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Ernst & Young IFRS 3.0 1 IFRS geht in die nächste Runde Sind Sie vorbereitet? IFRS 3.0

IFRS geht in die nächste Runde – Sind Sie vorbereitet?FILE... · IFRS 10 ersetzt die Vorschriften von IAS 27 Konzern- und Ein- zelabschlüsse, welche die Bilanzierung von Konzernabschlüssen

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Ernst & Young IFRS 3.0 1

IFRS geht in die nächste RundeSind Sie vorbereitet?

IFRS 3.0

2 Ernst & Young IFRS 3.0

Mit einer guten Ausrüstung und einem verlässlichen Kompass lässt sich jede Strecke bewältigen und jedes Ziel erreichen, egal wie kompliziert der Weg und wie herausfordernd das Ziel ist. Mit unserem IFRS Solutions Center wollen wir Ihnen das passende Rüstzeug zur Verfügung stellen – damit Sie sicher und erfolgreich durch die vielen IFRS-Neuerungen steuern.

Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

IFRS geht in die nächste Runde: Die neue Herausforderung für die nach IFRS bilanzieren-den Unternehmen heißt „IFRS 3.0“.

Denn die aktuellen Änderungen sind so gravierend, dass man – nach den letzten umfassen-den Änderungen im Jahr 2009, die den Begriff „IFRS 2.0“ geprägt haben – erneut von einem Versionswechsel und damit von „IFRS 3.0“ sprechen muss. Diesmal sind die Unter-nehmen sogar mit noch umfangreicheren Änderungen konfrontiert, die sowohl Form als auch Struktur der IFRS-Abschlüsse entscheidend beeinflussen können. Entsprechende Anpassungen von Systemen und Prozessen sind meist unumgänglich und Praktiker daher gut beraten, sich mit „IFRS 3.0“ frühzeitig auseinanderzusetzen.

Ernst & Young möchte Sie bei der Umsetzung der Neuerungen unterstützen. Dabei gilt es zunächst die neuen Regeln zu verstehen, um die Änderungen, die sich dadurch für das eigene Unternehmen ergeben, rechtzeitig erkennen und kommunizieren zu können. Mit einem systematischen Change-Management-Ansatz – von der Vorbereitung bis hin zur Implementierung der geänderten Vorschriften – lassen sich dann die Risiken der Um-stellung minimieren und die Kosten reduzieren.

In dieser Broschüre haben wir für Sie alles Wissenswerte zu den wesentlichen Neuerungen von „IFRS 3.0“ zusammengestellt, damit Sie rechtzeitig und zielgerichtet handeln können. Daneben geben wir Ihnen einige Anregungen für die Umsetzung der neuen Vorschriften.

Unsere Fachleute aus dem IFRS Solutions Center stehen Ihnen natürlich jederzeit gerne zur Verfügung, um Ihre Fragen zu beantworten und um Sie bei Ihrem „IFRS-3.0-Projekt“ zu unterstützen.

Wir wünschen Ihnen eine angenehme und aufschlussreiche Lektüre!Im April 2012

Prof. Dr. Peter Wollmert Jörg Bösser Geschäftsführer PartnerManaging Partner Assurance Leiter IFRS Solutions CenterGermany/Switzerland/Austria (GSA) Germany/Switzerland/Austria (GSA)

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Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

• Einheitliches Beherrschungskonzept

• Mehr Ermessensentscheidungen zu treffen

• Abschaffung der Quotenkonsolidierung

• Joint Operation vs. Joint Venture

• Rechtliche Form der Vereinbarung nicht mehr aus-schlaggebend

• Erweiterung der Anhangangaben

Bemessung des beizulegenden Zeitwerts

• Erläuterungen und Klarstellungen zur Ermittlung des Zeitwerts

• Der beizulegende Zeitwert wird eindeutig als Exit-Preis definiert

• Höchste und beste Verwendung nicht finanzieller Vermögenswerte

• Berücksichtigung des Nichter-füllungsrisikos bei der Bewertung von finanziellen Verbindlichkeiten

• Erweiterung der Anhangangaben

Leistungen an Arbeitnehmer

• Abschaffung der Korridormethode

• Erfassung von Erträgen aus Planvermögen auf Basis des Diskontierungszinses der Pensionsverpflichtungen

• Altersteilzeitverpflichtungen sind nicht mehr als Abfindung zu erfassen

Inhalt

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Ab Seite 76 erfahren Sie, wie Ernst & Young Sie bei der Umsetzung der IFRS-Neuerungen unterstützen kann

Finanzinstrumente

• IFRS 9 ersetzt IAS 39

• Geänderte Vorschriften zur Klassifizierung und Bewertung

• Neue Regeln zur Erfassung von Wertminderungen

• Vereinfachte Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen

• Neue Saldierungsvorschriften

Leasingverhältnisse

• „Right of Use“-Konzept

• Zukünftig sollen alle Leasing-verhältnisse mit einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten bilanziell erfasst werden

Ertragsrealisierung

• „Control“-Konzept ersetzt „Risks and Rewards“- Konzept

• Vermehrte Vornahme von Schätzungen und Ermessensent-scheidungen des Managements

• Umsatzrealisierung bei Mehr kom-ponentengeschäften und bei Fertigungsaufträgen im Umbruch

• Änderung der Bilanzierungspraxis vor allem in der Software- und Telekommunikationsbranche

• Erweiterung der Anhangangaben

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Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

Das International Accounting Standards Board (IASB) hat im Mai 2011 drei neue Standards veröffentlicht: IFRS 10 Consolidated Financial Statements, IFRS 11 Joint Arrange-ments und IFRS 12 Disclosure of Interests in Other Entities. Diese neuen Standards sind erstmals für Berichtsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen, anzuwenden. Derzeit ist ein Endorsement dieser Standards durch die EU für das 4. Quartal 2012 vorgesehen.1 Die EFRAG hat in ihrem finalen Endorsement Advice vorgeschlagen, die erstmalige verpflichtende Anwendung der neuen Stan-dards um ein Jahr auf den 1. Januar 2014 zu verschieben, jedoch eine freiwillige vorzeitige Anwendung der neuen Standards zuzulassen. Insoweit ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der neuen Standards das weitere Endorsement-Verfahren zu beobachten.2 Darüber hinaus hat das IASB im August 2011 einen Expo-sure Draft Investment Entities veröffentlicht, der für be-stimmte Unternehmen eine Ausnahme von der Konsolidie-rung von beherrschten Tochterunternehmen vorsieht. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wesent-lichen Neuerungen, die sich aus den neuen Standards für Unternehmen ergeben.

Die neuen Standards zu Konzernabschlüssen, gemeinschaftlichen Vereinbarungen und Angaben über die Beteiligung an anderen Unter­nehmen (IFRS 10, IFRS 11 und IFRS 12)

1 Vgl. EFRAG, The EU endorsement status report – position as at 6 April 2012.2 EFRAG‘s Final Endorsement Advice and Effects Study Report on IFRS 10, IFRS 11, IFRS 12, IAS 27 (2011) and IAS 28 (2011) at 30 March 2012.

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Überblick

IFRS 10 Consolidated Financial State-ments enthält eine neue Definition der „Beherrschung“, die für die Be-stimmung, welche Unternehmen zu konsolidieren sind, heranzuziehen ist.

IFRS 11 Joint Arrangements regelt die Bilanzierung von gemeinschaft-lichen Vereinbarungen unter gemein-schaftlicher Führung; die Methode der Quotenkonsolidierung ist für Gemeinschaftsunternehmen (joint ventures) nicht mehr gestattet.

IFRS 12 Disclosure of Interests in Other Entities enthält alle Angabe-vorschriften für Tochterunternehmen, gemeinschaftliche Vereinbarungen, assoziierte Unternehmen und struk-turierte Unternehmen (structured entities).

Die neuen Standards sollen erst- mals für Berichtsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen, gelten. Allerdings ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der neuen Standards das weitere Endorsement- Verfahren zu beobachten.

Bei der Anwendung der neuen Stan-dards werden künftig in deutlich stärkerem Umfang als bisher Ermes-sensentscheidungen erforderlich sein.

IFRS 10 ersetzt die Vorschriften von IAS 27 Konzern- und Ein-zelabschlüsse, welche die Bilanzierung von Konzernabschlüssen regeln, sowie SIC-12 Konsolidierung – Zweckgesellschaften. IAS 27 enthält somit künftig nur noch die Regelungen zur Bilan-zierung von Tochterunternehmen, gemeinschaftlich geführten Unternehmen und assoziierten Unternehmen in IFRS-Einzelab-schlüssen.

Mit IFRS 10 wird ein einheitliches Konzept der Beherrschung ein-geführt, das auf alle Unternehmen (einschließlich sog. special purpose entities [Zweckgesellschaften] bzw. structured entities [strukturierte Unternehmen]) Anwendung findet. Die neuen Regelungen des IFRS 10 werden bei der Bestimmung, welche Unternehmen beherrscht werden und daher vom Mutterunter-nehmen zu konsolidieren sind, ein größeres Maß an Ermessens-entscheidungen des Managements erfordern, als dies bisher nach IAS 27 und SIC-12 der Fall war. Dies kann zur Folge haben, dass sich der Konsolidierungskreis bei Anwendung von IFRS 10 ändert.

Mit der Veröffentlichung von IFRS 10 will das IASB das bisherige, auf zwei unterschiedlichen Konzepten beruhende Beherrschungs-modell durch ein einheitliches Beherrschungskonzept ersetzen und den Auswirkungen der Finanzmarktkrise Rechnung tragen. So hatte die Tatsache, dass bestimmte Unternehmen nach den geltenden Rechnungslegungsvorschriften nicht in der Bilanz des Mutterunternehmens erschienen, Kritik hervorgerufen.

IFRS 11 löst IAS 31 Anteile an Gemeinschaftsunternehmen und SIC-13 Gemeinschaftlich geführte Unternehmen – Nicht monetäre Einlagen durch Partnerunternehmen ab. IFRS 11 führt lediglich zwei Formen von gemeinschaftlichen Vereinbarungen – gemein-schaftliche Tätigkeiten (joint operations) und Gemeinschafts unter-nehmen (joint ventures) – auf, die der gemeinschaftlichen Führung unterliegen, während IAS 31 noch drei Arten von Gemeinschafts-unternehmen unterschied: gemeinschaftlich geführte Vermögens-werte, gemeinschaftliche Tätigkeiten und gemeinschaftlich geführte Unternehmen.

IFRS 11 beruht bei der Definition der gemeinschaftlichen Führung auf dem Konzept der Beherrschung nach IFRS 10. Daher können sich aufgrund der neuen Regelungen in IFRS 10 auch Änderungen in Bezug auf das Vorliegen einer gemeinschaftlichen Führung ergeben.

Für die Bilanzierung einer gemeinschaftlichen Vereinbarung (joint arrangement) ist nach den Regelungen des IFRS 11 auf die Art der sich aus der gemeinschaftlichen Vereinbarung ergebenden Rechte und Verpflichtungen abzustellen, während

Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

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nach IAS 31 bislang die Rechtsform, in der das Gemeinschafts-unternehmen geführt wurde, von maßgeblicher Bedeutung war.

Ein zentrales Element von IFRS 11 ist die Klassifizierung von ge mein schaftlichen Vereinbarungen in gemeinschaftliche Tätig keiten oder Gemeinschaftsunternehmen. Diese Klassifizie-rung bedingt dann die Bilanzierung der gemeinschaftlichen Vereinbarung.

Die bisher in IAS 31 für gemeinschaftlich geführte Unternehmen (jointly controlled entities) bestehende Möglichkeit der Einbezie-hung mittels Quotenkonsolidierung wird in IFRS 11 nicht fortge-führt. Nach IFRS 11 sind gemeinschaftlich geführte Unternehmen, welche die Definition eines joint ventures erfüllen, zwingend nach der Equity-Methode zu bilanzieren.

Sofern eine gemeinschaftliche Vereinbarung als eine gemein-schaftliche Tätigkeit (joint operation) klassifiziert, haben die gemeinschaftlich beherrschenden Investoren (joint operators)

Abbildung 1 | Zusammenspiel IFRS 10, IFRS 11 und IFRS 12

Übt ein investor Beherrschung über ein Unternehmen aus?

Konsolidierung nach IFRS 10

Übt ein investor gemein­sam Beherrschung an der gemeinschaftlichen Vereinbarung aus?

Anhangangaben nach IFRS 12

Bilanzierung Vermö­genswerte, Schul­den, Auf wendungen und Erträge

Erfassung nach der Equity­Methode

Finanzieller Vermögenswert

Weitere IFRS*

Anhangangaben nach IFRS 12 und weiterer relevanter IFRS

Anhangangaben nach IFRS 12

Anhangangaben nach IFRS 12

Nein

Nein

Nein

Ja

Ja

Ja

Jointoperation

Jointventure

Klassifizierung der gemeinschaftlichen Vereinbarung nach IFRS 11

Übt ein investor wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen aus?

* Dies könnte z. B. der Fall sein, wenn ein Unternehmen Rechte an Vermögenswerten und Verpflichtungen aus Schulden hat und dennoch eine Einheit nicht beherrscht. In diesem Fall hätte das Unternehmen die Vermögenswerte und Schulden in Übereinstimmung mit anderen relevanten IFRS zu bilanzieren.

diejenigen Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Erträge und Auf-wendungen und/oder die jeweiligen Anteile daran anzusetzen, die ihnen jeweils zuzuordnen sind. Nach den Regelungen in IFRS 11 umfassen gemeinschaftliche Tätigkeiten Vereinbarungen, die nach IAS31 die Definition von gemeinschaftlichen Tätigkeiten und gemeinschaftlich geführten Vermögenswerten erfüllen, sowie gegebenenfalls einige der gemäß IAS 31 als gemeinschaftlich ge - führte Unternehmen klassifizierten Vereinbarungen.

IFRS 12 regelt nunmehr in einem Standard alle Angabevorschriften aus IAS 27, die sich auf Konzernabschlüsse beziehen, sowie sämt-liche Angabevorschriften aus IAS 31 und aus IAS 28 Anteile an assoziierten Unternehmen. Diese Angabevorschriften betreffen Angaben zu Tochterunternehmen, gemeinschaftlichen Vereinba-rungen sowie assoziierten und strukturierten Unternehmen. Außer-dem sieht IFRS 12 über die bisherigen Angabevorschriften hinaus weitere Anhangangaben vor. Eine wesentliche Neuerung von IFRS 12 besteht darin, dass Unternehmen ihre Ermessensentschei-dungen bei der Beurteilung der Beherrschung darlegen müssen.

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Neue Definition der Beherrschung

Zentrales Element des IFRS 10 ist die neue Definition der Beherr-schung. Nach dieser Definition beherrscht ein investor ein anderes Unternehmen (investee), wenn er aufgrund seiner Beteiligung am investee variable Rückflüsse erhält oder über Rechte verfügt, diese zu erhalten, und die Möglichkeit hat, diese Rückflüsse zu beeinflus-sen, indem er die Aktivitäten des investee steuert.

Aus dieser Definition der Beherrschung ergibt sich, dass jede der drei folgenden Grundbedingungen erfüllt sein muss, wenn ein investor einen investee beherrscht.

• Der investor besitzt die Fähigkeit, die Aktivitäten des investee zu steuern (power). Power ist gegeben, wenn ein investor aufgrund bestehender Rechte die Möglichkeit hat, diejenigen Aktivitäten des investees zu bestimmen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Rückflüsse des investees haben (sogenannte relevante Aktivitäten).

• Der investor hat aufgrund seiner Beteiligung an dem anderen Unternehmen ein Anrecht auf oder verfügt über die variablen Rückflüsse des investees.

• Der investor besitzt die Fähigkeit, seine power über den investee zu nutzen, um die Höhe der Rückflüsse zu beeinflussen.

Die neue Definition der Beherrschung ist auf sämtliche investees anzuwenden, d. h. auch auf strukturierte Unternehmen bzw. Zweckgesellschaften, wie sie in SIC-12 definiert wurden.

Beurteilung der BeherrschungIn vielen Fällen, in denen die Entscheidungen über die relevanten Aktivitäten durch die Stimmrechte bestimmt werden und diese Stimmrechte auch die Anteile widerspiegeln, die ein Anrecht auf die Rückflüsse einräumen, wird es unbestritten sein, dass das Unternehmen, das über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt, die Beherrschung über den investee ausübt. In anderen Situa-tionen, beispielsweise bei strukturierten Unternehmen oder wenn der investor über potenzielle Stimmrechte verfügt oder weniger als die Mehrheit der Stimmrechte an dem investee besitzt, mag dies jedoch nicht so eindeutig sein. In diesen Fällen ist weiter zu untersuchen, ob jede der oben genannten Grundbedingungen erfüllt ist, um zu bestimmen, ob ein investor einen investee be herrscht. Abbildung 2 zeigt, nach welchen Kriterien diese Beur-teilung vorzunehmen ist.

Nach der neuen Regelung sind die Informationen, die der Ermes-sensentscheidung zugrunde gelegt wurden, den Abschlussadres-saten transparent zu machen, und zwar auch dann, wenn das Management zu dem Schluss kommt, dass keine Beherrschung eines anderen Unternehmens vorliegt. Darüber hinaus sind gemäß IFRS 12 umfangreiche Informationen zu nicht konsolidierten strukturierten Unternehmen erforderlich. Viele dieser Änderun-gen wurden vom IASB ebenfalls als Reaktion auf die Auswirkun-gen der Finanzmarktkrise eingeführt.

IFRS 10 Consolidated Financial Statements Wie bisher nach IAS 27 stellt ein Konzern auch nach IFRS 10 einen Konzernabschluss auf, in dem sämtliche Vermögenswerte, Verbind-lichkeiten, Eigenkapital, Erträge und Aufwendungen sowie Cash-flows des Mutterunternehmens sowie seiner Tochterunternehmen konsolidiert werden, als ob es sich um eine einzige wirtschaftliche Einheit handelte. Ein Konzern besteht weiterhin aus einem Mutter-unternehmen und seinen Tochterunternehmen, d. h. den Unter-nehmen, die von dem Mutterunternehmen beherrscht werden.

Die in IFRS 10 verwendeten Begriffe zur Beschreibung des Beherrschungskonzepts weichen von der Terminologie des IAS 27 ab. Im neuen Standard wird beispielsweise die Bezeichnung inves-tor für ein berichtendes Unternehmen verwendet, das möglicher-weise ein oder mehrere andere Unternehmen beherrscht. Die Bezeichnung investee steht für ein Unternehmen, welches das Tochterunternehmen eines berichtenden Unternehmens ist oder sein könnte.

IFRS 10 ändert nicht die Methode der Konsolidierung, d. h. wie ein Unternehmen zu konsolidieren ist. Neu ist hingegen das Konzept, nach dem künftig bestimmt wird, ob ein Tochterunter-nehmen konsolidiert werden muss.

Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

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Identifizierung relevanter Aktivitäten

Verständnis des Zwecks und der Struktur

Beurteilung der Rückflüsse

Beurteilung der power

Relevante AktivitätenIdentifizierung, welche Aktivitäten des investees als „relevant” einzustufen sind, d. h. jene Aktivitäten des investees, die seine Rückflüsse erheblich beeinflussen. Beispiele für relevante Aktivitäten könnten Folgendes umfassen:

• die Festlegung der Geschäftspolitik • Finanzentscheidungen• die Ernennung/Abberufung von Mitgliedern der Unternehmensleitung des investees• Verwaltung der zugrunde liegenden Beteiligungen

RückflüsseBeurteilung, ob der investor aufgrund seiner Beteiligung an dem investee variable Rückflüsse erhält oder über das Recht verfügt, diese zu erhalten. Rückflüsse können positiv oder negativ oder beides sein. Beispiele für Rückflüsse sind u. a.:

• Dividenden• Vergütung• Rückflüsse, die anderen Anteilseignern nicht zugänglich sind (z. B. Größen vorteile, Kosteneinsparungen, besondere Produkte,

internes Wissen oder Synergien)

Fähigkeit, die Aktivitäten des investees zu steuern (power)Bestimmung, welche Partei (sofern zutreffend) die power, d. h. die derzeitige Fähigkeit besitzt, diese Aktivitäten zu steuern. Power ergibt sich u. a. aus folgenden Rechten:

• Stimmrechte• potenzielle Stimmrechte (z. B. Optionen oder wandelbare Instrumente)• Rechte, Mitglieder der Unternehmensführung des investees zu ernennen oder zu entlassen• Entscheidungsmacht im Rahmen eines Managementvertrags• Rechte, eine andere Partei zu ernennen oder zu entfernen, die an Entscheidungen über die relevanten Aktivitäten partizipiert

Abbildung 2 | Beurteilung der Beherrschung

Beherrschung folgt mehr einer wirtschaftlichen, als einer formalen Betrachtungsweise.

12 Ernst & Young IFRS 3.0

Beurteilung, ob der investor über die Fähigkeit verfügt, die Aktivitäten des investees zu steuern

IFRS 10 enthält überdies Leitlinien für die Beurteilung, ob bestimmte Arten von Rechten einem investor ermöglichen, die Aktivitäten des investees zu steuern. Diese Leitlinien weichen von den in IAS 27 enthaltenen Regelungen ab. Daher ist es bei Anwendung von IFRS 10 möglich, dass sich die Beurteilung, ob ein investor einen investee beherrscht, gegenüber der bisherigen Beurteilung nach IAS 27 und SIC-12 ändert. Kommt das Manage-ment zu dem Schluss, dass ein Unternehmen nicht die Beherrschung ausübt, sind die Vorschriften von IFRS 11 und IAS 28 anzuwen-den, um zu bestimmen, ob ein investor an der gemeinschaftlichen Führung eines investees beteiligt ist oder einen wesentlichen Einfluss auf diesen ausübt.

Beurteilung der Rückflüsse

Um einen investee zu beherrschen, muss der investor aufgrund seiner Beteiligung an dem investee variable Rückflüsse erhalten oder über das Recht verfügen, diese zu erhalten. Rückflüsse können positiv oder negativ oder beides sein. Beispiele für Rück-flüsse sind:

• Dividenden oder sonstige Ausschüttungen von wirtschaftlichem Nutzen (z. B. Zinsen aus Schuldtiteln) und Änderungen des Werts der Beteiligung an dem investee

• Vergütung für die Verwaltung der Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten des investees

• Gebühren und Verlustrisiko durch die Gewährung von Garantien oder durch das Bereitstellen von liquiden Mitteln

►• Residualansprüche auf die Vermögenswerte und Verbindlich-keiten des investees bei dessen Liquidation

►• Steuervorteile aufgrund der Beteiligung an dem investee

• Rückflüsse, die anderen Anteilseignern nicht zugänglich sind (z. B. Größenvorteile, Kosteneinsparungen, besondere Produkte, internes Wissen oder Synergien)

Identifizierung der relevanten AktivitätenWenn nicht eindeutig festgestellt werden kann, dass eine Beherr-schung durch Stimmrechtsmehrheit vorliegt, besteht ein wichtiger Schritt darin, die relevanten Aktivitäten des investees zu identi-fizieren. Beispiele für relevante Aktivitäten sind:

• Bestimmung und Änderung der operativen Geschäftstätigkeit (Geschäftspolitik)

• Bestimmung von Budgets und Geschäftsplänen

• Entscheidungen über den Verkauf und Erwerb von Gütern und Dienstleistungen im Rahmen der laufenden Geschäftstätigkeit

• Auswahl, welche Vermögenswerte im Rahmen von Investitions-tätigkeiten erworben bzw. veräußert werden sollen

• Entwicklung von neuen Produkten und Prozessen

• Bestimmung der Finanzierung (z. B. Fremdkapitalaufnahme und Eigenkapitalausgabe)

• Bestimmung und Abberufung der Geschäftsführung

Unsere Sichtweise In manchen Fällen kann sich die Identifizierung der „rele-vanten Aktivitäten“ komplex gestalten und es können unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, welche Aktivi täten für ein Unternehmen tatsächlich relevant sind. Bestehen die relevanten Aktivitäten eines Biotechnologie-unternehmens beispielsweise in der Entwicklung eines neuen Medikaments oder in dessen anschließender Vermarktung und dem Vertrieb? Ist die relevante Aktivität eines Investment-fonds die Einstellung eines Anlageberaters oder das tägliche Anlagemanagement?

Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

Ernst & Young IFRS 3.0 13

Verbindung zwischen power und RückflüssenRückflüsse können ein Indikator dafür sein, dass ein beherrschen-der Einfluss vorliegt. Je stärker ein investor der Variabilität der Rückflüsse aus seiner Beteiligung an einem investee ausgesetzt ist, desto größer ist der Anreiz, diejenigen Rechte zu erlangen, die dem investor die Möglichkeit geben, die relevanten Aktivitäten des anderen Unternehmens zu bestimmen. Die Höhe der Rück-flüsse für sich allein genommen entscheidet jedoch nicht darüber, ob der investor die Beherrschung ausübt oder nicht.

Die Verbindung zwischen der Möglichkeit, die Aktivitäten des investees zu bestimmen, und der Erzielung von Rückflüssen ist bei der Beurteilung, ob Beherrschung vorliegt, entscheidend. Ein investor, der die relevanten Aktivitäten eines anderen Unter-nehmens bestimmt, aber keinen Nutzen daraus ziehen kann, beherrscht dieses Unternehmen nicht. Ein investor beherrscht ein anderes Unternehmen jedoch auch dann nicht, wenn er zwar die wesentlichen variablen Rückflüsse von einem anderen Unterneh-men erhält, aber nicht in der Lage ist, die relevanten Aktivitäten zu bestimmen, welche die Rückflüsse dieses investees beeinflussen.

Verständnis des Zwecks und der StrukturBei der Beurteilung der einzelnen Grundbedingungen der Beherr-schung sollten zudem der Zweck und die Struktur (purpose and design) des investees in Betracht gezogen werden, um Folgendes beurteilen zu können:

• Welchen Risiken wäre der investee ursprünglich ausgesetzt gewesen und welche Risiken wären auf die mit ihm in Beziehung stehenden Parteien übertragen worden?

• Welches sind die relevanten Aktivitäten?

• Wie werden Entscheidungen bezüglich der relevanten Aktivitäten getroffen?

• Wer verfügt über die Fähigkeit, die relevanten Aktivitäten des investee zu steuern?

• Welche Parteien erhalten Rückflüsse vom investee?

14 Ernst & Young IFRS 3.0

Bei der Beurteilung, ob eine solche de facto control existiert, sind die folgenden Faktoren zu beachten:

• Größe des Stimmrechtsanteils des berichtenden Unternehmens im Vergleich zur Größe und der Streuung der Stimmrechte anderer Stimmrechtsinhaber. Die Möglichkeit zur Ausübung von power ist umso wahrscheinlicher,

• je mehr Stimmrechte der investor hält,

• je mehr Stimmrechte der investor im Vergleich zu den anderen Stimmrechtsinhabern hält und

►• je mehr Parteien kooperieren müssen, um den investor zu überstimmen (d. h. je mehr die restlichen Stimmrechte gestreut sind).

►• das Abstimmungsverhalten bei früheren Hauptversammlungen des investees (z. B. der Anteil der stimmberechtigten Anteils-eigner, die bei den letzten Hauptversammlungen anwesend waren, und ob dies ein Indikator für das derzeitige Abstimmungsver-halten ist)

Bei der Beurteilung, ob ein investor die faktische Fähigkeit besitzt, die relevanten Aktivitäten eines anderen Unternehmens zu steuern, sind sämtliche Fakten und Umstände zu berücksichtigen, einschließ-lich der Frage, ob diese power durch folgende Faktoren (einzeln oder in Kombination) begründet wird:

• Existenz einer vertraglichen Vereinbarung, nach der das berichtende Unternehmen die Stimmrechtsausübung anderer Stimmrechtsinhaber bestimmen kann

• andere Vereinbarungen, die vertragliche Rechte gewähren (z. B. die Möglichkeit, Teile der Herstellungsprozesse oder sonstige betriebliche oder finanzielle Aktivitäten eines investees, welche die Rückflüsse des investees wesentlich beeinflussen, zu steuern);

• potenzielle Stimmrechte (z. B. eine Option oder ein in ein wandelbares Instrument eingebettetes Wandlungsrecht), wie vorstehend beschrieben.

