einheimische Voll-zeit-Pastoren. Weitere 5500 kubanische Christen sind als „Misioneros“ in noch un-erreichte Gebiete auf Kuba entsandt wor-den. Sie schlagen sich durch mit 27 Dollar im Monat, das entspricht in Kuba einem durchschnittlichen Monatseinkommen. Trotz tiefer Lebenshaltungskosten ist das kaum genug, um zu überleben. „Sie teilen sich Essen und Kleider und sie sind voller Freude.“ Autos besitzen sie keine, eige-ne Wagen sind auf Kuba verboten. Dafür sind sie mit von der HMK gestifteten Fahr-rädern unterwegs. Gott realisiert seinen Plan auch in einem Land, wo er offiziell

nicht existiert. Vieles ist noch immer nicht erlaubt, beispielsweise Internetzugänge oder der Bau von Kirchen (ausser sie sind schon vor der Revolution im Jahr 1959 ge-baut worden).

„Cuba para Cristo“Der geistliche Hunger in Kuba ist gross. Nach einer Evangelisation verdoppelte sich die Besucherzahl einer Gemeinde und das Gebäude wurde zu klein. „Nun füh-ren sie zwei Gottesdienste nacheinander durch“, erzählt der HMK-Kontaktmann. „Cuba para Cristo“ pflegen die kuba-nischen Christen heute zu sagen, früher hiess die Doktrin „Cuba para Castro“. Nicht weniger als 190 neue Gemeinden wurden in den letzten zwei Jahren ins Leben gerufen, bilanziert der Mitarbeiter der HMK. Sie zählen zwischen 30 und 110 Mitglieder. „Übereinstimmend bestätigen Pastoren aus verschiedenen Regionen des Landes, dass dieses Wachstum von Gott gewirkt werde. Auch wir Helfer aus der Schweiz dürfen ein Teil des Aufbruchs sein.“Ein Beispiel für viele andere: Eine Fami-lie startete im Januar 2013 ihre Kirche in einem Container mit null Besuchern. Im Ju-

ni waren bereits 30 Christen getauft. „Der Geist wirkt – ohne Poster, ohne Flyer, son-dern durch Mund-zu-Mund-Einladungen. Eine Gemeinschaft hält ihre Gottesdienste auf offener Strasse ab.Gott wirkt bei diesen Evangelisationen, die auf der Strasse stattfinden. Die Regierung greift nicht ein, auch wenn solche Veran-staltungen nicht erlaubt sind. „Doch der Frieden ist da und die Regierung sieht kei-nen Grund, die Versammlungen zu stop-pen. Im letzten Jahr wollten die Polizisten während einer Evangelisation zwei der Leiter auf den Polizeiposten mitnehmen. Doch die Handschellen gingen plötzlich von selbst auf und die Polizisten beende-ten ihre Aktion überrascht.“

Eingesperrte ChristenTrotzdem gibt es auch das: In einem Hoch-sicherheitstrakt sind nach wie vor Pastoren und Christen eingesperrt, deren einziges Verbrechen das Predigen war. Zum Bei-spiel, weil zu viele Besucher zugegen wa-ren oder ihre Tätigkeit als illegal taxiert wurde. Jetzt beten sie im Gefängnis, dass Gott Kuba rettet. Gitterstäbe können Ge-bete nicht aufhalten. (dg) •

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Kuba erlebt einen geistlichen Aufbruch, der Hunger nach Gott ist enorm gross.

Geistlicher Aufbruch im Land, das Gott für tot erklärtekubA 1959 wurde in Kuba Gott für tot erklärt. Innerhalb der letzten zwanzig Jahre kam es zum geistlichen Aufbruch. Heute zählt die grösste christliche Denomination auf der Karibik-Insel rund 680 000 Menschen.

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27. März, Informationsabend, die Schule für Ihr Kind, 20 Uhr, ASBB, csduebendorf.ch, [email protected], Telefon 044 915 40 45

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Das Bild der WocheGOTTES WORT IN DER UKRAINE Während der Kämpfe in Kiew liest ein Regimekritiker auf dem zentralen Platz in der ukrainischen Hauptstadt – dem Maidan – in einem Neuen Testament, das das Missionswerk der Gideons weltweit verbreitet. Als Lesezeichen verwendet er ein Schneeglöckchen. Bei der aufgeschlagenen Seite handelt es sich um Psalm 23,4: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ Der ukrainische Zweig des Missionswerks der Gideons hatte während der Demonstrationen die Neuen Testamente verteilt und dabei bewegende Geschichten erlebt. So sei eine Barrikade beim Sturm der Polizeitruppen in Brand geraten. Am nächsten Morgen fand man in den Trümmern nur noch eine unversehrte Gideon-Bibel. Gottes Wort sei in diesen kritischen Tagen für viele ein wichtiger Halt gewesen, so der Direktor für Osteuropa der evangelikalen Organisation.

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D ie beiden großen Kirchen in Deutsch-land haben eine „Sozialinitiative“ ge-

startet. Der EKD-Ratsvorsitzende, Niko-laus Schneider, und der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, stellten sie in Frankfurt am Main vor. Wie Schneider sagte, brauche man eine grundlegende gesellschaftliche Umwandlung, „um bedrohliche Verände-rungen menschenfreundlich und lebens-dienlich zu gestalten“. Laut Zollitsch solle das 60-seitige Papier ermutigen, sich an der Gestaltung einer gerechteren Gesellschaft zu beteiligen.

Im Internet diskutierenDie Sozialinitiative kann im Internet unter www.sozialinitiative.de diskutiert werden. Am 18. Juni folgt in Berlin ein Experten-kongress. In dem Papier, das an das ge-meinsame „Sozialwort“ aus dem Jahr 1997 anknüpft, rügen die Kirchen Gier und Maß-losigkeit auf den Finanzmärkten.

Geld hat den Menschen zu dienenFerner streichen sie heraus, dass die Wirt-schaft den Menschen zu dienen habe: „Deswegen kann Gewinnmaximierung um jeden Preis niemals eine moralisch akzep-table Handlungsmaxime sein.“ Es gelte, das bewährte Modell der sozialen Markt-wirtschaft weiterzuentwickeln sowie ei-nen fairen sozialen Ausgleich zu gewähr-leisten. Ferner fordern die Kirchen mehr Umweltschutz, Chancengerechtigkeit, Ar-mutsbekämpfung, Abbau von Langzeitar-beitslosigkeit, Flexibilität im Arbeitsleben

und im Rentensystem sowie Mindestlohn-regelungen, einen besseren Zugang von Frauen zu Führungspositionen und größe-re Investitionen in die Bildung.

Bedenken gegen „Rente mit 63”Gleichzeitig plädieren sie für einen Abbau der Staatsschulden. Bedenken äußerten Zollitsch und Schneider zur Finanzierbar-keit der „Rente mit 63“. Hingegen finden die Pläne der Großen Koalition zur „Müt-terrente“ ihre Zustimmung.

Lob sowohl von Arbeitgebern als auch von GewerkschaftenDas Sozialwort wird vom Deutschen Gewerk-schaftsbund gelobt, weil es sich dagegen wende, die Märkte sich selbst zu überlassen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Ar-beitgeberverbände begrüßt, dass die soziale Marktwirtschaft gewürdigt werde.

Evangelische Unternehmer erwarten mehr WeitblickKritik an der Sozialinitiative übt dagegen der Arbeitskreis Evangelischer Unterneh-mer (AEU). So vermisst der AEU eine „kon-sequente Generationengerechtigkeit“ und fordert eine Hinwendung zu Initiative und Eigenverantwortung. Der Vorsitzende, Peter F. Barrenstein (München): „In die-ser Zeit hätten wir von unseren Kirchen mehr Mut und Weitblick erwartet.“

Nicht alle Manager sind „gierig”Erstaunt ist er über die intensive Kritik der Kirchen an Auswüchsen und dem Fehlverhalten gieriger Manager. Die Wirtschaft bestehe aber nicht über-wiegend aus Maßlosen, sondern in Deutschland im Kern aus maßhal-tenden, ehrlichen Unternehmern und Mitarbeitern. Der AEU mit Sitz in Karlsruhe versteht sich als Bindeglied zwischen Kirche und Wirtschaft.

„Christen in der Wirtschaft“: Wo bleibt „Jesus-Kultur“?In einer Stellungnahme gegenüber idea begrüßte der Verband „Chris-

ten in der Wirtschaft“ (CiW) grundsätz-lich, dass sich die Kirchen mit Fragen der Wirtschaft beschäftigen. Generalsekretär Hans-Martin Stäbler vermisst aber eine deutlichere theologische Fundierung. Er erwarte, dass die Kirchen zum Beispiel etwas dazu sagten, was Gottes Wille im beruflichen Miteinander sei. Zu einer „Jesus-Kultur“ gehörten eine gerechte Bezahlung, die langfristige Fürsorge für Mitarbeiter und die Möglichkeit zur Verge-bung beim Scheitern.