Unterschiede gegenüber den derzeit geltenden IFRS

IFRS 10 beschreibt, wie zu beurteilen ist, ob vorhandene Rechte dem investor ermöglichen, die relevanten Aktivitäten des investee zu bestimmen (power). Im Folgenden sind die zentralen Bereiche aufgeführt, in denen IFRS 10 im Hinblick auf die Beurteilung, ob eine solche power vorliegt, am stärksten von den aktuellen Rege-lungen in IAS 27 und SIC-12 abweichen.

Potenzielle Stimmrechte

Bei der Beurteilung, wer die Beherrschung über einen investee ausübt, hat der investor sowohl seine eigenen derzeitigen und potenziellen Stimmrechte als auch die derzeitigen und potenziel-len Stimmrechte anderer Parteien zu berücksichtigen. Übliche Beispiele für potenzielle Stimmrechte sind Stimmrechte, die aus der Ausübung einer Option oder der Wandlung eines wandelbaren Instruments resultieren.

Potenzielle Stimmrechte sind bei der Beurteilung nur dann zu berücksichtigen, wenn es sich um substanzielle Rechte handelt. Dies setzt voraus, dass der Inhaber dieser Rechte die tatsächliche Fähigkeit besitzt, sie auch auszuüben. Bei der Beurteilung, ob es sich bei den potenziellen Stimmrechte um substanzielle Rechte handelt, sind sämtliche relevanten Faktoren und Umstände zu beachten, z. B. ob die Option „im Geld“ oder „aus dem Geld“ ist oder ob ein investor aus anderen Gründen Nutzen daraus ziehen könnte (z. B. durch die Realisierung von Synergien zwischen investor und investee). Darüber hinaus sind Einschränkungen zu berücksichtigen, die bei der Ausübung der Option von Bedeutung sein können, z. B. finanzielle Strafen, enge Ausübungszeitfenster oder Bedingungen, die zur Folge haben, dass die Option zu einem bestimmten Datum nicht ausgeübt werden kann. IFRS 10 legt fest, dass potenzielle Stimmrechte in der Regel gegenwärtig aus-übbar sein müssen, um ein substanzielles Recht darzustellen. In einigen Fällen wird dies eine Ermessensausübung des Manage-ments erfordern, da der Begriff „gegenwärtig“ in einem weiteren Sinne verwendet wird als in IAS 27.

Beherrschung mit weniger als der Mehrheit der Stimmrechte (de facto control)

Ein berichtendes Unternehmen kann unter bestimmten Umständen auch dann die Beherrschung über ein anderes Unternehmen ausüben, wenn es nicht über die Mehrheit an derzeitigen und sub-stanziellen potenziellen Stimmrechten an dem investee verfügt, sofern es eine faktische Beherrschung (de facto control) innehat.

Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

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Unsere Sichtweise Die Anwendung des Konzepts der de facto control dürfte für viele Unternehmen, die substanzielle Stimmrechte an inves-tees halten, erhebliche Änderungen ihrer Bilanzierungspraxis mit sich bringen. Da keine ganz klaren Vorgaben existieren, wird die Anwendung dieses Konzepts in der Praxis ein erheb-liches Maß an Ermessensausübung in Bezug auf die Beur-teilung der Fakten und Umstände erfordern. So stellt sich beispielsweise die Frage, wie groß der Anteil eines berichten-den Unternehmens im Verhältnis zu anderen Stimmrecht-sinhabern sein muss oder wie sehr die anderen Stimmrechte gestreut sein müssen. Die Einführung des Konzepts der de facto control kann dazu führen, dass ein berichtendes Unternehmen nur aufgrund bestehender Umstände und der Passivität der anderen Gesellschafter ein Unternehmen beherrscht und die Beherrschung nicht das Ergebnis eigener Handlungen ist. Zudem mag es zwar einfach sein, anhand aktueller Kenntnisse nachträglich zu bestimmen, ob ein investor die Beherrschung ausübt, doch könnte die Anwen-dung dieses Konzepts bei der Beurteilung der gegenwärtigen und zukünftigen Beherrschung mit Schwierigkeiten verbunden sein. Um relevante Informationen zu erhalten und zu analy-sieren sowie eine zeitnahe Beurteilung zu ermöglichen, müssen die Unternehmensleitungen möglicher weise auf externe Unterstützung zurückgreifen.

Prinzipal-Agenten-Beziehungen

In Fällen, in denen Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf einen investee übertragen oder delegiert oder zugunsten anderer gehalten werden, muss beurteilt werden, ob der Entscheidungs-träger als Prinzipal oder als Agent der Partei oder Parteien handelt, welche die Entscheidungsrechte delegiert haben.

Ein Agent ist eine Partei, die beauftragt wurde, im Namen einer oder mehrerer anderer Parteien (des Prinzipals bzw. der Prin zipale) zu handeln, dabei aber keine Beherrschung über den investee ausübt. Ein Prinzipal kann die Entscheidungsbefugnis für bestimmte Bereiche oder alle relevanten Aktivitäten an den Agenten über tragen, behält letztendlich jedoch die Beherr-schung über das andere Unternehmen. Bei der Beurteilung, ob ein Unternehmen als Agent oder Prinzipal handelt, sind u. a. folgende Aspekte der Vereinbarung zu berücksichtigen:

• der Umfang der Aktivitäten, die der Entscheidungsträger vertraglich oder rechtlich bestimmen darf, und der Ermessensspielraum, den der Entscheidungsträger hat, wenn er Entscheidungen über diese Aktivitäten trifft

• Rechte Dritter (z. B. das Recht zum Entzug der Entscheidungs-befugnisse [removal right] oder das Recht auf Abberufung des Entscheidungsträgers [kick-out right])

• Vergütung des Entscheidungsträgers

• Variabilität der Rückflüsse aus anderen Beteiligungen

Power über bestimmte Vermögenswerte des investees (Silos)

IFRS 10 führt in Bezug auf die Beurteilung, ob Beherrschung über eine einzelne Rechnungslegungseinheit (unit of account) besteht, erhebliche Änderungen gegenüber IAS 27 ein. Ähnlich wie bei IAS 27 hat ein berichtendes Unternehmen nach IFRS 10 generell zu beurteilen, ob es ein anderes Unternehmen als Ganzes beherrscht. IFRS 10 geht jedoch noch einen Schritt weiter und schreibt vor, dass ein investor bei der Beurteilung, ob eine Beherrschung vorliegt, auch in Betracht zu ziehen hat, ob er ledig-lich Teile des investees beherrscht. Das heißt, er muss feststellen, ob er die Beherrschung über bestimmte Vermögenswerte des investees ausübt und ob diese als sogenannte Silos zu erachten sind. Grundsätzlich wird die Beherrschung über einen solchen Teil separat beurteilt, wenn alle Vermögenswerte und Verbindlichkei-ten sowie das Eigenkapital des Silos von den übrigen Vermögens-werten, Verbindlichkeiten und dem Eigenkapital des investees wirt-schaftlich getrennt sind (sog. ring-fenced oder abgeschirmte Silos). Nach IFRS 10 könnte die Beherrschung daher auch auf einer unterhalb einer rechtlichen Einheit angesiedelten Ebene ausgeübt werden. Die führt dann dazu, dass nur die betreffenden Silos, nicht jedoch die gesamte rechtliche Einheit zu konsolidie-ren sind.

Andere Parteien, die im Namen eines berichtenden Unternehmens handeln („De-facto-Agenten“)

Nach IFRS 10 hat das Management darüber hinaus festzustellen, ob es weitere Parteien gibt, die auf der Grundlage ihrer Beziehung zu dem berichtenden Unternehmen in dessen Namen handeln, d. h. ob die anderen Parteien als sogenannte De-facto-Agenten des investor handeln. Diese von De-facto-Agenten gehaltenen Rechte und erhaltenen Rückflüsse sind bei der Beurteilung, ob ein investor die Beherrschung ausübt, zu berücksichtigen. IFRS 10 enthält Beispiele für Parteien, die als De-facto-Agenten eines berichtenden Unternehmens betrachtet werden könnten.

Ein berichtendes Unternehmen kann unter bestimmten Umständen auch im Zuge der de facto control ein anderes Unternehmen beherrschen.

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Neue Definition der „gemeinschaftlichen Führung“

IFRS 11 definiert „gemeinschaftliche Führung“ als die vertrag - lich vereinbarte Teilhabe an der Beherrschung über eine Ver-einbarung, die nur dann besteht, wenn die Entscheidungen über die relevanten Aktivitäten die einstimmige Zustimmung der an der gemeinschaftlichen Führung beteiligten Partnerunternehmen erfordern.

In IFRS 11 werden die wichtigsten Aspekte der gemeinschaft-lichen Führung wie folgt beschrieben:

• Vertraglich vereinbart: In den vertraglichen Vereinbarungen, die in der Regel, aber nicht immer schriftlich verfasst sind, sind die Bedingungen der Vereinbarung festgelegt.

• Beherrschung und relevante Aktivitäten: Die Beurteilung, ob mehrere Parteien eine gemeinschaftliche Führung innehaben, hat auf der Grundlage der Regelungen in IFRS 10 zu erfolgen.

Darunter fallen beispielsweise Parteien, die gemäß IAS 24 Angaben über Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen und Per-sonen nahestehende Parteien darstellen, Parteien, die eine enge Geschäftsbeziehung zum investor unterhalten, oder Parteien, die ihre betrieblichen Aktivitäten nicht ohne Unterstützung des berichtenden Unternehmens finanzieren können.

IFRS 11 Joint Arrangements IFRS 11 regelt die Bilanzierung von „gemeinschaftlichen Verein-barungen“ (joint arrangements). Laut Definition handelt es sich dabei um vertragliche Vereinbarungen, bei denen zwei oder mehr Parteien die gemeinschaftliche Führung ausüben. Obwohl die Änderung des Titels von „Gemeinschaftsunternehmen“ (joint ventures) zu „gemeinschaftliche Vereinbarungen“ möglicher-weise darauf hindeuten könnte, wurde der Anwendungsbereich des neuen Standards gegenüber IAS 31 nicht erweitert.

Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

Abbildung 3 | Handelt es sich um eine gemeinschaftliche Vereinbarung?

Ja

Nein

Nein

Ja

Erfordern die Entscheidungen über die relevanten Aktivitäten die einstimmige Zustimmung aller Parteien, die die gemeinschaftliche Führung über die Vereinbarung ausüben?

Wird in der vertraglichen Vereinbarung bestimmt, dass die Parteien (oder ein Teil der Parteien) die gesamte gemein ­ schaftliche Führung über die Vereinbarung ausüben (ausübt)? Fällt nicht in den

Anwendungsbereich von IFRS 11

(keine gemeinschaftliche Vereinbarung)

Gemeinschaftliche Tätigkeiten

Gemeinschaftsunternehmen

Gemeinschaftliche Vereinbarung

Ernst & Young IFRS 3.0 17

• Einstimmige Zustimmung liegt dann vor, wenn die Parteien die Führung über die Vereinbarung gemeinschaftlich ausüben und die Führung nicht von einer der Parteien alleine oder durch wechselnde Koalitionen von Parteien ausgeübt wird.

Möglicherweise ist nicht immer eindeutig, auf welcher Ebene (d. h. Rechnungslegungseinheit [unit of account]) die Beurtei-lung der gemeinschaftlichen Führung vorzunehmen ist. In vielen Fällen wird diese Beurteilung auf Vertragsebene durchgeführt. Einige Verträge enthalten jedoch möglicherweise mehr als eine gemeinschaftliche Vereinbarung. So kann ein Rahmenvertrag beispielsweise die Ge schäftsbedingungen für Unternehmen bzw. Aktivitäten enthalten, die jeweils einzeln eine gemeinschaftliche Vereinbarung darstellen. Sobald eine gemeinschaftliche Verein-barung identifiziert ist, wird sie entweder als Gemeinschaftsunter-nehmen (joint venture) oder als gemeinschaftliche Tätigkeit (joint operation) klassifiziert.

Unsere Sichtweise Zwar wurden bestimmte Aspekte der gemeinschaftlichen Führung unverändert aus IAS 31 übernommen, doch könnte insbesondere die durch IFRS 10 geänderte Definition der „Beherrschung“ zu Änderungen bei der Beurteilung, ob eine gemeinschaftliche Führung vorliegt, führen.

Abgrenzung zwischen Gemeinschafts­unternehmen (joint ventures) und gemeinschaftlichen Tätigkeiten (joint operations)

Gemeinschaftliche Vereinbarungen werden entweder als Gemein-schaftsunternehmen (joint venture)oder als gemeinschaftliche Tätigkeiten (joint operations) klassifiziert.

Die Entscheidungen über die relevanten Aktivitäten erfordern die einstimmige Zustimmung der an der gemeinschaftlichen Führung beteiligten Partnerunter-nehmen.

18 Ernst & Young IFRS 3.0

Je nach Klassifizierung ergeben sich folgende Bilanzierungsfolgen:

►• Gemeinschaftsunternehmen sind nach IFRS 11 verpflichtend nach der Equity-Methode zu bilanzieren. Das bisherige Wahl-recht des IAS 31, gemeinschaftlich geführte Unternehmen auch nach der Methode der Quotenkonsolidierung zu bilanzieren, entfällt somit.

• Bei gemeinschaftlich geführten Unternehmen, die nach IFRS 11 als Gemeinschaftsunternehmen (joint ventures) klassifizieren, hängt das Ausmaß der bilanziellen Änderungen von der bisheri-gen Bilanzierungsmethode ab:

►• Sofern Unternehmen bisher die gemeinschaftlich geführten Unternehmen quotal einbezogen haben, ergeben sich wesentli-che Änderungen im Abschluss: In diesen Fällen werden zukünf-tig nicht mehr die einzelnen Vermögenswerte, Erträge, Aufwendun gen und sonstigen Gesamtergebnisveränderungen des Gemeinschaftsunternehmens anteilig erfasst, sondern in der Bilanz für die Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen sowie in der Gesamtergebnisrechnung für den prozentualen Anteil am Jahres ergebnis und am sonstigen Gesamtergebnis

Obwohl der Begriff „Gemeinschaftsunternehmen“ in der Praxis weit ausgelegt wird, ist die dazugehörige Definition in IFRS 11 recht eng gefasst. Abbildung 4 macht deutlich, in - wie weit die neue Terminologie von den in IAS 31 verwendeten Begriffen abweicht.

Das IASB geht davon aus, dass gemeinschaftlich geführte Ver-mögenswerte (jointly controlled assets) und gemeinschaftliche Tätigkeiten (jointly controlled operations) gemäß den bisherigen Definitionen in IAS 31 nach IFRS 11 künftig als gemeinschaftliche Tätigkeiten (joint operations) klassifizieren. Die Bilanzierung solcher Vereinbarungen wird sich gegenüber der bisherigen Bilan-zierung nach IAS 31 nicht ändern: Der joint operator (d. h. die Partei, die an der gemeinschaftlichen Führung einer gemeinschaft-lichen Tätigkeit partizipiert) erfasst weiterhin seine Vermögens-werte, Verbindlichkeiten, Erträge und Aufwendungen bzw. seinen relativen Anteil an diesen Posten.

Die bisher nach IAS 31 als gemeinschaftlich geführte Unter-nehmen klassifizierten Gemeinschaftsvereinbarungen können nach IFRS 11 entweder Gemeinschaftsunternehmen oder gemeinschaftliche Tätigkeiten darstellen.

Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

Abbildung 4 | Ähnliche Konzepte, verschiedene Bezeichnungen

Gemeinschafts­unternehmen

Gemein ­ schaftl iche Verein barungen

Gemeinschaftlich geführte Unternehmen

Bilanzierung: Equity-Methode oder Quoten konsolidierung

Gemeinschaftliche Tätigkeiten

Bilanzierung: Erfassung der Vermögenswerte, Ver-bindlichkeiten, Erträge und Aufwendungen sowie des Anteils am Ertrag

Gemeinschaftliche TätigkeitenDie Parteien, die die gemeinschaftliche Führung ausüben, haben ein Recht auf die Vermögens­werte und Verpflichtungen für die Verbindlich-keiten aus der Vereinbarung

Erfassung der Vermögenswerte, Verbindlich-keiten, Erträge und Aufwendungen und/oder der gemeinschaftlichen Anteile daran

GemeinschaftsunternehmenDie Parteien, die die gemeinschaftliche Führung ausüben, verfügen über ein Recht auf die Nettovermögenswerte der Vereinbarung

Equity-Methode

Gemeinschaftlich geführte Vermögenswerte

Bilanzierung: Erfassung der Vermögenswerte, Ver-bindlichkeiten, Erträge und Aufwendungen und/oder des relativen Anteils daran

IAS

31IF

RS

11

Ernst & Young IFRS 3.0 19

wird jeweils nur ein gesonderter Posten erfasst. In einigen Fäl-len kann es auch zu Abweichungen in der Bewertung kommen. Hierbei kann sich der Gewinn oder Verlust von dem Betrag unterscheiden, der bei Anwendung der Quotenkonsolidierung ermittelt worden wäre.

• Sofern Unternehmen bisher die gemeinschaftlich geführten Unternehmen nach der Equity-Methode einbezogen haben, er geben sich aus der Anwendung von IFRS 11 keine Änderun-gen.

• Bei gemeinschaftlich geführten Unternehmen, die nach IFRS 11 als gemeinschaftliche Tätigkeiten (joint operations) klassifizie-ren, hängt das Ausmaß der bilanziellen Änderungen von der bis-herigen Bilanzierungsmethode und den jeweiligen vertragli-chen Regelungen ab:

• Sofern Unternehmen bisher die gemeinschaftlich geführten Unternehmen nach der Equity-Methode einbezogen haben, ergeben sich wesentliche Veränderungen, da der joint operator nach IFRS 11 seine Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Erträge und Aufwendungen bzw. seinen relativen Anteil an diesen Posten zu erfassen hat.

• Sofern Unternehmen bisher die gemeinschaftlich geführten Unternehmen quotal einbezogen haben, ergeben sich in Abhängigkeit von den vertraglichen Vereinbarungen folgende Auswirkungen: – Sofern ein joint operator ein Anrecht auf einen festgelegten

Prozentsatz aller Vermögenswerte und Verpflichtungen in Bezug auf einen festgelegten Prozentsatz aller Verbindlich-keiten hat, wird die bilanzielle Abbildung voraussichtlich keine wesentlichen Unterschiede zur bisherigen Bilanzierung mit-tels Quotenkonsolidierung aufweisen.

– Sofern der joint operator jedoch Anrechte auf einen festgelegten Prozentsatz an bestimmten Vermögenswerten sowie weitere Anrechte in anderer Höhe auf andere Vermögenswerte und unterschiedliche Anteile an verschiedenen Verbindlichkeiten hat, ergäbe sich eine abweichende Darstellung zur bisherigen Darstellung im Abschluss, da diese Rechte und Verpflichtungen nach IFRS 11 nunmehr einzeln bilanziert werden, statt einen kombinierten Prozentsatz auf alle Vermögenswerte und Ver-bindlichkeiten nach der Quotenkonsolidierung anzuwenden.

Unsere Sichtweise Sofern Beteiligungen an gemeinschaftlich geführten Unter-nehmen für den Abschluss wesentlich sind, könnten die Auswirkungen eines Wechsels von der Quotenkonsolidierung zur Equity-Methode und/oder die Auswirkungen des Wechsels von der Equity-Bilanzierung zur Bilanzierung einer gemein-schaftlichen Tätigkeit erheblich sein. Unternehmen sollten diese Änderungen bei der Beurteilung, wie sich die Umstellung auf IFRS 11 auf ihren Abschluss auswirken wird, daher um-fassend prüfen. Aus diesen Änderungen können sich erhebli-che Auswirkungen auf die Kennzahlen des Abschlusses (z. B. Verschuldungsgrad, Eigenkapitalquote, Umsatzrenditen etc.) ergeben. Sofern diese Kennzahlen z. B. im Rahmen von Debt-Covenants-Regelungen und/oder Vergütungsvereinbarungen von Bedeutung sind, empfiehlt es sich, über eine entspre-chende Anpassung dieser Regelungen nachzudenken und diese gegebenenfalls zu veranlassen.

Eine Quotenkonsolidierung, wie derzeit in IAS 31 dargestellt, ist bei Gemeinschaftsunternehmen nicht mehr möglich.

20 Ernst & Young IFRS 3.0

Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

Klassifizierung einer gemeinschaftlichen VereinbarungWie zuvor aufgezeigt, hat die Klassifizierung einer gemeinschaft-lichen Vereinbarung als gemeinschaftliche Tätigkeit oder Gemein-schaftsunternehmen erhebliche Auswirkungen auf die bilanzielle Abbildung. Abbildung 5 veranschaulicht, wie bei der Klassifizierung von gemeinschaftlichen Vereinbarungen vorzugehen ist.

Zunächst ist zu analysieren, ob die gemeinschaftliche Verein-barung mittels eines eigenständigen Vehikels (separate vehicle 3) strukturiert wird. Sofern dies nicht der Fall ist, qualifiziert die gemeinschaftliche Vereinbarung als gemeinschaftliche Tätigkeit. Insoweit ist auch unter IFRS 11 die Form, in der die gemeinschaft-

Abbildung 5 | Klassifizierung einer gemeinschaftlichen Vereinbarung

Gemeinschaftliche Tätigkeit

Gemeinschaftsunternehmen

Ja

Nein

Ja

Ja

Ja

Nein

Nein

Nein

liche Vereinbarung geführt wird, weiterhin von Bedeutung, obwohl das IASB die Neuregelungen des IFRS 11 auch damit begründet hat, dass die Bilanzierung nach dem bisherigen IAS 31 zu stark von der Form der gemeinschaftlichen Vereinbarung bestimmt wurde.

Sofern die gemeinschaftliche Vereinbarung mittels eines eigen-ständigen Vehikels strukturiert wird, es sich also um eine Ver- ein barung handelt, die nach IAS 31 bisher als gemeinschaftlich geführtes Unternehmen klassifizierte, ergeben sich die in Ab - bildung 5 dargestellten weiteren Analyseschritte. Um zu einer Klassifizierung der gemeinschaftlichen Vereinbarung als Gemein-schaftsunternehmen zu kommen, sind die Folgen aus der Rechts-form des eigenständigen Vehikels, die Bedingungen der vertrag-

3 IFRS 11 Appendix A definiert separate vehicle wie folgt: „A separately identifiable financial structure, including separate legal entities or entities recognised by statute, regardless of whether those entities have a legal personality.“

Wird die gemeinschaftliche Vereinbarung mittels eines eigenständigen Vehikels strukturiert?

Haben die Parteien aufgrund der Rechtsform des eigenständigen Vehikels Anrechte auf die Vermögenswerte und Verpflichtungen für die Verbindlichkeiten aus der Vereinbarung?

Haben die Parteien aufgrund der Bedingungen der vertraglichen Vereinbarung Anrechte auf die Vermögenswerte und Verpflichtungen für die Verbindlichkeiten aus der Vereinbarung?

Haben die Parteien aufgrund anderer Fakten und Umstände Anrechte auf die Vermögenswerte und Verpflichtungen für die Verbindlichkeiten aus der Vereinbarung?

Ernst & Young IFRS 3.0 21

wenn die Vereinbarung mittels eines eigenständigen Vehikels strukturiert wurde.

Die Anforderungen von IFRS 12 sind umfangreicher als die von IAS 27 und IFRS 31. Nach IAS 27 mussten Unternehmen Sach-verhalte nur dann offenlegen, wenn (i) ein Tochterunternehmen konsolidiert wurde und das Mutterunternehmen über weniger als die Hälfte der Stimmrechte verfügte und (ii) ein Beteiligungs-unternehmen nicht konsolidiert wurde und der Anteilseigner über mehr als die Hälfte der Stimmrechte verfügte. Künftig muss ein Unternehmen darüber hinaus beispielsweise angeben, wie es potenzielle Stimmrechte (z. B. Optionen) bewertet hat, ob es als Prinzipal oder als Agent handelt und wie es festgelegt hat, ob eine gemeinschaftliche Vereinbarung als Gemeinschaftsunter-nehmen oder gemeinschaft liche Tätigkeit klassifiziert. Diese Änderungen der Angabevorschrif ten spiegeln den Umstand wider, dass künftig bei der Beurteilung der Beherrschung und der Klassifi-zierung von Gemeinschaftsvereinbarungen ein höheres Maß an Ermessensausübung erforderlich ist.

IFRS 12 erweitert darüber hinaus die Angabevorschriften für Tochterunternehmen mit Anteilen ohne beherrschenden Einfluss (non-controlling interests; NCI), gemeinschaftliche Vereinba-rungen und assoziierte Unternehmen, die für sich gesehen von wesentlicher Bedeutung sind. So ist ein Mutterunternehmen nunmehr verpflichtet, zusammengefasste Finanzinformationen über jedes Tochterunternehmen mit wesentlichen Anteilen ohne beherrschenden Einfluss anzugeben. Die bereits bisher bestehen-den Vorschriften für die Angabe zusammengefasster Finanzinfor-mationen über gemeinschaftliche Vereinbarungen und assoziierte Unternehmen wurden ebenfalls erweitert.

Mit IFRS 12 wird ein neuer Begriff eingeführt: Der Begriff des „strukturierten Unternehmens“ (structured entity) ersetzt und erweitert das Konzept einer „Zweckgesellschaft“ (special purpose entity) gemäß SIC-12. Die Angabevorschriften für die Beteiligun-gen an solchen Unternehmen wurden erheblich erweitert. Ein Unternehmen ist demnach verpflichtet, das Wesen, das Ausmaß und die Änderungen der Risiken anzugeben, die mit seinen Betei-ligungen an konsolidierten und nicht konsolidierten strukturierten Unternehmen verbunden sind. So muss ein Unternehmen beispiels-weise die Bedingungen sämtlicher Vereinbarungen offen legen, die das Unternehmen zur Leistung finanzieller Unterstützung ver-pflichten könnten. Unterstützt ein Unternehmen ein strukturiertes Unternehmen finanziell oder auf andere Weise, ohne dass es dazu verpflichtet ist, muss es die Art und den Umfang der Unterstützung, die Umstände und die Gründe für die Leistung der Unterstützung sowie Informationen darüber angeben, ob derzeit irgendwelche Absichten bestehen, Unterstützung zu leisten.

lichen Vereinbarung sowie weitere Fakten und Umstände (z. B. aus Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen der gemein-schaftlichen Vereinbarung und dem joint venturer/operator) zu beurteilen.

Unsere Sichtweise Unternehmen sollten diese Änderungen bei der Beurteilung, wie sich die Umstellung auf IFRS 11 auf ihren Abschluss aus-wirken wird, daher umfassend prüfen.

IFRS 12

Disclosure of Interests in Other Entities

IFRS 12 fasst die Angabevorschriften für die Beteiligungen eines Unternehmens an Tochterunternehmen, gemeinschaftlichen Vereinbarungen, assoziierten Unternehmen und strukturierten Unternehmen in einem umfassenden Standard zusammen. Viele dieser Angabevorschriften waren zuvor bereits in IAS 27, IAS 31 und IAS 28 enthalten – andere wurden hingegen neu erlassen.

Die Zielsetzung von IFRS 12 besteht darin, dass ein Unternehmen Informationen offenlegt, die Abschlussadressaten in die Lage ver-setzen, Folgendes zu beurteilen:

• das Wesen seiner Beteiligungen an anderen Unternehmen und die damit verbundenen Risiken

• die Auswirkungen dieser Beteiligungen auf seine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und Cashflows

Nach IFRS 12 hat ein Unternehmen die wesentlichen getroffenen Ermessensentscheidungen und Annahmen anzugeben, um fest-zulegen,

• ob es ein anderes Unternehmen beherrscht, an der gemein-schaftlichen Führung eines anderen Unternehmens beteiligt ist oder über maßgeblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen verfügt und

• welcher Art die gemeinschaftliche Vereinbarung ist (d. h. gemeinschaftliche Tätigkeit oder Gemeinschaftsunternehmen),

Die Klassifizierung einer gemeinschaftlichen Vereinbarung erfolgt entsprechend den Rechten und Pflichten der gemeinsam beherrschenden Parteien an der gemeinschaftlichen Vereinbarung.