Zweitgrößter ArbeitgeberDie Kirchen sind mit 1,3 Millionen Beschäf-tigten nach dem Staat der zweitgrößte Arbeitgeber Deutschlands; sie stehen laut Stäbler daher selbst in der Verantwortung. Das gelte aber auch für kleinere christliche Werke und Organisationen. Der Verband CiW mit Sitz in Wuppertal ist mit knapp 1.000 Mitgliedern aus Industrie, Dienstleis-tung, Handel und Handwerk in mehr als 40 Städten Deutschlands aktiv. Als Vorsitzen-der amtiert Friedbert Gay (Remchingen bei Karlsruhe). P

b Kirchenamt der EKD • 0511 27960 www.ekd.de/ekd/kirchenamt_der_ekd.html

Deutschland: Volkskirchen wollen Umwandlung der GesellschaftSOZIALINITIATIVE Alle sollen sich an der Gestaltung eines gerechteren Miteinanders beteiligen.

Schneider (EKD) und Zollitsch (Katholische Kirche)

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Lewitscharoff bezeichnete es als Pro-blem, dass es viele Prediger „jedem

recht machen“ wollten. Sie predigten „weichgespült“. Lewitscharoff sprach bei einer Festveranstaltung zum 20-jährigen Bestehen des Liturgiewissenschaftlichen Instituts der Vereinigten Evangelisch-Lu-therischen Kirche Deutschlands in Leipzig. Die 59-Jährige bezeichnete es als „entsetz-lich“, dass der Protestantismus sich an mo-derne Sprechweisen anbiedere. Dies sei „der Tod der Kirche“.

Warum die Bibel so wertvoll ist Die Schriftstellerin unterstrich ferner die Bedeutung der Bibel. Sie sei ein sehr wei-ses Buch, das zur Zivilisierung des Men-schen und zur Abkehr von Menschenopfer und Mord beigetragen habe. Durch sie lerne man, Menschen als Gottes Geschöpfe wahrzunehmen. Lewitscharoff: „Die Ge-schichten der Bibel sind das Herzblut un-serer Gesellschaft, auch wenn dies viele

heute nicht mehr wahrhaben wollen.“ Sie äußerte sich ferner zum Unterschied zwi-schen Literatur und Religion. Die Literatur mache es möglich, in andere Köpfe und Zeitalter einzutauchen. Hingegen umfas-se der christliche Glaube die Erlösung des ganzen Menschen und das Leben nach dem Tod. Dies könne die Literatur nicht leisten. Lewitscharoff erhielt 2013 den bedeutendsten deutschen Literaturpreis: den Georg-Büchner-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

EKD-Kulturbeauftragte: Protes-tantismus ist zeitgeistgefährdet Die Kulturbeauftragte der EKD, Petra Bahr, vertrat die Ansicht, dass der Protestan-tismus schon immer gefährdet gewesen sei, sich dem Zeitgeist anzupassen. So hätten die Predigten während des Ersten Weltkrieges nationalistische Züge gehabt. Derzeit neige die evangelische Kirche zum Moralisieren. Glaubensarmut sei aber kein

neues Phäno -men.

„Geht es Ih-nen auch so?“Der Pfarrer müs-se daher kein Glaubensheld sein. Aller-dings solle er die Gemeinde nicht ständig mit seinen Zweifeln behelligen. Es sei je-doch „schick“ geworden, in der Predigt seine Zweifel zu äußern. Bahr: „Ich finde jede Form von frömmelnder Vollmundig-keit fürchterlich. Dies gilt aber auch für Kleinmut.“

„Nein, mir nicht!“ Wie Bahr sagte, möchte sie bei der „Geht es Ihnen auch so?“-Anbiederei mancher Prediger aufschreien: „Nein, mir nicht!“. Zudem klängen manche Fürbitten wie Re-den vor der Vollversammlung der Verein-ten Nationen. Nötig sei mehr Furcht und Erschrecken im Gottesdienst. P

Eine weichgespülte Sprache ist „der Tod der Kirche“GOTTESDIENST Kritik an der vorherrschenden Sprache evangelischer Pfarrer hat eine preisgekrönte deutsche Schriftstellerin – Sibylle Lewitscharoff – geübt.

An der Spaltung der Christenheit seien alle schuld außer dem sündlosen Chris-

tus, sagt er in dem Video, das auf der In-ternetplattform YouTube veröffentlicht wurde. Er freue sich, dass die Pfingstler

zusammengekommen seien, um den ge-meinsamen Herrn Jesus Christus anzube-ten. Gleichzeitig sehne er sich danach, die Brüder in Christus zu umarmen. Das Wun-der der christlichen Einheit habe bereits begonnen, betont Franziskus. Der Papst bittet die Teilnehmer der Pfingstkonfe-renz, für ihn zu beten, so wie er für sie bete und sie segne. Die Videobotschaft wurde von den Besuchern der Konferenz in Fort Worth in Texas mit Beifall aufgenommen. Sie beteten für den Papst. Die Pfingstbe-wegung ist Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden und betont die übernatür-lichen Wirkungen des Heiligen Geistes wie Krankenheilung, Prophetie und das Beten

in „Zungen“, also menschlich unverständ-lichen Lauten. Zum Welt-Pfingst-Forum gehören rund 250 Millionen Mitglie-der. Besonderes Wachstum erleben die Pfingstgemeinden – die zur evangelikalen Bewegung gehören – vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika. Dort werden sie von der vorherrschenden katholischen Kir-che meist kritisch gesehen. P

Papst grüßt Pfingstler: Das Wunder der EinheitVATIKAN Papst Franziskus hat seine Sehnsucht nach der Einheit aller Christen in einer ungewöhnlichen Videobotschaft an eine pfingstkirchliche Zusammenkunft in den USA zum Ausdruck gebracht.

Mitglieder von PfingstkirchenWeltweit 250 Millionen

Deutschland 48.988 Schweiz 14.700

Österreich 3.800

Papst Franziskus an eine pfingstkirchliche Konfe-renz: „Von Bruder zu Bruder, ich umarme Dich“.

Sibylle Lewitscharoff

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E in Gericht in der Hauptstadt Seoul be-fand den 78-jährigen Pfingstpastor für

schuldig, seiner über 800.000 Mitglieder zählenden „Yoido-Gemeinde des Vollen Evangeliums“ einen finanziellen Schaden von 8,7 Millionen Euro zugefügt zu ha-ben. Außerdem sei er 2,4 Millionen Euro Steuern schuldig geblieben. Yonggi Cho hatte dem Urteil zufolge Gemeindemit-arbeiter angewiesen, Aktien seines ältes-ten Sohnes, Cho Hee-jun, zu Preisen zu kaufen, die um das Vierfache über dem Marktwert lagen. Auch der Sohn wurde zu 3 Jahren Haft verurteilt, die er sofort antreten musste. Wegen der gesellschaft-

lichen Verdienste des Vaters wurde des-sen Freiheitsstrafe für 5 Jahre ausgesetzt. Er muss aber zusätzlich 3,3 Millionen Eu-ro Geldstrafe zahlen. Im November 2013 hatten etwa 30 Gemeindeälteste Yonggi Cho und seine Anhänger wegen Unter-schlagung angezeigt. Yonggi Cho wuchs als Buddhist auf und wechselte als 17-Jäh-riger zum christlichen Glauben. 1958 gründete er seine Gemeinde, die bis in die 90er Jahre auf mehrere Hunderttausend Mitglieder wuchs. Theologisch umstrit-ten ist seine Verkündigung (Gott macht gesund und schenkt Wohlstand), die auch bei Evangelikalen auf Kritik stößt. P

Super-Pastor Yonggi Cho verurteiltSÜDKOREA Der Gründer der größten christlichen Gemeinde, Yonggi Cho, ist wegen Unterschlagung zu 3 Jahren Haft verurteilt worden.

G läubige verwenden in ihren Botschaf-ten über den Kurznachrichtendienst

Twitter im Internet eher positiv emoti-onale Wörter, Ungläubige sind im Aus-druck eher rational-analytisch. Zu diesem Ergebnis kommt der US-Psychologe Ryan S. Ritter von der Universität von Illinois. Er hat rund 2 Millionen „Tweets“ (Twitter-Mitteilungen) von 16.000 Personen aus-gewertet; eine Hälfte waren Christen, die andere Atheisten. Als gläubig wurden Nutzer eingeordnet, die sich an promi-nenten Christen orientieren, etwa Papst Franziskus. Als ungläubig galten Sympa-thisanten des Religionskritikers Richard Dawkins (Oxford). Ritters Forscherteam

ließ die Texte mit einem Computerpro-gramm analysieren. Worte wie „Liebe“ oder „nett“ wurden als Hinweise auf Glück gewertet, Begriffe wie „verletzen“ oder „gemein“ galten als Unglück. Dabei stellte sich heraus, dass die Gläubigen häufiger Wörter verwenden, die mit Glück und ge-lungenen Beziehungen zu Menschen in Verbindung gebracht werden. Die Unter-schiede seien zwar nicht riesig – Christen twittern 9,4 % ihrer Nachrichten zu sozia-len Prozessen, Atheisten 8,1 % – aber den-noch aussagekräftig, so die Forscher. Nach ihren Erkenntnissen äußern sich Christen eher über ihre Gefühle als über ihr Wissen. Dafür denken Atheisten eher analytisch. P

Christen „twittern“ anders als AtheistenINTERNET Christen „zwitschern“ (twittern) mehr Gefühle.

NOTIERT 7 Christen in Libyen ermordetNahe der libyschen Hafenstadt Bengasi sind 7 ägyptische Christen brutal ermor-det worden. Bisher unbekannte bewaff-nete Täter seien am 24. Februar von Haus zu Haus gezogen und hätten gefragt, ob dort Muslime oder Christen wohnen. Dann hätten sie die Christen „exekutiert“, berichten Augenzeugen. Im Januar waren bereits ein Brite und eine Neuseeländerin in Bengasi auf ähnliche Weise umgebracht und am 5. Dezember ein christlicher Lehrer – Ronnie Smith (33) – aus den USA ermordet worden. Vermutlich handelte es sich bei den Tätern um muslimische Extremisten. Im März vorigen Jahres nah-men radikal-islamische Kämpfer etwa 100 Christen in Libyen gefangen und folterten sie, weil sie den christlichen Glauben ver-breitet hätten. Von den 6 Millionen meist muslimischen Einwohnern des nordafri-kanischen Landes sind nach Schätzungen zwischen 80.000 und 170.000 Christen. Meist handelt es sich um Ausländer, vor allem Ägypter, Italiener und Griechen.

Sonderbriefmarke würdigt evangelische PosaunenchöreEine neue deutsche Sonderbriefmarke würdigt die evangelischen Posaunen-chöre. Das Postwertzeichen (2,15 Euro) ist ab 1. März erhältlich. Es zeigt die Schat-tenbilder von 2 Musikern mit Posaune und Trompete. In Deutschland bestehen über 7.000 evange-lische Posau-nenchöre mit rund 120.000 ehrenamtlichen Bläsern. Sie berufen sich auf den biblischen Auftrag „Lobet den Herrn mit Posaunen“ in Psalm 150. Die Anfänge der heutigen Posaunenchorar-beit liegen in der Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts. Der erste Posaunen-chor entstand 1843 im ostwestfälischen Jöllenbeck. Seit 1994 sind die Chöre einheitlich im Evangelischen Posaunen-dienst in Deutschland organisiert.

Yonggi Cho bei einer Predigt

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l idea Fernseh- und Hörfunk-Tipps 8. bis 14. MärzF E R N S E H E N

Sonnabend, 8. März Sonntag, 9. März Mittwoch, 12. März Donnerstag, 13. März

18.00–18.30 „Aus dem Leben gerissen“ – Wenn sie sich nicht von Sterbenden verabschieden können, fallen Angehörige oft in ein Loch. Doku

21.15–21.50 Ursachen und Auswirkungen der Reformation. Doku

9.30–10.15 Evangelischer Gottesdienst aus der Martin-Luther-King-Kirche in Köln-Hürth

11.00–12.15 ERF 1 Gottesdienst aus der Freien evangelischen Gemeinde Dortmund

14.00–14.45 „Stunde des Höchsten“ –Fernsehgottesdienst zum Psalm 23

17.45–18.15„Gewöhnlich radikal“ – Nach Drogensucht und Suizidversuch findet Benj Keller zu Gott

20.45–21.15 Flucht in die Sicherheit? Die Flüchtlingssituation in Mitteldeutschland.Reportage

21.00–22.15 Die gespaltene Nation – Amerikas Glaubenskrieg um die Abtreibung.

20.15–21.15 Glaube im Osten: 4 Pastoren aus 4 freien sächsischen Gemeinden berichten über ihren Alltag

Freitag, 14. März

20.15–20.45 ERF 1 Patricia Kelly – Diagnose Brustkrebs

H Ö R F U N KSonntag, 9. März Donnerstag, 13. März

7.05–7.30 Damit wir klug werden (Psalm 90,12) – Die Losung des Evangelischen Kirchen-tages 2015 in Stuttgart

7.30–8.05 14 Tagebücher des Ersten Weltkrieges. Der Alltag im „Großen Krieg“

8.30–9.00 Die Bücher und das Buch – Stärker, als man gemeinhin annimmt, hat die Literatur auf die Bibel gebaut.

10.00–11.00 Evangelisch-reformierte Radiopredigt von Luzia Sutter Rehmann, Binningen

10.00–11.00 Evangelischer Gottesdienst anlässlich der Eröffnung der Aktion „Hoffnung für Osteuropa“ aus Bremen-Schwachhausen

10.05–11.00Gottesdienst aus der Andreaskirche in Hildesheim

12.05–12.30Revolution von oben – Ein Jahr Papst Franziskus

13.00–14.00 ERF Plus Wer betet, wird Partner – Die arabischen Christen stehen im Mittelpunkt der diesjährigen Tagung der Hilfsaktion Märtyrerkirche

20.00–21.00 ERF Plus Ein Lehrer für Lehrer – Horst Marquardt im Gespräch mit Jürgen Thielmann. Was ein Schulrat, der fest im Glauben steht und Verantwortung für 5.500 Lehrer trägt, bewirken kann, zeigt das Leben von Jürgen Thielmann.

Wer reagieren möchte, kann dies unter folgenden Rufnummern tun: ARD: 089/5900-3344 | Bibel.TV: 040/4450660 | Das Vierte: 0180/5843783Deutschlandfunk und Deutschlandradio: 0221/345-1831 | DRS 2: (0)848/808080 | ERF: 06441/957-0 | HR (TV): 069/1555111 | Kabel 1: 0180/5011150KiKa: 0180/2151514 | Luth. Stunde: 04264/2436 | MDR: 0341/300-5401 | NDR: 0511/988-2393 | Phoenix: 0180/28213 | RBB: 030/97993-2171SF 2: (0)62/2059050 | SR 2: (0)681/6022222 | SWR: 07221/929-0 | WDR (Radio): 0221/5678-333 | WDR (TV): 0221/5678888 | ZDF: 06131/7012164

Angesichts der Verschärfung des Kon-flikts zwischen Russland und der Ukra-

ine wächst die Sorge vor einem Krieg. Mit Aufrufen an die politischen Verantwort-lichen und Gebeten versuchen Christen, das Schlimmste zu verhindern. Spitzen-repräsentanten von Christen und Juden in der Ukraine forderten die russische Regierung am 2. März auf, zur Vernunft zu kommen und sofort alle Truppen von ukrainischem Boden zurückzuziehen. Die Führung in Moskau sei vor Gott für alle nicht wieder gutzumachenden Folgen verantwortlich. Unterzeichner des Ap-pells sind der Kiewer orthodoxe Patriarch Filaret, der griechisch-katholische Groß-erzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, fünf Spitzenvertreter evangelischer Kirchen und der ukrainische Oberrabiner Yaakov Bleich. Zuvor hatte sich bereits der Inter-religiöse Rat der Halbinsel Krim in einer

Erklärung gegen eine Teilung der Ukraine gewandt und eine friedliche Lösung der Krise gefordert. Dem Rat gehören Vertre-ter von Christen, Juden und Muslimen an. Auch der evangelisch-lutherische Pfarrer Markus Göring (Simferopol) unterzeichne-te diese Erklärung. Er bezeichnete die Lage gegenüber ideaFernsehen als „absolut an-gespannt“. Dies hänge damit zusammen, dass die russische Armee zusätzlich zu den Truppen der Schwarzmeerflotte Soldaten auf der Krim zusammengezogen habe. In seiner Gemeinde werde jetzt „ganz be-sonders um Frieden“ gebetet. Es tue gut, dass Christen aus ganz Europa mitteilten, vor Gott für die Krisenregion einzustehen.