22 Ernst & Young IFRS 3.0

Konzernabschlüsse und gemeinschaftliche Vereinbarungen

Übergang auf die neuen Standards und laufende Beurteilung

IFRS 10, 11 und 12 sowie die Folgeänderungen an IAS 27 und 28 sind auf Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen.4 Die neuen Standards können vorzeitig angewandt werden. Entscheidet sich ein Unternehmen für eine vorzeitige Anwendung, muss es jedoch alle Standards gleichzeitig einführen; lediglich die Angabevorschriften von IFRS 12 dürfen eigenständig ohne Anwendung der anderen neuen Standards vor-zeitig angewandt werden. Die neuen Standards werden auf modi-fizierter retrospektiver Basis angewandt.

In Bezug auf IFRS 10 bedeutet dies: Beherrscht ein investor einen investee, den er bislang nicht konsolidiert hatte, so ist dies zu dem Zeitpunkt als Unternehmenszusammenschluss zu erfassen, zu dem der investor die Beherrschung erlangt hat. Ist eine voll-ständig retrospektive Anwendung von IFRS 10 praktisch undurch-führbar, hat die Konsolidierung des beherrschten investee (und die Bilanzierung als Unternehmenszusammenschluss) ab dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem die Anwendung frühestens durch-führbar ist.

IFRS 11 enthält vereinfachte Regelungen, die den Übergang erleichtern dürften. So werden gemeinschaftlich geführte Unter-nehmen, die bislang nach der Methode der Quotenkonsolidierung bilanziert wurden, künftig ausschließlich nach der Equity-Methode erfasst. Dabei fasst das Partnerunternehmen die bisher erfassten Beträge zusammen, überprüft den Gesamtbetrag auf Wertminde-rung und setzt diesen Betrag als angenommene Anschaffungs- und Herstellungskosten für die weitere Anwendung der Equity-Methode an.

Ein investor hat laufend zu beurteilen, ob er einen investee be - herrscht (oder gemeinschaftlich führt), wenn Tatsachen und Umstände darauf hinweisen, dass sich eine der drei Komponenten der Beherrschung (und demnach der Beherrschungsaspekt der „gemeinschaftlichen Führung“) geändert hat. Wenn sich Tatsachen und Umstände ändern, ist es deshalb möglich, dass ein investee in einem Berichtszeitraum konsolidiert wird oder unter gemein-schaftliche Führung gerät und im nächsten Berichtszeitraum wieder entkonsolidiert wird oder die gemeinschaftliche Führung endet. Ein Beispiel: Stellt ein Fondsmanager das gesamte Start-kapital für einen Fonds bei dessen Auflage bereit, besteht die Möglichkeit, dass er den Fonds zu Beginn beherrscht (und des-

halb auch konsolidiert). Dies kann sich jedoch dann ändern, wenn Dritte in den Fonds investieren und den Anteil des Fondsmanagers verwässern (oder aufheben).

Weitere Informationen finden Sie auch in der Ausgabe der IFRS Practical Matters: Welche Auswirkungen haben die neuen Rechnungslegungsstandards zu Konzernabschlüssen, gemein-schaftlichen Vereinbarungen und Angaben über die Beteiligung an deren Unternehmen für Sie? vom Juni 2011, die Ihnen unter www.de.ey.com/ifrs in der Rubrik „Publikationen“ zum Download zur Verfügung steht.

Investmentgesellschaften (Exposure Draft Investment Entities)

Das IASB hat im August 2011 einen Standardentwurf (Exposure Draft Investment Entities) veröffentlicht, der für bestimmte Gesell-schaften vorsieht, dass die von diesen Gesellschaften beherrsch-ten investees nicht zu konsolidieren, sondern erfolgswirksam zum beizulegenden Werte entsprechend den Regelungen in IFRS 9 zu bilanzieren sind.5

Nach dem derzeitigen Entwurf des IASB muss ein Unternehmen die folgenden Kriterien kumulativ erfüllen, um als Investment-gesellschaft (investment entity) zu qualifizieren:

►• Die einzige substanzielle Geschäftstätigkeit des Unternehmens besteht im Investieren in mehrere Investments, um hieraus Wertsteigerungen oder Einkommen oder beides zu erzielen (business activities).

• Der Geschäftszweck der Gesellschaft bezieht sich ausdrücklich auf das Investieren (business purpose).

• Es besteht Anteilseigentum an der Gesellschaft, auf dessen Basis das Nettovermögen zugerechnet wird (unit ownership).

• Die Investmentgesellschaft ist zu einem wesentlichen Teil im Besitz von Parteien, die einander nicht nahestehen (pooling of funds).

►• Investments werden auf der Basis des beizulegenden Zeitwerts beurteilt und gemanagt (fair value management).

►• Das Unternehmen stellt seinen Investoren Finanzdaten zur Verfügung.

4 Im Hinblick auf den Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der neuen Standards ist das weitere Endorsement-Verfahren zu beobachten. 5 Das FASB hat im Oktober 2011 ein vergleichbares Proposed Accounting Standard Update – Financial Services – Investment Companies (Topic 946) veröffentlicht.6 Im Hinblick auf den Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der neuen Standards ist das weitere Endorsement-Verfahren zu beobachten.

Ernst & Young IFRS 3.0 23

Anders als der Vorschlag des FASB erlauben die vom IASB vor geschlagenen Regelungen nicht, dass die Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert von einem Mutterunternehmen einer investment entity in ihrem eigenen Konzernabschluss beibehalten werden kann, wenn das Mutterunternehmen selbst keine invest-ment entity ist.

Der Entwurf des IASB und die hierin vorgeschlagenen Änderungen des IAS 28 sehen vor, dass nur Investmentgesellschaften ihre Beteiligungen an joint ventures und assoziierten Unternehmen zum beizulegenden Zeitwert bewerten dürfen. Dies bedeutet, dass es zukünftig Wagniskapitalorganisationen, offenen Investment-fonds, Unit Trusts und ähnlichen Unternehmen einschließlich fondsgebundener Versicherungen, die nicht die Kriterien für eine Investmentgesellschaft erfüllen, nicht mehr erlaubt wäre, ihre Beteiligungen an joint ventures und assoziierten Unternehmen zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Sie müssten statt-dessen die Equity-Methode zur Bewertung dieser Beteiligungen anwenden.

Die finalen Änderungen dieses Entwurfs werden in die IFRS 10 Eingang finden.

Die Kommentare zu diesem Entwurf waren bis zum 5. Januar 2012 an das IASB zu richten. Das IASB hat sich dahin gehend geäußert, dass das Projekt zu Investmentgesellschaften abge-schlossen sein soll, bevor die IFRS 10 verpflichtend anzuwenden ist. Zudem soll die Änderung in Bezug auf Investmentgesellschaf-ten zum gleichen Datum wie IFRS 10 in Kraft treten, sodass Investmentgesellschaften ihre Rechnungs legung nur einmal an neue Vorschriften anpassen müssen. Da sich die EFRAG zum EU

Unsere Sichtweise Grundsätzlich begrüßen wir den Vorschlag des IASB, eine bestimmte Klasse von Gesellschaften von der Konsolidierung beherrschter investees zu befreien.

Die derzeit vom IASB vorgeschlagenen und kumulativ zu erfüllenden Kriterien sind jedoch sehr eng definiert, sodass wir erwarten, dass der Kreis der Unternehmen, die von dieser Änderung profitieren, gegebenenfalls zu klein gefasst ist. Weiterhin halten wir es nicht für sachgerecht, dass die Bilanzierung der Investmentgesellschaft nicht von einem Mutterunternehmen, das keine Investmentgesellschaft ist, beibehalten werden kann.

Abschließend lehnen wir die vorgeschlagene Änderung des IAS 28 ab, die das bisher in der Praxis genutzte Wahlrecht zur Bewertung von assoziierten Unternehmen zum beizule-genden Zeitwert für eine Vielzahl von Unternehmen aufhebt.Es ist nicht nachzuvollziehen, warum das IASB beabsichtigt, die Anzahl der Unternehmen, die ihre Beteiligungen zum beizulegenden Zeitwert bewerten, beschränken will, wenn man bedenkt, dass Mitglieder des IASB kürzlich die Auffas-sung vertreten haben, dass die Bewertung zum beizulegen-den Zeitwert aussagekräftigere Informationen liefere als die Equity-Methode.

Endorsement dieser derzeit nur im Entwurf vorliegenden Ände-rungen noch nicht geäußert hat, bleibt derzeit abzuwarten, ob diese Regelungen auch von Unternehmen in der EU zeitgleich mit dem neuen IFRS 10 angewandt werden können.

Frühzeitige Planung erleichtert den ÜbergangDie neuen Standards treten erst am 1. Januar 2013 in Kraft.6 Unternehmen müssen jedoch bereits in heutigen Abschlüssen offenlegen, welche Auswirkungen die Anwendung veröffentlichter, aber noch nicht in Kraft getretener Standards auf sie hat. Da - rüber hinaus trägt eine frühzeitige Analyse der Auswirkungen der Anwendung der neuen Standards dazu bei, böse Überraschungen zu vermeiden und den Übergangsprozess zu erleichtern.

24 Ernst & Young IFRS 3.0

Ernst & Young IFRS 3.0 25

Bemessung des beizulegenden Zeitwerts

Im Mai 2011 wurde der neue Standard IFRS 13 Fair Value Measurement veröffentlicht. IFRS 13 ist das Resultat des gemeinsamen Projekts von IASB und FASB hinsichtlich der Entwicklung eines einheitlichen Rahmenkonzepts für die Bemessung des beizulegenden Zeitwerts. Durch IFRS 13 werden nicht die Regelungen geändert, die vor-schreiben, welcher Posten der Bilanz zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten oder anzugeben ist. Der Standard enthält vielmehr Leitlinien für die Ermittlung des beizule-genden Zeitwerts, wenn dessen Verwendung durch einen Standard vorgeschrieben wird oder zulässig ist.

IFRS 13 Fair Value Measurement: Was Sie über den neuen Standard wissen müssen

26 Ernst & Young IFRS 3.0

Überblick

Wesentliche Ziele des Projekts waren die Verminderung der Komplexität und die Vereinheitlichung der zur Ermitt-lung des beizulegenden Zeitwerts angewandten Methoden.

IFRS 13 enthält nun Leitlinien zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts.

Bei der Anwendung des Standards stehen Marktsicht und damit eine Objektivierbarkeit im Vordergrund.Durch eine Erweiterung der Anhang-angaben sollen dem Adressaten zusätzliche entscheidungsnützliche Informationen zu Zeitwerten gege- ben werden.

Der neue Standard gilt erstmals für Berichtsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen.

Schlüsselfragen für Ihr Unternehmen

►• Wo verwendet das Unternehmen im Abschluss beizulegende Zeitwerte? Dienen sie als Bewertungsgrundlage oder werden sie ausschließlich im Anhang dargestellt?

►• Aus welchen Regelungen des neuen Standards sind, falls überhaupt, am ehesten Änderungen an der gegenwärtigen Praxis zu erwarten?

►►• Welche der bei der Abschlusserstellung vorgenommenen Bewertungen zum beizulegenden Zeitwert unterliegen in besonderem Maße Ermessensentscheidungen und/oder anderen Einflussfaktoren?

►• Wie soll künftig die Erhebung der durch die neuen, ausgeweite-ten Angabevorschriften geforderten Informationen erfolgen?

►• Wer wird an diesem Prozess beteiligt sein? Wird bei der Be - wertung externe Unterstützung benötigt? Wie wird ermittelt und überwacht, ob das Management und ggf. zur Unterstützung herangezogene Bewertungsexperten den neuen Standard ordnungsgemäß anwenden und keinen anderen Bewertungs-grundsätzen folgen?

Weshalb hat das IASB einen neuen Standard zur Bestimmung des bei­zulegenden Zeitwerts veröffentlicht?

Für die Entwicklung des Standards gab es mehrere Gründe. Wesent liche Ziele des Projekts waren die Verminderung der Komplexität und die Vereinheitlichung der zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts angewandten Methoden. Etliche Stan-dards enthalten Muss- oder Kannvorschriften im Zusammenhang mit der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts von Vermögens-werten, Verbindlichkeiten oder Eigenkapitalinstrumenten oder mit dessen Angabe im Abschluss. Bis zur Veröffentlichung von IFRS 13 wurde in den zugrunde liegenden Vorschriften jedoch nur ansatzweise erläutert, wie bei der Bestimmung des beizu-legenden Zeitwerts vorzugehen ist. Mitunter waren die Vorgaben zwischen den einzelnen Regelungen auch widersprüchlich. IFRS 13 bündelt und präzisiert daher die Regelungen zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts.

Des Weiteren wurde eine Verbesserung der Angaben zum beizule-genden Zeitwert angestrebt. Das IASB vertritt die Auffassung, dass sich die Adressaten durch die in IFRS 13 geforderten neuen

Bemessung des beizulegenden Zeitwerts

Ernst & Young IFRS 3.0 27

Von den Neuerungen dürften in erster Linie Unternehmen betroffen sein, die

Angaberegeln ein genaueres Bild über die zur Ermittlung des beizulegenden Zeit-werts verwendeten Bewertungsver fahren und -parameter verschaffen können. Diese Änderung bildete ein Kernstück der Maß-nahmen, die das IASB anlässlich der von den G20 infolge der Finanzkrise erhobenen Forderungen beschlossen hatte.

Darüber hinaus sollte mit der Veröffentlichung von IFRS 13 eine weitere Harmonisierung mit den US-GAAP erreicht werden, die vom FASB parallel überarbeitet wurden. Beide Boards haben sich miteinander abgestimmt, um sicherzustellen, dass der Begriff des beizulegenden Zeitwerts in den IFRS und in den US-GAAP gleich definiert ist und die Regelungen im Hinblick auf die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts und die Angabepflichten überein-stimmen. Im Hinblick auf die verpflichtende oder optionale Ver-wendung des beizulegenden Zeitwerts als Bewertungsmaßstab bleiben jedoch einige der Unterschiede zwischen den beiden Regelwerken bestehen.

Wie lauten die neuen Leitlinien?

Das in IFRS 13 dargelegte Rahmenkonzept für die Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts hat die folgenden Grundelemente:

►• Der beizulegende Zeitwert ist der Preis, den man in einer regulären Transaktion zwischen Marktteilnehmern am Bewer-tungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswerts erhalten oder für die Übertragung einer Verbindlichkeit zahlen würde und stellt somit einen Exit-Preis dar.

►• Diese Zielsetzung des Exit-Preises gilt unabhängig davon, ob das Unternehmen die Absicht und/oder die Fähigkeit hat, den Vermögenswert zum Bewertungsstichtag zu verkaufen oder die Verbindlichkeit zum Bewertungsstichtag zu übertragen.

►• Bei der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert wird unterstellt, dass der Verkauf des Vermögenswerts bzw. die Übertragung der Verbindlichkeit auf dem vorrangigen Markt (principal market) erfolgt. Als vorrangig gilt der Markt mit dem größten Volumen und dem höchsten Geschäftsniveau für den jeweiligen Vermögens-wert oder die jeweilige Schuld. Sofern ein vorrangiger Markt nicht verfügbar ist, wird vorausgesetzt, dass für die Bemessung des beizulegenden Zeitwerts der vorteilhafteste Markt (most advantageous market) herangezogen wird. Dies ist der Markt, der den nach Berücksichtigung von eventuellen Transaktions- und Transportkosten beim Verkauf des Vermögenswerts zu

erhaltenden Betrag maximieren oder den bei Übertragung der Schuld zu zahlenden Betrag minimieren würde.

►• Bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts hat das Management die Annahmen zugrunde zu legen, die andere Marktteilnehmer bei der Bestimmung des Preises für den Vermögenswert oder die Verbindlichkeit verwenden würden.

►►• Bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts eines nicht finanziellen Vermögenswerts hat das Management dessen höchste und beste Verwendung (highest and best use) durch die Marktteilnehmer zu unterstellen, die sich von der gegen-wärtigen Nutzung unterscheiden kann.

►►• Die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts einer Verbindlich-keit und der eigenen Eigenkapitalinstrumente eines Unter-nehmens ist aus Sicht eines Marktteilnehmers vorzunehmen, der ein identisches Finanzinstrument als Vermögenswert hält.

►• Der beizulegende Zeitwert einer Verbindlichkeit spiegelt das Nichterfüllungsrisiko wider, das unter anderem auch das eigene Kreditrisiko des Unternehmens umfasst.

►• Paketabschläge (blockage factors) dürfen bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts nicht berücksichtigt werden. Unter einem Paketabschlag versteht man eine Preisanpassung zur Abbildung des niedrigeren Preises, der sich ergeben würde, wenn ein Marktteilnehmer in einer oder einer geringen Anzahl von Transaktionen einen großen Bestand an Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten verkaufen würde.

►• Andere Auf- und Abschläge sind, mit Ausnahme der Paket-abschläge, zulässig, wenn andere Marktteilnehmer sie in Bezug auf den Vermögenswert oder die Verbindlichkeit bei einer Transaktion einpreisen würden. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn die Einbeziehung des Auf- oder Abschlags mit der von dem Standard, der die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert vorschreibt oder gestattet, vorgesehenen Bilanzie-rungseinheit vereinbar ist.

• ►Finanzinstrumente halten, • ► Immobilien, die als Finanzinvestition gehalten werden, zum beizulegenden

Zeitwert bewerten, • ►Sachanlagen oder immaterielle Vermögenswerte neu bewerten, • ► biologische Vermögenswerte oder landwirtschaftliche Erzeugnisse im

Bestand halten, • ► Fair-Value-Ermittlungen im Rahmen von Unternehmenserwerben

durchzuführen haben oder • ►Z eitwerte im Rahmen von Impairment-Tests zu ermitteln haben.

28 Ernst & Young IFRS 3.0

als auch von der Branche ab, in der das jeweilige Unternehmen tätig ist. Bei der Planung der erstmaligen Anwendung des neuen Stan-dards sollten die in den nachfolgenden Ausführungen dargestellten finanziellen und operativen Gesichtspunkte berücksichtigt werden.

1. Schritt: Informationserhebung

Unter Umständen müssen die derzeit bestehenden Prozesse und Systeme angepasst oder neue entwickelt werden, um die Infor-mationen erheben zu können, die für die Umsetzung des neuen Standards, die laufende Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts und die Erfüllung der neuen Angabepflichten benötigt werden. Die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts kann auch eine Unterstützung durch externe Berater erforderlich machen, etwa in Form von Bewertungsgutachten. Ferner kann es notwendig werden, dass das Management Informationen erheben muss, die es bisher nicht verwendet hat, z. B. Anpassungen bei der Bewer-tung von Ausfallrisiken oder Risikoaufschlägen.

Die Ausgestaltung des zur Gewinnung dieser Informationen zu verwendenden Prozesses kann in Abhängigkeit von den nach-folgend aufgeführten Aspekten zu variieren sein:

Bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts hat ein Unter-nehmen so weit wie möglich beobachtbare Bewertungsgrößen zu verwenden und nicht beobachtbare Parameter zu vermeiden. IFRS 13 beinhaltet eine dreistufige Hierarchie, welche die bei der Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts heranzuziehenden Input-größen in eine Rangfolge bringt. Zunächst sind die an einem akti-ven Markt notierten Preise für identische Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten zu verwenden (Inputs der Stufe 1), sofern ein solcher Preis verfügbar ist. Parameter der Stufe 1 stellen den besten Näherungswert für den beizulegenden Zeitwert dar. Ein aktiver Markt ist ein Markt, an dem Transaktionen mit dem Ver-mögenswert oder der Verbindlichkeit mit ausreichender Häufig-keit und hinreichendem Volumen stattfinden, sodass fortlaufend Preisinformationen zur Verfügung stehen. Die Hierarchie wird an späterer Stelle nochmals ausführlicher beschrieben.

Wie sollten sich Unternehmen auf den neuen Standard vorbereiten?Welche Auswirkungen die erstmalige Anwendung von IFRS 13 auf ein Unternehmen haben wird, hängt sowohl von der bisherigen Bewertungspraxis und den befolgten Rechnungslegungsgrundsätzen

Bemessung des beizulegenden Zeitwerts

Höchste undbeste Verwendung*

Bewertungspämisse*

Verkaufstransaktion

Marktteilnehmer

• Verwendung eines nicht finanziellen Vermögenswerts, die den Wert des Vermögenswerts maximieren würde (soweit körperlich möglich, rechtlich zulässig und finanzierbar)

• Dies kann sich von der gegenwärtigen Verwendung unterscheiden.

Ein nicht finanzieller Vermögenswert maximiert seinen Wert durch seine Verwendung entweder • in einer Gruppe von Vermögenswerten und Schulden (z. B. ein Geschäftsbetrieb) oder • auf einer Stand-alone-Basis.

Der Verkauf des Vermögenswerts bzw. die Übertragung der Verbindlichkeit erfolgt • entweder auf dem vorrangigen Markt (der Markt mit dem größten Volumen und dem höchsten Geschäftsniveau) oder

• auf dem vorteilhaftesten Markt, sofern ein vorrangiger Markt nicht verfügbar ist.

• unabhängig voneinander • sachkundig und ausreichend informiert über den Vemögenswert oder die Schuld und die Transaktion an sich

• hat die Möglichkeit und ist willens (d. h. ist nicht gezwungen), in eine Transaktion über den Vermögenswert oder die Schuld einzutreten

Abbildung 1 | Leitlinien zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts

* Nicht auf Finanzinstrumente anwendbar

Ernst & Young IFRS 3.0 29

►• Die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert findet regelmäßig (beispielsweise, wie für viele Finanzinstrumente vorgeschrieben, am Ende jeder Berichtsperiode) oder nur einmalig (zum Beispiel nur beim Eintreten bestimmter auslösender Ereignisse wie einer Wertminderung oder einer Einstufung als „zur Veräußerung gehalten“) statt.

►• Bei dem bewerteten Posten handelt es sich um einen finanziel-len Vermögenswert oder eine finanzielle Verbindlichkeit oder aber um einen nicht finanziellen Vermögenswert bzw. eine nicht finanzielle Verbindlichkeit.

• Der beizulegende Zeitwert wird lediglich im Rahmen der Angabe-pflichten angegeben (wenn ein Unternehmen beispielweise Immobilien, die es als Finanzinvestition hält, zu Anschaffungs-kosten bewertet) oder aber im Abschluss angesetzt.

• Der beizulegende Zeitwert wird anhand notierter Marktpreise, beobachtbarer Inputs (mit Ausnahme notierter Preise) oder nicht beobachtbarer Inputs ermittelt.

Da die Anforderungen an die Pflichtangaben unterschiedlich hoch sind, kann es unter Umständen kostensparender sein, die Infor-mationen manuell zusammenzutragen, statt Datenverarbeitungs-systeme mit einem höheren Automatisierungsgrad einzusetzen.

Abbildung 2 | Hierarchie zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3

Definition An einem aktiven Markt notierte Preise (unbereinigt) für identische Vermögenserte oder Verbindlich-keiten, zu denen das Unternehmen am Bewertungsstichtag Zugang hat

Inputs, bei denen es sich um Preise handelt, die nicht unter die in Stufe 1 erfassten notierten Preise fallen und die für den Vermögenswert oder die Verbindlichkeit direkt oder indirekt beobachtbar sind

Nicht beobachtbare Bewertungs-parameter für den Vermögenswert oder die Verbindlichkeit

Beispiele Notierte Preise für einen Eigen-kapitaltitel, der an der Londoner Börse gehandelt wird

In üblichen Notierungszeiträumen beobachtbare Zinssätze und Rendite-kurven, implizite Volatili täten und Kredit-Spreads

Die zur Bewertung eines Geschäfts-bereichs eines nicht börsennotierten Unternehmens oder Anteils ohne beherrschenden Einfluss an einem solchen Unternehmen verwendete Wachstumsrate für historische Cashflows

2. Schritt: wichtige Ermessensentscheidungen

In Abhängigkeit davon, inwieweit ein Unternehmen den beizule-genden Zeitwert in seinem Abschluss verwendet und sich seine bisherige Bewertungspraxis von der in IFRS 13 vorgeschriebenen Vorgehensweise unterscheidet, kann die erstmalige Anwendung dieses neuen Standards einen hohen Zeit- und Arbeitsaufwand, ein umfassendes Bewertungs-Know-how und in wesentlichem Umfang Ermessensentscheidungen vonseiten des Managements erfordern. Manche dieser Ermessensentscheidungen setzen eine gründliche Kenntnis der zu bewertenden Vermögenswerte, Verbindlichkeiten oder Eigenkapitalinstrumente voraus. Dies gilt beispielsweise hinsichtlich der Charakteristika des Bewertungs-gegenstands, der für ihn geltenden Beschränkungen und der Märkte, in denen er gewöhnlich gehandelt wird. Mitarbeiter des Rechnungswesens sollten derartige Entscheidungen nicht alleine treffen. Vielmehr empfiehlt es sich, Informationen von der Unter-nehmensleitung, von Bewertungsexperten und – falls angebracht – auch vom Rechtsberater des Unternehmens einzuholen. Das Management sollte bei ermessensabhängigen Sachverhalten eng in die Umsetzung des Standards und die Entscheidungsfindung eingebunden werden. Der Prüfungsausschuss sollte wichtige Ent-scheidungen auf einer fundierten Wissensbasis kritisch würdigen.

Bei der Umsetzung der neuen Leitlinien sind viele Einschätzungen zu treffen.

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►• Anpassungen der beobachtbaren Inputs für die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts insgesamt erheblich sind,

• sich zwei oder mehr nicht beobachtbare Inputs infolge von Änderungen einer anderen Bewertungsgröße ändern können, d. h. ob sich die verwendeten Inputs gegenseitig beeinflussen,

• nicht beobachtbare Inputs im konkreten Fall einen maßgeblichen Einfluss auf die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts haben, d. h. ob die Änderung eines nicht beobachtbaren Bewertungs-parameters zu einem wesentlich höheren oder niedrigeren beizulegenden Zeitwert führen würde.

3. Schritt: Beurteilung und Steuerung der Auswirkungen

Ein Verständnis darüber, wie sich die eigenen wesentlichen Finanz-kennzahlen bei der erstmaligen Anwendung des Standards ändern werden, ist von entscheidender Bedeutung. So kann sich beispiels-weise die Bilanzsumme oder auch das Periodenergebnis bzw. das sonstige Ergebnis (other comprehensive income; OCI) erhöhen oder verringern. Die erstmalige Anwendung von IFRS 13 könnte sich somit auf wesentliche finanzwirtschaftliche Kennziffern aus-wirken, die für folgende Zwecke Verwendung finden:

Zu den wesentlichen Einschätzungen, die unter Umständen getroffen werden müssen, gehört unter anderem, ob

• ein nicht finanzieller Vermögenswert gegenwärtig bestmöglich (highest and best use) genutzt wird,

• der Markt, auf dem das Unternehmen normalerweise Geschäfte abschließt, der vorrangige oder der vorteilhafteste Markt ist,

• ein bestimmtes Bewertungsverfahren unter den gegebenen Umständen angemessen ist oder ob auch weitere Verfahren infrage kommen,

►• ein Marktteilnehmer, der in seinem besten wirtschaftlichen Interesse handelt, bei der Preisfindung für einen Vermögens-wert einen Auf- oder Abschlag in Betracht ziehen würde,

• es in dem Markt zu einem wesentlichen Rückgang des Handelsvolumens oder der Handelsaktivität gekommen ist,

• Nachweise dafür vorliegen, dass eine Transaktion in einem bestimmten Markt nicht regulär vorkommt,

Bemessung des beizulegenden Zeitwerts

Ernst & Young IFRS 3.0 31

• interne und externe Kontrolle des Unternehmenserfolgs

• Eigendarstellung des Unternehmens gegenüber Analysten und Anteilseignern

• Erfüllung von Kreditauflagen

• Leistungsziele oder -kennzahlen für die Gewährung von anteilsbasierten Vergütungen

• Erfüllung regulatorischer Anforderungen (z. B. Verschuldungskennzahlen)

Daher sollten die Auswirkungen, die mit der erstmaligen Anwen-dung von IFRS 13 verbunden sind, sorgfältig abgeschätzt und auch vom Prüfungsausschuss und erforderlichenfalls von einem Vergütungsausschuss analysiert werden. Gegebenenfalls müssen die Ziele für die Gewährung von Bonuszahlungen oder die Aus-übungsbedingungen für anteilsbasierte Vergütungskomponenten neu festgelegt werden, sofern sich durch die Einführung von IFRS 13 wesentliche Leistungskennzahlen ändern. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der betriebswirtschaftlichen Gesamtbetrachtung.