Lutherischer Pfarrer kritisiert russische „Propaganda“ Kritik übte Göring an der Berichterstattung im russischen Fernsehen, in der es heiße,

dass radikale Nationalisten in der ukrai-nischen Hauptstadt Kiew am Werk seien. Diese „Propaganda“ werde von vielen Bür-gern einfach übernommen. Dem Theolo-gen zufolge leben auf der Krim seit vielen Jahrhunderten unterschiedliche Volks-gruppen miteinander: „Das hat meistens gut funktioniert.“ Deshalb sollten sich alle Seiten nach Kräften dafür einsetzen, dass dieses Zusammenleben erhalten bleibe.

Christen verstärken das Gebet Sorge bereitet die drohende Eskalation auch der in der Ukraine tätigen evangelikalen Mission für Süd-Ost-Europa. Fünf Missio-nare des Werkes sind dort in Verbindung mit Baptistengemeinden im Einsatz, darunter in Donezk im Osten des Landes. Wie Missions-leiter Friedemann Wunderlich (Freudenberg bei Siegen) gegenüber idea sagte, verstär-ken die Gemeinden das Gebet. P

Mit Gebeten den Krieg verhindernKRIM-KRISE Wie Christen auf die drohende Eskalation in der Ukraine reagieren

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Sollten Christen in der Passionszeit fasten?

PRO Fastengegner weisen darauf hin, dass die Für-sorge für Witwen und Waisen als das wahre Fas-

ten beschrieben worden sei (Jesaja 58) und dass die Gefah-ren einer zur Schau gestellten Frömmigkeit gerade beim Fasten groß seien (Matthäus 6,16ff). Sie sagen, wir hätten doch einen gnädigen Gott und müssen ihn nicht gnädig stimmen. Aber Achtung: Sogar Jesus hat gefastet (Matthä-us 4). Und obwohl seine Jünger offensichtlich nicht so wie die Pharisäer fasteten (Matthäus 9,14), ging Jesus davon aus, dass sie es später tun werden (Matthäus 9,15). Paulus fas-tete, ohne es groß zu thematisieren (2. Korinther 6,5).

Seit Jahren nutze ich die Fastenzeit. Mal verzichte ich auf bestimmte Nahrungsmittel oder Getränke, mal ändere ich Gewohnheiten, die mein Leben vollstopfen (z. B. Medien-konsum). Das macht mich sensibel. Sensibel für meine Sin-ne, für Reichtum und Armut, für Haben und Nichthaben.

Vor allem aber – und darauf kommt es an – macht es sen-sibel für Gott und sein Reden, für seine Gegenwart in mei-nem Leben. Ich habe in einer Fastenzeit Gottes Wegwei-sung erbeten und erfahren. Sie hält bis heute. In vielen Kir-chen dieser Welt außerhalb Europas gehört Fasten selbst-verständlich zum Leben dazu, und das nicht nur zur „Fas-tenzeit“.

Fasten ist ein Weg, um Gottes Gnade, seine Wahrheit und sein Reden tiefer zu erfassen – nicht zu verdienen. Kei-ner steht durch Fasten besser vor Gott da! Das Ergebnis soll immer sein, dass wir Gott lieben, nicht das Fasten selber oder unsere Frömmigkeit. Und deswegen lässt sich so schwer beschreiben, was da wirklich geschieht. Je gewal-tiger der Segen des Fastens beschrieben wird, desto größer die Gefahr, den Segnenden aus dem Blickfeld zu verlieren. Dennoch bleibt das Fasten eine gute geistliche Übung. P

KONTRA In der Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern werden wieder viele Men-

schen fasten. Vorher haben sie sich im Karneval „ausge-tobt“, und manche von ihnen denken, durch Fasten könn-ten sie nun Gott gnädig stimmen und Vergebung für ihre Sünden erlangen, die sie während des närrischen Treibens begangen haben. Ein solches Verständnis von Fasten geht jedoch am biblischen Zeugnis vorbei.

Durch Fasten kann der Mensch nicht die Vergebung sei-ner Sünden erlangen. Allein der stellvertretende Sühnetod Christi vergibt dem reumütigen Sünder seine Schuld. Bib-lisches Fasten ist vielmehr eine Begleiterscheinung von ernster Reue und Umkehr und muss mit einem Gott wohl-gefälligen Leben korrelieren, sonst ist es zwecklos (Jesaja 58,1–5). Fasten wird weiterhin nach Aussagen der Bibel dann praktiziert, wenn Menschen sich auf besondere Auf-

gaben vorbereiten. Vor seinem öffentlichen Auftreten fas-tete Jesus 40 Tage in der Wüste (Matthäus 4,1f.). Paulus und Barnabas fasteten, bevor sie zur ersten Missionsreise auf-brachen (Apostelgeschichte 13,3). Diese Art von Fasten kann und soll immer wieder im Laufe eines Jahres praktiziert werden. Natürlich darf der Gläubige gerade auch in der Karwoche auf Fleisch und vielleicht sogar generell auf fes-te Nahrung verzichten, um sich des Leidens Christi noch stärker bewusstzuwerden und Jesus dafür zu preisen, dass er für uns in den Tod gegangen ist. Dabei darf der Fastende jedoch nie denken, er verdiene sich bei Gott das Heil. Denn das hängt nicht an Werken, sondern am Glauben an Jesus allein. Auch soll er auf jede zur Schau gestellte Frömmigkeit verzichten und nicht vor anderen damit prahlen (Matthäus 6,16ff.). Die Herzenshaltung ist das Entscheidende. Wenn die stimmt, dann ist das Fasten Gott wohlgefällig. P

Nicht jedes Fasten ist Gott wohlgefällig …

Ich nutze die Fastenzeit seit Jahren. Sie macht mich

für Gottes Wort sensibel.

FASTEN Die Passionszeit von Aschermittwoch (5. März) bis Karsamstag (19. April) gilt im Kirchen-jahr als Fastenzeit. Durch Verzicht soll man sich eigentlich stärker auf das besinnen, was Christus für uns Menschen erlitten hat. Doch häufig ist das Fasten zu einer Abspeckmaßnahme oder gar einem Akt der Werkgerechtigkeit verkommen. Sollten Christen also in der Passionszeit fasten?

Prof. Friedhelm Jung ist Dekan am evangelikalen Bibelseminar Bonn.

Ansgar Hörsting (Witten) ist Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden und Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen.

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Man stelle sich vor, jemand würde behaupten, es sei zum Verständnis der heutigen Situation Deutschlands unerheblich, ob es die DDR, den Mauerbau und 1989 den Mauerfall gab. Vielleicht

sei das alles gar nicht passiert. Es spiele auch gar keine Rol-le, was geschehen sei; es komme nur auf die heutigen Er-fahrungen von Freiheit und Unfreiheit an. Die verfügbaren Quellen über die jüngeren Ereignisse wollten nur bildhaft durch anschauliche Schilderungen allgemeine Erkenntnis-se zum Ausdruck bringen. Vermutlich würde man seinen Gesprächspartner verdutzt anschauen. Denn schon ein kurzes Nachdenken macht klar: Ohne die Vergangenheit verstehen wir die Gegenwart nicht. Wäre die Geschichte anders verlaufen, würden wir jetzt in mancher Hinsicht anders leben. Was hier als selbstverständlich betrachtet wird, scheint für viele im deutschsprachigen Europa im Gegensatz beispielsweise zu den USA auf die biblische Ur-

und Heilsgeschichte nicht zuzutreffen. Da heißt es: Heute wüssten wir schließlich, dass der Mensch in einem evolu-tionären Prozess über viele Millionen Jahre allmählich aus dem Tierreich entstanden sei. Dabei stehe Gott natürlich als Schöpfer irgendwie hinter diesem Geschehen. Es spie-le aber für den christlichen Glauben keine Rolle, ob es sich mit den Anfängen historisch tatsächlich so verhält, wie die Bibel sie schildere. Die Erzählungen über die Schöpfung, über den Fall des Menschen, den Brudermord, die Sintfl ut und die Völkerzerstreuung wollten allgemeine Erfahrun-gen zum Ausdruck bringen. Andere sind der Ansicht, die-se Geschichten dienten dazu, die Identität und das Selbst-wertgefühl des in Gefangenschaft lebenden Volkes Israel zu bewahren. Was das Neue Testament über die Mensch-werdung Jesu, sein Leiden, sein Sterben und seine Aufer-stehung sage, sei in seiner Bedeutung völlig unabhängig vom historischen Wahrheitsgehalt dieser Berichte.

Wäre die Evolution wahrSCHÖPFUNG Laut einer Umfrage der Rice-Universität (Houston) unter 10.000 US-Bürgern glauben über 50 %, Gott habe – wie es zu Beginn der Bibel steht – die Welt erschaffen. Ganz im Gegensatz dazu sind es in Deutschland nur 20 % aller Bürger. Im Folgenden ein Kommentar des Vorsitzen-den der Studiengemeinschaft Wort und Wissen, Henrik Ullrich (Riesa), und des Geschäftsführers, Reinhard Junker (Baiersbronn), warum auch Christen in Deutschland nicht leichtfertig die Evolu-tionslehre akzeptieren sollten. Sie stehen für eine biblische Schöpfungslehre.