Unabhängig davon, ob das Management bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts auf interne oder externe Ressourcen zurückgreift, sollte es sicherstellen, dass die für Bewertungen v erantwortlichen Mitarbeiter mit dem neuen Standard vertraut sind und sich einen Überblick über die durch IFRS 13 bedingten möglichen Verfahrensänderungen bei der Durchführung der Bewertungen verschafft haben. Letztlich liegt die Verantwortung für die im Abschluss des Unternehmens vorgenommenen Be - wertungen zum beizulegenden Zeitwert beim Management. Die Einbeziehung Dritter in den Bewertungsprozess kann hilfreich sein, ändert jedoch nichts an dieser Tatsache.

Wie geht es weiter?

Der neue Standard tritt für Geschäftsjahre in Kraft, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen, und ist prospektiv anzu-wenden. Um die Regelungen des IFRS 13 erfolgreich umsetzen zu können, müssen Unternehmen sowohl alle wichtigen Entschei-dungen als auch den Umsetzungsfortschritt an sich überwachen. Ernst & Young kann Sie dabei unterstützen, die Neuerungen umzusetzen.

Die erstmalige Anwendung von IFRS 13 könnte sich auf wesentliche finanzwirtschaftliche Kennziffern auswirken.

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Leistungen an Arbeitnehmer

Im Juni 2011 hat das IASB die Neuregelung der Bilan-zierung von Pensionen verabschiedet. Die Änderungen sind für Berichtsperioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen. Eine vorzeitige Anwen-dung ist zulässig. Nachfolgend stellen wir die wesentlichen Neuerungen im Überblick dar.

Die Bilanzierung von Pensionen: Wesentliche Änderungen

34 Ernst & Young IFRS 3.0

Überblick

Über- und Unterdeckungen von Pen-sionsplänen sind in der Bilanz zukünftig in voller Höhe anzusetzen; die nach den derzeitigen Regelungen bestehen-den Abgrenzungsmechanismen werden abgeschafft.

Versicherungsmathematische Gewinne und Verluste sind in der Periode ihres Entstehens im sonstigen Ergebnis zu erfassen.

Erträge aus dem Planvermögen werden künftig erfolgswirksam auf der Grundlage des Abzinsungssatzes erfasst, unabhängig von der tatsäch-lichen Verzinsung.

Aufstockungsbeträge bei Altersteil-zeitverhältnissen sind als andere lang-fristig fällige Leistungen und nicht mehr als Abfindungsverpflichtungen zu bilanzieren.

Abfindungsverpflichtungen sind eventuell zu einem späteren Zeit-punkt zu erfassen.

Der Standard sieht zahlreiche neue Anhangangaben vor.

Was hat sich geändert?

Das IASB hat zahlreiche Änderungen zum IAS 19 veröffentlicht. Diese reichen von grundlegenden Änderungen wie der Abschaf-fung des Korridoransatzes und des Konzepts der erwarteten Erträge aus Planvermögen bis hin zu einfachen Klarstellungen und Umformulierungen.

Welche Auswirkungen ergeben sich aus den Änderungen?Die Änderungen können sich auf das Ergebnis von Unternehmen auswirken, die leistungsorientierte Pensionspläne unterhalten. Für Unternehmen, die bislang den sogenannten Korridoransatz für die Erfassung der versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste angewandt haben, werden die Neuerungen mög-licher weise zu signifikanten Änderungen beim Wertansatz der ausgewiesenen Pensionsverpflichtungen sowie zu einer Erhöhung der diesbezüglichen Volatilität sowie der Eigenkapitalquote führen.

Unsere Sichtweise Die Änderungen zum IAS 19 sind ein weiterer wesentlicher Schritt hin zur erfolgsneutralen Erfassung von Gewinnen und Verlusten ohne spätere Umgliederung vom sonstigen Ergebnis in die Gewinn- und Verlustrechnung (recycling). Versicherungsmathematische Gewinne und Verluste werden somit dauerhaft erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis aus-gewiesen. Das Periodenergebnis und das Ergebnis je Aktie werden daher zukünftig ein unvollständigeres Bild der Geschäftstätigkeit des Unternehmens vermitteln als bisher.

Änderung der Darstellung der Verände­rungen der Pensions verpflichtungen

Der Korridoransatz wird abgeschafft. Zukünftig sind sämtliche Wertänderungen der leistungsorientierten Verpflichtung in voller Höhe in der Berichtsperiode bilanziell auszuweisen, in der sie anfallen.

Die Darstellung der Veränderung der Leistungsverpflichtung in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im sonstigen Ergebnis erfolgt folgendermaßen:

Leistungen an Arbeitnehmer

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• In der Gewinn- und Verlustrechnung werden der Dienstzeit-aufwand (service cost) sowie der Nettozinsaufwand oder -ertrag erfasst. Der Nettozinsaufwand bzw. -ertrag ergibt sich aus dem Saldo des Barwerts der leistungsorientierten Ver-pflichtungen und etwaigem Planvermögen am Periodenanfang multipliziert mit dem bei der Bewertung der Verpflichtung zugrunde gelegten Abzinsungssatz. Die derzeit zugrunde geleg-ten erwarteten Erträge aus Planvermögen werden insoweit ersetzt.

• Die Neubewertungseffekte werden im sonstigen Ergebnis erfasst. In diesem Posten werden alle anderen Änderungen des in der Bilanz angesetzten Betrags ausgewiesen. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um die nach der bisherigen Regelung als versicherungsmathematische Gewinne und Verluste eingestuf-ten Veränderungen und die Effekte der Beschränkung eines eventuellen Überschusses auf den erzielbaren Betrag.

Unternehmen haben somit künftig auch nicht mehr die Möglich-keit, alle Wertänderungen in voller Höhe ergebniswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen.

Zukünftig sind sämtliche Wertänderungen der leistungsorientierten Verpflichtung in voller Höhe in der Berichtsperiode zu erfassen, in der sie anfallen. Versicherungsmathematische Gewinne und Verluste werden im sonstigen Ergebnis erfasst.

Unsere Sichtweise ►Für das Planvermögen werden nun Erträge erfasst, die auf dem Abzinsungssatz der Pensionsverpflichtung basieren und daher von der tatsächlichen Zusammensetzung des Plan-vermögens unabhängig sind. In der Praxis wird das dazu führen, dass bei Plänen, die über Versicherungen finanziert werden, der Pensionsaufwand eher sinken wird. Bei Plänen mit einer ausgewogenen Asset Allocation z. B. in Aktien, Anleihen und andere Anlagen wird der Pensionsaufwand ten-denziell steigen.►Es besteht somit zukünftig keinerlei Verbindung mehr zwischen den vom Pensionsfonds gehaltenen Vermögens-werten und den im Periodenergebnis erfassten Erträgen aus dem Planvermögen. Der Unterschiedsbetrag zwischen den tat säch lichen Erträgen aus dem Planvermögen und den im Periodenergebnis erfassten Beträgen wird nie ergeb-niswirksam erfasst werden, sondern dauerhaft in Form einer ver siche rungs mathe matischen Differenz bestehen bleiben. Es empfiehlt sich, diesen Effekt und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg den Investoren angemessen zu erläutern.

36 Ernst & Young IFRS 3.0

Darüber hinaus wurden in dem neuen Standard zwei Indikatoren eingeführt, bei deren Vorliegen eine Klassifizierung als Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausscheidet: Leistungen werden (a) in Abhängigkeit von in der Zukunft noch zu erbringenden Arbeitsleistungen oder (b) im Rahmen der Regelungen eines Arbeitnehmerversorgungsplans gewährt. In diesen Fällen stellen zu entrichtende Zahlungen an die Arbeit-nehmer Entgelte für Arbeitsleistungen dar. Das IFRS IC ist zwischen-zeitlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die Zahlung von Auf sto-ckungs beträgen von einer Erbringung der Arbeitsleistungen in der Aktiv- bzw. Arbeitsphase abhängt und damit Aufstockungs-beträge keine Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeits-verhältnisses darstellen.

Unsere Sichtweise Mit einer Restrukturierung verbundene Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zeitgleich mit den anderen Restrukturierungskosten zu erfassen er-scheint intuitiv sinnvoll. Bei einer anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden die Kosten nun wahrschein-lich später erfasst.

Ausblick

Das IASB hat dieses Projekt stets als einen Zwischenschritt be-trachtet, auf den eine umfassende Überprüfung der Bilanzierung von Leistungen an Arbeitnehmer folgen sollte. Es bleibt derzeit abzuwarten, ob das Board als Folge der Agenda Consultation 2011 ein neues Projekt auf seine zukünftige Agenda nehmen wird.

Weitere Änderungen bei der Bilanzierung von Leistungen an ArbeitnehmerAus dem geänderten Standard ergeben sich darüber hinaus noch die folgenden wesentlichen Änderungen:

►• Ein nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand für noch verfall-bare Leistungen ist unmittelbar in der Periode zu erfassen, in der die Planänderung stattgefunden hat, statt ihn wie bisher über den Erdienungszeitraum abzugrenzen. Die Unterscheidung zwischen unverfallbaren und noch verfallbaren Leistungen ent-fällt somit.

►• Die Unterscheidung zwischen kurzfristig und langfristig fälligen Leistungen an Arbeitnehmer wird auf eine andere Grundlage gestellt. Künftig ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem ein Mitar-beiter die Leistung nach den Erwartungen des Unternehmens tatsächlich erhalten wird, und nicht der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer einen Anspruch geltend machen kann.

• Der Standard sieht zahlreiche neue Angaben zu Pensionsver-pflichtungen vor, beispielsweise zur durchschnittlichen Rest-laufzeit und Sensitivitätsanalysen hinsichtlich aller wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen.

Unsere Sichtweise Einige kurzfristige Zusagen an Arbeitnehmer werden nun als andere langfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer einzustufen sein.

Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Gemäß dem geänderten Standard sind Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Abfindungen), die nicht mit einer weiter gehenden Restrukturierung im Zusammenhang stehen, erst dann zu erfassen, wenn das Angebot rechtsverbind-lich wird und nicht zurückgezogen werden kann. Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die im Kontext mit einer weiter gehenden Restrukturierung stehen, sind zeitgleich mit den anderen Restrukturierungskosten zu erfassen.

Leistungen an Arbeitnehmer

Ernst & Young IFRS 3.0 37

Aufstockungsbeträge und Abfindungen im Rahmen von Altersteil­zeitprogrammen werden zukünftig tendenziell als andere langfristige Leistungen eingestuft und der Aufwand über die Laufzeit verteilt.

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Finanz-instrumente

Nach den Veröffentlichungen des IASB zur Phase 1 von IFRS 9 Financial Instruments: Ansatz und Bewertung in den Jahren 2009 und 2010 steht inzwischen Phase 3 zum Hedge Accounting kurz vor der Veröffentlichung eines Review Drafts. Phase 2 zum Thema Wertberichti-gung nimmt – nach dem Quasi-Neuanfang Mitte 2011 – ebenfalls Gestalt an. Neben den noch nicht finalen Phasen 2 und 3 werden derzeit mögliche Änderungen diskutiert, die zu marginalen Anpassungen der bisher verabschiedeten Regelung zu Phase 1 führen könnten.

Die Veröffentlichung dieser Anpassungen sowie die des Review Drafts für Phase 2 sind für das dritte Quartal 2012 geplant. Bereits 2011 wurden Klarstellungen und Ergänzungen von Angabepflichten zu dem Themenkom-plex Saldierung von Finanzinstrumenten verabschiedet, welche bereits ab 2013 anzuwenden sind.

Der Nebel lichtet sich

40 Ernst & Young IFRS 3.0

Überblick

Bei der Bilanzierung von Finanzinstru-menten ist der Stand (Ende März 2012) wie folgt:

Phase 1 zur Klassifizierung und Bewer-tung ist zwar verabschiedet, wird aber an einzelnen Stellen möglicherweise noch einmal angepasst bzw. ergänzt. Ziel der diskutierten Änderungen sind insbesondere die Abstimmung des Standards auf den parallel laufenden Entwurf des Standards zu Versiche-rungsverträgen und eine stärkere Konvergenz mit den Vorschlägen des ame rikanischen FASB.

Phase 2 hinsichtlich des Modells zur Wertberichtigung finanzieller Vermö-genswerte nimmt langsam, aber sicher Gestalt in Form des sog. three-bucket-approaches an. Ein neuer Entwurf ist im 2. Halbjahr 2012 zu erwarten.

Die Bilanzierung von Sicherungsbe-ziehungen (Phase 3) steht kurz vor Ver öffentlichung eines sogenannten Review Drafts, der für eine letzte Kommentierungsfrist von 90 Tagen offenstehen soll. Das neue allgemeine Modell zur Bilanzierung von Siche-rungsbeziehungen wird insbesondere für Industrieunternehmen erhebliche Erleichterungen bringen. Die von IASB und FASB angestrebte Annäherung der Regelungen zur Saldierung wird im Wesentlichen über zusätzliche Angaben im Anhang erreicht.

IFRS 9 sollte ursprünglich am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Dieser Termin wurde mittlerweile auf den 1. Januar 2015 verschoben. Da die beiden weiteren Phasen des IFRS 9 Wertmin-derungen (Phase 2) und Hedge Accounting (Phase 3) noch nicht fertiggestellt sind, behält sich das Board vor, die verpflich-tende Anwendung nochmals zu verschieben.1 Der neue Standard ist prinzipienbasierter und sieht im Vergleich zu IAS 39 verein-fachte Regelungen und Anwendungsleitlinien vor. Daher wird die Anwendung von IFRS 9 entsprechende Ermessensentscheidun-gen erfordern. Diese werden in der bereits in zweiter Auflage erschienenen Publikation Die Implementierung der Phase 1 von IFRS 9 2 näher erläutert.

Die Phasen 2 und 3 sind noch nicht abgeschlossen. Nach dem Projektplan des Boards wird für Phase 3 im zweiten Quartal 2012 mit der Veröffentlichung eines sogenannten Review Drafts gerech-net. Mit einer Verabschiedung der allgemeinen Regelungen zum Hedge Accounting wird noch im Jahr 2012 gerechnet. Hingegen erwarten wir bezogen auf Phase 2 frühestens im dritten Quartal 2012 einen erneuten Exposure Draft (ED).

Die Grundzüge eines möglichen Macro-Hedge-Accounting-Modells sind noch unklar. Das IASB strebt hierzu für das zweite Halbjahr 2012 ein Discussion Paper (DP) oder unter Umständen bereits einen Exposure Draft (ED) an.

2011 hat das IASB zudem Änderungen an IAS 32 und IFRS zur Klarstellung von Saldierungsregeln und zur Ergänzung von Angaben zur Saldierung herausgegeben. Die Anhangangaben zielen insbesondere auf eine bessere Vergleichbarkeit von IFRS-Abschlüssen mit US-GAAP-Abschlüssen.

Nachfolgend stellen wir die wesentlichen Änderungen im Ver-gleich zu IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung und den aktuellen Diskussionsstand kurz dar und gehen auf die Saldie-rungsregeln des IAS 32 und die neuen Anhangangaben hierzu ein.

PHASE 1: Klassifizierung und Bewertung von FinanzinstrumentenFinanzielle Vermögenswerte

Nach IFRS 9 richten sich Klassifizierung und Bewertung von finanziellen Vermögenswerten danach, ob es sich bei dem Ver mögenswert um ein Derivat, ein Schuldinstrument oder ein Eigenkapitalinstrument handelt. Sämtliche Derivate werden erfolgswirksam zum Fair Value bewertet, sofern sie nicht die Vor-aussetzungen für eine Bilanzierung als Sicherungsbeziehung

Finanzinstrumente

Ernst & Young IFRS 3.0 41

erfüllen. Schuldinstrumente werden zu fortgeführten Anschaf-fungskosten bewertet, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen. Andernfalls werden sie erfolgswirksam zum Fair Value bewertet. Auch wenn die Schuldinstrumente für eine Bilanzierung zu fort geführten Anschaffungskosten infrage kommen, ist eine erfolgswirksame Bewertung zum Fair Value möglich, indem das Unternehmen das Wahlrecht zur Bewertung mit dem Fair Value (Fair-Value-Option [FVO]) anwendet, um Ansatz- oder Bewertungs inkongruenzen zu vermeiden oder zu verringern.

Eigenkapitalinstrumente, die zu Handelszwecken gehalten wer-den, müssen erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden. Andere Eigenkapitalinstrumente können wahlweise erfolgswirk-sam oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden.

Für alle finanziellen Vermögenswerte, die nicht derivative Schuld-instrumente darstellen, sind zwei Tests durchzuführen, um zu bestimmen, ob sie nach ihrer erstmaligen Erfassung zu fortge-führten Anschaffungskosten zu bewerten sind:

►►• Der Vermögenswert wird im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Ziel darin besteht, durch das Halten dieser Vermögenswerte die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen („Überprüfung des Geschäftsmodells“).

►• Die vertraglichen Bedingungen des finanziellen Vermögenswerts führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Cashflows, die ausschließ-lich Zins- und Tilgungszahlungen auf den ausstehenden Kapital-betrag darstellen („Überprüfung der Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts“).

Überprüfung des Geschäftsmodells

IFRS 9 legt fest, dass ein Unternehmen über mehrere Geschäfts-modelle verfügen kann, um seine finanziellen Vermögenswerte zu verwalten. Das bedeutet, dass die Beurteilung des Geschäfts-modells nicht auf Ebene des berichtenden Unternehmens vor-genommen werden muss. Auch handelt es sich hierbei nicht um einen Klassifizierungsansatz auf Einzelvertragsebene.

Abbildung 1 | Synopse: Klassifizierung und Bewertung finanzieller Vermögenswerte

Schuldinstrument

Überprüfung des Geschäftsmodells Zu Handelszwecken gehalten?

Überprüfung der Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts

Wahlrecht zur erfolgsneutralen Bewertung zum Fair Value?

Wird die Fair­Value­Option ausgeübt?

Zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet

Erfolgswirksam zum Fair Value bewertet

Erfolgsneutral zum Fair Value bewertet

Derivat Eigenkapitalinstrument

Nein

Ja Nein

Ja Ja

Nein

Ja

Nein Nein

Ja

1 Die wichtigsten Änderungen hinsichtlich der Bilanzierung von Finanzinstrumenten, die mit der Verabschiedung der Phase 1 von IFRS 9 wirksam wurden, sind zusammen mit einer Einschätzung zu den möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen in der englischsprachigen Publikation Supplements to IFRS Outlook, Issue 60 und 89 (abrufbar unter www.ey.com/ifrs) dargestellt.

2 Ernst & Young-Publikation Implementierung der Phase 1 von IFRS 9 in deutscher Sprache unter www.de.ey.com/ifrs in der Rubrik „Publikationen“.

Die Klassifizierung und daraus abgeleitet die Folge­bewertung von nicht derivativen finanziellen Vermögens-werten ist anhand von zwei Tests vorzunehmen.

42 Ernst & Young IFRS 3.0

Finanzinstrumente

Die Beurteilung ist daher auf einer Zwischenebene vorzunehmen. Darüber hinaus muss sie auf der Basis der von Mitgliedern der Unternehmensleitung3 festgelegten Ziele des Geschäftsmodells erfolgen und nicht auf der Basis der Absichten des Managements in Bezug auf bestimmte finanzielle Vermögenswerte.

Der Standard regelt außerdem, dass die Zielsetzung des Geschäfts-modells auch dann noch im Halten von finanziellen Vermögens-werten zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows bestehen kann, wenn einige Instrumente aus einem Portfolio verkauft werden. Das Unternehmen muss also nicht alle finanziellen Vermögens-werte bis zur Endfälligkeit halten. Auch wenn der Standard Beispiele für Situationen anführt, in denen solche Verkäufe mit dem genann ten Ziel in Einklang stehen können oder auch nicht, sind bei der Beurteilung Ermessensentscheidungen erforderlich.

Überprüfung der Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts

Neben dem dargestellten „Geschäftsmodelltest“ muss das Unter-nehmen einschätzen, ob die vertraglichen Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts zu festgelegten Zeitpunkten zu Cashflows führen, die ausschließlich Zins- und Tilgungszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Zinsen sind dabei definiert als Entgelt für das Kreditrisiko und den Zeitwert des Geldes bezogen auf einen über einen bestimmten Zeitraum ausstehen-den Nominalbetrag. Im Gegensatz zum „Geschäftsmodelltest“ ist die „Überprüfung der Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts“ für das einzelne Instrument bzw. für Gruppen gleichartiger Instrumente durchzuführen.

Umgliederungen

Nur wenn ein Unternehmen sein Geschäftsmodell zum Halten finanzieller Vermögenswerte ändert, muss es alle betreffenden finanziellen Vermögenswerte entsprechend dem geänderten Geschäftsmodell umgliedern. Solche Änderungen treten erwar-tungsgemäß selten auf. In allen anderen Fällen ist eine Um - gliederung nicht zulässig. Die Anwendungsleitlinien beinhalten Beispiele, unter denen eine Umgliederung vorgeschrieben ist.

Eigenkapitalinstrumente

Alle finanziellen Vermögenswerte, die Eigenkapitalinstrumente innerhalb des Anwendungsbereichs von IFRS 9 darstellen, sind zum Fair Value entweder erfolgsneutral oder erfolgswirksam zu bewerten. Die Klassifikation von Instrumenten in Schuld- und Eigenkapitalinstrumente richtet sich nach der Klassifizierung des Emittenten (IAS 32). Das Unternehmen entscheidet sich bei jedem einzelnen Instrument unwiderruflich für eine der Optionen, es sei denn die Eigenkapitalinstrumente werden zu Handelszwe-cken gehalten. In diesem Fall ist die erfolgswirksame Bewertung zum Fair Value vorgeschrieben. Bei einer erfolgsneutralen Be wertung eines Eigenkapitalinstruments zum Fair Value werden die Dividenden stets im Periodenergebnis erfasst, es sei denn die Dividenden sind eindeutig als Rückzahlung eines Teils des Investments in das Eigenkapitalinstrument anzusehen. Im son s-tigen Ergebnis dargestellte Beträge (z. B. sonstige Änderungen des Fair Value und Gewinne oder Verluste aus dem Verkauf von Vermögenswerten) werden nicht in das Periodenergebnis umge-gliedert.

Finanzielle Verbindlichkeiten

Die in Bezug auf finanzielle Verbindlichkeiten an IFRS 9 vor-genommenen Änderungen sind auf die Bewertung von Ver-bindlichkeiten, bei denen die Fair-Value-Option ausgeübt wird, beschränkt. Alle anderen Vorschriften zum Ansatz und zur Bewertung von Verbindlichkeiten aus IAS 39, einschließlich der Kriterien für die Inanspruchnahme der Fair-Value-Option sowie der Regelungen zur Abspaltung von eingebetteten Derivaten bei finanziellen Verbindlichkeiten, wurden in IFRS 9 übernommen. Die Auswirkungen der Änderungen sind in Abbildung 2 zusam-mengefasst.

Die Entscheidung des IASB, die Vorschriften aus IAS 39 weitest-gehend zu übernehmen, bedeutet, dass die komplexen Vorschrif-ten zur Abspaltung eingebetteter Derivate zwar für finanzielle Verbindlichkeiten und alle nicht finanziellen Verträge beibehalten wurden, nach IFRS 9 jedoch keine Anwendung mehr auf finanzielle Vermögenswerte finden.

3 IAS 24 Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen und Personen definiert solche Personen in Schlüsselpositionen als „Personen, die für die Planung, Leitung und Überwachung der Tätigkeiten des Unternehmens direkt oder indirekt zuständig und verantwortlich sind“; dies schließt Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ein.

Ernst & Young IFRS 3.0 43

Änderungen in Bezug auf Verbindlichkeiten, bei denen die Fair-Value-Option ausgeübt wird Der Teil der Veränderung des Fair Value einer Verbindlichkeit, der auf Veränderungen des Kreditrisikos zurückzuführen ist, ist im sonstigen Ergebnis auszuweisen. Die übrige Veränderung des Fair Value ist im Periodenergebnis darzustellen, es sei denn die Dar-stellung der Fair-Value-Änderung aus dem mit der Verbindlichkeit verbundenen Kreditrisiko im sonstigen Ergebnis würde im Perioden-ergebnis zu einer Rechnungslegungsinkongruenz führen oder eine bestehende Rechnungslegungsinkongruenz erhöhen. Um dies zu bestimmen, muss das Unternehmen beurteilen, ob es davon ausgeht, dass die Auswirkungen der Veränderung des mit der Verbindlichkeit verbundenen Kreditrisikos im Periodenergebnis durch eine Veränderung des Fair Value eines anderen Finanzinst-ruments aufgehoben werden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Fair Value eines Vermögenswerts mit dem Fair Value einer dazugehörigen Verbindlichkeit verknüpft ist. Bei einer solchen Rechnungslegungsinkongruenz muss das Unternehmen sämtliche Veränderungen des Fair Value der Verbindlichkeit im Periodener-gebnis erfassen. In der Praxis dürfte dieser Fall jedoch nur selten eintreten. Die Einschätzung, ob es zu einer Rechnungslegungs-inkongruenz kommen wird, ist beim erstmaligen Ansatz der ein-zelnen Verbindlichkeiten vorzunehmen und muss in der Folge nicht erneut überprüft werden.

Bewertung des Kreditrisikos einer Verbindlichkeit

Im Zuge der Änderungen an IFRS 9 wurden die bestehenden Leitlinien aus IFRS 7 zur Bewertung von Veränderungen des Fair Value einer Verbindlichkeit infolge einer Veränderung des Kreditrisikos der Verbindlichkeit übernommen, dabei jedoch um eine Klarstellung ergänzt. Bei der in den Leitlinien vorgesehenen Standardmethode wird unterstellt, dass Änderungen des Fair Value, die nicht auf Änderungen von Marktrisikofaktoren, z. B. eines Benchmark-Zinssatzes, basieren, auf das mit der Verbind-lichkeit verbundene Kreditrisiko zurückzuführen sind. Das IASB hat klargestellt, dass dies sämtliche mit der Verbindlichkeit verbunde-nen Liquiditätsaufschläge einschließen würde. Andere Methoden sind ebenfalls zulässig, wenn dadurch eine bessere Darstellung der auf die Änderungen des Kreditrisikos zurückzuführenden Fair-Value-Änderungen der Verbindlichkeit erreicht wird.

Umgliederung ins Periodenergebnis

Gemäß den Änderungen durch IFRS 9 ist es nicht gestattet, Beträge, die zuvor im sonstigen Ergebnis erfasst wurden, in das Periodenergebnis umzugliedern, wenn die Verbindlichkeit aus-gebucht wird. Stattdessen sind diese Beträge zum Zeitpunkt der Ausbuchung der Verbindlichkeit in die Gewinnrücklage einzu-stellen. Dies ähnelt der Vorgehensweise bei Änderungen des Fair Value von Eigenkapitalinstrumenten, die als „erfolgsneutral zum Fair Value bewertet“ eingestuft sind.

Wird die Fair­Value­Option ausgeübt?

Wurde ein Teil der Fair­Value­Änderungen durch das Kreditrisiko verursacht?

Darstellung der auf das Kreditrisiko zurückzuführenden Fair­Value­Änderungen im sonstigen Ergebnis

Sonstige Fair­Value­Änderungen im Periodenergebnis

Gesamte Fair­Value­Änderungen im Periodenergebnis

Wird durch die Darstellung der auf das Kreditrisiko zurückzuführenden Fair­Value­Änderungen im sonstigen Ergebnis eine Rechnungslegungsinkongruenz entstehen?

Keine Änderungen, Regelung aus IAS 39 in IFRS 9 übernommen

Ja

Nein

Ja

Nein

Nein

Ja

Finanzielle Verbindlichkeiten: Es bleibt (fast) alles beim Alten. Die Bilanzierung des eigenen Kreditrisikos im Rahmen der Fair-Value-Option wird geändert.

Abbildung 2 | Entscheidungsbaum zur Bilanzierung finanzieller Verbindlichkeiten

44 Ernst & Young IFRS 3.0

Finanzinstrumente

Andere wesentliche Angaben

Unternehmen müssen folgende Angabevorschriften für finan-zielle Vermögenswerte, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden, beachten:

(1) Gewinne oder Verluste aus der Ausbuchung sind gesondert in der Gesamtergebnisrechnung auszuweisen.