„Ein jedes nach seiner Art“: Die biblisch bezeugte Schöpfung lässt nach Meinung bibeltreuer Wissenschaftler keinen Raum für eine Evolution. Gott hatden Menschen, so wie er auch heute ist, einst geschaffen. Im Bild: „Die Erschaffung des Menschen”, wie sie sich Matthäus Merian d. Ä. (1593–1650) vorstellte.

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Wie es Jesus sahAber können wir anstelle der biblischen Schilderungen von den Anfängen wirklich eine evolutionäre Geschichte set-zen, ohne dass dies Folgen für unser Verständnis von der Geschichte Gottes mit den Menschen hätte? Werfen wir ei-nige Blicke ins Neue Testament. Jesus Christus bestätigt in einem Streitgespräch mit den Pharisäern die Erschaffung des Menschen, wie sie in den ersten Kapiteln der Bibel be-schrieben wird. Was darin über den Menschen gesagt wird, ist für Jesus bindend: „Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen von Anfang an als Mann und Frau geschaffen hat?“ (Matthäus 19,4). Die Schöpfungstexte ver-steht Jesus also eindeutig als Schilderungen tatsächlicher Geschehnisse am Beginn der Menschheitsgeschichte. Sie werden weder relativiert noch neu gedeutet. In diesem Ge-spräch kommt auch die Hartherzigkeit des Menschen zur Sprache. Jesus macht hier klar: „Von Anfang an ist es nicht so gewesen“ (Matthäus 19,8) – eine Anspielung auf den Sün-denfall. Die Hartherzigkeit ist kein Schöpfungsmerkmal des Menschen, sondern erst später hinzugekommen. Wir sehen: Die Vergangenheit macht die Gegenwart verständ-lich. Hier liefert ohne Zweifel der geschichtliche Hinter-grund die Erklärung, weshalb der Mensch Sünder ist und einen Retter braucht – Jesus Christus.

Paulus stimmte ihm zuÄhnlich argumentiert Paulus. Den gebildeten Athenern er-klärt er, dass die ganze Menschheit von einem einzigen Men-schen abstammt (Apostelgeschichte 17,26). In einer Gesell-schaft, die das biblische Schöpfungszeugnis nicht kannte, hebt er gerade diesen Punkt hervor. Im Römerbrief stellt Pau-lus einen Zusammenhang zwischen dem ersten, von Gott geschaffenen Menschen und Jesus Christus her (Römerbrief 5,12ff.). Der eine brachte Sünde und Tod, der andere Recht-fertigung (Freispruch trotz Sünde) und Leben. Hier stehen zum einen zwei Personen einander gegenüber: Adam, der erste Mensch, und Jesus Christus. Und zum anderen das,

was sie bewirkt haben und Folgen für alle Menschen hatte: das Verlorensein auf der einen Seite und die Möglichkeit der Errettung von Sünde und Tod auf der anderen Seite. Damit wird klar: Das Evangelium ist mit dem biblischen Zeugnis über den Anfang unaufl öslich verwoben.

Wenn der Mensch vom Affen her stammen würdeDer Konfl ikt mit der evolutionären Geschichtsschau ist vor diesem Hintergrund unvermeidlich: Wenn der Mensch aus dem Tierreich stammte, gäbe es nicht den einen – Adam –, durch den die Sünde in die Welt kam. Außerdem wäre Sün-de genauso ein Evolutionsprodukt wie z. B. der aufrechte Gang. Evolution bedeutet ja nicht nur eine allmähliche Ver-änderung der Gestalt, sondern schließt auch das Verhalten des Menschen ein. Gewaltbereitschaft, Hass und Neid u. a. sind demnach kreative Elemente der menschlichen Evolu-tion. Ein Weiteres: Evolution funktioniert nur auf der Basis einer Überproduktion von Nachkommen, von denen in der Regel nur die Bestangepassten überleben, während die an-deren einer erbarmungslosen Auslese zum Opfer fallen.

Dazu kommt: In der Evolution wird der Tod gleichsam als positiver Faktor angesehen, da nur durch den Tod eine beständige Fortentwicklung allen Lebens möglich ist. Der Tod wäre also nicht Folge der Sünde (Römerbrief 5,12; 6,23), sondern Mittel einer durch Evolution sich vollziehenden Schöpfung. Der Textzusammenhang in Römer 5,12ff. er-laubt es nicht, den Tod auf den Aspekt der Trennung von Gott zu reduzieren (geistlicher Tod); der leibliche Tod als Folge der Sünde ist eingeschlossen, genauso wie in der Sün-denfallerzählung (1. Mose 3). Paulus stellt außerdem fest, dass der Tod der „letzte Feind“ ist, der besiegt wird. Dieser Sieg wurde bereits durch Jesu freiwilliges stellvertretendes Leiden und Sterben errungen. Wäre also Evolution wahr, hätte die Gegenüberstellung von Adam und Jesus Christus sowie ihren Taten keine Basis und würde sinnlos.

Machen wir uns an dieser Stelle noch einmal klar, dass und wie die Geschichte die Gegenwart erklärt und ver-

Henrik UllrichReinhard Junker

Während die Evolutionstheorie eine Entwicklung von „niederen“ zu „höheren“ Arten lehrt (Abbildung links), gehen Vertreter der biblischen Schöpfungslehre davon aus, dass Gott alle Grundarten von Anfang an geschaffen hat. Sie können allerdings verschiedene Variationen hervor-bringen (Mikroevolution). Abbildung aus dem Werk von Siegfried Scherer und Reinhard Junker: „Evolution – ein kritisches Lehrbuch“, Weyel-Verlag (Gießen), ISBN-10: 3921046106, 368 Seiten, 26,90 Euro.

Der Vater der Evolutionstheorie, Charles Darwin (1809–1882), erntete zu Lebzeiten viel Spott, doch die Wissenschaft folgte weithin ihm. Im Bild eine zeitge-nössische englische Karikatur.

Die Autoren dieses Beitrages:

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ständlich macht. Lukas bezeugt in seinem Evangelium: Je-sus Christus ist „gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lukas 19,10). Davon leben Christen! Wa-rum aber ist der Mensch verloren und braucht einen Ret-ter? Weil ihn eine durch Gott gelenkte schöpferische Evo-lution dazu gemacht hat? Nein, weil er als herrliches Ge-schöpf Gottes durch seine Abkehr von seinem Schöpfer seinen ursprünglichen Stand verloren hat. Nur vor diesem Hintergrund kann verstanden werden, warum Jesus Mensch wurde, für uns litt und am Kreuz starb.

Viele Befürworter einer Schöpfung durch Evolution können – durchaus konsequenterweise – mit der Botschaft von Jesus als Retter nichts mehr anfangen. Es ist auffällig, dass in vielen Publikationen, die eine theistische Evolution (Gott schuf die Welt, aber sie entwickelte sich evolutionär) befürworten, Sünde und Errettung durch Umkehr und Gnade kein Thema sind.

Gott ist kein LückenbüßerKommen wir noch einmal auf die biblisch bezeugte Schöp-fung zurück. Das Verständnis einer sich durch Evolution irgendwie vollziehenden Schöpfung, leidet neben den be-reits genannten Punkten daran, dass völlig unklar bleibt, was Gott eigentlich dabei als Schöpfer tut. Ist er nur der ers-te Beweger, der alles im Urknall so einstellte, dass Evolution bis zum Menschen funktionieren konnte? Oder greift er immer dort ein, wo die Natur überfordert ist, Neues zu ent-wickeln? Also eine Art Lückenbüßer der Evolution?

Gott einerseits als Schöpfer zu bekennen und gleichzei-tig eine rein nach natürlichen Gesetzen sich vollziehende evolutionäre „Schöpfung“ zu akzeptieren, in der sich Got-tes Schöpferweisheit zeige, fordert einen intellektuellen Spagat, der nicht gelingen kann. Das hat übrigens zu Recht der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins der mo-dernen Theologie vorgeworfen.