(2) Es sind qualitative Angaben zu den Gründen für die Aus-buchung dieser Vermögenswerte zu machen.

Wesentliche Gewinne oder Verluste aus der Ausbuchung und/oder eine nicht überzeugende Beschreibung der Gründe für den Verkauf können darauf hindeuten, dass die vom Unternehmen vorgenommene ursprüngliche Beurteilung des Geschäftsmodells nicht mehr gültig ist. In diesem Fall muss das betreffende Unter-nehmen neu erworbene Vermögenswerte als erfolgswirksam zum Fair Value bewertet klassifizieren, während bestehende Vermö-genswerte weiterhin zu fortgeführten Anschaffungskosten ausge-wiesen werden.

Übergangsregelungen

Nach den Neuregelungen vom Dezember 2011 ist ein Unter-nehmen bei der erstmaligen Anwendung nicht verpflichtet, die Vorjahresvergleichszahlen hinsichtlich der neuen Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte und Schulden nach IFRS 9 anzu-passen. Eine freiwillige Anpassung ist jedoch erlaubt. Stattdessen werden zusätzliche Anhangangaben sowie eine Überleitungsrech-nung gefordert, um den Abschlussadressaten die Auswirkungen aus der Änderung der Klassifizierung finanzieller Vermögens-werte und Verbindlichkeiten beim Übergang von IAS 39 auf IFRS 9 transparent zu machen. Wir verweisen diesbezüglich auf unsere in englischer Sprache erschienene Veröffentlichung Applying IFRS – IFRS 9: new mandatory effective date and transition disclosures vom Januar 2012.4

Aktuelle Diskussionen

Aktuell (Board-Sitzungen vom Januar und Februar 2012) stellt das Board erste Überlegungen an, die zu einer punktuellen Über-arbeitung der Phase 1 des IFRS 9 führen könnten. Die angedach-ten Anpassungen sind zum einen einer weiteren Angleichung der Regelungen zwischen FASB und IASB, zum anderen der Erkennt-nis aus anderen derzeit laufenden Projekten (insbesondere Ver-sicherungen) und erkannten Umsetzungsproblemen geschuldet. Sie umfassen:

►• Ausstattungsmerkmale von finanziellen Vermögenswerten: Hier werden verschiedene Ausstattungsmerkmale erneut diskutiert, ob diese unter Umständen doch das Kriterium „aus-schließlich Zins- und Tilgungszahlungen auf den ausstehenden Nominalbetrag“ erfüllen könnten. Dies betrifft unter anderem Kündigungs- bzw. Verlängerungsoptionen sowie Instrumente mit sich ändernden vertraglichen Konditionen.

►• Eingebettete Derivate: Es soll untersucht werden, ob unter gewissen Umständen die Regelungen zur Trennung von einge-betteten Derivaten – so wie derzeit unter IAS 39 verpflichtend – nicht doch wieder eingeführt werden sollen.

►• Einführung einer weiteren Kategorie: Aus dem Projekt „Ver-sicherungen“ ergibt sich die Fragestellung, ob nicht die Ein-führung einer weiteren Kategorie zweckmäßig wäre, nach der es eine Option gäbe, Schuldinstrumente „erfolgsneutral zum Fair Value“ zu bewerten.

4 Erhältlich unter www.ey.com/ifrs.

Ernst & Young IFRS 3.0 45

PHASE 2: Wertminderungen auf zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanzierte finanzielle Vermögenswerte

Nach den Diskussionen im Herbst 2011 wurde auf den Board- Sitzungen im Dezember 2011, Januar und Februar 2012 der sogenannte Three-bucket-Ansatz weiter konkretisiert. Der Re-Exposure Draft ist für die zweite Jahreshälfte 2012 vorgesehen.

Die Phase 2 des IFRS 9 sieht einen konzeptionellen Wechsel be- züglich des Ansatzes von Wertberichtigungen auf finanzielle Ver-mögenswerte vor. Während der derzeit noch gültige IAS 39 auf einem incurred loss model basiert, soll die theoretische Grundlage des IFRS 9 nach dem expected loss model ausgerichtet sein.

Folgende vorläufige Entscheidungen wurden bislang getroffen:

• Alle finanziellen Vermögenswerte, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanziert werden, sind unabhängig von Ihrer Kreditqualität dem ersten Korb (bucket 1) zuzuordnen. Dies umfasst auch erworbene finanzielle Vermögenswerte mit Ausnahme solcher Posten, die einen expliziten Hinweis auf Verlusterwartungen haben.

• Aus der genannten Einschränkung – kein expliziter Hinweis auf einen erwarteten Verlust – folgt nahezu zwangsläufig die Behandlung von erworbenen, ausfallgefährdeten Forderungen (z. B. non-performing loans). Diese sind zwangsläufig dem zweiten bzw. dritten bucket zuzuordnen, eine Umklassifizierung in bucket 1 ist nicht zulässig. Diese Forderungen sind mit ihren Anschaffungskosten zu bilanzieren. Eine Wertberichtigung wird erst basierend auf der Entwicklung von Ausfallrisiken seit dem Erwerb gebildet.

• In bucket 1 ist eine Wertberichtigung in Höhe des erwarteten Verlusts über die nächsten zwölf Monate zu bilden (12-Monats-Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls [probability of default; PD], multi-pliziert mit der erwarteten Ausfallhöhe [loss given default; LGD]).

• In bucket 2 und bucket 3 erfolgt eine Wertberichtigung in der Gesamthöhe der erwarteten Verluste über die Restlaufzeit des Vermögenswerts. Die Unterscheidung zwischen den beiden Körben liegt in der betrachteten Einheit. Während in bucket 2 eine Wertberichtung über ein Portfolio gleichartiger Vermögens-werte (inkl. gleichartiger Risikomerkmale) erfasst wird, erfolgt die Ermittlung in bucket 3 auf Einzelbasis.

Paradigmenwechsel bei der Wertminderung finanzieller Vermögenswerte: vom incurred loss model zum expected loss model

Bucket 1 Bucket 2 Bucket 3

Definition Keine oder unwesentliche Verschlechterung der Kredit­qualität seit dem Erstansatz

Mehr als unwesentliche Verschlech­terung der Kreditqualität seit dem Erstansatz und es erscheint zumin-dest hinreichend möglich, dass die vertraglichen Zahlungsströme nicht voll einbringlich sind

Mehr als unwesentliche Verschlech­terung der Kreditqualität seit dem Erstansatz und es erscheint zumin-dest hinreichend möglich, dass die vertraglichen Zahlungsströme nicht voll einbringlich sind

Risiko vorsorge In den nächsten 12 Monaten erwartete Ausfälle

Über die gesamte Restlaufzeit erwartete Ausfälle

Über die gesamte Restlaufzeit erwartete Ausfälle

Betrachtungs-ebene

Portfolio­ oder Einzelebene Portfolioebene Einzelebene

Entspricht dem grundsätzlichen Verlauf der Verschlechterung der Kreditqualität

Abbildung 3 | Das neue Wertminderungsmodell des Three­bucket­Ansatzes von IASB und FASB

46 Ernst & Young IFRS 3.0

Finanzinstrumente

• Ein Wechsel von bucket 1 in bucket 2 bzw. 3 und damit die Erfassung der voraussichtlichen gesamten zukünftigen Verluste erfolgt, sobald die nachfolgend genannten Kriterien kumulativ erfüllt sind:

a) Es gab eine mehr als insignifikante Verschlechterung der Kreditqualität seit der erstmaligen Erfassung.

b) Die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls hat sich derart ver-ändert, dass es inzwischen sehr wahrscheinlich ist, dass die vertraglichen Zahlungsströme nicht mehr in voller Höhe eingehen werden.

Im Normalfall sollte die Entscheidung für einen Transfer auf der Basis der Ausfallwahrscheinlichkeit (probability of default)

getroffen werden. Daneben haben die Boards bereits auch generelle Indikatoren identifiziert, anhand derer finanzielle Vermögenswerte hinsichtlich der Ausfallwahrscheinlichkeit beurteilt werden sollten. Diese sind in Abbildung 4 dargestellt.

Der Ansatz zur Wertberichtigung ist dabei mit Ausnahme von mit Verlusterwartung erworbenen finanziellen Vermögenswerten symmetrisch ausgestaltet. Das bedeutet, dass bei einer Ver-besserung der Ausfallwahrscheinlichkeit – also Entfall einer der vorgenannten Bedingungen – ein Transfer von bucket 2 oder 3 in bucket 1 ebenso zwingend zu vollziehen ist. Mit Verlusterwartung erworbene finanzielle Vermögenswerte sollen aber nicht in bucket 1 klassifiziert werden können.

Allgemeine Indikatoren Spezifische Indikatoren

• Änderung der allgemeinen Wirtschaftslage

• Änderung des Branchenumfelds

• Änderung der Marktindikatoren für das Ausfallrisiko

• Änderung der Verzinsung bei Wiedervergabe/Neuemission

• Änderung des Managementstils

• Änderung der Unternehmensperformance

• Änderung der Aussichten für das Unternehmen

• Wertänderung bei den gestell­ten Sicherheiten

• Änderung der zur zusätzlichen Verbesserung der Bonität ein­gesetzten Instrumente

• Änderung der Kreditunterlagen

• Änderung des erwarteten Zahlungsverhaltens des Kreditnehmers

• Sonstiges

Kredite an Privatkunden

Wirtschaftliche Indikatoren

• Arbeitslosenquote

• Landesweites und lokales Wirtschafts­ und Geschäftsklima

• Wertrückgang bei Sicherheiten

Bonitätsprofil des jeweiligen Kreditnehmers

• Zahlungsausfälle

• Kredit­/FICO Score

• Daten zur Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers

• Insolvenzanträge

Kredite an Geschäftskunden

Wirtschaftliche Indikatoren

• Landesweites und lokales Wirtschafts­ und Geschäftsklima

• Branchentrends

• Wert der Sicherheiten

Bonitätsprofil des kreditnehmenden Unternehmens

• Ertragslage

• Qualität des Managements

• Operationelle Risiken

• Vermögensqualität

• Fremdfinanzierung und Liquidität

• Finanzielle Unterstützung durch die Muttergesell­schaft und/oder ein verbundenes Unternehmen

• Anhängige Rechtsstreitigkeiten

Schuldrechtliche Wertpapiere

• Marktwertinformationen

Abbildung 4 | Vorgeschlagene allgemeine und spezifische Indikatoren für Kredite und schuldrechtliche Wertpapiere

Ernst & Young IFRS 3.0 47

Das Zusammenfassen von finanziellen Vermögenswerten in Gruppen für Zwecke der Wertberichtigung ist zulässig, solange die enthaltenen Vermögenswerte gleichartige Risikomerkmale aufweisen und nicht bereits auf Einzelbasis wesentlich für das Unternehmen sind.

Für Handelsforderungen sieht das Board derzeit ein Wahlrecht vor, nachdem die Unternehmen entweder den Three-bucket-Ansatz in vollem Umfang umsetzen oder aber einen vereinfach -ten Ansatz wählen können. Nach dem vereinfachten Ansatz soll es für die Unternehmen keine Verpflichtung geben, die Ver-schlechte rung der Ausfallwahrscheinlichkeit nachzuverfolgen. Im Gegenzug müssten die Unternehmen den kompletten erwar-teten Verlust aus den Handelsforderungen als Wertberichtigung realisieren.

Sofern es nicht noch zu weiteren Verschiebungen im Zeitplan kommt, wird der Standard zur Phase 2 für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2015 beginnen, verpflichtend anzuwenden sein. Es ist auch zu erwarten, dass eine vorzeitige freiwillige Anwendung zulässig sein wird.

PHASE 3: Hedge Accounting

Annäherung des Hedge Accounting an die Risiko managementpraxis

Der neue Standard für das allgemeine Modell zum Hedge Accounting wird für die nach IFRS bilanzierenden Unternehmen wesentliche Erleichterungen bei der Bilanzierung von Sicherungs-beziehungen mit sich bringen.5 Ein Arbeitsentwurf des finalen Standards (Review Draft; RD) soll im zweiten Quartal 2012 für die Dauer von 90 Tagen auf der Website des IASB veröffentlicht werden. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die Gründe für das Projekt und erläutern die wesentlichen Unterschiede zwischen dem neuen Modell zur Bilanzierung von Sicherungs-beziehungen und den derzeit geltenden Regelungen des IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung.6

Warum ist ein neues Hedge-Accounting-Modell erforderlich?

Das derzeit geltende Konzept zum Hedge Accounting basiert auf komplexen Vorschriften, willkürlich festgelegten Schwellen-werten sowie komplizierten Anforderungen an die Durchführung

Risikomanagement versus bilanzielle Abbildung: Die Annäherung war ausgegebene Zielrichtung; wurde dies auch erreicht?

von Effektivitätstests. In manchen Fällen erfüllen wirtschaftliche Sicherungsbeziehungen nicht die Voraussetzungen zur An- wendung des Hedge Accounting, sodass ein Unternehmen unter Umständen eine erhebliche Ineffektivität erfassen muss. Dies kann auch dann nötig sein, wenn die Kriterien für Hedge Accounting erfüllt werden. Dies führt häufig zu Ergebnisschwan-kungen. Infolgedessen spiegelt der Abschluss die Risikomanage-mentmaßnahmen eines Unternehmens oftmals nicht angemessen wider. Der Nutzen für Abschlussersteller und -anwender ist ent-sprechend gering. Das IASB nahm dies als Ausgangspunkt für sein Projekt zur umfassenden Überarbeitung der Regelungen zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen. Die Zielsetzung dieses Projekts besteht darin, die Risikomanagementaktivitäten eines Unternehmens im Abschluss transparenter zu machen.

Die wichtigsten Änderungen des ModellsEffektivitätsmessung

Gemäß den derzeit geltenden Regelungen des IAS 39 muss ein Unternehmen den Nachweis erbringen, dass die Sicherungsbe-ziehung wirksam ist, um die Regelungen des Hedge Accounting darauf anwenden zu können. Dazu müssen gegebenenfalls auf-wendige quantitative Beurteilungen auf retrospektiver und pro-spektiver Basis unter Vorgabe fester Bandbreiten durchgeführt werden. Der neue Standard sieht hingegen eine vereinfachte Effektivitätsprüfung vor, die lediglich prospektiv vorzunehmen ist. Eine Sicherungsbeziehung gilt nur dann als wirksam, wenn sie alle nachfolgend genannten Kriterien erfüllt:

• Zwischen dem Grundgeschäft und dem Sicherungsinstrument muss ein ökonomischer Zusammenhang bestehen, sodass sich diese bei einer Veränderung des abgesicherten Risikos entgegen-gesetzt voneinander entwickeln (Kausalität und Korrelation).

• Die Auswirkungen von Veränderungen des Kreditrisikos sind ausreichend gering, sodass dieses die Wertänderungen des beizulegenden Zeitwerts des Grundgeschäfts oder des Siche-rungsinstruments nicht dominiert.

►• Das Absicherungsverhältnis zwischen dem Grundgeschäft und dem Sicherungsinstrument (hedge ratio) wird auf der Basis des Mengenverhältnisses von Grundgeschäft und Sicherungs-instrument bestimmt, welches das Unternehmen im Rahmen seines Risikomanagements tatsächlich verwendet.

5 Vgl. IFRS outlook IV. Quartal 2011, Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen — Zusammenfassung der erneuten Beratungen des IASB, S. 14 f.6 Ausführliche Informationen zum Standardentwurf (ED) finden Sie in unserer Publikation Hedge Accounting nach IFRS 9 – ein tieferer Blick auf die Vorschläge und die

damit verbundenen Herausforderungen, die Ihnen in deutscher Sprache unter www.de.ey.com/ifrs in der Rubrik „Publikationen“ zum Download zur Verfügung steht.

48 Ernst & Young IFRS 3.0

Finanzinstrumente

Dies gilt nicht, wenn diese Vorgehensweise zu einer gezielten Ineffektivität der Sicherungsbeziehung führen würde.

Ein 1:1-Verhältnis zwischen dem Grundgeschäft und dem Siche-rungsinstrument ist nicht erforderlich. Wenn aber die erwartete Sicherungsbeziehung nicht perfekt ist, muss das Unternehmen das Absicherungsverhältnis anpassen, um diesem Umstand Rech-nung zu tragen. Das Absicherungsverhältnis wäre dann nicht 1:1. Es sollte einen Ausgleich zwischen den Veränderungen des Grund-geschäfts und des Sicherungsinstruments herbeiführen, sprich: Es sollte keine Ineffektivität erwartet werden.

In Abhängigkeit von der Komplexität des verwendeten Siche-rungsinstruments und der Sicherungsbeziehung an sich wird der vorstehend beschriebene Effektivitätstest häufig qualitativer Natur sein. Die Vorschrift, wonach eine tatsächliche Ineffektivität erfolgswirksam zu bewerten und anzusetzen ist, bleibt jedoch bestehen.

Anpassung (rebalancing) und Beendigung einer Sicherungsbeziehung

Wie oben erläutert, besteht eines der Hauptziele der überarbeiteten Vorschläge des IASB darin, die Auswirkungen des unternehmens-spezifischen Risikomanagements auf das Periodenergebnis im Abschluss darzustellen. Würde ein Unternehmen seine Risiko-managementzielsetzung für eine bestimmte Sicherungsbeziehung ändern, z. B. durch Verkauf des Sicherungsinstruments oder durch Verwendung des Derivats in einer anderen Sicherungsbeziehung oder als Handelsderivat, müsste es das Hedge Accounting für diese Sicherungsbeziehung einstellen. Eine Änderung der Risikomanage-mentzielsetzung ist ein Umstand, der zur Beendigung der Bilan-zierung als Sicherungsbeziehung führt.

Ist die Zielsetzung des Risikomanagements hingegen unverän-dert, sind die Regelungen des Hedge Accounting weiter anzuwen-den. Das Board bestätigte, dass eine freiwillige Beendigung des Hedge Accounting nachträglich nicht zulässig ist. Ferner darf das

Absicherungsverhältnis nicht 1:1 sein, wenn ein Unternehmen zwar einen starken, aber nicht hundertprozentigen Wirkungszu-sammenhang zwischen dem Grundgeschäft und dem Sicherungs-instrument erwartet. Falls sich der Wirkungsgrad zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund einer längerfristigen Entwicklung und nicht infolge kurzfristiger Schwankungen ändert, müsste das Unternehmen das Absicherungsverhältnis anpassen, um diese Veränderung des ökonomischen Zusammenhangs im Abschluss abzubilden. Dieses rebalancing ermöglicht es dem Unternehmen, die Sicherungsbeziehung fortzusetzen, ohne dass diese formell beendet und neu designiert werden muss.

Risikokomponenten

Nach dem neuen Modell können auch Risikokomponenten nicht finanzieller Posten als Grundgeschäft in einer Sicherungsbezie-hung designiert werden. Wir gehen davon aus, dass Unternehmen außerhalb der Finanzdienstleistungsbranche, die Verträge über den Kauf oder Verkauf nicht finanzieller Posten abschließen, deren Preis in Abhängigkeit vom Preis für einen Rohstoff schwankt, am stärksten von dieser Regelung profitieren werden. Diese Preis-risikokomponente kann vertraglich festgelegt sein, z. B. im Falle eines Gasliefervertrags, der eine an einen Gaspreisindex gekop-pelte Preisgleitklausel enthält, oder auch nicht im Vertrag spezi-fiziert sein, beispielsweise die Rohölkomponente beim Kauf von Flugzeugtreibstoff.

Die Anwendung der Regelungen des Hedge Accounting wird künftig für einzelne Risikokomponenten nicht finanzieller Posten zulässig sein, sofern die abgesicherten Risikokomponen-ten separat identifizierbar und verlässlich bewertbar sind. Dazu müsste das Unternehmen im Kontext der jeweiligen Marktstruktur analysieren, wie sich der Preis für den gesamten Posten zusam-mensetzt und wie sich dies auf die identifizierte Risikokomponente auswirkt. Die Erstellung dieser Analyse dürfte die Mitwirkung verschiedener Abteilungen wie der Verkaufs- und der Beschaf-fungsabteilung, des Bereichs Finanzen und der Buchhaltung erforderlich machen.

Sicherungsinstrument

Erhöhung/Verringerungdes Volumens

GrundgeschäftErhöhung/Verringerung

des Volumens

Abbildung 5 | Rebalancing

Ernst & Young IFRS 3.0 49

Nettopositionen

Erwartete Cashflows werden häufig auf Nettobasis abgesichert. Ein gängiges Beispiel hierfür ist die Absicherung des Wechselkurs-risikos der auf eine Fremdwährung lautenden Nettokäufe und -verkäufe von Gütern und Dienstleistungen. Die Nettoposition wird ermittelt, indem die Mittelzuflüsse aus den Verkäufen und die Mittelabflüsse aus den Käufen zu einem bestimmten Zeitpunkt gegeneinander aufgerechnet werden. Die sich daraus ergebende Nettoposition wird dann unter Verwendung eines Fremdwährungs-derivats abgesichert.

Allerdings ist ein natural hedge aus bilanzieller Sicht nicht möglich, wenn die jeweiligen Cashflows innerhalb der Netto-position das Periodenergebnis in unterschiedlichen Berichts-perioden beeinflussen. Nach den ursprünglichen Vorschlägen des IASB wäre die Anwendung des Hedge Accounting in solchen Fällen nicht erlaubt gewesen. Um die gängigen Risiko manage-mentstrate gien stärker mit der vorgesehenen Bilanzierungsweise in Einklang zu bringen, hat das Board im Zuge der erneuten Beratungen zu dem Entwurf entschieden, dass sich nicht alle Grundgeschäfte, die eine Nettoposition bilden, zwangsläufig in derselben Berichtsperiode auf das Periodenergebnis auswirken müssen.

Nach der neuen Regelung wird es gestattet sein, dass die Cash-flows innerhalb einer Nettoposition das Periodenergebnis in unterschiedlichen Berichtsperioden beeinflussen. Das bedeutet, dass die Veränderung des beizulegenden Zeitwerts der Cash-

flows, die sich in einer früheren Berichtsperiode auf das Perioden-ergebnis auswirken, vorgetragen werden muss, um die Verände-rung des beizulegenden Zeitwerts der Cashflows, die erst in einer späteren Berichtsperiode eintreten, auszugleichen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Gewinne oder Verluste aus den frühe-ren Cashflows im sonstigen Ergebnis (other comprehensive income; OCI) abgegrenzt werden und in das Periodenergebnis umgegliedert werden, sobald die später eintretenden Cashflows das Periodenergebnis beeinflussen. Hierfür muss der im sonstigen Ergebnis erfasste Betrag für jeden einzelnen Posten innerhalb der Nettoposition verfolgt werden. Dies dürfte gerade bei Absiche-rung einer großen Anzahl von Transaktionen auf Nettobasis zu einem erheblichen Aufwand führen.

Um zu vermeiden, dass ein Unternehmen bei der Designation von Nettopositionen die Dokumentation auf der Basis aktueller Informationen anpasst, muss die Dokumentation der Sicherungs-beziehung zu Beginn Angaben zu Umfang und Art aller Posten innerhalb der Nettoposition sowie zu der Berichtsperiode, in der sich die einzelnen Posten voraussichtlich auf das Periodenergeb-nis auswirken werden, enthalten.

Des Weiteren müssten die Transaktionen, die zu der Nettoposition führen, einzeln zu dem zum Transaktionszeitpunkt geltenden Kassawechselkurs erfasst werden. Jegliche Auswirkungen des Hedge Accounting auf das Periodenergebnis müssten in einem gesonderten Posten im Periodenergebnis erfasst werden.

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ED/2010/13

IAS 39

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Benchmark,z. B. Rohstoff­

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Benchmark,z. B. Rohstoff­

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Abbildung 6 | Übereinstimmung des Risikomanagements mit der Designation im Hedge Accounting

50 Ernst & Young IFRS 3.0

Finanzinstrumente

Own-use-Verträge

Als Ausnahme von IAS 39 wird ein Vertrag über den Kauf oder Verkauf eines nicht finanziellen Postens, der durch einen Aus-gleich in bar oder in anderen Finanzinstrumenten oder den Tausch von Finanzinstrumenten erfüllt werden kann, als schwe-bender Vertrag bilanziert, wenn er gemäß dem erwarteten Einkaufs-, Verkaufs- oder Nutzungsbedarf des Unternehmens geschlossen wurde und in diesem Sinne weiter behalten wird (own use exemption).

Das IASB hat beschlossen, die Behandlung von Own-use-Verträgen zu ändern und entschieden, die Fair-Value-Option in IFRS 9 auch auf solche Own-use-Verträge auszudehnen, bei denen eine Ansatz- oder Bewertungsinkongruenz eliminiert oder wesentlich reduziert wird. Das bedeutet, dass die Bewertung von Own-use-Verträgen zum beizulegenden Zeitwert nicht verpflichtend, sondern ein Wahlrecht (unter bestimmten Bedingungen) wäre.

Was bedeuten die überarbeiteten Vorschläge für Ihr Unternehmen?

Insgesamt wird Hedge Accounting unter den vorgesehenen neuen Regelungen häufiger und auch leichter anwendbar sein.

• In der Praxis ist es hilfreich, dass die Effektivitätsvoraussetzungen aus dem Risikomanagement abgeleitet werden und die retro-spektive Effektivitätsmessung zur Überprüfung der Zulässigkeit einer Sicherungsbeziehung nicht mehr erforderlich ist.

• Insbesondere im Nicht-Banken-Bereich erweitert die Möglichkeit zur Designation von Risikokomponenten bei nicht finanziellen Posten den praktischen Anwendungsbereich von Hedge Accoun-ting. Commodity–Sicherungen sind in vielen rohstoffnahen Industrien und Dienstleistungen sinnvoll und hilfreich, z. B. in öl- und energielastigen Unternehmen, der Agrarindustrie, der Metall industrie, der Chemiebranche und bei Logistikunternehmen.

Ernst & Young IFRS 3.0 51

• Daneben erlauben es die neuen Regelungen teilweise auch außerhalb designierter Sicherungsbeziehungen, die Ergebnis-volatilität zu vermindern oder zu vermeiden, wie z. B. die vorgesehene ergebnisglättende Behandlung des Zeitwerts von Optionen oder nicht designierten forward points.

Saldierung von Finanzinstrumenten

Am 16. Dezember 2011 hat das IASB nach Abstimmungen mit dem FASB Änderungen an IAS 32 Finanzinstrumente: Darstellung und IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben veröffentlicht. Nach-folgend geben wir einen kurzen Überblick über die geänderten Vorschriften.

Die Gründe für die Veröffentlichung der Änderungen

Die Unterschiede in den Kriterien zur Saldierung finanzieller Ver-mögenswerte und finanzieller Verbindlichkeiten in der Bilanz ver-ursachen den betragsmäßig größten Unterschied in den Bilanzen der nach IFRS bzw. US-GAAP bilanzierenden Unternehmen. Dies trifft insbesondere auf Unternehmen der Finanzdienstleistungs-branche und Industrieunternehmen zu, die große Bestände an Finanzinstrumenten und Derivaten halten. Die erheblichen Abwei-chungen kommen dadurch zustande, dass die Möglichkeiten zur Saldierung von Finanzinstrumenten nach den derzeit geltenden IFRS-Regelungen stärker eingeschränkt sind als nach den ent-sprechenden US-GAAP-Vorschriften. Dies gilt insbesondere für Derivate, die im Rahmen eines Globalverrechnungsvertrags (master netting agreement) mit derselben Vertragspartei abge-schlossen werden. Derartige Verträge schaffen üblicherweise ein Recht zur Aufrechnung, das nur dann durchsetzbar ist, wenn ein bestimmter Zahlungsausfall eintritt oder andere Umstände vor-liegen, mit denen im gewöhnlichen Geschäftsverlauf nicht zu rech-nen ist. Oftmals besteht auch keine Absicht, den Ausgleich auf Nettobasis herbeizuführen, sodass die Saldierungskriterien des IAS 32 nicht erfüllt sind.

Bedenken hinsichtlich der starken Abweichungen zwischen den beiden Rechnungslegungswerken waren sowohl von den Ab- schluss adressaten als auch vonseiten des Finanzstabilitätsboards (Financial Stability Board; FSB) geäußert worden. Das IASB hat

nun nach Abstimmungen mit dem FASB entschieden, die derzeit geltenden Saldierungskriterien in IAS 32 beizubehalten. Darüber hinaus hat es entschieden, eine Klarstellung in die Anwendungs-leitlinien zu IAS 32 aufzunehmen, um die uneinheitliche Aus-legung dieser Kriterien in der Praxis einzudämmen.