In der Frage nach dem richtigen biblischen Schöpfungs-verständnis ist für einen Christen besonders der Blick auf das Handeln Jesu maßgeblich. Wie hat Jesus Christus ge-handelt, als er vor 2.000 Jahren auf unserer Erde wirkte? Schauen wir dazu beispielhaft die Geschichte von der Hei-lung des Aussätzigen an: Im 1. Kapitel des Markusevange-liums (40–42) wird berichtet: „Da kam ein Aussätziger zu ihm, fi el vor ihm auf die Knie nieder und bat ihn fl ehent-lich mit den Worten: ‚Wenn du willst, kannst du mich rei-nigen.’ Jesus hatte Mitleid mit ihm, streckte seine Hand aus, fasste ihn an und sagte zu ihm: ‚Ich will’s, werde rein!’ Da verschwand der Aussatz sogleich von ihm, und er wurde rein.“ Hier wird deutlich, was Schöpfung durch das Wort bedeutet: Augenblicklich geschieht etwas, was durch einen natürlichen Prozess gar nicht ablaufen könnte: Durch das Wort Jesu wird der Leprakranke „sogleich“ geheilt. Das ist ein Schöpfungsakt, denn eine solche Heilung bedeutet, dass anstelle des kranken oder abgestorbenen Gewebes gesundes Gewebe geschaffen wurde. Nicht anders ist es

bei den Totenauferweckungen. Jesus ruft dem toten Laza-rus zu: „Lazarus, komm heraus!“ (Johannesevangelium 11,43). Dem toten jungen Mann aus Nain befi ehlt er: „Jüng-ling, ich sage dir, steh auf!“ (Lukas 7,14) und dem toten Mädchen des Jairus: „Mädchen, steh auf!“ (Lukas 8,54). Vom Tod zum Leben rufen, auch das ist Schöpfung! Wie weit ist diese frohe Botschaft von dem oben kurz beschrie-benen evolutionären Verständnis der Schöpfung entfernt!

Jesus ist der Schlüssel für die SchöpfungMit diesen Taten erweist sich Jesus als derjenige, der mit gött-licher Macht und Autorität handelt. Daran ist er als Gottes Sohn ausgewiesen und erkennbar. Denn im Alten Testament wird Gottes Handeln ebenso beschrieben: „Wenn er spricht, so geschieht es, wenn er gebietet, so steht es da“ (Psalm 33,9) – ganz anders als naturgesetzliche natürliche Prozesse es vermögen, die hinter der Evolution stehen sollen. Das schöp-ferische Wirken Jesu gleicht auch der Schöpfung am Anfang: „Und Gott sprach: Es werde! Die Erde bringe hervor! Das Wasser wimmle!“ Hier wird deutlich, dass Schöpfung zum einen das Setzen der geregelten Abläufe der Natur bedeutet und auch ein Eingreifen in dieselbigen einschließt – wie am Wirken Jesu anschaulich erkennbar. „Schöpfung durch das Wort“ ermöglicht Dinge, die sich auf natürlichem Weg ent-weder nicht augenblicklich oder gar nicht ereignet hätten. Wir haben in Jesu Handeln deshalb einen Schlüssel zum Ver-ständnis der Erschaffung der ganzen Welt.

Wer Christus ist und was Schöpfung bedeutet – all das gehört zusammen. Die Gottheit Jesu wird gerade daran er-kannt, dass er in eigener Autorität auf eine Weise wirkt, wie es im Alten Testament ausschließlich von Gott bezeugt wird. Neben den hier aufgeführten biblischen Argumen-

ten, die gegen eine evolutionäre Geschichtsschau sprechen, liefert die Naturwissenschaft selber unzählige Belege da-für, dass die Natur kreativ gestaltet wurde, aber selbst nicht in der Lage ist, sich selbst schöpferisch hervorzubringen. Abstrakter und in allgemeiner Form wurde diese Erkennt-nis schon vor fast 2.000 Jahren im Hebräerbrief (11,3) präg-nant zusammengefasst: „Aufgrund des Glaubens verste-hen wir, dass die Welt durch Gottes Befehl entstand, dass also das Sichtbare aus dem Unsichtbaren kam.“ P

b www.wort-und-wissen.de • 07442 81006

In einer der nächsten Ausgaben folgt ein Beitrag, der eine an-dere Position zum Thema Schöpfung und Evolution vertritt.

Schöpfung oder Evolution?

Gott hat die Welt in 6 Tagen erschaffen.

USA 49%

80%

51%

20%Deutschland

Alles Leben hat sich über die Zeit entwickelt.

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Meine Tochter mit ihren drei-einhalb Jahren balancierte auf der Bremse des Kinderwa-

gens, mein 20-monatiger Sohn hockte auf dem Vorderteil, Baby Daniel lag drin, und ich durfte schieben. Es war unsere erste Spazierfahrt mit dem neuen Erdenbürger. Die zwei älteren Erden-bürger wollten nicht laufen – zum Glück waren die Räder für alle drei stabil ge-nug. Ich schwelgte in der Euphorie, plötzlich als Mutter einer Großfamilie unterwegs zu sein, hätte vor lauter Glück Bäume ausreißen können. Es war, als ob Gott mir nicht nur 3 kleine Kinder, son-dern die ganze Welt anvertraut hätte. Den verwunderten Blicken, die mir zu-geworfen wurden – mal kopfschüttelnd, mal mit hochgezogenen Augenbrauen, mal ein zweiter Blick nach hinten geworfen –, entgegnete ich mit einem breiten Grinsen. Auf jeden Fall war ich ein Phä-nomen. Der Versuchung, dem einen oder anderen Passanten zuzurufen: „Guck nicht so blöd, hier rollt deine Rentenver-sicherung vorbei!“, widerstand ich tapfer.

Wird im Kreißsaal der soziale Abstieg eingeleitet?Es ist eines der seltsamsten Paradoxa unserer Zeit: Je mehr Luxusautos wir fahren, je exotischere Urlaube wir uns leis-ten, desto weniger Kinder bringen wir auf die Welt. In deutschen Haushalten leben bald mehr Katzen als Kinder. Kinder seien ein Kostenfaktor, heißt es. Schon der erste Gang in den Kreißsaal läutet den sozialen Abstieg ein, mit Nummer 3 winkt schon die Armutsgrenze.

Ihre Armut hätt‘ ich gerneWelche Armutsgrenze eigentlich? Neulich fi el meine Kinn-lade herunter, als eine Mutter mit Tränen in den Augen und einer Tochter am Rockzipfel vor laufender Kamera klagte, dass sie gerade noch mit Mühe und Not einen „billigen“ Adventskalender für ihre Tochter kaufen konnte. Besagter Adventskalender kostete ganze 25 Euro. Im Hintergrund sah man einen XXL-Flachbildschirm, mitten im Gespräch klingelte ein Handy. Das Wohnzimmer war mit nagelneu-en Ikea-Möbeln ausgestattet. „Ihre Armut hätte ich gerne“, dachte ich.

„Hier rollt deine Rentenversicherung“FAMILIE Es wird viel über die Probleme von Familien geschrieben. Eine Mutter von 4 Kindern hat ein Andachtsbuch darüber verfasst, welch Glück es bedeutet, eine Familie zu haben: „Wie ich lernte, das Chaos mit Gottes Augen zu sehen – Andachten für Mütter“. Autorin ist Nicola Voll-kommer aus Reutlingen. Ihr Buch ist gerade bei SCM R. Brockhaus erschienen. Hier ein Auszug:

Ist es Armut, wenn man sich keine Mar-kenhose leisten kann? Oder wenn man nur auf dem Bauernhof Ferien macht? Früher war man arm, wenn man keine Hose hatte. Das Wort „Urlaub“ kannte man nicht. Bin ich arm, wenn ich mir nur eine gebrauchte Babyausstattung leisten kann, anstatt alles neu zu kau-fen? Es ist zu bezweifeln, ob der junge Aufsteiger, der mit einem Achselzu-cken den teuersten BMW an Land zieht, wirklich „reicher“ ist als sein Großva-ter, dessen erster VW-Käfer in der Fa-milie eine Ekstase auslöste.

Was Leid wirklich heißtKlar, dass Kinder in dieser neuen „Mo-ral der hohen Ansprüche“ keinen Platz haben. Denn mit unserer Fähigkeit,

dankbar zu sein, haben wir vermutlich auch unsere emo-tionale Belastbarkeit an den Nagel gehängt. Heute reichen schon eine Flugverspätung und Schimmel in der Dusche, um eine Urlaubspsychose auszulösen. Früher hieß Leid: der Sohn, der nicht aus dem Krieg zurückkommt. Die aus-bleibende Kartoffelernte, die drohende Hungersnot. Dass wir, die wir zu den wenigen Menschen auf diesem Plane-ten gehören, die jeden neuen Tag mit einem gefüllten Bauch und geheizter Wohnung begrüßen, das große Los gezogen haben, scheint uns nicht glücklicher, sondern unglück-licher zu machen. Eigentlich sollten wir jeden Tag voller Freude und Erleichterung aus dem Bett hüpfen.