Wesentliche Änderungen 7

Klarstellung

Die Änderungen an IAS 32 betreffen die Anwendungsleitlinien zur Saldierung von finanziellen Vermögenswerten und finanziellen Verbindlichkeiten in der Bilanz. Ziel ist die Vereinheitlichung der Anwendung der derzeitigen Saldierungskriterien in der Praxis. Die Änderungen beinhalten eine Klarstellung, wann „zum gegen-wärtigen Zeitpunkt ein Rechtsanspruch auf Verrechnung“ nach IFRS gegeben ist. Ferner wird die Anwendung der Saldierungskri-terien des IAS 32 im Zusammenhang mit Abwicklungssystemen wie z. B. zentralen Clearingstellen, die einen Bruttoausgleich vor-nehmen, bei dem die einzelnen Geschäftsvorfälle jedoch nicht gleichzeitig eintreten, präzisiert. Die Änderungen an IAS 32 treten erstmals für Berichtsjahre in Kraft, die am oder nach dem 1. Januar 2014 beginnen. Die Änderungen sind rückwirkend anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Entscheidet sich ein Unter-nehmen für eine vorzeitige Anwendung, so hat es diese Tatsache jedoch im Anhang anzugeben und darüber hinaus die durch die Änderungen an IFRS 7 zusätzlich geforderten Angaben zu machen.

Bei den meisten Unternehmen werden diese Klarstellungen keine Auswirkungen auf den bisherigen Saldierungsumfang haben. Aller-dings sollten die bestehenden Verrechnungsverfahren und die rechtliche Dokumentation überprüft werden, um sicherzustellen, dass eine Verrechnung auch weiterhin vorgenommen werden kann. In bestimmten Fällen könnte eine Saldierung zukünftig nicht mehr gestattet sein, beispielweise wenn das nationale Insolvenz-recht die Möglichkeit zur Aufrechnung außer Kraft setzt. In anderen Fällen könnte es erforderlich sein, die bestehenden Verträge neu auszuhandeln. Die Anforderung, dass das Recht zur Aufrechnung allen Vertragsparteien zustehen muss, kann Probleme bereiten, wenn beim Eintritt eines Zahlungsausfalls nur eine der Vertrags-parteien das Recht zur Aufrechnung hat.

7 Ausführliche Informationen zu den vorgenommenen Änderungen finden Sie in unserer Publikation IFRS outlook I. Quartal 2012, Saldierung von Finanzinstrumenten, S. 5 ff., die Ihnen in deutscher Sprache unter www.de.ey.com/ifrs in der Rubrik „Publikationen“ zum Download zur Verfügung steht.

Eine Annäherung an die US-GAAP im Bilanzausweis erfolgt nur in wenigen Fällen. Im Wesentlichen handelt es sich um Klarstellungen und zusätzliche Angaben im Anhang.

52 Ernst & Young IFRS 3.0

Finanzinstrumente

Clearinghouse-Lösungen, die das Kriterium des „gleich zeitigen Ausgleichs“ in IAS 32 nicht erfüllen

Die Saldierungskriterien des IAS 32 setzen voraus, dass das berichtende Unternehmen die Absicht hat, den Ausgleich auf Nettobasis herbeizuführen oder gleichzeitig mit der Verwertung des betreffenden Vermögenswerts die dazugehörige Verbindlich-keit glattzustellen. Nach den Regelungen in IAS 32 kann bei der Abwicklung über eine zentrale Clearingstelle davon ausgegangen werden, dass das Kriterium des gleichzeitigen Ausgleichs erfüllt ist. „In allen anderen Fällen“ müssen die Verwertung des finanziel-len Vermögenswerts und die Ablösung der finanziellen Verbind-lichkeit zum selben Zeitpunkt erfolgen, damit die Saldierungs-kriterien erfüllt sind.

Um eine einheitlichere Auslegung dieses Kriteriums in der Praxis zu erreichen, stellen die Änderungen nunmehr klar, dass nur solche Clearinghouse-Lösungen in ihrer Wirkung einem Nettoaus-gleich entsprechen und somit das Kriterium des Nettoausgleichs erfüllen, die das Ausfall- und Liquiditätsrisiko entweder ganz aus-schalten oder lediglich ein geringes Ausfall- und Liquiditätsrisiko zulassen und bei denen Forderungen und Verbindlichkeiten in einem einzigen Abwicklungsprozess oder als Teil einer einzigen Abwicklungseinheit glattgestellt werden.

Die Änderungen beinhalten ein Beispiel für eine Clearinghouse-Lösung, die Merkmale aufweist, die das Kriterium für einen Netto-ausgleich in IAS 32 erfüllen. Im Wesentlichen muss ein solches System so gestaltet sein, dass die finanziellen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die verrechnet werden sollen, zum gleichen Zeitpunkt zur Abwicklung freigegeben werden. Hierbei muss sicher-gestellt sein, dass die Anweisungen zur Freigabe der Abwicklung nicht widerrufen werden können und dass die zu verrechnenden Transaktionen entweder beide abgewickelt werden oder beide nicht abgewickelt werden. In letzterem Fall werden beide Trans-aktionen so lange erneut zur Abwicklung freigegeben, bis eine Erfüllung stattgefunden hat.

Behandlung von erhaltenen oder gestellten Sicherheiten in Bezug auf bilanzierte finanzielle Vermögenswerte und finanzielle Verbindlichkeiten

Viele zentrale Clearingstellen verlangen Barsicherheiten in Form einer täglichen Ausgleichszahlung (variation margin), um Markt-wertschwankungen der außerbörslich (over the counter; OTC) gehandelten und börsengehandelten Derivate abzusichern. Derzeit können Unternehmen gelegentlich die Marktwerte der Derivate mit den gestellten Barsicherheiten unter Zugrundelegung der Annahme verrechnen, dass sämtliche Zahlungen in Bezug auf die Derivate auf Nettobasis und unter Anrechnung der bereits gestell-ten Barsicherheiten erfolgen. Tatsächlich werden solche Sicher-heiten als Vorauszahlung auf die Erfüllung der im Zusammenhang mit den Derivaten anfallenden Cashflows dargestellt.

Im Einklang mit der bestehenden Praxis dürfen Sicherheiten in bestimmten Fällen weiterhin mit bilanzierten finanziellen Ver-mögenswerten oder finanziellen Verbindlichkeiten verrechnet werden, sofern die Saldierungskriterien in IAS 32 erfüllt sind. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Ausgleichszahlung aus Derivaten zur Erfüllung von Cashflows verwendet wird.

Ernst & Young IFRS 3.0 53

Anhangangaben

Die neuen Angabevorschriften in IFRS 7 betreffen den betrags-mäßig größten Unterschied in den Bilanzen der nach IFRS bzw. US-GAAP bilanzierenden Unternehmen. Dies gilt insbesondere für Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche und Unterneh-men, deren Derivate mit bestimmten Sicherheiten (z. B. variation margins) unterlegt sind. Durch die neuen Angabepflichten, die den neuen US-GAAP-Vorschriften ähneln, sollen die Abschluss-adressaten nützliche Informationen (a) zur Beurteilung der Aus wirkungen oder potenziellen Auswirkungen von Verrechnungs-verträgen auf die Finanzlage eines Unternehmens und (b) zur Analyse und zum Vergleich von Abschlüssen, die nach IFRS und nach US-GAAP erstellt wurden, erhalten. Die Änderungen an IFRS 7 treten erstmals für Berichtsjahre in Kraft, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen. Sie gelten des Weiteren auch für Zwischenberichtsperioden, die innerhalb dieser Berichts-jahre liegen. Die Änderungen sind rückwirkend anzuwenden.

Um die für die neuen Angaben erforderlichen Daten generieren zu können, werden die Unternehmen eventuell ihre Management-informationssysteme und die dazugehörigen internen Kontrollen

anpassen und unter Umständen ihr Kreditwesen mit den Rech-nungslegungssystemen verknüpfen müssen. Die Daten, die benötigt werden, um die Beträge anzugeben, die Globalverrech-nungsverträgen unterliegen (einschließlich Sicherheiten in Form von Finanzinstrumenten), könnten beispielsweise noch nie erfasst worden sein. Diese Aufgabe könnte z. B. für manche Finanzinstitute eine große Hürde sein. Die Möglichkeit zur Darstel-lung nach Art der Gegenpartei könnte zusätzlichen Aufwand bereiten, auch wenn sie nützlichere Informationen zur Verfügung stellen würde.

Unsere Sichtweise Da die Änderungen 2013 in Kraft treten sollen und diese An-gabevorschriften rückwirkend anzuwenden sind, empfehlen wir den Unternehmen und insbesondere Banken, sich so bald wie möglich mit den Auswirkungen auf ihre Informations-systeme und ihr internes Kontrollsystem zu befassen.

54 Ernst & Young IFRS 3.0

Ernst & Young IFRS 3.0 55

Leasing- verhältnisse

Die Boards sind weiterhin mit der Überarbeitung ihrer im Exposure Draft (ED) Leases gemachten Vorschläge zur künftigen Bilanzierung von Leasingverhältnissen beschäftigt. Zugleich beginnen viele Unternehmen, sich auf die zu erwartenden Änderungen vorzubereiten.

Die Vorschläge zur künftigen Bilanzierung von Leasingverhältnissen: der Stand der Dinge

56 Ernst & Young IFRS 3.0

Überblick

Bei der Bilanzierung durch den Leasingnehmer ist der aktuelle Stand (April 2012) wie folgt:

IASB und FASB reagieren auf die Kritik, dass ihr ursprünglicher ED zur Bilanzierung von Leasingverhältnissen zu komplex und dessen Umsetzung zu teuer sei.

Daher haben die Boards verschiedene Vereinfachungen vorgeschlagen.

Die Grundregel des ursprünglichen ED − die Pflicht zur bilanziellen Erfas-sung aller Leasingverhältnisse − gilt danach weiterhin für Leasingverhält-nisse, deren längstmögliche Laufzeit 12 Monate übersteigt.

Die überarbeiteten Vorschläge sehen weiterhin die Erfordernis wesent -lichen Schätzungen und Ermessens-entscheidungen sowie deren regel -mäßige Überprüfung vor.

Zwar wurden einige Vorschläge zur künftigen Bilanzierung vereinfacht, einige Vorschläge wurden jedoch komplexer gestaltet.

Die Bilanzierung von Leasingverhält-nissen wird sich grundlegend ändern und kann zu wesentlichen Auswirkungen auf den Abschluss, den Geschäfts-betrieb, die Prozesse und das Kontroll-system eines Unternehmens führen.

Die Boards werden voraussichtlich im dritten Quartal 2012 einen über-arbeiteten ED zur Stellungnahme veröffentlichen.

Was ändert sich gegenüber dem Exposure Draft vom August 2010?In zahlreichen Stellungnahmen zum ED vom August 2010 wurde kritisiert, dass das vorgeschlagene Konzept zu kompliziert und in der Umsetzung zu kostspielig sei sowie teilweise dem wirtschaft-lichen Gehalt der zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle nicht gerecht werde. Daraufhin haben die Boards einige der im ED ent-haltenen Vorschläge zur Bilanzierung von Leasingverhältnissen durch den Leasingnehmer wesentlich geändert:

• Bei Leasingverhältnissen werden nunmehr grundsätzlich kürzere Laufzeiten zugrunde gelegt: Optionale Verlängerungszeiträume sind nur dann mit einzubeziehen, wenn ein wesentlicher wirt-schaftlicher Anreiz zur Verlängerung besteht.

• Bedingte Mietzahlungen, die nutzungs- oder leistungsbasiert sind (z. B. umsatzabhängige Mieten), gehen nicht in die Leasing-zahlungen mit ein. Mögliche Zahlungen in Verbindung mit einer Kaufoption sind nur dann zu berücksichtigen, wenn ein wesent-licher wirtschaftlicher Anreiz für die Optionsausübung besteht (d. h. wenn die Option als günstig anzusehen ist).

• Bestimmte Kosten, die nach den ursprünglichen Vorschlägen als Teil der Leasingzahlungen behandelt werden sollten, sind nunmehr vom Leasingverhältnis zu trennen. Dadurch würden sich die Bilanzansätze für Nutzungsrechte und Verbindlichkeiten aus Leasingverhältnissen reduzieren.

• Leasingnehmer hätten nun die Möglichkeit, die aktuellen Bilan-zierungsvorschriften für Operating-Leasing-Verhältnisse auch auf sämtliche kurzfristigen Leasingverhältnisse (d. h. solche mit einer maximalen Laufzeit von nicht mehr als 12 Monaten) anzuwenden.

• Vereinbarungen, die eine günstige Kaufoption oder einen Eigen-tumsübergang nach Ablauf der Grundmietzeit vorsehen, wären nun als Leasingverhältnisse und nicht mehr als Käufe anzusehen.

Die jüngsten Diskussionen vom Februar 2012In ihren Sitzungen im Februar berieten die Boards über mögliche Änderungen ihrer vorläufigen Entscheidungen im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts zur Bilanzierung von Leasingverhältnissen.

Leasingverhältnisse

Ernst & Young IFRS 3.0 57

Dabei haben sie noch keine abschließenden Entscheidungen getroffen. Sie beschlossen vielmehr, vor einer Änderung der bisher getroffenen Entscheidungen und vor der Veröffentlichung eines zweiten ED weitere Stellungnahmen einzuholen und zusätz-liche Recherchen durchzuführen.

Durch die Entscheidung der Boards, mit der Veröffentlichung eines neuen Standardentwurfs zu warten und die infrage kom-menden Änderungen zuvor noch eingehender zu prüfen, dürfte sich die bisherige Zeitplanung für das Projekt nicht mehr einhalten lassen. Ein überarbeiteter ED ist nach unserer Einschätzung nicht vor dem dritten Quartal 2012 zu erwarten. Ursprünglich sollte der neue Standardentwurf im zweiten Quartal 2012 zur Kommen-tierung veröffentlicht werden.

In Erwägung gezogene wesentliche Änderungen

Die Boards hatten vorläufig entschieden, dass Leasingnehmer zu Beginn der Laufzeit des Leasingverhältnisses eine Verbindlichkeit für die Verpflichtung zur Entrichtung von Leasingzahlungen und ein entsprechendes Nutzungsrecht am Leasinggegenstand erfas-sen müssen. Anschließend würde der Zinsaufwand nach der Effektivzinsmethode erfasst und das Nutzungsrecht am Leasing-gegenstand gesondert (in der Regel linear) abgeschrieben. Dies würde, im Vergleich zu Operating-Leasing-Verträgen nach heutiger Rechnungslegung, zu einer beschleunigten (d. h. degressiven) Aufwandserfassung führen.

Eine weitere vorläufige Entscheidung der Boards sah vor, dass Leasinggeber das Forderungs-und-Restwert-Modell (receivable and residual approach) nicht auf die Bilanzierung von als Finan-zinvestitionen gehaltenen Immo bilien anzuwenden hätten. Nach dem Forderungs-und-Restwert-Modell hätten Leasinggeber zu Beginn der Laufzeit des Leasingverhältnisses eine Forderung (gegen den Leasingnehmer) zu erfassen, den Buchwert des Leasinggegenstands auf das dem Leasing nehmer gewährte Nut-

zungsrecht und den Restvermögenswert zu verteilen und ent-sprechend einen Gewinn bzw. Verlust auszuweisen. Die Auswir-kungen dieser vorläufigen Entscheidungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung sind Gegenstand anhaltender Kritik gewesen.

Bilanzierung beim Leasingnehmer

An der vorgeschlagenen Bilanzierung beim Leasingnehmer wurde insbesondere kritisiert, dass die beschleunigte Aufwandserfas - sung nicht den wirtschaftlichen Gehalt aller Leasingverhältnisse abbilden würde. Die Boards haben daher begonnen, alternative Abschreibungsverfahren für das Nutzungsrecht am Leasinggegen-stand zu prüfen, die bei bestimmten Leasingverhältnissen zu einer weniger starken Verlagerung der Aufwandserfassung an den Beginn des Leasingvertrags führen würden. Gleichwohl halten die Boards bislang an ihren bisher getroffenen Entscheidungen zur Leasingnehmerbilanzierung bzgl. der Erfassung des Nutzungs-rechts am Leasinggegenstand sowie der Erfassung und der Folgebewertung (nach der Effektivzinsmethode) der Leasing-verbindlichkeit in der Bilanz fest.

Die Boards beraten über die Einführung einer neuen Abschrei-bungsmethode für das Nutzungsrecht, die sich von allen derzeit angewandten Verfahren unterscheidet. Diese neue Methode würde in der Regel nicht zu einer linearen Erfassung des Leasing-aufwands führen; die Aufwandsverteilung würde vielmehr in Abhängigkeit von bestimmten Faktoren variieren.

Als erstes von zwei vorgeschlagenen Modellen wurde ein Ansatz untersucht, bei dem der Leasingnehmer Leasingverträge in ver-schiedene Leasingarten zu klassifizieren hätte, ähnlich der Klassi-fizierung von Leasingverträgen in Operating-Leasing-Verhältnisse und Finanzierungsleasingverhältnisse nach heutigen Standards. Der Abschreibungsaufwand für bestimmte Leasingverhältnisse (die am ehesten dem heutigen Operating Leasing entsprechen) würde nach einer Methode ermittelt werden, die den Abschreibungs-

58 Ernst & Young IFRS 3.0

Leasingverhältnisse

aufwand grundsätzlich stärker an das Ende der Leasingvertrags-laufzeit verlagern und so für eine gleichmäßigere Verteilung des gesamten Leasingaufwands über die Laufzeit des Leasingver häl-tnisses sorgen würde. Bei anders ausgestalteten Leasing ver-hältnissen (die am ehesten dem heutigen Finanzierungsleasing gleichzusetzen wären) wäre der Abschreibungsaufwand hin gegen linear zu erfassen, sodass am Anfang der Laufzeit ein vergleichs-weise höherer Aufwand anfiele, ähnlich wie derzeit bei den Finanzierungsleasingverhältnissen.

Als zweites Modell wurde ein Ansatz untersucht, bei dem sich die Verteilung des Abschreibungsaufwands aus der erwarteten Abnutzung des Leasinggegenstands über die Leasinglaufzeit ableitet. Bei diesem Verfahren würden Leasingnehmer die bis zum Ablauf des Leasingverhältnisses zu erwartende Verminderung des beizulegenden Zeitwerts des Leasinggegenstands schätzen. Auf der Basis dieser Schätzung der Abnutzung (d. h. des erwarte-ten Wertverzehrs) würde der Leasingnehmer berechnen, wie der Abschreibungsaufwand zu verteilen ist. Würde davon ausgegangen werden, dass sich der Wert des Leasinggegenstands über die Laufzeit des Leasingverhältnisses nur geringfügig verringern wird, ergäbe sich gegen Laufzeitende ein höherer Abschreibungsauf-wand und in den früheren Berichtsperioden ein niedrigerer; dies würde zu einer gleichmäßigeren Erfassung des Gesamtaufwands für das Leasingverhältnis über dessen Laufzeit führen. Ein Lea-singverhältnis, bei dem ein hoher Wertverzehr des Leasinggegen-stands unterstellt würde, wäre durch eine linearere Verteilung des Abschreibungsaufwands gekennzeichnet; dies würde zu einer

stärkeren Verlagerung des Gesamtaufwands auf die früheren Berichtsperioden führen. Bei Anwendung dieses Verfahrens wäre der Leasingaufwand bei vielen Immobilienleasingverträgen insgesamt gleichmäßiger verteilt als bei den meisten Mobilien- leasingverhältnissen, da bei Immobilien häufig ein nur geringer Wertverzehr des Leasinggegenstands zu verzeichnen ist.

Unsere Sichtweise Beide von den Boards geprüften Abschreibungsmethoden würden die Komplexität des im ED vorgeschlagenen Bilan-zierungsmodells erhöhen. Die höhere Komplexität könnte die Frage aufwerfen, ob die (möglichen) Vorteile aus diesen Lösungsansätzen die Kosten aus der Umsetzung rechtfertigen. Leasingnehmer müssten zusätzliche Berechnungen sowie in größerem Umfang als bisher Schätzungen und Ermessens-entscheidungen vornehmen; eine lineare Aufwandsverteilung müsste hingegen nicht stets das Bilanzierungsresultat sein.

Bilanzierung beim Leasinggeber

Von der interessierten Öffentlichkeit wurde Kritik geäußert, dass für eine Reihe von Leasingverhältnissen die vorgeschlagene Ausge-staltung der Gewinnerfassung durch den Leasinggeber nicht zu einer sachgerechten Abbildung des wirtschaftlichen Gehalts der

Ernst & Young IFRS 3.0 59

Leasingverhältnisse führen würde und darüber hinaus nicht prak-tikabel sei. Im Zuge der Prüfung von Alternativen bei der Bilan-zierung durch den Leasingnehmer beraten die Boards auch über Änderungen ihrer vorläufigen Entscheidungen zur Bilanzierung durch den Lea sing geber. Unter anderem betrifft dies die vorläufige Entscheidung, das Leasing von Immobilien, die als Finanzinvesti-tion gehalten und zu fortgeführten Anschaffungskosten bewer-tet werden, vom Anwendungsbereich des vorgeschlagenen Bilan-zierungsmodells für Leasinggeber auszuschließen. Die Mehrheit der Board-Mitglieder scheint ein Bilanzierungsmodell für Leasing-verhältnisse zu bevorzugen, das auf einem einheitlichen Konzept für Leasingnehmer und Leasinggeber beruht.

Nächste Schritte

Verschiedene Mitglieder der Boards haben Fragen zur Durch-führung und konzeptionellen Ausgestaltung der derzeit geprüf- ten Alternativen gestellt. Daher sind die Boards zu dem Schluss gelangt, dass sie zunächst weitere Informationen benötigen, bevor sie weitere Entscheidungen treffen können. Sie beschlossen, zusätzliche Stellungnahmen einzuholen und weitere Recherchen durchzuführen, um folgende Punkte zu klären:

• ►Sind die diskutierten Methoden praktikabel, d. h., könnten die Anwender die Verfahren (kostengünstig) umsetzen?

• ►Würde die Anwendung der Methoden zu entscheidungs-nützlichen Abschlussinformationen führen?

• ►Was wären weitere Konsequenzen aus der Anwendung der Methoden (z. B. in Bezug auf die Feststellung von Wertminde-rungen)?

Unsere Sichtweise Wir begrüßen die Entscheidung der Boards, sich mit den in Erwägung gezogenen Änderungen und Korrekturen der vorläufigen Entscheidungen intensiver zu befassen, bevor ein neuer Standardentwurf herausgegeben wird.

Was bedeuten die überarbeiteten Vor­schläge aktuell für Ihr Unternehmen?

Wie bereits erwähnt, haben die letzten Entscheidungen der Boards zu einer Vereinfachung verschiedener Vorschläge aus dem ED geführt. Andere Aspekte sind hingegen komplexer geworden. Trotz dieser Änderungen wäre die erstmalige Anwendung der überarbeiteten Vorschläge, wie nachstehend darge stellt, mit einem hohen Aufwand verbunden.

Nutzungsrecht­ Modell

Bilanzierung von

• Nutzungsrecht (Vermögenswert)

• Verbindlichkeit für Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten

Erstmalige Einbuchung stets erfolgsneutral

Bilanzierung von

• Forderung gegen Leasingnehmer aus Leasingraten

• Restvermögenswert, bestehend aus Saldo von– Bruttorestvermögenswert– (anteiligem) abgegrenztem Gewinn

Erstmalige Einbuchung stets erfolgswirksam

Leasingnehmer Leasinggeber

Forderungs­und­Restvermögenswert­

Modell

Abbildung 1 | Das neue vorläufige Modell der Bilanzierung von Leasingverhältnissen

Zahlungen

Nutzungsrecht

60 Ernst & Young IFRS 3.0

Leasingverhältnisse

Ermessensausübung des Managements

Die überarbeiteten Vorschläge erfordern weiterhin wesentliche Schätzungen und Ermessensentscheidungen durch das Manage-ment. Diese würden sich unmittelbar auf die Bilanzansätze des Nutzungsrechts und der Verbindlichkeit aus dem Leasingverhält-nis sowie den Verlauf der Aufwandserfassung auswirken.

Außerdem müsste das Management bei Anwendung der überar-beiteten Vorschläge die Grundlage für seine Schätzungen und Ermessensentscheidungen offenlegen. Nachfolgend sind einige wichtige Fragen aufgeführt, mit denen sich das Management auseinandersetzen muss.

Welche Vereinbarungen sind als Leasingverhältnisse anzusehen?

Unternehmen müssten alle relevanten Vereinbarungen identifi-zieren und prüfen, ob sie ein Leasingverhältnis entsprechend der präzisierten Definition beinhalten. Ist der Vermögenswert als „bestimmter Vermögenswert“ anzusehen und ist das Recht auf Nutzung des bestimmten Vermögenswerts übertragen worden?

Bei vielen Leasingverhältnissen besitzen beide Parteien bestimmte Rechte an dem Leasinggegenstand oder haben vorab eine dies-bezügliche vertragliche Vereinbarung getroffen. Die Feststellung, welche Partei das Recht hat, die Nutzung des Leasinggegenstands zu kontrollieren, kann ein hohes Maß an Subjektivität aufweisen. Die überarbeiteten Vorschläge könnten dazu führen, dass Verein-barungen, die bisher als Leasingverhältnisse behandelt worden sind, künftig nicht mehr als solche betrachtet werden.

Da sich die Bilanzierung von Operating-Leasing-Verhältnissen und Dienstleistungen gemäß den geltenden Regelungen oft nur geringfügig unterscheidet, ergeben sich aus der Feststellung, ob eine Dienstleistungsvereinbarung ein Operating-Leasing-Ver-hältnis enthält, auf die heute zu erstellenden Abschlüsse keine wesentliche Auswirkungen. Dies wird sich künftig ändern, da bei Inkrafttreten der überarbeiteten Vorschläge grundsätzlich alle Leasingverhältnisse (mit Ausnahme der kurzfristigen) in der Bilanz zu erfassen sind, während Dienstleistungsverträge weiter-hin bilanzneutral behandelt werden.

Beinhaltet das Leasingverhältnis Nicht-Leasing-Komponenten?

Bei allen Leasingverhältnissen müssen Unternehmen künftig prü-fen, ob Nicht-Leasing-Komponenten vorliegen, die vom Leasing-

verhältnis abzutrennen sind. Bisher dürften viele Unternehmen der Herauslösung von Nicht-Leasing-Komponenten aus einem Operating-Leasing-Verhältnis nur untergeordnete Bedeutung bei-gemessen haben, da solche Zahlungen derzeit oft wie Leasing-zahlungen zu behandeln sind. Unternehmen müssten nun Prozesse zur Ermittlung beobachtbarer Kaufpreise für Leasing- und Nicht-Leasing-Komponenten entwickeln. Dies wird regelmäßig auch das Ausüben von wesentlichen Ermessensentscheidungen erforder-lich machen.

Was wäre in die Laufzeit eines Leasingverhältnisses und in die Leasingzahlungen einzubeziehen?

Obgleich sich die überarbeiteten Vorschläge für die Bestimmung der Laufzeit eines Leasingverhältnisses und der Leasingzahlungen wieder stärker an die derzeitigen Regelungen anlehnen, würde die Beurteilung, ob ein wirtschaftlicher Anreiz als wesentlich ein-zustufen ist, eine Ermessensentscheidung erfordern. Bei bestimm-ten Leasingverhältnissen (etwa solchen, die derzeit ganz klar als Operating-Leasing-Verhältnisse zu klassifizieren sind) käme dieser Ermessensentscheidung künftig eine größere Bedeutung zu als bisher, da sie sich direkt auf den Bilanzansatz der Nutzungsrechte und Verbindlichkeiten aus den jeweiligen Leasingverhältnissen auswirken würde.

Des Weiteren müssten Unternehmen künftig die Laufzeiten der Leasingverhältnisse und die voraussichtlichen Leasingzahlungen laufend neu bestimmen. Aktuell ist dies nicht erforderlich. Da die überarbeiteten Vorschläge die Berücksichtigung von Markt-faktoren bei der Neueinschätzung untersagen, könnte die Neu-einschätzung der Laufzeit eines Leasingverhältnisses besonders subjektiv ausfallen.