Dankbarkeit muss geübt werdenDas Rad zurückdrehen und um die nackte Existenz ringen, das will ich nicht. Das muss ich auch nicht wollen. Aber einen Grundton tiefer Dankbarkeit in meinem Alltag, den will ich auf jeden Fall. Unzufriedenheit kommt von alleine. Dankbarkeit muss geübt werden. Mein dreifaches „Erbe vom Herrn“ (Psalm 127,3) quengelt und will nach Hause. Nachdenklich schiebe ich den Kinderwagen. Was hat mich in meinem Leben reich gemacht? Die Fähigkeit, Freude zu empfi nden und zu genießen – auch und gerade in den Klei-nigkeiten des Alltags, wie bei einem Spaziergang. Das Pri-vileg, zu lieben und geliebt zu werden. 3 kleine Menschen, deren Schicksal ich mitgestalten darf. P Fo

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Oft haben wir Angst vor Konfl ikten. Dabei sind sie ein Zeichen dafür, dass eine Beziehung inten-siver wird, also mehr in die Tiefe geht. So gese-

hen sind Konfl ikte etwas Mutmachendes, denn wir wür-den nie eine Lösung anstreben, wenn uns der Konfl iktpart-ner gleichgültig wäre. Trotzdem gibt es ein paar Streitre-geln, die hilfreich sind.

1. Streit braucht ZeitSinnvolles Streiten braucht Zeit. Das heißt, Sie sollten nur dann den Konfl ikt ansprechen, wenn auch die Zeit da ist, sich damit zu beschäftigen. Sonst endet das Ganze unbe-friedigend für beide Seiten. Warten Sie aber nicht zu lange damit. Heruntergeschluckte Probleme rumoren im Inne-ren. Wenn ein Konfl ikt nicht angesprochen wird, entsteht zwischen den Konfl iktpartnern eine Kluft, die mit jedem Tag unüberwindbarer erscheint. In der Bibel wird uns der Rat gegeben: „Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn un-tergehen“ (Epheser 4,26).

2. Gefühle in Ich-Botschaften sendenWenn man sich streitet, sollte man seine Gefühle in „Ich“-Botschaften ausdrücken. Anstatt zu sagen: „Das ist wieder typisch für dich, du kommst immer zu spät!“, sagen Sie lie-ber: „Ich möchte gern pünktlich wegfahren.“ Erklären Sie Ihrem Partner, warum Sie enttäuscht oder traurig sind, an-statt ihm einfach nur Vorwürfe zu machen. Indem Sie von sich selbst reden, hat er die Möglichkeit, selbst Stellung zu beziehen. Er muss sich nicht angegriffen fühlen.

3. Lassen Sie Ihr Gegenüber zu Wort kommenJeder muss die Chance haben, seinen Standpunkt zu ver-deutlichen – auch die Stilleren. Es geht darum, sich in den anderen hineinzuversetzen, seine Gefühle und seine Mei-nung zu erfahren. Sie können dazu Fragen stellen, wie zum Beispiel: „Was war deine Motivation?“. Oft werden Dinge unterstellt, doch keiner kann die Gedanken des anderen

Streitet ruhig –aber richtig!LEBENSHILFE Angesichts vieler Scheidungen lautet der Ratschlag für gelingende Beziehungen meist: Haltet Frieden! Streitet nicht! Der Evangelist und Liedermacher Arno Backhaus (Calden bei Kassel, 63) sieht es anders: Streitet ruhig, aber richtig. In seinen 41 Jahren Ehe hat er so manche Auseinan-dersetzung gemeistert.

lesen. Wer sich erklären kann, wird greifbarer, kalkulier-barer. Das kann durchaus dauern. Wie beim Puzzeln kann es dann hilfreich sein, ein Thema zur Seite zu legen und später weiterzumachen.

4. Hinterfragen Sie sich selbstWenn die erste Wut verraucht ist, sollte man sich immer hinterfragen: Was hat mich so wütend gemacht? Dabei soll-ten wir unseren Standpunkt relativieren. Der Anlass liegt oft in mir selbst verborgen: Rege ich mich auf, weil mein Gegenüber etwas Falsches gemacht hat – oder hat er nur etwas anders gemacht, als ich es selbst tun würde? Wo kann ich ihm vergeben, wo muss ich um Vergebung bitten? Liebe ist die gemeinsame Freude an der gegenseitigen Unvoll-kommenheit. Wir müssen lernen, die Verschiedenartigkeit auszuhalten. Lassen Sie Ihre gegensätzlichen Standpunkte stehen. Manchmal haben beide mit ihren unterschiedlichen Meinungen recht oder beide unrecht. Auf manche Fragen gibt es keine einfachen Antworten oder schnelle Lösungen.

5. Treffen Sie klare Abmachungen Auch wenn es noch so schön wäre: Der Vorsatz „Wir wollen nie mehr oder wenigstens nicht mehr so oft streiten!“ geht sicher in die Hose. Hilfreich dagegen sind kleine Abspra-chen, wie man in Zukunft mit bestimmten Dingen umgehen will oder wie man konfl iktträchtige Situationen vermeidet. Solche Lösungsversuche sind wie Experimente. Sie brau-chen immer Zeit und müssen manchmal revidiert werden.

6. Die Notbremse ziehenWas hindert uns daran, im heißesten Streit zu sagen: „Stopp, jetzt habe ich schon wieder mein altes Verhalten an den Tag gelegt, das wollte ich doch ändern!“? Meistens hindert uns daran unser Stolz. Hilfreich ist es aber trotzdem, die Not-bremse zu ziehen, kurz innezuhalten und zu überlegen, wie man den Konfl ikt noch einmal neu angehen kann. Und dann kann man durchaus sagen: Viel Spaß beim Streiten! PFo

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netFORUM FÜR JUNGE CHRISTEN

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E ine Freundin ist auf der Suche nach einem neuen Partner. Sie hat sich bei der Dating-App tinder angemeldet. Die wirbt mit

dem netten Spruch: „Bei tinder treffen sich Menschen. Es ist wie im richtigen Leben – nur besser.“ Über die Ortungsfunktion des Smartphones kann man Singles in der Umgebung finden, Interes-sen vergleichen und chatten. Wie das wohl genau funktioniert? Ich beschließe, 5 Tage lang durch die Singlewelt zu surfen.

Die Apps greifen gesperrte Facebook-Daten abDie Anmeldung bei tinder erfolgt via Facebook. Automatisch greift das Programm auf alle Fotos aus meinem Profil zu. Außer-dem zeigt es meine Interessen an, die ich auf Facebook für Frem-de eigentlich gesperrt habe. Aber hier im Singleparadies sind wir scheinbar alle Freunde. Es gibt nur ein paar Einstellungen, die ich selbst vornehmen kann: Ich bestimme den Umkreis, in dem die App suchen soll, und die Altersspanne. Und schon bin ich mitten-drin im riesigen Kreis der flirtwilligen Singles.

Schon die Fotos sind abschreckendIch bekomme Fotos von verschiedenen Personen angezeigt. Man kann sie entweder mit einem X oder einem Herzchen bewerten. X bedeutet: kein Interesse. Herzchen heißt: Diese Person will ich näher kennenlernen. Die ersten Fotos, die ich zu sehen bekomme, schrecken mich eher ab. Michi, der sich im Übrigen gerade 24 Kilo-meter weit weg befindet, wie tinder mir mitteilt, posiert mit halb-nacktem Oberkörper vor einem Motorrad. Oliver hingegen steht mit der Kochschürze in der Küche.

Ich stehe auf Conrad und Conrad auf mich … Doch dann kommt Conrad. Blonde Haare, breite Schultern – mit dem will ich mich unterhalten. Offensichtlich hat Conrad mich auch „geherzt“. Die App sagt mir: „Du und Conrad steht aufeinan-der.“ Jetzt mal langsam! Bisher weiß ich nur, wie er aussieht. Aber bei tinder geht es eben rein um Äußerlichkeiten. 5 Minuten später habe ich eine Nachricht von Conrad.

Eine große Spielwiese für OberflächlichkeitenIch muss dem armen Kerl gleich reinen Wein einschenken: „Ich bin Journalistin und würde dir gerne ein paar Fragen zu tinder stel-len.“ Conrad ist nicht böse. Er hat sich hier nur aus Spaß angemel-det. Gleiches sagen mir noch 4 weitere Kurzzeitbekanntschaften, die ich innerhalb der nächsten 2 Stunden mache. Dass sich etwas Richtiges ergibt, glaubt keiner so wirklich. Auch für mich ist das Bewerten von Männerfotos inzwischen zu einem netten Zeitver-treib geworden. Ich komme mir vor, als würde ich ein Spiel spie-len. Die, die es hier wirklich ernst meinen, können einem eigent-lich leidtun, denke ich, während ich wieder an ein paar vielleicht durchaus nette Jungs ein „X“ verteile.