Schließlich müssten Unternehmen den Zinssatz, den der Leasing-geber dem Leasingnehmer berechnet, oder den Grenzfremd-kapitalzinssatz für das betreffende Leasingverhältnis bestimmen. Heute messen bei Leasingverhältnissen, die eindeutig nicht als Finanzierungsleasingverhältnisse zu klassifizieren sind, nicht alle Leasingnehmer solchen Zinssätzen eine große Bedeutung bei.

Welche Informationen wären bei der Umstellung auf einen neuen Standard erforderlich?

Der neue Leasingstandard wird auf alle zum Zeitpunkt der erst-maligen Anwendung bestehenden Leasingverhältnisse und nicht nur auf später abgeschlossene Verträge anzuwenden sein. Der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung entspräche dem Beginn der ersten Vergleichsperiode, die in dem Abschluss dargestellt

Ernst & Young IFRS 3.0 61

wird, auf den das Unternehmen den neuen Standard erstmals anwendet. Wenn beispielsweise ein Unternehmen den Standard erstmals auf seinen Jahresabschluss zum 31. Dezember 2015 anwenden müsste und dieser Abschluss Vergleichsinformationen zu einem weiteren Geschäftsjahr enthielte, würden sämtliche zum 1. Januar 2014 bestehenden Leasingverhältnisse in den Anwen-dungsbereich des Standards fallen.

Nach der vorgeschlagenen vereinfachten rückwirkenden Methode würde das Unternehmen die neuen Bestimmungen nicht rückwir-kend zum Beginn der Leasingverhältnisse anwenden. Stattdessen würde es den Beginn der ersten dargestellten Vergleichsperiode zugrunde legen und die Bilanzierung auf der Basis der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Restlaufzeit des Leasingverhältnisses und der noch zu leistenden Leasingzahlungen vornehmen. Eine Diffe-renz zwischen dem Buchwert des Nutzungsrechts und dem Buch-wert der Verbindlichkeit für die zu leistenden Leasingzahlungen würde ergebnisneutral mit den Gewinnrücklagen verrechnet.

Aufgrund des damit verbundenen Arbeitsaufwands wäre es für Unternehmen ratsam, schon jetzt mit der Erhebung der Informa-tionen zu beginnen, die sie zur künftigen Bilanzierung (auf der Basis der überarbeiteten Vorschläge) benötigen. Der Aufwand dürfte vor allem für solche Unternehmen beträchtlich sein, die um- fangreiche Leasingportfolios an dezentralen Standorten unterhalten.

Finanzkennzahlen

Bei den meisten Unternehmen hätten die vorgeschlagene Ände-rungen verglichen mit den derzeit geltenden Bilanzierungsvor-schriften eine Aufblähung der Bilanz und eine Verschlechterung der Eigenkapitalquote sowie der Gesamtkapitalrentabilität (return on assets) zur Folge. Die Aufwandserfassung würde vor-aussichtlich zu anderen Zeitpunkten erfolgen und der Aufwand würde nicht mehr als Mietzahlungen aus Operating-Leasing-Ver-hältnissen, sondern als Zins- und Abschreibungsaufwand erfasst werden. Auf einige Finanzkennzahlen wie das EBITDA würden sich die über arbeiteten Vorschläge somit positiv auswirken.

Vorbereitend sollten Unternehmen die möglichen Auswirkungen auf ihre Finanzkennzahlen beurteilen und abschätzen, wie diese die Bewertung des Unternehmenserfolgs durch die Stakeholder beeinflussen könnten. Soweit solche Informationen öffentlich ver-fügbar sind, sollten auch die Auswirkungen des neuen Standards auf die Finanzkennzahlen von Wettbewerbern in die Betrachtung einbezogen werden. Durch eine frühzeitige Beschäftigung mit diesen Fragen haben Unternehmen mehr Zeit, um mögliche Prob-leme bei der Umsetzung des neuen Standards rechtzeitig lösen zu können.

62 Ernst & Young IFRS 3.0

Leasingverhältnisse

Strukturierung von Leasingverhältnissen unter Einbeziehung der Unternehmens­ und Marktstrategie

Um die Auswirkungen auf ihre Finanzkennzahlen zu minimieren, könnten Leasingnehmer versuchen, die Laufzeiten der Leasing-verhältnisse durch entsprechende Vertragsverhandlungen zu ver-kürzen. Leasinggeber könnten die für Leasingnehmer vorteilhaften kürzeren Laufzeiten durch eine Erhöhung der Leasingzahlungen oder eine Reduzierung der Leasinganreize ausgleichen, um ihre Rendite zu sichern. Aufgrund der großen Unterschiede zwischen den aktuellen Regelungen und dem neuen Bilanzierungsmodell für Leasingverhältnisse könnten Leasingnehmer sogar ihre Ent-scheidungsstrategie bezüglich der Frage „Leasing oder Kauf?“ überdenken.

Unternehmen sind daher gut beraten, diese möglichen Auswir-kungen bei der Vorbereitung auf den zu erwartenden Standard zu berücksichtigen.

Infrastruktur, Prozesse und Kontrollen

Die nach den überarbeiteten Vorschlägen vorgesehenen Schät-zungen und Ermessensentscheidungen erfordern eine umfas-sende Kenntnis der Geschäftstätigkeit des Unternehmens und eine genaue Vorstellung von der beabsichtigten Nutzung des Leasinggegenstands. Die enge Einbindung von Personen außer-halb des Rechnungswesens ist daher unerlässlich.

Unternehmen müssen zunächst Bilanzierungsmethoden, Prozes se und interne Kontrollen festlegen, um anschließend die benötigten Informationen aus einer Vielzahl von Quellen beschaffen zu können. Solche Informationen wären sowohl für die erstmalige Erfassung von Leasingverhältnissen als auch für deren laufende Neuein-schätzung erforderlich. Schließlich werden auch für die umfang-reichen neuen Angabepflichten im Anhang neue Informationen benötigt.

IT und Unternehmenssysteme

Das überarbeitete Modell für die Bilanzierung auf Leasing-nehmerseite würde den Umfang der in der Bilanz ausgewiesenen Nutzungsrechte und Verbindlichkeiten deutlich erhöhen und regelmäßige Neubewertungen erforderlich machen. Die einfachen Computer- und Tabellenkalkulationsprogramme, die viele Unter-nehmen derzeit noch zur Unterstützung bei der Bilanzierung von Leasingverhältnissen einsetzen, wären mit großer Wahrschein-lichkeit künftig nicht mehr ausreichend.

Bei der erstmaligen Anwendung des neuen Standards müssten frühere Vergleichszeiträume angepasst werden. Außerdem müss-ten für handels- und steuerrechtliche Zwecke separate Leasing-datensätze geführt werden.

Ein vorausplanendes Unternehmen könnte pro Leasingvertrag mehrere Datensätze erfassen und würde somit viel Zeit bei der späteren Berechnung der Buchungssätze einsparen.

Die Identifizierung, Konzeption und Implementierung von Ände-rungen bei IT-Systemen ist komplex. Wie viel Zeit dafür anfallen wird, hängt von den bestehenden Systemen ab.

Unternehmen, die derzeit an der Entwicklung oder Verbesserung von IT-Systemen für die Rechnungslegung arbeiten, sollten im Rahmen ihrer Tätigkeiten die zukünftigen Datenanforderungen, die sich aus den überarbeiteten Vorschlägen zur Bilanzierung von Leasingverhältnissen ergeben könnten, berücksichtigen. Durch eine frühzeitige Analyse der Auswirkungen, welche die vorge-schlagene Neuregelung auf die IT-Systeme haben könnte, lässt sich eine spätere kostenintensive Überarbeitung und Neuentwick-lung der bestehenden Systeme vermeiden. Unternehmen sollten sich jedoch bewusst sein, dass IT-Programme zwar für die Samm-lung der Daten und die Durchführung der Berechnungen, die in den überarbeiteten Vorschlägen verlangt werden, nützlich sind, aber nicht für mehr; kein Computerprogramm kann dem Menschen die erforderlichen wesentlichen Schätzungen oder Ermessens-entscheidungen abnehmen.

Steuerliche Fragestellungen

Trotz der Vereinfachungen hätte die erstmalige Anwendung der überarbeiteten Vorschläge auch steuerliche Konsequenzen, die zu berücksichtigen sind. Diese umfassen insbesondere über-gangsbedingte Anpassungen der in der Bilanz ausgewiesenen latenten Steuern aus Leasingverhältnissen. Solche könnten aus der unterschiedlichen Behandlung von Abschreibungen, Miet-minderungen und Zinsen in der handelsrechtlichen Bilanz und der Steuerbilanz entstehen. Unternehmen müssten daher im Regelfall Änderungen an den steuerbezogenen Prozessen und Kontrollen für die Identifizierung und Ermittlung der steuerlichen Anpassungs-buchungen vornehmen.

Ernst & Young IFRS 3.0 63

Leasingnehmer Leasinggeber

Bilanzverlängerung • Erhöhung des Verschuldungsgrades • Verringerung der Eigenkapitalquote

Statt Mietaufwendungen zukünftig Abschreibungs- und Zinsaufwand • Verbesserung der Performancekennzahlen EBIT und EBITDA

• Belastungsunterschiede wegen höheren Zinsanteils zu Beginn des Vertragsverhältnisses

Cashflows als Cashflows aus Finanzierungstätigkeiten vs. operativer Tätigkeit

Auswirkung auf Covenants, Credit Ratings, Budge-tierung, Incentivierungs- und Vergütungssysteme

Forderungs-und-Restvermögenswert-Modell • Aufteilung des Ergebnisses in Zinsergebnis und Zuschreibung des Residuals

• Im Zeitablauf bei Gewinnreali sie rung sinkender Netto-Ergebniseffekt wegen Effektivzinsmethode

• Bei fehlender Gewinnrealisierung linearisierte Erträge im Zeitablauf über Zuschreibung des Leasingvermögens und Vereinnahmung der Zins-erträge (aber u. U. Wertminderungsaufwand)

Bei Bedarf frühzeitige Kommunikation der quantifizierten Effekte der neuen Leasing-bilanzierung an Banken, Ratingagenturen, Analysten etc.

Business Datenerhebung

Bedarf frühzeitiger Analysen in Bezug auf Ent-scheidungen für Neuinvestitionen bzw. Kunden-verhalten (Kauf vs. Leasing, Nachfrage nach kürzeren Laufzeiten oder Serviceverträgen)

Erhebung der Vertragsdaten wie Leasingdauer, Verlängerungs-, Kauf-, Kündigungsoptionen, Eckdaten für Bemessung der Leasingraten u. Ä.

Ermittlung des Grenzfremdkapitalzinssatzes

In Abhängigkeit vom Umfang der Leasing - verhält nisse können zusätzliche Investitionen in neue IT-Systeme not wendig werden, die in aus reichendem Maße dem gestiegenen Daten- verarbeitungsbedarf Rechnung tragen

Katalogisierung sämtlicher bestehender Leasing-verhältnisse (inkl. aller relevanten Vertragsdaten) und Monitoring

IT-Systeme Interne Kontrollen und Prozesse

Implikationen

Abbildung 2 | Implikationen auf Abschlüsse und Finanzkennzahlen

Abbildung 3 | Sonstige Implikationen

64 Ernst & Young IFRS 3.0

Leasingverhältnisse

Eine frühzeitige Planung ist Voraussetzung für eine erfolg-reiche Implementierung der neuen Regeln

Was können Sie jetzt tun?Der neue Bilanzierungsstandard wird erhebliche Auswirkungen auf die meisten Unternehmen haben, sodass die Vorbereitung der Umsetzung des künftigen Standards eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe ist. Zwar sind noch einige Regelungen Gegenstand von Überarbeitungen, doch dürften sich an den Grundprinzipien und den Datenanforderungen für Leasingnehmer kaum noch wesent-liche Änderungen ergeben. Wir sind der Ansicht, dass eine frühzeitige Vorbereitung entscheidend dazu beiträgt, die Umset-zungskosten zu reduzieren und unliebsame Überraschungen sowie teure Fehler zu vermeiden.

Entsprechend sollten Unternehmen schon jetzt zumindest folgende vorbereitende Tätigkeiten in Betracht ziehen:

• ►Verschaffung eines Überblicks über den Umfang der Ände-rungen im Hinblick sowohl auf den Jahresabschluss als auch auf die Geschäftsentwicklung

• ►Einrichtung eines Projektmanagements für die Planung der Umstellung auf den neuen Standard

• ►Ermittlung des Schulungsbedarfs für die Mitarbeiter, die für die Leasingbilanzierung einschließlich der zu treffenden Ermessensentscheidungen zuständig sind

• ►Identifizierung der Verträge, die in den Anwendungsbereich des neuen Standards fielen

• ►Datenerfassung: Katalogisierung bestimmter Leasing- und Mietverträge

• ►Festlegung der nach den überarbeiteten Vorschlägen zu erhebenden Leasingdaten

• ►Festlegung eines Prozesses für die Erhebung und Auswertung von Leasingdaten

• ►Bestimmung, in welchem Umfang verschiedene Datensätze für Vergleichsperioden während des Übergangs von der aktuellen auf die künftige Leasingbilanzierung bereitzustellen sind (ein-schließlich der latenten Steuereffekte aus temporären Differen-zen zwischen handelsrechtlicher Bilanz und Steuerbilanz)

• ►Überprüfung der Auswirkungen auf die IT-Systeme für die Rechnungslegung: Kann die derzeit genutzte Software durch ein Update an die künftigen Erfordernisse angepasst werden oder sind neue IT-Systeme erforderlich?

• ►Weitere Beobachtung der Beratungen der Boards

Die überarbeiteten Vorschläge enthalten im Vergleich zum ED zwar deutliche Vereinfachungen, sind aber trotzdem nicht als einfach anzusehen. Daher ist die frühzeitige Planung eine Voraus-setzung für eine erfolgreiche Implementierung der neuen Regeln.

Für eine umfassendere technische Betrachtung des ED und der neuesten Änderungsvorschläge verweisen wir auf die folgenden Publikationen, die online unter www.ey.com/IFRS zur Verfügung stehen:

• ►IFRS Developments: Boards weighing effects of putting leases on the balance sheet (Februar 2012)

• ►IFRS Outlook: Lease accounting is entering a second phase of public consultation — the impact on lessees (August 2011)

• ►IFRS Practical Matters: Lease accounting proposals – simplified, but not simple (August 2011)

• ►IFRS Developments: Boards to re-expose leases, and propose a new approach for lessors (Juli 2011)

• ►Applying IFRS: Lessee model comes together as leases project progresses (Juli 2011)

• ►Proposed accounting for leases (November 2010)

• ►Practical Matters for the C-suite: What do the proposed lease accounting changes mean for you? (August 2010)

Außerdem steht auf unserer deutschsprachigen Website (www.ey.com/DE/de/Issues/IFRS) eine umfangreiche deutsche Publikation zur Verfügung, die einen Überblick und eine kritische Analyse des ED umfasst.

Mithilfe von multidisziplinären Teams von Fachleuten aus den Bereichen Rechnungslegung, Steuern, Systemlösungen und IT kann Ernst & Young Sie dabei unterstützen, die Konsequenzen des künftigen Standards zur Leasingbilanzierung für Sie zu be urteilen. Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die Problemstellungen und Maßnahmen, die Sie im Zusammen-hang mit den überarbeiteten Vorschlägen zur Leasingbilanzie-rung beachten müssen. Darüber hinaus wird dargestellt, wie Ernst & Young Sie von der anfänglichen Beurteilung bis hin zur erstmaligen Anwendung unterstützen kann.

Ernst & Young IFRS 3.0 65

Problemstellungen und Maßnahmen So kann Ernst & Young Sie unterstützen

Erlangen eines allgemeinen Verständnisses hinsichtlich der überarbeiteten Vorschläge

• Entwicklung und Unterstützung bei der Durchführung von Trainings für die Mitarbeiter des Unternehmens • Bereitstellung von Informationen zu den Standpunkten von IASB, FASB und SEC • Hilfestellung bei der Entwicklung einer Stellungnahme zum erwarteten überarbeiteten ED

Durchführung einer vorläufigen Einschätzung der Auswirkungen der überarbeiteten Vorschläge auf den Abschluss des Unternehmens

Beratung und Unterstützung in folgenden Bereichen: • Erfassung aller Vereinbarungen, die in den Anwendungs bereich des künftigen Standards zur Leasing-bilanzierung fallen, einschließlich der Verträge, die künftig als Leasingverhältnisse eingestuft würden, bisher aber als Dienst leistungsverträge erfasst wurden

• Zusammenstellung der erforderlichen Informationen, die für die künftige Bilanzierung erforderlich sind • Zusammenstellung der wesentlichen Eckpunkte der Leasingverträge • Entwicklung eines Prozesses zum Umgang mit wesentlichen Schätzungen und Ermessensentschei-dungen, die zur Schätzung der Laufzeit und Leasingzahlungen (einschließlich Neueinschätzungen) notwendig sind

• Durchführung einer überschlägigen Bewertung zur Ermittlung des Umfangs der zu aktivierenden Nutzungsrechte sowie der entsprechenden Leasingverbindlichkeiten

• Überschlägige Berechnung der Auswirkungen des künftigen Standards auf die Darstellung in der Gewinn- und Verlustrechnung

• Einschätzung der Auswirkungen auf die wichtigsten Finanzkennzahlen und KPIs des Unternehmens • Identifizierung von Informationsdefiziten, die vor Anwendung des künftigen Standards behoben werden müssen

Einschätzung der Auswirkungen der überarbeiteten Vorschläge auf strategische Geschäftsentscheidungen

Beratung und Unterstützung in folgenden Bereichen: • Auswirkungen auf strategische Geschäftsentscheidungen und geplante Transaktionen (z. B. Fusionen, Übernahmen und neue Märkte)

• Auswirkungen auf bestehende Kreditauflagen und Darlehensvereinbarungen einschließlich zurzeit verhandelter Vereinbarungen

• Analyse von „Leasing oder Kauf“-Entscheidungen

Benchmarking des Unternehmens gegenüber Ver-gleichsunternehmen und anderen Branchenteilnehmern

• Erarbeitung von Analysen, wie andere Unternehmen mit der künftigen Bilanzierungsänderung umgehen, welche Probleme sich dabei ergeben haben und welche Lösungswege entwickelt wurden

• Unterstützung bei der Evaluierung der Angaben von Vergleichsunternehmen und Wettbewerbern zu den neuen Bilanzierungsregeln und deren erwarteten Auswirkungen auf die Abschlüsse

Beurteilung der Prozesse für die Generierung der Daten, der internen Kontrollen und IT-Systeme

• Identifizierung und Beschreibung von Leading Practices beim Design von Geschäftsprozessen, IT-Systemen und internen Kontrollen

• Beurteilung, ob die derzeit eingesetzte Unternehmenssoftware und die IT-Systeme die Erfüllung der neuen Anforderungen angemessen unterstützen können

• Identifizierung von Kriterien, die bei der Auswahl von IT-Paketen zu berücksichtigen sind, und Beratung beim Auswahlprozess

Beurteilung der steuerlichen Auswirkungen der überar-beiteten Vorschläge

Beratung bei der Analyse der steuerlichen Verhältnisse, die sich aus der Anwendung des künftigen Standards ergeben, einschließlich der Reduzierung von Steuerrisiken sowie der Bestimmung der steuer-lichen Auswirkungen von geplanten Änderungen an bestehenden Leasingverhältnissen

Planung der erstmaligen Anwendung des finalen Standards

Beratung bei der Projektplanung und -umsetzung, einschließlich Zeitablauf, Aufgabenverteilung und Ressourcenzuordnung

Aktualisierung von Bilanzierungshandbüchern und -methoden

Unterstützung bei der Überarbeitung der Bilanzierungshandbücher sowie Beratung bei der Bestimmung von Bilanzierungsmethoden

Kommunikation mit den Stakeholdern, Analysten, Regulatoren und Anteilseignern über die Auswirkungen der erstmaligen Anwendung des finalen Standards

• Beratung bei der Entwicklung eines Kommunikationsplans • Beratung bei der Erstellung der entsprechenden Mitteilungen

66 Ernst & Young IFRS 3.0

Ernst & Young IFRS 3.0 67

Ertrags- realisierung

Das überarbeitete Modell zur Umsatzrealisierung dürfte weiterhin zu erheblichen Änderungen gegenüber der bis-herigen Bilanzierungspraxis führen. Ziel des im November 2011 von IASB und FASB veröffentlichten überarbeiteten Modells zur Umsatzrealisierung ist unter anderem eine einfachere Anwendung der neuen Vorschriften. Die neuen Regelungen werden in der Praxis allerdings häufig mit einem Anstieg der Komplexität verbunden sein. Unter-nehmen werden insbesondere in einem stärkeren Aus -maß Ermessensentscheidungen treffen und Schätzungen vornehmen müssen. Darüber hinaus können sich auch Auswirkungen auf wesentliche Finanzkennzahlen der Un-ternehmen ergeben.

Das Projekt zur Umsatzrealisierung: im zweiten Anlauf erfolgreich?

68 Ernst & Young IFRS 3.0

Überblick

►Zeitpunkt und Höhe der Umsatz-realisierung: Eine Vielzahl der neuen Vorschläge kann wesentliche Aus-wirkungen auf den Zeitpunkt und die Höhe der Umsatzerlöse sowie be-stimmte damit verbundene Kosten haben. Insbesondere können sich Änderungen bei der Bilanzierung von Mehrkomponentengeschäften sowie bei langfristiger Fertigung ergeben.

►Änderungen bei den Finanzkennzah-len und in der Kommunikation mit den Stakeholdern: Die neuen Regelungen können sich auf wesentliche Finanz-kennzahlen einschließlich der Brutto-margen vieler Unternehmen auswir-ken. Daraus können sich auch Auswir-kungen auf die Kommunikation mit den Stakeholdern ergeben.

►Ermessensentscheidungen und Schätzungen: Die vorgeschlagenen Änderungen werden in erheblichem Umfang und stärker als bisher die Ausübung von Ermessen durch das Management und die Vornahme von Schätzungen erfordern.

►Erweiterung der Angabepflichten: Die Vorschläge sehen eine Erweiterung der Angabepflichten vor, um die Trans-parenz der Abschlüsse zu erhöhen.

►Prozesse und Kontrollen: Die neuen Anforderungen können zu Änderungen im Abschluss, aber auch an den be- stehenden IT-Systemen, Verfahren und Kontrollsystemen führen.

Welche Änderungen wurden gegenüber dem ursprünglichen Entwurf vorgenommen?

Grundsätzlich entspricht das in dem überarbeiteten Entwurf vor-geschlagene Modell der fünf Schritte zur Umsatzrealisierung dem im ursprünglichen Entwurf vorgeschlagenen Konzept. Das Grund-prinzip für die Erfassung von Umsatzerlösen ist unverändert die Übertragung der Verfügungsgewalt über die zugesagten Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden. Der Transaktionspreis, d. h. der als Umsatzerlös zu erfassende Betrag, entspricht weiterhin der er- warteten Gegenleistung, die das Unternehmen für die Übertragung der zugesagten Güter oder Dienstleistungen an den Kunden erhält.

Als Reaktion auf die in den Stellungnahmen zum ursprünglichen Modell geäußerte Kritik haben die Boards jedoch einige wesent-liche Änderungen im Hinblick auf die Anwendung der einzelnen Schritte vorgenommen und zusätzliche Anwendungsleitlinien erarbeitet. Das Grundprinzip selbst ist zwar relativ einfach nach-zuvollziehen, vor allem wenn es auf einfache Transaktionen ange-wandt wird; bei komplexeren Sachverhalten sind aber in einem höheren Umfang als bisher Ermessensentscheidungen durch das Management zu treffen und Schätzungen vorzunehmen. Für viele Unternehmen könnten die überarbeiteten Vorschläge zur Folge haben, dass sich bei bestimmten Transaktionen der Zeitpunkt der Erfassung und die Höhe der auszuweisenden Umsatzerlöse ändern. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die bei den bestehenden Regelungslücken in IAS 18 Umsatzerlöse derzeit auf die gelten-den US-GAAP-Vorschriften zurückgreifen.

Ertragsrealisierung

Das Fünf-Schritte-Modell zur Umsatzrealisierung:

1. Identifizierung des Vertrags mit einem Kunden

2. Identifizierung der separat zu bilanzierenden Leistungs verpflichtungen im Vertrag

3. Bestimmung des Transaktionspreises

4. Aufteilung des Transaktionspreises auf die separat zu bilanzierenden Leistungsverpflichtungen

5. Umsatzrealisierung bei Erfüllung der Leistungsverpflichtungen

Ernst & Young IFRS 3.0 69

In den folgenden Abschnitten wird dargestellt, welche Änderungen die Boards an ihren ursprünglichen Vorschlägen zur Umsatz-realisierung vorgenommen haben und in welchen Punkten diese von den derzeitigen IFRS-Regelungen abweichen. Hervorgehoben werden Änderungsvorschläge, die sich auf die aktuelle Praxis am stärksten auswirken könnten.

Bilanzierung von Gütern und Dienst leistungen als eine einheitliche Leistungsverpflichtung

Eine der wichtigsten Regelungen des Standardentwurfs ist die Vorschrift, dass die in einem Vertrag enthaltenen einzeln ab- grenzbaren Leistungsverpflichtungen zur Übertragung von Gütern und Dienstleistungen grundsätzlich separat voneinander zu bilan-zieren sind. In den Stellungnahmen zum ursprünglichen Entwurf war vielfach angemerkt worden, dass diese Regelung dazu führen würde, dass eine hohe und nicht angemessene Anzahl separat zu bilanzierender Leistungsverpflichtungen identifiziert würde. Daher haben die Boards die Regelungen entsprechend über-arbeitet. Ein Gut oder eine Dienstleistung ist demnach nicht als separate Leistungsverpflichtung zu bilanzieren, wenn es bzw. sie mit anderen Gütern oder Dienstleistungen in dem Vertrag eng verbunden ist und das Unternehmen eine wesentliche Dienstleis-tung erbringt, indem es die Güter und Dienstleistungen für den Kunden zu einer oder mehreren einheitlichen Leistungen zusam-menfasst. In diesem Fall sind die jeweiligen Leistungsverpflichtun-gen als Paket, d. h. als eine einheitliche Leistungsverpflichtung zu bilanzieren, sofern das Paket zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung erheblich modifiziert oder an die Bedürfnisse des Kunden angepasst wird. Obwohl diese überarbeitete Regelung die in den Stellungnahmen zum Ausdruck gebrachten Bedenken zum Teil berücksichtigt, kann das modifizierte Konzept auf bestimmte Branchen immer noch unbeabsichtigte Auswirkungen haben.

Leistungsverpflichtungen, die über einen bestimmten Zeitraum erbracht werdenDer überarbeitete Standardentwurf erkennt an, dass eine Leistungs verpflichtung über einen bestimmten Zeitraum erbracht werden kann, und führt mehrere Kriterien auf, die erfüllt sein müssen, damit eine kontinuierliche Erfassung von Umsatzerlösen möglich ist. Demnach wird eine Leistungsverpflichtung über einen bestimmten Zeitraum erbracht, wenn die Leistung des Unter-nehmens entweder (1) in der Erstellung oder Verbesserung eines Vermögenswerts (z. B. einer unfertigen Leistung) besteht, der sich in der Verfügungsgewalt des Kunden befindet, oder wenn

(2) ein Vermögenswert ohne einen alternativen Nutzen erstellt wird und bestimmte andere zusätzliche Kriterien erfüllt sind. Diese Beurteilung entscheidet über den Zeitraum bzw. Zeitpunkt, in bzw. zu dem Umsatzerlöse zu erfassen sind, und kann sehr ermes-sensabhängig sein, da die Kriterien von Anwendern für denselben Sachverhalt unterschiedlich interpretiert werden können. Sofern die Kriterien für eine Umsatzrealisierung über einen bestimmten Zeitraum nicht erfüllt sind, wird angenommen, dass die Leistungs -verpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht wird.

In vielen Fällen sollte die Entscheidung, ob eine Leistungsver-pflichtung über einen bestimmten Zeitraum erfüllt oder zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht wird, relativ einfach zu treffen sein. Ein Vertrag zur Erbringung von Rechtsberatungsleistungen dürfte in der Regel über einen bestimmten Zeitraum erbracht werden, sofern die Rechtsanwaltskanzlei das Recht hat, für die bisher erbrachten Leistungen eine Vergütung zu verlangen.

Die in einem Vertrag enthaltenen einzeln abgrenzbaren Leistungsverpflichtungen zur Übertragung von Gütern und Dienstleistungen sind grundsätzlich separat vonein-ander zu bilanzieren

70 Ernst & Young IFRS 3.0

Ertragsrealisierung

Die Anwendung des Modells auf Verträge zur Herstellung komple-xer Güter oder eine Kombination von Gütern und Dienstleistungen wird jedoch mit einem Komplexitätsanstieg verbunden sein. Un ternehmen müssen in weitaus höherem Maß als bisher Ermes-sensentscheidungen treffen, um festzustellen, ob die Leistungs-verpflichtungen über einen bestimmten Zeitraum erbracht werden. Sofern zum Beispiel ein Vermögenswert mit einem alternativen Nutzen, der sich nicht in der Verfügungsgewalt des Kunden befin-det, geschaffen wurde, wird die Leistungsverpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht und die Umsatzerlöse müssen bis zur Fertigstellung abgegrenzt werden.

Variable Gegenleistung

In einem Vertrag kann ein Teil des Transaktionspreises in Bezug auf Höhe und Zeitpunkt der Zahlung variieren. Beispiele variabler Vergütungen beinhalten Skonti, Rabatte, Erstattungen, Gutschrif-ten, Boni, Erfolgshonorare, Strafzahlungen, Preisermäßigungen oder ähnliche Sachverhalte. Der überarbeitete Standardentwurf sieht vor, dass variable Gegenleistungen geschätzt, auf die Leis-

tungsverpflichtungen verteilt und als Umsatzerlöse erfasst werden, noch bevor sämtliche Unsicherheiten beseitigt sind (vorbehaltlich bestimmter Kriterien). Variable Gegenleistungen werden auf der Basis des wahrscheinlichkeitsgewichteten Erwartungswerts oder des wahrscheinlichsten Betrags geschätzt, je nachdem welcher der beiden Werte die höhere Aussagekraft besitzt. Die Schätzung müsste an jedem Berichtsstichtag aktualisiert werden.

Für viele Unternehmen würde diese Vorgehensweise bei variabler Gegenleistung eine wesentliche Änderung gegenüber der bisheri-gen Vorgehensweise bedeuten. Bislang wurde häufig der Betrag der Umsatzerlöse, der auf identifizierte Leistungsverpflichtungen verteilt wurde, auf den Betrag begrenzt, der nicht von der Erfül-lung zukünftiger Leistungsverpflichtungen abhängt. Das überar-beitete Modell würde es gestatten, variable Vergütungen auf Leis-tungsverpflichtungen zu verteilen, und schreibt eine Begrenzung nur insofern vor, als variable Beträge, die nicht hinreichend sicher beansprucht werden können, nicht als Umsatz erfasst werden dürfen. Als Konsequenz dürften Unternehmen zukünftig Umsätze für variable Beträge früher als bisher erfassen.

Ernst & Young IFRS 3.0 71

Forderungsausfälle

Nach dem überarbeiteten Entwurf ist das Forderungsausfallrisiko entgegen dem ursprünglichen Vorschlag bei der Ermittlung des Transaktionspreises nicht mehr zu berücksichtigen. Die Regelungen von IFRS 9 Finanzinsturmente oder IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung bleiben weiterhin anwendbar. Wertberich-tigungen werden stattdessen nach dem überarbeiteten Standard-entwurf künftig als Gegenposten direkt unter den Umsatzerlösen ausgewiesen und nicht, wie es momentan der Fall ist, als opera-tiver Aufwand. Dieser Änderungsvorschlag wirkt sich signifikant auf die Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnung aus und hat eine Verringerung der Bruttomarge zur Folge.

Kosten für die Anbahnung und Erfüllung des VertragsDie vorgeschlagene Methode für die Bilanzierung von Kosten für die Anbahnung und Erfüllung eines Vertrags weicht erheblich von der gegenwärtigen Vorgehensweise ab. Die im Zusammenhang mit der Anbahnung eines Vertrags anfallenden Kosten werden derzeit oftmals als Aufwand der Periode erfasst. Nach dem über-arbeiteten Standardentwurf müssten diese Kosten jedoch – sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind – aktiviert werden, wenn die Lauf-zeit des Vertrags länger ist als ein Jahr. Alle derzeit zur Bilanzie-rung von Kosten zur Anbahnung und Erfüllung eines Vertrags angewandten Methoden sollten angesichts der anstehenden Neu-regelungen von den betroffenen Unternehmen überprüft werden.

Branchenfokus

Hier einige Auswirkungen der vorgeschlagenen Bündelung von Gütern und Dienstleistungen zu einer einheitlichen Leistungsver-pflichtung:

Software

In der Softwarebranche bestehen mit Blick auf die Bilanzierung von Umsatzerlösen nach IFRS wesentliche Unterschiede in der Praxis. Viele Unternehmen wenden bei den bestehenden Regelungslücken in IAS 18 Umsatzerlöse derzeit die geltenden spezi fischen US-GAAP-Vorschriften an. Durch die Vorschläge entfiele die Notwendigkeit, auf Regelungen anderer Standard-setter zurückzugreifen. Darüber hinaus könnte sich die derzeitige Bilanzierungspraxis für kundenspezifische Software- und Mehr-komponentenverträge ändern.

Wertberichtigungen werden nach dem überarbeiteten Standardentwurf künftig als Gegenposten direkt unter den Umsatzerlösen ausgewiesen und nicht, wie es momentan der Fall ist, als operativer Aufwand.

Baubranche

Verträge über die Erbringung von kundenspezifischen Bauleistun-gen beinhalten in der Regel die Zusage, ein Bündel von eng mit-einander verbundenen Gütern und/oder Dienstleistungen zu liefern bzw. zu erbringen. Daher werden solche Verträge nach dem über-arbeiteten Modell oftmals als einheitliche Leistungsverpflichtung zu bilanzieren sein. Infolgedessen ergäbe sich in diesem Bereich vermutlich keine von der derzeitigen Bilanzierungspraxis wesent-lich abweichende Vorgehensweise.

Telekommunikationsbranche

Bisher wurden für von einigen Telekommunikationsunternehmen bei Abschluss eines Mobilfunkvertrags kostenlos oder vergünstigt zur Verfügung gestellte Mobilfunkgeräte oftmals nur Umsatzer-löse in Höhe des in Rechnung gestellten Preises realisiert. Künftig ist jedoch das gesamte Entgelt aus dem Vertrag auf der Basis relativer Einzelveräußerungspreise auf Mobilfunkgerät und Service-vertrag aufzuteilen. Dies hätte zur Folge, dass sich aus dem Verkauf dieser Mobilfunkgeräte höhere Umsatzerlöse zu einem früheren Zeitpunkt ergäben.

Was bedeuten die überarbeiteten Vorschläge aktuell für Ihr Unternehmen?Einige der wesentlichen Konzepte und Überlegungen, die sich aus der Umsetzung der neuen Regelungen für Ihr Unternehmen ergeben könnten, werden im Folgenden erläutert.

Umsatzrealisierung bei Mehrkomponentengeschäften

Die Regelung, den Transaktionspreis den einzelnen identifizierten Leistungsverpflichtungen des Vertrags zuzuordnen, kann für viele Unternehmen mit wesentlichen Auswirkungen verbunden sein. Die Aufteilung soll grundsätzlich im Verhältnis der relativen Einzel-veräußerungspreise erfolgen. Zu den separat zu bilanzierenden Leistungsverpflichtungen können beispielsweise auch vergünstigte oder kostenlose Endgeräte, beispielsweise Mobilfunkgeräte, zählen, die ggf. bisher als Teil der Hauptleistung erfasst wurden. Auch auf diese Elemente soll ein Teil des vereinbarten Transaktions-preises in Übereinstimmung mit den überarbeiteten Regelungen, d. h. im Verhältnis ihrer relativen Einzelveräußerungspreise, verteilt werden. Die geplanten Neuregelungen können daher dazu führen, dass künftig Umsatzerlöse bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfasst werden.

72 Ernst & Young IFRS 3.0

Ertragsrealisierung

Umsatzrealisierung bei Fertigungsaufträgen

Darüber hinaus müssen Unternehmen, die derzeit Umsatzer- löse entsprechend dem Leistungsfortschritt (percentage of completion method) erfassen, beurteilen, ob ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen und die sonstigen Regelungen in ihren Verträgen auch nach den neuen Regelungen eine Umsatzrealisie-rung über einen bestimmten Zeitraum ermöglichen oder ob die jeweilige Leistungsverpflichtung erst zu einem bestimmten Zeit-punkt erfüllt wird.

Finanzkennzahlen und Kommunikation mit den Stakeholdern

Viele Unternehmen werden auf der Basis ihres Umsatzes beurteilt. Obwohl Umsatzerlöse an sich bereits eine wesentliche Abschluss-kennzahl darstellen, beeinflussen sie direkt auch andere signifi-kante Finanzkennzahlen wie z. B. die Bruttomargen, das EBITDA und das Ergebnis je Aktie. Aus der Anwendung des neuen Standards können sich Auswirkungen auf die Umsatzerlöse und die damit verbundenen Kennzahlen ergeben. Unternehmen müssen daher sorgfältig prüfen, wie solche Änderungen gegenüber Analysten, in Pressemitteilungen und in anderen Kommunikationsmedien für Anteilseigner darzustellen und zu erläutern sind.

Umsatzbasierte Finanzkennzahlen könnten sich auch auf die Kreditauflagen, Finanzierungsvereinbarungen und bestimmte auf-sichtsrechtliche Erfordernisse eines Unternehmens auswirken. Unternehmen, die Bonuszahlungen oder die Unverfallbarkeit an- teilsbasierter Vergütungsinstrumente sowie sonstiger Vergütungs-programme an solche Kennzahlen gekoppelt haben, werden die bestehenden Vereinbarungen überprüfen müssen, um beurteilen zu können, ob die bisher verwendeten Kennzahlen auch weiterhin eine angemessene Bemessungsgrundlage für den Erfolg darstel-len. Durch eine erste Analyse der Auswirkungen der überarbeite-ten Vorschläge kann ein möglicher Handlungsbedarf frühzeitig identifiziert und so sichergestellt werden, dass den Stakeholdern weiterhin aussagekräftige Informationen zur Verfügung gestellt werden können.

Schätzungen und Ermessensentscheidungen des Managements

Wie bereits dargelegt, wären mit der Anwendung des neuen Modells in höherem Maße als bisher Ermessensausübungen ver-bunden. Bei der Identifizierung der separat zu bilanzierenden Leistungsverpflichtungen muss ein Unternehmen beurteilen, ob die mit der Bereitstellung der Güter bzw. der Erbringung der

Dienstleistungen verbundenen Risiken eng miteinander verknüpft sind. Dies ist insbesondere bei komplexen Transaktionen von Bedeutung. In diesen Fällen muss das betroffene Unternehmen alle relevanten Fakten und Umstände eines Vertrags berücksichtigen und letztendlich darauf basierend eine Ermessensentscheidung treffen, um zu bestimmen, ob es den Vertrag als eine einheitliche Leistungsverpflichtung oder als mehrere separate Leistungsver-pflichtungen zu bilanzieren hat. Für den Fall, dass sich ein Unter-nehmen beispielsweise vertraglich zur Lieferung, Installation und regelmäßigen Wartung einer Maschine verpflichtet hat, könnten die Lieferung und die Installation der Maschine möglicherweise als einheitliche Leistungsverpflichtung bilanziert werden. Sofern die Risiken, die mit der Erbringung der nachfolgenden Wartungs-leistungen verbunden sind, nicht eng mit den anderen aus dem Vertrag resultierenden Risiken verknüpft sind, wäre die Wartungs-leistung hingegen als separate Leistungsverpflichtung zu bilanzieren.

Darüber hinaus verlangt das neue Modell vermehrt die Vornahme von Schätzungen. Dies gilt zum Beispiel im Zusammenhang mit der Ermittlung des vertraglich vereinbarten Transaktionspreises. Für den Fall, dass der Transaktionspreis Rabatte, Kaufanreize, erfolgsabhängige Bonuszahlungen oder andere Arten variabler Gegenleistungen beinhaltet, sieht der überarbeitete Entwurf vor, dass die unsicheren Gegenleistungen auf der Basis des wahrschein-lichkeitsgewichteten Erwartungswerts oder des wahrscheinlichs-ten Betrags zu schätzen sind. Dabei sind alle zur Verfügung stehen-den historischen, laufenden und prognostizierten Informationen zu berücksichtigen.

Erweiterung der Angabepflichten

Um die Transparenz der Unternehmensabschlüsse in Zukunft zu steigern, sieht der überarbeitete Standardentwurf erweiterte Angabepflichten vor. Dies hätte zur Folge, dass Unternehmen künftig mehr Informationen zu Verträgen erfassen müssten, als dies derzeit der Fall ist. Unter Umständen handelt es dabei auch um wirtschaftlich sensible Daten. So wären im Anhang beispiels-weise künftig zusätzliche Aufgliederungen zu den Umsätzen (beispielsweise hinsichtlich der Art der gelieferten Güter bzw. erbrachten Dienstleistungen, der geografischen Regionen oder der Vertragslaufzeiten) und Fortschreibungen zu bestimmten vertraglichen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten mit aufzu-nehmen und Informationen zu den wesentlichen vorgenommenen Schätzungen anzugeben. Darüber hinaus wären Angaben zu den Ermessensentscheidungen zu machen, die sich wesentlich auf die im Abschluss erfassten Beträge und die Zeitpunkte ausgewirkt haben, zu denen die Umsatzerlöse erfasst wurden.

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Verfahren und Kontrollsysteme

Um den neuen Anforderungen der Bilanzierung von Mehr-komponentengeschäften gerecht zu werden und die erweiterten Angabe pflichten erfüllen zu können, werden Unternehmen zukünftig zusätzliche Informationen erheben und verarbeiten müssen. Diese vermehrten Informationsanforderungen können erhebliche Modi fikationen an den bestehenden internen Daten-erfassungssystemen und -verfahren notwendig machen. Unter-nehmen, deren Ge schäftsaktivitäten dezentral organisiert sind, werden in besonderem Maße von der Anforderung, Informationen für die verschiedenen Standorte zu beschaffen, betroffen sein. Da die neuen Regelungen rückwirkend angewandt werden sollen, könnte für einige Unternehmen die Notwendigkeit bestehen, diese Änderungen an den bestehenden Systemen bereits vor dem Zeitpunkt des erstmaligen Inkrafttretens umzusetzen. Des Weiteren werden Unternehmen ggf. ihre IT-Systeme sowie ihre Hauptbuch- und Berichtssoftware überprüfen müssen, um festzustellen, ob diese in der Lage sind, die von dem neuen Standard geforderten zusätzlichen Informationen zu generieren, zusammenzustellen und anzuzeigen.

Neben den neuen Anforderungen an die Datenerfassung und den eventuell erforderlichen Anpassungen der bestehenden IT-Systeme werden wahrscheinlich auch die internen Berichtsverfahren und Kontrollen einer kritischen Beurteilung zu unterwerfen sein. Unternehmen müssen geeignete Maßnahmen ergreifen, um zu bestimmen, ob ihre internen Kontrollprozesse angesichts der bevorstehenden Veränderungen hinsichtlich der Beschaffung und des Ausweises von Finanzinformationen noch hinreichend wirk-sam sind.

Steuerliche Aspekte

Die steuerliche Behandlung von Umsatzerlösen unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der bilanziellen Behandlung gemäß dem überarbeiteten Standardentwurf. Da Unternehmen möglicherweise Änderungen an den bestehenden Umsatzvereinbarungen vor-nehmen werden, um auf die neuen Bilanzierungsvorschriften zu reagieren, wird es erforderlich sein, die daraus eventuell resul-tierenden steuerlichen Konsequenzen zu überprüfen, um sicher-zustellen, dass keine Steuervorteile verloren gehen und Steuer-risiken entsprechend gemanagt werden.

Die rechtzeitige Einschätzung der steuerlichen Konsequenzen wird Unternehmen dabei helfen, Steuerrisiken zu verringern, mögliche Differenzen, die sich infolge der neuen Regelungen

Um die Transparenz der Unternehmensabschlüsse in Zukunft zu steigern, sieht der überarbeitete Standard entwurf erweiterte Angabepflichten vor.

zwischen Handels- und Steuerbilanz ergeben, zu identifizieren und vorteilhafte Steuerstrategien zu entwickeln. Darüber hinaus lassen sich durch die gleichzeitige Analyse der steuerlichen und bilanziellen Auswirkungen erhebliche Synergieeffekte erzielen, da größtenteils dieselben Finanzinformationen verwendet werden.

Vertragsbedingungen

Der überarbeitete Standardentwurf könnte wesentliche Aus-wirkungen auf den Zeitpunkt, zu dem Umsätze zu erfassen sind, und die Höhe der auszuweisenden Umsatzerlöse haben. Dies gilt insbesondere für Verträge, die für einen längeren Zeitraum ab geschlossen wurden oder mehrere separat zu bilanzierende Leistungsverpflichtungen beinhalten. Wenn ein Vertrag über die Erstellung eines Vermögenswerts über einen bestimmten Zeit-raum geschlossen wurde, muss das Unternehmen beispielsweise den Nachweis erbringen können, dass die Verfügungsgewalt über einen Teil des Vermögenswerts bereits im Verlauf der Erstellung des Ver mögenswerts auf den Kunden übertragen wurde, damit die Umsatzerlöse schon vor der Fertigstellung des Vermögens-werts erfasst werden können.

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Ertragsrealisierung

Auch für diesen neuen Standard bleibt festzuhalten, dass die Geschäfte eines Unternehmens nicht von der Rechnungslegung getrieben werden sollten. Ein Unternehmen sollte jedoch verste-hen, dass sich bestimmte Vertragsbedingungen auf die zeitliche Erfassung von Umsatzerlösen bereits vor der Fertigstellung des Vermögenswerts auswirken können, und dies bei den Vertrags-verhandlungen mit Kunden entsprechend berücksichtigen.

Bilanzierungs­ und Bewertungsgrund­sätze und MitarbeiterschulungenNeue Rechnungslegungsvorschriften erfordern bei Unternehmen stets neue Rechnungslegungsmethoden. Dies gilt auch für die umfassende Überarbeitung der Vorschriften zur Umsatzrealisie-rung (z. B. in Bilanzierungshandbüchern). Unternehmen sollten rechtzeitig damit beginnen zu prüfen, inwieweit ihre derzeit ange-wandten Rechnungslegungsmethoden mit den Vorschlägen der Boards in Einklang stehen. Zudem müssen unternehmensweit mehr Ermessensentscheidungen und Schätzungen vorgenommen wer-

den. Dies bedingt ggf. die Erarbeitung unternehmensinterner Richt linien, die Aufschluss über die konkrete Umsetzung im Unternehmen geben. Darüber hinaus können Mitarbeiterschulun-gen, die sich mit den vom Unternehmen angewandten Methoden zur Umsatzrealisierung und der Frage befassen, in welchem Umfang die derzeit verwendeten Modelle von Änderungen betroffen sein könnten, dazu beitragen, den Übergang auf den finalen Standard zu erleichtern.

Was können Sie jetzt tun?

Zwar steht das Datum des Inkrafttretens des neuen Standards noch nicht fest. Doch sollten Unternehmen schon jetzt Vorbereitungen treffen, um Probleme bei der Umsetzung der überarbeiteten Rege-lungen im Vorfeld zu vermeiden. Die erstmalige Anwendung eines neuen Standards, der so umfassend wie der überarbeitete Standard zur Umsatzrealisierung ist, stellt für jedes Unternehmen eine große Herausforderung dar. Obwohl der Standard noch nicht final verab-schiedet wurde, ist bereits jetzt erkennbar, dass einige wesentliche

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Unterschiede zur bisherigen Bilanzierungsweise wahrscheinlich auch nach Verabschiedung des finalen Standards fortbestehen werden. Eine rechtzeitige Planung ist der Schlüssel zum Erfolg. Ein sorgfältig geplanter und vorbereiteter Übergang trägt maßgeblich zur Kostenreduzierung und zu einem erfolgreichen Umsetzungsverlauf bei. Zu den Maßnahmen, die Unternehmen bereits in diesem Stadium ergreifen können, zählen folgende:

• ►Verschaffung eines Überblicks über mögliche Auswirkungen der geplanten Änderungen

• ►Einrichtung eines Projektmanagementplans für die Umstellung auf den neuen Standard

• ►Ermittlung des Schulungsbedarfs bei Mitarbeitern

• ►Identifizierung typischer Transaktionen und möglicher Probleme bei der Umsetzung

Unternehmen sollten schon jetzt Vorbereitungen treffen, um Probleme bei der Umsetzung der überarbeiteten Regelungen im Vorfeld zu vermeiden. Die erstmalige Anwendung eines neuen Standards, der so umfassend wie der überarbeitete Standard zur Umsatzrealisierung ist, stellt für jedes Unternehmen eine große Herausforderung dar.

• ►Festlegung eines Verfahrens für die Erhebung geeigneter Daten, um die neuen Anforderungen des finalen Standards zu erfüllen

• ►Beobachtung der weiteren Beratungen der Boards

Ausführlichere Informationen zum überarbeiteten Standardent-wurf finden Sie in der aktuellen Ausgabe der IFRS Entwicklungen. Das überarbeitete Modell zur Umsatzrealisierung, die Ihnen in deutscher Sprache unter www.de.ey.com/ifrs in der Rubrik „Publi-kationen“ zum Download zur Verfügung steht.

Problemstellungen und Maßnahmen So kann Ernst & Young Sie unterstützen

Beurteilung von Prozessen zur Daten-generierung, internen Kontrollen und IT-Systemen

Bereitstellung von Informationen auf der Basis bewährter Praktiken, die aufzeigen, wie ein Unternehmen seine Geschäftsprozesse, IT-Systeme und internen Kontrollen als Konsequenz der neuen Anforderungen anpassen könnte

Beurteilung der steuerlichen Auswirkungen der geplanten Neuregelung

Unterstützung bei der Analyse der Steuerpositionen, die sich aus der erstmaligen Anwendung des vorgeschlagenen Standards ergeben, sowie Unterstützung bei der Reduzierung der Steuerrisiken und der Bestimmung der steuerlichen Auswirkungen der neuen Regelungen zur Umsatzrealisierung

Planung der erstmaligen Anwendung des finalen Standards

Beratung zum Projektmanagement und zur Projektplanung, einschließlich Zeitab-lauf, Aufgabenver teilung und Ressourcenzuordnung

Aktualisierung von Bilanzierungshand-büchern und Rechnungslegungsmethoden

Unterstützung bei der Überarbeitung der Bilanzierungshandbücher und Anregun-gen zu den vom Management ausgewählten Rechnungslegungsmethoden sowie Un-terstützung bei der Entwicklung von Rechnungslegungsmethoden im Hinblick auf den finalen Standard

Kommunikation mit den Stakeholdern ( Analysten, Regulatoren und Anteilseig-ner) über die Auswirkungen der erst-maligen Anwendung des finalen Standards

• ►Beratung im Rahmen der Entwicklung eines Kommunikationsplans • ►Beratung bei der Erstellung der entsprechenden Mitteilungen • ►Durchführung einer Analyse der nach dem Standardentwurf bereitzustellenden Informationen

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Umsetzung der IFRS-Neuerungen

Ernst & Young unterstützt Sie von der Vorbereitung bis zur Einführung der neuen Bilanzierungsregelungen durch den ganzen Verände-rungsprozess.

Unseren modular aufgebauten Change-Management-An-satz passen wir dabei individuell auf Ihre Bedürfnisse an.

Vom Coaching und Abhalten gemeinsamer Workshops über die Entwicklung komplexer Fachkonzepte und deren Umsetzung bis hin zum Projektmanagement bieten wir Ihnen auf Sie maßgeschneiderte Unterstützungsleis-tungen für alle betroffenen Bereiche.

Die phasenorientierte Ernst & Young-IDDDS-Methodik bietet Ihnen einen systematischen Projektansatz zur erfolgreichen Implementierung mit größtmöglicher Flexibilität, der sich in der Praxis fortlaufend bewährt.

Das Ernst & Young IFRS Solutions Center GSA hat zu jeder dieser Neuerungen detaillierte Lösungsansätze erarbeitet. Außerdem halten wir nützliche Werkzeuge für Sie bereit. Sprechen Sie mit uns.

Rechnungslegung, Abschlüsse und

Finanz kennzahlen

Prozesse und IT-System

Business

Projekt-management

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Region Mitte Jörg Bösser Telefon + 49 6196 996 [email protected]

Region West Andreas Muzzu Telefon +49 231 55011 [email protected]

Region Nord/OstStefania Mandler Telefon +49 341 2526 [email protected]

Region SüdwestHelge-Thomas Grathwol Telefon +49 621 4208 [email protected]

Region Bayern Dr. Christine Burger-Disselkamp Telefon +49 89 14331 [email protected]

Christiane Hold Telefon +49 89 14331 12368 [email protected]

Schweiz Roger MüllerTelefon +41 58 286 [email protected]

Österreich Dr. Christoph FröhlichTelefon +43 1 21170 [email protected]

Mit einer guten Ausrüstung und einem verlässlichen Kompass lässt sich jede Strecke bewältigen und jedes Ziel erreichen – egal wie kompliziert der Weg und wie herausfordernd das Ziel ist. Mit unserem IFRS Solutions Center wollen wir Ihnen das passende Rüstzeug zur Verfügung stellen – damit Sie sicher und erfolgreich durch die vielen IFRS-Neue rungen steuern.

[email protected]

IFRS Solutions LeaderJörg Bösser

Operational ManagerGerd Winterling Telefon +49 6196 996 24271

Besuchen Sie uns im Internet (www.de.ey.com/IFRS) oder kontaktieren Sie das Ernst & Young Solutions Center gerne auch über E-Mail: [email protected]

Umsetzung der IFRS­Neuerungen

IFRS Solutions Center GSA

Ernst & Young­Methodik – IDDDS

Ernst & Young kann Sie von der Vorbereitung bis zur Einführung der neuen Bilanzierungsregelungen durch den ganzen Veränderungs prozess unterstützen.

Relevanz der neuen Regelungen

Abgrenzung IT­Umfeld, Prozesse, Organisation

Definition Projektziele

Bisherige Rechnungs legung

Auswirkungen der neuen Regelungen

Diagnosereport

Zielbild, BC, Projektstruktur

Einführungskonzept, kritische Erfolgs faktoren

Kompetenzmodell

Fach­ und DV­Konzept

Systemauswahl

Schulungskonzept

Umsetzung inkl. Berichterstattung

Test und Fehler management

Dokumentation

Schulung

Freigabe

Feststellung Projekterfolg

Umsetzung Aufbau organisation

Start kontinuierliches Verbesserungs­programm

Abschlüsse und Finanzkennzahlen

Prozesse und IT­Systeme

Business

Projektmanagement

Identify Diagnose Design Deliver Sustain

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Die neue Veranstaltungsreihe „Ernst & Young IFRS Scout®“ versteht sich als das Praxisforum für alle IFRS-Anwender – und als Wegweiser durch die Welt der International Financial Reporting Standards.

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Der IFRS Scout ist vom Ernst & Young IFRS Solutions Center, in dem sich Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen zusammengeschlossen haben, entwickelt worden. Jeder von ihnen hat fundierte Erfahrung in der IFRS-Anwendung und weiß, wo die Hindernisse und Stolpersteine liegen. Dieses gebündelte Wissen fließt in jede einzelne Veranstaltung ein – mit allen Vorteilen, die sich für Sie daraus ergeben. Bitte entnehmen Sie die aktuellen Termine dem Veranstaltungskalender.

Ernst & Young IFRS Scout® Ihr Wegweiser durch die Welt der International Financial Reporting Standards

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Assurance | Tax | Transactions | Advisory

About Ernst & Young Ernst & Young is a global leader in assurance, tax, transaction and advisory services. Worldwide, our 152,000 people are united by our shared values and an unwavering commitment to quality. We make a difference by helping our people, our clients and our wider communities achieve their potential.

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Expire date: 6 January 2013

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