Ein Freund sagt mir, wenn ich Spaß am Bewerten hätte, sollte ich eine weitere Dating-App namens „blendr“ ausprobieren. Dort kann man die Fotos auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten. Auch die Bewertung des eigenen Fotos wird angezeigt. 6,8 Punkte be-komme ich im Durchschnitt. „Hot or not“ entscheidet sich hier an den Quadratzentimetern nackter Haut, die man in die Kamera hält.

Aus Spaß wird AngstSpäter meldet sich Manu bei mir. Er fragt gleich, ob ich Lust auf ein Treffen hätte: „Viele sind doch hier, um in ihrer Umgebung mal jemanden für ’ne Nacht zu finden.“ Zum ersten Mal macht mir die scheinbar spaßige Fleischbeschau ein wenig Angst. Manu weiß – je nachdem welchen Umkreis er eingestellt hat –, wie nah ich mich bei ihm befinde. Mit ein bisschen Zeit und Recherche würde er mich sicherlich finden.

Schlimmer als im richtigen Leben5 Tage Dating-App haben am Ende ihre Spuren hinterlassen. Tin-der hat schon recht: Es ist eben wie im richtigen Leben – es gibt die Selbstdarsteller und es gibt die verzweifelten Singles. Wir ver-öffentlichen wider besseres Wissen private Dinge und lassen un-sere Daten von x-beliebigen Diensten abgreifen. Und trotzdem: Es geht offenbar immer noch schlimmer. P

Dating-Apps – eine Partnersuche mit RisikenONLINE Smartphone-Apps wie „tinder“ (Zunder) wollen der-zeit eine Alternative zu verstaubten Internet-Partnerbörsen bieten. Sie locken Millionen besonders junger Leute an. Doch die Programme sind gar nicht so ohne. Dazu ein Beitrag von idea-Volontärin Julia Bergner.

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DIE KLEINE K A NZEL 31

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Pfarrer Matthias Schreiber (Düsseldorf) koordiniert den Kontakt der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen zu den Kirchen und Religionsgemeinschaften.

» Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder

das Joch der Knechtschaft auflegen! « Aus dem Brief des Paulus an die Galater 5,1

Ein merkwürdiger Tag ging vor einer Woche mit dem Freispruch des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff zu Ende. Wulff war vor dem

Landgericht Hannover wegen Vorteilsnahme im Amt an-geklagt. Ein Befreiungsgefühl kam bei vielen aber auch nach dem Urteil nicht auf: Bei Wulff selber nicht, denn der Freispruch bringt ihm nicht das verlorene Amt zurück. Die Frage, ob ihm vor zwei Jahren Amt und Leben entglitten waren, ist ja nicht nur eine juristische. Bei seiner Ehefrau nicht, die ihm Treue und Rückhalt auch an schweren Tagen versprach und dieses Versprechen nicht halten konnte. Bei den Journalisten nicht, von denen sich jetzt einige halbreu-ig zeigen, weil sie merken, dass ihr damaliges, wenigstens stellenweise menschenverachtendes Vorgehen einem – im Rechtsstaat eigentlich nicht vorgesehenen – Urteil ohne

Verfahren gleichkommt. Bei den Rechtshütern der Demo-kratie auch nicht, weil sie erkennen, dass ein so breit und öffentlich angelegtes, kostspieliges Verfahren nicht das Vertrauen in den Rechtsstaat stärkt, wenn der Gegenstand einige Hotelübernachtungen sind. Und am Ende stellt sich auch bei all jenen von uns kein befreiendes Gefühl ein, die am Richtplatz hinter Hecken und Zäunen ihre eigenen Thesen zum Ganzen feilgeboten haben.

Ein großartiges AngebotAber: Der Freispruch von Hannover kann befreien, wenn jeder Einzelne das Joch seiner Knechtschaft abzulegen be-reit ist und diese Freiheit in den Dienst aller stellt. Was für ein großartiges Angebot am Ende eines unbefriedigenden Rechtsstreites! P

Ein Freispruch ohne befreiendes Gefühl?

Page 32: Idea Spektrum Schweiz 10/14

PORTRÄT

10.2014

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DAS WORT DER WOCHE

» Gott Allmächtiger, ich danke Dir, es ist das Schönste, von Dir geliebt und geachtet zu werden. «

Diesen Satz schrieb der engagierte Christ Jerke de Vries in seine Doktorarbeit. Daraufhin erklärte die Leitung der niederländischen Universität Wageningen: Den Doktortitel gebe es nur ohne diese Danksagung. De Vries konterte: Die Uni habe bisher nichts dagegen gehabt, wenn sich Doktoranden bei ihrer Kneipe bedankt hätten. Schließlich aber riss er – wie verlangt – aus allen bereits gedruckten mehreren Hundert Exemplaren seiner Dissertation die Seite mit der Danksagung raus.

Unachtsamkeit und Leichtsinn reißen im Jahr 2000 den 18-jährigen Christoph Kunz aus seinem bishe-rigen Leben. Der sportliche Schweizer fährt südlich

von Bern mit seinem Motorrad rasant über eine Kantonstra-ße. Da passiert es: In einer Linkskurve streift er leicht die Kante am Seitenrand und wird auf den Rücken geschleudert. Er kommt ins Krankenhaus. Die Ärzte teilen ihm mit, dass er für immer ab dem 5. Brustwirbel abwärts querschnittsge-lähmt sein wird. Das bedeutet, dass er seinen Oberkörper und seine Arme bewegen kann, aber nicht mehr seine Beine.

Ein Wunder geschieht nichtDer begeisterte Mittelstreckenläufer ist schockiert. Er hat hart trainiert, um immer bessere Zeiten bei Leichtathletik-Wettkämpfen zu erzielen. Er weiß, dass er selbst schuld war: „Ich war zu schnell unterwegs.“ In den ersten Mona-ten nach dem Unfall ist er überzeugt, dass Gott bald ein Wunder tun und ihn heilen wird. Er betet gemeinsam mit Familie und Freunden. Das Wunder geschieht nicht. Er er-kennt: „Gott hat einen anderen Plan für mich. Ich kann mit meiner Querschnittslähmung ein gutes Zeugnis für ihn sein.“ Besonders ein Vers aus Philipper 4,13 macht ihm Mut: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.“

Er fährt sitzend auf nur einem SkiIn einer Therapie lernt er, den Alltag allein mit seinem Ober-körper zu bewältigen und mit dem Rollstuhl umzugehen. Er will wieder trainieren: „Sport bedeutet für mich Lebens-

qualität.“ Kunz beginnt mit Monoski: Er fährt sitzend und nur auf einem Ski. 2002 bestreitet er erste Rennen, 2006 ist er schon bei den Paralympics im italienischen Turin dabei. Noch kann er mit den weltbesten Fahrern nicht mithalten. Aber er ist ehrgeizig und trainiert weiter. 2010 gewinnt er im kanadischen Vancouver Gold in der Abfahrt und Silber im Riesenslalom. In Sotschi startet er in den Disziplinen Abfahrt, Super-G, Riesenslalom und Super-Kombination. Eine Medaille ist sein Ziel. Vor den Rennen wird er wie vor allen Wettkämpfen beten: „Ich bete um Bewahrung für mich und für meine Gegner – aber niemals für den Sieg.“

Unendlich dankbar – trotz QuerschnittslähmungSeine Ehefrau Stephanie wird gemeinsam mit ihrem 4 Monate alten Sohn zu Hause bleiben und die Rennen am Bildschirm verfolgen. Die beiden sind seit 2008 verheiratet und gehören zu einer evangelisch-methodistischen Ge-meinde in Frutigen, wo sie eine Jugendgruppe leiten. Nicht nur privat, sondern auch berufl ich ist Kunz zufrieden: Nach einer Banklehre arbeitet er nun für die Schweizer Paraplegiker-Vereinigung – den nationalen Dachverband der Querschnittsgelähmten – als Kundenmanager. Regel-mäßig macht er auf Veranstaltungen anderen Mut, auf Gott auch in schwierigen Situationen zu vertrauen. Kunz: „Ich bin Gott unendlich dankbar, wie gut es mir geht.“ Der Roll-stuhl ist für ihn zur Nebensache geworden: „Auch wenn ich nicht laufen kann: Ich bin absolut selbstständig und habe nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse.“ P

PARALYMPICS Am 7. März beginnen im russischen Sotschi die Olympischen Spiele für Menschen mit körperlicher Behinderung, Paralympics ge-nannt. Christoph Kunz wird in 4 Disziplinen für die Schweiz starten. Er sitzt seit einem Motorrad-unfall vor 14 Jahren im Rollstuhl. Daniela Städ-ter stellt den heute 31-Jährigen vor.

„Ich bin Gott unendlich dankbar“